Kitabı oku: «Projektdiagnose», sayfa 4

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3.2 Auftragsklärung

Die Bedeutung eines klaren und verbindlichen Projektauftrags wird völlig zurecht sowohl in der Praxis als auch in der Projektmanagementlehre hervorgehoben. Das gilt ohne Abstriche auch für Projektdiagnosen. Die Auftragnehmer:innen müssen eine Reihe von Punkten mit dem Auftraggeber der Diagnose klären, damit diese erfolgreich durchgeführt werden kann. Die wesentlichen Inhalte der Auftragsklärung finden Sie auf den nächsten Seiten. Doch Papier ist bekanntlich geduldig, am Ende zählt, inwieweit Klarheit erreicht wurde und ob die Vereinbarung eingehalten wird.

Die AuftragsklärungAuftragsklärung selbst sollte als Bestandteil der Diagnose verstanden werden, denn bereits zu diesem frühen Zeitpunkt werden Fehlentwicklungen im Projekt geschildert, Ursachen und häufig auch Verursacher:innen genannt, wobei es sich um reale oder vermeintliche handeln kann. Das wird sich erst später in der Diagnose herausstellen. Nicht selten bestehen seitens der Entscheider:in bereits mehr oder minder klare Erwartungen an die Ergebnisse, sie wissen oder glauben zu wissen, was dabei herauskommen soll und welche Lösungen anzustreben sind. Erwartungen, Vorstellungen und Vermutungen des Managements sollten aufmerksam wahrgenommen und kritisch hinterfragt werden. Unprofessionell wäre es, wenn die Auftragsklärung nach dem Motto „wer bezahlt, bestimmt die Musik“ abläuft. Die Auftraggeberin verkündet die gewünschte Lösung und der Aufragnehmer nimmt die Anweisung pflichterfüllend entgegen. Damit wäre der diagnostischen Arbeit das seriöse Fundament entzogen und beim Ergebnis dürfte es sich eher um ein Gefälligkeitsgutachten handeln.

Der Auftragsklärungsprozess bietet wertvolle Informationen und sollte als Fundgrube für die Diagnose geschätzt werden. Diagnostiker:innen sind gut beraten, Ohren und Augen weit zu öffnen, um erste Eindrücke zu sammeln und Annahmen über die Situation des Projektes zu entwickeln.

Grundsätzlich müssen zwei Fragen beachtet werden, um eine tragfähige Vereinbarung zu erreichen:

1 Was muss ich klären? (Inhalte des Diagnoseauftrags)

2 Wie muss ich klären? (Vorgehensweise, um den Auftrag zu klären)

Beide Fragen werden im Folgendem erläutert.

3.2.1 Was muss ich klären?

Die wesentlichen Inhalte auf einen Blick

1 Ziele, inhaltliche Abgrenzung und Rahmenbedingungen

2 Systemgrenze der Projektdiagnose

3 Rollen im Rahmen der Diagnose

4 Vorgehensweise

5 Rechtliche Rahmenbedingungen

6 Organisatorisches

7 Abstimmungsprozesse und Informationsfluss

8 Zeitplan

9 Aufwandschätzung, Kosten

Diese Punkte müssen mit dem Auftraggeber der Projektdiagnose geklärt werden. Er muss nicht alle Punkte kennen, sondern die Diagnostiker:innen sind dafür verantwortlich, dass die relevanten Inhalte angesprochen werden. Bereits an dieser Stelle möchte ich darauf hinweisen, dass eine Checkliste für die Auftragsklärung wenig nutzt, wenn Unklarheiten oder unrealistische Erwartungen nicht offen angesprochen werden. Auf dieses zentrale Thema gehe ich unter Abschnitt 3.2.2 ein.

3.2.1.1 Ziele, inhaltliche Abgrenzung und Rahmenbedingungen der Diagnose

Eine Zielklärung steht und fällt mit den richtigen Fragen. Zunächst müssen die Ziele, der Umfang und die Tiefe der Projektdiagnose geklärt werden.

