Kitabı oku: «Paulo Redmann»
Hans Müller-Jüngst
Paulo Redmann
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Inhaltsverzeichnis
Titel
Paulo wächst heran und gründet eine Familie
Sehr strenger Winter in Dinkelstein
Endlich Tauwetter!
Hochwasser in Dinkelstein
Frühsommer
Trockenheit, Hitze
Ende der Trockenzeit
Ben und Joshua werden erwachsen
Ben und Joshuas letztes Schuljahr
Impressum neobooks
Paulo wächst heran und gründet eine Familie
Hans Müller-Jüngst
PAULO REDMANN
Impressum
Texte: © Copyright by Hans Müller-Jüngst
Umschlag: © Copyright by Hans Müller-Jüngst…
Verlag: Hans Müller-Jüngst
Waisenhausstr. 4
47506 Neukirchen-Vluyn
HaMuJu@t-online.de
Druck: epubli, ein Service der
neopubli GmbH, Berlin
Printed in Germany
Paulo Redmann wurde als Sohn der Marga Redmann und ihres Mannes Arthur Redmann 1950 in Dinkelstein, einer kleinen Stadt am Fuße der Löhrberge in Norddeutschland, geboren.
Sein Vater war eine stattliche Erscheinung, sowohl was seine Körpergröße als auch was seinen Körperumfang betraf.
Er legte immer Wert auf eine angemessene Erscheinung, das hieß, dass man ihn fast ausschließlich in Anzug und Krawatte sah, wenn er das Haus verließ, und man kannte ihn in der Nachbarschaft kaum in einem anderen Aussehen.
„Guten Tag Arthur, machst du wieder einen Spaziergang?“, fragte man ihn dann, und Arthur Redmann antwortete:
„Ich will mir nur die Beine vertreten und mache eine Runde um den Block!“
Seine Nachbarn trugen Arbeitskleidung oder Freizeitkleidung, niemand von ihnen würde alltags Anzug tragen.
Arthur Rebmann aber ließ sich in seine Entscheidung, Anzug zu tragen, nicht hineinreden, auch nicht von seiner Frau. Wahrscheinlich wollte er sich von der Kriegszeit absetzten, in der man aus Gründen der Unterversorgung einfachste Kleidung getragen hatte.
Er hatte bei seinen Spaziergängen immer einen Gehstock bei sich, der seine Körperhaltung noch aufrechter erscheinen ließ.
Nicht dass er einen Stock gebraucht hätte, nicht weil er ein körperliches Defizit zu verzeichnen gehabt hätte, nein, der Stock war Teil des Gesamtbildes, das er für jeden sichtbar abgab.
Er war von Berufs wegen Prokurist bei einer Firma, die Staubsauger herstellte und bei den Hausfrauen hohes Ansehen genoss. Die Vertreter, die unterwegs waren, um die Staubsauger zu verkaufen, hatten leichtes Spiel.
Arthur Redmann war seit 30 Jahren bei der Firma und hatte sich bis zum Posten des Prokuristen hochgearbeitet. Auch er war früher Vertreter bei „Saugwerk“ und konnte sich gut erinnern, was es bedeutet hatte, bei den Hausfrauen zu erscheinen und seinen Staubsauger vorzuführen. Er war immer nett aufgenommen worden und konnte überzeugend darbieten, wie gut die „Saugwerk“-Staubsauger arbeiteten. Oft wurden ihm bei solchen Gelegenheiten Kaffee und Kuchen angeboten, worauf er sich gerne einließ.
Seit er nur noch im Innendienst tätig war, dann als Prokurist, gestaltete sich sein Arbeitstag ganz anders. Er hatte ein geräumiges Büro und saß die ganze Zeit hinter seinem Schreibtisch.
Die Firma „Saugwerk“ war seit ihrer Gründung in Dinkelstein ansässig, das war vor über 50 Jahren.
Alfred Strom hatte in den Wirren der Weltwirtschaftskrise die Gelegenheit beim Schopf gepackt und zunächst ganz klein angefangen, bis er den Betrieb immer mehr ausgeweitet hatte, es arbeiteten dann um die 1000 Menschen bei „Saugwerk“, was natürlich für die Wirtschaft von Dinkelstein von erheblicher Bedeutung war. Jeder Dinkelsteiner kannte „Saugwerk“, und die Firma war bis weit über die Stadtgrenzen hinaus bekannt.
