Kitabı oku: «Sehnsucht nach dem Süden», sayfa 3
Das Lieblingsgericht der Dogen
Risi e bisi zählt zu den traditionellen venezianischen Speisen mit geschichtlichem Hintergrund. Jeweils am 25. April, dem Festtag von San Marco, dem Schutzpatron der Stadt Venedig, wurde dieses Gericht als erster Gang des Festmahls angeboten. Da Erbsen zur Zeit der Dogen in Venedig sehr kostbar waren, mussten entsprechend viele Erbsen im Risi e bisi enthalten sein. Und erst wenn die Erbsenmenge vom Dogen als ausreichend beurteilt worden war und er das Gericht genossen hatte, durften die Venezianerzu den Tellern greifen. Der Erbsenreis war aber, glaubt man den Überlieferungen, etwas „suppiger“ als ein Risotto. Und wenn wir schon bei Geschichten sind, auch die Überführung der Reliquien des heiligen Markus hat, wenn auch nur im weitesten Sinn, mit Essen zu tun. So haben, der Legende nach, zwei venezianische Kaufleute die Gebeine des heiligen Markus aus einem Kloster in Alexandria mit einer List herausgeschmuggelt. Sie versteckten den Leichnam unter gepökeltem Schweinefleisch, um so die muslimischen Wächter an einer genauen Kontrolle zu hindern. Auf diese Weise wurde der Evangelist Markus von Alexandria nach Venedig gebracht, wo seine sterblichen Überreste am 31. Jänner des Jahres 828 mit Triumph empfangen wurden.
Risi e Bisi
Risotto auf venezianische Art
ZUTATEN FÜR 4 PERSONEN
Olivenöl
100 g fein geschnittener Schinken oder Speck
1 kleine, fein gewürfelte Zwiebel
Petersilie
750 g frisch ausgelöste Erbsen
1 ¼ l Gemüsebouillon
250 g Risottoreis
2 bis 3 Jungzwiebeln, in feine Scheiben geschnitten
Muskatnuss, 40 – 50 g Butterflocken
Parmesan, Salz, Pfeffer
ZUBEREITUNG
Schinken, Zwiebeln und Petersilie in Olivenöl kurz dämpfen. Die Erbsen zugeben und mit ein wenig Bouillon einige Minuten dünsten. Die restliche Suppe zugießen, den Reis dazugeben und unter oftmaligem Rühren kochen. Kurz vor dem Ende der Kochzeit die Jungzwiebeln dazugeben und mit Muskatnuss, Salz und Pfeffer würzen. Butter und Parmesan unterrühren. Das Gericht sollte ähnlich flüssig wie eine Minestrone serviert werden.

Mare, Sant’Erasmo und Mercato
Sie ist über drei Quadratkilometer groß und dient vor allem dem Anbau von Gemüse.
Die Rede ist von Sant’Erasmo, der Gemüseinsel Venedigs, der zweitgrößten Insel in der Lagune. Von venezianischem Prunk und Glanz ist auf der Insel Sant‘Erasmo nichts zu sehen – mit Ausnahme natürlich der „Skyline“ der Serenissima selbst, deren Türme und Kuppeln nur etwas mehr als einen Kilometer in Richtung Westen aus den flachen Wassern der Adria ragen und damit die Aussicht prägen. Beim großen Hochwasser im Jahr 1966 wurde die Insel vom Meer überschwemmt und praktisch alle Kulturen wurden vernichtet. Die Aziendaagricola der Brüder Carlo und Claudio Finotello ist heute der letzte größere bäuerliche Betrieb auf der Insel, auf dem der Gemüseanbau hauptberuflich betrieben wird. Große Folientunnel schützen die Felder, auf denen Fenchel, Tomaten und Rucola angebaut werden. Das größte Problem ist die Versorgung der Felder mit Wasser. „Wir haben artesische Brunnen und Brunnen, die uns das Wasser aus 70 bis 80 Metern Tiefe liefern. Dieses Wasser ist zwar nicht Trinkwasser, aber zum Bewässern der Kulturen absolut in Ordnung“, erzählt der Gemüsebauer Claudio Finotello.