 Was ist das Ziel der Diagnose?

 Was ist aus Sicht des Auftraggebers bzw. der Entscheider:innen erreicht, wenn die Projektdiagnose erfolgreich durchgeführt worden ist?

 Welche Erwartungen hat der Auftraggeber bzw. die Auftraggeberin?

 Was ist dem Aufraggeber besonders wichtig?

 Wie kommt die Diagnose zustande? Wer hatte die Idee?

 Welche Themen sollen aus Sicht des Auftraggebers nicht analysiert werden?

Ziele und Themen der Diagnose unterscheiden

Grundsätzlich müssen im Rahmen der Auftragsklärung drei Themengebiete deutlich unterschieden werden. Darüber muss mit Auftraggebern:innen ausführlich gesprochen werden, um Missverständnisse zu vermeiden.

1. Untersuchung des Projektfortschritts

Die Ergebnisse bzw. Zwischenergebnisse des Projektes sollen ermittelt, analysiert und bewertet werden. Es geht um die inhaltlichen, fachlichen, technischen Themen, die nur mit dem notwendigen Fachwissen beantwortet werden können. Hier sollte nicht von Projektdiagnose gesprochen werden, sondern von Review, Audit oder Qualitätskontrolle. Wesentliche Themen sind beispielsweise:

 Stand der Zwischenergebnisse (quantitativ und qualitativ) und der damit verbundenen Prognose über den weiteren Projektfortschritt

 Analyse von Testergebnissen

 Welche fachlichen, technischen Risiken gibt es?

 Werden Qualitätsnormen eingehalten?

 Kann der Endtermin angesichts der aktuellen Situation erreicht werden?

 Welche Auswirkungen ergeben sich aus der aktuellen Situation für das Budget?

 Könnten rechtliche Risiken bei Verzögerungen auftreten?

Noch mal, um diese Punkte seriös zu bearbeiten, sind Fachwissen, technisches Know-how und Produktkenntnisse zwingend erforderlich. In fachlich komplexeren Projekten können diese Fragen nicht von einer Person analysiert werden, sondern nur von einem Review Team. Ich habe viele Projektdiagnosen durchgeführt und stets darauf hingewiesen, dass ich nicht in Lage bin, mich zu inhaltlichen Fragen zu äußern. In einigen Fällen mit der Konsequenz, dass ich den Auftrag nicht bekommen habe. Dennoch, diese thematische Abgrenzung ist zwingend erforderlich.

2. Analyse des Projektmanagements

Bei der Projektdiagnose steht das Projektmanagement im Fokus. Dazu gehören u.a. die Analyse der Rollen im Projekt, die Entscheidungsprozesse im Steering Committee, der Einfluss des Sponsors und des Linienmanagements und die Zusammenarbeit im Projektteam. Selbstverständlich wird auch die zeitliche Verfügbarkeit der Projektmitarbeitenden, die Klarheit der Projektziele, der Informationsfluss und der Umgang mit Konflikten untersucht. Mit anderen Worten, der Einfluss von Hard- und Soft Facts ist Gegenstand der Analyse aber nicht die technischen, inhaltlichen Probleme des Projektes.

3. Untersuchung des Projektfortschritts und Analyse des Projektmanagements

In manchen Fällen soll das Projekt umfassend analysiert werden, also sowohl die Fachinhalte als auch das Projektmanagement sollen untersucht werden. Dazu bedarf es mehrerer Disziplinen. Bei der Zusammenstellung eines Teams von Diagnostiker:innen müssen die Zuständigkeiten der Beteiligten, die Abstimmungsprozesse und das Vorgehen gründlich geklärt werden. Insbesondere muss der Umgang mit zwangsläufig auftretenden Überlappungen besprochen werden. Konkurrenzverhalten zwischen den Beteiligten schadet der gemeinsamen Arbeit, deshalb sind regelmäßige jour fix empfehlenswert, um die Zusammenarbeit gemeinsam zu reflektieren.

