Kitabı oku: «Unerschütterlich im Glauben», sayfa 3

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Die Prüfungen für den Doktortitel an der Katholischen Universität Löwen fanden mündlich statt. Ungefähr zwanzig Studenten oder Kandidaten wurden gleichzeitig in einen großen Saal eingelassen, in dem zwanzig Professoren an zwanzig Tischen saßen. Als Student suchte man sich dann einen Tisch aus, der einem zusagte. Jeder strebte zum Tisch des Professors, von dem er dachte, seine Fragen wären die einfachsten. Der Professor stellte Fragen, bis man auf eine Frage nicht mehr antworten konnte. Dann schickte er den Betreffenden zu einem anderen Tisch. Die Prüfung dauerte den ganzen Tag. Am Ende des Tages gab jeder Professor seine eigene Benotung ab, und dann besprachen sich alle Professoren zusammen und gaben eine Abschlussnote.

Als ich zum Tisch von Dr. Noël kam, sagte er: »Sagen Sie mir, wie ein Engel einen Syllogismus vollzieht.« Ich antwortete: »Ein Engel muss den Schlussfolgerungsprozess nicht durchlaufen, da er über eine intuitive Intelligenz verfügt. Deshalb sieht er Schlussfolgerungen so klar wie wir die Tatsache, dass ein Teil nie größer ist als das Ganze. Ein Engel kann also keinen Syllogismus vollziehen.« Später, als wir uns sehr gut kannten, fragte ich ihn, ob er sich an diese Frage erinnere und warum er sie gestellt habe. Er antwortete: »Sie erinnern sich, als ich das Seminar über Bergsons Philosophie hielt, sagte ich zu den Studenten: ›Ich möchte, dass Sie jede einzelne Zeile lesen, die der hl. Thomas je über das Thema Engel verfasst hat, damit Sie die Intelligenz der Engel verstehen können.‹ Ich wollte einfach herausfinden, ob Sie dieser Aufforderung gefolgt sind.« Etwas später, als ich in Rom am Angelicum arbeitete, las ich jede Zeile, die der hl. Thomas geschrieben hatte, mindestens ein Mal.

Die Universität hatte noch einen höheren akademischen Grad zu vergeben, den eines Agrégé.13 Dies bedeutete, dass man zu einem Mitglied der Fakultät wurde. Man musste mehrere Bedingungen erfüllen, um diese Ehrung zu erhalten: Erstens musste die Universität die Einladung aussprechen, zweitens musste man ein Buch veröffentlicht haben und drittens musste man eine öffentliche Prüfung vor Professoren anderer Universitäten ablegen. Ich erhielt die Einladung, mich als außerordentlicher Professor zu bewerben. Da es nicht nötig war, sich in Löwen aufzuhalten, während man sich auf das Diplom vorbereitete, ging ich für ein Jahr zum Theologiestudium nach Rom und schrieb mich am Angelicum ein, das heute zutreffender als Päpstliche Universität Heiliger Thomas von Aquin bezeichnet wird, ebenfalls an der jesuitischen Päpstlichen Universität Gregoriana. Dann wurde ich eingeladen, am Theologischen Seminar Westminster in London einen Kurs in Theologie zu halten.

Der Zeitpunkt war gekommen, um die Prüfung zum außerordentlichen Professor vor den zu diesem Zweck eingeladenen Professoren der anderen Universitäten abzulegen. Die Prüfung begann um neun Uhr morgens und dauerte bis fünf Uhr am Nachmittag. Dann wurde aus den eingeladenen Professoren ein Gremium gewählt, das über die Benotung entscheiden sollte. Es war dieselbe wie für eine Promotion: genügend, gut, sehr gut und mit Auszeichnung. Am Abend gab die Universität für den erfolgreichen Kandidaten ein Abendessen und führte ihn in die Fakultät ein. Hatte man mit »genügend« bestanden, wurde zum Essen nur Wasser serviert. Für »gut« gab es Bier, für »sehr gut« Wein und für den Abschluss »mit Auszeichnung« Champagner. Der Champagner war an jenem Abend ausgezeichnet!

