Kitabı oku: «Wiederbelebte Geschichten», sayfa 2

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Colette

Endlich konnte ich die langweiligen Bankgeschäfte hinter mir lassen: Ich war Leiterin einer Nobel-Boutique in Zürich geworden. Mode und Menschen liebe ich. Die Aufgaben waren vielseitig. Das Betreuen der Kunden, das Kassenwesen, das Dekorieren der Schaufenster, organisieren von Modeschauen und vieles mehr. Das sorgte für Abwechslung. Die war gut für mich. Die Zeit verging wie im Flug. Eines Tages stellte sich die Einkäuferin unserer verschiedenen Boutiquen vor: Eine äußerst attraktive, große brünette Dame, ungefähr vierzig Jahre alt. Sie war unterwegs nach Mailand, Florenz und Paris, um für die Boutiquen die ausgefallensten Modelle für die neue Saison einzukaufen. Designer wie Max Mara, Ungaro, Samt-Phil oder zeitloses Chanel waren immer gefragt. Die Kundinnen waren wählerisch.

Persönlichkeiten aus Film und bekannte Damen der vornehmen Zürcher Gesellschaft kauften bei uns ein. Meine Arbeit war interessant. Unsere Chefin betonte immer wieder: »Sie müssen unsere Kundinnen kennen!« Das hieß: Öffnete eine die Ladentür, so musste immer ihr Name präsent sein.

Colette, die Einkäuferin, traf ich hin und wieder im nahen Café. Sie erzählte mir von einer Fernsehserie. Ich muss gestehen, dass ich nur mit halbem Ohr zuhörte. Colette ließ diese Serie scheinbar nicht mehr los. Unaufhörlich kam sie darauf zu sprechen, vor allem auf die blonde Hauptdarstellerin, die sie besonders bewunderte, in ihrer Eleganz und Ausstrahlung. Colette war total entzückt von ihr. Plötzlich hatte ich den Eindruck, dass sie begann, sich mit dieser Frau zu identifizieren. War mein Gedanke absurd? Sie war doch eine kluge Frau?

Dann kam der entscheidende Tag! Die blonde Schauspielerin trug ein besonders schönes Spitzennegligé. In diesem herrlichen Outfit empfing sie ihre Besucher aus der Männerwelt. Jeder, der sie so sah, musste sie umwerfend schön finden. Nun begann bei Colette eine verrückte Suchjagd nach diesem transparenten »Hauskleid«. Zuerst fragte sie bei Beldona nach. Nacheinander folgten weitere Geschäfte für noble Unterwäsche. Aber das gesuchte Dessous konnte Colette nirgends finden. Jedes Mal kam sie desillusioniert und geknickt zurück. Inzwischen war ich mir nicht mehr sicher, ob es tatsächlich der blonde Vamp war, mit dem sie sich identifizierte, oder war es nur deren zarte Bekleidung? Ich konnte in Erfahrung bringen, dass diese hübsche Frau von ihrem Ehemann geschieden wurde und andere Männer ihr blitzschnell den Rücken kehrten. Die Suche nach Zuneigung geht manchmal wundersame Wege. Oder wäre das Leben nicht glücklicher und sinnvoller, wenn die eigene Identität behalten würde?


Der schwarze Punkt

Meine Eltern hatten viel übrig für die »Schönen Künste«. Jahrelang erneuerten sie ihr Jahresabonnement für das Zürcher Opernhaus. Ich durfte sie als kleines Mädchen manchmal begleiten.

Damals trugen die Damen noch lange Abendkleider, ausgefallenen Schmuck und feine Schuhe. Selbst die Herren kleideten sich elegant. Man wurde noch zu den samtig ausgepolsterten Logenplätzen hinbegleitet. Von hier aus bestaunte ich jedes Mal den funkelnden, von Ornamenten eingefassten Kronleuchter. Der Raum schien mir voller Geheimnisse.

Die Handlungen begriff ich nicht immer, doch die Schauspieler und vor allem ihre Kostüme fand ich bezaubernd. Es war märchenhaft! Ein spezielles Ambiente.

