Kitabı oku: «Unter Palmen und Buchen. Zweiter Band.», sayfa 13
Negerleben
Die Menschen gewöhnen sich – und es ist das eine merkwürdige Thatsache – mit der Zeit selbst an das Wunderbarste, so daß sie es zuletzt nicht einmal der Mühe werth halten, mehr darüber nachzudenken. Wir sehen die Sonne auf- und untergehen, die Pflanzen keimen und wachsen, das Meer ebben und fluthen – sehen Winter und Sommer kommen, den Baum aus einem Kern, den Schmetterling aus einer Raupe, den Lieutenant aus einem Wickelkind entstehen, und bemerken die Verwandlung nicht einmal mehr, die für uns etwas Alltägliches geworden.
So staunen wir auch wohl anfangs neue Erfindungen an und bewundern die Kraft des Dampfes und Elektro-Magnetismus – aber nicht lange, dann benutzen wir sie und können uns kaum noch denken, daß es eine Zeit gegeben hat, in der sie nicht gekannt war.
Ebenso geht es mit althergebrachten Gewohnheiten und Sitten. Kommt ein Europäer in ein tropisches Land, so ist er ganz erstaunt, dort auf einmal einer Race zu begegnen, die vollkommen nackt in der Welt herumläuft, und will sich halb todt lachen, wenn sich der König eines fremden Volkes zu ihm auf die Erde setzt und ihn um etwas Tabak anspricht; aber kaum lebt er vier Wochen unter den Leuten, so sieht er weder die Nackten mehr, noch findet er etwas Außerordentliches in der Herablassung Sr. Majestät.
Genau so geht es uns mit der Sclaverei.
Wenn sie noch nie bestanden hätte und ein Mensch sich dann erfrechen wollte, einen zweiten, der eine andere Hautfarbe hat, als er, und nicht ganz so »gebildet« ist, zu zwingen, für ihn umsonst zu arbeiten, während er in der nämlichen Zeit dessen Frau und Kinder an einen Dritten verkaufte, so wären wir außer uns und hielten das mit Recht für eine Scheußlichkeit und Niederträchtigkeit. Jetzt aber sind wir so gewohnt, von Negersclaven und deren Versteigerung zu hören, daß die meisten Menschen bis vor kurzer Zeit gar nichts Absonderliches mehr in der Sache fanden. Ja, in den Ländern, wo die Sclaverei wirklich bestand, wurde sogar das Recht der Weißen, schwarze Sclaven zu halten, in den Schulen gelehrt, und Geistliche entblödeten sich nicht, die heilige Schrift zu mißbrauchen, um ein solches Verbrechen als von Gott selber eingesetzt hinzustellen.
Daß wir die Baumwolle theurer bezahlen müssen, wenn es einmal keine Sclaven mehr giebt, steht wohl fest, denn der Arbeiter verlangt dann seinen verdienten Lohn, aber das Rechtlichkeitsgefühl civilisirter Menschen hat sich endlich dahin ausgesprochen, daß ein wenn auch durch Jahrtausende geübter Brauch doch ein Mißbrauch und eine Niederträchtigkeit sein könne, und während in Rußland die Leibeigenen freigegeben wurden, traten in Nordamerika Hunderttausende unter Waffen, um ihr Vaterland von der Schmach zu befreien, zu den Sclavenstaaten gezählt zu werden.
Es fällt mir indessen hier nicht ein, eine Abhandlung über die Sclaverei, ihre Nichtberechtigung oder Berechtigung zu schreiben. Der gesunde Sinn des Volkes hat längst darüber entschieden und sie für ein Verbrechen erklärt – wenn es auch selbst in Deutschland noch einige Menschen giebt, die sie vertheidigen und mit schalen Phrasen ihre Existenz als nothwendig darzustellen suchen. Ich selber möchte hier dem Leser nur eine kurze Schilderung der Zustände geben, in denen ich Neger in den verschiedenen Welttheilen getroffen habe, und eine solche Zusammenstellung ist immer insofern interessant, als sie einen Vergleich zuläßt.
Von der Heimath der Neger will ich nicht reden. Leute, die mit deren Vaterland genau vertraut sind, haben das schon viel besser gethan, als ich es im Stande wäre. Nach Allem aber, was man von ihnen hört und sieht, scheint es, daß sie dort, wo sie mit den Weißen noch nicht in nähere Berührung kamen, wie das auch bei den Indianern der übrigen Welttheile der Fall ist, harmlos und gastfrei sind und eben nicht mehr arbeiten, als sie zu ihrem Lebensunterhalt brauchen.