Ich erhielt zwei Lehrberufungen – die erste kam von Kardinal Bourne aus London, der mir vorschlug, nach Oxford zu kommen und mit dem Theologen und Priester Ronald Knox Seminare in katholischer Philosophie und Theologie abzuhalten, die zweite kam von Nicholas Murray Butler, damals Präsident der Columbia Universität von New York, der mich einlud, dort ein Seminar über scholastische Philosophie anzubieten.

Ich sandte die beiden Briefe an meinen Bischof: »Welches Angebot soll ich annehmen?« Seine Antwort: »Kommen Sie nach Hause.«

7 Verfluchung, Bann (Anm. d. V.).

8 Die Katholische Universität von Löwen ist eine der renommiertesten Universitäten in Louvain-la-Neuve, Belgien (Anm. d. V.).

9 Dreiecksberechnung (Anm. d. V.).

10 Getreidemaß in den USA, ca. 25 kg (Anm. d. V.).

11 Knapp 4 Liter (Anm. d. V.).

12 Innings sind Spielabschnitte, wobei in der ersten Hälfte die Auswärtsmannschaft Schlagmannschaft, in der zweiten Hälfte die Heimmannschaft Schlagmannschaft ist (Anm. d. V.).

13 Außerordentlicher Professor (Anm. d. V.).

3. Die Gabe des Schatzes


Während der ganzen Zeit meines Doktorandenstudiums war ich bereits Priester. Wie ist dieser Wunsch in mir aufgekommen? Wie hat er sich im Ton entwickelt und ist allmählich zur Blüte gekommen? Der Schatz kommt von Gott, der Ton gibt die Antwort. Unser Herr sagte zu seinen Aposteln beim letzten Abendmahl: »Nicht ihr habt mich erwählt, sondern ich habe euch erwählt.« Und im Brief an die Hebräer heißt es: »Und keiner nimmt sich selbst diese Würde [des Priestertums], sondern er wird von Gott berufen.« Gott legt dieses heilige Pfand nicht in menschliche Wesen, die ihm gleich sind, und er tut es auch nicht auf dieselbe Weise. Er verändert seine Weise des Gebens von Individuum zu Individuum. Die Berufung kann früh erfolgen oder spät. Sie kann sich ereignen wie beim heiligen Franziskus, der in Apulien in den Krieg ziehen wollte, um Ritter zu werden, oder spät nach einem sündhaften Leben wie bei Augustinus, als er die Stimme eines Kindes hörte, das auf die Heilige Schrift hinwies und sagte: »Nimm und lies.«

In meinem Leben gab es nach meiner Erinnerung keinen Zeitabschnitt, an dem ich nicht Priester werden wollte. Als Teenager schickte mein Vater uns auf eine seiner Farmen, um dort zu arbeiten. Ich erinnere mich daran, wie ich den Acker im Frühjahr umpflügte und wie ich den jungen Mais wachsen sah. Wenn die schwere schwarze Erde umgepflügt war, betete ich den Rosenkranz und bat um eine Berufung. Anderen gegenüber habe ich meine Berufung nie erwähnt, nicht einmal gegenüber meinen Eltern, obwohl andere zu meinen Eltern häufig sagten, dass sie der Meinung seien, dass ich einmal Priester werden würde. Das Feuer der Berufung wurde durch meinen Dienst als Ministrant in der Kathedrale geschürt, außerdem durch die Inspiration von Priestern, die uns fast wöchentlich zu Hause besuchten. Und nicht zu vergessen ist der Rosenkranz, der in der Familie jeden Abend vor dem Zubettgehen gebetet wurde.

Meine Erstkommunion im Alter von zwölf Jahren war für mich der Anlass für eine besondere Bitte an den Herrn, mir die Gnade der Priesterschaft zu gewähren. Allerdings hatte ich immer einen Zweifel – und das betraf die Frage, ob ich dieser Gnade würdig wäre.

Mein Vater oder meine Mutter sagten nie, dass ich Priester werden sollte, und ich sprach mit ihnen auch nicht darüber – bis zu dem Tag, als ich ins Priesterseminar eintrat. Ihre einzige Antwort war damals: »Wir haben immer darum gebetet, dass du Priester wirst. Wenn es deine Berufung ist, dann werde ein guter Priester.« Häufig hörte ich, wie Verwandte und Freunde, die meine Eltern besuchten, über mich sprachen und sagten, dass ich sicher einmal Priester werden würde. Und mein jüngerer Bruder Joe erzählte mir, dass ich Besucher gern mit kleinen vorbereiteten Ansprachen unterhalten hätte. Ich selbst erinnere mich daran nicht.