Was ich nie vergessen werde: Vater holte mir in der großen Pause am Theaterbüfett jedes Mal eine Portion Vanilleglace, übergossen mit heißen Himbeeren. Das war köstlich!

Als ich erwachsen wurde und einen Beruf erlernen sollte, stand für mich fest: Ich werde Theaterschneiderin und Designerin.

Meine Eltern waren nicht verwundert. Ausbildung und Beruf erfüllten mich, verliehen meiner Fantasie Flügel. Durch meine Arbeit lernte ich mehr und mehr mich in die empfindsamen Seelen der Künstler hineinzufühlen, in ihr rasch wandelbares Temperament, von Himmel hoch jauchzend bis zu Tode betrübt. Mir wurde klar, wie wichtig gute Theaterpsychologen sind!

Es stand uns wieder eine Premiere bevor, ein historisches Stück stand auf dem Spielplan. Tag und Nacht war ich beschäftigt. Es hatte sich gelohnt, die Premiere wurde ein Erfolg.

Unerwartet stellte man mir nach der Vorstellung einen berühmten italienischen Modeschöpfer vor. Er war mir nur durch die Medien bekannt. Überschwänglich lobte er meine historischen Entwürfe. »Sie haben eine hervorragende Leistung vollbracht, ganz außergewöhnlich«, beteuerte er immer wieder. »Darf ich Sie morgen Nachmittag zum Tee einladen, in mein Zürcher Feriendomizil? Sie würden mich sehr glücklich machen!«

Ich war überrascht und zugleich verwirrt, nickte nur. Was will der Mann bloß von mir, schoss es mir durch den Kopf?

»Bis morgen, Madame.« Er hauchte einen zarten Kuss auf meinen Handrücken. »Mein Chauffeur wird Sie um 16.30 Uhr abholen.«

In dieser Nacht fand ich lange keinen Schlaf.

Der Chauffeur kam pünktlich.

Der Hausherr empfing mich herzlich und führte mich in den großen Salon. Der Tisch war reich gedeckt, mit feiner Patisserie. Das Teegeschirr war hauchdünn und bemalt mit filigraner japanischer Kunst. Eine üppige Blumenschale im gleichen Stil zierte den Tisch, in der weiße Orchideen schwammen. Es gefiel mir, war stilvoll.

»Der Tee wird gleich serviert, Madame, man weiß, dass Sie angekommen sind. Dürfte ich Sie inzwischen bitten, mit mir mein neu erstandenes Kunstwerk zu betrachten?«

»Oh ja, ich liebe Kunst!«

»Dann darf ich vorausgehen«, meinte er freudig.

Als er die Türe zu einem Nebenraum öffnete, sah ich an der Wand ein großformatiges Gemälde, in dessen Mitte ein überdimensionaler großer, schwarzer Punkt prangte. Sonst war nicht das Geringste zu sehen. Er stand einige Minuten ganz verzückt und still vor dem Gemälde, dabei starrte er unaufhörlich auf die Leinwand mit dem schwarzen Punkt.

»Furchtbar«, dachte ich!

»Es ist doch wunderbar, nicht wahr?« Er schaute mich erwartungsvoll an.

»Ja, sehr interessant, sehr interessant!« Es war das Einzige, was mir dazu im Moment einfiel. Ich wollte die Gefühle meines Gastgebers nicht verletzen.

»Ja, ja«, sagte er, »der Punkt hat ein ganz besonderes Schwarz! Jetzt werden wir aber unseren Tee trinken.«

Beim Tee trinken wurde das Geheimnis gelüftet, warum ich von diesem berühmten Mann netterweise eingeladen worden war. Er wollte mich vom Theater abwerben und für seine Ideen gewinnen.

»Sicher wäre es für Sie viel interessanter, etwas Moderneres, Zeitgemäßeres, Lebendigeres zu kreieren«, meinte er. »Am Salär soll es nicht scheitern.«

Die Summe war beachtlich. Ich lehnte trotzdem ab. Vermutlich lag es an dem überdimensionalen, großen Punkt, mit dem ganz besonderen Schwarz.


