Kitabı oku: «Erinnerungen eines Langensalzaer sechsten Ulanen an den Deutsch-Französischen Krieg 1870/71», sayfa 2
3. Ueber die Grenze, Schlacht bei Wörth.
Am 4. August früh 4 Uhr wurde nach Insheim zu, dem Sammelplatz der ganzen Kavalleriedivision, aufgebrochen. Es war für uns ein herrlicher Anblick, als wir unsere 6 stolzen Reiterregimenter und die 2 Batterien zum erstenmal zusammensahen und von Sr. Königl. Hoheit unserem Kommandeur warm begrüßt wurden.
In langem Zuge setzte sich die ganze Reitermasse nach der Grenze zu in Bewegung. Mittag kam die Nachricht, daß bei Weißenburg gekämpft würde, und nun ging es im scharfen Trabe auf den bald hörbaren Kanonendonner los. Um 4 Uhr waren wir auf dem Schlachtfelde, zu spät, um Arbeit zu finden. Gegen Abend wurde bei dem südlich von Weißenburg gelegenen Grenzdorfe Altstadt Biwak, mit nur etwas Regen in der Nacht, bezogen. Zum erstenmal kam uns, als wir unsere Pferde zur Tränke ritten, ein Zug Gefangener, worunter einige Turkos, entgegen. Der ganze Trupp von ca. 100 Mann machte keinen schlechten Eindruck, alle waren pulvergeschwärzt und sehr ernst, ältere Unteroffiziere sah man die Zähne vor Aerger und Scham zusammenbeißen. Da die Begleitmannschaften (Bayern) erzählten, wie tapfer die Leute gewesen seien, so verstummten bei uns gar bald alle höhnischen Worte, welche sich beim Sieger seinen Gefangenen gegenüber nur allzuleicht hervordrängen. Ueberhaupt haben wir auch später mit den Gefangenen, welche vom wirklichen Militär waren, mehr Mitleid gehabt, als Verachtung. Der französische Soldat ist sehr gewandt, sehr tapfer und ausdauernd, aber er war nicht genügend ausgebildet mit dem vorzüglichen Chassepotgewehr, und das Offizierchor war unsern Offizieren durchaus nicht gewachsen. Da in dem ersten Kampfe unserer so verschiedenartig zusammengesetzten Armee die erste Waffenbrüderschaft geschlossen wurde, so war der Jubel der einzelnen Truppenteile groß.
Am 5. August früh, kurz nach 4 Uhr, wurde zu einer großen Rekognoszierung gegen Hagenau aufgebrochen. Am Geisberg, dem Hauptpunkt des gestrigen Gefechts vorüber, ging es über Sultz nach der vor Hagenau liegenden Mulde. Unser Regiment hatte die Avantgarde. Die 1. Eskadron, als rechte Seitendeckung, berührte hierbei verschiedene Ortschaften wo am nächsten Tage gekämpft wurde, und stellte die Stellung der französischen Armee bei Wörth fest, 1 Mann und 8 Pferde war ihr Verlust.
Wir, die 4. Eskadron, hatten die Spitze vom Gros der Division, 1 Detachement Pioniere zu Wagen waren uns beigegeben. Ich selbst war mit an der äußersten Spitze. Als wir auf einer Höhe kurz vor dem Hagenauer Walde ankamen, wurde eben von den Franzosen die über die Sauer führende Brücke in die Luft gesprengt, noch sahen wir die französischen Pioniere davonlaufen. Schnell unsere Pioniere vor, (mein Nachbar und Schulkamerad Louis Bamberg, Utzberg dabei) einige ziemlich starke Pappeln an der Straße wurden abgesägt, zwei auf einem Teich, oberhalb gefundene Kähne herbeigeschafft und umgestülpt verankert. Die Pappelstämme wurden mit Reisig und alsdann mit abgegrabenen Rasenstücken belegt. Nach 1 Stunde schon war die Brücke fertig und wir gingen zuerst darüber. Als wir auf der Straße in den Wald eindrangen, bemerkten wir einige Reiter und hörten schießen. Aber wir wurden auch auf ein sonderbares „Klatschen“ an den Bäumen aufmerksam und als wir uns darüber wunderten, meinte ein alter Reservist, der 66 mitgemacht hatte, ruhig: „Schafsköpfe, Kugeln sinds“. Als wir dann auch das sonderbare Pfeifen und Zischen deutlich hörten, da wußten wir alle, daß dies der erste Gruß der hinter dem Walde liegenden Franzosen an uns war, und gar mancher machte bei jedem Schusse eine elegante Verbeugung nach vorn. Wir rückten ganz an den Straßenseiten unter den Baumästen noch ein Stück vor, da aber allerwärts Verhaue und sonstige Straßensperrungen errichtet waren, gingen wir zurück. Nachdem ein großer Teil des Geländes, auf welchem am nächsten Tage so schwer gerungen wurde, abgesucht war, ging es in Gärten bei dem rückwärts gelegenen Orte Hermesweiler ins Biwak. 2 Stunden Regen.