Klären Sie mit dem Auftraggeber der Diagnose die Themengebiete gewissenhaft und machen Sie sehr deutlich, welche Gebiete Sie fachlich abdecken können und welche nicht. Darüber dürfen Sie weder die Auftraggebenden noch sich selbst täuschen.

3.2.1.2 Systemgrenze der Projektdiagnose

Die Definition der SystemgrenzeSystemgrenze ist mit der Zielklärung unmittelbar verbunden. Sie ist von größter Bedeutung für die Projektdiagnose, denn sowohl die Durchführung als auch das Ergebnis werden durch die Systemgrenze direkt beeinflusst.

Was bedeutet Systemgrenze? Mit der Festlegung der Systemgrenze wird die organisatorische Reichweite der Projektdiagnose bestimmt. Es geht konkret um die Frage, welche Subsysteme der Projektorganisation untersucht werden sollen, wer in den Diagnoseprozess einbezogen wird und welche Fragestellungen sich daraus ergeben.

Sollen beispielsweise die Mitglieder des Steering Committees und der CIO (Chief Information Officer) im Rahmen der Datenerhebung interviewt werden oder nicht? Sollen die Sichtweisen der Lieferant:innen oder der Kund:innen über die Situation des Projektes ermittelt werden? Antworten auf solche Fragen sind von größter Bedeutung für die Durchführung der Diagnose. Generell gilt:

Die Systemgrenze muss im Rahmen der Auftragsklärung besprochen und vereinbart werden, weil sie das Ergebnis der Diagnose entscheidend beeinflusst. Diagnostiker:innen müssen das „System Projekt“ und das „System Organisation“ verstehen, nur so kann die Systemgrenze sinnvoll, den Zielen der Diagnose entsprechend, bestimmt werden. Die Diagnostiker:innen sollten im Rahmen der Auftragsklärung allergrößten Wert darauflegen, dass die Systemgrenze den Zielen der Diagnose entspricht.

Projekt und Projektteam unterscheiden

Ich möchte an einem Praxisbeispiel mit einem groben Missverständnis aufräumen, das mir in meiner Arbeit immer wieder begegnet. Im Steering Committee waren alle damit einverstanden, eine Projektdiagnose durchzuführen, denn man versprach sich davon, dass die Probleme im Projektteam erkannt und beseitigt werden. Als ich erklärte, dass ich im Rahmen der Projektdiagnose nicht nur die Situation des Projektteams analysiere, sondern auch die Entscheidungsprozesse im Steering Committee und den Einfluss des Sponsors untersuchen werde, nahm die Zustimmung einiger Mitglieder des Steering Committees deutlich ab. Irrtümlicherweise setzen viele Projekt gleich Projektteam und das ist einfach verkehrt, denn das Projektteam ist ein Subsystem des Projektes. Zum Projekt und damit auch zur Diagnose gehören neben dem Projektteam auch Sponsor, Entscheidungsgremien, das Projekt Portfolio Management und andere Stakeholder des Projekts. Selbstverständlich müssen auch Linienmanager:innen in die Diagnose einbezogen werden, weil sie als Ressourcenmanager:innen für die fachliche und zeitliche Verfügbarkeit der Projektmitarbeiter:innen verantwortlich sind. In Change-Management-Projekten sind sie außerdem für die Implementierung der Projektergebnisse in ihren Organisationseinheiten verantwortlich.