Dass auf Sant’Erasmo das Gemüse so gut gedeiht, hat einen ganz speziellen Grund, erklärt er. Denn, so Claudio, die Insel Sant‘Erasmo und die Inseln rundherum sind durch ein Mikroklima bevorzugt. Hier ist es durchschnittlich um zwei Grad wärmer und deshalb friert auch im Winter nichts ab.
Viele Venezianer lassen es sich nicht nehmen, selbst nach Sant’Erasmo zu kommen und einzukaufen. Und für die, die nicht herkommen, werden die Produkte der Insel per Boot in die Lagunenstadt gebracht, wo sie am Gemüsemarkt, am Mercato di Rialto, den Einheimischen und Touristen angeboten werden.
Die besondere Spezialität der Insel ist der Carciofo violetto di Sant‘Erasmo, die blaue Artischocke. Eine kleine Abart der großen Artischocke und wunderbar geeignet zum Einlegen in Öl. Auf dem traditionellen Gemüsemarkt in Venedig direkt am Canal Grande nahe der Rialtobrücke findet man viele der vegetarischen Köstlichkeiten, die auf der Insel angebaut werden und so die Versorgung der Bevölkerung mit regionalen Produkten sicherstellen. Dieser Markt ist an Üppigkeit und Fülle kaum zu überbieten. Je nach Jahreszeit werden neben den Carciofi violetti unter anderem Erbsen, Zucchiniblüten, Kürbisse, Spargel und Radicchio feilgeboten. Alles natürlich frisch auf Sant’Erasmo geerntet, dem ganz besonderen Gemüsegarten Venedigs.
Sehenswert auch die großen Fischhallen am Mercato di Rialto. Neben Schwert- und Thunfischen sind hier vor allem die Spezialitäten aus der Lagune bemerkenswert. Neben den Folpetti (kleine Oktopusse) oder den Canestrelli (kleine Jakobsmuscheln), den Seespinnen, die hier Granseola genannt werden, und den Gamberetti delle Lagune, die samt der Schale gegessen werden können, spielt Baccalà in der venezianischen Küche eine wichtige Rolle. Der gesalzene und durch Trocknen konservierte Kabeljau wird erst gewässert und anschließend in Mehl und Parmesan gewendet, ehe er in Milch und Öl auf kleiner Flamme gedünstet und als Fischmus serviert wird.
Harry’s Bar, Bellini und Carpaccio
Sie ist weltweit wohl eine der berühmtesten Bars. Harry’s Bar, nur wenige Meter vom Markusplatz entfernt, wurde sie 1931 von Giuseppe Arrigo Cipriani und seinem Freund Harry Pickering, der Financier und Namensgeber der Bar war, gegründet. In den 1950er-Jahren wurde Harry’s Bar zum Treffpunkt des internationalen Jetset. So genossen hier unter anderem Orson Wells und Truman Capote ihre Drinks und Ernest Hemingway verewigte die Bar in seinem Roman „Über den Fluss und in die Wälder“.
Carpaccio
Originalrezept aus Harry’s Bar
ZUTATEN FÜR 6 PERSONEN (ALS VORSPEISE)
650 g Roastbeef (Contrefilet),
gut zugeputzt und gut gekühlt (nicht gefroren)
SALSA CARPACCIO: 185 ml Mayonnaise
1 – 2 TL Worcestershiresauce
1 TL frisch gepresster Zitronensaft
2 – 3 EL Milch
Salz, frisch gemahlener weißer Pfeffer
ZUBEREITUNG
Die Mayonnaise in eine Schüssel geben und mit der Worcestershiresauce und dem Zitronensaft verrühren. Mit etwas Milch verdünnen, damit die Sauce gerade so cremig ist, dass sie den Löffelrücken überzieht. Mit Salz, frisch gemahlenem weißen Pfeffer und, wenn nötig, Worcestershiresauce und Zitronensaft abschmecken. Das Fleisch mit einem sehr scharfen Messer in hauchdünne Scheiben schneiden. Die Teller mit den Fleischscheiben auslegen, leicht salzen und 5 Minuten in den Kühlschrank stellen. Dann die Sauce mit einem Löffel in einem Gittermuster über das Fleisch träufeln. Sofort servieren.
