Kitabı oku: «Zeuge und Aussagepsychologie», sayfa 3
Nach Volbert/Steller[69] können Kinder zwischen drei und vier Jahren mit minimaler Unterstützung schon eine halbwegs zusammenhängende Aussage über ein vergangenes Ereignis machen, vier bis fünfjährige Kinder sollen schon über Ereignisse berichten können, die ein oder zwei Jahre zurückliegen.
Greuel[70] erläutert zum autobiographischen Gedächtnis: „In der aktuellen Diskussion wird … das Ende der Kindheitsamnesie auf dreieinhalb bis vier Jahre datiert (Malinoski, Lynn & Sivec 1998). Einschränkend muß hier jedoch darauf hingewiesen werden, daß für einen spezifischen Bereich von Kindheitserinnerungen, namentlich für trauma memories, diese Altersgrenze angezweifelt wird. So problematisieren Browne, Scheflin und Hammond (1998), daß es, eingedenk der defizitären Erkenntnisbasis bezüglich der (möglichen) Distinktheit des Trauma-Gedächtnisses, zu einfach sei, das vierte Lebensjahr generell als cut-off-point für die Kindheitsamnesie anzunehmen.“
Undeutsch[71] schreibt 1967: „Als höchst bedenklich galten von alters her ‚Mädchen um die Zeit der Geschlechtsreife‘, wenn sich ihre Aussagen auf geschlechtliche Vorgänge beziehen. Es heißt, daß um diese Zeit ihre Phantasie besonders lebhaft sei und mit Vorliebe um geschlechtliche Dinge kreise.“
Volbert[72] gibt eine grobe Orientierung nach Altersangaben (unter 4, 4-5 und ab 6 Jahre) zur Beurteilung der Aussagetüchtigkeit.
Teil 1 Zeugenaussage › I › 2. Aufgabe und Zielsetzung aussagepsychologischer Begutachtung
2. Aufgabe und Zielsetzung aussagepsychologischer Begutachtung
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In der gerichtlichen Fragestellung geht es bei der aussagepsychologischen Begutachtung um die Erlebnisfundiertheit der Aussage.
Aufgabe und Zielsetzung psychologischer Begutachtungen zur Glaubhaftigkeit von Aussagen – vgl. Greuel[73] – „kann aus Sicht der empirischen Wissenschaft immer nur darin bestehen, Wahrscheinlichkeitsaussagen darüber zu treffen, ob und ggf. inwieweit eine Aussage einem subjektiven Erlebnis in der Wachwirklichkeit entspricht bzw. mit diesem korrespondiert“.
Teil 1 Zeugenaussage › I › 3. Methodisches Prüfkonzept
3. Methodisches Prüfkonzept[74]
a) (Nicht) erlebnisbezogene Aussage[75]
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Der Aussagepsychologe spricht nicht von „wahrer“ oder „unwahrer“, sondern von erlebnisbezogener oder nicht erlebnisbezogener Aussage.
Die erlebnisbezogene Aussage entspricht der „wahren Aussage“. Der Zeuge spricht über etwas, was er tatsächlich erlebt hat.
Die nicht erlebnisbezogene Aussage entspricht der „unwahren Aussage“. Hier irrt der Zeuge, er spricht über etwas, was er nicht bzw. so nicht oder in anderem Zusammenhang als dem geäußerten erlebt hat.
Bei der nicht erlebnisbezogenen Aussage hat sich der Zeuge die Aussage komplett oder teilweise ausgedacht (Lüge) oder der Inhalt der Aussage ist ihm von einem anderen suggeriert worden (Fremdsuggestion) oder er hat ihn sich selbst „eingeredet“ (Autosuggestion). Bei suggerierten Aussagen geht der Zeuge subjektiv – fehlerhaft – davon aus, dass das Ereignis stattgefunden hat.
b) Hypothesengeleitete Begutachtung
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Um herauszufinden, ob die Aussage des Zeugen erlebnisbezogen ist oder nicht, bildet der Aussagepsychologe verschiedene Hypothesen. Ausgangshypothese ist die sog. Nullhypothese: die Aussage hat keinen Erlebnisbezug. Hierzu bildet er Spezifizierungen, er sucht – dem Sachverhalt nach – nach naheliegenden Begründungen für den fehlenden Erlebnisbezug: „die Aussage hat keinen Erlebnisbezug, weil …“.