Dann kommen die Europäer zu ihnen. Portugiesische Sclavenhändler durchziehen das Land, die Gier nach Reichthümern wird in ihnen erregt, alle Leidenschaften werden wachgerufen und zu Verbrechen gesteigert, und dann werfen sich die Weißen in die Brust und sagen: »Was für thierische Völker sind das! Kann sie Gott der Herr für etwas Anderes erschaffen haben, als den Weißen durch ihre Körperkraft zu dienen?«
Wir wollen uns diese thierischen Völker betrachten, wie sie in anderen Ländern der Erde leben, wohin sie aber nur durch die Weißen selber gebracht wurden.
Die eingeborenen Afrikaner sind nämlich keine seefahrende Nation, woran auch vielleicht die ungünstige Beschaffenheit ihrer Küsten die Schuld trägt. Nur die ihnen zunächstliegenden wenigen Inseln haben sie bevölkert und sie entweder ganz besetzt, oder sich mit den Ureinwohnern vermischt, wie z. B. auf der Westküste von Madagascar.
Daß die Eingeborenen Australiens eine Mischlingsrace von Aethiopiern und Malayen sein sollten, ist nur eine Phantasie Blumenbach's. Die australischen Schwarzen sind ein unzweifelhafter Urstamm, und nie hat ein Aethiopier oder Neger deren Küsten, außer auf einem Schiffe der Weißen, betreten.
Auch im ostindischen Archipel, ja selbst in dem ihnen gegenüberliegenden Arabien finden wir keine Spur von ihnen als freien Einwanderern. Sie sind nur als Sclaven dort hinüber geschleppt, während sie von den an ihren Küsten landenden Abkömmlingen der kaukasischen Race weiter und weiter in das innere Land zurückgedrängt wurden.
Wenn sie aber nicht selber zur See gehen wollten, so gab man ihnen Passage, und die Spanier und Portugiesen, nachdem sie in Amerika die gutmüthigen Indianer unter dem Vorwand, ihre Seelen zu retten, erschlagen oder zu Tode geknechtet hatten, mußten schon Sclaven dort hinüber führen, um die Arbeit zu thun, die das faule Seeräubergesindel nicht selber verrichten mochte.
Nordamerika folgte, und wie sich der Reis-, Baumwollen- und Zuckerrohrbau als ergiebig zeigte, schaffte man Neger dort hinüber, die nicht allein die Felder bestellen mußten, sondern auch einen einträglichen Handelsartikel bildeten.
Die Sclaven werden nun überall, wo man sie hält, nur in seltenen Fällen wirklich schlecht behandelt, denn es liegt im eigenen Interesse des Besitzers, sie gesund und bei Kräften zu erhalten. Sie dürfen deshalb ebensowenig, wie ein Pferd oder Stier, überarbeitet werden, und die Hauptkunst eines ordentlichen »Sclavenzüchters« besteht darin, so viel Arbeit aus ihnen herauszubekommen, als sie leisten können, ohne sie dabei zu schädigen.
Es giebt Ausnahmen – ich kenne auch selbst aus den Vereinigten Staaten Beispiele von boshafter, ausgesuchter Grausamkeit – Geschichten, wie sie selbst Mrs. Beecher-Stowe nicht schlimmer erdacht hat, die doch das Mögliche darin leistete, aber es sind das doch nur Ausnahmen. Im Ganzen hatten sie ihre bestimmte Arbeitszeit und ihre ihnen angemessene Kost, auch die nöthige Kleidung, und die meisten Herren gaben ihnen auch noch einen Gartenplatz, um darin für sich selber zu arbeiten. Die Vertheidiger der Sclaverei sagen nun: »Was will so ein Neger mehr? Ist er nicht viel besser daran, als unsere deutschen Armen, die, wenn sie krank und elend werden, verhungern können, ohne daß sich ein Mensch um sie bekümmert? Der Herr muß seinen Sclaven erhalten, auch wenn er nicht arbeitet.«
Das ist wahr, und die gezwungene Arbeit bleibt das geringste Elend der Sclaven – das furchtbarste ist der Verkauf.
