Sadece LitRes`te okuyun

Kitap dosya olarak indirilemez ancak uygulamamız üzerinden veya online olarak web sitemizden okunabilir.

Kitabı oku: «Deutschland. Ein Wintermärchen», sayfa 4

Yazı tipi:

CAPUT XII

 
Im nächtlichen Walde humpelt dahin
Die Chaise. Da kracht es plötzlich —
Ein Rad ging los. Wir halten still.
Das ist nicht sehr ergötzlich.
 
 
Der Postillion steigt ab und eilt
Ins Dorf, und ich verweile
Um Mitternacht allein im Wald.
Ringsum ertönt ein Geheule.
 
 
Das sind die Wölfe, die heulen so wild,
Mit ausgehungerten Stimmen.
Wie Lichter in der Dunkelheit
Die feurigen Augen glimmen.
 
 
Sie hörten von meiner Ankunft gewiß,
Die Bestien, und mir zur Ehre
Illuminierten sie den Wald
Und singen sie ihre Chöre.
 
 
Das ist ein Ständchen, ich merke es jetzt,
Ich soll gefeiert werden!
Ich warf mich gleich in Positur
Und sprach mit gerührten Gebärden:
 
 
»Mitwölfe! Ich bin glücklich, heut
In eurer Mitte zu weilen,
Wo soviel edle Gemüter mir
Mit Liebe entgegenheulen.
 
 
Was ich in diesem Augenblick
Empfinde, ist unermeßlich;
Ach, diese schöne Stunde bleibt
Mir ewig unvergeßlich.
 
 
Ich danke euch für das Vertraun,
Womit ihr mich beehret
Und das ihr in jeder Prüfungszeit
Durch treue Beweise bewähret.
 
 
Mitwölfe! Ihr zweifeltet nie an mir,
Ihr ließet euch nicht fangen
Von Schelmen, die euch gesagt, ich sei
Zu den Hunden übergegangen,
 
 
Ich sei abtrünnig und werde bald
Hofrat in der Lämmerhürde —
Dergleichen zu widersprechen war
Ganz unter meiner Würde.
 
 
Der Schafpelz, den ich umgehängt
Zuweilen, um mich zu wärmen,
Glaubt mir’s, er brachte mich nie dahin,
Für das Glück der Schafe zu schwärmen.
 
 
Ich bin kein Schaf, ich bin kein Hund,
Kein Hofrat und kein Schellfisch —
Ich bin ein Wolf geblieben, mein Herz
Und meine Zähne sind wölfisch.
 
 
Ich bin ein Wolf und werde stets
Auch heulen mit den Wölfen —
Ja, zählt auf mich und helft euch selbst,
Dann wird auch Gott euch helfen!«
 
 
Das war die Rede, die ich hielt,
Ganz ohne Vorbereitung;
Verstümmelt hat Kolb sie abgedruckt
In der »Allgemeinen Zeitung«.
 

CAPUT XIII

 
Die Sonne ging auf bei Paderborn,
Mit sehr verdroßner Gebärde.
Sie treibt in der Tat ein verdrießlich Geschäft —
Beleuchten die dumme Erde!
 
 
Hat sie die eine Seite erhellt,
Und bringt sie mit strahlender Eile
Der andern ihr Licht, so verdunkelt schon
Sich jene mittlerweile.
 
 
Der Stein entrollt dem Sisyphus,
Der Danaiden Tonne
Wird nie gefüllt, und den Erdenball
Beleuchtet vergeblich die Sonne! —
 
 
Und als der Morgennebel zerrann,
Da sah ich am Wege ragen,
Im Frührotschein, das Bild des Manns,
Der an das Kreuz geschlagen.
 
 
Mit Wehmut erfüllt mich jedesmal
Dein Anblick, mein armer Vetter,
Der du die Welt erlösen gewollt,
Du Narr, du Menschheitsretter!
 
 
Sie haben dir übel mitgespielt,
Die Herren vom hohen Rate.
Wer hieß dich auch reden so rücksichtslos
Von der Kirche und vom Staate!
 
 
Zu deinem Malheur war die Buchdruckerei
Noch nicht in jenen Tagen
Erfunden; du hättest geschrieben ein Buch
Über die Himmelsfragen.
 
 
Der Zensor hätte gestrichen darin,
Was etwa anzüglich auf Erden,
Und liebend bewahrte dich die Zensur
Vor dem Gekreuzigtwerden.
 
 
Ach! hättest du nur einen andern Text
Zu deiner Bergpredigt genommen,
Besaßest ja Geist und Talent genug,
Und konntest schonen die Frommen!
 
 
Geldwechsler, Bankiers, hast du sogar
Mit der Peitsche gejagt aus dem Tempel —
Unglücklicher Schwärmer, jetzt hängst du am Kreuz
Als warnendes Exempel!
 