Am 6. August vormittags blieben wir noch im Biwak, als um ca. 8 Uhr Kanonen- und Gewehrfeuer hörbar wurde. Dasselbe wurde stärker und stärker und mittags wußten wir es, daß eine große Schlacht da vor uns geschlagen wurde. Wir aber mußten unsere Pferde füttern und tränken und sollten Fleisch im Feldkessel für uns kochen. Darüber murrten wir, und als um za. 3 Uhr Sr. Königl. Hoheit ruhig unsere Reihen durchritt, jedenfalls um seine Truppen zu inspizieren, da trat ein alter Reservist an ihn heran und sagte wörtlich: „Königl. Hoheit, wir liegen hier untätig und hören doch, das vor uns eine große Schlacht geschlagen wird, wir wollen auch mit vor und unsern Kameraden helfen“. Da antwortete derselbe mit laut erhobener Stimme: „Leute! Sr. Königl. Hoheit der Kronprinz schlägt heute eine große Schlacht, und der Sieg ist unser! Den Sieg aber auszunutzen, den geschlagenen Feind vollends niederzuringen, dazu werden frische Truppen gebraucht und (betonend) das seid Ihr.“ Hurra! Hurra! erschallte es da, unser Führer freute sich darob nicht wenig, man sah es ihm an.
Das Fleisch aber, was wir auf dem Feuer hatten, haben wir im Feldkessel halbgekocht mitnehmen müssen, denn eben kam ein Adjutant des Kronprinzen auf triefendem Pferde herangejagd, an Prinz Albrecht den Befehl überbringend, sofort mit seiner Kavallerie die Verfolgung aufzunehmen.
Da kam Leben in uns hinein, schon nach 1/4 Stunde waren die Regimenter zum Abrücken fertig und weg ging’s über Sultz nach dem an allen Ecken brennenden Gunstedt.
Bei Gunstedt mußte längere Zeit gehalten werden, weil eine große Zahl Gefangener revoltierten und die III. Eskadron wurde deshalb kommandiert, dieselben mit zu bewachen. Aber es kam für uns hier noch anders.
Wagen mit transportfähigen Verwundeten begegneten uns in großer Zahl und die totbleichen Gesichter, das bei jedem Radschlag schmerzliche Stöhnen, erregten bei uns ein recht sonderbares Gefühl. In Gunstedt war jedes Haus ein Lazarett. Vor dem Dorfe war ein großer Verbandsplatz. Zum größten Teil auf bloßer Erde lagen da Tote und schwer Verwundete alle untereinander, die letzteren vielmals laut aufschreiend vor Schmerzen. Die Aerzte aber, mit aufgestreiften Hemdärmeln, hantierten mit Messer und Verbandszeug darunter.
Das war der Krieg und der Tod in Wirklichkeit, nicht wie er in schwungvollen Festreden und Festliedern vielmals geschildert wird. Alle diese gesundheitstrotzenden, jungen Leute hatten kurz vorher noch gejubelt, und nun lagen sie hilflos da und rangen mit dem Tode, wollten nicht sterben in ihrer Jugend und Kraft und mußtens doch. — Wir aber, die wir noch gesund waren, wir wären gern zu ihnen gegangen, denn alle waren vom 11. Korps und mancher Freund vielleicht darunter, konnten und durften es aber nicht, denn unsere Pflicht war eine andere. Von diesem Bilde waren wir alle tief ergriffen, später freilich, da wurde das Herz hart, die Macht die Gewohnheit ändert eben vieles.