Eine Berufung ist etwas so Heiliges, dass man nicht gerne darüber spricht. Ich habe sie nie gegenüber irgendjemandem erwähnt – nicht vor meinen Klassenkameraden, nicht vor meinen Eltern und auch nicht vor den Priestern (nur mit Pater Kelly sprach ich darüber, einem Vikar der Domgemeinde). Mit dem Gefühl, man habe einen Schatz empfangen, war immer die Zerbrechlichkeit des Tongefäßes verbunden, das diese Gabe aufnehmen sollte. Ich verscheuchte dieses Gefühl immer wieder aus meinem Denken, nur damit es wieder zurückkam. Meistens vollzieht sich die religiöse Berufung im Stillen wie ein anhaltendes Flüstern, das jedoch nach Antwort verlangt. Es ist kein gewaltsames Rütteln an den Bettpfosten oder lauter nächtlicher Lärm. Einfach nur: »Du bist berufen, Priester zu sein.«

Und die Berufung ist auch nicht so gebieterisch, dass die Zustimmung zwingend notwendig erscheint anstatt eines bereitwilligen Gehorsams. In der Geschichte im Alten Testament, als Gott zu dem jungen Samuel sprach, war die Stimme für niemand sonst zu hören, nur für das Kind. Und es gab auch nichts, das darauf schließen ließ, dass es die Stimme Gottes war. Deshalb ging Samuel, nachdem sein Name gerufen wurde, zweimal zu Eli: Er glaubte, Eli habe ihn gerufen. Es bedurfte der Erfahrung Elis, des alten Priesters, um den Jungen schließlich vom göttlichen Sprecher zu überzeugen: »Eli merkte, dass der Herr den Knaben gerufen hatte.« Samuel wusste zuerst nicht, dass es die Stimme des Herrn war. Und auch die meisten von uns erkennen diese Stimme, wenn sie zum ersten Mal gerufen werden, nicht als die Stimme des Herrn – erst durch die Beharrlichkeit, die Ruhe und den Frieden, mit der sie von der Seele Besitz ergreift.

Der Lauf des Lebens wird nicht von den trivialen Alltagsdingen bestimmt, sondern von einigen wenigen entscheidenden Augenblicken. In einem Menschenleben gibt es wohl nicht mehr als drei oder vier oder fünf solcher Momente. Für viele Menschen ist es die Entscheidung für die Ehe, für einen bestimmten Beruf oder einen anderen Wohnort. Für mich kam sicher ein Wendepunkt, als ich das College beendet hatte. Es fand eine nationale Prüfung für diese Absolventen statt. Der Preis war ein dreijähriges Universitätsstipendium. Ich nahm an der Prüfung teil und gewann eines der Stipendien. Irgendwann im Sommer wurde ich entsprechend informiert. Sofort danach fuhr ich zum St. Viator College, um Pater William J. Bergan zu besuchen, mittlerweile ein guter Freund. Er war auf dem Tennisplatz, als ich dort ankam. Völlig begeistert rief ich ihm zu: »Pater Bergan, ich habe das Stipendium bekommen!«

Er legte mir die Hände auf die Schultern, schaute mir in die Augen und fragte: »Fulton, glaubst du an Gott?« Ich erwiderte: »Sie wissen, dass ich das tue.« Er sagte: »Ich meine praktisch, nicht theoretisch.« Da war ich nun nicht so sicher und ich sagte: »Na ja, ich hoffe doch.« – »Dann zerreiß das Stipendium.« – »Aber Pater Bergan, dieses Stipendium ermöglicht es mir, drei Jahre an der Universität zu studieren, und alles wird bezahlt. Das ist ungefähr neun- oder zehntausend Dollar wert.« Er antwortete: »Du weißt, dass du eine Berufung hast. Du solltest ins Priesterseminar eintreten.« Daraufhin entgegnete ich mit einem Vorschlag: »Ich kann doch ins Priesterseminar eintreten, nachdem ich meinen Doktor gemacht habe, denn nach meiner Priesterweihe werde ich kaum mehr die Möglichkeit haben zu promovieren, und ich möchte doch unbedingt eine so gute Ausbildung wie möglich erhalten.« Er antwortete: »Zerreiß das Stipendium und geh ins Priesterseminar. Das ist es, was der Herr von dir will. Und wenn du das tust und ihm vertraust, wirst du nach deiner Weihe eine viel bessere Universitätsausbildung erhalten als zuvor vorgesehen.« Ich habe die Zusage für das Stipendium zerrissen und bin ins Priesterseminar eingetreten. Nie habe ich diesen Besuch und diese Entscheidung bereut.

