Kitabı oku: «Hitze, Matsch und Hirsekloß»

Yazı tipi:

Hanna Pusch

Hitze, Matsch und Hirsekloß

Oles Abenteuer in Kamerun


Zu diesem Buch

Ole und Jakob sind Freunde. Aber leider können sie sich nicht sehr oft sehen. Denn Ole wohnt in Deutschland und Jakob als Missionarskind in Kamerun. Was für eine Aufregung, als Ole und seine Familie in den Weihnachtsferien nach Kamerun reisen, um Jakob mit seiner Familie zu besuchen! Hier taucht Ole in eine Welt ein, die ihm völlig fremd ist.

Es ist ein Urlaub voller Abenteuer – manche sind spannend, andere stimmen Ole eher nachdenklich. Ob er am Ende wieder Lust hat, nach Hause zu fliegen? Das müsst Ihr schon selber lesen!

Über die Autorin

Hanna Pusch ist verheiratet und hat 4 Kinder. Mit EBMinternational waren sie als Familie 10 Jahre lang in Kamerun im Missionsdienst unterwegs. „Oles Abenteuer“ beruhen daher auf wahren Begebenheiten.

Impressum

Dieses Buch als E-Book:

ISBN 978-3-943362-12-1

Dieses Buch in gedruckter Form:

ISBN 978-3-943362-11-4, Bestell-Nummer 588 826

Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der

Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische

Daten sind im Internet über www.d-nb.de abrufbar

Lektorat: Marcella Zapp Umschlaggestaltung: spoon design, Olaf Johannson Umschlagabbildungen: Privat; Andere Andrea Petrlik/Shutterstock.com Satz: Edition Wortschatz, Schwarzenfeld

© 2014 Hanna Pusch

Nachdruck und Vervielfältigung, auch auszugsweise, nur mit Genehmigung der Autorin

Edition Wortschatz im Neufeld Verlag Schwarzenfeld

www.edition-wortzschatz.de

Für Dirk, Matthis, Jannis, Andris und Silas – meine fünf „Herzens-Afrikaner“.

Ohne euch würde es dieses Buch nicht geben!

Inhalt

Zu diesem Buch

Über die Autorin

Impressum

Saanu!

1. Im Flugzeug …

2. Mein Freund Jakob

3. Es geht los!

4. Endlich angekommen

5. Die Baustelle

6. Ein Schultag im Boukarou

7. Auf dem Markt

8. Der meisterhafte Schneider

9. Auf ins Dorf

10. Von Schafen und Krokodilen

11. Die Graskirche

12. Beim Dorfchef

13. Die Mäusejagd

14. Das Festessen

15. Matschfeuer und Knusperstündchen

16. Weihnachtsbesuche

17. Ein trauriger Vormittag

18. Ein außergewöhnlicher Heiligabend

19. Es wird gefeiert

20. Malaria

21. Wilde Tiere

22. Die unheimliche Tonfigur

23. Abschied

Rezept für Bouillie

Wissenswertes über Kamerun


Quelle: http://d-maps.com

Saanu!1

Würdest du gerne einmal nach Afrika fliegen? Möchtest du wissen, wie die Menschen dort leben, was für Tiere es gibt und wie Missionare dort arbeiten?

Dann ist dieses Buch genau das Richtige für dich! Begleite Ole auf eine spannende Reise nach Kamerun, wo er mit seinen Eltern und seiner Schwester eine befreundete Missionarsfamilie besucht. Die Orte, an denen ihr unterwegs sein werdet, gibt es wirklich. Und die Abenteuer, die ihr erleben werdet, sind tatsächlich so oder so ähnlich passiert.

Vielleicht fragst du dich, woher ich das alles so genau weiß?

Mit meinem Mann und unseren vier Jungs habe ich über 10 Jahre in Kamerun gelebt. Wir haben dort eine ganz besondere Zeit verbracht und wir haben so viel Aufregendes erlebt, dass daraus dieses Buch entstanden ist.

Somit wünsche ich dir: „Yotta jam“ – Gute Reise!

Hanna Pusch

1Das ist Fulfulde und heißt: Grüß dich!