Es war mittlerweile Nacht geworden, als wir durch Gunstedt hindurchkamen. Auf einem Kirschbaume der Chaussee saß oben ein angeschossener Turko und schrie vor Schmerzen laut auf, niemand bekümmerte sich um ihn. Dann ging es bei der Brückmühle, wo unsere 11. Jäger so furchtbar gelitten hatten, über die Sauer auf der Straße bis Eberbach vor, wo wir der Dunkelheit wegen um 10 Uhr Biwak aufschlugen. Vorher jedoch sahen wir an einem Hügel eine große Anzahl weißer Punkte und glaubten erst es seien Gänse, es waren aber tote französische Kürassiere, welche bei einer Attacke auf unsere Infanterie, hauptsächlich auf das Eisenacher Batallion, gefallen waren. Da es zu regnen anfing, holten wir uns aus den Gehöften von Eberbach, welches ebenfalls voller Verwundeten, meist Franzosen, lag, Stroh, Türen und alles mögliche heraus und hieran knüpfte sich für mich später folgendes Erlebnis: Als ich vor mehreren Jahren mit einer Anzahl 94er zur Denkmalsweihe nach Wörth fuhr, stiegen wir bereits bei Gunstedt aus und mich drängte es, die Stelle, auf welcher in der Nacht des 6. August mein Haupt gelegen, noch einmal zu sehen. Da schloß sich uns ein Mann an, welcher aus Ebersbach war. Ich fragte denselben, ob er etwas darüber wisse, wie es während der Schlacht bei ihnen zugegangen sei. Er erzählte hierauf, daß er selbst ein kleiner Junge gewesen und im Keller gesteckt habe, sein noch lebender Vater aber rede heute noch oft davon, daß zwar im Orte selbst nicht gekämpft worden wäre, trotzdem aber alles voller Verwundeter gelegen habe. In der Nacht aber seien vor dem Orte so viel preußische Ulanen eingetroffen, daß es ihnen Angst und Bange geworden sei. Alles hätten dieselben hinausgeschleppt, Betten, Stroh, Türen, Holz und Lebensmittel und früh, als es Tag geworden, seien dieselben eben so plötzlich verschwunden gewesen wie sie gekommen seien.
Ich sagte dem Manne, er möge seinem alten Vater berichten, wie er mit einem von diesen greulichen Ulanen gesprochen und dieser ihn herzlich um Verzeihung bitten ließe, weil es eben damals Krieg gewesen, wo sich jeder helfen müsse so gut es ginge: „Not kenne kein Gebot.“
4. Die Verfolgung des Feindes nach Wörth.
Um 4 Uhr früh am 7. August war die Kavallerie, unser Regiment als Avantgarde, wieder an der Arbeit, und nun haben wir fast 2 Tage den Sattel auf dem Pferde gehabt, sind auch nicht viel aus demselben herausgekommen. Es ging zunächst über Reichshofen und Niederbronn auf Buxweiler zu.
Allerwärts standen in der Eile des Rückzuges stehengelassene französische Wagen, welche alle untersucht wurden und dann, um die Straßen freizubekommen, einfach umgeworfen werden mußten.
Ich selbst habe mich damit beschäftigt, z. B. an einem Wagen mit Bisquit und Konfekt, natürlich wurde der eigene Vorteil dabei wahrgenommen. Von einem Wagen voller Noten und Instrumente, entnahm ich einen hübschen Taktierstab. Das größte Vergnügen aber boten einige Wagen mit wunderschöner Damengarderobe. Da gab es zierliche Hütchen, seidene Kleider und Jacketts, feine zierliche Lackschuhe, Unterröcke und sogar — ich bitte das nur zu ahnen — diskrete Spitzenhöschen, auch allerhand schöne Parfüms, Seifen usw. Donnerwetter! dachte da wohl mancher von uns Barbaren, hätten wir doch die jedenfalls schöne Besitzerin dieser Sächelchen leibhaftig darin gehabt. Gerochen hat man uns einige Tage schon von weitem, so hatten wir uns einparfümiert.
Ja, die Herren Franzosen waren, wie es schien, recht sehr mit Damen intim, welche es sich jedenfalls vorgenommen hatten, in Berlin eine Rolle mitzuspielen. Ja andernteils hatte auch jeder einzelne Mann für den zu erwartenden Einzug eine nagelneue Uniform im Tornister, wie festgestellt wurde. Da waren wir freilich im Gegensatz dazu recht armselig.
Was aber eine verlorene Schlacht für Folgen hat, bewiesen die vielen an diesem und den folgenden Tagen eingebrachten Gefangenen. Zumeist waren es von ihren Truppenteilen abgekommene Versprengte ohne Führung. Ich selbst habe mit 4 Kameraden 6 Franzosen aus einem Haus herausgeholt, welche sich uns ergaben ohne einen Schuß zu tun, trotz geladener Gewehre. Resolut wurden sie gepackt, die Gewehre zum Fenster hinausgeworfen, beim Kragen genommen und abgeführt. Immer freilich ging es so glücklich nicht ab. Als wir immer weiter vordrangen, stießen wir auf größere Trupps und weil unsere Infanterie nicht zur Hand war, mußte öfters zurückgegangen werden.
Alle Ortschaften waren noch vom Feind besetzt, die Straßen lagen voll von zerbrochenen Fuhrwerken, Tornistern, Gewehren usw.