Wenn ich auf die Jahre zurückblicke und mich näher mit den heutigen Berufungen befasse, dann stelle ich fest, dass es sowohl in meinem Fall als auch in vielen anderen Fällen drei Stadien gibt, die auch in der Berufung des Propheten Jesaja beschrieben werden. Heute behaupten viele, sie hätten eine Berufung zum Priestertum, weil sie »in der Innenstadt« arbeiten oder »die politischen Grundrechte der Gefangenen einfordern« oder »für die staatsbürgerlichen Rechte von Minderheiten einstehen« oder »sich um Menschen mit Behinderung kümmern« oder »eine religiöse Mission im politisch aktiven Südamerika erfüllen« wollen. Keine echte Berufung beginnt damit, »was ich möchte« oder mit »einer Arbeit, die ich gern tun möchte«. Wenn wir von Gott berufen werden, trägt er uns unter Umständen eine Arbeit auf, die uns nicht gefällt – und hier gilt: »Gehorsam ist besser als Opfer«. Wenn die Gesellschaft mich ruft, kann ich mit meinem Dienst aufhören. Wenn Christus mich beruft, bin ich für immer sein Diener. Wenn ich das Gefühl habe, dass meine Berufung einem Einsatz für die Gesellschaft gewidmet sein sollte, dann gibt es keinen Grund, weshalb ich in ein Priesterseminar eintreten sollte. Wenn ich überzeugt bin, dass eine Berufung bedeutet, mit der Welt gleichgestellt zu werden, dann habe ich vollständig ihn vergessen, der die Warnung aussprach: »Ich habe euch aus der Welt erwählt.«

Die erste Phase einer Berufung ist ein Bewusstsein von der Heiligkeit Gottes. Als Jesaja in den Tempel ging, hatte er eine Vision Gottes, des Herrn, der auf seinem Thron saß, umgeben von Engelschören, die sangen:

Heilig, heilig, heilig ist der HERR der Heerscharen.

Erfüllt ist die ganze Erde von seiner Herrlichkeit.

Eine Berufung beginnt nicht damit, »was ich gerne tun würde«; sondern mit Gott. Man wird mit seiner Anwesenheit konfrontiert, nicht so dramatisch wie Paulus bei seiner Bekehrung, doch mit dem Gefühl des Nicht-von-dieser-Welt-Seins, des Heiligen, des Transzendenten.

Das zweite Stadium, eine Reaktion hierauf, ist ein intensives Gefühl der Unwürdigkeit. Das Herz erschrickt, wenn es den Ton und den Schatz gleichzeitig sieht. Gott ist heilig, ich bin es nicht. »Weh mir.« Gott kann etwas anfangen mit denjenigen, die erkennen, wie sie wirklich sind und wie sehr sie der Reinwaschung bedürfen, jedoch nicht mit denen, die sich selbst als würdig empfinden.

Jesaja wurde von seiner Jämmerlichkeit durch einen Seraph erlöst, der eine brennende Kohle vom Altar nahm und damit seinen Mund berührte und sagte: »Siehe, dies hat deine Lippen berührt, so ist deine Schuld gewichen und deine Sünde gesühnt.« Diese Reinigung beginnt im Priesterseminar und setzt sich das ganze Leben hindurch fort in Form von körperlichen Leiden, Seelenqual, Verrat, Skandalen, falschen Anschuldigungen – all das fordert den Berufenen auf, sich des Schatzes immer würdiger zu erweisen.