CAPUT XIV

 
Ein feuchter Wind, ein kahles Land,
Die Chaise wackelt im Schlamme;
Doch singt es und klingt es in meinem Gemüt:
»Sonne, du klagende Flamme!«
 
 
Das ist der Schlußreim des alten Lieds,
Das oft meine Amme gesungen —
»Sonne, du klagende Flamme!« Das hat
Wie Waldhornruf geklungen.
 
 
Es kommt im Lied ein Mörder vor,
Der lebt’ in Lust und Freude;
Man findet ihn endlich im Walde gehenkt
An einer grauen Weide.
 
 
Des Mörders Todesurteil war
Genagelt am Weidenstamme;
Das haben die Rächer der Feme getan —
»Sonne, du klagende Flamme!«
 
 
Die Sonne war Kläger, sie hatte bewirkt,
Daß man den Mörder verdamme.
Ottilie hatte sterbend geschrien:
»Sonne, du klagende Flamme!«
 
 
Und denk ich des Liedes, so denk ich auch
Der Amme, der lieben Alten;
Ich sehe wieder ihr braunes Gesicht,
Mit allen Runzeln und Falten.
 
 
Sie war geboren im Münsterland,
Und wußte, in großer Menge,
Gespenstergeschichten, grausenhaft,
Und Märchen und Volksgesänge.
 
 
Wie pochte mein Herz, wenn die alte Frau
Von der Königstochter erzählte,
Die einsam auf der Heide saß
Und die goldnen Haare strählte.
 
 
Die Gänse mußte sie hüten dort
Als Gänsemagd, und trieb sie
Am Abend die Gänse wieder durchs Tor,
Gar traurig stehen blieb sie.
 
 
Denn angenagelt über dem Tor
Sah sie ein Roßhaupt ragen,
Das war der Kopf des armen Pferds,
Das sie in die Fremde getragen.
 
 
Die Königstochter seufzte tief:
»O Falada, daß du hangest!«
Der Pferdekopf herunterrief:
»O wehe! daß du gangest!«
 
 
Die Königstochter seufzte tief:
»Wenn das meine Mutter wüßte!«
Der Pferdekopf herunterrief:
»Ihr Herze brechen müßte!«
 
 
Mit stockendem Atem horchte ich hin,
Wenn die Alte ernster und leiser
Zu sprechen begann und vom Rotbart sprach,
Von unserem heimlichen Kaiser.
 
 
Sie hat mir versichert, er sei nicht tot,
Wie da glauben die Gelehrten,
Es hause versteckt in einem Berg
Mit seinen Waffengefährten.
 
 
Kyffhäuser ist der Berg genannt,
Und drinnen ist eine Höhle;
Die Ampeln erhellen so geisterhaft
Die hochgewölbten Säle.
 
 
Ein Marstall ist der erste Saal,
Und dorten kann man sehen
Viel tausend Pferde, blankgeschirrt,
Die an den Krippen stehen.
 
 
Sie sind gesattelt und gezäumt,
Jedoch von diesen Rossen
Kein einziges wiehert, kein einziges stampft,
Sind still, wie aus Eisen gegossen.
 
 
Im zweiten Saale, auf der Streu,
Sieht man Soldaten liegen,
Viel tausend Soldaten, bärtiges Volk,
Mit kriegerisch trotzigen Zügen.
 
 
Sie sind gerüstet von Kopf bis Fuß,
Doch alle diese Braven,
Sie rühren sich nicht, bewegen sich nicht,
Sie liegen fest und schlafen.
 
 
Hochaufgestapelt im dritten Saal
Sind Schwerter, Streitäxte, Speere,
Harnische, Helme, von Silber und Stahl,
Altfränkische Feuergewehre.
 
 
Sehr wenig Kanonen, jedoch genug,
Um eine Trophäe zu bilden.
Hoch ragt daraus eine Fahne hervor,
Die Farbe ist schwarzrotgülden.
 
 
Der Kaiser bewohnt den vierten Saal.
Schon seit Jahrhunderten sitzt er
Auf steinernem Stuhl, am steinernen Tisch,
Das Haupt auf den Armen stützt er.
 
 
Sein Bart, der bis zur Erde wuchs,
Ist rot wie Feuerflammen,
Zuweilen zwinkert er mit dem Aug’,
Zieht manchmal die Braunen zusammen.
 
 
Schläft er oder denkt er nach?
Man kann’s nicht genau ermitteln;
Doch wenn die rechte Stunde kommt,
Wird er gewaltig sich rütteln.
 
 
Die gute Fahne ergreift er dann
Und ruft. »Zu Pferd! zu Pferde!«
Sein reisiges Volk erwacht und springt
Lautrasselnd empor von der Erde.
 
 
Ein jeder schwingt sich auf sein Roß,
Das wiehert und stampft mit den Hufen!
Sie reiten hinaus in die klirrende Welt,
Und die Trompeten rufen.
 
