Kitabı oku: «Das Dekameron», sayfa 6

Yazı tipi:

ACHTE NOVELLE

Gugliermo Borsiere beschämt mit einem Scherzwort den geizigen Herrn Ermino de Grimaldi.

Die Schlagfertigkeit des Bergamino fand viel Lob. Neben Filostrato saß Lauretta, die es nun ihrerseits für ihre Pflicht hielt, etwas zu erzählen. Ohne auf eine Aufforderung zu warten, hub sie mit sanfter Stimme also an:

Die eben gehörte Geschichte gibt mir erwünschten Anlass, liebe Gespielinnen, davon zu berichten, wie einst ein Herr vom Hofe auf ähnliche Weise und nicht umsonst den Geiz eines schwerreichen Kaufmannes an den Pranger stellte. Lasst euch meine Geschichte aber darum nicht weniger lieb sein, weil sie mit der vorigen den Ausgang fast gemein hat. Sie nimmt ein gutes Ende. Und: Ende gut, alles gut.

Es war einmal vor langer Zeit in Genua ein angesehener Mann namens Messer Ermino de Grimaldi, der nach jedermanns Meinung an ausgedehnten Besitzungen und barem Vermögen, an unermesslichem Reichtum die begütertsten Bürger, die damals in Italien lebten, bei Weitem übertraf. Allein, so wie er es jedermann an Reichtum zuvortat, so übertraf er auch an Geiz den ärgsten Filz der Welt in höchstem Maße, sodass er nicht nur seine Börse nie zog, um anderen etwas zukommen zu lassen, sondern dass er auch sich selbst die notwendigsten Bedürfnisse versagte. Wider die Gewohnheit der Genueser, die sich gerne prächtig kleiden, mangelte es ihm nicht nur an anständiger Kleidung, sondern er darbte sich‘s auch ab am Essen und Trinken, um nur sein Geld nicht auszugeben. Deswegen nannte man ihn auch nicht mehr bei seinem Familiennamen Grimaldi, sondern er hieß allenthalben nur Messer Ermino Geizkragen.

Indem nun dieser nichts tat als geizen und Reichtümer anhäufen, kam einst ein angesehener Hofmann von feinen Sitten und Reden namens Guglielmo Borsiere, der in keinem Stücke unseren heutigen Höflingen glich, die trotz ihres verderbten und schändlichen Benehmens sich Herren und Edelleute nennen und doch lieber Esel heißen sollten, weil sie eher im Schlamme der Laster und Niederträchtigkeiten des gemeinsten Pöbels als am Hofe scheinen erzogen zu sein. Zu jenen Zeiten bestand das Geschäft und das Bestreben der Hofleute darin, dass sie Frieden machten da, wo Krieg und Streit zwischen Edelleuten entstanden war, oder Heiraten, Verwandtschaften und Freundschaften stifteten, mit unterhaltenden Scherzen und angenehmen Reden das Gemüt der Niedergeschlagenen erheiterten und den Hof vergnügten und mit ernstlichen Strafreden auf väterliche Art die Fehler und Laster der Bösen und Bösartigen tadelten – und das alles, ohne großen Lohn dafür zu erwarten. Heutigen Tages sieht man sie ihre Zeit damit zubringen, dass sie einer hinter dem Rücken des andern Übles reden, Zwietracht ausstreuen, lasterhafte und gottlose Reden führen und, was noch schlimmer ist, gottlose Handlungen vor jedermanns Augen begehen und sich dann einander alle ihre Bosheiten und Schandtaten, wahr oder unwahr, öffentlich vorwerfen, und gute Menschen durch allerlei falsche Vorspiegelungen zu niederträchtigen und schändlichen Schritten verführen. Derjenige wird am liebsten gehalten und von den verderbten Großen am meisten geehrt und durch die größten Belohnungen emporgehoben, der die unflätigsten Reden führt und die verworfensten Handlungen begeht: zur großen Schande und Vorwurf für die jetzige Welt und zum offenbaren Beweise, dass die Tugenden von uns gegangen sind und das elende Menschengeschlecht im Schlamm der Laster versinkt.

