Kitabı oku: «Beten», sayfa 2
DER BETENDE MENSCH
Verbunden und frei
Der Mensch spürt in sich zwei Grundimpulse: Sich-Entwickeln und In-Verbindung-Sein. Irena ist mit ihrem kleinen einjährigen Mischko bei mir. Während wir miteinander reden, krabbelt er umher, hält sich am Tisch fest und steht auf, schaut, was wir tun. Dann gleitet er wieder auf den Boden zurück und packt die Tasche aus, die Mama mitgebracht hat. Da sind Holzstöckchen drin, ein Buch mit vielen Bildern, Salzstangen. Da gibt es etwas anzupacken, etwas zu schauen und etwas, das man in den Mund stecken kann. Mischko entdeckt die Welt um sich herum, probiert sie aus, erobert sie. Dann tappt er wieder zu Mama. Er braucht die Gewissheit, dass Mama da ist, auch und gerade, wenn sie mit mir spricht. Diese umarmt Mischko, streichelt ihn. Man sieht es ihm an: Er genießt die Verbindung mit Mama. So sind wir – nicht nur Mischko: Wir brauchen Handlungsspielraum und Hautkontakt, Freiheit und Verbundenheit. So ist es auch bei Jesus: Er ist bei den Leuten, spricht, handelt, berührt sie – und sucht die Verbindung zum Vater.
„Die einzige Beziehungsform, in der beides, also die Verbundenheit und Freiheit, gleichzeitig erlebbar wird, ist die Liebe … Um ein Liebender, eine Liebende werden zu können, bedarf es einer Transformation. So schwer ist diese Transformation gar nicht, denn wir alle sind ja bereits mit der Erfahrung auf die Welt gekommen, dass es möglich ist, gleichzeitig aufs Engste mit einem anderen Menschen verbunden und doch jeden Tag ein Stück über sich hinausgewachsen zu sein“ (Hosang M./Hüther G., Die Liebe ist ein Kind der Freiheit, 107). Der Mensch, der betet, lässt sich von Gott, der die Liebe ist und die Liebe der Menschen zueinander will, transformieren, verwandeln.
„Das Verhältnis zwischen Gott und Mensch“ ist „als dialogisches Freiheitsverhältnis zu bestimmen, in dem Gott allein mit den Mitteln der Liebe versucht, die Liebe des Menschen zu gewinnen“ (Stosch K. v., Gott – Macht – Geschichte, 23; zitiert aus: Amor C. J., Die Verborgenheit Gottes, in: Theologie der Gegenwart 2012/4, 296). Zwischen Gott und Mensch besteht ein dialogisches Freiheitsverhältnis. Im Gebet bewegt sich der Mensch im Freiheitsraum zwischen seinem Selbst und Gott. Im Gebet kehrt sich der Mensch Gott zu, der sich seinerseits auf den Menschen zu bewegt. Im Gebet öffnet sich der Mensch Gottes entgegenkommender Liebe. Gott ist ein Gott aller. Er wünscht sich Mitliebende. In der Hinkehr zu Gott, die sich im Gebet vollzieht, lässt sich der Mensch in einen Mitliebenden verwandeln. Beten und Leben, Beten und Lieben gehören zusammen.
Wer bin ich im Gebetszustand? Es lassen sich unterschiedliche Gebetszustände wahrnehmen: sich öffnen, hören, sich aussprechen, in Fülle da sein, jammern … Was haben diese Zustände gemeinsam? Dass ich in Beziehung mit einer Wirklichkeit bin, die ich nicht sehe! Symbole, Bilder, Ikonen, Figuren, Räume, aber auch Schweigen, Körperhaltung und achtsames Atmen können Stützen für meine Sinne sein. Im Gebet bejahe ich mich als Wesen, das aus einer mich überschreitenden Beziehung lebt. Im Gebet lebe ich meine Tiefenwirklichkeit als Mensch: Ich bin Beziehung. Ich bin Beten. Ich realisiere im Beten mein Sein als Mensch und mein Sein als der konkrete „Hans“. Im Beten sage ich „Ja“ zu meinem Geworden-Sein aus der Entscheidung Gottes für mich gegen das Nichts und gegen das Nicht-Existieren dieses „Hans“.