Die Systemgrenze hängt vom Umfang des Projektes ab. Für eine sinnvolle Analyse der Diagnose lautet die Frage: Welche internen und ggfs. auch externen Organisationseinheiten müssen beteiligt werden, um ein aussagekräftiges Bild über den Projektverlauf zu erhalten? Soweit der Anspruch, doch in einigen Fällen habe ich die Erfahrung gemacht, dass Auftraggeber:innen mit meinem Verständnis der Systemgrenze nicht einverstanden waren. Ein Praxisbeispiel: Der Leiter der Produktentwicklung eines mittelständischen Unternehmens beauftragte mich, eine Diagnose für ein Projekt durchzuführen, das seit längerer Zeit nicht optimal läuft. Aus seiner Sicht ging es nicht primär um fachliche Themen, sondern um die Zusammenarbeit zwischen den beteiligten Abteilungen, um unklare Zuständigkeiten, Bereichsdenken, mangelnde Abstimmungen und intransparente Entscheidungen. Offensichtlich hatte er sich ein Bild über die Problematik gemacht und er hatte sehr genaue Vorstellungen, mit wem ich Interviews führen sollte: Projektleitung, Projektmitarbeiter:innen, Gruppen- und Abteilungsleitern:innen der beteiligten Abteilungen (Konstruktion, Produktmanagement, Einkauf, Qualitätssicherung). Nun wusste ich durch Vorgespräche, dass die beiden Geschäftsführer häufig ohne Abstimmung mit der Projektleitung ins Projektgeschehen eingreifen. Prioritäten werden dann über den Haufen geworfen, Projektziele verändert, weil einer der beiden Geschäftsführer, verantwortlich für den Verkauf, mit dem Kunden eine neue Vereinbarung getroffen hatte. Weder die Projektleitung noch die Abteilungsleitungen wurden in diese Entscheidungen einbezogen. Ich erklärte dem Auftraggeber der Diagnose, dass Interviews mit den beiden Geschäftsführern unbedingt erforderlich sind, um die Situation des Projektes zu analysieren. Seine Antwort war eindeutig: „Sie haben völlig recht, aber das ist mir zu heiß. Das könnte Ärger geben, zumal die beiden Geschäftsführer längst nicht immer an einem Strang ziehen und gerne den Druck auf die Abteilungsleiter und die Projektteams weitergeben“. (Originalzitat aus einem Interview). Ich erklärte dem Auftraggeber, dass ich es für angebracht halte, zunächst ein Gespräch mit ihm und den beiden Geschäftsführern zu führen, um deren Meinung zu der geplanten Maßnahme zu erfahren. Das Gespräch fand statt und am Ende hatten wir ein gutes Ergebnis erreicht. Die neuen Auftraggeber der Diagnose waren die Geschäftsführer und damit war die Diagnose hierarchisch richtig angesiedelt. Was folgt aus diesem Beispiel? Diagnostiker:innen dürfen sich auf keinen Fall mit einer vorgegeben Systemgrenze zufriedengeben, wenn ihnen diese ungeeignet erscheint, das Projekt sinnvoll zu analysieren.

 Die richtige und klare Definition der Systemgrenze gehört zu den elementaren Aufgaben der Auftragsklärung, denn die Bestimmung der Systemgrenze beeinflusst, wer befragt wird und welche Fragen gestellt werden. Oberflächlichkeit und Nachlässigkeit haben hier keinen Platz.

 Setzen Sie nie Projekt gleich Projektteam, das Team ist ein Subsystem des Projektes. Diese Trennung muss verstanden und beachtet werden.

 Die Projektdiagnostiker:innen müssen die Entscheidungsträger bei der Definition der Systemgrenze beraten.

 Eine vorgegebene Systemgrenze sollte nicht akzeptiert werden, wenn dadurch eine fundierte Diagnose erschwert oder gar verhindert wird.

