Kitabı oku: «Nash Bronson»
Greg Mosky
Nash Bronson
wounded in action
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Inhaltsverzeichnis
Titel
Freitag, 29. Juli, 1960, Prügel in die Dunkelheit
Freitag, 9.September, 1960, Boxtraining, die unbekannte Schönheit
Montag, 12. September 1960, Wissen ist Macht
Freitag, 16. September 1960, Boxtraining II und der Extrajob
Mittwoch, 11. Oktober 1961, Nash’s erster Boxkampf
Freitag, 13. Oktober, 1961, Der Abend der Beichten
Dienstag, 13. Februar 1962, Giuseppe’s Fahrerjob
Donnerstag, 15. Februar, 1968, Zugriff mit Folgen
Dienstag, 20. Februar 1968, Schmerzhaftes Erwachen
Nashs Lebenslauf
Freitag, 16. August, 1991, ein zuckersüßer Abend
Montag, 15. März, 1993, Morgenstund mit Dreck im Mund
Nashs Sprung
Impressum neobooks
Freitag, 29. Juli, 1960, Prügel in die Dunkelheit
“Sag einfach das du aufgibst Bengel, klopf ab!” “Einfach abklopfen und zugeben das du ein Verlierer bist!” schnaubte Giuseppe Marchetti, der Stiefvater von Nash und zog den Würgegriff um Nashs Hals enger. Nash hatte nur noch wenig Atemluft in seinen Lungen. Er spürte wie seine Augen langsam hervortraten. Sein Gesicht leuchtete feuerrot. Wie man seinen Opfern effektiv die Luft abdrückt, wusste Giuseppe aus seiner Tätigkeit als Mobster beim Syndikat. “Niemals!” zischte Nash durch die zusammengepressten Zähne mit seiner letzten Atemluft. “Na warte, du wirst aufgeben!” schrie Giuseppe, erstaunt über Nashs Zähigkeit. Er drückte seinen Arm noch fester um Nashs Hals. Nash wurde still. Im Innern hörte er seinen Puls wie Vorschlaghämmer donnern. Sein Atemreflex zuckte vergeblich. Einatmen war nicht mehr möglich. Sein Sehfeld verengte sich und bekam rote Ränder. Nash spürte seinen ganzen Körper schmerzen, bevor er sich entschloss einfach loszulassen. Es wurde schwarz. Leblos sackte der fünfzehnjährige Junge im Würgegriff des körperlich klar überlegenen Giuseppe zusammen.
“Was denn? Schlapp machen gibt es nicht Bursche!” schrie Giuseppe, während er den Griff von dem Jungen löste und ihn zu Boden sinken ließ. Schnaubend beugte sich Giuseppe über Nashs leblosen Körper. Schallend knallte seine flache rechte Hand auf Nashs Wange. Tief einatmend fuhr Nash mit weit aufgerissenen Augen hoch. “Elender Feigling!” presste er die ersten Worte heraus. “Was?” schrie Giuseppe. Gegen die Geschwindigkeit und die Wucht der heranrasenden Faust war Nash machtlos. Es blitzte in Nashs Kopf, dann wurde es erneut dunkel. Giuseppe hatte ihm mit einem mächtigen Faustschlag die Nase gebrochen und in die erneute Ohnmacht geschickt.
Kopfschmerzen, den eisenartigen Geschmack meines Blutes schmeckend werde ich wach. Taube Schmerzen ziehen durch mein Gesicht. Mein linkes Auge zugeschwollen. Zähne noch alle drin. Knochen scheinen heil zu sein.
Der Fernsehapparat im Wohnzimmer läuft. Langsam, meinen Schmerz unterdrückend ziehe ich mich am Küchentisch hoch. Leicht schwankend schleiche ich in Richtung Wohnzimmer. Konzentriert passiere ich die knarrenden Holzdielen ohne ein Geräusch. An der Flurkommode vorbei gehend greife ich wie fremdgesteuert mit ungeahnter Selbstverständlichkeit nach dem spitzen Brieföffner und umklammere ihn fest mit der rechten Hand. Augenblicke später stehe ich neben dem Schwein, das laut schnarchend im Fernsehsessel hängt. Meine vorbereitete Whiskyflasche steht halbvoll neben seinen Füßen. Für einen Moment ist alles in mir entschlossen. “Stich ihn ab diesen Möchtegernitaker ohne Ehre!” spricht meine innere Stimme zu mir. Mein Griff um den Brieföffner wird fester. Mit geübtem Schwung hole ich aus, starre mit bestimmtem Blick auf mein Ziel, die pochende Halsschlagader. In einem Moment der Klarheit schießt es mir durch den Kopf: “Mum!”. Mein zu allem bereiter Arm sinkt ab, die Schulter entspannt sich. “Heut noch nicht” flüstere ich leise. Mit einem Griff schnappe ich den Whiskey und schleiche aus der Wohnung. Ich laufe zu Ewan, heute Nacht würde ich bestimmt bei ihm unterkommen können. Auf dem Weg nehme ich ein paar große Schlucke von dem Whiskey. Hmm, feurig brennt er in meinem Rachen nach. Ich schwöre mir selbst, dass nie wieder jemand so etwas mit mir tun dürfte. Dafür wollte ich sorgen und es sollte schneller gehen, als ich es damals dachte.