Chagalls Inspiration

»Chagall: Chagall, wir kennen ihn alle.« Aber wer weiß, wie wichtig Bella, seine erste Frau, für ihn war. Bella, man kennt sie von seinen Bildern, zum Beispiel »Die Braut mit den roten Brüsten« oder »Die Braut mit den giftgrünen Handschuhen«, mit schwarzem Kleid und weißem Spitzenkragen. Sie war jung, erst fünfzehn Jahre alt, als er sie kennenlernte in Witebsk. Chagall heiratete seine Bella 1915. Sie ging mit ihm nach Paris. Später lebten sie erneut in Witebsk. Er war aktiv bei der Kulturrevolution engagiert. Zum Jahrestag der Revolution malte er ein verrücktes, wunderbares Bild mit roter Fahne. Darauf auch ein Mann, der auf dem Tisch steht, kopfunter, clownesk, der wie Lenin aussieht. Das konnte nicht gut ausgehen! Nun wurde er im niedrigsten Rang der russischen Maler eingestuft, was sich erst später durch seinen Amerika-Aufenthalt änderte. In Russland wurden weniger begabte, dem Regime angenehme Maler bevorzugt.

Es kamen harte Jahre für Chagall. Versuche mit Bühnenbildern, Schulunterricht und vielem mehr.

Schließlich wieder Paris. Aber alle Wege waren nicht schrecklich für ihn, denn da war Bella, sie bedeutete ihm Heimat. Neunundzwanzig Jahre lebten sie zusammen. Als Bella 1944 in Amerika starb, verstummte Chagall.

Es dauerte fast ein Jahr, ehe er sich wieder erhob, wieder malen konnte.

Was viele nicht wissen: Bella schrieb Erzählungen, die Chagall bildlich darstellen konnte.

Fast zu allen Erzählungen malte er Bilder – von Russland, Märchen, Pferden, Vätern, Landschaften und zu Religiösem. Bella war für mich seine Inspiration.

Ich wurde sogar an meinen Mann erinnert. »Erzähle«, sagte er oft zu mir. Wenn ich einmal nichts erzählte, fürchtete er, ich sei krank.

Chagall heiratete später wieder. Es war nie mehr wie zuvor.

Ein kurzer Aphorismus zu diesem Text (von mir): »Glückliche Menschen sind ideenreich.«


Das zerplatzte Geschenk

Wir wohnen außerhalb der Stadt, nahe am Waldrand, in einem hübschen Dorf. Hier gibt es sie noch: Die unberührte Natur! Füchse, Rehe, Wildschweine und viele seltene Vogelarten wurden hier heimisch. Nur ein Geschäftsviertel haben wir nicht. Um einzukaufen, fahre ich deshalb einmal in der Woche mit dem Bus in die naheliegende Stadt.

Auch heute war ich wieder unterwegs.

Meine Einkaufsliste ist lang. Bald kommt die Station, wo ich aussteigen muss. Schon von weitem sah ich eine große Menschenmenge auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Meine Neugier war geweckt! Rasch überquerte ich die Straße und fragte eine Dame: »Was ist denn hier los, wird ein Fest gefeiert?«

»Ja, wissen Sie es nicht? Die neue Bankfiliale wird heute eröffnet. Es gibt gratis Würste und Freibier!« Auf dem Trottoir vor der Bank waren viele Tische und Bänke aufgestellt. Die Leute saßen da und verzehrten die herrlich duftenden, knusprig gebratenen Würste genüsslich. Manche tranken dazu ein kleines, helles Bier. Aber auch die ganz Kleinen wurden nicht vergessen. In Reih und Glied warteten die Kinder geduldig, bis sie zu dem freundlichen Mann kamen, der die bunten Luftballons mit Gas füllte. Ihre zarten Händchen umfassten die Schnur des Luftballons und ließen sie nicht mehr los. Manche baten den liebenswerten Mann sogar: »Bitte! Binde mir den Ballon um das Handgelenk, damit er mir ja nicht davonfliegen kann.«

Erst dann konnten sie beruhigt zu ihrem farbenfrohen Ballon hinaufschauen. Ach, wie können diese Kindergesichter noch strahlen! War ich nicht erst auch noch so klein gewesen?