Erklärungen für den mangelnden Erlebnisbezug können z. B. darin bestehen, dass die Aussage ganz oder in wesentlichen Teilen erlogen ist, oder dass sie dem Zeugen suggeriert wurde oder er sie sich selbst eingeredet hat. Vielfach wird es auch vorkommen, dass Zeugen zunächst lügen und sich die Lüge dann so lange einreden, bis sie selbst von dem erlogenen Sachverhalt überzeugt sind (Verlauf der bewussten zur autosuggestiven Falschaussage[76]).
Die jeweilige Prüfung unterliegt unterschiedlichen Prüfkriterien. So kann z. B. die Realkennzeichenanalyse nicht zwischen erlebnisbezogenen und suggerierten Aussagen unterscheiden. Hierbei kommt es entscheidend auf die Analyse der Aussageentstehung und -entwicklung an. Die Realkennzeichenanalyse findet – neben der Motivationsanalyse – bei der Unterscheidung zwischen einer erlebnisbezogenen und einer ausgedachten, also bewusst falschen Aussage, Anwendung[77].
c) Psychologische Glaubhaftigkeitsprüfung
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Die psychologische Glaubhaftigkeitsprüfung von Zeugenaussagen ist nach dem heutigen Stand der theoretischen Entwicklungen und der empirisch-psychologischen Forschung, wie sie auch der BGH in der Grundsatzentscheidung aufgreift, im Wesentlichen unter den folgenden Aspekten vorzunehmen:[78]
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• | Hinsichtlich der Aussagevalidität Dazu gehören Merkmale und Bedingungen der Aussagesituationen, die die Zuverlässigkeit und Qualität der Aussage beeinflussen können („Fehlerquellenanalyse“), wie die Entstehung (Genese) und die weitere Entwicklung der Aussage sowie unter Umständen eine Analyse der „Motivationslage“ in Bezug auf die (Erst-)Aussage. |
• | Hinsichtlich der Aussagequalität Die konkrete(n) vorliegende(n) Aussage(n) selbst sind schließlich hinsichtlich solcher Merkmale zu untersuchen, in denen sich erlebnisbegründete Aussagen systematisch von solchen unterscheiden, denen kein selbsterlebtes Ereignis zugrunde liegt (sogenannte „Glaubhaftigkeitskriterien“ oder „Realkennzeichen“). Dabei ist die Aussage- und Erfindungskompetenz zu beachten. Dazu gehören solche Merkmale, die sich auf aussagepsychologische Besonderheiten des Zeugen beziehen[79]. |
Ausführliche Erläuterungen finden sich z. B. bei Greuel et al.[80], Steller[81], Steller/Volbert[82], Köhnken[83] und Volbert[84]; siehe auch die Ausführungen im Teil 3 (Rn. 297 ff.).
Eine Einführung in den „psychologischen Forschungsprozess“ findet man bei Gerrig/Zimbardo Psychologie, 18. A., 2008, S. 26.
Teil 1 Zeugenaussage › I › 4. Aufzeichnung der Originalaussage
4. Aufzeichnung der Originalaussage
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Leider regelt der Gesetzgeber die Tonbandaufzeichnung der Vernehmung nicht gesetzlich verbindlich. Aussagepsychologisch kommt es entscheidend auf die Originalaussage an. Sie ist aber nur dann zu überprüfen, wenn die Fragen und Antworten überprüfbar sind.
In Verfahren, in denen Aussage gegen Aussage steht, und es oftmals mangels sog. „objektiver“ Beweismittel allein auf die Belastungsaussage ankommt, sollte der Gesetzgeber die Tonbandaufzeichnung der gesamten Aussage zur Pflicht machen. Die Aufzeichnung des Explorationsgesprächs entspricht weltweitem Standard, dahinter sollten Ermittlungsbehörden nicht zurückstehen.