Buxweiler zu besetzen war nur unter Zuhilfenahme der Artillerie möglich. Das Regiment mußte dann aber noch bis Steinburg vordringen, was bis abends 9 Uhr gelang. Aber bald darauf mußte, nachdem größere feindliche Truppenmassen eingetroffen waren, der Rückmarsch angetreten und bei Buxweiler um 2 Uhr nachts ein Biwak bezogen werden. Abermals heftiger Regen. 32 Stunden hatten wir fast ununterbrochen im Sattel gesessen.
Da der Einmarsch in die Gebirge der Vogesen nur durch Infanterie erzwungen werden konnte, mußten wir auf dieselbe warten.
Während die Kavalleriedivision von 8. bis 10. August in ihrer Stellung verblieb und Ruhe hatte, wurde unsere 4. Eskadron der 22. Infanteriedivision zugeteilt, mit welcher sie als Spitze derselben in die hohen Berge einmarschierte.
Die Wohnungen waren dort teilweise in die Felsen eingebaut und mir ist erinnerlich, daß einmal die ganze Schwadron, einer hinter dem andern, das Pferd am Zügel führend, einen hohen Berg hinaufklettern mußte, die Mannschaften sich an den Bäumen festhaltend.
Daß die Franzosen uns hier ruhig durchziehen ließen, wo sie uns doch sozusagen mit Steinen hätten totwerfen können, war uns allen unerklärlich. Nachdem wir in dem romantischen Ingetal alles abgesucht hatten, wurde bei Dassenheim biwakiert, natürlich wieder im Regen.
Am 10. August früh 6 Uhr wurde aufgebrochen, wieder das Tal der Inge entlang bis vor Pfalzburg, einer Festung, welche von der Artillerie der 22. Division beschossen wurde. Unsere Schwadron, 1 Schwadron 13er Husaren und 94er lagen dicht nebeneinander im Biwak.
Die Nacht vom 10. zum 11. August ist wohl jedem von uns unvergeßlich. Es fing schon am Nachmittag infolge eines Gewitters an mit regnen, und es regnete weiter die ganze Nacht bis zum Morgen, aber wie! Man höre. Die an der nahen Straße stehenden hohen Pappeln waren in kurzer Zeit bis zur höchsten Spitze von den Aesten befreit, um von dem Reisig Hütten zu bauen. Nun werden bekanntlich im Biwak die Pferde, jedes Glied für sich, mit den Köpfen nach außen gestellt. Für je 12—14 Pferde wird eine Leine gezogen, welche an beiden Enden an in die Erde geschlagene Piquetpfähle angebunden wird. An diese gezogenen Leinen werden wieder die Pferde angebunden.
In der zwischen beiden Reihen gebildeten Gasse werden geordnet die Sättel hineingelegt, die Lanze daneben mit dem Schaft in den Boden eingesteckt. Das gibt im Manöver bei schönem Wetter ein hübsches Bild. Für jedes Glied eines einzelnen Zuges muß ein Mann Wache stehen, um Ordnung zu halten. Diese Wachen lösen sich ab.
Wir hatten uns also ca. 13 Mann eine Laubhütte gebaut und dicht nebeneinander hingelegt auf den nassen Boden. Jeder sollte 1/2 Stunde Wache stehen. Den Pferden waren die Decken abgenommen und diese, um sie etwas trocken zu erhalten, unter die dahinter liegenden Sättel geschoben. Wir schliefen natürlich trotz aller Nässe vor Müdigkeit ohne weiteres ein. Die Pferde aber, welche zitterten wie Espenlaub, wurden unruhig und schwenkten, weil die Piquetpfähle ausgerissen waren, die einzelnen Zugglieder für sich, nicht nur einmal, sondern fortwährend herum immer über Sättel und Lanzen hinweg, sodaß dieselben förmlich in den Dreck getreten wurden. Schon nach kurzer Zeit war fußhoher Morast entstanden. Die Wachen aber waren dem gegenüber machtlos. Meine Wachtzeit wird za. um 1 Uhr nachts gewesen sein, aber schon um 12 Uhr wurde ich derb aufgerüttelt und aus der Hütte hinaustransportiert.