Kindheitserinnerungen kamen zurück. In Gedanken versunken stand ich da. Nun war es aber allerhöchste Zeit für meine Einkäufe. Als ich im Begriff war weiterzueilen, tippte mir jemand von hinten auf die Schulter. Ich drehte mich um. Liebevolle blaue Augen schauten mich an.

Es war ein Clown, mit weißer Halskrause, in einem bunten Flicken-Gewand. Er sagte: »Ich habe Sie beobachtet. Wie konnten Sie sich über die Kinder freuen! Zwar bin ich für die Kinder da, aber Sie möchte ich auch beschenken. Bleiben Sie noch einen kurzen Moment stehen.« Umständlich kramte er aus seinen Hosentaschen ein großes dickes Röhrchen hervor. Er schüttelte es kräftig. Dann nahm er den Deckel ab, tauchte den Pustering in das Seifenwasser, zog ihn wieder heraus und blies große Seifenblasen in die Luft. Danach folgten viele, viele kleine Blasen. Dabei betrachtete er mich immer wieder mit seinen freundlichen Augen. Einen Moment lang waren wir beide in einer farbig schillernden Welt von runden Seifenblasen eingehüllt.

Ich war glücklich! »Vielen Dank für das wunderschöne Geschenk«, sagte ich zu dem Clown.

Er sagte nur: »Ich wusste, es würde Ihnen gefallen.« Dieses besondere Geschenk werde ich nie vergessen, obwohl es lautlos zerplatzte und sich in Nichts auflöste.


Der einsame Schwan in seiner Märchenwelt

Wir hatten Ferien im Südtirol. In einer Broschüre lasen wir, dass es in Kurtatsch ein großes Weingut gebe. Dazu gehöre das Castel Turmhof, mit einem Märchengarten. Alles Märchenhafte bezaubert mich! »Da müssen wir unbedingt hingehen«, sagte ich zu Walter. Ob der Garten öffentlich sei? »Nein. Aber Morgen um elf Uhr gibt es eine Führung. Treffpunkt ist der Vorhof des Schlosses.« Wir waren pünktlich. Aber niemand kam.

Hier gebe es doch eine Jausenstation, meinte Walter. Dort fragten wir, an wen wir uns wenden müssten. Im gemütlichen Hof, mit Holztischen und Bänken, saßen viele Menschen, verzehrten genüsslich den feinen Tiroler Speck und tranken dazu den Hauswein. Als die Wirtin kam, fragte Walter: »An wen muss ich mich wenden, wir wollen den Märchengarten besichtigen?«

»Warten Sie hier, ich werde mit dem Hausherrn telefonieren.«

Wenig später erschien ein gutaussehender, älterer Herr. Aufrecht, ganz aristokratisch, kam er mit einem Gehstock in der Hand auf uns zu.

»Sie wollen in den Märchengarten?«, fragte er. Dabei schaute er uns prüfend von oben bis unten an. »Sie sind nur zu zweit?« Er überlegte sich, ob er zusagen sollte.

»Ich wäre sehr glücklich, wenn wir den Märchengarten sehen könnten«, sagte ich.

»Also gut, dann gehen wir«, meinte der Herr. »Ich führe sie jetzt in meinen Privatbereich.«

Bedächtig ging er vor uns her, bis zu einem schmiedeeisernen Seitentor. Aus seiner Westentasche nahm er einen langen, uralten Schlüssel und schloss auf.

Eine schmale Treppe führte hinab, zu einem wunderschönen See. Dieser war umgeben von jahrhundertealten Eiben, Kiefern, dunklen Tannen und Fichten.

Vor dieser Kulisse am See erhob sich eine skurrile Märchenbergwelt. Von den Bergen stürzten kleine Wasserfälle in den See. In den Höhlen der Bergwelt lebten Fabelwesen und Tiere. Ein Tatzelwurm schaute uns entgegen, eine Schlange, ein Adler, ein Uhu und ein dürrer Steinbock.

Poseidon stieg aus dem See, mit dem Dreizack in der Hand, ihm folgte Aphrodite. Sie erstrahlte in Schönheit und Liebe. Unter einem Felsvorsprung entdeckten wir ein schwarzes Boot. Den Bug zierte ein weißer Schwan. Wir dachten an Wagners Lohengrin und waren verzaubert.