Teil 1 Zeugenaussage › I › 5. BGH-Rechtsprechung zu aussagepsychologischen Gutachten
5. BGH-Rechtsprechung zu aussagepsychologischen Gutachten
a) BGH 1954
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1954 entschied der BGH[85]: „Der Grund, weshalb zur Prüfung der Glaubwürdigkeit von Kinderaussagen öfter Sachverständige hinzugezogen werden müssen, liegt darin, daß die Frage, ob ein Kind glaubwürdig ist, sich schwerer beurteilen läßt, als dieselbe Frage beim erwachsenen Zeugen. Zur Beurteilung von Kinderaussagen müssen in geeigneten Fällen Sachverständige gerade deshalb hinzugezogen werden, weil ihnen Erkenntnismittel zur Verfügung stehen, die das Gericht nicht haben kann.“
b) BGH-Grundsatzentscheidung 1999
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Im Jahr 1999 hat der 1. Strafsenat des BGH eine Grundsatzentscheidung zu den wissenschaftlichen Mindestanforderungen, die aussagepsychologische Gutachten zu erfüllen haben, gefällt.
Die Entscheidung ist vielfach veröffentlicht worden, u. a. auch in der amtlichen Entscheidungssammlung des BGH[86].
Prof. Fiedler und Prof. Steller wurden als Sachverständige gehört. Ihre wissenschaftlichen Gutachten sind vollständig veröffentlicht, so
• | Fiedler/Schmid Gutachten über Methodik für Psychologische Glaubwürdigkeitsgutachten, PdR 1999, 5 ff. und |
• | Steller/Volbert Wissenschaftliches Gutachten, Forensisch-psychologische Begutachtung (Glaubwürdigkeitsbegutachtung), PdR 1999, 46 ff. |
Zu der Entscheidung gibt es mehrere erläuternde Beiträge in der Literatur, z. B.[87]:
• | Boetticher Anforderungen an Glaubhaftigkeitsgutachten, in: Barton, Verfahrensgerechtigkeit und Zeugenbeweis, 2002, S. 55 ff. |
• | Jansen/Kluck Unter Kontrolle: Aussagepsychologische Gutachten, PdR, Sonderheft 1 – Glaubhaftigkeitsbegutachtung –, 2000, 89 ff. |
• | Jansen Überprüfung aussagepsychologischer Gutachten, StV 2000, 224 ff. |
• | Meyer-Mews Die ,in dubio contra reo‘-Rechtsprechungspraxis bei Aussage-gegen-Aussage-Delikten, NJW 2000, 916 ff. |
• | Offe Anforderungen an die Begutachtung der Glaubhaftigkeit von Zeugenaussagen, NJW 2000, 929. |
• | Schade/Harschneck Die BGH-Entscheidung im Rückblick auf die Wormser Mißbrauchsprozesse, PdR Sonderheft 1 – Glaubhaftigkeitsbegutachtung –, 2000, 28 ff. |
• | Schaefer Mehr Professionalität in Jugendschutzverfahren, NJW 2000, 928 f. |
• | Steller/Volbert Anforderungen an die Qualität forensisch-psychologischer Glaubhaftigkeitsbegutachtungen – Das BGH-Urteil v. 30. Juli 1999, PdR, Sonderheft 1 – Glaubhaftigkeitsbegutachtung, 2000, 102 ff. |
Die Grundsatzentscheidung steht in engem Zusammenhang mit der erneuten ablehnenden Entscheidung des BGH[88] zum sog. Lügendetektor.
