Kitabı oku: «Zeuge und Aussagepsychologie», sayfa 7

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cc) Mitbeschuldigter

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Besondere Aufmerksamkeit verdient die Entscheidung des 5. Strafsenats aus dem Jahr 1999, BGH [5 StR 252/99][154] in der die Prüfung der Aussageentstehungsgeschichte – soweit hier erkennbar – erstmalig in einem Schwurgerichtsverfahren bei einem Mitbeschuldigten für erforderlich erachtet wurde. Es ging um die Beurteilung eines Wechsels der Inhalte in den Angaben eines Mitbeschuldigten. Dabei kam der Prüfung der Alternativhypothese, ob die Aussage des Mitbeschuldigten auch anders als durch tatsächliches eigenes Erleben erklärbar ist, besondere Bedeutung zu.

Geständnis des Mitbeschuldigten. Spätestens mit der 2002 ergangenen Entscheidung des 1. Strafsenats [1 StR 464/02][155] hat die Prüfung der Aussageentstehung auch in Wirtschaftsstrafverfahren Einzug gehalten.

Solche zeichnen sich vielfach – vor allem im Korruptionsbereich – vor allem dadurch aus, dass meist keine (neutralen) Zeugen als Beweismittel zur Verfügung stehen, sondern sich die Ermittlungen wesentlich bzw. ausschließlich auf Angaben von Mitbeschuldigten stützen. Häufig werden derlei Verfahren mit Geständnissen im Deal-Wege beendet.

Maßgeblich für die Glaubhaftigkeitsprüfung des Geständnisses ist seine Entstehungs- und Entwicklungsgeschichte, also „das Zustandekommen, der Inhalt und ggf. das Scheitern einer verfahrensbeendenden Absprache“.

Der BGH [1 StR 370/07][156] hat die Bedeutung der Entstehungsgeschichte in einer Nachfolgeentscheidung noch einmal bekräftigt.

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Prüfung der Entstehungsgeschichte des Deals


Zustandekommen
Inhalt
Scheitern

Das führt zu vielerlei prozessual interessanten Fragestellungen. In der Konsequenz müssen alle an der Absprache Beteiligten als Zeugen gehört werden. Waren in dem Verfahren gegen den ehemaligen Mitbeschuldigten und jetzigen Belastungszeugen dieselben Richter beteiligt, so stellt sich im Rahmen der Rekonstruktion das Problem der Vernehmung der erkennenden Richter als Zeugen. Diese müssten ihre eigenen Angaben über das Zustandekommen der Absprache würdigen. Das ist nach § 22 Nr. 5 StPO unzulässig. Ihre Vernehmung kann zu Recht nicht durch dienstliche Erklärungen „ersetzt“ werden – das hat der BGH[157] klargestellt.

Nach wie vor finden sich z. B. keine aussagepsychologischen Entscheidungen zur Qualität der Aussagen Mitbeschuldigter in Wirtschafts-/Korruptionsverfahren, in denen typischerweise[158] Beschuldigte die Entlassung aus der Untersuchungshaft nicht nur mit der Selbstbezichtigung, sondern erst mit der Beschuldigung eines anderen erzielen können.

dd) Beschuldigter – Einlassung

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Nach BGH [2 StR 94/95][159] unterliegt die Beweiswürdigung der Einlassung des Beschuldigten denselben Beweisregeln wie andere Beweismittel.

Entlastende Angaben des Angeklagten sind insbesondere nicht schon deshalb als unwiderlegbar hinzunehmen, weil es für das Gegenteil keine unmittelbaren Beweise gibt. Vielmehr hat der Tatrichter sich aufgrund einer Gesamtwürdigung des Ergebnisses der Beweisaufnahme seine Überzeugung von der Richtigkeit oder Unrichtigkeit der Einlassung zu bilden.

ee) Beschuldigter – falsche Alibibehauptung

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Nach BGH[160] ist eine falsche Alibibehauptung „für sich allein kein Beweisindiz für dessen Täterschaft, da … auch ein Unschuldiger Zuflucht zur Lüge nehmen kann. Entsprechendes gilt in Fällen der Lüge des Angeklagten zu anderen beweisrelevanten Umständen, einer Fallgruppe, von der die Konstellation der widerlegten (nicht etwa nur fehlgeschlagenen) Alibibehauptung einen Ausschnitt bildet (…)“. Zu berücksichtigen ist, „ob und in welchem Umfang von dem Grundsatz, daß auch Unschuldige Zuflucht zu einer Lüge nehmen können (…), Ausnahmen zu machen sind. Treten nämlich besondere Umstände hinzu, so darf – und muß gegebenenfalls – auch der Umstand zum Nachteil des Angeklagten berücksichtigt werden, daß dieser sich wahrheitswidrig auf ein Alibi berufen hat, indem er bewußt unwahre Behauptungen aufgestellt hat. Dabei kann es insbesondere auf die Gründe und die Begleitumstände des Vorbringens der Alibibehauptung ankommen (…). In Fällen dieser Art ist der Tatrichter gehalten, die Umstände des Vorbringens der falschen Alibibehauptung zu erörtern“ und „sich einerseits mit der Aussageentstehung, der Vernehmungstechnik und der Protokollierung (vgl. Nr. 45 Abs. 2 RiStBV) und andererseits mit dem damaligen – etwa durch Vorhalte zustande gekommenen – Informationsstand des Angeklagten und dessen Verteidigungsstrategie auseinanderzusetzen“.

