Kitabı oku: «Pfarre und Schule. Dritter Band.», sayfa 10
Zwölftes Kapitel
Schluß
Gebe Gott, daß diese Ueberschrift eine Lüge werde – daß es kein Schluß des armen gedrückten Lehrerlebens mehr sei, wie ich es hier beschrieben, und wie es, o leider so oft, so entsetzlich oft – in unserem »gesegneten« Deutschland geschehen ist. Den Ruhm haben wir bis jetzt für uns beanspruchen wollen, das civilisirteste, das intelligenteste Volk der Erde zu sein, und die Leute, die uns allein dazu bringen könnten es zu werden – lassen wir verhungern oder ihr Leben doch wenigstens auf so traurige, elende Art dahinschleppen, daß sie an Leib und Seele – erst körperlich und dann geistig zu Grunde gehn müssen.
Deutschland ist krank und zwei Quacksalber mühen sich ab, und ereifern sich das arme, kranke Deutschland unter dem Vorgeben, es heilen zu wollen, in sein frühes Grab zu bringen. Sie beide kehren sich keinen Deut um die wirkliche Gesundheit und Kraft, um die wirkliche Genesung des Patienten, nur ihre eigenen selbstsüchtigen Zwecke haben sie im Auge, nur ihr eigenes Interesse ist es, das sie in geschäftiger Thätigkeit an das Lager des Leidenden treibt.
Der eine dieser Aerzte will nur Ruhe – das Stöhnen, der Krampf – das wilde, unruhige Aufzucken des Kranken – seine Fieberphantasien und schlaflosen Nächte ängstigen ihn selbst, und lassen ihm keine Ruhe, also verschreibt er Opiate – immer nur Opiate, und im Fall etwas stärkerer Aufregung sogar Zwangsjacke und Ketten – »nur Ruhe, lieber Patient, nur Ruhe.« –
Der andere ist ein noch ganz junger – blutjunger Arzt – der betrachtet den Patienten mit einer gewissen Liebe und Zärtlichkeit – er nennt ihn »seinen Patienten« – sein Deutschland, und lächelt vergnügt bei dem Gedanken, daß dieß der erste ernste Fall ist, der unter seine Hände kommt. Ei was für prachtvolle Experimente kann er jetzt an dem Leidenden vornehmen – wie lacht ihm das Herz nur in der Aussicht auf all' die Amputationen und Kreuz- und Querschnitte, Sondirungen und Beobachtungen eiternder Wunden. Je toller der Kranke dabei rast und wüthet, desto lieber ist es ihm – er drückt sich dann nur rasch in die sichere Ecke und schaut aufmerksam zu, um die Wirkungen zu beobachten, die ein etwas tieferer Schnitt als gewöhnlich, oder ein neues, noch nicht erprobtes Instrument, eine selbst erfundene Medicin vielleicht, auf ihn machen. Nur wenn ihm das Toben etwas zu arg wird, wenn der Paroxismus steigt, und er doch vielleicht fürchtet, der etwas übermäßig maltraitirte Kranke möge endlich einmal den Arm nach ihm ausstrecken und ihn fassen, dann drückt er sich rasch zur Thür hinaus über die Grenze, und wartet draußen ruhig die Crisis ab. Er verordnet dabei fortwährend verzweifelte Mittel – indianische Schwitzbäder und halsbrechende Kuren – Medicinen, durch die er den Kranken ununterbrochen an den Rand des Grabes bringt, und freut sich dabei wie ein Kind darauf zu sehn, ob der Leidende das wirklich aushält, oder – ob er darüber zu Grunde geht.