1. Im Flugzeug …

Der Flugzeugmotor dröhnt gleichmäßig. Im Gang zwischen den Sitzen höre ich einen Müllsack rascheln. Von Zeit zu Zeit klappert es, wenn die Stewardess einen Stapel benutzter Plastikbecher hineinwirft. Neben mir bewegt sich Leonie, meine große Schwester. Sie lehnt sich über meinen Sitz herüber und schiebt mich ein bisschen zur Seite. „Ole, lass mich auch mal rausgucken!“, fordert sie mich auf und nun starren wir gemeinsam angestrengt aus dem kleinen Fenster neben mir. Unsere Augen halten Ausschau nach einem Flughafen und einer Landebahn. Doch außer weiten Ebenen, ein paar Hügeln, brauner Erde und dürren Bäumen ist weit und breit nichts zu erkennen.

In der Reihe vor uns sitzen Papa und Mama. Mama ist sehr still. Sie verträgt das Fliegen nicht so gut. Ihr wird immer schlecht. Aber um nichts in der Welt hätte sie zu Hause bleiben wollen.

Dafür redet Papa umso mehr. An seiner Stimme merke ich, dass er ganz schön aufgeregt ist. „Schaut doch mal da unten“, höre ich ihn sagen, „immer wieder kommen so kleine Flecken, die aussehen, als würden dort Leute wohnen. Wie kommen die wohl da hin? Ich kann gar keine richtigen Straßen erkennen.“

„Keine Ahnung“, murmle ich und drücke mir die Nase an der kühlen Scheibe platt.

2. Mein Freund Jakob

Meine Gedanken kehren zurück nach Hause, nach Deutschland. In meinem Zimmer über dem Schreibtisch hängt ein Foto. Ich habe es im letzten Frühjahr von meinem Freund Jakob geschenkt bekommen. Auf dem Bild erkennt man im Hintergrund ein wenig trockene Landschaft. Sie sieht genauso aus wie die Ebene, über die wir gerade mit dem Flugzeug fliegen.

In der Mitte des Fotos liegt ein großer Felsen. Darauf sitzt Jakob mit seiner ganzen Familie: Vorne in der Mitte ist er selber. Rechts daneben sitzt seine kleine Schwester Mia. Sie ist erst zwei Jahre alt und macht gerade ein unwilliges Gesicht. Offensichtlich hatte sie keine Lust, sich fotografieren zu lassen. Links neben Jakob hockt seine Schwester Ina. Sie ist neun, also nur ein Jahr jünger als Jakob. Hinter den drei Kindern sieht man ihre Eltern: Thomas und Kerstin. Am unteren Rand des Fotos steht: „Familie Bäumler, tätig in Maroua, Kamerun“.

Dieser kleine Satz verrät, weshalb ich meinen Freund Jakob nur sehr selten sehen kann. Seine Eltern arbeiten nämlich als Missionare in Kamerun. Kamerun liegt mitten in Afrika. Und weil Jakobs Eltern dort arbeiten, wohnen sie dort auch als ganze Familie.

Alle zwei Jahre reisen sie nach Deutschland, um ihre Verwandten und Freunde zu besuchen. Da meine Eltern schon lange mit Kerstin und Thomas befreundet sind, kamen die Bäumlers im letzten Frühjahr auch zu uns. Das fand ich sehr spannend!

Immer wenn Jakob und ich abends in unseren Betten lagen, fragte ich ihn über Kamerun aus: Welche Tiere es dort gibt und ob er auch zur Schule gehen müsse. Ich war neugierig, was man wohl in Kamerun isst und wie genau das Haus aussieht, in dem er wohnt. Jakob freute sich, mir von seinem Zuhause zu erzählen. Doch irgendwann meinte er: „Du musst uns einfach mal besuchen. Dann kann ich dir alles zeigen!“ Den Vorschlag fand ich wirklich genial! Allerdings hätte ich nie geglaubt, dass er Wirklichkeit werden könnte.