„Allen aber, die ihn aufnahmen, gab er Macht, Kinder Gottes zu werden …“ (Joh 1,12). Im Beten übe ich meine „Macht“ aus: Ich sage und spüre mit Jesus: „Abba“ (Papa). Sage ich es? Oder sagt es der Geist in mir? In meiner Seele und durch meine Sinne. – Ich bin Bruder Jesu. So habe ich die Voll-Macht, zu Jesus im Nächsten innerlich „Du“ zu sagen. Jesus ist das Geheimnis jedes und jeder Anderen: Jesus als Fremder und Bruder im Menschenbruder, in der Menschenschwester. Beten ist eine Form zu lieben – Gott und den Nächsten – und Lieben ist eine Form zu beten. Es gibt verschiedene Vollzüge des Betens: Beten kann heißen, in mir bei Gott zu sein – in Ihm „ruht meine Seele“ –, und kann heißen, in den Anderen bei Gott zu sein – im Paradies des Anderen.
Entfaltung des Betens im Laufe des Lebens
Im Beten geschieht Transformation, geschieht Wandlung. Im Beten aktualisiere ich mein Sein: Ich werde.
Beten ist mein Ausdruck der Liebe dem gegenüber, von dem her ich lebe. Liebe verbindet und lässt wachsen. Im Beten greife ich die Verbindung mit meinem Ursprung auf, bin ich wie ein Baby bei der Mutter, und lasse mich inspirieren, zu dem zu werden, was in mir zur Entfaltung drängt. Ich bin in Verbindung und bin im Wachstumsschub des Lebens. Im Beten verbindet sich mein Bewusstsein mit dem Unbewussten in mir: Ich bin wie ein denkender Embryo. Im Beten verwirkliche ich meine Existenz als ein auf meine Herkunft und Zukunft Bezogener. Außerhalb des Raumes und Rahmens des Betens bin ich nichtig, vegetiere ich im leeren Raum.
Das Beten entfaltet sich mit dem Reifen des geistlichen Lebens. In Stichworten:
Das suchende Beten entspricht dem Suchen des Menschen nach sich selbst, nach Gott, nach dem Sinn des Lebens: „Meine Seele sucht …“, ich halte Ausschau nach dem, was ich brauche, nach den Gaben des Lebens. – Das „Ja“-Gebet entspricht der Entscheidung für Gott und für Jesus. Maria, die Mutter Jesu, drückt es so aus: „Mir geschehe, wie du es gesagt hast!“ Ich lasse die Brücken hinter mir zurück. Ich lasse weg, was nicht wichtig ist. – Das ringende Beten entspricht dem Ringen verschiedener Tendenzen in mir. Es geht darum, immer neu in die Spur Jesu zu finden, die Beziehung auszuprobieren, sich durchzufragen, sich einzuüben. – Das mystische Beten ist Ausdruck der Einigung mit Gott und Jesus: „Ich bin in dir, du bist in mir.“ Es bedeutet Kontemplation, mit Jesus sein, mit Ihm da sein. – Das tätige Beten bedeutet: mit Jesus arbeiten, die ergangene Sendung leben, mitten im Tun in Tuchfühlung bleiben mit Ihm.
Das spirituelle Panorama
Beten kann durch Gefühle begleitet werden, ist aber nicht Gefühl. Beten ist Begegnung. In der Begegnung rede ich nicht über Gott, vielmehr öffne ich mich ihm als Du. „Ich werdend spreche ich Du“ (Martin Buber). Und Er lässt mich Ich werden – heilend, erlösend!