Diese wundersamen Figuren waren allesamt aus Tropfstein gemeißelt worden, von einem Vorfahr, der sich außer dem Weinbau auch der Kunst verschrieben hatte.

Unerwartet leise schwamm majestätisch ein weißer Schwan auf uns zu. Er war neugierig und begleitete uns auf dem Weg am Rande des Sees.

»Wie traurig er aussieht, er ist ja so alleine«, sagte ich.

»Das war nicht immer so«, antwortete der Schlossherr. »Setzen wir uns doch auf die Bank hier am See, ich werde ihnen alles erzählen.« Und er begann: »Ich hatte einmal zwei Schwäne gekauft. Es sollten Mann und Frau sein, aber ich wurde betrogen: Es waren nämlich zwei Männchen. Sie stritten sich ständig!

Hansel, der noch da ist, war der Stärkere. Er plagte seinen Artgenossen so sehr, dass ich ihn zurückbringen musste.

Dann habe ich dem Hansel ein Weibchen gekauft, das wir Gretel nannten. Hansel nahm seine Schwänin liebevoll an. Sie schwammen in einem See von Glück. Auf der Insel, in der Mitte des Sees, dort, wo die Fischerhütte steht, bereitete ich dem Paar ein Nest. Ich dachte, dort seien sie ungestört. Sie bauten sich ihr Nest aber selbst, auf der offenen Seite des Sees, die in die Reben führt. Zum Nestbau verwendeten sie Rebzweige und Stroh.

Bald lagen drei Eier im Nest! Das Glück von Hansel und Gretel war vollkommen – die Schwänin brütete.

Doch eines Tages – ich wollte ihnen frische Salate bringen – da sah ich das Entsetzliche: Das Nest war offensichtlich von bösen Menschen zerstört worden! Die Eier, kaputtgeschlagen! Aufgeregt standen die Schwäne vor dem Nest. Als ich mich Hansel nähern wollte, mit dem ich sehr vertraut bin, schlug er mich mit der ganzen Wucht seines Flügels.

Das hatte ich nie für möglich gehalten! Der Schmerz hatte meinen Schwan überwältigt.

Gretel litt so sehr, dass sie das Fressen so lange verweigerte, bis ich sie tot am Ufer fand. Es war ein Drama. Ich vergoss Tränen.« – Der Schlossherr schwieg ergriffen. Nach einer Weile fuhr er fort: »Ich wollte meinem Hansel wieder eine Freude bereiten und kaufte ihm eine andere Schwänin. Aber er konnte sie wohl in seiner Trauer und dem Schmerz nicht annehmen. – Er tötete sie. Seine Liebe zu seiner Gretel bleibt unstillbar. Denn nun baut Hansel jedes Jahr am gleichen Ort in den Reben ein neues Nest.«


Daheim in unserer hohen Tanne

Darf ich euch Familie Eichhörnchen vorstellen, unsere liebenswerten Nachbarn?

Familie Eichhörnchen lebt in unserem Garten, nahe am Waldrand. Mutter Eichhörnchen ist sehr gepflegt, sie hat ein wunderschönes rotbraunes Fell. Vater Eichhörnchen erkennt ihr sofort an seinem seidigen, dunkelbraunen Fell. Beide besitzen einen dichten, buschigen Schwanz. Und klettern können die beiden! Leicht und sicher gehen sie die höchsten Bäume hinauf.

Damals suchten sie lange nach einem geeigneten Haus, denn Mutter Eichhörnchen erwartete zwei Kinder.