Kulinarisch ist Harry’s Bar mit dem „Carpaccio“ in die Geschichte eingegangen. Giuseppe Cipriani bereitete in den 1950er-Jahren für eine Stammkundin, die auf Anraten ihres Arztes kein gegartes Fleisch essen durfte, extrem dünn geschnittene Rinderfiletscheiben zu, die mit einer Mayonnaise aus Olivenöl, Eigelb, Worcestershiresauce, Senf, Zitronensaft und Milch serviert wurden. Giuseppe Cipriani benannte seine Kreation nach dem venezianischen Maler Vittore Carpaccio, der für seine leuchtenden Rottöne bekannt war. Mittlerweile wird in der Kulinarik der Begriff Carpaccio für alle dünn geschnittenen und marinierten Speisen (egal ob Fisch, Fleisch, Gemüse oder Pilze) verwendet.
Ebenfalls auf Giuseppe Cipriani und seine Harry’s Bar geht ein weltberühmter Cocktail zurück – der Bellini. In den 1930er-Jahren mixte Signor Cipriani trockenen Champagner mit einem pürierten weißen Pfirsich und etwas Zuckersirup zu einem Cocktail, den er Bellini nannte. Heute wird in vielen Bars der Champagner durch Prosecco oder Sekt ersetzt, was der Beliebtheit dieses Cocktails aber keinen Abbruch tut.

Caffè Florian
Venedig, das ist einfach etwas Besonderes. Eine Superlative in vielem – Baudenkmäler der Extraklasse, eine Vielfalt an Ereignissen und Persönlichkeiten, die in die Geschichte dieser Stadt eingegangen sind und sie heute noch prägen.
Zum Reichtum Venedigs gehört, ebenso wie der Markusplatz, der Campanile und die Tauben, das Caffè Florian, benannt nach seinem Gründer Floriano Francesconi. Eröffnet wurde es im Dezember 1720.
Damit ist es eines der ältesten Kaffehäuser der Welt. Älter ist nur das Café Procope in Paris. Aber das Procope war von Anbeginn eher ein Restaurant. Das Caffè Florian dagegen war immer ein Kaffeehaus – und ist es auch geblieben.
„Komm in die Gondel …“
Das Geheimnis des Caffè Florian sind 300 Jahre Geschichte – wenn man hier Platz nimmt, begibt man sich auf eine Reise in die Vergangenheit. Die prächtige Innenausstattung stammt aus dem 19. Jahrhundert. Die Restauratoren haben hier ständig Arbeit, um die Stuckdecken, die Fresken und die Wandverkleidungen zu erhalten. Und das nicht nur nach der Acqua alta, dem Hochwasser, das hier schon mehrmals den Fußboden und die Wandverkleidung in Mitleidenschaft gezogen hat.
Im Caffè Florian trafen sich von Anfang an Künstler und Schriftsteller. Casanova zum Beispiel hat hier Karten gespielt, hat hier auch Damenbekanntschaften gemacht. Carlo Goldoni hat im Florian eine seiner Komödien geschrieben – „La Bottega del caffè“, „Das Kaffeehaus“. Marcel Proust, George Sand, aber auch Lord Byron, Balzac und natürlich Goethe kehrten hier ein. Im Caffè Florian erschien auch die erste moderne Zeitung – die „Gazzetta di Venezia“.
Marcello Cerasuolo ist Stammgast im Florian. Der pensionierte Oberst der Luftwaffe zitiert einen venezianischen Kaffehausliteraten aus dem 19. Jahrhundert, der das Florian und seine Gäste so beschrieben hat: „ … ein sympathisches Café, voll mit Erinnerungen, wo alle Nationalitäten vertreten sind. Hier kennt jeder jeden. Arme und Reiche, Ehrbare und Schurken. Und um die Zeit mit Leichtigkeit verstreichen zu lassen, macht man alles, um nur ja nichts zu tun.“
Heute zählt das Florian längst zu den Sehenswürdigkeiten von Venedig. Jeder Besucher der Stadt sollte einmal hier gewesen sein, um das Flair erlebt zu haben. Auch wenn ein Besuch im Florian seinen Preis hat … Aber was sind schon knapp 7 Euro für einen einfachen Kaffee, wenn dieser von einem Grandseigneur von Ober, Claudio Pozzi, serviert wird. Man ist ja schließlich im Florian.