Systemgrenzen unterscheiden

Bei der Definition der Systemgrenze im Rahmen der Projektdiagnose können drei verschiedene Systeme unterschieden werden:

1 Projektteam

2 System Projekt intern

3 System Projekt mit unternehmensexterner Beteiligung

1. Systemgrenze Diagnose des Projektteams

Selbstverständlich kann die Arbeit des Projektteams mit seinen Stärken und Schwächen analysiert werden. So werden beispielsweise der Grad der Zielerreichung, die zeitliche Verfügbarkeit der Teammitglieder, die Kommunikation im Team, der Informationsfluss, die Verbindlichkeit von Zusagen, die Qualität der Meetings, der Einsatz von Planungsmethoden oder die Führung der Projektleitung analysiert. Um die Situation des Projektteams zu verstehen, muss auch der Einfluss des Teamumfeldes (Entscheidungsgremien, Sponsor) auf das Team verstanden werden. Im Kapitel 5.3 Diagnose des Projektteams wird dieses Thema ausführlicher behandelt.

Bezieht sich die Diagnose nur auf das Subsystem ProjektteamSubsystem Projektteam, ist Bezeichnung Projektdiagnose nicht korrekt, denn die Untersuchung bezieht sich nicht auf das Projekt, sondern nur auf das Team. Zum Projekt gehören auch das Steering Committee, der Sponsor und die Linienmanager. Mit dieser definitorischen Klarstellung soll auf keinen Fall der Nutzen von Teamdiagnosen in Frage gestellt werden. Im Gegenteil, manche Projektdiagnose wäre vermeidbar, wenn man die Teamarbeit rechtzeitig und fundiert analysieren würde.

Abb. 2:

Systemgrenze Projektteam

Auftraggeber:in einer Teamdiagnose kann die Projektleitung, das gesamte Projektteam oder der Projektsponsor sein. Hier besteht ein wesentlicher Unterschied zur Projektdiagnose, denn weder die Projektleitung noch die Projektmitarbeiter:innen verfügen über die notwendigen Entscheidungskompetenzen, eine Projektdiagnose zu beauftragen. Sie können diese anregen, mit triftigen Argumenten auf eine Durchführung drängen, die Entscheidung jedoch liegt auf einer anderen Hierarchieebene.

2. Systemgrenze Diagnose Projekt intern

In Projektdiagnosen sind mehr Funktionen und Personen einbezogen als in Teamdiagnosen. Abhängig von der Größe des Projektes liegt die Zahl der Befragten zwischen zwölf (bei kleineren Projekten) bis fünfzig Personen. In seltenen Fällen können es noch mehr sein.

Abb. 3:

Systemgrenze Projekt intern

Wer muss bzw. kann befragt werden?

Die Antwort hängt wie bereits erklärt von der Definition der Systemgrenze ab.

 Projektsponsor

 Projektleitung

 Teilprojektleiter:innen

 Projektmitarbeiter:innen

 Erfahrene Projektleiter:innen aus anderen Projekten, die einen Beitrag zur Analyse leisten können

 Mitglieder von Entscheidungsgremien

 Linienmanager:innen

 Projekt Portfolio Management

 Externe Kooperationspartner:innen, Lieferant:innen, Kund:innen, Berater:innen

3. Systemgrenze Diagnose Projekt mit unternehmensexterner Beteiligung

Im Unterschied zur zweiten Variante werden hier auch externe Kooperationspartner:innen in die Projektdiagnose einbezogen. Dabei kann es sich um Kund:innen, Lieferant:innen oder um Kooperationspartner:innen handeln, mit denen gemeinsam ein Produkt entwickelt wird. Soweit ich es beurteilen kann, erscheint mir diese Variante eher ein Ausnahmefall zu sein.