Die Familie Sheen aus El Paso: Mr und Mrs Newton Sheen und ihre vier Söhne in den 1930er-Jahren (Fulton J. Sheen Archiv).

Das dritte Stadium ist die Antwort. Nach der Reinigung hörte Jesaja die Stimme des Herrn, der die Frage stellte: »Wen soll ich senden?« Und Jesaja antwortete: »Hier bin ich, sende mich!« Dies sagte ich am Tag meiner Priesterweihe.

Die Herausforderung zwischen der Erhabenheit der Berufung einerseits und der Zerbrechlichkeit des menschlichen Tongefäßes andererseits ist eine Art Kreuzigung. Jeder Priester ist gekreuzigt auf dem vertikalen Balken der gottgegebenen Berufung und dem horizontalen Balken der banalen Sehnsucht des Fleisches und einer Welt, die so häufig lockt, gleichförmig mit ihr zu werden. Manchmal wird sogar der beste Wein in Blechtassen serviert. Als Priester ist man dazu berufen, der glücklichste Mensch, gleichzeitig aber täglich dem schlimmsten aller Kriege ausgeliefert zu sein – dem Krieg, der im Inneren tobt.

Gott modelliert jedoch den Ton ständig neu, gibt ihm eine zweite, eine dritte, ja siebenmal siebzig Chancen. Der Prophet Jeremia wurde aufgefordert, eine Töpferwerkstatt aufzusuchen. Jeremia sagte:

So ging ich zum Haus des Töpfers hinab und siehe, er arbeitete gerade mit der Töpferscheibe. Missriet das Gefäß, das er aus Ton machte, in der Hand des Töpfers, so machte der Töpfer daraus wieder ein anderes Gefäß, ganz wie es ihm gefiel.

Womöglich hatte der Töpfer ursprünglich vor, eine Ming-Vase zu machen, doch als das Gefäß missraten war, gab er nicht auf: Er machte ein anderes Gefäß daraus.

Die Bemühung, die Liebe wiederherzustellen, ist selbst dann erfolgreich, wenn Gottes ursprünglicher Plan durch das Material, mit dem er arbeitet, durchkreuzt wird: »Wo jedoch die Sünde mächtig wurde, da ist die Gnade übergroß geworden.« Am Ende des Lebens erkennt man die Absicht des Töpfers, einen Heiligen zu erschaffen. Gott hat aber nicht aufgegeben, sodass, wenn das Gefäß nicht dazu taugt, eine Rose aufzunehmen, es wenigstens als Blechdose für eine Geranie dienen kann. Der himmlische Töpfer kann die Verhältnisse des menschlichen Tons verändern, indem er beispielsweise hier und da etwas Leid hinzufügt. Wenn wir uns weigern, zu der Form modelliert zu werden, die uns ursprünglich zugedacht war, nämlich zur Heiligkeit und vollkommenen Nachahmung Christi, dann formt er uns zu nützlichen Krügen, aus denen er seine göttliche Gnade ausgießen kann. Gott schafft nichts mit dem Ziel, es zu zerstören. Es gibt keine Vergeudung im Leben. Die Kindheit ist keine Vergeudung. Sie hat einen Bezug zum ganzen übrigen Leben.

Der Teil in uns, der versucht und erprobt wird, der vielen Prüfungen unterworfen wird, ist keine Vergeudung. Die Tränen, die Torturen, die Enttäuschungen, die Qualen sind nicht verloren. All das, was gegen das Leben gerichtet zu sein scheint, wird in neue Formen umgearbeitet. Das Leben kann zu einer Ruine zerbrochen sein, doch Gott kann daraus etwas Schönes machen. Wenn ich also gefragt würde, ob ich, wenn ich mein Leben noch einmal leben könnte, mein Priestertum auf dieselbe Weise ausüben würde, dann wäre die Antwort: »Nein, ich würde versuchen, Christus mehr zu lieben.« Der einzige Schmerz in meinem Leben – in jedem Leben – besteht darin, ihn nicht genug geliebt zu haben. Denn ich weiß:

Dass nichts, wie sehr es auch geirrt,

dass kein noch so zerstörtes Leben

völlig von Gott verworfen wird

und der Vernichtung preisgegeben.