Nash bekam die Prügel von Giuseppe, weil er ertappt wurde, wie er kostbaren Whiskey in eine Wasserflasche umfüllte. Die leere Whiskeyflasche aus Guiseppes Sammlung wollte Nash mit Schwarztee befüllen und neu versiegelt zurückstellen, ohne erwischt zu werden. Fehlanzeige.
Freitag, 9.September, 1960, Boxtraining, die unbekannte Schönheit
Nash kann wieder ohne Sonnenbrille in die Schule gehen. Die Prügel von Giuseppe ist sechs Wochen her, seine gebrochene Nase und das blaue Auge sind mittlerweile abgeheilt. Es ist September. Der Wunsch nach einem sportlichen Hobby, welches Nashs Selbstbewusstsein stärkt, ist noch immer voll da. Nie wieder wollte er wie vor sechs Wochen von Giuseppe verprügelt werden. Nash bekam über Ewen mit, dass es in Brooklyn ein Boxstudio gab, wo einige Jungs aus der Schule trainierten. Da Nash sich schon als Kleinkind gern prügelte und raufte, konnte er sich vorstellen diese Leidenschaft, endlich mal professionell zu betreiben. Um dem launischen Giuseppe am Freitagabend zu entgehen, während Nashs Mutter in der Nachtschicht der Wäscherei war, verabredete sich Nash mit Ewan zum Probetraining im Gleasons Gym. Von der Station Narrows Road, Ecke St. Johns Ave waren es mit S- und U-Bahn 90 Minuten bis zum Gleasons Gym, mit zweimaligen umsteigen. Ewan und Nash waren an diesem Freitag spät dran, da die Züge auch gegen Abend noch nicht pünktlich fuhren. Die Nachwehen einer betriebsamen New Yorker Rush Hour waren selbst jetzt noch zu spüren. Das Gym lag in einem städtischen Wohnhaus im irischen Bezirk The HUB, mit Laden im Erdgeschoss. Wenn man die Schriftzüge an der Hausfront übersah, konnte man das Gym spätestens im Flur riechen. Neben dem Eingang stand in einer Mamortafel geschrieben “Wer nur Mut und einen starken gesammelten Geist in der Brust hat, der möge vortreten, die Handschuhe anschnüren und die Hände heben.“ Wohliger Schauer überkam Nash, beim Lesen dieser Zeilen. Das Gleasons war eins der bekanntesten Sport- und Boxstudios von ganz New York. Ihr Gründer und Trainer Bobby Gleason nahm sich für die “Neuankömmlinge“ immer persönlich Zeit.
Vorerst waren Ewan und Nash 5 Minuten zu spät dran.
“Seid ihr die irischen Jungs von der Insel?“, (urspr. Staten Island) rief ein Mann im Trainingsanzug quer durchs Gym. “ÄH, ja, wie haben uns etwas verspätet. Soll nie wieder vorkommen, Sir. Die Bahn und Fährverb…“. “Hört auf zu entschuldigen! Ihr wisst es jetzt besser und könnt euch drauf einstellen!“, rief er herüber. “Ab in die Umkleide und dann nichts wie hinter zu Mr. Gleason mit euch!“, befahl der Trainer. “Noch mal Glück gehabt, komm lass und sputen.“
Ewan und Nash haben sich in der letzten S-Bahn auf dem Hinweg bereits die Trainingssachen angezogen, um Zeit zu sparen. Richtige Hallenschuhe hatten die beiden nicht. So mussten ein paar geputzte lederne Sportschuhe fürs Erste ausreichen. Der Gestank in den Umkleiden war wahrhaft widerlich beißend. Zu ihrem Bedauern ließ nahm der Geruch auf der Trainingsfläche nicht ab. Er mischte sich lediglich mit dem Duft der Sandsäcke aus Leder, was es etwas erträglicher machte.