Am Abend, bevor Familie Bäumler weiterreisen wollte, um ihre Verwandten zu besuchen, saßen wir alle zusammen um unseren Esstisch. Papa blickte in die Runde. Dann holte er tief Luft, sah Leonie und mich ganz feierlich an und fragte: „Na ihr zwei, was würdet ihr davon halten, wenn wir die Bäumlers an Weihnachten in Maroua besuchen?“

Für einen Moment war kein Laut zu hören. Ich war einfach sprachlos. Aber dann durchbrach Ina die Stille: „Au ja! Ihr kommt uns besuchen!“ Jakob und ich fielen uns um den Hals und brachen in lautes Jubelgeschrei aus. Alle waren total begeistert! Selbst die kleine Mia lachte laut und hopste auf Kerstins Schoß herum.

3. Es geht los!

So kam es also, dass meine Familie und ich die letzten Monate damit verbrachten, unsere Reise nach Kamerun vorzubereiten. Ich hätte nie gedacht, dass man dafür so viel organisieren muss. Als erstes beantragte Mama einige Tage Schulbefreiung für Leonie und mich. Sie und Papa waren nämlich der Ansicht, dass zwei Wochen Weihnachtsferien viel zu kurz für eine Kamerunreise sind. Als nächstes mussten wir unsere Flüge buchen. Dann bekamen wir verschiedene Impfungen gegen Krankheiten, von denen wir bisher noch nie gehört hatten. Außerdem mussten wir bei der Kameruner Botschaft Visa für uns beantragen. Das ist die Erlaubnis, die wir brauchen, um in Kamerun einreisen zu dürfen.

Gestern Morgen war es dann endlich so weit: Um 5 Uhr machten wir uns auf den Weg zum Flughafen. Ich war ganz schön müde, denn vor lauter Aufregung hatte ich nachts kaum geschlafen. Da es keine direkten Flüge von Deutschland nach Maroua gibt, mussten wir zuerst einmal in die Hauptstadt Jaunde, nach Südkamerun, fliegen. Als wir abends dort ankamen, holten uns Freunde von Kerstin und Thomas ab. Bei ihnen konnten wir übernachten und heute Morgen haben sie uns wieder zum Flughafen gebracht, damit wir weiter nach Nordkamerun fliegen können.

Ich war überrascht, als wir die stickige Wartehalle betraten. Es waren fast nur Afrikaner, die mit uns zusammen nach Maroua reisen wollten. Dunkle Frauen mit weiten, bunten Gewändern fächelten sich mit ihren Flugtickets frische Luft zu. Männer in hellen Anzügen, auf denen Stickereien glänzten, unterhielten sich. Manche von ihnen schienen sich zu kennen und grüßten sich laut über die Köpfe der anderen hinweg. Immer wieder klingelte irgendwo ein Handy. Laut riefen die Besitzer hinein und manche von ihnen fuchtelten dabei wild mit den Händen. Dazwischen standen ein paar Kinder. Einige der Mädchen trugen Kopftücher, bei anderen konnte man kunstvoll geflochtene schwarze Haare sehen. Ein Junge, der einen Kopf größer als ich war, trug einen dunklen Anzug mit Jackett und blank polierten schwarzen Schuhen. Immer wieder musste ich ihn anschauen. Seine Haut war so dunkel!

Zusammen mit diesen vielen fremden Menschen bestiegen wir das Flugzeug, in dem wir jetzt gerade sitzen und das uns nach Maroua bringen soll. So ganz wohl fühle ich mich in ihrer Gegenwart nicht. Sie sind so anders als wir. Und weil sie Französisch sprechen, kann ich sie auch nicht verstehen. Das macht mir ein bisschen Angst.

Plötzlich werde ich aus meinen Gedanken aufgeschreckt. Aus dem kleinen Lautsprecher über mir ertönt eine Durchsage. Wieder verstehe ich kein Wort. Doch kurz darauf kommt ein Afrikaner in blauer Uniform und kontrolliert mit strengem Blick, ob wir alle angeschnallt sind. Das heißt wohl, dass wir demnächst landen!

„Na, dann haben wir es ja bald geschafft“, seufzt Mama erleichtert.

