Kitabı oku: «Im Herzen von Afrika», sayfa 11
23. Ein lustiges Völklein
Das Völklein der Ssere hat sich weit und breit um Dem-Adlan herum besonders dicht angesiedelt. In ihrer äußern Erscheinung erinnern die Ssere auffallend an die Niamniam, nur tätowieren sie sich nicht. Ursprünglich ein den benachbarten Niamniamfürsten unterworfener Sklavenstamm, sind sie erst in neuester Zeit nach Norden ausgewandert, wahrscheinlich verlockt durch die Entvölkerung des Landes infolge des Sklavenraubes. Zahlreiche Ssere sind indes unter den Niamniam zurückgeblieben. Viele Ihrer Einrichtungen sind völlig den Niamniamsitten angepaßt; sie haben sich aber ihre eigne Sprache erhalten. Es ist eine kräftige, wohlgestaltete Rasse. Ihre sorgfältig gebauten Hütten verraten, daß sie auf den Besitz Wert zu legen wissen. Am eigentümlichsten nahmen sich die kleinen Kornspeicher der Ssere aus. Der becherförmige aus Ton geformte Sammelraum, der oft kunstvoll mit Gesimsen und stufenweise übereinanderfolgenden Ringleisten und Hohlkehlen verziert ist, ruht stets auf einem einzigen hohen Pfahl, so daß man am Stamm hinaufklettern muß, um das deckelartig überhängende Strohdach abheben zu können.
Die schon erwähnte Vorliebe für Grashalme, die durch die vielfältig durchbohrten Nasenflügel gesteckt werden, kennzeichnet auch die Ssereweiber; selbst Männer folgen Ihrem Beispiel. Manche Weiber hatten durch die Unterlippe einen langen Bleistab gesteckt, der mehrere Zentimeter lang herunterbaumelte.
Die Jagd in den benachbarten Wildnissen muß sehr ergiebig sein. Nirgends fand ich derartige Massen von Jagdtrophäen angehäuft wie in den Weilern der Ssere. Sie errichten aus gegenseitig sich stützenden Baumästen hohe Gestelle, um daran Hunderte von Büffelhörnern und Schädeln zu befestigen. Man trifft diese fast vor jeder Hütte. Sehr häufig waren auch die Hornkronen verschiedener Antilopenarten, dann Schädel von Warzenschweinen und Pavianen, selbst Löwenschädel fehlten nicht.
Von Dem-Adlan ging es nach Osten zum Bongoland zurück, drei Tage lang durch eine böse wasserarme Wildnis. Der Pongofluß bildet fast genau die Grenze zwischen quellreichem und quellosem Gelände. Die letzten Hütten mit dem letzten Wasser waren bereits sieben Kilometer hinter dem Pongo erreicht. Weiterhin konnten vereinzelte Wasserlachen immer nur nach langem Suchen ausfindig gemacht werden, um Trinkwasser zu gewinnen.
Die erste Strecke in der Wildnis führte ununterbrochen durch Wald, ohne einen einzigen Wasserzug. Nach vielem Suchen fand man eine Pfütze, aus der behutsam die Oberfläche abgeschöpft werden mußte, wollte man überhaupt ein wenig Wasser erhalten. Es war ein ekelhafter Suhlplatz von wilden Büffeln und Ebern, voll von den Losungen dieser Tiere, ein Gemisch von Sumpfmoder und ammoniakhaltigem Wasser. Man ließ die Schlammasse durch Tücher laufen; durch Kochen verlor sich ihr scharfer Geruch. Erst fünf Kilometer weiter stießen wir auf einen von dichtem Buschwerk umstandenen Wasserlauf mit ziemlich klarem Wasser. Eine obdachlose, andauernd regnerische Nacht machte nach den vorangegangenen heftigen Regengüssen das Maß meines Elends auf dieser an Entbehrungen aller Art überreichen Reise voll. Da alle Versuche, ein Lagerfeuer anzuzünden, mißlangen, mußte ich am folgenden Morgen, halb erstarrt und immer noch im Regen, den jetzt schlüpfrig gewordenen Weg fortsetzen.
