Kitabı oku: «Das Zauberklavier»
Das Zauberklavier
Heinrich Seidel
Inhaltsverzeichnis
Über den Autoren:
Das Zauberklavier
Impressum
Über den Autoren:
Heinrich Friedrich Wilhelm Karl Philipp Georg Eduard Seidel war ein deutscher Ingenieur und Schriftsteller.
Das Zauberklavier
Ganz hinten in der Welt, wo die Geographie zu Ende ist und die Weltgeschichte aufhört, lag ein sehr angenehmes Königreich. Die Untertanen waren recht artige und regierliche Leute, so daß der König morgens immer eine Stunde länger schlafen konnte als seine Nachbarkönige. Ja, zuweilen kam es vor, daß er des Vormittags, von zehn bis zwölf, wo er gewöhnlich zu regieren pflegte, mit Krone, Zepter und Reichsapfel in seinem Regiersaal saß und gar nichts zu regieren da war.
In seinem Königreich waren die meisten Leute Gelehrte und Büchermenschen. Dies kam daher, weil es so hübsch abgelegen war und der große Spektakel, den die übrigen Menschen in der Welt machten, dort fast gar nicht vernommen ward.
Es gab jedoch noch einige andere Leute in dem Königreich. Erstens waren da die Frauen, Kinder und sonstigen Angehörigen der Büchermenschen und zweitens Leute, die nichts Besonderes an sich hatten, wie man sie in allen Königreichen findet. Diese langweilten sich sehr oft, denn die Büchermenschen hatten niemals Zeit, sich mit ihnen zu unterhalten.
Da begab es sich, daß aus einem sehr entfernten Königreich ein Mann einzog, der ein Klavier mitbrachte. Er verstand nun zwar nicht besonders, darauf zu spielen, allein er vermochte ihm doch einige Melodien abzukneifen, die in dem Königreich sehr beliebt waren. Dies ward bald bekannt, und in drei Tagen wußte man allgemein, daß der fremde Mann, der so weit hergekommen sei, einen Zwitscherkasten im Hause habe, auf dem er mit den Fingern Musik mache. Nun dauerte es nicht lange, da hatte jeder im Königreich, die Büchermenschen natürlich ausgenommen, die sich niemals um dergleichen bekümmerten, abends vor dem Fenster des fremden Mannes gestanden und hatte diese Zaubertöne selber gehört. Die Folge davon war, daß eine allgemeine Sehnsucht im ganzen Lande entstand, auch solche Musikkiste zu besitzen, und sich ein allgemeines Kribbeln in den Fingern regte. Nachdem man erfahren hatte, wo diese Instrumente zu haben seien, ward gleich eine ganze Schiffsladung voll bestellt, und man übte sich einstweilen auf Fensterbrettern und Kommoden, um sich wenigstens vorläufig das Kribbeln in den Fingern ein wenig zu vertreten.
Die Klaviere kamen an und wurden bei vielen Leuten aufgestellt. Diese begannen nun darauf zu spielen, allein sie bemerkten, daß diese Instrumente auf eine besondere Weise bearbeitet sein wollten, um solche Töne herzugeben, wie man sie von ihnen erwartete. Der fremde Mann wurde um Rat gefragt, und er sagte, er kenne bei sich zu Lande einen sehr berühmten Klavierschläger, der besitze die Kunst, auch anderen Leuten diese Fertigkeit beizubringen. Den müßten sie sich verschreiben. Dieses taten sie auch, und der Mann kam und begann seine Arbeit. Sie verwunderten sich baß, als sie den zuerst spielen hörten. Der schlug das Klavicymbalum vorwärts und rückwärts und mit verbundenen Augen und zappelte dabei so mit den Händen, daß einem Hören und Sehen verging. Er bekam gleich so viel Unterricht zu geben, daß er es nicht allein bewältigen konnte und sich noch drei handfeste Gehilfen verschreiben, mußte. So geschah es, daß in diesem Königreiche das Klavierspiel in Mode kam.
Anfangs machte es noch nicht so viel aus, daß in vielen Häusern gar kein Klavier und in anderen nur eine derartige Fingertretmaschine vorhanden war, aber dies blieb nicht so. Da die Leute sahen, wie lieblich darauf zu spielen sei, so griff es immer weiter um sich, und die Alten sagten: »Wenn wir es auch nicht mehr lernen können, so sollen es doch unsere Kinder lernen.« Und kaum hatten nun diese Würmer laufen gelernt, so wurden sie auf den Musikstuhl geschraubt und mußten Tonleitern spielen. Denn der große Klavierschläger hatte gesagt, dies seien die einzigen Leitern, die in den Musikhimmel führten. Dies ging so fort, bis es zu einem Grade gelangte, wo es staatsgefährlich wurde. Es wurden allmählich immer mehr dergleichen Leiselautfingerklopfkasten, wie sie in der Landessprache genannt wurden, im Lande aufgestellt, und es ereignete sich, daß zur Zeit der Höhe der Epidemie in einem einzigen Hause sieben Stück vorhanden waren. Wenn diese nun alle gleichzeitig in verschiedener Weise in Tätigkeit gesetzt wurden, so konnte man schon genug davon bekommen. Es war nun den ganzen Tag über in dem Königreiche ein immerwährendes Geklimper, dem man nur entrinnen konnte, wenn man in die tiefste Einsamkeit flüchtete. Es kamen betrübende Folgen zum Vorschein. Eines Tages versammelten sich sämtliche Lerchen, Nachtigallen und andere Singvögel, die in dem Reiche wohnhaft waren, in einem großen Walde und zogen gemeinschaftlich fort, denn die Konkurrenz war ihnen zu groß geworden.
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