Die Systemgrenze ist keine starre Angelegenheit

Die Systemgrenze kann sich im Verlauf der Diagnose ändern. Im Rahmen einer Diagnose für ein Produktentwicklungsprojekt in einem mittelständischen Familienunternehmen waren Gespräche mit den beiden Geschäftsführern, Abteilungsleitern, der Projektleitung und Projektmitarbeiter:innen geplant. Im Verlauf der Interviews wiesen einige Interviewte auf zu häufige Änderungen im Entwicklungsprozess hin, die viel Zeit und Geld kosten und sowohl im Projektteam als auch bei Führungskräften zu Frustrationen führen. Dabei ging nicht um notwendige technische Änderungen, sondern um Modifikationen bezüglich der Farbe, teilweise am Produkt selbst, vor allem aber an der Verpackung. Das Blau war nicht blau genug und statt runden Schaltern sollten Eckige eingebaut werden, um die Innovation des Produktes hervorzuheben. Diese ad hoc Änderungen wurden an der Produktentwicklung vorbei von der Gattin des Seniorchefs entschieden, die seit Jahren im Hintergrund mit viel Herzblut aktiv mitwirkt. Es war nicht ganz einfach, die beiden Geschäftsführer als Auftraggeber der Diagnose davon zu überzeugen, dass auch der Einfluss des Seniors und seiner Gattin im Rahmen der Diagnose analysiert werden sollte.

Diagnostiker:innen müssen im Verlaufe der Datensammlungsphase prüfen, ob die Systemgrenze im Verlauf der Diagnose neu definiert werden muss. Dabei kann es sich um eine Erweiterung oder eine Reduzierung handeln. Mit Hilfe der Stakeholderanalyse können sich Diagnostiker:innen oft bereits zu Beginn ihrer Arbeit einen guten Überblick über die zu beteiligten Akteure verschaffen. Deshalb sollte eine Stakeholderanalyse für das Projekt fester Bestandteil im Rahmen der Auftragsklärung sein.

3.2.1.3 Rollen

Aufgaben, Verantwortungen und Entscheidungskompetenzen der Beteiligten im Rahmen der Projektdiagnose müssen geklärt werden. Selbstverständlich! Doch ganz so einfach ist es in der Praxis nicht immer. Manchmal werden Punkte nicht beachtet oder die Beteiligten gehen einfach davon aus, dass die Verantwortung klar ist. Die Rollenklärung für die DiagnoseRollenklärungDiagnose darf auf keinen Fall zu vernachlässigt werden.

Welche Rollen müssen geklärt werden?

 Auftraggeber:in der Projektdiagnose

 Weitere Entscheidungsträger:innenPrüfen Sie, ob weitere Stellen bzw. Personen, die Einfluss auf den Diagnoseverlauf ausüben können, in den Klärungsprozess einbezogen werden müssen. Das können beispielsweise Top-Manager:innen, die Leitung des Projekt-Portfolio-Managements oder in Change Projekten auch die Personalvertretung sein.

 Aufgaben und Verantwortungen des Diagnostikers, der Diagnostikerin

 Wer soll befragt werden? Eventuell muss auch die Reihenfolge bestimmt werden.

 Wer soll bei der inhaltlichen und methodischen Vorbereitung der Diagnose mitarbeiten?Vor allem beim Einsatz von externen Diagnostiker:innen ist es empfehlenswert, wenn Mitarbeitende aus der Organisation bei der Zusammenstellung der Fragen mitwirken. Ich schätze es sehr, wenn erfahrene Mitarbeiter:innen (aber nicht zu viele) an der Ausarbeitung des Fragenkatalogs mitarbeiten. Sie kennen die Abläufe der Projektarbeit, haben oft schwierige Situationen in Projekten selbst erlebt und wissen um die Einflüsse mancher Führungskräfte und Gremien auf die Projekte. Außerdem können sie wertvolle Hinweise geben, wie der Informationsfluss für die Projektdiagnose und die Zeitplanung für die Interviews am besten gestaltet werden können.

 Wer soll wann und in welcher Form über die Ergebnisse und Zwischenergebnisse informiert werden?Vor allem bei umfangreichen Diagnosen ist es nicht unwahrscheinlich, dass Auftraggeber:innen oder andere Entscheidungsträger über die Zwischenergebnisse informiert werden möchten. Klären Sie, wer und in welcher Form informiert werden soll. Diagnostiker:innen müssen mit dem Auftraggeber vereinbaren, dass Führungskräfte keine Vorabinformationen unter vier Augen erhalten.