Trotz seiner mittlerweile über 50 Jahre, sah Bobby “Bob“ Gleason noch sehr athletisch aus. Mit seinem Gewicht von rund 75kg und seiner eher kleinen Größe wirkte er eher schmächtig. Die Zähigkeit eines ehemaligen Profiboxers blieb seinem Aussehen jedoch erhalten. Die schwarzen Haare seines gepflegten Herrenhaarschnittes waren schon sichtlich von weißen Strähnen durchzogen. Bobby war Nash auf Anhieb sympathisch. Ob die Sympathie auf Gegenseitigkeit stieß, würde sich noch zeigen.
“Hey Jungs, kommt ran!“, rief Bobby Gleason, der umringt von weiteren Kämpfern in der Mitte des Trainingsraumes stand. Der Trainingsraum befand sich in einem Nebenraum des Rings. Er war komplett mit blauen Bodenmatten ausgelegt, die schon etwas in die Jahre gekommen waren. Es war gut möglich, dass es sich noch um die erste Ausstattung, seit Eröffnung im Jahr 1937 handelte. Zwei der 4 Wände waren komplett mit Spiegelflächen versehen. Hier und dort gab es Risse und Platzer in den Spiegeln. An den beiden anderen Wänden befanden sich Regale und Ständer mit Medizinbällen, Hanteln, Springseilen und allem möglichen anderen Boxequipment. Wenn auch der Glanz der goldenen Jahre der 40er und 50er nicht mehr sichtbar war, konnte man ihn umso mehr spüren. Verblasste Box-Plakate ließen zu dem an diese Zeiten erinnern.
“Also jetzt nochmal von vorn und in Kürze für unsere beiden Nachzügler. Mein Name ist Bobby Gleason, aber ihr könnt mich Bob oder Bobby nennen. Da ihr alle zusammen das erste Mal hier seid, müssen wir erst einmal euren Leistungsstand überprüfen. Seht dieses erste Training als eine Art Freiwilligentest. Wenn danach noch die Lust vorhanden ist, den begrüßen wir nächsten Freitag zum offiziellen Beginn. Vorab noch eine wichtige Regel: Wir behandeln unseren Gegner mit eben dem Respekt wie uns selbst. Wer das nicht versteht und praktiziert, wird es nicht in meinen und auch in keinem anderen Ring in New York schaffen. Darauf alle Fäuste in der Mitte zusammen!“ Coach Gleason streckte seine eiserne Faust in die Mitte der ungefähr 12 Jugendlichen. Diese folgten ihm und hielten ihre Fäuste daneben. “Gemeinsam stark!“, rief Coach Gleason, was von den Teilnehmern mit einem schalenden “Gemeinsam stark!“, erwidert wurde. Verwunderte Blicke machten sich bei einigen breit, da unter den Boxern auch zwei weibliche Stimmen erklangen. Neugierig blicke Nash auf. Nach einem scheuen Blick konnte er ein blondes und ein braun haariges Mädchen mit hochgebundenen Haaren erkennen. Erst bei genauem Hinschauen waren sie in den lockeren Sportsachen als Mädchen auszumachen. “Zuallererst soll es um die Feststellung eurer Ausdauer gehen. Hierfür werdet ihr gleich 5 min mit dem Seil springen. Anschließend messen wir eure Kraft im Liegestütz, Sit Ups und Kniebeugen. Zum Ende der heutigen Stunde, stellen wir euren Stand und die Schlagbewegungen anhand von Pratzen. und Sandsacktraining fest.“
Nash konnte bei einigen Boxern hochgezogene Augenbrauen als Ausdruck ihres Erstaunens erkennen. Für ihn als sportlichen Typen sollten die Tests keine größere Herausforderung bedeuten, dachte er bei sich. So mühten sich die ersten Boxer, daraus auch Mitschüler von Nash und Ewan, schon mit dem 5-minütigen Seilspringen mächtig ab. Viele sprangen viel zu hoch für das tiefdurchlaufende Springseil und benötigten damit viel mehr Kraft als nötig. “Leicht federn und tanzen wie ein Schmetterling“, rief Bob. “Die Kraft kommt aus den Fußgelenken und Waden und nicht aus den Oberschenkeln.“ Der weiche Mattenbogen erschwerte das Springen mit dem Seil etwas. Nash überlegte, wo er ein eigenes Springseil herbekommen würde. Eines war ihm außerdem klar. Die 3 Doller für das Training musste er sich irgendwoher besorgen. Seine Mutter würde ihm dafür nichts dazugeben können, gefragt hätte er sie aber sowieso nicht. Jedoch hatte Nash schon eine leuchtende Idee wie er das Geld zusammenbekommen würde. Nash und Ewan schlugen sich ganz gut für das erste Training. Beide waren auch im Schulsport absolute Einser-Kandidaten. Auch die Schlagtechniken sahen bei beiden ganz passabel aus, was mit Sicherheit der Kindheit und Jugend in den Straßen New Yorks geschuldet war. Zum Ende des Trainings hatte sich der Geruch erneut verändert. Die Spiegel waren mittlerweile beschlagen und es tropfte von der Decke. Es roch nach frischem Schweiß und dem vergehenden Duft von Deodorant und Waschmittel.