»Unsere Kinder sollen es einmal schön haben, im Grünen aufwachsen, in viel frischer Luft«, meinte der Vater. »Und spielen sollen sie können, ganz ohne Angst! Heute gibt es ja so viele Gefahren für kleine Eichhörnchenkinder! Ich denke an die frechen Feldkatzen, die schnellen Füchse, an Edelmarder und an große Raubvögel.«

»Oh je, oh je, an so etwas habe ich überhaupt nicht gedacht! Du hast vollkommen recht!«

»Beruhige dich! Ich habe nochmals Ausschau gehalten und einen geeigneten Garten am Waldrand entdeckt. Auch Menschen leben dort. Da gibt es weniger Gefahren als im tiefen Wald. Die Menschen freuten sich sehr, als sie mich sahen. Außerdem gibt es große Kirschbäume, Birnen- und Apfelbäume im Garten. Läuft dir nicht das Wasser im Munde zusammen? Früchte isst du doch so gerne.«

»Ach, das tönt ja wunderbar! Du bist der liebste Eichhörnchenmann!«

»Pass auf, was ich dir noch verrate!«

Nun spitzte Mama Eichhörnchen ganz fest die Ohren, auf denen zierliche Haarbüschel sitzen die sogar mithelfen, selbst leise Gesprochenes zu verstehen.

»Im Garten, in der äußersten Ecke, steht eine stattliche Tanne. An ihrem Hauptstamme bauen wir unser Haus.«

Da leuchteten die schönen, schwarz glänzenden Augen der werdenden Mutter. Sogar die Oberlippe mit ihrem stattlichen Schnurrbart zitterte vor Freude. Und so geschah es, dass Vater und Mutter Eichhörnchen ihr Haus in unserer hohen Tanne im Garten bauten. Fleißig besorgte der Vater viele zähe Baumwurzeln und biegsame Reiser und trug sie hinauf zum Baumhaus. Dort schlang er alles geschickt ineinander, das ergab Stabilität.

Er ruhte nicht, bis der Bau fertig war. Am Schluss polsterte er alle Wände mit einem dicken Moospolster aus, so konnte die Winterkälte nicht ins Haus.

Bald kamen zwei gesunde, prächtige Eichhörnchenkinder zur Welt. Die Eltern waren überglücklich. Wir sind es auch, weil wir dieses Glück hautnah miterleben dürfen.


Der Neuankömmling

Es klingelte. Ich öffnete die Tür. Es war mein Freund, quirlig wie immer. »Hallo Rudi! Hast du die Koffer schon gepackt? Den Schnorchel nicht vergessen, wie letztes Jahr?«

Ich blieb stumm. Carlo schaute mich prüfend an. »Oh je! Ist es wieder der alljährliche Katzenjammer? Deine Mieze wird doch gut betreut von deiner Nachbarin, während du weg bist.«

»Ja, ich weiß, Buzzi wird gut versorgt. Aber wie kläglich sie beim Abschied miaute, du hättest es hören sollen. Schrecklich!«

»Mensch Rudi, schalt doch ab, entspann dich! Morgen Mittag sitzen wir zwei am Meer, genießen deine geliebte Pasta und einen guten Chianti.« Carlo klopfte mir aufmunternd auf die Schulter. »Tschau Rudi, wir treffen uns morgen in Riccione wieder. Gute Fahrt!«

»Das wünsche ich dir auch.«

Seit Tagen genossen wir das Badeleben in Riccione und schnorchelten. Beide hatten wir das Auto dabei. Als wir gestern vom Strand zurückkamen, stand ein kleines schwarzes Hündchen mit abgenagter Leine bei den Autos. Es war total ausgehungert. Unsere Herzen zogen sich zusammen! Beide wollten wir das arme Tier aufnehmen. Es war ein kleiner zarter Mischling, mit kurzem schwarzem Fell. Seine Ohren waren spitz und leicht nach vorne gebogen. Große, runde, braune Augen schauten uns flehend an. Sein schmales Gesicht war von schneeweißen Haaren eingerahmt, nur die dunkle Schnauze hob sich ab. Er erinnerte uns an eine Fledermaus. Wie rührend uns das Tier anschaute; es eroberte unsere Herzen im Sturm.

Da jeder von uns den Hund haben wollte, ließen wir ihn selbst entscheiden. Wir stellten unsere Autos hintereinander und öffneten bei beiden eine Tür. »Fledermaus« sprang in meinen Wagen; er gehörte ab jetzt zu mir.

Carlo meinte: »Hm, hm, hm, hoffentlich geht das gut mit deiner Katze? Hund und Katz sind nicht unbedingt freundlich zueinander.«

Viel zu rasch vergingen die schönen Ferientage am Meer. Wir mussten die Heimreise antreten, die Arbeit rief.