Arthur Redmann mischte auch in der Stadtpolitik kräftig mit und war über Jahre hinweg Stadtrat für die CDU im Stadtparlament.
Die CDU führte die Stadt während der gesamten Nachkriegszeit mit absoluter Mehrheit, sie war in den Augen der meisten Dinkelsteiner Garant für wirtschaftliche Stabilität und für die Bewahrung der Werte. Wenn Arthur Redmann im Stadtrat das Rederecht zugeteilt wurde, und er sich erhob, dann herrschte schon allein wegen seines imposanten Äußeren augenblicklich Ruhe, und wenn er dann mit seiner sonoren Stimme anfing zu reden, regte sich nichts mehr im Saal.
Viele seiner Zeitgenossen trauerten seiner Amtszeit im Stadtrat hinterher, als er mit Ende 50 aus Altersgründen ausschied, er war auch gesundheitlich nicht mehr ganz auf der Höhe.
Zu Hause fühlt er sich am wohlsten, wenn ihn seine Marga umsorgte und ihn bekochte. Dann zog er seine Anzugjacke aus, lockerte seine Krawatte und schlüpfte in seine Hausschuhe. Er nahm sich die Zeitung und setze sich mit ihr lange Zeit an den Tisch und las.
Nach dem Essen legte er sich nachmittags immer hin und schlief. Er durfte dabei nicht gestört werden, sonst würde er fuchsteufelswild, das bekam schon Paulo in seinen jungen Jahren zu Hause zu spüren.
Marga führte ein sehr zurückgezogenes Leben, war aber mit dem, was ihr geboten wurde, sehr zufrieden. Sie pflegte das, was man gemeinhin Hausfrauendasein nannte, dazu gehörten das Putzen und das Kochen. Aber diese Tätigkeiten bereiteten ihr sogar Freude, sie klagte nicht, sondern sang dabei sogar fröhliche Lieder.
Einmal in der Woche traf sie sich mit Freundinnen in der Stadt, und sie ging mit ihnen einkaufen. Wichtiger als der Einkauf war aber der anschließende Cafebesuch.
Jede nahm zu dem Kaffee, den sie sich bestellten, ein ordentliches Stück Torte und genoss es, es wurde dabei nicht ein Wort geredet. Wenn dann alle ihre Torte gegessen hatten, setzte aber eine Redeorgie ein, in der alles zur Sprache kam, was sich in der zurückliegenden Woche ereignet hatte. Doch während die anderen ihre Männer und deren Allüren vorführten, hielt sich Marga zurück, sie wollte nicht über ihren Mann lästern, weil sie es zu sehr achtete, was er tat. Dann sahen sich die Frauen eine ganze Woche lang nicht, mit Ausnahme des Wochenmarktes, den einige aufsuchten, bis sie wieder einkaufen und im Anschluss in das Café gingen.
Wenn allerdings jemand vorher Geburtstag hatte, wurde das natürlich gefeiert, und alle Frauen waren eingeladen. Man schenkte sich Pralinen oder Parfums, etwas, von dem jeder wusste, dass sich das Geburtstagskind darüber freute.
Um spätestens 19.00 h, war die Geburtstagsfeier immer zu Ende, dann gingen die Frauen wieder nach Hause.
Arthur wartete dann immer schon auf Marga, nicht, dass er ihr Vorwürfe machte, er wusste ja, wo sie gewesen war, aber er hatte Marga gern um sich.
Sie unterhielten sich dann über Margas Heimat, die in Ostpreußen lag, Arthur war während des Krieges in Ostpreußen und hatte Marga dort kennengelernt. Sie sind dann gemeinsam vor den anrückenden Russen nach Westen in Arthurs Heimatstadt gegangen.
Marga war in Ostpreußen die Tochter eines Gutsbesitzers und hatte ein sehr angenehmes Leben geführt, sie hatte ein eigenes Pferd und ritt jeden Tag mit ihm aus.
Sie konnte sich bei ihrer Flucht nicht mehr von ihren Eltern verabschieden, und sie wusste nicht, was aus ihnen geworden war, sicher sind sie während der Besatzung durch die Russen ums Leben gekommen.
Arthur hatte mehrere Male versucht, Kontakt zu der inzwischen russischen Heimatstadt Margas aufzusuchen, um zu erfahren, ob Margas Eltern noch lebten. Er hatte aber nie eine Rückantwort auf sein Gesuch hin erhalten. Von Fahrten nach Ostpreußen, die inzwischen angeboten wurden, hatten Marga und er Abstand genommen, Marga wollte ihre Heimat im Gedächtnis behalten, so wie sie damals, als sie floh, ausgesehen hatte.