Doch damit ich den Faden wieder aufnehme, von dem ich mich, durch gerechten Unwillen bewogen, weiter entfernt hatte, als ich wollte, so muss ich bemerken, dass dieser Guglielmo, den ich vorher nannte, von allen Edelleuten in Genua geehrt und gerne gesehen ward. Nachdem er einige Zeit in Genua gewesen war und vieles von dem Geiz und der Filzigkeit des Ermino gehört hatte, ward er neugierig, ihn kennenzulernen. Messer Ermino hatte schon gehört, dass Guglielmo Borsiere ein trefflicher Mann sei, und da er bei all seinem Geize doch auch ein Fünkchen von guter Aufführung besaß, so empfing er ihn mit sehr freundlichen Worten und mit vergnügter Miene, ließ sich in verschiedene Gespräche mit ihm ein und führte während der Unterredung ihn und einige Genueser, die mit ihm gekommen waren, in ein schönes, neues Haus, das er hatte bauen lassen. Wie er ihm alles darin gezeigt hatte, sprach er zu ihm: „Messer Guglielmo, Ihr habt doch vieles gesehen und gehört, könnt Ihr mir nicht etwas angeben, das man noch nie gesehen hat, damit ich es hier in meinem Hause könnte malen lassen?“

Guglielmo antwortete ihm auf sein wunderliches Ansinnen: „Herr, ich glaube nicht, dass ich Euch etwas nennen könnte, das man noch nie gesehen hat, es wäre denn das Niesen oder etwas Ähnliches. Allein ich wollte Euch wohl etwas nennen, das Ihr selbst (wenigstens wie ich glaube) nie gesehen habt.“ „Und was wäre denn das?“ fragte Ermino.

„Lasst die Freigebigkeit malen“, antwortete ihm Guglielmo.

Von diesen Worten fühlte sich Messer Ermino derart beschämt, dass er auf der Stelle seine Gesinnung wechselte und erwiderte: „Herr Guglielmo, ich will sie dergestalt malen lassen, dass weder Ihr noch ein anderer mir jemals wieder mit Recht den Vorwurf machen soll, ich hätte sie nie gesehen noch gekannt.“ Und von dem Tage an wirkten die Worte des Guglielmo so stark auf ihn, dass er der freigebigste und umgänglichste Mann von der Welt ward und Fremde und Einheimische mit mehr Gastfreiheit aufnahm als irgendein anderer Genueser.

NEUNTE NOVELLE

Der König von Zypern wird von einer Gascognerin gehänselt und aus einem tatenlosen ein tätiger Mann.

Elisa hatte als Letzte noch den Befehl der Königin zu gewärtigen. Sie kam ihm mit Munterkeit zuvor und begann:

Liebe Mädchen, oft schon sah man, dass ein leicht ausgesprochenes Wort, eine unabsichtliche Belehrung mehr wirkte als unaufhörliche Ermahnungen und gar Strafen. Dies erhellt deutlich genug aus Laurettas Erzählung, und ich will es durch eine ganz kurze Geschichte ergänzend bestätigen. Eine gute Anekdote wird nicht ohne Nutzen angehört und verdient die gespannteste Aufmerksamkeit der Zuhörer, der Erzähler mag sein, wer er wolle. Vernehmt also:

Zu den Zeiten des ersten Königs von Zypern, nachdem Gottfried von Bouillon das gelobte Land eingenommen hatte, wallfahrte eine adelige Frau aus der Gascogne einst zum Heiligen Grabe. Auf ihrer Rückreise, wie sie in Zypern ankam, wurde sie von einigen ruchlosen Burschen schändlich misshandelt. Ihr Schmerz darüber war ohne Grenzen, und sie wollte den König um Rache anflehen. Allein man sagte ihr, sie würde sich verlorene Mühe geben, denn der König wäre ein so schlaffer und untätiger Herr, dass er nicht nur den Beschwerden anderer Leute nicht abhelfe, sondern dass er nicht einmal die ihm selbst oft mit vieler Unverschämtheit zugefügte Schmach zu ahnden suche, weshalb denn ein jeder, dem ein schweres Unrecht zugefügt würde, seinen Unmut an ihm durch irgendeinen Spott oder Schimpf ausließe. Die Dame, die dieses hörte und alle Hoffnung aufgab, Genugtuung zu erlangen, nahm sich demnach vor, um ihren hitzigen Zorn einigermaßen zu kühlen, dem Könige seine Erbärmlichkeit vorzuwerfen. Sie trat vor ihn mit Tränen in den Augen und sagte: „Gnädiger Herr, ich komme nicht zu Euch, um Rache zu fordern für die Schmach, die man mir zugefügt hat, sondern ich will Euch nur um die Gnade bitten, dass Ihr mich lehrt, wie Ihr die vielfältigen Beleidigungen geduldig ertragt, die man (wie ich höre) Euch täglich zufügt, damit ich lerne, die meinigen auch geduldig zu tragen, welche ich Euch – bei Gott! – gern überlassen möchte, wenn ich nur könnte, weil Ihr ein so gutmütiger, göttlicher Dulder seid.“

Der König, der bis dahin lässig und träge gewesen war, schien wie aus einem Traum zu erwachen. Er fing sein neues Leben damit an, dass er die Dame für die ihr zugefügte Beleidigung aufs Strengste rächte und hernach aufs Schärfste einen jeden strafte, der sich unterfing, gegen die Ehre seiner Krone etwas zu unternehmen.

ZEHNTE NOVELLE

Doktor Alberto in Bologna beschämt auf feine Art eine Dame, die ihn wegen seiner Liebe zu ihr beschämen wollte.

Nach Elisa traf die letzte Pflicht des Erzählens die Königin selbst, die mit weiblicher Würde sich folgendermaßen vernehmen ließ: Liebenswürdige Mädchen! Wie an einem heiteren Abende die Sterne den Himmel, wie im Frühling tausendfarbige Blumen die grünen Matten zieren, so sind muntere Scherze die Zierde löblicher Sitten und anmutiger Gespräche, und ihrer Kürze wegen stehen sie den Frauen besser an als den Männern. Die Frauen müssen, wenn es möglich ist, sich des langen und weitläufigen Redens mehr enthalten als die Männer. Aber freilich gibt es heutigen Tages wenige oder gar keine Frauen mehr, die sich auf feine Scherze verstehen, oder, wenn sie sie verstehen, sie gehörig zu erwidern wissen. Und das ist eine Schande für uns und für alle Frauen, die jetzt leben. Denn die Vorzüge, die den Geist unserer Vorgängerinnen schmückten, haben die heutigen Frauen in äußerlichen Schmuck des Leibes umgesetzt, und die, deren Kleider am besten geblümt oder gestreift, oder mit Flittern und Fransen besetzt sind, glauben vornehmer und besser zu sein als die anderen, und bedenken nicht, dass ein Esel, dem man sie anzöge oder aufpackte, ihrer weit mehr tragen könnte als irgendeine von ihnen, und würde darum doch nichts besser als ein Esel. Ich schäme mich, dieses zu gestehen, denn wenn ich das von anderen sage, darf ich mich selbst nicht ausnehmen. Diese geputzten, bemalten, bunten Puppen stehen entweder da wie Bildsäulen von Marmor, fühllos und stumm, oder wenn man sie fragt, so antworten sie auf solche Weise, dass sie besser getan hätten zu schweigen, und dann bilden sie sich ein, es sei ein Zeichen der Unschuld, dass sie weder mit Frauen noch mit vernünftigen Männern reden können. Diese ihre Unbeholfenheit nennen sie Ehrbarkeit. Als wenn es sonst keine ehrbaren Weiber gäbe, als die sich bloß mit ihrer Magd, Wäscherin oder Bäckerfrau zu unterhalten wissen. Wenn das die Natur gewollt hätte (wie sie sich einbilden), so würde sie ihrer Geschwätzigkeit schon andere Grenzen gesetzt haben. Es ist inzwischen wahr, dass man in diesem Stücke sowohl als in anderen Dingen Zeit und Ort beobachten und zusehen muss, mit wem man rede. Denn sonst kann es sich leicht zutragen, dass eine Frau oder ein Mann, indem sie meinen, mit einem scharfsinnigen Wort einen anderen in die Enge zu treiben, sich selbst eine Beschämung zuziehen, weil sie entweder ihre eigenen Kräfte oder die Kräfte ihres Gegners nicht gehörig berechnen. Damit ihr nun lernet, euch davor in Acht zu nehmen, und damit man nicht auf euch das Sprichwort anwenden möge, das man so oft hört, dass die Weiber in allen Dingen den Kürzeren ziehen, so soll euch die letzte heutige Geschichte, die mir zu erzählen obliegt, darüber belehren, damit ihr euch über die anderen, so wie ihr durch die Vorzüge eures Geistes euch vor ihnen auszeichnet, auch durch den Adel eurer Sitte erheben mögt.