Es regnete was vom Himmel herunter wollte. Als ich mich eine Zeit lang mit den Pferden herumgeplagt hatte, (1/2 Std. wird es wohl nicht gewesen sein) suchte ich mit vieler Mühe meinen Nebenmann herauszubringen, was mir endlich auch gelang. Nun wurde kurzer Prozeß gemacht. Ich warf mich auf die wie tot in der Hütte liegenden Kameraden einfach mitten darauf und schlief natürlich sofort ein. Nachfolgende andere machten es ebenso. Als ich um za. 3 Uhr aufwachte, war ich unter dem immerhin etwas schützenden Laubdach herausgewürgt worden, lag daneben in einer Ackerfurche, sodaß sich das Wasser vor mir aufgestemmt hatte, und es regnete mir mit Bindfaden gerade in den Mund hinein. Ich fror entsetzlich! Da bemerkte ich, daß die 13. Husaren ein Feuer angemacht hatten und immer einer hinter dem andern um dasselbe herumliefen. Schnell hinüber und mitgelaufen war eins; aber bald war ich in dem nassen Zeug zum zusammenbrechen müde. Da ich jetzt fand, daß auf der Straße in einem kleinen Strohhüttchen 3 Personen warm schlummerten, war ich kurz entschlossen, auf die Kameraden legen und einschlafen war eins. Nach einer Stunde wurden alle munter und wer wars? Der Wachtmeister, Roßarzt und der Bursche, welche das Ding gebaut hatten. „Wie kommen Sie hierher?“ fragte mich der Wachtmeister. Antwort meinerseits: „Ja, wenn ich das wüßte.“ Vorfall erledigt, punktum.
Mit beginnendem Tage schien der Himmel seine Schleußen zu schließen, nun wurden die Pferde auf einen andern Platz gebracht, gefüttert und sollten gesattelt werden, aber das war so eine Sache. Als die armen nassen Tiere das durch die Nässe noch schwerere Gepäck, an welchem noch eine gehörige Portion Dreck hing, aufbekamen, beugten sie sich zusammen.
Ein unglücklicher Kamerad, klein, vom linken Flügel, noch dazu mit einer mächtig dicken Backe infolge eines heftigen Zahngeschwüres, aber rannte auf dem Platz herum und fand sein gesamtes Sattelzeug nicht. Auf einmal sieht aus dem durchkneteten Acker ein Stück Leder hervor, er zieht daran und heraus kommt sein zertrampeltes Zeug. Als er sich nun daran machte, die Schmiere mit beiden Händen abzuziehen und wegzuwerfen, da wurde der Unglückliche noch bespöttelt.
Als es aber an das Aufsitzen gehen sollte, da kamen zumeist die Sättel wieder herunter und Infanterie wurde herübergeholt, uns auf die Pferde zu helfen. Kamerad E. Thiele, Utzberg und E. Wagner, Nieder-Zimmern sind des Zeuge, denn sie haben mir geholfen.
Am 11. August kehrte die Eskadron wieder zum Regiment und zur Kav.-Division zurück. Die Zernierung von Pfalzburg wurde nachfolgenden Truppen überlassen.
Die Vogesen waren durchquert und es wurde zunächst nach Saarburg vorgegangen, woselbst Biwak bei Heming bezogen wurde.
Am 12. August. Vorgehen über Maizière, Bourdonnaye, nach Sezay, hierbei mußten wir den Kanal der Meurte passieren. Die Brücke war gesprengt, schnell wurden einige Kähne herbeigeschafft, und nach einer Stunde ging es darüber, Biwak bei Sezay.
Ich mußte diese Nacht eine Patrouille reiten, nach der kleinen Festung Marsal. Ganz nahe schlichen wir uns bis an das Tor heran, wo wir am Schilderhaus oben deutlich den Posten, jedenfalls schlafend, lehnen sahen. Kamerad Tatsch stampfte einige mal mit dem Lanzenschaft vor das Tor, dann rissen wir aus, während es von oben in die Nacht hinein knallte.
Am 13. August wurde vom Regiment gegen Marsal vorgegangen. Die Besatzung wurde durch einen Parlamentär zur Uebergabe aufgefordert, und da diese nicht erfolgte, von der Artillerie beschossen. Da dieses indes nichts half, ließen wir das Nest im Stich und marschierten weiter bis Moncel, wo wir zum ersten Male wieder Quartier bezogen. Leider hatte ich das Glück nicht mit, ich mußte Feldwache beziehen und Vedette stehen. Glücklicherweise wurde endlich besseres Wetter. Franzosen hatten wir keine mehr vor uns, dieselben marschierten mehr nördlich.
Am 14. August war der erste große Schlachttag bei der I. und II. Armee in der Umgegend von Metz. Während des großen Ringens dort oben war bei uns etwas Ruhe, da man nicht wissen konnte, ob nicht unsere Armee zu Hilfe eilen müßte. Es wurden Patrouillen geritten bis Nancy, und ich hatte das Glück zugegen zu sein, als eine starke Reitertruppe an dem schönen Gittertor der innern Stadt anlangte, die Schlüssel zu der vom Feinde unbesetzten Stadt wurden vom Maire auf seidenem Kissen überreicht und um Schonung der Stadt gebeten. Die Stadt Nancy hat hiervon großen Nutzen gehabt, denn wir durften nicht in die Stadt hinein, es ist aber so viel ich weiß auch nicht darin requiriert worden.