Nirgends aber habe ich ein so lustiges Völklein kennen gelernt wie die Ssere, die mir als Träger beigegeben waren, und die mich aufheiterten. Kein Mißgeschick, keine Müdigkeit, weder Hunger noch Durst vermochten etwas über den unverwüstlichen Humor dieser Neger. Wurde unterwegs gerastet, so begann das Scherzen erst recht. Sie spielten miteinander wie ausgelassene Kinder. Bald stellte der eine oder der andere ein wildes Tier vor, das die übrigen jagten, bald neckten sie sich mit allerhand Schabernack. Besonders belustigend war die Darstellung der Schildkröte, deren unbeholfene Bewegungen sie auf allen Vieren nachahmten. Derart vergnügten sich die Ssere mit leerem Magen. »Wenn wir Hunger haben,« so sprachen sie, »dann singen wir, um ihn zu vergessen.«
Die folgende Woche verlief ohne Zwischenfälle, und am 19. Februar begrüßte ich nach neunundvierzigtägiger Abwesenheit und einer Wanderung von 876000 Schritten wieder meinen alten Freund Chalil, der mich und die Meinigen in schönen neuen Hütten unterbrachte.
24. Der Sklavenhandel
Noch nie mochte der Sklavenhandel auf der Straße nach Kordofan so geblüht haben wie im Winter 1870-71, als ich, ein Augenzeuge, mich an seinen Quellen befand. Sir Samuel White Baker war, auf Empfehlung des Prinzen von Wales, vom ägyptischen Vizekönig Ismail zum Gouverneur der neugeschaffenen Äquatorialprovinz ernannt worden; diesen Posten hatte er von 1870-1873 inne. Im Sommer vorher hatte er mit der endgültigen Säuberung der oberen Nilgewässer vom Sklavenhandel begonnen, indem er seine Tätigkeit durch Wegnahme aller sklavenführenden Barken eröffnete. Mögen seine Maßnahmen dazu beigetragen haben, das Zusammenströmen der Gellaba aus Kordofan zu vermehren, oder mag der Mangel an Baumwollstoffen, der um jene Zeit in den Seriben herrschte, ihren Unternehmungsgeist besonders angeregt haben, mag vielleicht auch die Anwesenheit ägyptischer Truppen im Bahr-el-Ghasal-Gebiet ihrer Habgier neue Quellen der Bereicherung in Aussicht gestellt haben: soviel steht fest, daß weder Baker noch der Generalgouverneur in Chartum an eine Überwachung der Ortsbehörden in Kordofan dachten.
Wie ich aus dem Munde Sibers selbst erfuhr, hatten im Laufe des Winters zwei über Schekka eingetroffene große Karawanen 2000 kleiner Unternehmer ins Land gebracht. Anfang Februar langte abermals ein Zug an, der auf 600-700 Köpfe geschätzt wurde. Ihre Waren bestanden hauptsächlich aus Ballen von Baumwollstoff. Groß war auch die von den Sklavenhändlern abgesetzte Menge Vorderlader, meist gewöhnliche Doppelflinten belgischen Ursprungs im dortigen Wert von 10 bis 20 Mariatheresientalern. Außerdem führten sie allerhand Kleinkram mit sich.
Alle diese Händler bedienten sich der Esel, auf deren Rücken sie, man kann getrost sagen, den größten Teil ihres Lebens verbrachten. Solch ein Eselein kann seine zehn Stück Zeug aufnehmen und den Reiter noch oben darauf. Der Esel wurde im Gebiet der Seriben gegen ein bis zwei Sklaven eingetauscht, mit den Zeugen wurden ihrer drei erzielt, so daß ein blutarmer Kleinkrämer, der mit 25 Talern Wert an Waren und mit einem Esel ins Land kam, mindestens vier Sklaven erstehen konnte, die in Chartum einen Erlös von 250 Talern ergaben. Der Rückzug wurde zu Fuß angetreten, und die Sklaven mußten den nötigsten Reisebedarf tragen.
Neben diesen kleinen Leuten fehlte es nicht an größern Unternehmern, die mit vielen Esel- und Ochsenladungen dahergezogen kamen, eigene bewaffnete Sklaven mit sich führten und alljährlich einen Umsatz von einigen hundert Sklaven zu machen wußten. Solche hatten denn auch in den größern Seriben ihre Vertreter oder Geschäftsfreunde, die über eigen Haus und Hof verfügten. Die Vertreter waren meist Faki; eigentlich heißen so nur die Rechtsgelehrten des Islam, aber im Sudan werden auch gewöhnliche Priester und alle des Schreibens kundigen Leute so genannt.