 
Sie reiten gut, sie schlagen gut,
Sie haben ausgeschlafen.
Der Kaiser hält ein strenges Gericht,
Er will die Mörder bestrafen —
 
 
Die Mörder, die gemeuchelt einst
Die teure, wundersame,
Goldlockichte Jungfrau Germania —
»Sonne, du klagende Flamme!«
 
 
Wohl mancher, der sich geborgen geglaubt
Und lachend auf seinem Schloß saß,
Er wird nicht entgehen dem rächenden Strang,
Dem Zorne Barbarossas!
 
 
Wie klingen sie lieblich, wie klingen sie süß,
Die Märchen der alten Amme!
Mein abergläubisches Herze jauchzt:
»Sonne, du klagende Flamme!«
 

CAPUT XV

 
Ein feiner Regen prickelt herab,
Eiskalt, wie Nähnadelspitzen.
Die Pferde bewegen traurig den Schwanz,
Sie waten im Kot und schwitzen.
 
 
Der Postillion stößt in sein Horn,
Ich kenne das alte Getute,
»Es reiten drei Reiter zum Tor hinaus!«
Es wird mir so dämmrig zumute.
 
 
Mich schläferte und ich entschlief,
Und siehe! mir träumte am Ende,
Daß ich mich in dem Wunderberg
Beim Kaiser Rotbart befände.
 
 
Er saß nicht mehr auf steinernem Stuhl,
Am steinernen Tisch, wie ein Steinbild;
Auch sah er nicht so ehrwürdig aus,
Wie man sich gewöhnlich einbildt.
 
 
Er watschelte durch die Säle herum
Mit mir im trauten Geschwätze.
Er zeigte wie ein Antiquar
Mir seine Kuriosa und Schätze.
 
 
Im Saale der Waffen erklärte er mir,
Wie man sich der Kolben bediene,
Von einigen Schwertern rieb er den Rost
Mit seinem Hermeline.
 
 
Er nahm ein Pfauenwedel zur Hand,
Und reinigte vom Staube
Gar manchen Harnisch, gar manchen Helm,
Auch manche Pickelhaube.
 
 
Die Fahne stäubte er gleichfalls ab,
Und er sprach: »Mein größter Stolz ist,
Daß noch keine Motte die Seide zerfraß,
Und auch kein Wurm im Holz ist.«
 
 
Und als wir kamen in den Saal,
Wo schlafend am Boden liegen
Viel tausend Krieger, kampfbereit,
Der Alte sprach mit Vergnügen:
 
 
»Hier müssen wir leiser reden und gehn,
Damit wir nicht wecken die Leute;
Wieder verflossen sind hundert Jahr’,
Und Löhnungstag ist heute.«
 
 
Und siehe! der Kaiser nahte sich sacht
Den schlafenden Soldaten,
Und steckte heimlich in die Tasch’
Jedwedem einen Dukaten.
 
 
Er sprach mit schmunzelndem Gesicht,
Als ich ihn ansah verwundert:
»Ich zahle einen Dukaten per Mann,
Als Sold, nach jedem Jahrhundert.«
 
 
Im Saale, wo die Pferde stehn
In langen, schweigenden Reihen,
Da rieb der Kaiser sich die Händ’,
Schien sonderbar sich zu freuen.
 
 
Er zählte die Gäule, Stück vor Stück,
Und klätschelte ihnen die Rippen;
Er zählte und zählte, mit ängstlicher Hast
Bewegten sich seine Lippen.
 
 
»Das ist noch nicht die rechte Zahl« —
Sprach er zuletzt verdrossen —,
»Soldaten und Waffen hab ich genung,
Doch fehlt es noch an Rossen.
 
 
Roßkämme hab ich ausgeschickt
In alle Welt, die kaufen
Für mich die besten Pferde ein,
Hab schon einen guten Haufen.
 
 
Ich warte, bis die Zahl komplett,
Dann schlag ich los und befreie
Mein Vaterland, mein deutsches Volk,
Das meiner harret mit Treue.«
 
 
So sprach der Kaiser, ich aber rief:
»Schlag los, du alter Geselle,
Schlag los, und hast du nicht Pferde genug,
Nimm Esel an ihrer Stelle.«
 
 
Der Rotbart erwiderte lächelnd: »Es hat
Mit dem Schlagen gar keine Eile,
Man baute nicht Rom an einem Tag,
Gut Ding will haben Weile.
 
 
Wer heute nicht kommt, kommt morgen gewiß,
Nur langsam wächst die Eiche,
Und chi va piano, va sano, so heißt
Das Sprüchwort im römischen Reiche.«
 
Yaş sınırı:
12+
Litres'teki yayın tarihi:
30 ağustos 2016
Hacim:
50 s. 1 illüstrasyon
Telif hakkı:
Public Domain