Und Deutschland? – wird nicht eher genesen, bis es die beiden Quacksalber, den einen wie den anderen, beim Schopf nimmt, und zu Thür oder Fenster – beides gleich gut – hinausschleudert. Deutschland leidet an keinem Uebel, das durch Opiate beschwichtigt oder durch rasende Kuren, mit Biegen oder Brechen in einer Nacht geheilt werden könnte – der Sitz der Krankheit ist bei ihm im Unterleib – das ewige Stubenhocken – die dunstige Luft, in der es, o so lange, lange Jahre hinter Schloß und Riegel gehalten wurde, hat seinen ganzen Körper geschwächt und erschlafft – seinen Gliedern ihre volle Thätigkeit geraubt, und nur ein ordentlicher, verständiger Arzt, der mit Umsicht und ernstem Eifer zu Werke geht, kann hier heilbringend sein – und der Arzt ist der Lehrer der Volksschulen – macht es dem erst einmal möglich, den Geist des Volkes aus seinem stumpfen Starrsinn zu wecken, und das Volk selbst zum klaren Bewußtsein seiner Lage zu bringen, und seht dann, wie schnell es den Opiumhändler und Chirurgen mit seinen Lanzetten, Sägen und Messern selbst zu Thüren und Fenstern hinaussendet.
Der Volksschullehrer ist der Mann, von dem wir wirkliches, wahres Heil für unsere lieben Kranken erwarten dürfen, und den Mann hegt und pflegt nur dafür – den Mann zieht aus dem Staub und Elend, in das er bisher durch Verhältnisse und Geistliche hineingetreten wurde, hervor, dem Manne löst die Hände und füllt den Magen, daß er nicht halb verhungert mehr, und mit gebundenen Gliedern, Eure Kinder und kommenden Geschlechter auch wirklich erziehen und zu Menschen – und nicht bloß zu Unterthanen des Staats und der Kirche – heranbilden kann, und seht dann, wenn Ihr das keinen Augenblick mehr versäumt, sondern frisch und rasch dabei an's schöne – heilige Werk geht, welcher kräftige, herrliche Körper – welche Heldengestalt das war, die unter Perrücke und Zopf, unter dem dreieckigen Hütchen und dem bestaubten Knechtsgewand, gebückt und mit schwankenden Schritten einherging. – Nicht genug also, daß Ihr dem für sein ganzes Leben an den Felsen Geschmiedeten die Fesseln löst, und zu ihm sagt, »nun kämpfe,« Ihr müßt ihn auch erst wieder gehen, und die erstarrten Glieder gebrauchen lehren – bis dahin wird ihm die Waffe nur ein machtloses Spielwerk, er selbst aber nie im Stande sein, sie zu führen.
Bis jetzt sind wir aber noch nicht so weit – noch sterben die alten emeritirten Lehrer – die sich Menschenalter hindurch quälten und mühten, das aufwachsende Geschlecht »im Nothwendigsten« zu unterrichten, in Hunger und Kummer, und die jüngeren Lehrer – leben darin; der Mann aber, der eigentlich der erste im Staat sein sollte, ist der letzte.
Der alte Schulmeister Kleinholz war todt – auf den Acker trugen sie ihn hinüber, wohin er selber so manchen zur letzten Ruhe begleitet; – ihn aber trugen Sie nicht zur letzten Ruhe hinaus – armer alter Lehrer – es war, so alt und schwach Du geworden, Deine erste Ruhe.
Der Tod des alten Lehrers ging in Horneck ziemlich spurlos vorüber – »es ist ein Glück für den alten Mann, daß er gestorben ist,« sagten die Leute – es schien sich ganz von selbst zu verstehn, daß ein alter dienstunfähiger Schulmeister doch nichts weiter mehr vom Leben, und nicht die geringsten Ansprüche auf ein ruhiges Greisenalter gehabt haben könne.
In der Pfarre wurde indessen gepackt, und unter Jammer und Thränen Vorkehrung für die Auswanderung der ältesten Tochter, der jungen Frau Doctorin Wahlert, getroffen. Wahlert selbst war schon früher, man wußte in Horneck nicht recht wohin, vorausgereist, denn eine, von Berlin aus gegen ihn anhängig gemachte Klage auf Hochverrath und Majestätsbeleidigung, bei der sich das Volk vollkommen ruhig verhielt, und seine eigene Verhaftung auch eben so ruhig mit angesehen hätte, ließen ihn wünschen, die wirkliche Republik so bald als möglich zu erreichen, um dort, mit erneuter Thätigkeit, nicht etwa die deutsche Sache aufzugeben, sondern erst recht zu beginnen, für Deutschlands Wohl und Zukunft in dem Sinne zu wirken, den er für sein Vaterland am schnellsten zum Ziele führend, glaubte.
