Kitabı oku: «Sagen, Märchen und Gebräuche aus Sachsen und Thüringen 1845»
Emil Sommer
Sagen, Märchen und Gebräuche
aus
Sachsen und Thüringen
1845
mit Sagen aus Halle
Impressum
Umschlaggestaltung: Harald Rockstuhl, Bad Langensalza
Titelbild: Postkarte Halle an der Saale –
Blick auf die Burg Giebichenstein und die Cröllwitzer Brücke, um 1906
Sammlung: Harald Rockstuhl
Autor: Emil Friedrich Julius Sommer (1819 – 1846)
Bisherige Auflagen:
Reprint der Auflage von 1846. Verlag Eduard Anton, Halle.
1. Reprintauflage im Verlag Rockstuhl 2009 sowie 2. im Jahr 2011
3. Reprintauflage 2015
ISBN 978 - 3-86777 - 060-6
Repro und Satz: Harald Rockstuhl, Bad Langensalza/Thüringen
1. digitale Auflage: Zeilenwert GmbH 2015
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der
Deutschen Nationalbibliografie. Detaillierte bibliografische Daten
sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
Inhaber: Harald Rockstuhl
Mitglied des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels e. V.
Lange Brüdergasse 12 in D-99947 Bad Langensalza/Thüringen
Telefon: 03603/81 22 46 Telefax: 03603/81 22 47
Inhalt
Cover
Titel
Impressum
Vorwort
Sagen
1. Otto der Rothe im Kiffhäuser und zu Quedlinburg
2. Kaiser Friedrich, die Königin Holle und Napoleon
3. Der wilde Jäger
4. Hast du geholfen jagen, Mußt du auch helfen nagen
5. Die Futterstelle des wilden Jägers
6. Frau Holle
7. Der Steinberg
8. Frau Harre und Frau Motte
9. Die Taube in den Zwölften
10. Die Amtmannsfrau zu Helbra
11. Altes Mütterchen erlöst
12. Die grüne Jungfer auf dem Hausberge
13. Die Jungfernklippe
14. Die Jungfer auf dem Schloßberge bei Ohrdruf
15. Die erlöste Jungfrau
16. Prinzessinnen in Thiere verwünscht
17. Weiße Frauen
18. Gott helf
19. Die Wichtel
20. Gütchenteich
21. Kornengel
22. Der Kobold in Stedten
23. Der Kobold in Bischdorf
24. Der Kobold in Schmalzeroda und Bischofsroda
25. Der Bauer und der Kobold
26. Der Kobold auf der Hochzeit
27. Der Kobold in Kloster Mansfeld
28. Der Kobold in Jena
29. Kobolde käuflich
30. Die Hummel
31. Der Käfer
32. Mönch
33. Das Jesuskind im alten Hospital zu Halle
34. Nix
35. Die Nixe von Trotha
36. Der Nix holt die Wehmutter
37. Der Nix bringt ein geraubtes Kind wieder
38. Die beleidigte Nixe
39. Nixe kämpfen mit einander
40. Die Mahrte
41. Der Hörselberg
42. Gespenst in den Sumpf gebannt
43. Bischof Odo von Magdeburg
44. Das Crucifix
45. Die Teufelsspitze im salzigen See
46. Teufelssteine
47. Engel und Teufel bei der Pest
48. Warum sich in Sachsen der Teufel nicht sehen läßt
49. Der Schneider auf dem Brocken
50. Die Hexe
51. Der Gundermannskranz
52. Die gebannte Hexe
53. Das Fleisch ist gedillt
54. Der dreibeinige Hase eine Hexe
55. Die Katze
56. Goldene Gänse und Enten
57. Die Mühle bei Aschersleben
58. Die Pfanne bei Rothenschirmbach
59. Tippelsdorf
60. Der Gutsherr von Schochwitz
61. Entdeckung der Salzquelle zu Halle
62. Die Erbauung von Halle und die Rechte der Halloren
63. Die acht bösen Männer
64. Schellenmoriz
65. Das Kloster zur güldenen Egge
66. Die reiche Glocke
67. Wartburg
68. Die Kinder von Erfurt
69. Mansfeld
70. Sankt Georg
Märchen
1. Der Berggeister Geschenke
2. Der eiserne Mann
3. Die Nixe im mansfelder See
4. Der dumme Wirrschopf
5. Die Königstochter und der Soldat
6. Die verwünschten Prinzessinnen
7. Die beiden Brüder
8. Vom jungen Grafen, der sein Glück suchen ging
9. Ein anderes Märchen von einem Grafensohn
10. Der Schatz
11. Die beiden Raben
Gebräuche
Lichtmesse
Fastnacht
Aschermittwoch
Ostern
Walpurgis
Himmelfahrt
Pfingsten
Johannis
Die Zeit zwischen Johannis und der Ernte
Ernte
Martini
Andreasnacht
Die zwölf Nächte
Klappentext
Fußnoten
Vorwort
Der Autor Emil Friedrich Julius Sommer lebte von 1819 bis 1846. Nur 27 Jahre ist der Autor dieser Sagen und Märchensammlung geworden.