Cicchetti, Panini, Tramezzini
In jedem bacaro, das sind Stehbars, etwa vergleichbar mit den Wiener Beisln und Heurigen, werden kleine, hausgemachte delikate Häppchen (cicchetti) angeboten.
Eine kleine, feine Auswahl an Genusstipps
Muro Venezia Rialto
Sestiere San Polo 222
30125 Venedig
Tel.+39 041 241 2339
Cantina Do Mori
Calle dei Do Mori
San Polo 429
30125 Venedig
Tel. +39 041 822 0298
Enoteca do Colonne
Rio Terrà Cristo
Cannareggio 1814 C
30125 Venedig
Tel. +39 041 524 0453
Die Cicchetti sind vergleichbar mit den spanischen Tapas. Kleine, geröstete Brotscheiben, fantasievoll belegt mit allerlei Delikatem, von Lardo bis Coppetta, von Oktopus bis hin zu Käse und Gemüse. Wahre Augen- und Gaumenfreuden. Natürlich gibt es dazu auch Baccalà und eingelegte Sardinen.
Auch die panini sind aus keinem Bacaro wegzudenken – die klassische italienische Zwischenmahlzeit, wir würden sagen ein Weckerl, das mit Schinken, Käse, Wurst oder Salat belegt ist.
Im kulinarischen Angebot dürfen aber auch die Tramezzini, die Köstlichkeiten im Dreieck, nicht fehlen. Schinken, Tomaten, Käse, Thunfisch, Eier, Salami, Meeresfrüchte oder Rucola werden mit Mayonnaise verrührt und zwischen zwei randlose weiße Toastbrotscheiben gefüllt. Diagonal durchgeschnitten, bekommen sie die klassische dreieckige Form der Tramezzini.

Italien, ganz östlich
Am äußersten östlichen Zipfel des Golfs von Triest liegt Muggia, ein typisch venezianisches Städtchen, das 1420 unter die Herrschaft von Venedig gefallen ist.
Diese über fast 600 Jahre bestehende Verbindung hat viele Spuren hinterlassen. So krönt der Markuslöwe das überragende Osttor und das Rathaus, der ehemalige Palazzo dei Rettori, zeigt in seinem Wappen an der Fassade den Löwen des heiligen Markus mit einem geschlossenen Buch und dem Schwert als Zeichen der ständigen Gefahr, in der eine Stadt an der Grenze schwebt. Insgesamt zehn Markuslöwen sind heute noch auf verschiedenen Häuserfassaden in der Innenstadt zu finden. Auch der verspielte venezianische Stil zahlreicher Gebäude erinnert an die Lagunenstadt. Und schließlich sprechen die muggesani, wie die Einwohner Muggias genannt werden, heute noch einen venezianischen Dialekt.
Die Küche in Muggia wird natürlich von Fischen und Meeresfrüchten dominiert. Commissario Proteo Laurenti, der Titelheld der Triest-Krimis des Schriftstellers Veit Heinichen, liebt, wie sein geistiger Vater auch, die ursprüngliche, ehrliche Küche. Die findet man in Muggia in der „Trattoria Risorta“, direkt am Hafen neben dem Fischmarkt. Das Angebot wechselt, je nachdem, was sich in den Netzen der Fischer findet.
Trattoria Risorta
Riva E. De Amicis 1/a
34015 Muggia
Tel. +39 040 271219


Der Doppeladler ist gelandet
Der Untergang der Dogenrepublik brachte Österreich im Jahre 1815 endgültig eine beachtliche Erweiterung seines Besitzes: Die Lagunenstadt, Venetien, große Teile Istriens sowie die venezianischen Gebiete Dalmatiens kamen an das Haus Habsburg. Der Markuslöwe wich dem Doppeladler. Über Venedig kreiste er als Symbol einer ungeliebten Macht. Schon in den Revolutionsjahren 1848/1849 erhoben sich die Venezianer gegen Wien. Österreich reagierte mit dem ersten Luftbombardement (Luftballons mit Bomben) der Geschichte.