Es sind noch nicht viele Jahre verflossen, dass in Bologna ein vortrefflicher und fast überall berühmter Arzt lebte – und vielleicht lebt er heute noch –, der Meister Alberto hieß, dessen Geist in einem Alter von fast siebzig Jahren noch so lebhaft war, dass er nicht vermeiden konnte, für die Flamme der Liebe noch empfänglich zu sein, obwohl seinen Leib bereits die natürliche Wärme fast gänzlich verlassen hatte. Einst erblickte er bei einem Gastmahl eine reizende Witwe, die, wie man sagt, Donna Margherita de Ghisolieri hieß und sein Greisenherz so sehr wie einen Jüngling in der Blüte seiner Jahre heiß entflammte, sodass er meinte, die Nacht nicht ruhig schlafen zu können, wenn er nicht am Tage das zarte und anmutige Gesicht der reizenden Frau gesehen hatte. Deswegen versäumte er nicht, bald zu Fuß, bald zu Pferde, wie es sich am besten fügte, vor ihrem Hause täglich vorbeizureiten oder zu gehen. Die Dame und ihre Nachbarinnen merkten bald die Ursache seiner Fensterpromenaden und hatten oft ihren Scherz darüber, dass ein an Jahren und Verstand so reifer Mann sich noch närrisch verliebt hätte, als ob sie der Meinung wären, dass die süße Leidenschaft der Liebe nur in den törichten Seelen der Jünglinge und nirgends anders Platz finden und wohnen könne. Wie nun Meister Alberto seine Fensterpromenaden zu Fuß und zu Pferde fortsetzte, fügte es sich einst an einem Feiertage, dass die besagte Dame nebst vielen anderen vor ihrer Tür saß, wo sie den Arzt von Weitem kommen sahen und sich daher sämtlich beredeten, ihn hereinzurufen und zu bewirten und ihn hernach mit seiner Liebe aufzuziehen. Sie standen demnach auf, baten ihn herein und führten ihn in einen kühlen Saal, wo sie ihn mit Konfekt und köstlichen Weinen bewirteten und ihn hernach mit feinen und artigen Worten aufzogen, ja ihn geradeheraus fragten, wie es komme, dass er sich in eine so schöne Dame verliebt hätte, von der er doch wüsste, dass viele charmante, junge Herren sich um sie bewürben. Doktor Alberto fühlte ihre feinen Stachelreden und machte gute Miene zum bösen Spiel: „Madonna, dass ich Euch liebe, darüber wird sich kein Vernünftiger wundern, weil Ihr es verdient. Wenn nun zwar den alten Männern natürlicherweise die Kräfte fehlen, die zur Ausübung der Liebe erforderlich sind, so fehlt es ihnen doch weder an gutem Willen, noch an der Erkenntnis dessen, was wirklich liebenswürdig ist; vielmehr sind sie desto bessere Kenner, je mehr Erfahrung sie vor den Jünglingen voraus haben. Nun will ich Euch auch sagen, warum ich alter Mann mir noch Hoffnung mache, obgleich Ihr von vielen Jünglingen geliebt werdet. Ich habe oft gesehen, dass die Frauenzimmer zur Vesper Lupinen und Lauch aßen, und obwohl der Lauch überhaupt kein gutes Essen ist, so ist doch sein Kopf am wenigsten widerwärtig und noch am ehesten genießbar; allein von einem verkehrten Geschmack angetrieben nehmt Ihr den Kopf in die Hand und esst nur die Blätter, die nicht allein zu nichts taugen, sondern auch übel schmecken. Was weiß ich‘s, Madonna, ob Sie mit Ihren Liebhabern nicht ähnlich verfahren? Wenn Sie so verführen, würden Sie mich zum Galan erwählen und die anderen von sich weisen.“