Was war er für ein Mensch? Wie kam er zu dieser Sammlung. Fündig wurde ich bei H. Pröhle, der 1892 in der „Allgemeine deutsche Biographie“ Nummer 34, Seite 599 bis 601 über Emil Friedrich Julius Sommer schrieb. So erfährt der Leser, das der Autor am 5. Mai 1819 im schlesischen Oppeln als Sohn eines Kreissteuerklassen-Kontrolleurs geboren wurde. Seinen Vater lernte er nicht kennen, da er kurz nach seiner Geburt starb. Der Mutter allein oblag die Erziehung. Sie schickte ihn 1832 auf das Elisabethanum nach Breslau. Sechs Jahre später Studierte er ebenfalls in Breslau Sprach- und Literaturwissenschaften. 1840 setzte er sein Studium in Berlin und Halle fort, wo er 1842 zum Doktor der Philosophie mit der Arbeit De carmine Germaniae saeculi XIII – diu guote frouwe inscripto promoviert. 1844 folgte die Habilitation mit der Arbeit De Theophili cum diabolo foedere. Im gleichen Jahr wirkte er als Privatdozentur in Halle.
Sein Leben damals war auch von finanziellen Problemen geprägt.
Bekannt ist, das er Wanderungen zum Kyffhäuser unternahm und in sogenannten Feldstudien Sagen und volkstümliche Überlieferungen sammelte, die 1845 in dem hier vorliegenden Sagen, Märchen und Gebräuche aus Sachsen und Thüringen veröffentlichte. Er widmete das Buch Wilhelm Grimm. In einem Brief „An Herrn Professor Wilhelm Grimm am 24. Februar 1846“ lesen wir:
„Sie stehen heut von Freunden umringt, die zu dem Tage, an dem Sie Ihr sechzigstes Jahr vollenden, ihre Wünsche für eine noch lange heitere Zukunft bringen. Und Sie drücken Manchem freundlich die Hand: doch Einer, dem, wenn er heut vor Ihnen stünde, gewiß die Worte vom Herzen kämen, ist zu fern um sich in den Kreis zu mischen. Damit Sie ihn aber auch heut nicht ganz vergessen, sendet er Ihnen Frau Holda mit ihrem elbischen Heer, den wilden Jäger, deutsche Kaiser und Burgfräulein als Boten seine Grüße zu bestellen, für alte Liebe zu danken und um neue zu bitten.