In der Folge versuchte auch die österreichische Militärmusik die Venezianer für Wien zu erwärmen. Aber, wie vermerkte der damalige amerikanische Konsul: „Sobald die Musik aufhört, verschwinden die Österreicher und die Italiener betreten erneut die Piazza [San Marco].“ Österreich konnte sich bis 1866 behaupten, dann war das venezianische Intermezzo vorbei. Heute erfreut sich der Radetzkymarsch in Venedig außerordentlicher Beliebtheit.
Einer von Radetzkys Schlachtkumpanen, Graf Laval Nugent von Westmeath, hatte sich ein Mausoleum auf dem Trsat-Hügel von Rijeka errichten lassen. Die Inschrift Mir junaka/„Friede dem Helden“ steht am Eingang des dorischen Tempels – heute (ohne Grabkammer) als Teil der Burg Trsat ein gerne besuchtes Ausflugsziel.
Rijeka gehörte ab dem Jahr 1465 zum Herrschaftsbereich der Habsburger. Diese agierten gerade im heute so genannten Alpen-Adria-Raum als geschickte Besitzakkumulierer. Ihre Ländermasse hatte bis zum Jahr 1379 ein derartiges Ausmaß erreicht, dass es zur Teilung derselben kam. Graz wurde zur Hauptstadt von Innerösterreich, einem Länderkomplex, der über die Herzogtümer Steiermark, Kärnten und Krain hinausgehend bis an die Adria reichte. In Mitterburg/Pisino/Pazin, mitten im Herzen Istriens, hatte (Inner-) Österreich sein istrisches Verwaltungszentrum. Jules Verne sah den Charakter der Hauptstadt Istriens „an dem befestigten Schlosse, welches mehrere neuzeitige Militärgebäude beherrscht, in ihnen haben die Verwaltungsbehörden der österreichischen Regierung ihren Sitz“. Ab 1465 gehörte Kastav zu Innerösterreich. Jesuiten siedelten sich hier an und drängten sukzessive die Kultur der slawischen Glagolica zurück. Beliebt waren sie keineswegs, wie es aus einem Gedicht von Drago Gervais hervorgeht:
„Heilige Väter, Jesuiten
Auch über Kastav sie gebieten.
Begierig stets und niemals satt
Ganz nach Belieben in der Stadt.“
Die Jesuiten begannen mit dem Bau einer riesigen Kirche. Die Bevölkerung litt nicht nur unter den drückenden Abgaben, sie hatte jetzt auch die Baumaterialien auf den Berg zu schleppen. Drei Mal am Tag mühte sich auch eine alte Frau mit Sand vom Meer hinauf nach Kastav. Dem Zusammenbruch nahe, bat sie, von der Qual befreit zu werden. Vergeblich! Da stieß sie einen Fluch aus und die in Bau befindliche Kirche stürzte ein. In der Tat dürften sie die Erdbeben der Jahre 1750 und 1754 zerstört haben.
Auch in Görz – in der Chiesa Sant’Ignazio – finden wir die Jesuiten. Burg, Ort und Umland waren seit dem frühen 12. Jahrhundert in der Hand des bayerischen Geschlechts der Meinhardiner. Diese waren auch Herren von Kärnten, Krain und der Windischen Mark und hatten im Lungau und Pustertal Grundherrschaften. Ab 1122 nannten sie sich „von Görz“. Die Habsburger beerbten sie und so gehörte Görz schließlich von 1511 bis 1918 zu Österreich.
Und darum bietet die heutige Stadt Gorizia österreichisches Barock und Biedermeier unter Palmen. Im barocken Stil präsentiert sich der Palazzo, den die Grafen Attems-Petzenstein ab 1740 errichten ließen. Den Prunkbau entwarf Nikolaus Pacassi (1716– 1790), der später als Wiener Hofarchitekt das Schloss Schönbrunn vollendete. Die Attems stammen aus dem friulanischen Städtchen Attimis und, als typische innerösterreichische Familie, gibt es ihre Nachkommen in Graz und in Klagenfurt zu finden.