Die Dame und ihre Freundinnen schämten sich ein wenig; schließlich gab sie ihm zur Antwort: „Lieber Doktor, Sie haben uns sehr treffend, aber höflich unsern unpassenden Scherz verwiesen. Ihre Liebe soll mir als die Liebe eines weisen, ehrenwerten Mannes immer wert sein. Deswegen können Sie, sofern Sie Rücksicht auf meinen guten Ruf nehmen, wie über Ihr Eigentum frei über mich gebieten.“ Der Doktor und seine Begleiter standen auf, er bedankte sich bei der Dame und nahm fröhlich und vergnügt von ihr Abschied.

So ward die Dame, weil sie sich nicht vorsah, mit wem sie scherzte, besiegt, indem sie zu siegen meinte. Liebe Mädchen, wenn ihr gescheit seid, hütet ihr euch, Pfeile der Bosheit abzusenden, die ihre Spitzen gegen euch kehren könnten.

Die Sonne neigte sich schon zum Untergange, und die Hitze hatte sich ziemlich gelegt, als die Erzählungen der jungen Damen und der drei Kavaliere zu Ende waren. Darum sagte die Königin voller Anmut: „Jetzt, meine lieben Gespielinnen, bleibt mir als Regentin für den heutigen Tag nichts mehr übrig, als euch eine neue Königin zu geben, die nach ihrem Belieben für den morgigen Tag alles so anordnet, dass sie und wir alle uns wieder auf eine geziemende Weise vergnügen; und obwohl uns, wie es scheint, bis zum Schlafengehen noch ziemlich viel Zeit bleibt, so denke ich doch, wer sich nicht mit Muße vorbereitet, der kann nicht alles mit Bequemlichkeit für den folgenden Tag beschicken; damit nun alles, was die neue Königin für den morgigen Tag für nötig erachtet, zu rechter Zeit angeschafft werden könne, so sollten wir (deucht mich) in der Folge beständig um diese Zeit unsere neue Tagesordnung anfangen. Demnach soll zur Ehre dessen, durch den alles lebt, was ist, und zu unserem gemeinschaftlichen Besten die verständige Filomena am kommenden zweiten Tage als unsere Königin das Regiment führen.“