“Wem das alles hier gefallen hat, den begrüße ich gern am nächsten Freitag erneut. Seid euch sicher, dass es bestimmt auch mal härter wird und nicht immer Spaß macht. Trotzdem wird euch das Boxen viel bringen und auch in anderen Lebenslagen viel helfen. Besorgt euch saubere Sportschuhe bis zum nächsten Mal. Ich bedanke mich bei euch und fürs Erste soll es das gewesen sein.“ Abschließend brachten alle Boxer ihre Fäuste zusammen und verabschiedeten sich lautstark.
Nash fühlte sich elektrisiert. Er konnte seinen ganzen Körper spüren und genoss die abklingende Anstrengung sehr. Er hatte endlich mal wieder das Gefühl zu leben. Der Muskelkater der nächsten Tage würde für ein Anhalten des fantastischen Gefühls sorgen. Ewan ging es ähnlich und so machten sich beide Freunde um halb 10 abends fachsimpelnd und wetteifernd auf den Heimweg. Die Nacht würde Nash auf Ewans Couch verbringen, um seinem Stief-Vater Giuseppe aus dem Weg zu gehen. Während des Einschlafens drehten offene Fragen in Nashs Kopf. Wer war das Mädchen mit den braunen Haaren? Würde sie am nächsten Freitag wieder kommen? Schon deswegen wollte Nash erneut hingehen. Um Ewan etwas darüber zu erzählen war es allerdings noch zu früh. Da Nash schon eine Idee hatte, um an Geld zu kommen, stand jetzt nur noch das Wann im Raum. An dieser Frage hängend sank Nash müde und zufrieden in den Schlaf.
Montag, 12. September 1960, Wissen ist Macht
An diesem Montag ging Nash viel ausgeglichener zur Schule. Das Boxtraining am letzten Freitag wirkte immer noch nach. Das Wochenende zu Hause verlief einigermaßen friedlich. Seit Giuseppe mit in die Wohnung von Nashs Mutter Sofia gezogen war, war nichts mehr wie früher und der Haussegen hing seltener gerade als schief. Giuseppe, der selbst kinderlos war, hegte nicht mal stiefväterliche Gefühle. Nash war ihm eher ein Dorn im Auge. Nash hingegen durchschaute Giuseppe sehr schnell. Er bemerkte, dass Giuseppe statt der Liebe zu seiner neuen Frau eher die Häuslichkeit und Fürsorge genoss. Nash konnte Guiseppe keine direkten Frauengeschichten nachweisen. Allerdings bemerkte er, dass dieser sich wie ein Gigolo benahm, wenn die beiden ohne Sofia unterwegs waren. Den Samstag jedenfalls verbrachte Nash bei Ewan mit Seilspringtraining und Lernarbeit für die Abschlussarbeit. Am Sonntag war Nash im Park auf dem Football-Feld und hing mit Kumpels rum. Einen freien Tag pro Woche stand Nash sich immerhin ein. Sonst gab es wenige Momente, in denen er nichts zu tun hatte. Auf dem Weg zur Schule erzählte Nash Ewan von dem Plan, den er am Sonntag komplett überdacht hatte. Nash wollte Schülern mit schlechten Noten, aus der 9ten und 10ten Klasse seiner Schule anbieten, die wichtigsten Jahresklausuren und Hausarbeiten zu übernehmen. Da Nashs Schulaufzeichnungen nahezu lückenlos waren und er als einer der Besten seiner Klassenstufe galt, würde es sich förmlich aufdrängen, witzelte er gegenüber Ewan. Da die Inhalte des Lehrplans immer dieselben waren, wusste er welche Arbeiten und Aufgaben für einen guten Notenspiegel ausschlaggebend waren. Außerdem wollte er vorgefertigte Lernkarten anbieten und einmal in der Woche Nachhilfe geben. Ewan, der ebenfalls ein guter Schüler war, war von der Idee begeistert. Er bot an, Nash bei der Nachhilfe und beim Erstellen der Lernkarten zu helfen. Das Schreiben von Klausuren für andere Schüler war Ewan zu heikel. er wollte nicht von der Schule fliegen und hielt es für eine zu riskante Idee für Nash. Ewan brauchte im Gegensatz ´zu Nash kein Geld für das Boxtraining zu verdienen. Da seine Eltern noch verheiratet und beide bei großen Unternehmen in Anstellung waren, fehlte es Ewan eigentlich an nichts. Die Kosten für das Boxtraining übernahmen die Eltern gern und selbstverständlich. Nash ging außerdem das Mädchen nicht mehr aus dem Kopf, was schon allein genug Grund war das Geld fürs Training zu organisieren.