Eine Negerfamilie hat über Tag ihre Arbeit gethan, ihr Herr ist gut und milde mit ihnen, sie werden freundlich behandelt, aber – er liegt krank in seinem Haus. Wenn er morgen stirbt, wird das Gut mit seinem Inventar, zu dem die Sclaven gehören, verkauft, und was wird dann aus ihnen? Jetzt noch sitzen Vater und Mutter mit ihren Kindern beisammen – wie lange noch? Die Gesetze verboten freilich, daß in den Staatsauctionen die Familien getrennt wurden; aber wer kaufte die Neger auf den Auctionen? Nur herumreisende Yankees, denn kein anständiger Südländer würde sich zu dem schmutzigen Geschäft eines Sclavenhändlers hergegeben haben; nur diese Menschenclasse, die der freie Norden und dort hauptsächlich der kleine Complex der eigentlichen Yankeestaaten, Massachusets, Connecticut und Vermont liefert. Die aber machten sich auch kein Gewissen daraus, Familien zu trennen und das Weib von dem Gatten, Kinder aus dem Arme der Eltern zu reißen. Es war einmal ihr Geschäft, für das ja auch sogar mancher deutsche Gelehrte seine Lanze einlegte und, wenn auch unbewußt, seine Rechtmäßigkeit vertheidigte.
Das ist das Furchtbare im Leben des Negersclaven, daß er nie und zu keiner Stunde seiner eigenen Familie sicher ist, daß er, wenn er sein Kind auf den Arm nimmt und es herzt und küßt, nicht weiß, ob nicht schon morgen ein frecher, tabakkauender Weißer, von den Gesetzen beschützt, den Arm danach ausstreckt und er es nie, nie wiedersieht. Fragt die Aermsten unserer Armen, fragt die unglücklichen Erzgebirger, die sich in ungünstigen Jahren von faulen Kartoffeln nähren und nicht einmal genug von der Nahrung haben, ob sie mit ihm tauschen möchten!
Aber sonst geht es den Negern gut.
Es ist gerade so, als ob ich von einem Menschen sage: »Er hat freilich die Schwindsucht – aber sonst geht es ihm gut.«
Ein glücklicher Leichtsinn half dem Volk übrigens das oft Unerträglichste wirklich zu ertragen. Ja, man hörte wohl dann und wann einmal von dem Selbstmord einer Mutter, der man ihr Kind geraubt und die sich in den Strom gestürzt; auch hat dann und wann ein junger Bursch aus thörichter Eifersucht einen Aufseher erschlagen und ist natürlich deshalb gehangen worden. Aber war das nicht Wahnsinn, mußte er denn nicht wissen, daß die Sclavinnen alle Eigenthum ihres Herrn sind, und keines der Mädchen dem Aufseher oder nigger-driver eine kleine Gefälligkeit weigern konnte, wenn sie nicht die Hölle auf Erden haben wollte?
Wie vergnügt die jungen Leute trotzdem zur Arbeit gingen! Es lag ihnen einmal im Blut, und wenn man sie so zusammen schwatzen und lachen hörte, hätte man kaum glauben können, daß eine einzige Sorge ihr Leben trübe?
Der Neger hat ungemein viel Sinn für das Komische und Niemand in der Welt kann herzlicher und lauter lachen, als ein Neger. Ihr Jaw! Jaw! Jaw! hört man oft unglaubliche Strecken weit, und sie biegen sich dabei zurück und zeigen ein paar Reihen von Zähnen, die an blendender Weiße Nichts zu wünschen übrig lassen. Musik und Tanz lieben sie ebenfalls leidenschaftlich, und das einfachste Instrument genügt, um eine ganze Plantage auf die Füße zu bringen. Oft und oft habe ich die Arbeiter bewundert, die an der Levée von New-Orleans die schweren Baumwollenballen und Zucker-»hogsheads« an Bord der Schiffe wälzen. Besonders das letztere Geschäft treiben sie systematisch.
Es giebt nämlich kaum eine schwerere Arbeit, als solch ein großes Zuckerfaß zu rollen, denn es ist nie vollständig gefüllt. Der schwere Zucker fällt dadurch fortwährend nach unten, so daß stets das ganze Gewicht gehoben werden muß. Je schwerer die Arbeit aber, desto lauter und lustiger geht es dabei zu, und man soll nur einmal die acht Mann, die gewöhnlich zu einem großen Faß gebraucht werden, sehen, wie sie dabei hüpfen und springen und im Tact ein munteres Lied singen. Wie am Bord der Schiffe bei schweren Arbeiten, macht auch hier Einer den Vorsänger, der irgend eines ihrer oft schwermüthigen, oft ausgelassenen Negerlieder singt, in das dann, beim Ende eines jeden Verses, der Chor in lauter jubelnder Lust einfällt. Aber noch nicht genug, der Vorsänger ist auch zugleich Vortänzer, und während er jetzt mit triefender Stirn gegen die ungefüge Last anarbeitet, springt er plötzlich zurück, tanzt, während er die zwei letzten Strophen seines Verses singt, um die Arbeitenden und das Faß her, und wirft dann mit dem Refrain seine Schulter wieder gegen das riesige Hogshead.