Als ich aus den Ferien zurückkam, brachte meine Nachbarin Buzzi samt Schlafkorb nach Hause. Die Katze würdigte mich aber kaum eines Blickes, sie war beleidigt, weil ich sie so lange alleine gelassen hatte. Meine braun-weiße, langhaarige Katzendame, mit geheimnisvollen grünen Augen, ist schon viele Jahre bei mir. Auch heute liegt sie bewegungslos im Schlafkorb. Sie ist beleidigt!

Plötzlich entdeckte sie »Fledermaus«. Ich hatte ihn unter den Arm genommen. Buzzi öffnete ihre Augen zwar nur einen winzigen Spalt, trotzdem spürte man ihr Interesse. Ihre Sinne waren hellwach. »Was passiert denn da, was hat dieser Eindringling hier zu suchen?«, schien sie sich zu fragen. »Ich bin der Liebling des Hauses!« Die kleinste Bewegung des Hundes verfolgte sie äußerst wachsam mit ihren klugen Katzenaugen. Zwischendurch gähnte sie, als wollte sie sagen: »Ach, ist das langweilig; ich bin und bleibe die Königin hier!«

Fledermaus schaute interessiert zu der Katze. Kaum stellte ich ihn auf den Boden, rannte er zu ihr hin.

»Oh je, oh je! Jetzt heißt es aufpassen«, dachte ich. In dem Moment, folgte ein gewaltiger, geschmeidiger Satz. Buzzi sprang mit katzenhaften Bewegungen aus dem Korb, direkt auf den Findling zu. Sie fauchte ein paar Mal, fast lautlos, und legte sich wieder in den Schlafkorb zurück.

Fledermaus zitterte vor Schreck am ganzen Körper und fing an zu jaulen. Tat es Buzzi jetzt leid, dass sie den kleinen Kerl so erschreckt hatte?

Zum zweiten Mal erhob sie sich und schlich diesmal ganz sachte auf den Hund zu. Lange betrachtete sie ihn von allen Seiten. Dann fing sie an wohlwollend zu schnurren. Vielleicht spürte sie, was für ein armer Hund das war. Man hört und spricht ja öfter von den feinen Katzensinnen.

Am nächsten Tag kaufte ich ein Hundebett. Schon der Name gefiel mir: »Grand Plaza«. Es war daunenweich ausgepolstert, hatte ein herausnehmbares Wendekissen in den schönen Farben Bordeaux/ Grau und war verziert mit einer Goldkrone. Ein königliches Bett!

Zusätzliche Seitentaschen, mit Stoffknochen, nahm ich ebenfalls dazu. Der Kleine sollte sich wohlfühlen. In seinem Bett taufte ich ihn auf den Namen Findi. Er war klug und verstand schnell, dass er gemeint war.

Hundebett und Katzenschlafkorb standen ab jetzt nebeneinander. Und Morgen für Morgen schauten beide, ob der andere schon wach ist. Ein köstliches Ritual! Und wie das bei Freunden üblich ist, fraßen beide aus demselben Napf.

Doch eines Morgens stand Buzzi herzzerreißend miauend vor mir. Ständig lief sie zum Hundekorb und wieder zurück zu mir. Schlussendlich bemerkte ich, dass etwas nicht stimmte.

Findi lag regungslos im Bett. Er war krank; er hatte eine ganz heiße Nase. Ich rief den Tierarzt. Als er Findi eine Spritze verabreichte, saß Buzzi mucksmäuschenstill daneben. Sie sorgte sich um ihren kranken Freund. Ich beobachtete, wie sie immer wieder zu seinem Liegeplatz lief und ihn besuchte. Leise schnurrend rieb sie ihren Kopf an Findis Gesicht und Schnauze.

Als der Hund nach Tagen wieder auf die Pfoten kam, war meine Katze sichtlich glücklich: Sie holte ihren kostbarsten Schatz, ihren Spielball, aus dem Korb und pfötelte ihn Findi zu.

Es war ein Erlebnis mit anzusehen, wie fröhlich Hund und Katze zusammen spielten.

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Litres'teki yayın tarihi:
23 aralık 2023
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9783961457038
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