Marga war für eine Frau recht groß, sie war 1.75 m und überragte damit ihre Freundinnen um Einiges. Auch waren ihre Freundinnen eher vollschlank, wie man ihre Leibesfülle freundlich umschrieb, während Marga schlank war. Nie aß sie im Übermaß, und das Stück Torte, dass sie sich einmal pro Woche gönnte, hungerte sie sich im Anschluss wieder herunter, bis ihre Waage das ihr genehme Gewicht anzeigte.
Dinkelstein war als Kleinstadt Ziel vieler umliegender Dörfer, weil sie trotz ihrer Kleinheit alles bot, was man zum Einkaufen benötigte. Es gab neben den gängigen großen Märkten und Discountern zusätzlich einige im Ort gewachsene Anbieter von Kleidung und Schuhen, darüber hinaus waren auch ganz alte Metzger und Apotheken in der Stadt ansässig.
Die Stadt wurde von der „Löhrallee“ durchzogen, welche die Hauptachse war, an der die wichtigen Geschäfte lagen. Etwa in der Hälfte ihrer Länge durch die Stadt gab es einen Kreisverkehr, von dem die „Bahnhofstraße“ zum Bahnhof und die „Pestalozzistraße“ zum Schulzentrum abzweigten.
In der „Bahnhofstraße“ gab es das Cinemaxx, ein Multiplexkino mit 6 Sälen, das gut besucht war, und vor allem von Jugendlichen frequentiert wurde.
Das Schulzentrum war mit seinem pädagogischen Zentrum, das ausreichend Platz bot und gleichzeitig Aula war, auch Kulturzentrum und Theater von Dinkelstein.
Auch in der „Bahnhofstraße“ lag das „Pulp“, eine Diskothek, zu der Jugendliche auch aus den Nachbargemeinden anreisten und sich vergnügten.
Am Beginn der Bahnhofstraße lag das „Café Klein“, dass einmal in der Woche von Marga Redmann und ihren Freundinnen besucht wurde, und das eine ordentliche Kuchenauswahl hatte.
Hinter dem Bahnhof floss zwischen den „Lörbergen“ und der Stadt die „"Hilme"“, ein gemächlich dahin plätscherndes Flüsschen, dass durchschnittlich 50 cm tief und 4 m breit war.
Am Stadteingang gab es ein Schwimmzentrum mit Hallenbad und Freibad, um dessen Errichtung sich zehn Jahre zuvor im Stadtrat die Gemüter erhitzt hatten, und wo sich Arthur Rebmann lauthals für dessen Bau stark gemacht hatte, obwohl der Bau Millionen gekostet hatte, und dessen Erhalt Unsummen verschlang.
„Aber“, so Arthur Redmann, „ein Schwimmzentrum gehört nun mal einmal zu einer Stadt von der Größe Dinkelsteins, und es erhöht deren Attraktivität!“
An der anderen Seite der Stadt lagen ein Umspannwerk und ein Sägewerk. Für den Betrieb des Sägewerkes war für die Zukunft an Wasserstoff gedacht, was besonders die Fraktion der Grünen im Stadtrat favorisierte. Dabei sollte der Wasserstoff mit Strom aus Windkraftwerken und Elektrolyse aus Meerwasser kostenlos gewonnen werden, er sollte dann über Pipelines oder Tankwagen auf Schiene oder Straße zu den Abnehmern geliefert werden.
Bei der Verbrennung des Wasserstoffs entstünde als Abfallprodukt nur Wasser und kein CO2!
Hinter dem Bahnhof gab es eine schmale Brücke über die „"Hilme"“, die von den Landwirten mit ihren Traktoren befahren wurde, wenn sie auf ihre Felder gelangen wollten. Auch Spaziergänger überquerten über sie den Fluss, wenn Sie den Wald an den „Löhrbergen“ erreichen wollten.
Die „Löhrberge“ waren ein Mittelgebirgszug, der an seiner höchsten Stelle 531 m maß, das war der „Schöngipfel“, und den zu erreichen setzten sich viele Dinkelsteiner besonders an Sonntagen zum Ziel.
Oben auf dem schön Gipfel gab es ein Restaurant mit Außenbetrieb und sonntags hat man Mühe, am frühen Nachmittag noch einen Platz zu bekommen. Der Betrieb ließ dann merklich zum Herbst und Winter hin nach, und der Strom der Restaurantbesucher verlagerte sich nach innen und war auch längst nicht mehr so stark wie im Sommer.