Es gibt sehr viel mehr Berufungen zum Priesteramt als jene, die dann letztlich zu einer Priesterweihe führen, ebenso wie mehr Samen ausgebracht werden, als letztlich Frucht tragen. Der heilige Thomas von Aquin war der Meinung, dass Gott der Kirche immer eine ausreichende Zahl an Berufungen gebe, »vorausgesetzt, die Unwürdigen werden abgewiesen und die Würdigen gut ausgebildet«. Die besten Führer zu Berufungen sollten die Priester selbst sein. Wir dürfen nicht auf die Kanzel steigen und die Eltern dazu aufrufen, Kinder zu bekommen, wenn wir Priester nicht unsererseits geistliche Kinder zur Welt bringen. Am Jüngsten Tag wird Gott uns Priester fragen: »Wo sind deine Kinder? Wie viele Berufungen hast du gefördert?« Zwar ist es keinem von uns gegeben, einem anderen eine Berufung einzupflanzen, doch liegt es in unserer Macht, die Aufnahmefähigkeit zu vergrößern. Wir düngen den Boden durch ein gutes Beispiel und durch Ermutigung.

Ich glaube, dass Gott einigen von uns das Gespür dafür verleiht, eine Berufung in anderen zu erkennen. Ich erinnere mich an eine Mitternachtsmesse im Heiligtum der Unbefleckten Empfängnis in Washington um das Jahr 1960. Als die Messe ungefähr um halb zwei Uhr morgens zu Ende war, sammelten sich mehrere Hundert Menschen um mich, um Grüße auszutauschen. Ich sah einen farbigen Jungen mit seinem Vater am Rand der Menge und rief ihn zu mir. »Junger Mann, hast du je daran gedacht, Priester zu werden?« Er bejahte es. Ich sagte zu ihm: »Ich glaube, du hast eine Berufung.« Ich legte meine Hände auf seinen Kopf und betete darum, dass er, wenn Gott ihn berief, dafür empfänglich sein würde. Der Vater sah, dass ich mit seinem Sohn sprach, und fragte: »Worüber haben Sie mit meinem Sohn gesprochen?« Ich antwortete, dass ich glaubte, sein Sohn werde eines Tages Priester werden. Der Vater erwiderte: »Seit dieser Junge auf die Welt kam, habe ich morgens und abends dafür gebetet, dass Gott ihm eine Berufung schenkt.« Ich weiß nicht, was sich aus dieser Begegnung schlussendlich ergeben hat. Es gehört zu den Dingen, die ich im Himmel erfahren werde.

Ein weiteres Vorkommnis war absehbarer. Ich aß allein im Speisesaal des Statler Hotels in Boston. Ein Schuhputzjunge mit einem schmutzigen T-Shirt, dem ein Schuhputzkasten von der Schulter hing, begann, die langen purpurroten Vorhänge zum Schwingen zu bringen, die den Eingang zum Speisesaal einrahmten. Sobald der Oberkellner dies bemerkte, brüllte er den Jungen an und scheuchte ihn aus dem Hotel. Ich ließ mein Abendessen stehen, ging vor das Hotel zu dem Jungen und fragte ihn, welche Schule er besuche. Er sagte mir, er gehe auf eine staatliche Schule. Ich fragte ihn: »Warum gehst du mit einem Namen wie deinem (es war ein irischer Name) nicht auf eine katholische Schule?« Er antwortete: »Ich wurde rausgeschmissen.« – »Wer hat dich hinausgeworfen?«, fragte ich. »Der Pfarrer und die Mutter Oberin der Schule.« Ich versprach: »Ich werde dich wieder hineinbringen.« Er fragte mich, wer ich sei, aber ich antwortete ihm, dass ich ihm das nicht sagen könne. Dann meinte er: »Nein, sie sagten, keinem würde es gelingen, mich wieder in eine katholische Schule zurückzubringen. Ich werde nicht mehr dorthin zurückgehen können.«

Ich suchte den Pfarrer und die Oberin der Schule auf und sagte ihnen: »Ich weiß von drei Jungen, die von Konfessionsschulen hinausgeworfen wurden: der eine, weil er ständig während des Geografie-Unterrichts Bilder malte, ein zweiter, weil er sich gern mit anderen prügelte; und der dritte, weil er unter seiner Matratze revolutionäre Bücher versteckt hatte. Niemand weiß heute, wer Klassenbester dieser Klassen geworden ist – aber der erste Junge war Hitler, der zweite Mussolini und der dritte Stalin. Ich bin sicher, wenn die Schulleitung diesen Jungen eine zweite Chance gegeben hätte, hätten sie sich später anders verhalten. Vielleicht wird dieser Junge sich Ihrer Entscheidung würdig erweisen, wenn Sie ihn wieder aufnehmen.« Sie erlaubten ihm, in die Schule zurückzukehren, und heute ist er Missionar bei den Eskimos.