So finden wir sie in den Sclavenstaaten, während sie in der Freiheit ganz andere, viel gesetztere Menschen werden und ihrer Arbeit mit großem Eifer, aber weit ruhiger obliegen, den fröhlichen leichtherzigen Sinn aber auch da nicht verleugnen.
In den nördlichen Staaten der Union leben Tausende und Tausende von freien »Farbigen«, wie sie sich dort selbst bezeichnen, denn sie setzen eine Ehre darin, nicht etwa Schwarze oder gar Neger und noch schlimmer Nigger genannt zu werden, da das Wort Nigger eins ihrer eigenen und ärgsten Schimpfworte ist. Sie belegen ihre Race auch deshalb nur mit dem Namen coloured people oder farbiges Volk, und der Unterschied zwischen ihnen und den Weißen wird mit a white lady und a coloured lady oder a white gentleman und a coloured gentleman ausgedrückt.
Nun fand man sie allerdings in vielen Gewerken vertreten; sehr selten wird man aber einen der Race als Drechsler, Blechschmied, Uhrmacher &c. antreffen, selbst Kaufleute und Händler wurden sie nur in Ausnahmsfällen. Dagegen monopolisirten sie schon früher in allen nordischen Städten Amerikas sowohl, wie selbst im Süden die sogenannten barbershops oder Barbierläden, in denen auch stets zugleich frisirt wird. Sämmtliche Köche und Kellner in den großen Hotels, Oystershops und anderen Anstalten sind ebenfalls »coloured men« und keine Musikbande besteht fast von den Canadischen Seen nieder bis zum Cap Horn an der Südspitze des Festlandes, wo nicht ein Neger oder Mulatte die große Trommel schlüge oder Cymbeln und Triangel bearbeitete.
Auch an Bord von Schiffen sind sie meist Köche und Stewards, seltener Matrosen, nie aber konnten sie als Steuermann fahren und können es wahrscheinlich noch nicht, denn kein weißer amerikanischer Matrose würde sich von ihnen etwas befehlen lassen.
Merkwürdig ist überhaupt die grenzenlose Verachtung, mit welcher die farbigen Leute, selbst in ihren lichtesten Abkömmlingen, von den weißen Nordamerikanern behandelt wurden, ehe ihre Emancipation erklärt war. Sie hatten im Theater ihre bestimmten Plätze, auf der Eisenbahn ihre besonderen Wagen, sie mußten in den Straßen jedem Weißen ausweichen, wenn sie sich nicht augenblicklicher Züchtigung aussetzen wollten, und nur in neuerer Zeit scheint man den Versuch gemacht zu haben, sie in Allem den weißen Bürgern der Union gleichzustellen, ja ihnen sogar das Stimmrecht zu verleihen, und es bleibt abzuwarten, wie lange das gut thut. Es wird aber sehr schwer sein, die alten Vorurtheile so mit einem Mal zu beseitigen, denn der Weiße haßte nicht allein den Neger – das hätte sich ändern lassen – , nein er verachtete ihn auch, und ein derartiges Gefühl ist unendlich schwer in Achtung zu verkehren. Geschah doch sogar das Außerordentliche vor einigen Jahren in einem der ersten Hotels Bremens, einer deutschen Stadt, wo ein Violinenvirtuos, ein Mulatte und ein durchaus gebildeter junger Mann, die Tafel auf Geheiß des Wirthes verlassen mußte, weil die dort das Haus zahlreich frequentirenden amerikanischen Schiffscapitaine drohten, das Hotel in Verruf zu erklären, wenn der Nigger nicht entfernt würde.