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Prüfung der falschen Alibibehauptung


Aussageentstehung
Vernehmungstechnik
Protokollierung (Nr. 45 Abs. 2 RiStBV)
Informationsstand des Beschuldigten (ggf. durch Vorhalte beeinflusst)
Verteidigungsstrategie

b) BGH-Rechtsprechung zur Motivationslage

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Hat der Zeuge ein Motiv, den Beschuldigten bewusst falsch zu belasten?

Die Antwort wird häufig davon abhängen, wie gut im konkreten Fall nach einem Motiv gesucht wird. Meist wird die Prüfung mehr oder weniger „routinemäßig“ vorgenommen, d. h. nur wenig differenziert ohne den konkreten Sachverhalt im Blick zu haben. Mehr stereotyp werden die „klassischen“ Motive wie Eifersucht, Rache, Hass geprüft. Trotz stetig wiederkehrender Belehrung durch den BGH wird potentielles Ablenken vom eigenen Tatbeitrag oder die Absicht, durch die falsche Beschuldigung eines anderen selbst einen Vorteil zu erstreben, bei der Beurteilung von Aussagen von Mitbeschuldigten oft außer Acht gelassen oder nicht hinreichend gewürdigt.[161]

Vereinzelt finden sich Entscheidungen, wonach nicht zwangsläufig von einem vorhandenen Motiv auf eine bewusst falsche Aussage zu schließen ist. Nur selten fragt der Strafjurist, ob sich der Zeuge zum Zeitpunkt der Beschuldigung auch der damit verbundenen Konsequenzen bewusst war und das Strafverfahren überhaupt erstrebt hat. Viele Zeugen wissen gar nicht um das strafrechtliche Prozedere, das sie mit ihrer Aussage in Gang setzen, oder ahnen nicht, dass eine mehr oder weniger harmlose Äußerung im privaten Kreis einen Dritten zur Anzeige über das Gehörte veranlasst.

Deshalb legt der Aussagepsychologe sein Augenmerk auf die „Geburtsstunde“ der Entstehung der Beschuldigung. Dabei sind auch unbewusste Motive sowie die Wechselwirkung verschiedener Motive und die Bedingungen, unter denen die Beschuldigung entstanden ist, zu rekonstruieren und zu bewerten – und das nicht nur für den Fall der bewussten Falschaussage, sondern auch für die subjektiv wahre Aussage[162]. Die Entscheidung des Strafjuristen wird immer nur so gut sein, wie die Rekonstruktion und Interpretation der Beschuldigung gelingt.

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Prüfung der Entstehungsgeschichte der Aussagemotivation,

bei bewusst falscher Aussage

bei subjektiv wahrer Aussage


Geburtsstunde der Entstehung der Beschuldigung
Unbewusste Motivation
Wechselwirkung verschiedener Motive
Bedingungen, unter denen Beschuldigung entstanden ist

Aussagepsychologisch wird die Motivationsanalyse nicht immer eindeutig vorzunehmen sein. Erscheint nach der Rekonstruktion der Motivation eine subjektiv wahre Aussage plausibler, kann das als ein Hinweis auf eine glaubhafte Aussage mit Erlebnisbezug gewertet werden, umgekehrt gilt das jedoch nicht. Findet sich ein Motiv für eine bewusst falsche Aussage, muss die Aussage nicht erlogen sein. Darauf kann allein die Beurteilung der Aussage nicht gestützt werden.

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Auch wenn sich ein Motiv für eine bewusst falsche Aussage findet,

muss die Aussage nicht erlogen sein.

Aussagemotivation


Eigene Tatbeteiligung abmildern
Vergünstigung nach § 31 BtMG
• BGH [5 StR 94/07] Rache-Hypothese
• BGH [5 StR 201/07] Vorteile für sich selbst – Aufhebung Haftbefehl
• BGH [4 StR 533/07] Vergünstigung nach § 31 BtMG
Belastungseifer
Vorteile für sich selbst
• BGH [1 StR 471/05] Entlastung eines nahen Angehörigen
Belastung Mitbeschuldigter – Vorteile für Freund
Vergünstigung nach § 31 BtMG
Vergünstigung nach § 31 BtMG
Vergünstigung nach § 31 BtMG
Rachehypothese
Aussage zugunsten des Angeklagten
• BGH [1 StR 332/02] Verwandtschaftsverhältnis – Enge der Beziehung
• BGH [1 StR 1/02] Intrige durch Zeugen initiiert
• BGH [5 StR 44/01] Vorteile für seine Tat, Enttäuschung, Rache
Vergünstigung nach § 31 BtMG – eigenen Tatbeitrag als bloße Beihilfe darstellen
Teilschweigen des Mitangeklagten
Milderung der eigenen Strafe oder sonstiger Vorteil
Grundsätzliches
Gegenseitige Belastungen
• BGH [4 StR 699/95] Nicht zutreffende Darstellung teilweise aufrecht erhalten
Strafmilderung
Vergünstigung nach § 31 BtMG
Prüfung der Aussageentstehung im Rahmen der Motivationsanalyse
Vergünstigung nach § 31 BtMG
Selbstentlastung
Vergünstigung nach § 31 BtMG
Gehorsamspflicht gegenüber Vater
Bekanntschaft, persönliches Verhältnis zwischen Beschuldigtem und Zeugen
Eigene Beteiligung an Tat in günstigerem Licht erscheinen lassen