 Rolle des Auftraggebers der DiagnoseIn der Regel veranlasst der Projektsponsor die Projektdiagnose. Daraus kann sich ein Rollenkonflikt ergeben, denn der Sponsor ist zum einen Auftraggeber der Diagnose und zum anderen wird sein Einfluss als Sponsor des Projektes auf den Projektverlauf ermittelt und bewertet. Nicht selten ist der Sponsor Teil des Problems. Ich weise im Rahmen der Auftragsklärung deutlich darauf hin, dass die Entscheidungsträger des Projektes möglicherweise auch Probleme verursachen und ich diese Informationen im Datenfeedback aufzeigen werde. Erfreulicherweise habe ich in über 25 Jahren nur zweimal erlebt, dass Entscheider dieses Vorgehen abgelehnt haben. Dann ist es angebracht, den Auftrag nicht anzunehmen.Auftraggeber:in der Diagnose haben die Verantwortung, alle Beteiligten über den Anlass und die Ziele der Diagnose zu informieren.Es passiert immer wieder, dass Mitarbeiter:innen zu geplanten Interviewterminen nicht erscheinen. Deshalb sollte der Aufrageber die Linienmanager: innen auffordern, dafür zu sorgen, dass ihre Mitarbeiter:innen die Termine wahrnehmen. Die Auftraggeberseite steht für die Priorität der Diagnose.Erklären Sie dem Auftraggeber, dass er als Projektsponsor selbstverständlich in die Diagnose einbezogen werden muss und möglicherweise Teil des Problems ist. Verdeutlichen Sie den möglichen Rollenkonflikt.Die Projektdiagnose endet mit dem Diagnose-Bericht, bzw. der Präsentation der Ergebnisse. Mit dem Ende der Präsentation der Diagnoseergebnisse übernimmt der Auftraggeber die Verantwortung. Die Diagnostiker:innen sind nicht für die Entscheidung über mögliche Maßnahmen verantwortlich. Dieses Thema ist mit dem Auftraggeber gründlich zu klären.

 Rolle der Diagnostiker:innenDiagnostiker:innen sind verantwortlich für die Planung und Durchführung der Projektdiagnose. Das beinhaltet eine Reihe von Aufgaben:Ziele klärenGründliche Beratung über die Systemgrenze. Die Entscheidungsträger können von den Diagnostikern:innen einen gründlich ausgearbeiteten Vorschlag über die Systemgrenze erwarten. Diagnostiker:innen sollte auf keinen Fall eine Systemgrenze akzeptieren, wenn diese ungeeignet ist, das Projekt umfassend und tief genug zu analysieren.Fragen für die Datensammlung ausarbeitenAuswahl der Methoden zur Datensammlung ausarbeitenGründliche Datenanalyse, Bewertung der Ergebnisse und EmpfehlungenDiagnosebericht erstellenPräsentation der ErgebnisseFalls erforderlich, zwischenzeitliche Abstimmungsgespräche mit dem Auftraggeber bzw. der Auftraggeberin führen