Der Sozialpsychologe Lucas A. C. Derks spricht vom „sozialen Panorama“. Er ging der Frage nach, wie Menschen über Menschen denken, wie Menschen mental ihre sozialen Beziehungen repräsentieren, und kommt zum Ergebnis: in „Personifikationen“. Im Beitrag „Familiensysteme im sozialen Panorama“ (vgl. Derks L., Was ist das soziale Panorama?) gibt er die Anleitung, die Augen zu schließen und alle Menschen in der Welt um sich herum zu denken, dann sich auf einen bestimmten sozialen Kontext zu konzentrieren, z. B. die Familie, die Arbeit, um dann zu fragen: Wo? – links, rechts, oben, unten … In der Vorstellung „sieht“ man ein Beziehungspanorama, ein „soziales Panorama“.
Die Rede vom sozialen Panorama regte mich an, nicht nur nach meinem „sozialen“ Panorama, sondern auch nach meinem „spirituellen“ Panorama zu fragen. Meinen spirituellen Erfahrungsraum nehme ich täglich in der Meditation wahr: Ich sitze, bin ganz da in meinem Körper, der Atem fließt, der Bauch-Becken-Raum weitet sich mental bis ins Unendliche. In diesem „Großraum“ spüre ich eine Anwesenheit, eine Nähe, der ich vertraut bin und die ich mit „Jesus“ anspreche – eine „Personifikation“. „Jesus“ ist der, der bei mir ist und zugleich bei allen Menschen, die im Augenblick physisch zwar nicht zu sehen, dem Wissen nach aber gegenwärtig sind. In Jesus schließt sich der ganze Himmel auf und schließt sich die Erde auf mit allen Menschen. Der Himmel: Mit Jesus bin ich beim Vater, „im“ Vater, in seinem „Herzen“, beim „Abba“, dem Quell allen Sinns, aller Liebe und umfassenden Ordnung. Ich bin ganz zu Hause. Der Geist erfüllt den „Raum“. Der Geist ist wie die Luft, die Atmosphäre, der Hauch, der Sturm, der Wind, die Braut, zugleich wie der, der die Hochzeit organisiert, aber auch wie eine kraftvolle Frau und ein feinfühliger Mann. Und Maria ist wie der geisterfüllte „Raum“, in dem wir beim Vater und bei Jesus zu Hause sind. Das ist mein spiritueller Raum, mein Gebetsraum.
Dieser Gebetsraum durchdringt den konkreten sozialen Beziehungsraum, in dem ich Tag für Tag und Augenblick für Augenblick lebe. Der jeweilige „Nächste“ gerät in das Scheinwerferlicht meiner Aufmerksamkeit: wie wenn der Geist mich auf den „Nächsten“ aufmerksam machen würde. Spirituelles Panorama: Ich bin konkret hier und bleibe zugleich in meinem Gebetsraum. Ich bin auf Erden und zugleich im „Himmel“.
Räume des Gebetes
Die Erfahrung, wie intensiv ein Raum wirken kann, wurde mir das erste Mal als Jugendlicher geschenkt. An einem Pfingstmontag war ich beim Jahresausflug mit meiner Heimatpfarrei. Wir fuhren in zwei Bussen zur Wieskirche bei Steingaden. Einer der Busse hatte einen Schaden. Wir Jugendliche mussten warten. Ich ging nochmals in die Kirche. Die Abendsonne schien durch die Fenster. Ich habe heute noch den Eindruck eines leichten, leuchtenden Raumes in mir – wie wenn sich mir im Raum der Kirche ein weiterer Raum geöffnet hätte.
Es gibt Räume, in denen wir Beten geradezu ein- und ausatmen. Der begrenzte Raum verweist auf einen umfassenderen Raum. Beten kann sein wie Leben in zwei Räumen, dem handfest irdischen und dem Raum, der erfüllt ist von der verborgenen Anwesenheit Gottes. Es gibt so etwas wie Raumwechsel: vom Normalzustand in den Gebetszustand. Auch Raumüberlappungen gibt es: der Normalraum und der Gebetsraum werden zu einem Gesamtraum. Dies gilt nicht nur für den Kirchenraum, sondern auch für den Klangraum der Musik, den Beziehungsraum zwischen Menschen, den Schöpfungsraum, in dem wir leben, den „Raum“ des eigenen Körpers, in dem ich mich zum Beten sammeln kann.