Im selben Augenblick knufft Leonie mich in die Seite: „Da ist er!“, ruft sie aufgeregt. „Schau nur Ole, da ist der Flughafen!“

Tatsächlich! In weiter Entfernung kann ich die schmale Landebahn erkennen und dahinter ein kleines Gebäude mit einem Turm. „Wow! Wir sind da!“, juble ich. Allerdings wundere ich mich gleich darauf. Weit und breit um den Flughafen herum gibt es nur Gestrüpp und Sand. Müsste hier nicht Maroua sein? Nun ja, irgendwo wird sich die Stadt schon befinden. Das Flugzeug dreht eine große Schleife und setzt zur Landung an.

Ich bin so aufgeregt! Am liebsten würde ich aufspringen und meinen Rucksack aus dem Handgepäckfach holen. Aber das kleine Licht über meinem Sitz erinnert mich daran, dass ich angeschnallt bleiben muss. Mit einem Ruck setzen die Räder des Flugzeugs auf der Landebahn auf. Mein ganzer Körper kribbelt vor Spannung und in meinem Kopf wirbeln die Gedanken wild durcheinander. Unser Afrika-Urlaub beginnt! Ich kann es kaum noch erwarten, hier raus zu kommen.

4. Endlich angekommen

Als das Flugzeug stillsteht, dürfen wir uns abschnallen. Ich versuche mich zu gedulden, bis alle Fluggäste ihre Sachen zusammengesucht haben und in Richtung Ausgang gehen. Sie scheinen es nicht sehr eilig zu haben. Stattdessen unterhalten sie sich lachend über die Sitze hinweg. Dabei blitzen ihre weißen Zähne und ihre dunklen Augen funkeln. Am liebsten würde ich mich an ihnen vorbeidrängeln. Aber mit meinem dicken Rucksack würde ich in dem engen Gang wohl kaum an ihnen vorbeikommen.

Als wir endlich die Tür erreichen, schlägt mir ein heißer Wind entgegen. Es fühlt sich an, als würde mir jemand mit einem Föhn trockene Luft ins Gesicht pusten. Ich muss die Augen zusammenkneifen, weil mich die Sonne blendet. Vorsichtig taste ich nach dem heißen Metallgeländer und steige die Treppe hinunter aufs Rollfeld. Puh, wie warm das hier ist!

Zusammen mit allen anderen Reisenden laufen wir in Richtung Flughafengebäude, um unser Gepäck in Empfang zu nehmen. Wir kommen in einen Wartesaal, in dem sich mit viel Gerumpel ein Gepäckband dreht. Mein Blick fällt wieder auf den dunklen Jungen im schwarzen Anzug. „Der muss ganz schön schwitzen!“, schießt es mir durch den Kopf.

Auf dem Gepäckband poltert es. Ein paar Kartons tauchen auf. „He, da kommt ja schon was!“, rufe ich.

Mama sucht mit den Augen das Band ab: „Hoffentlich ist alles heil angekommen!“

Nach und nach kommt unser Gepäck angefahren. Papa zieht die Koffer vom Band herunter und stapelt sie auf zwei Wagen. Mama ist sichtlich erleichtert, als sie sieht, dass nichts fehlt. „So, nun werden wir mal sehen, ob Thomas schon da ist, um uns abzuholen“, sagt Papa. Er lenkt einen der Wagen in Richtung Ausgang. Ich schiebe die zweite Karre hinter ihm her.

Kaum haben wir eine große Glastür passiert, hören wir eine bekannte Stimme: „Hallo Stefan, Hallo Susanne!“ Mama und Papa drehen sich um. Vor ihnen steht Thomas. Ich habe ihn zuerst gar nicht erkannt. Er trägt eine Hose und ein Oberteil aus buntem afrikanischem Stoff. Um den Kragen herum glänzt eine wunderschöne Stickerei. Er umarmt meine Eltern. Dann wendet er sich an Leonie und mich. „He ihr zwei! Ich freu mich, dass ihr da seid. Und Jakob und Ina erst. Sie fanden es ziemlich doof, dass sie nicht mit zum Flughafen durften. Leider mussten sie heute in der Schule noch eine Klassenarbeit schreiben.“

Auch ich bin ein bisschen enttäuscht. Ich hatte mich so auf Jakob gefreut. Aber Thomas meint, dass die beiden mittlerweile schon auf dem Heimweg seien. Bis wir nach Hause kämen, würden sie sicher schon ganz ungeduldig auf uns warten.