Zwar sind diese Blätter als ein Geschenk für den heutigen Tag sehr gering: doch da gütige Empfänger bei dem, was man ihnen bringt, nicht fragen wie viel es in der Welt gilt, sondern mit welchem Sinne es geboten wird, so darf ich hoffen, daß Sie auch die geringe Gabe liebreich aufnehmen und mehr darin lesen als auf den Seiten steht, weil Sie meine Liebe und Verehrung mit herauslesen. Auch freut man sich ja bisweilen über das Unbedeutendste, wenn man sieht, daß es dem Geber selbst eine Freude macht: und eine Freude habe ich an diesen Sagen; denn wenn ich jetzt die Blätter umschlage, wandre ich im Geiste immer noch einmal über die Berge und Wiesen, die Saale hinauf und hinab, wie im vergangenen Sommer, als ich den größern Theil der Sagen mir auf den Landstraßen und in Dorfschenken erzählen ließ. Und das gerade ist ja ein Reiz der Wissenschaft, die Sie mit begründet haben, daß sie nicht bloß aus Büchern Bücher macht, sondern von der Weisheit, die auf den Gassen schlendert, noch so viel lernen kann und aus manches Schäfers Munde werthvolle Scholien für Werke des Alterthums empfängt, deren Inhalt noch in vorgeschichtliche Zeit hinaufreicht.
Sie werden es nicht tadeln, daß ich einige Sagen und Märchen aufgenommen habe, die schon aus andern Gegenden mitgetheilt sind. Bei den Sagen ist doch wenigstens zu lernen, daß sie auch hier vorkommen: die bereits bekannten Märchen aber enthalten, wie ich sie gebe, einige neue Züge, und sie gewähren, wenn man sie mit den andern Fassungen vergleicht, wiederum einen Blick in die sinnige Weise, in welcher das Volk, an der altererbten Poesie mit unvergänglicher Lust fortdichtend, die alten Züge immer wieder zu neuen Gestalten verbindet.“ Er unterzeichnete diesen Brief mit „Halle. E. Sommer“.
Im Gegenzug übernahmen 1850 die Gebrüder Grimm in ihrer Sammlung das Märchen Nr. 1: „Der Berggeister Geschenke“ von Emil Sommer als Nr. 182 mit dem Titel: „Die Geschenke des kleinen Volkes.“ Das alles erlebte Emil Sommer nicht mehr. Am 22. Juli 1846 stirbt er an den Folgen einer schweren Krankheit. Diese soll er sich bei seiner Wanderung für dieses Buch 1845 zugezogen haben.
In seinen Anmerkungen geht Emil Sommer im Jahr 1845 auf seine Beweggründe und seine Wanderung ein: „Das Wort Sage ist in Sachsen und Thüringen, wie wohl in ganz Deutschland, nicht volksthümlich: man braucht dafür Gespräch und Märchen. In Gespräch also hat sprechen dieselbe prägnante Bedeutung empfangen, welche sagen in Sage zeigt. Märchen aber heißen sowohl unsere Sagen als die Märchen im engern Sinne. Die Gebräuche werden, wenn Aufzüge damit verbunden sind, Spiele genannt. – Die Sagen und Märchen, welche ich nach mündlicher Überlieferung gebe, habe ich alle selbst gesammelt mit Ausnahme einiger aus Wettin aufgenommenen, die mir durch gütige Vermittlung eines Freundes schriftlich zugekommen sind. Die Gebräuche sind alle nach mündlichen Mittheilungen beschrieben. Ich war auf den Wanderungen, welche dieses erste Heft mir eingetragen haben, von besonderem Glücke begünstigt; und wenn ich von der geringen Zeit, in der ich das hier Gegebene gewonnen habe, auf den Reichthum des noch Vorhandenen schließen darf, so liegen in Sachsen, wo bisher fast gar nicht, und in Thüringen, wo nur sehr unvollkommen gesammelt ist, noch große Schätze, welche bloß auf die glückliche Hand eines Suchenden warten, um der deutschen Mythologie noch vielfache Bestätigungen und neue Aufschlüsse zu gewähren. Dieses Heft würde darum einen weit höhern Werth bekommen als es hat, wenn es vielleicht hier und da Jemand, der im Volke selbst lebt und sich das Vertrauen desselben nicht erst, wie ein Durchreisender, in Eile künstlich zu erwerben braucht, zu weitern Nachforschungen in seinem Kreise anzuregen vermöchte. Je mehr bei der steigenden Bildung des Volkes die Reste seines frühsten Glaubens zurücktreten, um so größere Pflicht wird es für Jeden, welcher den wissenschaftlichen und poetischen Werth derselben erkennt, auch seinerseits beizutragen, daß noch so viel als möglich von ihnen gerettet werde.