Von Seriba zu Seriba wandernd, durchzogen sie das Land. Ihr zweites Wort war Allah; allein nie fand ich unbarmherziger die Sklaven behandelt als von diesen glaubensstarken Männern.
Bei einem Transport befanden sich etliche elende, zu Gerippen abgemagerte Mittusklaven, die kaum imstande waren, den ihnen am Halse befestigten Balken, die Scheba, nachzuschleifen. Eines Morgens wohnte ich einem Auftritt bei, den wiederzugeben sich die Feder sträubt. Man hatte einen Sterbenden aus seiner Hütte geschleift und mit grausamen Peitschenhieben, die ebensoviele weiße Streifen auf seiner welken Haut zurückließen, prüfte man unter Fluchen und Schmähungen, ob er noch ein Lebenszeichen von sich gebe. Dabei spielten die Sklavenknaben aus dem Gefolge der Faki mit dem noch deutlich röchelnden Körper förmlich Fangball. Stimmen wurden laut, der Unglückliche verstelle sich nur, um unbemerkt entfliehen zu können. Er wurde in den Wald geschleppt, wo ich nach einigen Wochen seinen Schädel fand.
Das Treiben der kleinen Händler wurde bedeutend dadurch erleichtert, daß überall Gastfreundschaft herrschte. Außer den Söldnern der verschiedenen Handelsgesellschaften, ihren Verwaltern, Vertretern, Schreibern, Lagerhaltern und andern Beamten befand sich eine fast gleichgroße Anzahl von Landsleuten und Glaubensbrüdern in diesen Ländern, die als kostenfreie Mitesser von der Arbeit der Neger zehrten. Hätte man all das unnütze Gesindel, unter dem sich viele davongelaufene Sträflinge oder solche befanden, die eine Strafe zu befürchten hatten, aus dem Lande schaffen können, so wäre Futter genug vorhanden gewesen für die ägyptischen Truppen, selbst wenn man zehn Regimenter ins Land geschickt hätte.
Wie im ägyptischen Sudan, so kostete auch in diesen Ländern das Reisen so gut wie gar nichts. Jeder Ankömmling wurde in der Seriba bewirtet und erhielt überdies Korn für Esel und Sklaven. So zogen die Gellaba durchs Land bis zu den Flüssen Rohl und Djemit. Vor Eintritt der Regenzeit fanden sie sich alle wieder in dem gemeinsamen Sammelplatz des Westens, in Dem-Siber, zusammen, um die Karawane nach Kordofan auszurüsten.
Die seßhaften Sklavenhändler in den Niederlassungen des Westens pflegten weiter in die Negerländer einzudringen, als das Seribengebiet reicht. Fast alle wandten sich zu Mofio, dem großen Niamniamkönig des Westens, begleitet von ansehnlichen Banden, die sie aus ihren besten Sklaven zusammensetzten. Die Sklavenvorräte Mofios schienen unerschöpflich zu sein. Tausende wurden alljährlich aus seinem Gebiet ausgeführt. Teils stammten sie aus den ihm unterworfenen Sklavenstämmen, teils ließ er sie auf Plünderungszügen in den benachbarten Gegenden zusammenrauben.
Der übliche Preis für junge Sklaven beiderlei Geschlechts von der Klasse der Ssittassi, d. h. 6 Spannen, etwa 1 1/4 Meter hoch, also Knaben und Mädchen von 8 bis 10 Jahren, stellte sich auf 7 1/2 Mariatheresientaler, entsprechend dem Werte des dafür hier geforderten Kupfers in Chartum. Ausgewachsene, kräftige Sklavinnen waren etwas billiger. Alte Weiber hatten so gut wie gar keinen Wert. Erwachsene Männer wurden sehr selten als Sklaven verkauft, wegen der Schwierigkeit ihrer Bändigung.