Lake Champlain, Sommer 1935; Alfred E. Smith, ehemaliger Gouverneur von New York, ganz links (»Päpstliches Werk der Glaubensverbreitung«).

Als ich Bischof von Rochester war, kam ich, während ich den Mittelgang einer Kirche hinunterging, an einem Jungen in einer Bank vorbei, der mir recht ungewöhnlich vorkam. Ich hielt an und fragte ihn, ob er je daran gedacht habe, Priester zu werden. Er antwortete: »Manchmal bete ich dafür.« Und ich sagte: »Ich bin sicher, dass du eine Berufung hast. Bete weiter zur Gottesmutter, dass du darin bestärkt werden mögest.« Kürzlich erfuhr ich aus einem Brief von dem jungen Mann, dass er bei den Jesuiten eingetreten ist.

Wenn ich auf die rund sechzig Jahre meines Priester-Opfer-Seins zurückblicke – wie würde ich vor Gott die Frage beantworten: »Meinst du, du bist in deinem Leben ein guter Priester gewesen?« Wenn ich mich mit Missionaren vergleiche, die, indem sie ihr Land und ihre Familie verließen, um fremde Völker zu lehren, zu »trockenen Märtyrern«14 wurden; wenn ich an die Leiden denke, die meiner Brüder im Priesteramt in Osteuropa ertragen müssen; wenn ich die heiligmäßigen Gesichter einiger meiner Brüder im Priesteramt in den Klöstern und in der Mission sehe und die schöne Ergebenheit von Priestern in Krankenhäusern, die an Krebs leiden; und wenn ich einfach nur viele meiner Brüder in Christus in den Blick nehme, die ich so sehr bewundere, dann antworte ich: »Nein, ich war nicht der Priester, der ich hätte sein können oder der ich gerne gewesen wäre.«

Aber ich weiß, dass zur Antwort auf diese Frage noch mehr gehört. Wenn Sie ein Gemälde bei Kerzenlicht betrachten, bleiben die Unvollkommenheiten verborgen. Wenn Sie es aber dem vollen Sonnenlicht aussetzen, sehen Sie, wie schlecht die Farben gewählt, wie plump die Linien gezogen sind. Ebenso verhält es sich, wenn wir uns selbst an Gott messen – wir bleiben unendlich weit hinter den Erwartungen zurück. Wenn wir uns mit den vielen vergleichen, die uns inspiriert haben, dann empfinden wir ein tiefes Gefühl von Unwürdigkeit. Doch hinter alldem und trotz alldem gibt es das überwältigende Bewusstsein von der Barmherzigkeit Gottes. Er hat nicht Engel zu Priestern berufen, sondern Menschen. Er hat nicht Gold als Material für das Gefäß gewählt, in das er seinen Schatz gelegt hat, sondern Ton. Die bunte Schar der Apostel, die er um sich versammelte, war aufgrund seiner Barmherzigkeit und seines Erbarmens seiner würdig.

Ich weiß, dass ich keine Angst habe, vor ihn zu treten. Und zwar nicht, weil ich würdig wäre, auch nicht, weil ich ihn innigst geliebt habe, sondern weil er mich geliebt hat. Das ist der einzige Grund, aus dem heraus jeder Einzelne von uns wirklich liebenswert ist. Wenn der Herr uns seine Liebe schenkt, dann werden wir liebenswert.

14 Die unerbittlichen Angriffen auf den katholischen Glauben durch das, was Johannes Paul II. »die Kultur des Todes« nannte, ausgesetzt sind (Anm. d. V.).

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467 s. 79 illüstrasyon
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9783947931811
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