Wie ich von dem mir überlieferten Inhalt der Sagen nirgend abgewichen bin, habe ich auch die Form, in der sie mir mitgetheilt wurden, so weit es anging, beibehalten und die kleine Ungleichheit, welche dadurch entstand, nicht gescheut. Eine große Verschiedenheit der Darstellung ist, wenn man dem Volke irgend treu nacherzählt, nicht möglich, da Jedem, der aus dem Munde des Volkes Sagen gesammelt hat, die bewundernswerthe Übereinstimmung des Tones bekannt ist, mit welchem das Volk nicht bloß in einer und derselben Gegend, sondern in den verschiedensten Theilen Deutschlands seine Sagen erzählt. An diesem gleichmäßigen Grundtone hat man in den meisten Fällen daher auch einen sichern Maßstab, um die Zusätze, mit denen Halbgebildete die Sagen glauben ausschmücken zu müssen, von echter Überlieferung zu unterscheiden. Der gesunde, von falscher Bildung noch unberührte Theil des Volkes erlaubt sich Zusätze dieser Art nie: er ist von der Poesie jener Reste seiner Vorzeit noch zu lebendig durchdrungen und hat sich eine zu tief wurzelnde, wenn auch längst verdunkelte Erinnerung an die ursprüngliche Bedeutung derselben bewahrt um sie durch willkürliche Änderungen zu entstellen.“
Soweit Emil Sommer im Jahre 1845.
Ich habe den jeweiligen Sagen, Märchen und Gebräuchen die Vermerke (vormals am Schluß des Buches) gleich zugeordnet. Das ist die einzige Veränderung die vorgenommen wurde.
Gehen wir mit Emil Sommer auf eine sagenhafte Wanderung.
Bad Langensalza 2015 Harald Rockstuhl
Barbarossa – gezeichnet um 1890. Postkarte, Sammlung Harald Rockstuhl.
Sagen
1. Otto der Rothe im Kiffhäuser und zu Quedlinburg
Mündlich aus Helfta bei Eisleben und aus Halle
Kaiser Otto mit dem rothen Barte gerieth mit den Geistlichen in Streit, und da machten ihm die Reichsgeschäfte bald keine Sorgen mehr. Man sagte dem Volke, er sei plötzlich gestorben, und veranstaltete ein feierliches Begräbniß; doch der Kaiser lag nicht im Sarge, sondern schmachtete in einem Gefängniß. Und als er nach vielen Jahren starb, fand sein Geist keine Ruhe im Grabe, sondern irrte lange umher, bis er sich den Kiffhäuser zur Wohnstatt erkor.
Nun zogen einst Musikanten durch das Thal am Kiffhäuser und spielten vor allen Häusern; doch nirgends empfingen sie eine Gabe, so daß sie sich den ganzen Tag vergebens gemüht hatten. Da sprachen sie am Abend „Wir wollen dem Kaiser Otto ein Ständchen bringen: vielleicht schenkt er uns Etwas.“ Und sie spielten vor dem Berge das schönste ihrer Stücke auf; und als sie fertig waren, kam des Kaisers Kastellan und überreichte jedem einen grünen Zweig. Die Musikanten aber warfen die Zweige weg und lachten. „Wenn wir nicht mehr hätten verdienen wollen“ sprachen sie, „solch kaiserliche Gnade hätten wir auch sonst schon finden können.“ Nur einer steckte sich den Zweig an den Hut und sagte „So habe ich doch ein Andenken an den Kaiser Otto.“ Und als sie Abends spät in die Herberge kamen, war der Zweig auf dem Hute des Musikanten zu eitlem Golde geworden, und der arme Musikant war nun für sein Leben ein reicher Mann. Wie die andern das sahen, eilten sie zum Berge zurück und suchten im Mondscheine nach ihren Zweigen; doch die Zweige waren verschwunden. Am folgenden Morgen spielten sie wieder vor dem Kiffhäuser und spielten drei ganze Tage hindurch; doch der Kastellan des Kaisers brachte ihnen Nichts zum Dank.