Am Mittwoch und am Samstag fand auf dem Marktplatz in der „Pestalozzistraße“ ein Wochenmarkt statt, zu dem Besucher aus Dinkelstein und allen Nachbardörfern erschienen. In aller Herrgottsfrühe begann um 6.30 h der Markt, und es dauerte bis 13.00 h, wenn die ersten Marktstände wieder abgebaut wurden.
Man sah auf dem Markt vor allem Hausfrauen in ihren Kitteln, die oft mit Fahrrädern angereist kamen, wenn sie aus Dörfern in der unmittelbaren Nachbarschaft stammten und eine Einkaufstasche mit sich trugen.
Im Laufe des Vormittags wurde es auf dem Markt so voll, dass man sich zwischen den Marktständen kaum bewegen konnte.
Als besondere Attraktion auf dem Markt galt der Fischstand, denn in Dinkelstein gab es nirgendwo sonst die Möglichkeit, frischen Fisch zu kaufen.
Real hatte den Versuch unternommen, donnerstags einen Fischwagen auf dem großen Parkplatz des Einkaufsmarktes zu postieren, das aber mangels Nachfrage dann wieder aufgegeben.
Auf dem Wochenmarkt haben sich viele, nur um ein Quätschchen zu halten, und Marga Redmann ließ sich auch dort blicken und kaufte ein. Wenn Sie auf eine ihrer Freundinnen traf, stellten sie sich an den Rand des Marktes und unterhielten sich, oft stieß eine weitere ihrer Freundinnen zu ihnen.
Nie gingen sie aber vom Markt aus ins Café, sondern sie packten die Sachen, die sie eingekauft hatten und gingen zu sich nach Hause.
Arthur Redmann war ein fleißiger Spaziergänger, an beinahe jedem Sonntag lief er mit Marga über die „"Hilme"brücke“, und steuerte den Wald an den „Löhrbergen“ an.
Von dort aus liefen die beiden auf den „Schöngipfel“ und fanden sich in Gesellschaft vieler anderer, die auch den Gipfel bestiegen.
Oben, vor oder in dem Restaurant, bestellte sich Arthur Redmann immer ein Viertel Weißwein vom Wein des Hauses, während Marga sich ein Kännchen Kaffee bringen ließ. Kuchen nahm sie keinen, ihr Mann ohnehin nicht.
Marga achtete auf ihre Linie, und ihr langte das Stück Torte völlig, das sie in der Woche mit ihren Freundinnen im Café aß.
Marga und Arthur Redmann wohnten von Anbeginn an in der Altstadt von Dinkelstein in Arthurs Geburtshaus. Dort war Platz genug für alle, als Paulo noch dort lebte. Er hatte ein großes Zimmer und konnte dort mit seinen Freundinnen und Freunden Partys feiern, ohne seine Eltern zu stören, im Sommer in dem riesigen Garten, der zum Haus gehörte.
Im Alter von 19 Jahren verließ Paulo sein Zuhause und ging zum Studium nach Hamburg, wo er an der Uni die Fächer Mathematik und Geschichte für das Lehramt an Gymnasien belegte. Nach seinem Referendariat in Hamburg hatte sich Paulo an sein altes Gymnasium in Dinkelstein versetzen lassen.
Er war während seiner ganzen Kindheit und Jugend in der Altstadt ein glücklicher Mensch gewesen, es wurden ihm zu Hause viele seiner Wünsche erfüllt.
Er hatte im Alter von 10 Jahren eine elektrische Eisenbahn zu Weihnachten bekommen die in jedem Jahr um weitere Teile ergänzt wurde, bis er eine stattliche Anlage hatte, an der er stundenlang saß und spielte.
Oft waren Freunde bei ihm und spielten mit, denn nicht jeder hatte eine elektrische Eisenbahn, weil die in der Anschaffung doch ihren Preis hatte.
Zu seinen Eltern hatte er ein sehr herzliches Verhältnis, besonders zu seiner Mutter, die nichts auf ihren Paulo kommen ließ.
Wenn er gegen 13.30 h von der Schule nach Hause gekommen war, stellte sie ihm sein Mittagessen auf den Tisch und setzte sich zu ihm. Dieses Ritual hatte sich Paulo eingeprägt, und er würde es nie vergessen, er musste dann erzählen, was er an dem Vormittag in der Schule erlebt hatte.