Mit diesen Worten stand sie auf, nahm den Lorbeerkranz von ihrem Kopfe und setzte ihn Filomenen mit Ehrerbietung auf, indem sie zuerst, und hernach alle übrigen Mädchen und Jünglinge, sie als Königin begrüßten und sich ihrer Herrschaft fröhlich unterwarfen. Filomena errötete anfänglich ein wenig über ihre königliche Bekrönung, erinnerte sich aber an die Worte, die Pampinea erst kürzlich geredet hatte, und um nicht einfältig zu erscheinen, fasste sie sich wieder, bestätigte zuerst jedermann in den Ämtern, die ihnen Pampinea angewiesen hatte, verordnete demnächst alles, was zum morgigen Mittag- und Abendessen an demselben Orte, wo sie sich befanden, zugerichtet werden sollte und hielt alsdann folgende Anrede:

„Liebste Gespielinnen, obwohl Pampinea mich zu eurer Königin ernannt hat, mehr aus Artigkeit, als wegen meiner Verdienste, so bin ich nicht willens, in der Wahl unseres Zeitvertreibs bloß meinem eigenen Urteil zu folgen, sondern mich mit euch allen zu beraten. Und damit ihr meine Meinung wisset und nach eurem Belieben das Eurige hinzusetzen oder verändern könnt, so will ich euch in wenigen Worten meinen Entwurf mitteilen: Wenn ich von Pampineas heutigen Einrichtungen recht urteile, so habe ich sie in allen Stücken löblich und angenehm gefunden, und deswegen wünsche ich auch nichts daran zu ändern, solange ihre Fortsetzung uns nicht durch die lange Dauer, oder sonst aus einem anderen Grunde, Langeweile macht. Sobald wir demnach alles Angefangene völlig angeordnet haben, wollen wir uns auf eine kurze Zeit von hier entfernen, um uns die Zeit zu verkürzen, und gegen Sonnenuntergang essen wir hier zu Nacht. Wenn wir nach der Tafel einige Lieder gesungen und uns sonst belustigt haben, wird es Zeit sein, schlafen zu gehen. Morgen stehen wir dann zeitig auf und wählen uns einen Ort, wo wir uns, ein jeder nach seinem Belieben, ergötzen können. Um die gewöhnliche Stunde kehren wir, wie heute, zurück zum Mittagessen; nach dem Tanz und der Mittagsruhe versammeln wir uns hier wieder zum Erzählen, das meiner Meinung nach das meiste Vergnügen und zugleich Nutzen gewährt. Eine Einrichtung wünsche ich noch dabei zu machen, an die Pampinea nicht Zeit hatte zu denken, weil sie erst spät zur Regierung erwählt ward, nämlich unseren Erzählungen einen gewissen Zweck zu geben und euch ihr Thema vorher aufzugeben, damit ein jeder sich anschicken könne, eine dem Gegenstande angemessene hübsche Geschichte zu erzählen. Da nun die Menschen von Anbeginn der Welt her mancherlei Glückswechseln unterworfen gewesen sind und bis ans Ende der Welt unterworfen sein werden, so soll morgen ein jeder eine Geschichte von solchen Personen erzählen, die von mancherlei Unglücksfällen angefochten worden und wider alle Hoffnung glücklich durchgekommen sind.“ Die Damen und Herren bezeigten ihre Zufriedenheit mit dieser Einrichtung und versprachen, ihr Folge zu leisten. Dioneo allein sagte, wie alle anderen bereits schwiegen: „Madonna, ich finde so wie alle Übrigen die Einrichtung ganz gut und angenehm, die Ihr getroffen habt; allein ich muss Euch bitten, mir aus besonderer Gefälligkeit eine Erlaubnis zu geben, die sich auf die ganze Zeit unserer gesellschaftlichen Vereinigung erstreckt, nämlich, dass ich dem Gesetze nicht mit unterworfen sei, mich an den aufgegebenen Gegenstand zu binden, wenn es mir nicht selbst gefällt, sondern zu erzählen, was ich will. Und damit niemand glaube, dass ich um diese Nachsicht bitte, weil es mir etwa an Geschichten gebräche, so bin ich zufrieden, künftig immer der Letzte im Erzählen zu sein.“