Menschlich reifen in der Beziehung
zum ganz Anderen
Beim Beten verstehe und spüre ich mich wie in einem mentalen Raum, der unendlich ist. In diesem Gebetsraum befinde ich mich in Beziehung zu Jesus, zum Vater, zum Geist.
Die Beziehung zu Jesus ist eine Beziehung zu einem Freund. Auf ihn trifft zu: „Mein ganzes Glück bist du allein“ (vgl. Psalm 16,2). Ihm sage ich: Ich möchte dich so, so wie du bist! Sei du für mich der, der du bist! Ich finde dich als den, den die Evangelien mir zeigen und der mir im Hören und Lesen und Nachsinnen über das Gehörte und Gelesene gegenwärtig wird. Ich gebe mich ihm mit Leib und Seele, mit Haut und Haaren. Ich lebe mit Ihm.
Im Beten trete ich in Beziehung zum Vater, mit Jesus sage ich zu Gott „Abba“. Ich bin mit der ganzen Seele bei Jesus, wenn ich mich innerlich in Richtung Vater vortaste.
Die Beziehung zum Vater kann auch geschlechtsspezifische Akzente haben: Stacy Eldredge (Colorado Springs, USA) erzählt – als Frau – von ihrer Erfahrung mit Gott: „Nach Jahren in meiner christlichen Existenz begann ich mich danach zu sehnen, Gott als meinen Vater besser zu begreifen. Ich bat ihn, mir mehr davon zu zeigen, wie er mein ‚Dad‘ ist. Gott lud mich ein, eine Reise in die Tiefen meines Herzens zu unternehmen. Ich bin immer noch dabei und habe dabei überraschende Wendungen erlebt. Zunächst brachte mich Gott dazu, dass ich mich gründlicher mit meinem irdischen Vater beschäftige. Wer war er wirklich? Was dachte er wirklich über mich? Woran konnte ich mich überhaupt erinnern? Gott führte mich zu den verborgenen Plätzen in meinem Herzen, die immer noch wund waren und von Verletzungen schmerzten … Ich habe mich überhaupt nur auf diese Reise in mein Inneres eingelassen, weil ich wusste, dass ich nicht allein sein würde. Gott ging mit. Er würde mein Herz halten. Und ich hatte inzwischen gelernt, seinem Herzen zu vertrauen.“ (Eldredge S. u. J., Weißt du nicht, wie schön du bist? 146f)
John Eldredge sieht – als Mann – seine Beziehung zu Gott als Aufbrechen, als Abenteuer: „Unser falsches Selbst fordert immer erst ein Erfolgskonzept, bevor es einen Finger krumm macht. Es will eine Versicherung gegen drohendes Scheitern – und eine derartige Versicherung gibt es nicht. Also kommt im Leben eines Mannes unvermeidlich der Tag, an dem er alle Sicherheiten hinter sich lassen und mit Gott ins Unbekannte aufbrechen muss … Gott hat Adam aber sehr wohl etwas angeboten, und zwar seine Freundschaft. Adam musste das Leben nicht allein meistern; er konnte mit Gott in der Abenddämmerung spazieren gehen, und da tauschten sie sich aus …“ (Eldredge J., Der ungezähmte Mann, 270f)
Beten vollzieht sich auch als Beziehung zum Geist: Ich bin „im Geist“ bei den Leuten und bei den Aufgaben, die sich mir stellen. Der Geist – die Liebe – durchformt mich, ist mit dem Menschen, an den ich gerade denke. Ich hülle die Leute, die sich meinem Gebet empfehlen, in den Geist und sein Wirken. In einem Hymnus beten wir: „O Geist, vom Vater ausgesandt, o Kraft, vom Sohn verheißen: Ergieße dich in unser Herz und nimm es ganz zu eigen! Wo du bist, flammt die Liebe auf, und Liebe will lobsingen. Die Liebe öffnet Herz und Hand, sie will sich ganz verschwenden“ (Stundenbuch).