Am Mittwoch der gleichen Woche wurde Nash von einem riesigen Jungen aus der 9ten Klasse auf der Schultoilette angesprochen. “Hey, bist du der Typ, der bei Mathematik nachhilft?“, wurde Nash gefragt. “Sorry, da musst du dich wohl geirrt haben. Aber von dem Typen habe ich auch schon gehört.“, antwortet Nash. Auf dem Gang folgte er dem Jungen bis zu dessen Spind. “Du hast richtig gehört, aber hänge es nicht an die große Glocke! Diskretion ist absolut wichtig! Wenn du mich weiterempfiehlst, bekommst du kostenlose Lernkarten zu einem Thema deiner Wahl. - worum geht es bei dir und wie heißt du?“ Der Schulflur war gefüllt mit anderen Schülern. Die Schallkulisse würde dieses brisante Gespräch überlagern. “Mein Name ist Jake und ich spiele in der Collage Auswahl der Falcons Basketball. Mein großer Traum ist es irgendwann in der NBA zu spielen. Dafür muss ich die High aber mit Empfehlung auf ein Sportstipendium schaffen. Ich muss es an die UCLA, das bekannteste und beste Collage für Profibasketball, schaffen. Du denkst sicher meine Ziele sind zu hoch oder unrealistisch. Wie du aber merkst bin ich bereit einiges zu riskieren.“ Jake war gute 2,10m groß und überragte Nash, mit seinen 1,78m um zwei Köpfe. “Also eins ist schonmal klar, wenn ich deine Arbeit versaue, darfst du mich nicht verprügeln. Das würde ich nicht überleben.“, meinte Nash etwas hämisch, als er direkt zu Jake aufsah. Jake imitierte sofort einen Boxer und fuchtelte albern mit seinen langen Armen und Beinen herum. Beide brachen in schallendes Gelächter aus. Nash erwiderte Jakes Pose, in dem er einen Knockout simulierte und benommen an den Spinden lehnte. Wieder brachen beide in Gelächter aus. Jetzt liefen Jake die ersten Tränen über die roten Wangen, als Nash das sah, war es um seine Zurückhaltung auch geschehen. Es dauerte eine Weile, bis sich beide wieder im Griff hatten. Nash hoffte, dass es so schnell gehen würde, mit seinem neuen Nebenverdienst. er vereinbarte mit Jake einen Preis für 3 Dollar für die Erledigung der Mathematik-Hausaufgaben von Jake. Zwei Dollar konnte Jake gleich zahlen. Damit fehlte nur ein Dollar zur Bezahlung des Boxtrainings am Freitag. da Nashs Familie im wahrsten Sinne an der Armutsgrenze lebte, kam es ihm noch immer nicht in den Kram, bei seiner Mutter, um Almosen zu betteln. Da Giuseppe von Tagelöhner Jobs im Hafen lebte und die Hälfte des Lohnes für Suff und Mädchen durchbrachte, was natürlich keiner wusste, lebte die Familie vom Gehalt der Mutter. Guiseppe verheimlichte seiner Frau, Nashs Mutter Sofia seit Anbeginn die wahre Höhe seiner Monatseinnahmen. Da er das Geld immer in bar erhielt, gab es keine weiteren Nachweise wie Gehaltsscheine oder Kontoauszüge. Betrügerische Handlungen waren eines von Giuseppes Steckenpferden. Doch jeder würde bekommen was er verdient und Giuseppes Zeit würde noch kommen. Nash blickte jedenfalls zuversichtlich auf das Training am Freitag. Den Samstag würde er an einem seiner Lieblingsorte, der Port Richmond Libary in der Bennett Street 75 verbringen und an Jakes Aufsatz arbeiten.