Jetzt ist die Sclaverei im Norden aufgehoben, und das einzige Land des amerikanischen Continents, wo es noch (außer in einem kleinen Theile Guianas) Negersclaven giebt, ist Brasilien. Dorthin wird auch noch – trotz aller dem entgegenlaufenden Gesetze – ein lebhafter Negerhandel von der afrikanischen Küste getrieben. Man scheint übrigens die Sclaven in Brasilien – so weit ich nämlich darüber urtheilen kann, – ziemlich gut zu behandeln, und die Regierung thut auch ihr Möglichstes der Verbreitung der Sclaverei entgegenzutreten. Verbietet man doch sogar den deutschen Colonisten dort Sclaven zu halten. Die Neger verleugnen aber auch dort ihr leichtes Blut nicht und verrichten die schwersten Arbeiten unter Singen und Lachen. So sah ich einst vier Neger ein Pianino in Rio-Janeiro durch die Straßen tragen, und zwar auf ganz eigenthümliche, dort aber stets gebräuchliche Weise. Sie trugen das ziemlich schwere Instrument an den vier Ecken auf den Köpfen, und keuchten nicht etwa ihren Weg entlang, sondern tanzten. Einer von ihnen hatte eine Art von Castagnetten, mit denen er den Tact angab, und während sie mit lauter, jubelnder Stimme und außerordentlich vergnügten Gesichtern eines ihrer tollen Lieder sangen, tanzten sie dabei im wahren Sinn des Worts auf dem breiten Trottoir hin und verdrehten ihre Körper in der wunderlichsten Art.
In sämmtlichen Republiken des amerikanischen Continents sind die Negersclaven freigegeben, denn mit Recht hielten es die damaligen Gesetzgeber einer Republik für unwürdig, alle Menschen frei und gleichberechtigt zu erklären, und doch dabei die eine bestimmte Race in Banden und Knechtschaft zu halten. An der ganzen Westküste Amerikas, wie auch in den La Plata-Staaten, giebt es, dem Gesetz nach, keinen Sklaven mehr. Wo aber wäre schon ein Gesetz gegeben worden, das nicht der Eigennutz und die Habgier der Menschen zu umgehen und kraftlos zu machen gewußt!
Das Gesetz in Ecuador und Peru sagt ausdrücklich, daß dort kein Neger mehr als Sclave gehalten und verkauft werden darf, und doch geschieht Beides noch bis zu dieser Stunde, wenn auch in beschränktem Maße, aber noch dazu vor Gericht und von den Gesetzen unterstützt. Das Wie? ist leicht erklärt. Die Neger sind Alle frei, aber – Contracte haben, zwischen Arbeitgeber und Arbeiter, volle Gültigkeit. Die Neger sind, wenn nicht zur Arbeit gezwungen, ziemlich faul, und Viele von ihnen auch dem Trunk ergeben. Haben sie gar kein Geld mehr, so arbeiten sie, und Weiße finden sich überall, die ihnen Vorschuß geben. Hat der Neger aber von einem Weißen erst einmal Vorschuß bis zu einer Höhe von vierzig Dollars erhalten, dann kommt der Gläubiger zu den Schwarzen und sagt: »Hör' einmal, lieber Freund, das geht nicht mehr. Was Du mir schuldig bist, kannst Du allerdings nach und nach abarbeiten, aber Du mußt mir jetzt hier diesen Schein unterschreiben, daß ich vierzig Dollars an Dich zu fordern habe und Du mir dafür ein Jahr dienen willst. Was Du indessen brauchst, geb' ich Dir.« Der Schwarze unterschreibt nun den Schein und tritt in den Dienst des Weißen, dessen Sclave er von dem Augenblick ist, denn in nur sehr seltenen Fällen wird er wieder frei. Was er nämlich indessen an Kleidern und Schuhwerk braucht, oder an Branntwein haben will, giebt ihm sein neuer Herr bereitwillig, zu von ihm selbst festgestellten Preisen, und sorgt dadurch schon dafür, daß er bis zum Ende des Jahres wieder die alten vierzig Dollars Schulden hat.
Auch ein förmlicher Verkauf ist dabei nicht ausgeschlossen, wenn dieser auch unter einem anderen Namen stattfindet. Ein Anderer zahlt nämlich dem Gläubiger die Schuldsumme vor Gericht, und eine Kleinigkeit mehr privatim, wenn verlangt, und der Sclave – wechselt seinen Herrn.
In Ecuador haben sich die befreiten Sclaven meist in das niedere Land gezogen und dort ganze Districte besiedelt. In den mächtigen Niederungen, besonders an den Ufern der verschiedenen Ströme, sind förmliche Niederlassungen von ihnen gegründet, und man kann dort tagelang reisen ohne einen anderen Menschen als einen Neger oder Mulatten zu treffen. So fand ich am Cachavi (einem kleinen Strom, der sich in den Santiago ergießt und durch diesen mit dem Pailon in Verbindung steht) eine völlige kleine Negerrepublik. Sie hatten dort einen schwarzen Alcalden und schwarze Beamte und nur ein einziger weißer Händler, ein Italiener, lebte zwischen ihnen.