c) Nachfolgeentscheidungen
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Nach der Grundsatzentscheidung sind weitere Entscheidungen des BGH zu den Anforderungen, die an aussagepsychologische Gutachten zu stellen sind, ergangen, deren Inhalt stichwortartig hier dargestellt wird:
• | BGH [3 StR 301/07] nur die realistischen Erklärungsmöglichkeiten sind zu diskutieren, methodische Grundprinzipien beschreiben den derzeitigen wissenschaftlichen Standard, Gutachter müssen nicht einheitlich dieser Prüfstrategie folgen, es ist dem Sachverständigen überlassen, in welcher Art und Weise er dem Gericht sein Gutachten unterbreitet. |
• | BGH [1 StR 274/02] Anforderungen an die Prüfung der Unwahrhypothese |
• | BGH [1 StR 582/99][89] die Befolgung einer einheitlichen Prüfstrategie, eines einheitlichen Gutachtenaufbaus, einer bestimmten Reihenfolge der Elemente der Aussagebeurteilung ist nicht erforderlich, es ist dem Sachverständigen überlassen, in welcher Art und Weise er sein Gutachten dem Gericht unterbreitet. |
• | BGH [4 StR 339/99][90] Verweis auf die Grundsatzentscheidung |
Pfister[91] fasst die Rechtsprechung unter der Überschrift „Was ist seit BGHSt 45, 164 geschehen?“ zusammen und gibt einen „Überblick über die neuere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Beurteilung der Glaubhaftigkeit von Zeugenaussagen“.
Steller/Böhm[92] referieren – aus aussagepsychologischer Sicht – zu „50 Jahre Rechtsprechung des BGH zur Aussagepsychologie: Bilanz und Ausblick“ u. a. zur Anerkennung der aussagepsychologischen Methodik, zu Psychologen oder Psychiatern als Sachverständigen, zu aktuellen Entwicklungen in der Aussagepsychologie und Jurisprudenz, zur Begutachtung erwachsener Zeugen, zu Besonderheiten der Erinnerungen nach Traumaerleben und zur Glaubhaftigkeitsbegutachtung bei Borderline-Persönlichkeitsstörungen.
Teil 1 Zeugenaussage › I › 6. Qualität aussagepsychologischer Gutachten
6. Qualität aussagepsychologischer Gutachten
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Ende der neunziger Jahre ergab eine Untersuchung von Busse/Volbert[93] nur eine geringe Anzahl von Begutachtungen durch Psychologen (und nicht Psychiater). Fast nie wurde der Gutachtenauftrag begründet. Inhaltlich waren „bei einem nicht unbeträchtlichen Teil der Gutachten wissenschaftliche Mindeststandards wie Nennung der gewählten Untersuchungsmethoden, Trennung von Bericht und Interpretation etc. nicht bzw. nur teilweise erfüllt“.[94] Viele Gutachten bewegten sich im „mittleren Bereich“, jedoch wurde „in beinahe der Hälfte der Gutachten ein primär persönlichkeitsorientiertes Vorgehen verfolgt …, obwohl dies dem derzeitigen wissenschaftlichen Stand nicht entspricht“[95].
Die Untersuchung ergab ferner, dass „die Fälle mit eindeutiger positiver Glaubwürdigkeits- bzw. Glaubhaftigkeitsbeurteilung in fast allen Fällen mit einer Verurteilung endeten“[96].
Zehn Jahre nach der Grundsatzentscheidung des BGH aus dem Jahre 1999 könnte man hoffen, die Gutachtenqualität hätte sich insgesamt verbessert. Bei genauerem Hinsehen erscheint es aber nach wie vor so, dass Sachverständige die verschiedenen Hypothesen nur stereotyp bilden und abarbeiten, diese nicht fallspezifisch genug entwickeln und sie auch der Suggestionshypothese nicht immer mit dem nötigen fachlichen Wissen begegnen. Der Wunsch, dem Zeugen grundsätzlich glauben zu wollen, würde sicher von jedem Sachverständigen nach außen verneint, scheint aber vielfach präsent zu sein. Gezieltes Herausfragen von Realkennzeichen, einseitige Deutung des Aussageverhaltens tragen nach wie vor zu einer Vielzahl von Gutachten schlechter Qualität bei. Oftmals ist jedoch auch mangelnde Sachkunde, fehlendes dogmatisches Verständnis dafür verantwortlich. Eindrucksvoll ist die Liste der vielfach auftretenden Fehler, über die Köhnken[97] berichtet.