Hennig hatte trotz des Geistlichen Drohungen und Unwillen, seine neugegründete Zeitung nicht aufgegeben, sondern arbeitete thätig daran fort, und es war fast, als ob der Eifer seines Strebens, wenn ihm auch das schöne Ziel nach dem er strebte, entrissen worden, eher vermehrt und genährt, als vermindert wäre. Für die Kinder des alten Schullehrers Kleinholz mußte jetzt freilich, da ihr Ernährer gestorben war, die Gemeinde sorgen, und sie wurden deshalb theils bei Handwerkern, theils auf Bauergütern, und zwar alle ziemlich gut untergebracht – die armen Kleinen, die noch fast keine Jugendlust gekannt, waren an Arbeit und Entbehrung gewöhnt, und fanden sich, als der erste Schmerz der Trennung von der einstigen Heimath überstanden war, leicht in ihre neue, jedenfalls körperlich verbesserte Lage. Nur Lieschen mochte nicht mehr zu fremden Leuten ziehn, und folgte gern und freudig jetzt, da ihr armer alter Vater unter der Erde ruhte, und ihrer nicht bedurfte, und sie auch alle die Geschwister besser versorgt sah, als sie selbst hätte für sie sorgen können, der Einladung, ja der Bitte Sophiens, sie über das Meer hinüber zu begleiten. Die Vergangenheit lag wie ein dunkler Schleier hinter ihr, und ihrer treuen hoffenden Seele zeigte die Zukunft nur Freude, Glück und Segen.
Der alte Musikant wanderte, als er sein einziges Kind beerdigt, in die Residenz – Wahlert, der ihn nach der Tochter Tod gefunden, und ihm des Oberpostdirectors Schein überliefert hatte, sorgte auch noch weiter für ihn, und verschaffte ihm durch einen Freund dort eine zwar beschränkte, aber doch sichere Stellung, in der er sein Brod und einen Wirkungskreis für seine Thätigkeit fand.
Was jene drei, an Rang verschiedene, an Schlechtigkeit sich gleichstehende Subjecte, den Brandstifter Krautsch, den Oberpostdirector von Gaulitz und den Dieb Poller betrifft, so erhielten die beiden ersteren ihren verdienten Lohn – Krautsch wurde des Brandstiftens überwiesen, und in außergewöhnlich schneller Gerichtspflege zu zehnjähriger Zuchthausstrafe verurtheilt, und der Herr von Gaulitz, dem Poller mit dem größten Theil seines Vermögens durchgegangen war, blieb von dem Sturz gelähmt, und mußte Zeitlebens an Krücken gehn. Poller entkam, wenigstens hat man bis heute noch keine Spur von ihm gefunden, und aller Wahrscheinlichkeit nach ist es ihm gelungen, der Richtung entgegen, in der man ihn vermuthete und verfolgte, nach Stettin zu entkommen, von wo aus er leicht auf dänisches Gebiet übersetzen konnte.
Und erreichte Wahlert, nach was er strebte? – Gelang es dem Schulmeister, sein schönes Ziel zu gewinnen, und seinem Stand die Stellung zu sichern, die ihm gebührte? – fand Lieschen ihren Fritz in dem weiten Amerika, und des Pastors holdes Töchterlein das Glück, das sie an der Seite des Geliebten erwartet? – Lieber Leser, ich müßte prophezeihn können, wollte ich Dir das Alles jetzt schon verkünden – wir schreiben heute den zehnten März 1849, und dieses, wie das nächste Jahr wird Deutschlands Entwickelung bestimmen. Interessirt es Dich dann noch, so erzähle ich Dir weiter, wie es mit unseren Freunden in der neuen und alten Welt geworden, und Du folgst mir dann auch vielleicht mit mehr Ruhe und Aufmerksamkeit über das weite blaue Meer, als Du jetzt, wo Du den Kopf daheim voll Sorg' und Arbeit hast, mir folgen würdest – bis dahin also auf ein frohes, freudiges Wiedersehn.