 Rollenklärung bei mehreren DiagnostikernAbhängig vom Umfang des Projektes und von der zeitlichen Kapazität der Diagnostiker:innen können mehrere Personen mitarbeiten. In diesen Fällen sollten einige Punkte beachtet werden, um eine gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit zu erreichen.Wer hat die Gesamtverantwortung seitens der Auftragnehmer:innen für die Diagnose?Wer ist erster Ansprechpartner:in für den Auftraggeber der Diagnose und für andere Entscheider? Informelle Absprachen hinter dem Rücken des Gesamtverantwortlichen sind Tabu.Wer interviewt wen?Mit der formalen Rollenklärung allein ist es jedoch nicht getan. Deshalb gehe ich an dieser Stelle direkt auf weitere Punkte ein.Haben alle Diagnostiker:innen das gleiche Verständnis über die Ziele und die daraus resultierenden Fragen?Wie werden die Abstimmungsprozesse im Verlauf der Diagnose organisiert?In welchen Intervallen und in welcher Form findet der Austausch statt?Wie können die Abstimmungsmeetings gut vorbereitet werden?Besteht ein gemeinsames Verständnis über die Vorgehensweise?Welche Fragen müssen in allen Interviews gestellt werden?Bestimmte Fragen müssen unabhängig von den einzelnen Interviewern:innen in allen Interviews gestellt werden, um vergleichbare Ergebnisse zu erhalten. Notwendig sind beispielsweise Fragen zum Grad der Zielerreichung, zur Priorität des Projektes, zur zeitlichen Verfügbarkeit der Projektmitarbeiter:innen, zum Informationsfluss oder zur Zusammenarbeit im Team. Ich rate jedoch von einem starren Fragekatalog im Sinne eines Fragebogens ab, der den Interviewern:innen keinen Spielraum für diagnostische Entdeckungen lässt.Wie schnell müssen die Ergebnisse der einzelnen Interviews an den Gesamtverantwortlichen der Diagnose weitergeleitet werden? Das sollte möglichst zeitnah erfolgen, z.B. wöchentlich oder zweimal pro Woche, in besonderen Fällen sogar täglich.Es gibt Kernregeln, die zu Beginn der Zusammenarbeit im Team der Diagnostiker:innen besprochen werden müssen:Vertraulichkeit der GesprächeWer was in einem Interview gesagt hat darf nicht an Mitarbeiter aus der Organisation weitergetragen, auch nicht an die Auftraggeberin der Diagnose.Keine Alleingänge bei Absprachen mit FührungskräftenKeine Aussagen über ZwischenergebnisseDie Regeln zum Einstieg in die Interviews sollen von allen beachtet werden. Die Maxime lautet: Bevor ich Fragen stelle, biete ich an, dass die Person mir Fragen stellen kann, um durch Transparenz ein offenes Klima zu fördern.

Interne oder/und externe Diagnostiker – Pro und Kontra

Projektdiagnosen können sowohl von Mitarbeitern:innen der Organisation als auch von Externen durchgeführt werden. Auch Tandemlösungen können sinnvoll sein. Was spricht für eine interne und was für eine externe Beauftragung?

Interne Diagnostiker:innen kennen normalerweise die Abläufe und die Personen wesentlich besser. Das kann vorteilhaft sein, aber es besteht die Gefahr, die eigenen Sichtweisen, Vorurteile oder Wünsche bewusst oder unbewusst einfließen zu lassen. Mitarbeiter:innen des Unternehmens sind stärker ökonomisch und sozial abhängig, die Unabhängigkeit der Internen darf zurecht in Frage gestellt werden und Unabhängigkeit ist eine fundamentale Voraussetzung für eine gute Diagnose.

Externe sind weniger betriebsblind, was aber zwangsläufig bedeutet, dass sie wichtige Einflüsse übersehen können. Ich höre häufiger das Argument, Externe sind objektiver als Interne. Um es klar auszudrücken, von Objektivität zu sprechen, ist nicht zutreffend, denn sowohl die Datensammlung, die Analyse als auch die Bewertungen der externen Diagnostiker:innen werden durch ihre Sichtweisen, Erfahrungen, ihren fachlichen Background, ihre Werte oder Lieblingsideen beeinflusst. In der Praxis kann die Arbeit der externen Diagnostiker:innen auch durch das Ziel des Beratungsunternehmens, den Folgeauftrag zu akquirieren, erheblich beeinflusst werden. Man produziert das gewünschte Ergebnis, um weiter im Geschäft zu bleiben. Idealerweise sind externe Diagnostiker:innen weitgehend ungebunden und müssen nicht auf die Reaktionen des eigenen Managements Rücksicht nehmen.

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