Freitag, 16. September 1960, Boxtraining II und der Extrajob
Meine Lunge brennt entsetzlich. Meine Beine müssen schwerer als Blei sein. Wie auf Autopiloten setze ich innerlich abgeschalten ein Bein vor das andere. Meine Arme zucken und scheinen nicht mehr zu mir zu gehören. Mein Puls wummert hinter meinen Schläfen. “Schneller, sprinten, wenn ihr trödeln wollt, geht woanders hin!” schallt es den Berg der Straße vor dem Gym herunter. Coach Gleasons Training läuft erst zehn Minuten und alle Teilnehmer sehen aus als hätten sie einen Marathon hinter sich. Mit hängenden Armen trotten mir Gestalten den Berg herunter entgegen. Am unteren Ende des Hügels angekommen, atme ich tief ein, beiße die Zähne zusammen und sprinte die grob einhundert Meter gegen den Berg an, mit allem was mein brennender Körper hergibt. Am Ende des Tunnels sehe ich Bob mit seinem Klappbrett stehen. Auslaufend mit bremsenden Schritten komme ich bei ihm zum Stehen, sinke in den Liegestütz und fange keuchend an zu pumpen was geht. Ab dem sechzehnten Liegestütz werde ich langsamer. Meine Arme brennen, wie Hölle und die Brustmuskeln zittern. Es ist immerhin schon der vierte Durchgang und nur Bob weiß wie viele noch folgen werden. “Komm Nash wir sind gleich bei der Hälfte!” brüllt es von oben. Nach dem zwanzigsten Liegestütz sacken meine Arme durch. Ächzend schlage ich mit dem Brustkorb auf dem Straßenbelag auf. Nebenbei spüre ich, wie ein leichter Nieselregen einsetzt. Kleine Tropfen der Erfrischung erreichen meinen Nacken. Liegen, nur kurz. “Hoch mit Dir, entspannen kannst Du bergab!” tönt es laut von Bob herunter. Ich raffe mich auf und schließe mich dem Trott der vor mir wankenden Boxer an. Hätte ich mich auch bei der Army melden können, schießt es mir durch den Kopf. Dort bekomme ich wenigstens Geld für die Quälerei und muss keines zahlen. Verdammter Drill Sergeant Gleason! Eine halbe Stunde später sind die zehn Runden absolviert und alle Teilnehmer am Ende ihrer Kräfte. Alle haben durchgehalten und bis zum Schluss gebissen. In den gequälten Gesichtern waren fragende Blicke zu erkennen. Wollte Bob uns testen? Hatten wir unbemerkt etwas falsch gemacht und wurden gerade auf seine Art bestraft? Schnaufend kamen wir im Trainingsraum an. Schwer prustend ließ sich einer unserer schwersten Mitstreiter auf den Boden sacken. Alle Viere von sich gestreckt lag er da und konnte keine Bewegung mehr tun. Als wäre mit ihm ein Tabu gebrochen, fielen der Reihe nach weitere Teilnehmer einfach um, an dem Ort, an dem sie gerade noch standen. Bis am Ende alle von uns verteilt im ganzen Trainingsraum lagen. Der Größte war schon am Schnarchen, als die Tür zu den Trainerbüros aufging und Bobby in der Tür stand. Sein Blick hätte Flammen gespuckt, wenn er gewollt hätte, so entsetzt war er. “Wenn ihr nicht augenblicklich hochkommt, vergesse ich mich. Dann macht ihr Bergsprints bis eure Füße bluten. Der einzige Grund auf diesem Boden liegen zu dürfen, sind die zehn Sekunden bis zum K.O.. Habt ihr das ein für alle Mal verstanden?”