Ich habe später immer bedauert, daß Nancy nicht deutsch geworden ist.
In der schönen Villen-Vorstadt St. Max bezog unsere Eskadron Quartier. Wir wurden 10 Mann und 1 Unteroffizier (Bergheim) in eine wunderschöne Villa mit schönem Park einquartiert. Endlich nach 14 Tagen der fürchterlichsten Anstrengung winkte uns ein schönes Obdach. Aber als wir in das Herrenhaus hineinwollten, vertrat uns ein alter Kastellan den Weg. Wir wurden in ein Seitengebäude gewiesen, bekamen aber gutes Essen, welches wir in einer schönen Gartenlaube verzehrten.
Es gab tüchtig zu tun, um Mann und Pferd etwas aufzufrischen. Wir taten es aber gern, denn was war aus unseren schönen Pferden geworden. Wie sahen Sattelzeug und Waffen aus und wir erst! O! was war in 4 Wochen aus unseren neuen Uniformen geworden, wer’s nicht mitgemacht hat, glaubt’s nicht.
Seit dem 2. August hatte ich keinen Stiefel ausgezogen. Als ich es hier tat und nach meiner kranken Zehe von Apolda her sah, da hatte ich auf einmal den abgegangenen Nagel in der Hand, darunter aber war zu meiner Freude ein neuer ziemlich lang gewachsen. Wenn wir auch hier nur auf Stroh lagen, aber so gut hatte ich lange nicht geschlafen wie in dieser Nacht. Da kam auch der Humor wieder.
Wir waren nun immerhin neugierig, wie es im Schloß aussähe und zwangen den Kastellan uns zu öffnen.
Zuerst führten Stufen einer Marmortreppe nach einem langen Korridor mit einer Reihe Statuen, alsdann folgte ein wunderschöner Parkettsaal. In einer Nische stand ein prächtiges Pianino, welches ich mit einigen deutschen Stücken probierte. Aber o weh! Mit einem Male kriegen sich die Ulanen beim Wickel, und flugs flogen sie nach meinem Walzer: „Auf Flügeln der Nacht“ in schweren Reiterstiefeln auf dem spiegelglatten Parkett dahin, der unglückliche Kastellan aber riß aus unter „mon dieu“-Rufen.
Da zu dieser Zeit Pianinos noch recht selten waren, wollte ich das Instrument gern von innen besehen und öffnete es zu diesem Zweck. Was fand ich aber? Die nagelneue Uniform mit Hut und Ehrendegen eines hohen französischen Offiziers, dem Besitzer des Hauses. Dieser war demnach unser Feind, und es ist dann freilich manches passiert, was besser unterblieben wäre. Aber das ist eben im Kriege so.
Für den 15. August war Ruhetag angesetzt, es sollte Apell mit Pistolen sein. Weil nun eine geladene Pistole (wie unsere Vorderlader immer geladen) sich schlecht reinigt, so machten wir uns im Park das Vergnügen, nach der Scheibe zu schießen, allerdings vergessend, daß wir durch die Schießerei das ganze Kantonement in Aufregung versetzten. Eben krachte mein Schuß, da hatte mich von hinten der Wachtmeister, welcher dem Geschieße nachgegangen war, beim Wickel. Erst gab’s ein Donnerwetter, und dann mußte der Unteroffizier und 5 andere auf Strafwache zu Fuß ziehen, die andern sollten morgen dran. Das war aber in einer wunderschönen Nacht eine vergnügte Strafwache. Zunächst sollten 3 Mann alle Stunden zu Fuß eine 1/4 stündige Patrouille machen. Hier hörten wir das erste Wort von Franktireurs, Menschen, die wir später genugsam kennen lernten.
„Pardon“ gab es zwischen Ulanen und Franktireurs bis in die letzte Periode des Feldzuges eben nicht.