Teil 1 Zeugenaussage › I › 7. Ausweitung des Anwendungsbereichs der Aussagepsychologie
7. Ausweitung des Anwendungsbereichs der Aussagepsychologie
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Erwachsene Zeugen. Köhnken[98] berichtet, dass Forschungsergebnisse den Schluss zulassen, dass die kriterienorientierte Aussageanalyse „auch bei erwachsenen Zeugen mit hinreichender Zuverlässigkeit zwischen erlebnisbegründeten und konfabulierten Aussagen unterscheiden kann“. Auch nach Volbert/Steller[99] gelten die aussagepsychologischen Erkenntnisse nicht nur für kindliche, sondern auch erwachsene (Opfer)zeugen.
Nach Steller/Volbert[100] ist der Schwellenwert, von der festgestellten Aussagequalität auf die Glaubhaftigkeit der Bekundung zu schließen, bei Erwachsenen höher als bei Kindern. Eine ausführliche Betrachtung findet sich bei Greuel[101].
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Beschuldigte – Geständnis, Widerruf des Geständnisses. Steller[102] und Volbert[103] haben in der Festschrift für Eisenberg zu dem sog. Pascal-Verfahren vor dem LG Saarbrücken „Zu falschen Geständnissen in Kapitaldelikten – Praxis: Der Fall Pascal“ bzw. „Falsche Geständnisse“ veröffentlicht und dabei die Rekonstruktion der Entstehungsgeschichte des Geständnisses hervorgehoben[104].
Aussagepsychologen[105] stellen bei der Diskussion über die Anwendbarkeit der Realkennzeichenanalyse bei Beschuldigtenaussagen zutreffend darauf ab, dass sich an der Leugnung eines Vorwurfes, die nur aus einem Wort – z. B. Haben Sie die Frau umgebracht? „nein“ – bestehen kann, mangels Aussagematerials keine analytische Bewertung vornehmen lässt.
Bei einem ausführlichen Geständnis und/oder einem Geständniswiderruf wird grundsätzlich eine Analyse in Betracht gezogen[106], jedoch darauf hingewiesen, dass sich der Beschuldigte „z. B. mangels Wahrheitsverpflichtung in einer gänzlich anderen motivationalen Lage befinde“ als der Opferzeuge. Das ist rechtlich unzutreffend. Zu bedenken ist nämlich, dass der Beschuldigte im Rahmen der Aussagefreiheit zwar darüber entscheiden kann, ob er sich überhaupt und wie zu dem gegen ihn erhobenen Vorwurf äußern kann, er im Rahmen der Aussage aber einen anderen nicht fälschlich beschuldigen bzw. eine Straftat vortäuschen darf (§§ 145d, 164 StGB)[107].
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Mitbeschuldigte. Bislang fehlen Untersuchungen zur Glaubhaftigkeit von Aussagen von Mitbeschuldigten. Jansen[108] hat in einem Beitrag in der Festschrift für Hamm die aussagepsychologische Beurteilungsmöglichkeit diskutiert.
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Ausländer. Bei Ausländern ist die Aussagebeurteilung erschwert, wenn ihre Aussage durch einen Dolmetscher übersetzt wird. Vielfach übersetzen Dolmetscher nicht vollständig, zum Teil auch nicht korrekt, wobei auch die Besonderheiten der jeweiligen Fremdsprache und auch kulturelle Unterschiede zu beachten sind[109].
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Identifizierungsaussage. Identifizierungsaussagen werden in der Praxis meist unter dem Gesichtspunkt erhoben, wie sicher sich der Zeuge bei der Wiedererkennung des Beschuldigten ist, obwohl subjektive Sicherheit keinen hinreichenden Aufschluss über die Richtigkeit der Aussage geben kann. Köhnken[110] verdeutlicht, dass die Qualität der Aussage kein verlässlicher Indikator ist, jedoch die Reaktionszeit (die Dauer von der Präsentation einer oder mehrerer Personen bzw. Lichtbilder und der Äußerung des Zeugen) ein Indikator für die Richtigkeit der Aussage sein kann, da korrekte Identifizierungen „schneller als falsche … erfolgen“.