So war es an der ganzen Westküste aufwärts, während auch im Süden die Ufer des Guajaquilstroms meistens von Schwarzen besetzt und bebaut waren, die dort Platanare- und Cacaopflanzungen angelegt hatten, während die Weißen den Handel zwischen ihnen vermittelten.
Anders stellte sich das Verhältniß in Peru, wo es kein niederes sumpfiges Land giebt, das ihnen, wie in den nördlicheren Staaten, allein überlassen blieb. Dort halten sich die Schwarzen in der Nähe von Lima, oder selbst in der Stadt auf – eben nicht zum Nutzen der öffentlichen Sicherheit – und es giebt kaum ein frecheres, vorlauteres Volk in der weiten Welt, als diese freigesprochenen Neger Perus. Ganze Vorstädte bevölkern sie dort, und während die Regierung die jungen Leute meist unter die Soldaten steckte, sind doch noch genug übrig geblieben, um die Straßen unsicher zu machen. Nicht mit Unrecht legte man nämlich den Schwarzen einen großen Theil jener Straßenräubereien zur Last, die in der unmittelbaren Nähe Limas verübt wurden und ihren Höhepunkt erreichten, als die Todesstrafe aufgehoben wurde. Die Gefängnisse waren nämlich so beengt, daß man die Verbrecher gar nicht alle darin unterbringen konnte, und es ist wohl nicht blos eine Fabel, wenn die Peruaner behaupten, daß man damals, wenn die Zellen gefüllt waren und neue Sträflinge eingeliefert wurden, die hinausließ, die am längsten gesessen hatten. Erst als Präsident Castilla im Jahre 1860 die Todesstrafe nothgedrungen wieder einführte und zugleich ein riesiges Zellengefängniß mit furchtbaren Behältern im Bau begann, nahmen die Verbrechen etwas ab, wenn sie auch nicht ganz aufhörten.
Und tragen die Schwarzen allein an diesen Verbrechen die Schuld? Ich glaube kaum. Befreite Sclaven nur waren es, die das gewonnene Gut, ihre Freiheit, misbrauchten, weil sie nie gelernt hatten es zu schätzen, und wahr ist das Wort:
Vor dem Sclaven, wenn er die Kette bricht – Vor dem freien Menschen erzittere nicht.
Wir dürfen uns deshalb auch nicht wundern, wenn wir noch von manchem Misbrauch hören sollten, den die Neger in Nordamerika von ihrer Freiheit machen. Es ist leicht, aus einem Sclaven einen freien Menschen, aber entsetzlich schwer, aus einer rohen arbeitenden Kraft plötzlich und mit einem Schlag einen civilisirten und vernunftbegabten Staatsbürger zu machen.
Unverhältnißmäßig wenig Neger giebt es, zum großen Glück für die dortige Bevölkerung, in Australien, was aber nur zufälligen Umständen zu verdanken ist.
In Nordamerika waren die kriegerischen Eingeborenen nicht zur Arbeit zu zwingen, und zogen sich, durch ihr Terrain begünstigt, weiter und weiter in ihre Wälder zurück; ebenso in Brasilien. In den übrigen spanischen Colonien, wo jene Piraten, die auf ihren verschiedenen Raubzügen die Länder nach und nach entdeckten, von fanatischen Priestern angestachelt, Millionen unschuldige Menschen unter dem Vorgeben erschlugen, ihre Seelen zu retten, rotteten sie die Bevölkerung aus. In allen diesen Ländern mußte der Sclavenhandel die fehlenden Arbeiter ersetzen. Nicht so in Australien, das von England aus nur als Verbrechercolonie in Besitz genommen, und durch hinübergesandte Sträflinge zuerst colonisirt wurde. Dort brauchte man keine Sclaven, denn die Kettengänge der verurtheilten Verbrecher verrichteten so lange die Arbeit, bis freiwillige Einwanderer, durch den Reichthum des Landes angelockt, ihre Plätze einnahmen. So kommt es denn, daß sich dort nur sehr wenig Neger aufhalten, und es sind das fast nur einzelne, von Schiffen entlaufene Matrosen. Ja selbst diese hielten sich in den Städten auf und mieden, nach einigen verunglückten Versuchen, das innere Land, wo sie bald fanden, daß selbst ihr Aufenthalt dort mit Lebensgefahr für sie verknüpft sei, da ihnen die Australischen Schwarzen erbittert nachstellten.