Von 10 Uhr nachts an stand ich Posten vor Gewehr. Der Unteroffizier und die übrigen Wachtmannschaften gingen in die Villa, in der die Wache war, hinein, um noch etwas Eß- oder Trinkbares zu suchen. Blos eine Flasche Wein wurde mir zunächst herausgeschickt, die ich nach und nach austrank, dabei auf einem Gartentisch bei hellem Mondschein einen Brief nach Hause schreibend. Es ist wohl 1 Uhr gewesen, da erst kam die ganze schöne Gesellschaft wieder heraus, brachte vielen und schweren Wein, sowie allerhand süße Fruchtspeisen mit. Dann gings sofort ans Essen und Trinken auf offener Straße, so daß wir in kurzer Zeit alle total betrunken der Länge nach auf der Straße lagen und — schliefen. Ein Mann unserer Eskadron machte uns um 4 Uhr erst munter. Es ist aber nichts herausgekommen — sonst? Aber noch etwas! Ich hatte durch ein Souterrainfenster beobachtet, daß sich der Bursche des Wachtmeisters und noch ein Mann ihr bekommenes Fleich zum Kochen bei starkem Feuer ansetzten und dabei abmachten, daß sie früh, ehe es wegginge, die Bouillon abtrinken, das Fleisch aber als Frühstück mitnehmen wollten. Als wir beim Aufwecken um 4 Uhr aber einen gewaltigen Katzenjammer spürten, stahl ich die ganze schöne Fleischbrühe für uns und schüttete helles Wasser über daß Fleisch.
Um 5 Uhr wurde alarmiert. Nachdem wir ein Stück geritten waren, erkundigte sich der Bursche bei einem Kameraden, ob sein Fleisch auch eine so schlechte Bouillon gegeben habe wie das ihre. Allgemeines Hohngelächter der Schwadron, von denen die meisten diesen Streich bereits erfahren hatten, war die Antwort.
Am 16. August wurde der Weitermarsch angetreten, und unsere Schwadron bekam einen sehr ehrenvollen aber auch anstrengenden Auftrag, der nicht ohne Gefahr war.
Wir bildeten die äußerste linke Seitendeckung der ganzen III. Armee bei dem Vormarsche nach Chalnus, wo, wie man glaubte, die Franzosen sich festsetzen würden. Wir hatten dieses Kommando bis zum 24. August, also 10 Tage lang, bekamen einen andern deutschen Soldaten nur sehr selten zu sehen, und durchstreiften lauter Ortschaften, wo noch kein Deutscher gewesen war. Die halbe Schwadron mußte aber stets den Sicherheitsdienst für uns und die Armee mit besorgen, d. h. Patrouillen reiten und Feldwachen aussetzen nach allen Richtungen hin, umsomehr, als Franktireursbanden sich mehr und mehr zu bilden schienen.
Zunächst noch etwas näheres über diese Herren.
Es waren mit Militärgewehren bewaffnete freiwillig zusammengeschaarte, meist zweifelhafte Elemente der Bevölkerung ohne Uniform im blauen Kittel. Dieselben belästigten nicht nur uns, sie raubten und stahlen auch im eigenen Lande. Es sind Fälle vorgekommen, daß die Einwohner der Dörfer und Städte froh waren, als wir kamen und die Gesellschaft verjagten. Von uns wurden sie anfangs nicht als Soldaten, sondern als Räuber behandelt, waren für uns jedoch gefährlicher als das Militär. Später wurden sie infolge diplomatischer Einmischung Englands als Soldaten anerkannt, mußten aber uniformiert werden und trugen Käppis und blaue Litewkas, wie jetzt unsere Landwehr hat.
Größere Requisitionen für die Armee an Hafer, Schlachtvieh usw. mußten wir in den einzelnen Ortschaften alltäglich vornehmen und dieselben absenden. Hierdurch entstanden fast alle Tage Mißhelligkeiten mit den Behörden, und vielmals mußte Gewalt angewendet werden. Dieses vorausgeschickt. Wir marschierten am 16. August also zunächt durch Nancy. Wie schon gesagt, ist dieses eine der schönsten Städte Frankreichs. Wunderhübsche Plätze und ein prachtvolles Mairygebäude fielen uns besonders auf.
Dann ging es nach Point St. Vincent bis Colombey, wo biwakiert wurde. Hier mußten wir die ersten 2 Pferde erschießen, weil dieselben nicht mehr weiter konnten wegen Ueberanstrengung. Die Leute kamen auf einen requirierten Wagen.
Am 17. August kamen wir bis Champagny an der Maas, Quartier für die halbe Schwadron, die andere Hälfte auf Patrouille und Feldwache, ich natürlich wie immer bei den letzteren.
Während bis Nancy die Bevölkerung uns noch verstanden hatte, da wenigstens ein Teil derselben deutsch sprechen konnte, war dies hier nicht mehr möglich, und es mußten die ersten Brocken französisch eingepaukt werden. Ich erinnere mich noch, das mein erstes Wort le feu (Feuer) war, weiter lernte ich am ersten Tage noch de la viande (Fleisch), du sel (Salz) und du pain (Brot).