Ein armer Schäfer hatte gehört wie der Musikant durch das Geschenk des Kaisers so reich geworden war, und er trieb nun immer auf den Kiffhäuser und dachte „Wenn ich nur den Weg wüßte, der in den Berg zum Kaiser Otto führt: da er ein so liebreicher, wohlthätiger Herr ist, so würde ich ihm meine Armuth klagen, und er würde sich gewiß meiner annehmen.“ Und wie er einst auch wieder so bei sich dachte, bemerkte er vor seinen Füßen eine Fallthür, die er nie zuvor gesehen hatte. Er öffnete sie und stieg eine lange Treppe in den Berg hinab bis in einen weiten, hochgewölbten Saal. Dort saß der Kaiser Otto mit seinem langen rothen Bart an einem großen steinernen Tisch, und um ihn her saßen viele hundert Ritter und Schildknappen in voller Rüstung. Schüchtern blieb der Hirt am Fuße der Treppe stehen, doch der Kaiser winkte ihm freundlich und sprach „Ich weiß schon weshalb du kommst. Hier nimm dir so viel du brauchst, und wenn du heim kommst, grüß dein Weib und deine Kinder von mir.“ Und damit wies er auf einen Haufen glühender Kohlen, der in einem Winkel lag. Der Hirt beugte sich ängstlich über die Kohlen, doch er wagte nicht sie anzurühren. Da lachte der Kaiser und rief „Greif nur zu; es brennt nicht. Doch nimm nicht zu wenig.“ „Ja zu wenig!“ dachte der Hirt, „wenn nur was zu nehmen wäre. Um Kohlen zu verschenken und arme Leute auszulachen braucht man kein Kaiser zu sein.“ Doch weil er sich fürchtete zu widersprechen, füllte er seine Hirtentasche mit Kohlen, verneigte sich tief vor dem Kaiser und seinen Rittern und Knappen und stieg die Treppe wieder hinauf. Und wie er oben die Kohlen aus der Tasche schütten wollte, war die Tasche voll gediegenen Goldes, und der Schäfer war so reich wie der Musikant; doch die Fallthür konnte er nie wieder finden.
Ein andrer Schäfer verlor am Johannisabend seine Heerde, die er auf dem Kiffhäuser gehütet hatte. Er lief durch das Gebüsch und hohe Gras sie zu suchen, und dabei streifte er, ohne es zu wissen, mit den Füßen die Wunderblume ab, und sie blieb in seiner Schuhschnalle hängen. Wer diese Blume, die nur in der Johannisnacht blüht, an sich trägt, der kann die Geister sehen: und wie es nun im Thale elf schlug, war der Schäfer grade dicht unter dem Gipfel des Berges, und er sah wie sich der Berg aufthat und der Kaiser Otto mit vielen Rittern herausstieg. Sie waren gar stattlich anzuschauen und begannen auf dem Berge Kegel zu schieben, und als sie eine Weile geschoben hatten, schmaräkelten sie. Der Schäfer blieb verwundert stehen und schaute zu. Da schlug es zwölf, und sie stiegen in den Berg zurück, und der Berg schloß sich wieder. Der Schäfer nahm zum Wahrzeichen den König der Kegel und steckte ihn in seine Hirtentasche. Er ging weiter nach seinen Schafen, fand sie auch bald und erzählte nun am Morgen den andern Hirten was er in der Nacht gesehen hatte. Die aber lachten ihn aus: da holte er den Kegel aus der Tasche, und wie er ihn ansah, war er ganz von Gold.