Marga heuchelte ihr Interesse nicht, wenn sie Paulo dazu aufforderte, sie ließ ihn spüren, dass sie wirklich wissen wollte, was er erlebt hatte, und Paulo merkte das.
Wenn Marga missgestimmt war, warum auch immer, ging er zu ihr, nahm sie seine Arme, und es dauerte nicht lange, und Margas Miene hellte wieder auf.
Seinen Vater bekam er nur selten zu Gesicht, außer am Wochenende, und da machte er ausgiebige Ruhepausen, in denen er nicht gestört werden wollte. Paulo begleitete seine Eltern sonntags immer auf den „Schöngipfel“, er durfte sich oben in dem Restaurant dann immer ein Stück Kuchen bestellen, dazu nahm er eine Limo.
Eine besonders schöne Zeit war für Paulo immer der Urlaub, den er einmal im Jahr mit seinen Eltern machte. ihr bevorzugtes Reiseziel war Juist, sie fuhren auch einmal in die Berge nach Österreich, aber das gefiel niemandem von ihnen, also blieb es bei Juist.
Auch eine Reise ins Ausland, nach Portugal, Italien oder Spanien wollte niemand von ihnen unternehmen, das hätte doch einen erheblichen Umstand bei der An- und Abreise bedeutet, den wollten sie nicht auf sich nehmen.
Sie nahmen auf Juist immer die gleiche Ferienwohnung, und der Vermieter kannte sie natürlich schon.
Als Jugendlicher hatte Paulo eine Freundin, die Anna hieß und in seine Jahrgangsstufe ging, sie kam vom anderen Ende der Stadt aus der Daimlerstraße, war aber mit ihrem Fahrrad in 5 Minuten bei ihm.
Paulo war während seiner gesamten Schulzeit ein Mädchenschwarm, sodass er mit 17 das schönste Mädchen des Gymnasiums zur Freundin hatte.
Er hatte das Gardemaß seines Vaters, allerdings nicht dessen Körperfülle. Er hatte brünettes Haar, das er mittellang trug, und er hatte eine athletische Figur.
Anna war für ein Mädchen auch recht groß, hatte blondes Haar, dass sie lang trug, und beide trugen sie immer Jeans und T-Shirts wie ihre Altersgenossen.
Marga war beinahe ein bisschen eifersüchtig auf Anna, gönnte aber auf der anderen Seite Paulo sein Glück.
Als Paulo zur Universität nach Hamburg und Anna nach Münster ging, trennten sich die beiden voneinander, was nicht ganz schmerzfrei über die Bühne ging, beide kamen aber schnell über die Trennung hinweg.
Paulo war zu Hause ausgezogen, und das machte Marga am meisten Kopfzerbrechen wie allen Müttern, deren Kinder nach langen Jahren schließlich das Haus verließen. Aber Paulo kam am Anfang noch an jedem Wochenende nach Hause und brachte seiner Mutter eine Tasche Schmutzwäsche zum Waschen mit.
Marga verwöhnte ihn dann mit allem, was das Herz begehrte. Sie stellte sich in die Küche und zauberte für ihn ein fantastisches Essen und Paulo genoss seinen Status als Student.
Er ging in Dinkelstein ins „Pulp“ und traf dort seine alten Schulkollegen.
Und wenn es am Sonntag wieder Abschied nehmen hieß, war bei Marga kein Halten:
„Heute musst du wieder zurück, versprich mir, dass du am nächsten Wochenende wiederkommst!“, sagte sie mit Tränen erstickter Stimme zu Paulo, und Paulo nahm sie in seine Arme und drückte sie an sich.
„Natürlich komme ich am nächsten Wochenende wieder“, sagte Paulo, „wer soll mir denn sonst meine Wäsche waschen?“
So spielte sich während der ersten Semester ein Wechsel zwischen Studium und Nachhausefahren ein, mit dem sowohl Paulo als auch Marga gut zurechtkamen. Dann aber, so etwa im vierten Semester, lernte Paulo auf einer Hochschulfete Sara kennen und lieben.
Er tanzte mit ihr und merkte gleich, dass das etwas anderes war als das Gezappel, das er mit anderen Mädchen auf der Tanzfläche vollführte.
Wenn Blues getanzt wurde, legte Sara ihren Kopf an Paulos Schulter und schmiegte sich an ihn, und Paulo legte seine Arme um sie und zog sie zu sich.