Das Bild des Kaisers im Park von Opatija
Görz war im 19. Jahrhundert ein Luftkurort, wo sich der Adel ein Stelldichein gab und die Gegend bis hin nach Cormòns ein einziger Obstgarten war, der die „Südfrüchte“ (Feigen, Kirschen, Trockenfrüchte) für die Metropolen der Monarchie lieferte.
Auch in Gradisca d‘Isonzo währte die österreichische Ära von 1500/1510 bis 1918. Unterbrochen wurde sie lediglich durch das napoleonische Zwischenspiel. Und es gab das „Goldene Zeitalter“ der Eggenberger, deren Schloss in Graz bis heute an ihre mächtige Position als Reichsfürsten erinnert. Die habsburgischen Regenten waren ob ihres chronischen Geldmangels bekannt. Dieser zwang Kaiser Ferdinand III. (1608/1637 – 1657), im Jahr 1647 die Stadt am Isonzo und ihr Umland an die Eggenberger zu verkaufen. Und die brachten der Stadt einen kulturellen Aufschwung. Die Seidenspinnerei erfreute sich eines erstklassigen Rufs. Nach ihrem Aussterben fiel Gradisca 1717 wieder an das Haus Habsburg, das die Burg am Isonzo zu einem berüchtigten Gefängnis machte.
Heute präsentiert sich Gradisca malerisch, heimelig. Vor den mächtigen Stadtmauern spenden hundertjährige Kastanienbäume wohltuenden Schatten und Kaffeehäuser mit altösterreichischer Tradition laden zum Verweilen ein.
Der Habsburger Maximilian I. (1459/1486 – 1519) war es, der um 1500 erstmals nach dem Untergang des römischen Reiches eine Stafettenpost organisieren ließ.2 Wahrscheinlich war für sie schon damals der Brüsseler Kaufmann italienischer Herkunft Francesco Tassis verantwortlich. Aus Tassis oder Tasso wurde im Laufe der Zeit Taxis. Und im Besitz der Familie Thurn und Taxis/Torre e Tasso ist bis heute das Schloss Duino. Um 1900 war es für Roberto „Bobi“ Bazlen Treff der „Schickimickis der europäischen Kultur“. Rainer Maria Rilke fand hier ein Refugium und einen Ort der Inspiration, aber das „Österreichische“ behagte ihm nicht: „Schade nur, dass mir die Natur hier fast nichts entgegenbringt, sogar das Meer lässt mich gleichgültig; als ob diese dumme österreichische Mehrsprachigkeit sogar der Landschaft ihren eindeutigen Ausdruck nähme. Es ist kaum zu sagen, wie sehr mir alles Österreichische zuwider ist.“

Motiv aus Opatija
Der Besitzer des nächsten Schlosses an der Küste, Miramar(e), war der Habsburger Erzherzog Ferdinand Max (1832 – 1867). Die Triestiner schätzten ihn nicht unbedingt und nannten ihn „610“, also seicentodieci. Die Zahl, Ziffer für Ziffer – sei uno zero – ausgesprochen, bedeutet allerdings: „Du bist eine Null.“ Heute steht Maximilians Denkmal, nachdem es für Jahrzehnte in einem Depot lagerte, wieder in Triest, der Stadt, die sich 1382 unter den Schutz der Habsburger stellte. Hoffte Triest dadurch mehr Freiheit und Autonomie zu erlangen als unter einer etwaigen venezianischen Herrschaft? Oder war es eine Art erzwungener „Anschluss“? Bis heute gehen die Meinungen auseinander.
Auf jeden Fall war Triest 1382 keine österreichische Stadt geworden, sondern ein kleiner Adriahafen in österreichischem Besitz, in welchem man Italienisch beziehungsweise, genauer gesagt, einen venezianischen Dialekt sprach. Lange Zeit wussten die Habsburger mit der Stadt am Meer nicht viel anzufangen, bis Kaiser Karl VI. (1685/1711 – 1740) im Jahr 1719 Triest und Rijeka zu „Freihäfen“ erklärte, um „einen allgemeinen Handel in unseren österreichischen Häfen anzutreiben …“. Karls Tochter Maria Theresia (1717/1740 – 1780) setzte diese Politik fort. Nach ihr ist ein ganzes Stadtviertel, der Borgo Teresiano, benannt.