Wie von einer Sprungfeder beschleunigt standen wir alle auf unseren Beinen. Von Ermüdung und Schmerz war für diesen kurzen Moment nichts zu spüren. Zur Strafe durften wir alle einhundert Sit Ups machen. Wir hätten sicher mehr machen dürfen, wenn wir vorher nicht die Bersprint’s gemacht hätten. Anerkennung des Trainers hat halt viele Gesichter. Somit waren die neunzig Minuten Training schon fast herum. Zum Abschluss sollten wir uns paarweise voreinander aufstellen. Bob gab jedem Paar einen dreier Medizinball. Wir sollten uns mit der Schlaghand auf Brusthöhe die Bälle zuwerfen und unsere maximale Kraft einsetzen. Als hätte es das Glück gut mit mir gemeint, stand mir ausgerechnet das braunhaarige Mädchen gegenüber. Wir standen nur ungefähr fünf Meter voneinander entfernt. Was hieß, der Ball würde mit voller Wucht bei ihr ankommen. Eins war sicher, Bob machte keinen Unterschied beim Geschlecht. Ich fühlte mich wie ein Kindergartenkind, als ich ihr gegenüberstand. Zu ihrer wundervollen Figur gesellte sich auch noch ein bezauberndes Lächeln hinzu. Mit einem Mal verzog sich ihre Miene und wurde ernst. “Na los doch, ich bin nicht aus Zucker, wir sind beim Boxen Kleiner!” Ich war perplex und mir wäre beinahe der Medizinball entglitten. Und zu allem Hohn nannte sie mich auch noch kleiner. In meinem Augenwinkel konnte ich Ewans Gesicht grinsen sehen. Ich lief rot an. Alle anderen hatten schon an die drei Ballwechsel hinter sich. Also nahm ich die Hälfte meiner Kraft zusammen und schleuderte den Ball möglichst genau zu ihr herüber. Sie fing den Ball ohne Mühe und ohne Rückstoß. “Der Trainer sagte maximale Kraft Kleiner!” rief sie und machte einen Schritt in meine Richtung. Mit einer schnellen Hüftdrehung und einem lauten “Huah” beschleunigt feuerte sie den Ball auf mich ab. “Hugh” entwich es aus meinen Lungen, als der Ball ungebremst auf meinen Solarplexus knallte. Wow, was hatte das Mädel für Kraft? Hab sie echt unterschätzt. “Na da staunst Du was! Sag ich doch, dass ich nicht aus Zucker bin!”
Wir waren geschafft. Keiner der Teilnehmer hätte mit einer solchen Intensität gerechnet. Viel stärker aber bohrte die Neugier nach dem Namen des Mädchens in mir. Mit Druck auf dem Brustkorb und Kribbeln in der Magengegend ging ich mutig durch den Trainingsraum auf sie zu. Sie stand mit ihrer Freundin da. „Ähm, du hast ganz schön Kraft.“ Brachte ich stotternd heraus. Ihr prüfender Blick ruhte auf mir. Und du bist hergekommen, um mir diese Neuigkeit mitzuteilen?“ fragte sie mich etwas spöttisch. Der Druck auf meiner Brust wuchs. Sie spielte mit mir. Damit hätte ich nicht gerechnet. „Na ja, nein, eigentlich wollte ich fragen, wie du heißt?“ entwich mir die Frage noch leiser. „Bevor ich dir meinen Namen verrate, kannst du mir wohl deinen verraten und mir bestimmt sagen, warum du so viele Fragen hast? Seid ihr Iren eigentlich immer so forsch? Dachte bisher immer ihr braucht euer Bier dazu, um mutig zu sein?“ die eine Hälfte in mir wollte wegrennen, im Boden versinken oder spontan in Flammen aufgehen. Die andere Hälfte wurde noch mehr an sie herangezogen, verschlang sich nach jeder Silbe, jeder Geste und jedem Blick in ihre Richtung. Es gefiel mir irgendwie, wie schwer sie es mir machte, denn ohne Anstrengung macht mir Siegen keine Freude. „Ja also ähm, Entschuldige, mein Name ist Nash, Nash Bronson und ich komme aus Staten Island, wo ich in die 10. Klasse der Wagner High School gehe.”
„Du bist süß, kleiner. Deinen Lebenslauf hätte ich jetzt auch nicht gleich erwartet.“ Ihre blonde Freundin fing an, leise zu kichern. Mittlerweile spürte ich die Röte in meinem Gesicht. „Also gut, du hast genug gelitten, mein Name ist Maria und es freut mich, deine Bekanntschaft zu machen. Meine Freundin hier heißt Anne und wir beide kommen aus Brooklyn direkt um die Ecke. Wenn dein Freund und du möchtet, könnt ihr uns gern ein Stück nach Hause bringen. In die Wohnung gibt's aber noch nicht Casanova!“ schloss Maria mit einem Lächeln ab. „Da muss, also ich denke, meinen Freund. Ewan mal Fragen.“ Verdammt all meine Kontrolle und Sicherheit wurde von Marias direkter Art komplett pulverisiert. „Wie du das wieder anstellst Nash.“ bemerkte Evan auf meine Frage zur Begleitung der beiden Mädchen. „Ich habe morgen keine Termine, daher habe ich Zeit.“ sagte er.