Ein Mann in einer grünen Weste hilft uns, die Gepäckwagen zum Auto zu schieben. Als wir auf den Parkplatz vor dem Flughafen kommen, macht mein Herz einen Sprung. Da steht ein richtiger Geländewagen! Mit so etwas wollte ich schon immer mal fahren! Thomas schließt die hinteren Türen auf und der Mann mit der grünen Weste verstaut unser ganzes Gepäck im Kofferraum. Thomas bedankt sich freundlich und bezahlt ihn für seine Arbeit. Dann ruft er: „Alles einsteigen, bitte!“

Mit einem breiten Grinsen auf dem Gesicht klettre ich auf die Rückbank. Der Wagen ist ganz schön hoch. Da muss man sich richtig anstrengen, um überhaupt reinzukommen. Stolz sitze ich auf meinem Platz und ziehe die Tür neben mir zu. Jetzt kann es losgehen!

Während sich die Erwachsenen über unsere weite Reise unterhalten, schauen Leonie und ich wie gebannt aus dem Fenster. Jetzt ist es noch viel interessanter als vom Flugzeug aus. Papa hat mir erklärt, dass in Nordkamerun schon seit drei Monaten Trockenzeit herrscht. Das heißt, dass es seit drei Monaten kein bisschen mehr geregnet hat und es noch sehr lange dauern wird, bevor der nächste Regen kommt. Tatsächlich wirkt alles sehr trocken, aber trotzdem ist die Landschaft unglaublich schön. Die Berge sehen aus, als hätte jemand einen riesigen Eimer mit Felsen ausgekippt. Manche liegen einzeln herum, andere wie Türme aufeinander. Als ich die knorrigen, blattlosen Bäume am Straßenrand sehe, überlege ich, was es wohl bedeutet, dass in den nächsten Monaten kein einziger Tropfen Regen fallen wird. Irgendwie kommt mir das genial vor. Man muss auf jeden Fall nie Angst haben, dass es einem die Grillparty oder die Fahrradtour verregnet. Aber macht man hier überhaupt Grillpartys? Radtouren offenbar schon eher. Unser Auto überholt immer wieder Männer und Frauen auf Fahrrädern. Allerdings habe ich nicht den Eindruck, dass sie zum Vergnügen unterwegs sind. Im Gegenteil, manche haben ganz viel Holz auf den Gepäckträger gebunden, andere sind mit großen Kanistern beladen oder haben noch einen Beifahrer auf dem Gepäckträger sitzen.

Da taucht neben uns ein Junge auf. Er fährt ein riesengroßes Fahrrad. Es ist so groß, dass er beim Treten noch nicht mal auf dem Sattel sitzen kann. Wo er damit wohl hin will?

Nach einer Weile kommen wir an ein paar Hütten vorbei. Sie sind viereckig. Ihre Dächer sind mit Gras gedeckt und die Wände scheinen aus Lehm zu sein. Immer stehen einige Hütten etwas näher zusammen und sind durch Lehmmauern miteinander verbunden. Hier sind auch ein paar Leute. Sie sitzen im Schatten auf bunten Matten vor den Häusern. Die Frauen haben Tücher ausgebreitet und in kleinen Stapeln liegen Obst und Gemüse darauf. Thomas erklärt uns, dass das Lebensmittel sind, die sie an Reisende verkaufen.

Und dann ist es endlich so weit: An einer Kreuzung fahren wir an einigen anderen Händlern vorbei, die Obst verkaufen, und schon sehen wir die ersten Häuser von Maroua. Es sind richtige einstöckige Häuser, mit Wellblechen gedeckt, keine Lehmhütten. Ich wundere mich, wie viele Leute hier unterwegs sind! Männer, Frauen und sehr viele Kinder. Manche von ihnen tragen Teller oder Schüsseln mit Sachen auf dem Kopf. Einige von ihnen sind sogar kleiner als ich und gehen ganz allein in diesem Getümmel von Motorrädern, Fahrrädern und Autos über die Straße. Vor uns fährt ein Motorrad mit einer großen Holzkiste auf dem Gepäckträger. Ich merke, wie Leonie neben mir erschaudert. In der Kiste liegt – ich traue meinen Augen kaum – ein geschlachtetes Tier!