Sara und Paulo küssten sich innigst, Sara ging auch mit auf Paulos Zimmer, das er im Wohnheim hatte, und Paulo ging auch mit zu Sara. Dort liebten sie sich und standen stundenlang nicht aus ihren Betten auf, sie lagen eng umschlungen und drückten sich.
Sara war ähnlich wie Anna und hatte auch langes blondes Haar, sie gefiel Paulo auf Anhieb, nicht aber wegen der Ähnlichkeit zu seiner ersten großen Liebe.
Sara war ein grundsolider Mensch und verlässlich, dass merkte Paulo sofort, sie war im 4. Semester wie Paulo und studierte auch auf Lehramt für Gymnasien, sie hatte Französisch und Geschichte belegt.
Sara kam aus Hildesheim und war in den ersten Semestern auch an jedem Wochenende nach Hause gefahren und hatte dort ihre Schmutzwäsche von ihrer Mutter waschen lassen. Als sie aber mit Paulo zusammen war, wurde es seltener, dass die beiden nach Hause fuhren, und sie wuschen ihre Wäsche in der Waschmaschine, die im Keller des Wohnheims stand.
Wenn sie überhaupt nach Hause fuhren, wechselten sie zwischen Hildesheim und Dinkelstein, und Paulo war bei Saras Eltern sehr willkommen, die froh waren, ihre Tochter in den Armen eines soliden jungen Mannes, wie Paulo einer zu sein schien, zu wissen.
Sara hatte noch eine jüngere Schwester, Evelyn, die noch in das letzte Schuljahr ihres Gymnasiums ging.
Dann fuhren sie nach den Dinkelstein und wurden dort auf das Gleiche hervorragend beköstigt wie bei Saras Eltern.
Im Sommer lief Sara mit auf den „Schöngipfel“ und genoss es, durch den Wald zu laufen, sie freute sich dann immer auf das Stück Kuchen, dass sie sich im Gipfelrestaurant aussuchen durfte.
Marga war wieder beinahe eifersüchtig auf Sara wie damals auf Anna, das Gefühl war aber nicht mehr so ausgeprägt, sie fand sich schließlich damit ab, dass Paulo seine eigenen Wege ging.
Sie mochte Sara sehr, und das galt umgekehrt genauso.
Paulos Vater blieb immer ein Stückchen außen vor, aber Sara baute auch zu ihm ein gutes Verhältnis auf.
„Wie läuft es denn so mit Eurem Studium?“, fragte er die beiden schon mal, und Sara antwortete dann:
„Wir müssen in einem Jahr beide unseren Bachelor machen, bevor wir dann den Master anhängen.“
Damit gab sich Paulos Vater zufrieden und fragte nicht weiter nach.
Marga spürte, dass sich bei ihrem Sohn und dessen Freundin etwas anbahnte, etwas Festes, in die Zukunft Weisendes.
Als Sara und Paulo am Sonntag wieder abgereist waren, sprach Marga mit ihrem Mann darüber:
„Arthur, ich glaube, dass sich zwischen Sara und Paulo etwas Ernstes anbahnt, was denkst du darüber?“
„Ich sehe das genauso wie Du, wollte aber erst Dein Urteil darüber abwarten!“, antwortete Arthur.
Sara absolvierte ihr Referendariat auch in Hamburg mit Paulo zusammen und ließ sich danach nach Feldstadt in die Nachbarstadt von Dinkelstein an das dortige Gymnasium versetzen.
Die beiden liebten sich wie am ersten Tag und zogen zusammen, Paulo kaufte ein Haus auf dem „Sonnhügel“ in Dinkelstein.
Sie hatten ein Reihenhaus mit nicht zu großem Garten, denn Gartenarbeit mochten sie beide nicht so gerne.
Ansonsten führten sie ein geordnetes Leben in Dinkelstein und Paulos Eltern kamen gelegentlich vorbei, wie sich auch Saras Eltern hin und wieder blicken ließen.
Sara und Paulo schlossen Bekanntschaft mit all ihren Nachbarn und lebten sich auf dem „Sonnhügel“ ein, und eines Tages war Sara schwanger.
Diese Nachricht schlug bei Saras und Paulos Eltern ein wie eine Bombe, und sie sahen sich augenblicklich schon als Großeltern, die mit ihrem Enkelkind über den „Sonnhügel“ spazierten.
Aber Sara stand erst am Anfang ihrer Schwangerschaft, und Paulo war außer sich vor Freude über seine kommende Vaterschaft.