Freier Zuzug und Religionsfreiheit machten Triest zu einem „Mischmasch“, um ein im Triestiner Dialekt existierendes, aus dem Österreichischen entlehntes Wort zu gebrauchen. Das machte die Stadt so solitär und von der Mentalität her wenig österreichisch, sodass Franz Grillparzer hier vieles fremd erschien. Jahrzehnte später sollte der Dichter Robert Hamerling, in Triest als Gymnasiallehrer tätig, zur Ansicht gelangen, dass er der einzige Deutsche hier sei. Um diesen „Missstand“ zu beseitigen, initiierte er die Gründung eines „Schiller-Vereins“.
Triest war zumindest äußerlich ein südliches Ringstraßen-Wien. Die Bauten glichen jenen der kaiserlichen Haupt- und Residenzstadt. Der Ringstraßenarchitekt Heinrich von Ferstel (1828 – 1883), von ihm stammt die Wiener Votivkirche, schuf in Triest den Palazzo der Versicherungs- und Schifffahrtsgesellschaft „Österreichischer Lloyd“ auf der Piazza Grande (heute Piazza Unità d‘Italia).
Die Kaffeehäuser von Triest erreichten laut Carolus L. Cergoly „zwar nicht die Vollkommenheit der Wiener Kaffeehäuser, aber sie konnten ruhig von sich behaupten, die engsten Verwandten der Wiener Kaffeehäuser zu sein“, wie etwa das „Caffè alla Stazione”. Zum Frühstück wurde hier der „schmackhafte und zarte Milchkaffee“ serviert. Dazu gab es „Butter aus dem oberen Isonzo“, Wiesenhonig aus Krain sowie „noch etwas warme und knusprige Kipfel und Kaisersemmeln, genauso wie der Kaiser sie liebte“. Es war ein vornehmes Café und die „distinguierten“ Gäste bewahrten „äußerlich und innerlich den Lebensstil des Kaisers (Franz Joseph I.). Sie setzten sich mit Distinktion, schlugen fast nie die Beine übereinander und konsumierten langsam und mit Distinktion, was sie mit Distinktion bestellt hatten.“ Der Kaffeehausbesitzer kannte aber auch die Schwächen seiner Gäste und so ließ er in all sein Besteck die Schrift eingravieren: „Gestohlen im Caffè alla Stazione“, frei nach dem Triestiner Sprichwort: „Triestin mezzo ladro, mezzo assasin“, der Triestiner ist halb ein Dieb und halb ein Mörder!
Außerdem war es für Cergoly vergnüglich, in den Gassen und Straßen „zahllose Doppelgänger des Kaisers zu sehen, zahllose Franzjosephe“. Meist waren es Beamte, die nicht nur das Äußere des Kaisers imitierten, sondern auch das Kaiserdeutsch und ein österreichisches Italienisch sprachen: „Complimenti e mi ricordi alla sua signorina sorella. E la me lassi a saludar sua moglie.” (Mein Kompliment, und empfehlen Sie mich bitte dem Fräulein Schwester. Und gestatten Sie mir einen Gruß an die Frau Gemahlin.)
Roberto „Bobi“ Bazlen meint, dass Triest einer einwandfreien „österreichischen Bürokratie anvertraut“ wurde, „meist Aristokraten mit blonden Töchtern und Gouvernanten, mit Bösendorfer-Flügeln und Alt-Wiener Porzellan und Biedermeier-Möbeln“. Aber es waren auch österreichische Beamte der Statthalterei, die 1902 österreichisches Militär anforderten, weil die fuochisti, die Heizer auf den Dampfschiffen des Lloyds, höhere Löhne forderten und den Streik ausriefen. Das Militär machte von der Waffe Gebrauch: vierzehn Demonstranten wurden getötet.
Stadtkommandant war damals der für seine Kompromisslosigkeit und sein offensives Vorgehen berüchtigte Franz Conrad von Hötzendorf (1852 – 1925). Liiert, später vermählt, war er mit der gebürtigen Triestinerin Virginia – „Gina“ – Laura Agyar Karasz, die in erster Ehe in die Familie Reininghaus eingeheiratet hatte.