Teil 1 Zeugenaussage › III › 6. BGH-Rechtsprechung zur Aussageanalyse

6. BGH-Rechtsprechung zur Aussageanalyse

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Nach der Rechtsprechung des BGH ist eine Aussageanalyse nicht bei jeder Zeugenaussage erforderlich, jedenfalls aber dann, wenn Aussage gegen Aussage steht.

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Grundsätzliche Ausführungen finden sich in der Grundsatzentscheidung des BGH[187] zu den wissenschaftlichen Anforderungen, die an aussagepsychologische Gutachten zu stellen sind



sowie in weiteren Entscheidungen des BGH:


Aussageanalyse – vor allem zur Konstanz der Aussage
• BGH [1 StR 231/08] Aussageanalyse im Zusammenhang mit objektiven Beweisanzeichen
Aussageanalyse mit Bedacht auf das Privat- und Intimleben des Zeugen
Aussageanalyse durch den Tatrichter
Aussageanalyse unter sachverständiger Beratung
• BGH [1 StR 46/02]
• BGH [1 StR 553/01] Aussageanalyse durch den Tatrichter
Aussageanalyse durch den Tatrichter
Aussageanalyse durch den Tatrichter
Aussageanalyse durch den Tatrichter
Aussageanalyse beim Mitbeschuldigten durch den Tatrichter
Aussageanalyse durch den Tatrichter
Aussageanalyse durch den Tatrichter
• BGH [5 StR 415/94] Aussageanalyse durch den Tatrichter

a) BGH-Rechtsprechung zu Merkmalen in der Aussage

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In der Grundsatzentscheidung zu aussagepsychologischen Gutachten führt der BGH[200] zu den aussageimmanenten Qualitätsmerkmalen aus:

BGH [1 StR 618/98]

„Zur Durchführung der Analyse der Aussagequalität sind auf der Basis der dargestellten Annahmen Merkmale zusammengestellt worden, denen indizielle Bedeutung für die Entscheidung zukommen kann, ob die Angaben der untersuchten Person auf tatsächlichem Erleben beruhen. Es handelt sich um aussageimmanente Qualitätsmerkmale (z. B. logische Konsistenz, quantitativer Detailreichtum, raum-zeitliche Verknüpfungen, Schilderung ausgefallener Einzelheiten und psychischer Vorgänge, Entlastung des Beschuldigten, deliktsspezifische Aussageelemente), deren Auftreten in einer Aussage als Hinweis auf die Glaubhaftigkeit der Angaben gilt (vgl. auch Bender/Nack, Tatsachenfeststellung vor Gericht Bd.1 2. Aufl. Rn. 231 ff.).“

In der Rechtsprechung des BGH finden Merkmale der Aussage seit Jahren bei der Beurteilung von Zeugenaussagen – insbesondere wenn Aussage gegen Aussage steht – Beachtung. Die Bezeichnungen der Merkmale sind nicht immer identisch mit den aussagepsychologischen „Glaubhaftigkeitskennzeichen“.

Folgende Aussagemerkmale werden z. B. in BGH-Entscheidungen erwähnt:

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„Selbstbelastung des Zeugen“


BGH [5 StR 94/07]

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„Erinnerungslücken“


BGH [5 StR 544/04]
BGH [4 StR 422/04]
BGH [4 StR 467/02]

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„Eigene Psychische Vorgänge des Angeklagten“



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„Detailreichtum“


BGH [2 StR 541/08]
BGH [1 StR 432/04]
BGH [1 StR 46/02]

88

„Komplikationen im Handlungsablauf“


BGH [1 StR 129/02]
BGH [1 StR 618/98]

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„Aussageerweiterung“


BGH [5 StR 248/08]
BGH [1 StR 545/00]

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„Verflechtung“


BGH [1 StR 553/01]

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„Schilderung von Gefühlen“


BGH [1 StR 46/02]

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„Gefühlsmäßiger Nachklang“



Aussagekraft der Realkennzeichenanalyse. Auch wenn die kriterienorientierte Aussageanalyse ein wesentliches Element der Glaubhaftigkeitsbegutachtung ist, gewinnt sie ihre Aussagekraft „erst durch die Berücksichtigung der Ergebnisse der Persönlichkeits- und Motivanalyse sowie des Aussageverhaltens“[242].

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