Der Bedarf an Sklaven innerhalb der Seriben des von mir bereisten Gebietes war so groß, daß er für sich schon einen schwunghaft betriebenen Handel ins Leben rufen mußte. — Im Durchschnitt konnte man drei Köpfe auf den Mann rechnen. Eine Schätzung der zum Privatgebrauch im Gebiete selbst dienenden Sklaven auf 50-60000 mochte nicht zu hoch gegriffen sein. Diese Privatsklaven gehörten zu folgenden Gruppen:
1. Knaben von 7 bis 10 Jahren, die zum Gewehr- und Patronentragen dienten und von denen jeder nubische Söldner wenigstens einen besaß.
2. Faruch, auch Basinger genannt, mit Gewehren bewaffnet; eine Art schwarzer Schutztruppe, deren Bestimmung es war, alle Raub-, Kriegs- und Handelszüge der Nubier zu begleiten. Ihnen fiel im Krieg die Hauptrolle zu. Sie suchten die Negerdörfer nach Korn ab, trommelten die Träger zusammen und durchstöberten die Wildnis nach Widerstrebenden. Sie mußten Sklaven einfangen und den eigentlichen Kampf mit den »Wilden« bestehen. Die Faruch besaßen Feld, Weib und Kinder in den Seriben, die ältern hielten sich sogar ihre eigenen Sklavenjungen zum Gewehrtragen. Einen großen Zuwachs erhielten sie nach jedem Niamniamzug, da sich im Verlauf solcher Expeditionen stets zahlreiche junge Eingeborene freiwillig den Nubiern anschlossen, zufrieden, ein Hemd und eine Flinte zu tragen. Mir selbst gingen allerorten solche Anträge von jungen Negern zu.
3. Eine dritte Gruppe bildeten die Haussklavinnen. Jeder Soldat hatte eine oder mehrere. Im letztern Fall wird eine zu seiner Favoritin, die andern haben Mehl zu bereiten und zu backen. Diese Sklavinnen gehen aus einer Hand in die andere, eine der Hauptursachen zur schnellen Verbreitung ansteckender Krankheiten.
Alles Dichten und Trachten der nubischen Söldner drehte sich um Sklaven und Sklavinnen. Entbrannte ein Streit, so konnte man sicher darauf rechnen, daß es sich um eine Sklavin handelte. »Eine Sklavin ist entflohen!«, diese Worte weckten mich hundertmal aus dem Schlummer. Eine der Hauptbeschäftigungen der Seribenbewohner war das Wiedereinfangen. Bei einsklavigen Soldaten hatte die Sklavin das Wasser vom Brunnen in einem riesigen Kruge auf ihrem Haupt herbeizutragen. Sie wusch, rieb das Korn, machte den Brei an, fegte Haus und Hof mit ihren Händen, diente auch als Lastträger, um Holz herbeizuholen oder auf Reisen den Plunder ihres Herrn fortzuschaffen. Die größern Leute hatten für jede dieser Arbeiten ihre eigenen Sklavinnen. Sie ließen sich, wenn sie über Land reisten, Gewehre, Pistolen und Schwerter, jedes einzelne von einem besondern Sklaven, nachtragen. Auf hundert Soldaten rechnete man während des Niamniamzugs 300 Sklavinnen, und Knaben.
Das rohe Zerreiben des Korns mit Hilfe eines kleinern Steins auf einem größern gestattet einer Sklavin selbst bei angestrengter Tagesarbeit nur für den Bedarf von etwa sechs Menschen zu sorgen!
Eines der abscheulichsten Bilder aus meinem Wanderleben stellt die untenstehende Zeichnung dar. Eine neueingefangene Sklavin, beständig bewacht von einem Knaben, hat den Hals in das schwere Joch der Scheba geklemmt. Sie war zu der harten Arbeit des Mehlreibens verurteilt. Der Knabe hielt das Joch in die Höhe, um ihr die Bewegung zu ermöglichen.
Zum Feldbau dienten die alten Sklavinnen, die zu den übrigen Arbeiten untauglich waren. Für das Ausraufen des Unkrauts reichten ihre Kräfte immerhin noch aus. Bei der Ernte wurde allerdings auch die Mithilfe der Faruch in Anspruch genommen. Frondienste zum Ackerbau wurden von den Eingeborenen nirgends gefordert. Sie würden aber weniger nachteilig gewirkt haben und weniger zu bedauern gewesen sein als die schreiende Willkür, mit der jeder Seribenverwalter Kinder in den Dörfern aufgreifen ließ, um sie an die Gellaba zu verkaufen.