Ich hatte eine schöne geschnitzte Tabakspfeife mitgenommen. Im Quartier, beim Instandsetzen unserer Sachen, rauchte ich dieselbe. Der Sohn des Hauses, ein hübscher schlanker, za. 18jähriger Bursche, hatte seinen Narren an derselben gefressen, weil man Pfeifen mit so großen Köpfen in Frankreich nicht kennt, sondern nur die kleinen Checkpfeifchen aus Ton.
Der junge Mensch bat mich, ihn doch einmal rauchen zu lassen und als ich es ihm gestattete, trat er nun mit meiner Pfeife im Munde auf die Straße und wurde von den Einwohnern nicht wenig begafft. Ich hatte mich nicht weiter um ihn gekümmert und war er die Straße hinaufgewandert.
Mit einem Male wird alarmiert, wir müssen schnell fort und meine Pfeife war ich los, denn wer nicht wiederkam war unser Bursche. Ich habe den ganzen Ort verwünscht aus Aerger, zumal ich noch ausgelacht wurde.
Am 18. August in derselben Weise Marsch der Eskadron über Goudrecourt bis Bonneé und am 19. bis Hevilliers.
Als am Mittag dieses sehr heißen Tages im freien Feld ein Biwak bezogen wurde, um den überanstrengten Pferden etwas Ruhe zu gönnen, ging der Herr Rittmeister die Pferdereihen entlang. Vor meinem Apfelschimmel, welcher sich der Länge nach auf den Erdboden gelegt hatte, blieb er stehen, ihn aufmerksam betrachtend. Dann fragte er mich, ob das Tier krank sei; ich erklärte, daß ihm gar nichts fehle, daß er sich blos nach dem Absitzen immer gern ein wenig niederlege, um sich auszuruhen, dann sei er wieder frisch.
Nun, dann soll er heute eine Extratour machen, machen Sie sich zurecht. Sofort schrieb er eine längere Meldung und überreichte mir das Kuvert mit dem Auftrag, dasselbe an den Stabschef der Division nach dem Divisionsquartier zu überbringen und auf Antwort zu warten. Alsdann sollte ich wieder nach hier zurückreiten und der Eskadron, welche westwärts weiter gehen werde, zu folgen. Er nannte mir den Ort, wo ich den Stab treffen würde, teilte mir etwas über die Entfernung, za. 18— 20 Kilometer, mit und mahnte mich noch zur Vorsicht, da in den Dörfern, welche unbesetzt von unsern Truppen waren, sehr viel auf einzelne Reiter geschossen würde. Besorgt ritt ich ab, mein Schimmel, welcher „klebte“, d. h. nicht gern von andern Pferden wegging, schien auch keine rechte Lust zu haben. Aber als ich ein Stück hinweg war, trabte er tüchtig drauf los. Nach za. 1/2 Stunden bemerkte ich seitlich eine 6 Mann starke Reiterpatrouille und glaubte zuerst, es seien französische Chasseurs. 2 Mann kamen sofort auf mich zugesprengt und schon machte ich mich kampffertig, als sich herausstellte, daß sie von unsern grünen Husaren, 9. Regiment Schleswig, waren. Die Patrouille, welche einer andern Division angehörte, wunderte sich, daß hier noch deutsche Truppen seien.
Der freundliche Leutnant aber, welcher die Patrouille führte und ebenfalls herangekommen war, zeigte mir den Ort in weiter Ferne, wohin ich zu reiten hätte; das erleichterte mich sehr. Im Stabsquartier angekommen übergab ich dem Major v. Versen, unserm Stabschef, meine Meldung, bat um Futter für mein Pferd und Essen für mich. Beides wurde mir sofort angewiesen, und nach einer Stunde mußte ich mich wieder melden. Als ich dies in Anwesenheit einer ganzen Anzahl von Offizieren unserer Division tat, bekam ich ein Schreiben an unsern Rittmeister und empfing auch Mitteilung davon, daß nach einer mörderischen Schlacht am gestrigen Tage bei Gravelotte und St. Privat die ganze französische Nordarmee in der Festung Metz eingeschlossen sei. Ebenfalls erfuhr ich von dem Todesritt unseres Schwesterregiments, den 16. Ulanen, bei welchem eine Anzahl Bekannter als Reservisten eingestellt waren. Als ich aber nach langem Ritte wieder dahin zurück kam, wo ich um 1 Uhr abgeritten war, sah ich natürlich von der Eskadron nichts mehr, die Nacht brach herein und ich konnte nur den zurückgelassenen Spuren folgen. Nach fast 2 Stunden kam ich an den Ort wo sie sich eben einquartieren wollten.
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