Merkwürdig ist der Haß der Mulatten und Quadronen gegen die Neger, deren Stamm sie doch entsprossen. Wie der Wolf keinen grimmigeren Feind in der Welt hat, als den Wolfshund, wie der Renegat kein Volk so hart bedrückt, als seinen eigenen Stamm, so haßt der Mulatte selbst den Weißen, der ihn unter die Füße tritt, nicht so bitter, wie seine eigene schwarze Verwandtschaft, und die grausamsten und unerbittlichsten Sclavenaufseher oder nigger-driver der ganzen Welt sind überall die Mulatten selber.
Besonders hat sich das auch in dem Befreiungskrieg von Haiti gezeigt, wo die Mulatten die entsetzlichsten Grausamkeiten gegen die eigentlichen Neger begingen, und wieder ihrerseits von diesen auf das Bitterste verfolgt und, wo es anging, vernichtet wurden.
Der Charakter der Negerrace ist im ganzen gutmüthig, denn bei nur einigermaßen freundlicher Behandlung sind sie leicht bei guter Laune und willig zu jeder Arbeit zu erhalten. Viel religiöser Sinn liegt nicht in ihnen, wo sie sich aber einmal in diese Richtung werfen, da werden sie auch leicht fanatisch, besonders die Frauen, und neigen dann meist zu den Secten, deren Religionsübungen in den lautesten Ausbrüchen stattfinden, wie z. B. die Methodisten in Amerika. Diese haben in der That die meisten Anhänger unter den Schwarzen, und einer solchen Andacht beizuwohnen, wenn der »Geist« über die Betenden kommt und sie zu rasen anfangen, wenn sie stampfen, springen, schreien und ihre eigene scharfe Ausdünstung dabei den geschlossenen Raum erfüllt, ist das Haarsträubendste, was man sich auf der Welt denken kann.
Dabei lieben sie Putz und helle Farben. Die Frauen besonders kleiden sich am liebsten in Weiß und Hellgelb und es steckt wirklich etwas vom Affen in ihrer Natur, wenn man sieht, wie gewissenhaft der freie Schwarze die Moden der Weißen nachahmt, und wie komisch er sich darin bewegt.
Nehmen wir ein Bild aus der Zeit vor Aufhebung der Sclaverei, Ein alter, würdiger gelbbrauner Gentleman mit vollkommen weißwolligem Haar, der in seiner Jugend vielleicht auf irgend einer südstaatlichen Pflanzung Baumwolle pflückte, später als Steward auf einem Dampfboot mit furchtbar gescheiteltem Haar eine Serviette unter dem Arme herumtrug, um sich im reiferen Mannesalter hinter den gestreiften Barbierpfahl der schönen Kunst zurückzuziehen, hat sich endlich zur Ruhe gesetzt und ordentlich rührend ist die steife Ehrbarkeit, mit der er jetzt seinen schwarzen Frack, weiße Hosen, ein großes, schneeweißes Jabot, riesige Vatermörder und eine vergoldete Dose trägt.
Dort kommen zwei schwarze Damen Broadway herunter. Es ist Sonntag Nachmittag, die eine Dicke – mit einer Statur, mit der sie auf jeder deutschen Messe als »Kolossdame« ihr Glück machen könnte, – ist in ein weißes, ausgeschnittenes Mousselinkleid gehüllt, das ihre Reize mehr verräth, als verbirgt – Sie trägt dabei eine goldene Kette, riesige Ohrringe, Broche, Gürtelschnalle, Armbänder, Ringe, kurz einen wahren Juwelierladen von Offenbacher Arbeit, einen weißen Seidenhut mit sämmtlichen Landesfarben der Welt, und einen orangegelben chinesischen Shawl. Die junge Dame aber, die sie bei sich hat, ein junges Ding von noch kaum siebenzehn Jahren, voll und schlank gebaut, nur von Rabenschwärze und mit etwas zu sehr aufgeworfenen Lippen, aber prachtvollen Zähnen und ein paar wahren Gluthaugen, geht ebenfalls weiß gekleidet und noch dazu höchst kokett mit weißen Rosen in dem wulstigen Wollhaar, das in unzählige kleine Zöpfe geflochten ist.