Näheres zum aktuellen Erkenntnisstand der Personenidentifizierung findet sich in den Ausführungen von Sporer[111] im Handbuch der Rechtspsychologie und Sporer/Sauerland[112].
Teil 1 Zeugenaussage › I › 8. Aussagepsychologische Fachliteratur
8. Aussagepsychologische Fachliteratur
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Arntzen hat Anfang der neunziger Jahre die praktische Verbreitung der Aussagepsychologie gefördert[113]. Seine Auswertungen stützte er – nach eigenen Angaben – auf ca. 50.000 „psychologische Gutachten über die Glaubwürdigkeit“ in der Zeit von 1950 bis 1990. Kritisch zu sehen ist, dass er die Untersuchungen im Einzelnen nicht veröffentlicht und damit einer wissenschaftlichen Diskussion entzogen hat. Arntzen sah seine Erkenntnisse durch „nachträgliche Geständnisse“ bestätigt[114], ohne erkennbar zu erwägen, dass der Beschuldigte ggf. nur aufgrund des Drucks des ihn belastenden Gutachtens ein Geständnis abgelegt haben könnte.
Wohl als Reaktion darauf, dass ideologisch ausgerichtete Aufdeckungsarbeit immer mehr Platz griff und sexueller Missbrauch zum „Modedelikt“ avancierte, erschien Mitte der neunziger Jahre das „Handbuch sexueller Mißbrauch“[115]. Wegweisend und immer noch aktuell ist der darin enthaltene Aufsatz von Undeutsch[116], der sich inhaltlich mit dem Nachweis sexuellen Missbrauchs, der Analyse des Aussageinhaltes, der Bedeutung von Geschichte und Entwicklung der Aussage, der Divergenz von Psychotherapie und Wahrheitsforschung, der Suggestibilitätsforschung und der Prüfung alternativer Hypothesen befasst.
Es folgten Veröffentlichungen in familienrechtlichen Zeitschriften[117].
Aufsehen erregend war 1992 der Beitrag von Müther/Kluck „Vom Mißbrauch mit dem Mißbrauch“[118].
Endres/Scholz „Sexueller Kindesmißbrauch aus psychologischer Sicht“ war die erste Veröffentlichung in einer strafrechtlichen Zeitschrift zu den seinerzeit „gängigen“ Themen, so zu: Missbrauchsverdächtigungen[119], Symptomen[120], spontanen Falschaussagen von Kindern[121], aufdeckenden Psychotherapien[122], Verhaltensdeutung[123], projektiven Verfahren[124], Beeinflussungsgefahr durch suggestive Befragung und konfrontativen Befragungstechniken, dem sog. Lügendetektor und der Beurteilung der Persönlichkeit des Beschuldigten[125].
Im Nachgang zu den genannten spektakulären Verfahren erschienen einige aussagepsychologische Fachbücher, so z. B. das Buch von Steller/Volbert „Psychologie im Strafverfahren“[126], es folgte das Standardwerk „Glaubhaftigkeit der Zeugenaussage“ einer Autorengruppe zusammen mit Greuel[127].
„Psychologische Gutachten schreiben und beurteilen“ von Westhoff/Kluck ist dem Straf- und Familienjuristen zu empfehlen, der sich grundlegend mit den Besonderheiten psychologischer Gutachtenerstellung befassen will. 2008 ist es in der 5. Auflage erschienen.
Zwischenzeitlich liegt das „Handbuch der Rechtspsychologie“[128] vor, lesenswert ist auch die jüngst von Volbert[129] veröffentlichte Abhandlung zur Erstellung aussagepsychologischer Gutachten, die die aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse anschaulich und übersichtlich darstellt.