Die Oberverwalter waren in vielen Fällen im Hause ihrer Herren aufgewachsene Sklaven, da auf solchen Posten nur zuverlässige Leute gebraucht werden konnten. Als minder zuverlässig erwiesen sich die Unterverwalter und Vertreter in den Filialseriben. Die Sklavenhändler wußten dies wohl und besuchten mit Vorliebe solche Plätze, wo häufig Knaben und Mädchen verschachert werden konnten.
Wenden wir uns jetzt den Sklaven zu, die, als eigentliche Ware betrachtet, lediglich zum Zwecke des Gewinns und Gelderwerbs alljährlich aus den obern Nilländern in die Knechtschaft geschleppt wurden.
Das Hauptgebiet waren die Negerländer im Süden von Darfur, die man unter dem Namen Dar-Fertit zusammenfaßt. Die Völker, die dort seit den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts als Beute des Sklavenhandels eine Menschenausfuhr von jährlich 12000 bis 15000 Köpfen erdulden mußten, gehörten zu der Gruppe heidnischer Negerstämme, die von den Bewohnern Darfurs Kredj genannt werden. Der Hauptertrag kam aber zu meiner Zeit aus den westlichsten Niamniamgebieten, wo Mofio Sklaven raubte, um sie an die Gellaba zu verkaufen: Diese betrieben den Handel durch Kordofan und betraten bei Abu-Harras ägyptisches Gebiet. Die andern Wege gingen unmittelbar nach Darfur, von wo aus zweimal im Jahr Karawanen nach Assiut in Ägypten aufzubrechen pflegten.
Zur Entschuldigung der Sklaverei im Orient ist oft die milde Behandlung und das im Verhältnis zu ihrer wilden Heimat glückliche Los der Sklaven hervorgehoben worden. Es ist wahr: ganz im Gegensatz zur Sklavenarbeit bei den Europäern, die den Neger als nützliches Haustier verwerteten, ist der Sklave im Orient fast ausschließlich Luxussache. Nur ein geringer Teil wird in Ägypten, häufiger In den sudanischen Provinzen zur Feldarbeit verwandt. Im allgemeinen erzieht der reiche Orientale den Neger zum Nichtstun. Pfeifenstopfen, Wasserreichen, Kaffeekochen, sind das Beschäftigungen für einen Mann?
Die Sklaverei des Orients mit ihrer guten Nahrung und schönen Kleidung war aber nicht das einzige, was diese armen Geschöpfe zu erwarten hatten. Denn bis dahin führte sie ein weiter Weg durch Wüsten; Hunger und Mühsal und Seuchen aller Art denen das frische Blut der Naturvölker am wenigsten widersteht, lichteten ihre Reihen. Das Schlimmste war die Entvölkerung Afrikas; das Wegschleppen aller jungen Mädchen hatte ganze Länderstrecken — ich habe es in Dar-Fertit selbst gesehen — in Wildnis verwandelt!
Zwischen Ägypten und England war am 4. August 1877 ein Vertrag zur endgültigen Unterdrückung des Sklavenhandels geschlossen worden. Aber es vergingen noch Jahre, bis innerhalb der ägyptischen Grenzen Sklaventransporte und Sklavenmärkte ganz verschwunden waren.
Ich habe Afrika gesehen und habe es noch vor Augen, als das große Haus der Knechtschaft, nicht wie es sein sollte, als das ungeheure Gebiet einer freien Mitarbeit an den Gesamtaufgaben der Menschheit. An einem endlichen Sieg der guten Sache und an der Zukunft des schwarzen Menschengeschlechts werde ich aber nie zweifeln!