Ihnen begegnet ein junger Stutzer – ebenfalls »couleurt.« Er war Steward in einem der ersten Hôtels Philadelphias und ist jetzt nach New-York gekommen, um hier ein »Engagement« zu suchen. Er geht à quatre épingles gekleidet, ordentlich carrikirt modern, mit hellblauer, kaum fingerbreiter Cravatte, veilchenblauen Glacéhandschuhen, Glanzstiefeln, großcarrirten, sehr engen Pantalons, hellblauem Frack mit gelben Knöpfen, weißer, gestickter Weste, Tuchnadel, Hemdknöpfen, Uhrkette und Berloques, kurz mit Schmuck behangen, wie ihn bei uns nur ein jüdischer Weinreisender trägt. Ein kleines Rohrstöckchen mit Elfenbeingriff, ein gekrümmtes Knie vorstellend, hält er an die dicken Lippen und betrachtet musternd die ihm Begegnenden. Da fällt sein Blick auf das ungleiche Paar.
»By Golly!« ruft er entzückt aus, »Missus Nelson and the lovely blossom Miss Sarah Mary!« (Madame Nelson und die liebliche Blüthe Fräulein Sarah Mary.)
»Oh, Looord a Massy,« sagte die alte würdige Dame mit einem tiefen Grundbaß, indem sie erstaunt mitten im Weg stehen bleibt und beide Hände – von denen die eine den Sonnenschirm, die andere den »Strickbeutel« hält, erstaunt emporhebt, »Mr. Brown in New-York.« Die junge Dame lächelt verschämt und zeigt zwei Reihen wundervoller Zähne und ein paar verführerische Grübchen in den Backen. Mr. Brown ist ganz befangen von der aufgeblühten Knospe, die er seit Jahren nicht gesehen. Er behält den Hut in der Hand.
»Bitte, bedecken Sie sich, Mr. Brown,« sagte die Dame, »Gemmen always do.« (Die Herren thuen das immer.)
Mr. Brown gehorcht, aber noch immer wie in einem Traum. Dabei vergißt er die für Einen seiner Race stets nöthige Aufmerksamkeit in der Straße.
Ein junger Patricier kommt des Weges; er ist elegant, aber nachlässig gekleidet, sein Gesicht sieht verlebt und unzufrieden aus. Er scheint nicht besonders guter Laune; seine Stirn ist in Falten gezogen: plötzlich stößt er gegen den ent- und verzückten Mr. Brown aus Philadelphia an.
»Kannst Du nicht aus dem Weg gehen, verdammter Nigger!« und ein Faustschlag schleudert den Unglücklichen aus seinem Himmel und von dem Trottoir hinab, daß ihm der Hut vom Kopf und der Stock mit dem Elfenbeinknie aus der Hand fällt.
»Loooord a Massy!« haucht die alte würdige Dame wieder in tiefer Entrüstung, aber mit nur halblauter Stimme, und der unglückliche Mr. Brown wagt gar keine Entgegnung und hebt nur bestürzt seine Habseligkeiten wieder auf. Er weiß recht gut, daß alle Weißen in Sicht bei der geringsten Widersetzlichkeit über ihn herfallen und ihn mit Händen und Füßen mißhandeln würden. Klagen? bei wem?
»No dammage done« (kein Schaden verursacht), lacht ein Irländer, der gerade sehr vergnügt mit seiner »dray« oder seinem Karren vorüberfährt.
Es waren das tägliche Scenen in New-York und sind es vielleicht noch, denn das Volk, was auch die Regierung für Gesetze erläßt, wird sich schwer daran gewöhnen können, dem »Nigger« eine Gleichberechtigung mit sich selber zuzugestehen.
Dadurch bleiben sie auf sich selber angewiesen – eine verachtete Classe in einer ihnen fremden Welt, selbst wenn sie sich, wie das gar nicht etwa selten geschieht, zu Wohlstand und selbst Reichthum hinaufarbeiten.
So besuchte ich einst das Haus eines alten, sehr reichen Mulatten, der am False River in Louisiana eine große Plantage und selbst viele Sclaven hatte. Ich wollte einen von diesen von ihm miethen und wurde von der chamber maid oder dem »Kammermädchen«, das mir die Thüre öffnete, in das untere, hohe und luftige »Parlour« gewiesen.
Welch ein Unterschied: die Stammesgenossen des alten Herrn wohnten da draußen in kleinen, dürftigen Negerhütten, ihre Kleidung war ein weißbaumwollener Kittel, ihre Nahrung die gewöhnliche Negerkost: Speck und Syrup – und hier?