Alles stand danach im Zeichen von der Geburt des Kindes.
Sara und Paulo dachten von da an in Kategorien, wie es werdende Eltern taten, das hieß, dass sie sich am Abend hinsetzen und Namensbücher durchgingen. Namen wie Arthur, Fritz, wie Saras Vater hieß oder Paulo für Jungen schieden nach ihrer Meinung vollkommen aus, und auch Marga, Sara oder gar Erica, wie Saras Mutter hieß, kamen für Mädchen nicht in Frage.
Sie ließen sich von Bekannten und Freunden Namen nennen und sprachen über sie, sie verglichen diese Namen immer mit Menschen die diesen Namen trugen, und die sie kannten, und wenn der oder die Betreffende sympathisch war, kam der Name in die engere Wahl, falls nicht, wurde er fallen gelassen.
Auf diese Weise bekamen Sara und Paulo Namen zu Gehör, von denen sie vorher noch nie gehört hatten. Sie schoben die Entscheidung für einen Namen immer weiter vor sich her, bis Sara im 5. Monat schwanger war, aussah wir eine wandelnde Kugel, und sie immer noch keinen Namen hatten.
Das Besondere an Sarahs Schwangerschaft war, dass sie von Zwillingen entbunden werden sollte, weshalb sie so sehr an Körperumfang zulegte. Es sollten zwei Jungen werden, für die dann die Namen gefunden werden mussten, und sie einigten sich schließlich auf Ben und Joshua. Beide Namen fanden Zuspruch bei ihren Eltern, und auch Evelyn fand diese Namen akzeptabel, wobei sie als Schwester der Mutter natürlich um ihre Meinung gebeten worden war.
Für Sara und Paulo bedeutete die Nachricht von den Zwillingen, dass sie für die Zimmerauswahl für ihren Nachwuchs ganz neu disponieren mussten, es mussten dann zwei Zimmer her, die ihr Haus aber hergab.
Alles, was sie im Vorfeld schon eingeplant hatten, musste doppelt beschafft werden. Aber so viel Zeit hatten sie noch, dass sie neu planen und sich auf die neue Situation einstellen konnten.
Als Marga einmal zu Besuch war, sagte sie:
„Wer hätte gedacht, dass du gleich Zwillinge bekommen würdest, Sara, ich kenne aus meiner näheren Verwandtschaft niemanden mit Zwillingen.“
„Ich bin schon sehr gespannt auf die Erfahrung mit den beiden ich kenne auch in meinem Bekanntenkreis niemanden mit Zwillingen, Paulo und ich werden dann zu einem Großeinkauf fahren, ich denke, dass wir zu IKEA nach Feldstadt gehen werden“, antwortete Sara.
„Sagt mir Bescheid wenn ihr fahrt, ich komme dann mit, wenn ich darf, vielleicht kann ich kleine Tipps geben“, sagte Marga.
„Natürlich kannst du mitkommen“, antwortete Sara, „Paulo wird sich freuen, wenn er das erfährt.“
Sara und Paulo waren beide 29 Jahre alt und damit in dem Alter, in dem man eine Familie gründen konnte. Beide hatten sie den Wunsch geäußert, zu heiraten, es gab eigentlich keinen Grund, aber sie machten es eben. Das Standesamt beraumte einen Hochzeitstermin an, und sie feierten mit beiden Familien im Ratskeller in der Altstadt von Dinkelstein.
Das war das erste Mal, dass die beiden Familien aufeinandertrafen, und sie waren sich auf Anhieb sympathisch.
Paulos Vater hatte den Ratskeller reserviert und alle dorthin eingeladen, er hatte ein opulentes Hochzeitsessen bestellt.
Sara und Paulo waren dann ein Ehepaar, und Sara behielt ihren Namen Klute als Zusatz sie hieß dann Klute-Redmann, der Familienname sollte aber Redmann sein.
Sie unterhielten sich beim Essen über die eigenen Hochzeiten, und wie lange die schon zurück lagen, Evelyn musste von ihrem Gymnasium berichten. Dann erzählte Sara:
„In vier Monaten ist es soweit, dann kommen Ben und Joshua zur Welt, und bis dahin müssen wir alle Sachen zusammen haben, die wir benötigen.“
„ihr müsst unbedingt an Spieluhren über den Wickelkommoden denken!“, sagte Saras Mutter.
„Und ihr müsst Heizstrahler installieren, damit sich Eure Jungen nicht erkälten, wenn sie gewickelt werden!“, sagte Marga.