Deren Grazer Bier, serviert als „uno stiefel di birra“ – war in Triest äußerst beliebt. Daran hat sich bis heute nichts geändert. In vielen Lokalen wird „Reininghaus“, „Puntigamer“, „Villacher“ oder „Hirter“ gezapft.
Knapp vor dem Ende des Ersten Weltkrieges übersiedelte der österreichische Statthalter für das Küstenland nach Graz, um von hier aus das österreichische Triest behördlich aufzulösen. Der November 1918 brachte schließlich die Eingliederung an Italien. Die Mehrzahl der Deutsch-Österreicher, vor allem die Beamten, Angestellten, Militärs und Lehrer, verließ Triest. Am Statthalterpalais wichen die Porträts der österreichischen Erzherzöge und die österreichischen Wappen jenen der Savoyarden, die die italienischen Könige stellten. Das den Namen „Kaiser Franz Joseph“ tragende Flaggschiff des Österreichischen Lloyd wurde bei der italienischen Nachfolgegesellschaft „Lloyd Triestino“auf „Presidente Wilson“ umgetauft. Der amerikanische Präsident hatte sich für die Gebietserweiterungen Italiens eingesetzt. In Triest versiegte die Mehrsprachigkeit, als der Faschismus monolithische Identitäten in verheerender Weise schuf.
Ab 1943 versuchte der Nationalsozialismus sich in Triest als Nachfolger des österreichischen Kaiserreichs zu präsentieren. Dadurch sollte das Trugbild eines neuen ökonomischen Aufschwungs vermittelt werden. Der Schriftsteller Giani Stuparich (1891 – 1961) erkannte aber die wahre Absicht der Nationalsozialisten: „Sie wollen, dass Österreich zurückkehre. Aber es ist ein verpreusstes Österreich mit Hakenkreuz und Galgen.“
Die Juden, seit Jahrhunderten die Hefe der ökonomischen und kulturellen Entwicklung Triests, hatten mitansehen müssen, wie ihre Stadt zum Transithafen für jüdische Flüchtlinge aus Deutschland und Österreich wurde. Jetzt teilten die Triestiner Juden selbst deren Schicksal. Ihre Vertreibung und Vernichtung bedeutete für Triest eine entscheidende und nicht wiedergutzumachende Verarmung an wirtschaftlichen, kulturellen und intellektuellen Energien. Die hier eingesetzten deutschen Funktionäre waren oft Österreicher, nicht selten ehemalige k. u. k. Beamte, manchmal sogar mit alten Bindungen an das Küstenland. Und ein gebürtiger Österreich-Triestiner, Odilo Globocnik, war einer der „schlimmsten Bluthunde“, so Claudio Magris, der deutschen Militärverwaltung. Magris war es, so Renate Lunzer, der in den 1960er-Jahren mit seiner Dissertation „Der habsburgische Mythos in der modernen österreichischen Literatur“ auf längst verschüttete Zusammenhänge aufmerksam machte und zu einem geistigen Vater des Gefühls einer natürlichen Verbundenheit Triests mit Mitteleuropa wurde.
Der Mitteleuropa-Gedanke treibt zwar manchmal bunte Kaiser-Franz-Joseph- und andere Nostalgie-Blüten, ob in Triest oder in Cormòns. Österreichisches, speziell „Kakanisches“, ist heute stark präsent in Triest: das Denkmal von Kaiserin Elisabeth (1837 – 1898) wurde wieder aufgestellt, man trägt gerne Loden und huldigt (Alt-)Österreich als einem „ordentlichen“ Land.
„Die Stadt“, schreibt Milo Dor, „ähnelt trotz ihrer südlichen Lage mehr Wien, Budapest oder Czernowitz als irgendeiner mediterranen Stadt … Mir kommt Triest österreichischer vor als manche andere Stadt, die zum heutigen Österreich gehört. Es ist wie Wien ein direkter Nachkomme des Vielvölkerstaates, dessen Tor zur weiten Welt es jahrhundertelang gewesen ist.“
Ücretsiz ön izlemeyi tamamladınız.