Nachdem der Kaiser Otto wohl manche hundert Jahre in dem Berge gehaust hatte, ging er zur Ruh ins Grab, und an seine Stelle zog der Kaiser Friedrich in den Kiffhäuser, der noch dort wohnt. – Nach Andern aber soll der Kaiser Otto aus dem Kiffhäuser in das quedlinburger Schloß gezogen sein und noch jetzt in den tiefen Kellern desselben sitzen. Die Magd des Küsters in Quedlinburg wurde einst von einem Geiste hinabgeführt und sah den Kaiser, der ganz von Golde war und sich nicht regte. Nach einer alten Wahrsagung soll das quedlinburger Schloß einst abbrennen: dann wird man den Kaiser unter den Trümmern finden und das Schloß mit dem Golde, in das sein Leib sich verwandelt hat, neu und schöner aufbauen; sein Geist aber wird dann Ruhe finden.
Anmerkung:
In der mittelalterlichen Sage von Otto dem Rothen sind die beiden ersten Ottonen verschmolzen, wie die von Friedrich Rothbart Züge aus der Geschichte Friedrichs II. enthält (s. Jacob Grimm Gedichte des Mittelalters auf Friedrich I. den Staufer S. 12; Deutsche Sagen der Brüder Grimm 2, 488). Bekanntlich kommt Otto schon im Herzog Ernst, in Rudolfs gutem Gerhard und in Konrads von Würzburg Otto mit dem Bart als halb mythische Gestalt vor (vergl. Deutsche Sagen 2, 466. 469. 470); und wenn unsere jüngeren Sagenquellen von ihm schweigen, so ist dies nur als zufällig anzusehen, da der im südlichen Sachsen und nördlichen Thüringen allgemein verbreitete Glaube daß er einst im Kiffhäuser gewohnt habe oder noch dort wohne sicher mit jenen mittelalterlichen Überlieferungen zusammenhängt. Wichtig ist daß die in den Kiffhäuser entrückten Helden beide rothe Bärte haben. Schon Grimm vergleicht Mythologie S. 910 Friedrich des Bartes wegen mit Thor, an dessen Stelle in Norwegen Olaf, der rothbärtige, als Riesenbekämpfer getreten ist: doch zugleich deutet er in der Vorrede zur Mythologie S. XVI die fliegenden Raben, nach denen Friedrich im Kiffhäuser fragt, wohl richtig auf Odhinns Raben; und an Odhinn erinnert unter den bergentrückten Helden noch besonders Karl der Große, der nicht mit rothem, sondern mit langem weißen Bart in mehreren deutschen Bergen sitzt. Ich glaube darum die Ritter und Knappen, welche nach dieser und der folgenden Sage mit Otto und Friedrich im Kiffhäuser wohnen, zu den nordischen Einherjen stellen zu dürfen, den in der Schlacht gefallenen Helden, die bei Odhinn in Walhalla einkehren1. Odhinn und Thor aber scheinen in den Sagen von Otto dem Rothen und Friedrich Rothbart im Kiffhäuser sich zu berühren. – Die Wunderblume, welche nur in der Johannisnacht blüht, kommt mehrfach in Harzsagen vor. In der Johannisnacht zeigt sich auch die grüne Jungfer auf dem Hausberge (Sage 12), und es knüpfen sich wohl an keine der noch jetzt im Volksglauben geheiligten Nächte so reiche Reste des Heidenthums wie an sie: in sie, die midsummernight, nicht in eine beliebige Sommernacht, verlegte darum auch Shakspeare sein Gedicht von Oberon und Titania. – Daß Otto aus dem Kiffhäuser in das quedlinburger Schloß, welches ebenfalls auf einem Berge liegt, gezogen sei versicherte der Erzähler, ein alter Bauer aus Helfta, in seiner Jugend, als er in Thale bei Quedlinburg diente, oft gehört zu haben: in Quedlinburg selbst habe ich vergeblich danach gefragt. – Schmaräkeln (S. 12 Z. 33) heißt ein Kegelspiel, bei welchem man nicht mit den Kugeln schiebt, sondern sie in die Höhe wirft, so dass sie beim Niederfallen die Kegel umschlagen (vergl. Schmellers bair. WB. 3, 471). – Zu dem Ständchen, welches hier Otto gebracht wird, vergl. Deutsche Sagen 1, 296.