25. Überraschende Nachrichten aus Europa
Als ich am 19. Februar 1871 in der Seriba Kutschuk-Ali eintraf, waren seit meiner Abreise von Suez zweieinhalb Jahre verflossen. Was ich mir vorgenommen hatte, war vollendet. Aber noch lange mußte ich warten, ehe ich zur Meschra und von da auf dem Wasserweg nach Chartum zurückkehren konnte. Die nächsten zwei Monate verbrachte ich wieder bei meinem Freund Chalil, dessen Hilfsbereitschaft diesmal der mangelhaften Ernährung nicht abhelfen konnte. Es herrschte allgemeine Not, und Getreide war fast gar nicht zu beschaffen. Es gab Tage, wo ich nicht einmal eine Handvoll Sorghum für meinen eigenen Gebrauch aufzutreiben vermochte, Tage des Hungers, wie ich sie kaum im Mai des Vorjahrs auf dem Rückmarsch aus dem Mangbattulande erlebt hatte. Etwas besser hätte ich es in der Seriba Ghattas haben können, in der es mir früher so gut ergangen war; aber die Erinnerung an das Brandunglück machte mir den Ort verhaßt. Ich war fast ausnahmslos auf Fleischkost angewiesen. Dabei kam mir der Wildreichtum der Gegend gut zustatten. Meine Zeit widmete ich fast ausschließlich der Jagd. 25 Stück größern Wildes, namentlich Antilopen, wurden erlegt, ebenso die massenhaft vorhandenen Rohrratten; fette Tiere von über einem halben Meter Länge; sie lieferten einen vorzüglichen Braten. Auch dem Allgemeinbefinden kam die Jagd zugute, denn die damit verbundene Anstrengung machte meinen nervösen Zustand erträglicher. Kopfweh, Niedergeschlagenheit und Mattigkeit wichen nur beim Marschieren. In meine vier Wände zurückgekehrt, lag ich abgespannt und kraftlos auf dem Lager. Nur ab und zu gewährte mir das Zeichnen von Naturgegenständen Unterhaltung und Abwechslung.
Von der ganzen zivilisierten Welt völlig abgeschlossen, hatte ich lange Zeit keine Nachrichten aus Europa erhalten. Erst jetzt vermittelte mir das winzige Briefchen eines Chartumer Freundes in telegrammartiger Kürze die erste Kunde von den welterschütternden Begebenheiten des Sommers und Herbstes 1870. Ein halbes Jahr war dieser Brief alt; die übrigen Briefe aber, die aus der Heimat selbst stammten, enthielten nur gleichgültige Dinge. Denn als sie geschrieben wurden, lag Europa noch im tiefsten Frieden, und die Chartumer Sklavenhändler, die ich im Westen angetroffen hatte, wußten noch gar nichts vom Kriege mit Frankreich, von den deutschen Siegen und vom Sturz Napoleons III. In fieberhafter Spannung erwartete ich deshalb die Ankunft Solimans, eines Sohnes von Kutschuk-Ali, der am 20. März 1871 die Seriba besuchte. Aber auch dieser reiche, einigermaßen gebildete Mann wußte mir nichts Neues zu melden, als daß bei seiner Abreise von Chartum im Januar noch keine Friedensnachricht von Europa angelangt war.
Recht ergötzlich war die vollständige Unkenntnis meiner Umgebung in politischen Dingen. Selbst der Verwalter Chalil fragte nicht nur nach dem Namen des Generalgouverneurs in Chartum, sondern schien nicht einmal zu wissen, daß Ägypten ein fast unabhängig regiertes Land sei. Der Name des ägyptischen Vizekönigs war den meisten unbekannt; man wußte nur, daß Abdul-Asis-Chan der Herrscher über alle Gläubigen sei, dem die Könige der Franken als Vasallen dienten. Die einzige Ausnahme machte der Moskow Imperator, der vor einigen Jahren die unerhörte Dreistigkeit gehabt habe, sich unabhängig zu gebärden, nun aber habe er, dank der pflichtgetreuen Unterstützung aller Vasallen des Sultans in Konstantinopel, ebenso zu Kreuz kriechen müssen wie ehedem Bonaparte, der fränkische »Großsultan«.
Als die Leute mich und Soliman über Krieg und Frieden im Land der Franken sprechen hörten, verlangten einige zu wissen, was denn das für ein Volk sei, das man Preußen, die »Borusli«, nannte. Soliman sagte: »Es ist das Land mit den wenigen Leuten.« Er wollte damit sagen, daß Preußen die kleinste der Großmächte sei. »Und diese wenigen Leute haben den großen Kaiser der Franken gefangengenommen, dessen Bildnis auf allen Goldstücken zu sehen ist?« »Ja er war ein Bösewicht, und ihn ereilte die Strafe des Himmels.«