Esther Maria Magnis berichtet gegen Ende ihres Erfahrungsbuches über die Beziehung zu Gott: „‚Nur noch Gott‘, schrieb ich in mein Tagebuch. Nur noch Gott. Und so dachten und beteten wir uns nicht in einen Himmel hinein, sondern wir litten und freuten uns, wir warteten und liebten in seiner Gegenwart hier unten, wo wir Menschen alle sind. In der Welt. Die vollkommen offen war“ (Magnis E. M., Gott braucht dich nicht, 235f). Ich erlaube mir eine Anfügung: Nicht in den Himmel hinein, doch in seiner Gegenwart hier unten ist das, was wir Himmel nennen, in aller Verborgenheit schon da. Der Beter erfährt sich als voller, ganzer, für die Wirklichkeit in all ihren Dimensionen offener Mensch.
BETEN GESTALTET DAS LEBEN
Beten heißt auf Erden leben, bei offenem Himmel und in offener Welt. Als menschlicher Grundvollzug bestimmt Beten das Leben in seinen verschiedenen Formen und Ausprägungen, in den unterschiedlichen Berufen und Berufungen. Ich habe einige Freunde und Bekannte gebeten, aus ihrer Lebenswelt über ihre Gebetserfahrungen zu erzählen. Beginnen möchte ich mit einer eigenen Erfahrung.
BETRACHTENDES UND KONTEMPLATIVES BETEN
„Kontemplation“ war für mich etwas Geheimnisvolles, das mich anzog und mir doch fremd blieb. Im Rückblick auf meine Gebets- und Meditationsentwicklung ist mir eine Ahnung davon erwachsen, was damit gemeint sein kann. So skizziere ich den Weg meiner Erfahrung hin zur Möglichkeit kontemplativen Betens.
Gebet und Betrachtung
Es ist Jahrzehnte her, dass ich an die Grenzen des Betens gestoßen bin. Ich hatte Theologie studiert und Pädagogik und Psychologie, war dann einige Jahre als Erzieher und Religionslehrer tätig. Nun hatte ich – als neugebackener Novizenmeister – die Aufgabe, junge Männer in das Ordensleben einzuführen. Die Einführung ins Beten und Meditieren gehörte dazu. Miteinander Psalmen zu sprechen war nicht das Problem. Auch Gewissenserforschung als Übung, am Abend den Tag innerlich Revue passieren zu lassen, war unproblematisch. Aber als ich die Novizen fragte, ob sie beim Beten den Eindruck hätten, mit Gott in Beziehung zu sein, schauten sie mich an und meinten: nein. Wir versuchten, betrachten zu lernen: einen Bibeltext lesen, die Bibelstelle in uns lebendig werden lassen, uns in die handelnden Personen hineinversetzen, bei der uns ansprechenden Szene oder bei einem für uns wichtigen Satz verweilen. Das müsse, so dachte ich, wie von selbst übergehen in ein Gespräch mit Jesus oder mit Gott oder in ein einfaches Dasein bei Gott und in Gott. Aber das „wie von selber“ stellte sich nicht ein, auch wenn klar war, dass das Betrachten der Bibelstelle Konsequenzen für das Tun während des Tages hat.