Die Königin, welche ihn als einen munteren und aufgeweckten Kopf kannte, sah wohl ein, dass er diese Bitte aus keiner anderen Ursache vorbrachte, als um die Gesellschaft, wenn sie der Einförmigkeit der Erzählungen etwa müde würde, durch eine lustige Geschichte aufzuheitern, und gab ihm gern, mit Bewilligung der anderen, die erbetene Erlaubnis. Hierauf wandelten die Mädchen mit langsamen Schritten durch ein schattiges Tal zwischen schroffen Felsen und blumigen Matten zu einem kristallhellen Bache, der sich von einem Hügel herabstürzte. Hier plätscherten sie mit entblößten Armen und Füßen im Wasser und schäkerten miteinander auf mancherlei Art. Als die Abendstunde kam, kehrten sie nach dem Palaste zurück und hielten mit Vergnügen ihre Abendmahlzeit. Wie nach dem Essen die Instrumente gebracht wurden, befahl die Königin Lauretta, einen Tanz anzuführen, und Emilia, ein Lied, von Dioneo mit der Laute begleitet, dazu zu singen. Lauretta begann augenblicklich den Tanz anzuführen, zu welchem Emilia mit innigem Ausdruck folgendes Lied sang:

So sehr kann meine Schönheit mich entzücken,

dass keine and‘re Liebe

imstande ist, mich jemals zu beglücken.

Ich find in ihr, sooft ich mich betrachte,

für meinen Geist den Grund im höchsten Glücke.

Nichts Neues reizt mich, dass ich‘s höher achte;

kein Bild der Vorzeit denk‘ ich mir zurücke,

das diesen Eindruck bei mir schwächer machte.

Und welche neue Liebe

vermöcht‘ es denn, mich jemals zu beglücken?

Sie flieht mich nie, sooft ich auch begehre,

durch ihren Anblick mein Gemüt zu laben,

und welche Freude sie mir auch gewähre,

das zu beschreiben, kann nicht Worte haben,

kann nicht empfinden, was er selbst entbehre,

wen nicht (wie mich) die Liebe

zu seinem eig‘nen Bilde kann beglücken.

Und ich, die ich mich stündlich mehr entzünde,

je mehr ich auf mein Bild die Blicke hefte,

ich gebe mich ihm gänzlich hin und finde

auf dieser Welt kein seliger Geschäfte,

weil ich das Vorgefühl damit verbinde,

es werd‘ einst dieser Liebe

mit nie empfund‘ner Wonne mich beglücken.

Als dies Tanzlied geendigt war, in das alle mit vieler Fröhlichkeit eingestimmt hatten, obwohl die Worte des Liedes manchen Anlass zum Nachdenken gaben, wurden noch einige Reihen getanzt, und wie bereits ein Teil der kurzen Nacht vergangen war, gefiel es der Königin, den ersten Tag zu beschließen. Sie ließ demnach die Fakkeln anzünden und empfahl einem jeden, sich bis zum folgenden Morgen zur Ruhe zu begeben. Dies geschah, wie sie wünschte, und jeder ging in sein Zimmer.

Es schließt der erste Tag des Dekameron.

₺477,06

Türler ve etiketler

Yaş sınırı:
18+
Hacim:
1061 s. 3 illüstrasyon
ISBN:
9783843804066
Yayıncı:
Telif hakkı:
Bookwire
İndirme biçimi:
Metin, ses formatı mevcut
Ortalama puan 5, 1 oylamaya göre
Metin
Ortalama puan 0, 0 oylamaya göre
Metin
Ortalama puan 0, 0 oylamaya göre
Metin
Ortalama puan 0, 0 oylamaya göre
Metin
Ortalama puan 0, 0 oylamaya göre
Metin
Ortalama puan 0, 0 oylamaya göre
Metin
Ortalama puan 0, 0 oylamaya göre