Zuvor musste ich allerdings noch meinen Kurs bezahlen. Die Tür zum Trainierbüro stand halboffen. Gesprächsfetzen kamen aus dem Büro. „Ähm, Bob, Sir?“ räusperte ich mich und klopfte an die Tür. „Nash, Junge, komm rein. Was gibt es?" “Sir ich wollte gern mein Training bezahlen. Allerdings gibt es da ein Problem. Ich konnte nur $ 2 auftreiben. Beim nächsten Training kann ich alles bezahlen, hab mir da etwas einfallen lassen. Zinsen wären kein Problem Sir.“ „Nun mach mal halblang Nash!“ bremste mich Bob. „Also ich hätte da eine passende Idee. Ein kleiner Job hier im Gym. Nichts Großes, und wir wären quitt. Was sagst du?” fragte Bob. „Äh, ja klar, wenn das für Sie ok ist, immer gern.“ antwortete ich. „Kannst du morgen früh um 09:00 Uhr hier sein, dann zeige ich dir alles wichtige?“ „Klar, kein Thema bin pünktlich hier Mr. Bob Sir.“ sagte ich. „Einfach Bob reicht mir Nash. Also dann bis morgen.” „Ja bis morgen früh um 09:00 Uhr.“ verabschiede ich mich von Bob.
„Darf ich euch fragen, was ihr ausgerechnet beim Boxtraining macht?“ fragte ich zu Marie, als wir zu viert die Straße vom Gym in Richtung Zentrum herunter schlenderten. Es dämmerte inzwischen und die ersten Straßenlaternen bestrahlten orangegelb schimmernd die glänzenden Pflastersteine. Eine angenehme Kühle lag in der Luft, keine einzige Wolke am Himmel, der viele Sterne für die Nacht versprach.
„An unserer Schule werden für Mädchen nur Cheerleading und Turnen angeboten, aber darauf hatten Anne und ich keine Lust. Wir wollten etwas machen, wo man seinen Körper stärker einsetzen und härter trainieren kann. Außerdem ist dieses püppchenhafte Herumspringen beim Cheerleading überhaupt nichts für uns. Noch dazu sind Themen wie Pferdesport und Glitzerohrringe keine Dinge, die uns brennend interessieren. Wir sind beide nicht so sehr die Prinzessinnen. Wie auch, wenn man mit 4 älteren Brüdern aufwächst?“ erzählte Marie. „Außerdem wollten wir uns selbst verteidigen können und keine Beschützer wie eingebildete Footballer dazu brauchen.“ fügte Anne hinzu. Ewan blickte mich an und ich verstand seine Blicke genau. Die Mädels gefielen ihm, denn er hatte auch nichts für Prinzessinnen und rosafarbene Mädchenträume übrig. „Irgendwie siehst du nicht, wie ein typischer Ire aus Nash. Woran liegt das? Ich meine, du hast dunkle Haare und braune Augen. Nicht gerade typisch irisch.“ stellte Marie fest. „Meine Mutter ist Sizilianerin und nur mein Vater war Ire. Bis auf das Kinn habe ich das Aussehen meiner Mutter geerbt, sagt sie.“
„Welch ungeahnte Verbindungen wie konnte denn eine stolze Sizilianerin auf einen Iren hereinfallen?” witzelte Maria und gab mir einen leichten Ellenbogenstoß in die Hüfte.
„Iren kennen die besseren Witze und haben mehr Klasse als die Mafiosis.“ konterte Ich diesmal recht schlagfertig. „Genau, we are Irish Gentlemen.” rief Ewan. „So da wären wir ihr beiden Iren.“ sagte Maria. Wir standen mitten auf einem großen Innenhof mit vielen bunt beleuchteten Balkons. Vor den unteren Wohnungen saßen Männer in kleinen Grüppchen es roch typischerweise nach leckerer italienischer Küche. Auf einen Abschiedskuss brauchte ich in dieser Situation wohl eher nicht hoffen. Maria blickte mir tief und lang in die Augen, als wir uns die Hände gaben. “Gute Nacht irischer Nash.” Sagte sie sanft und strich sich dabei den Pony aus dem Gesicht, um mir noch tiefer in die Augen zu sehen. Beflügelt von diesem knisternden Ausklang ging es diesmal nicht ums Boxen, sondern um Anne und Maria auf unserem Heimweg. Die Zeit verging wie im Flug. Erst auf der beleuchteten Fähre in Richtung Staten Island wurde uns bewusst, dass wir die Stationen des Umstiegs nicht mal realisiert hatten. Die Mädchen hatten uns beide gehörig den Kopf verdreht. Auch Ewan war ganz schön verzaubert von Anne. Wie würde es weitergehen? Wird sich zwischen uns etwas entwickeln? Welche Vergangenheit brachte Maria mit? Wird Ewan sich mit Anne anfreunden? Mit 1000 Fragen schlief ich wieder einmal bei Ewan ein. Um was für einen Job geht es wohl morgen im Gym?
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