Meditation
In dieser Zeit nahm ich die Einladung zu einer Meditationswoche bei Karlfried Graf Dürckheim in Todtmoos-Rütte/Schwarzwald wahr. Ein Mitbruder hatte mir die Einladung vermittelt. Ich konnte mich auf die Übungen einlassen, die Graf Dürckheim, Maria Hippius und deren Mitarbeiter/innen anboten. Körperhaltung und Atmen wurden ins Meditieren einbezogen. Die Unterscheidung zwischen dem Körper, den man hat, und dem Leib, der man ist, erschien mir hilfreich. Wenn Dürckheim von „Seinsfühlung“ und „Seinserfahrung“ sprach, konnte ich in meinem eigenen Erleben und Erfahren mitvollziehen, was er damit meinte. Auf dem Rückweg von Rütte ergab sich ein mehrstündiger Aufenthalt in Freiburg im Breisgau. Ich ging ins Münster und hatte den Eindruck, der Raum lebe, ich und der Raum weben sich ineinander. Offensichtlich hatte sich durch die Tage in Rütte die Fähigkeit verfeinert, (äußere und innere) Wirklichkeit mit allen Sinnen zu erfahren. Dies hatte Auswirkungen auf das Beten und Betrachten. Ich konnte im Gebet einfach da sein. Diese neue Erfahrung wollte ich nicht für mich behalten. Ich lud die Novizen ein, zusätzlich zu den üblichen Gebets- und Betrachtungszeiten täglich mit mir eine halbe Stunde in Stille zu sitzen. Ich gab einige Hinweise zu diesem Sitzen: aufrecht, locker in den Schultern, das Kinn leicht angezogen, den Körperschwerpunkt im Unterbauch spüren, den Atem kommen und gehen lassen, im Ausatmen „sich loslassen“, „sich niederlassen“, in der kurzen Pause zwischen Aus- und Einatmen „eins werden“, und dann den Atem wieder „kommen lassen“. So saßen wir eine halbe Stunde. Dann lud ich ein, aus dieser Haltung wieder herauszukommen und sich langsam zu bewegen. Wir haben miteinander gelernt, in Stille da zu sein, ganz im Leib, gesammelt in der Seele. Wir kamen ins Spüren.
Kontemplatives Beten
Einige Zeit nach der Einführung in die Stille-Meditation in Todtmoos-Rütte traf ich Karlfried Graf Dürckheim bei einer Meditationsleiter-Tagung. „Sie sind katholischer Priester“, meinte er und fragte: „Welche Entwicklung hat die Meditation bei Ihnen genommen?“ Er hatte nicht erwartet, dass jemand beim Üben die gleiche Erfahrung macht wie er. Ich erzählte ihm von meiner Entwicklung. Er war offensichtlich damit zufrieden, dass ich meinen Weg gefunden hatte. Und wenn ich mich heute frage, was aus dem damaligen Anfang geworden ist?
Am Morgen sitze ich auf einem Schemel, gerade aufgerichtet … Es kann sein, dass ich an jemanden denke, mit dem ich mich spirituell verbunden weiß. Vor allem ist es Jesus, an den ich denke. Das lässt die Atmosphäre des In-Gott-Seins spüren. Manchmal rufe ich in mir meine dreifache Berufung wach: zum Menschsein, zum Christsein, zum Leben der Einheit in Kirche und Orden. Da ist Jesus für mich wie die Tür – nach innen, in das Innen Gottes, zum Vater hin, in das Wehen des Geistes – und in die Solidarität mit den Menschen. Manchmal sage ich zu Jesus: „Sei du, der du wirklich bist!“ Ich glaube daran: Er ist da und wirkt. Ich brauche nichts zu tun als dazusitzen, zu atmen, bei mir zu sein, Ihn wirken zu lassen, mich verwandeln zu lassen. Ich habe manchmal den Eindruck: Wir atmen miteinander. Gelegentlich sage ich zu Maria, der Mutter Jesu: „Achte auf mich! Du hast Jesuserfahrung!“ Nach 25 Minuten – der Küchenwecker erinnert daran, dass die Zeit um ist – löse ich mich aus meiner Haltung und gehe zu dem, was jetzt dran ist.
Wenn mich jemand fragt, ob das nun Betrachtung, Gebet, Meditation oder Kontemplation sei, fällt es mir nicht leicht zu antworten. Für mich sind es verschiedene Dimensionen eines einzigen spirituellen Vollzugs. Das Miteinander von betrachtendem Beten und Meditieren in Stille hat zur beschriebenen Gestalt kontemplativen Betens geführt.
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