„Der fährt sicher zum Markt, um sein Rind zu verkaufen“, sagt Thomas, als er unser Erstaunen bemerkt.

Wenig später erreichen wir eine Brücke. Darunter befindet sich ein breites Flussbett. „Ole, kannst du dir vorstellen, dass der Fluss im August voller Wasser ist?“, fragt mich Thomas sichtlich belustigt. Ich schüttle den Kopf. Beim besten Willen, das kann ich mir absolut nicht vorstellen. Unter der Brücke ist nämlich weit und breit nur Sand zu sehen. Nicht das kleinste Rinnsal kann man erkennen. Stattdessen spielen ein paar Jugendliche dort Fußball.

Nachdem wir unzählige Motorräder überholt haben und an einem großen Markt vorbeigefahren sind, sagt Thomas: „So, jetzt haben wir es geschafft. Da vorne ist die Missionsstation! Dort wohnen wir.“

Er fährt langsamer und biegt schließlich ab. Wir halten vor einem Tor. Ein Mann in einer schwarz-roten Uniform öffnet eine Schranke. Er lacht und winkt uns freundlich zu. Thomas grüßt ihn durch das Fenster. Zu uns gewandt erklärt er: „Das ist unser Wächter! Er kontrolliert ein bisschen, wer hier auf die Station kommt.“

Einen Moment später hält unser Auto vor einem zweistöckigen Haus. Thomas meint schmunzelnd: „Passt auf, es kann sich nur um Sekunden handeln, bis euch das Begrüßungskomitee in Beschlag …“

Noch bevor er seinen Satz beenden kann, kommen Jakob und Ina um die Hausecke geflitzt. „Sie sind da!“, rufen sie und springen vor Begeisterung auf und ab. Allerdings hätte ich mir unter Begrüßungs-Komitee etwas anderes vorgestellt: Die beiden sind von oben bis unten mit Dreck verschmiert. Jakob reißt die Autotür auf und schwingt dabei eine Hacke. Ina wedelt mit einer Schaufel. „He Ole!“, schreit Jakob. „Toll, dass du da bist! Wir bauen eine Lehmhütte. Machst du mit?“

„Jetzt lasst den armen Ole doch erst mal richtig ankommen“, wehrt Thomas ab. Aber Ina grinst mich nur keck an und erwidert: „Er ist doch richtig angekommen, sonst wäre er ja nicht da!“

Ich rutsche vom Autositz nach draußen. Im gleichen Moment öffnet sich die Haustür und Kerstin kommt heraus. Auch sie freut sich riesig uns zu sehen. Sie umarmt erst Mama und Papa und kommt dann auf Leonie und mich zu.

„Hallo ihr zwei! Schön, dass ihr da seid!“, sagt sie und verwuschelt meine blonden Haare. Ich grinse etwas verlegen, denn es ist doch eine ganze Weile her, seit ich Kerstin das letzte Mal gesehen habe. Außerdem trägt sie ein afrikanisches Kleid und ein Kopftuch. Damit sieht sie so anders aus als bei ihrem Besuch in Deutschland.

Plötzlich spüre ich eine kleine krustige Hand in der meinen. Unter einem dunklen, sandigen Lockenkopf grinst mich die kleine Mia an: „Du mitkommen. Bauen groooßes Haus!“

„Ja, Ole“, ruft jetzt auch Jakob ungeduldig, „nun komm doch endlich!“

Kerstin sieht mich prüfend an: „Willst du nicht erst noch was essen? Ich habe eine Kleinigkeit für euch vorbereitet.“

„Wie gut“, höre ich Leonie erleichtert sagen, „die belegten Brote im Flugzeug habe ich einfach nicht runtergekriegt.“

Aber ich schüttle den Kopf. „Ich hab grad keinen Hunger.“

Mama runzelt die Stirn, doch Papa nickt mir aufmunternd zu: „Geh nur! Wir rufen dich dann spätestens zum Abendessen!“

Ich grinse ihn vielsagend an und beeile mich zu verschwinden, bevor Mama noch etwas erwidern kann.

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