„Nächste Woche fahren wir zu IKEA, dort kaufen wir alles, was wir brauchen“, sagte Sara.
Sie sind im Anschluss noch alle mit zu Marga und Arthur gegangen und haben sich im Wohnzimmer hingesetzt, Marga und Arthur hatten vorher ausreichend Stühle besorgt, damit auch jeder einen Platz bekam. Arthur hatte von seinem guten Wein auf den Tisch gestellt, es gab aber auch Kaffee, Bier, Schnaps und Wasser. Sie machten nicht mehr allzu lange, weil die Hildesheimer noch eine Stunde Rückreise vor sich hatten.
Am frühen Abend fuhren Sara und Paulo zum „Sonnhügel“ zurück und gingen früh zu Bett.
„Jetzt sind für Mann und Frau“, sagte Paulo zu Sara, und Sara küsste ihn.
In der darauffolgenden Woche fuhren sie mit Marga nach Feldstadt, um zu IKEA zu gehen, Arthur war zu Hause geblieben, weil er sich nicht ganz wohl fühlte. Feldstadt war von Dinkelstein aus gut zu erreichen, man verließ die Stadt nach Westen über die „Löhrallee“ und war nach 8 km in Feldstadt.
Feldstadt hatte die Einrichtungen, die man in einer Großstadt fand wie Kreishaus, Krankenhaus, in dem Sara später gebären würde und eben IKEA.
Feldstadt war Kreisstadt und hatte etwas über 100.000 Einwohner, das Autokennzeichen des Kreises war FE.
Die drei hatten am Donnerstagmorgen eine Zeit erwischt, in der bei IKEA nicht allzu viel los war, das merkten sie schon, als sie auf den riesigen Parkplatz fuhren und nicht alle Parkboxen belegt waren, wie sonst immer. Sie liefen gleich in die Abteilung für Babymöbel und suchten sich Wickelkommode, Schränke, Heizstrahler, Spieluhren und Kleinigkeiten aus, weil sie alles zweimal kaufen mussten kam ein ganz schöner Berg an Sachen zusammen, und sie überlegten nicht lange und nahmen den Lieferservice in Anspruch.
Sara musste langsam laufen und geriet schnell außer Atem, Marga und Paulo stützten sie als sie durch die langen Gänge in dem Kaufhaus liefen. Schließlich setzten sie sich in das Restaurant und nahmen sich Kaffee und Kuchen von der Theke.
„Ihr müsst euch noch einen Kinderwagen zulegen, einen für Zwillinge!“, sagte Marga und Sara antwortete:
„Wir können, wenn wir hier fertig sind, zum „Babyparadies“ fahren, ich weiß, wie man dahin kommt.“
Also fuhren sie, nachdem sie bei IKEA eingekauft hatten, zum „Babyparadies“ und schauten sich Zwillingskinderwagen an.
Sie entschieden sich für ein Modell mit längs angeordneten Sitzen, weil diese Kinderwagen nicht so breit war, und man deshalb mit Ihnen durch enge Hindernisse fahren konnte. Gleichzeitig hatten Freunde ihnen gesagt, dass sie darauf achten sollten, dass die Räder am Kinderwagen nicht zu klein waren, damit sie auf losem Untergrund nicht stecken blieben.
Sie nahmnen ein Modell, das ihnen zugesagte, und Paulo verstaute es in seinem Wagen.
„Damit haben wir für heute aber erst einmal genug eingekauft!“, sagte Paulo, und Sara und Marga gaben ihm recht.
Sie fuhren wieder nach Dinkelstein und Paulo machte noch einmal Kaffee.
„Wenn ich dir irgendwie helfen kann, Sara, beim Kochen, Putzen oder Waschen, dann musst du mir nur Bescheid sagen!“, sagte Marga.
„Ich danke Dir, aber noch kann ich alles machen wenn auch langsam“, antwortete Sara.
Daraufhin brachte Paulo seine Mutter nach Hause, und kurz nachdem er auf dem „Sonnhügel“ zurück war, ging das Telefon:
„Paulo, Vater geht es sehr schlecht, komm doch bitte schnell vorbei, ich habe schon den Notarzt verständigt!“, sagte Marga.
Paulo sagte Sara Bescheid und machte auf dem Absatz wieder kehrt, um zu seinen Eltern zu fahren.
Er kam gerade als er Notarzt seinen Vater auf eine Bahre legen und in den Krankenwagen schieben ließ.