Kitabı oku: «Das Leben geht weiter», sayfa 2

Yazı tipi:

Der von ihr getrennt lebende Ehemann

„Ich bin am Wochenende nicht zuhause.“, sagte er am Telefon. Das hatten sie abgemacht, dass sie sich wenigstens Bescheid sagen, wenn einer nicht da ist. Das war auch gut so, Ivonne wollte keinen Streit. Zu diesem Zeitpunkt hatte sie noch die Hoffnung, dass die Trennung friedlich abläuft.

Sie machte sich einen gemütlichen Samstagabend chattete mit Freundinnen und sah fern.

Am nächsten Morgen gönnte sie sich ein Frühstück im Bett mit Märchenfilm. Sie schlief ja nun im Gästezimmer, in dem es einen Fernseher gab.

Sie fand Frühstück im Bett plus Trickfilm gucken ist cool.

Dann stand sie langsam auf, puzzelt ein bisschen in der Wohnung, fing an Kartoffeln zu schälen.

Plötzlich erschien ihr „von ihr getrennt lebender Ehemann“.

„Willst du auch was zum Mittag?“, fragte sie ihn automatisch und wunderte sich,

dass er so früh da war.

„Nein, will nur duschen und mich umziehen.“, antwortete Ulf in diesem unpersönlichen Tonfall, den er sich ihr gegenüber zulegt hatte.

Ivonne wollte gerade antworten, da fragte er plötzlich:

„Hast du bei meiner Bekannten angerufen, gerade eben?“

Ivonne schaute ihn ungläubig an und sagte:

„Wie sollte ich? Ich weiß ja nicht mal, dass du eine Bekannte hast.“

„Na hätt´ ja sein können, du hast ja vielleicht die letzten Nummern auf meinem Handy abgelesen.“, meinte er dann.

Ivonne war mal wieder fassungslos darüber, was Ulf von ihr dachte.

„ Mein lieber Ulf“, sagte sie dann, „Das wirst du mir doch nicht zutrauen! Ich hoffe sehr, dass wir so was, wie Ralf und Beate nicht machen, also gegenseitig heimlich im Handy des Anderen schnüffeln. Was du mir sagen willst, kannst du mir sagen und gut.“

Ivonne schälte weiter Kartoffeln und Ulf ging ohne ein Wort ins Bad duschen.

„Mh“, denkt sie jetzt, „dass er überhaupt auf die Idee kam, dass ich so was machen würde, war ein starkes Stück.“ Das war ihr damals nicht so bewusst.

Aber als sie dann daran denkt, wie dieses Treffen mit Ulf weiter ging, muss sie fast schmunzeln.

Ulf kam umgezogen in die Küche. Er hatte doch tatsächlich einen so hässlichen Pullover an, der ihm gar nicht stand und ungebügelt war.

„So geht das aber nicht“, sagte sie, „mit dem ungebügelten Pulli gehst du mir nicht los! Zieh ihn aus, ich bügel dir ihn rasch, will mich doch nicht vor deiner Bekannten blamieren!“

Ivonne stellte das Bügelbrett auf. Ulf war so verdattert, dass er tat, was sie sagte.

Während sie seinen Pulli bügelte stand er mit hängenden Schultern im Flur und sah ihr mit ausdruckslosem Blick zu.

„So, fertig! So kannst du los zu ihr! Und grüße deine Bekannte unbekannter weise von mir!“, sagte Ivonne lächelnd. Wieder war Ulf verdattert, dass er nur sagte:

„Ja, um 19 Uhr bin ich wieder zuhause.“

„Warum?“, fragte Ivonne, „nimm doch deine Arbeitsklamotten mit ins Auto, dann bist du flexibler!“, und lachte.

Nun war Ulf erst recht verwirrt, sagte: „Tschüß!“, und ging.

„Tja“, dachte Ivonne damals, „hinter jedem neuen Mann steckt eine Frau, die eine Sektflasche öffnet, dass sie ihn los ist.“

Und das tat sie dann auch. Am späten Nachmittag ging sie mit Sekt in die Wanne und hörte ihre damalige Lieblingsmusik.

Als sie in ihrem kleinen Häuschen ankommt, wundert sie sich wieder, wie sie es geschafft hatte zu fahren.

Ihr ist doch noch ganz schön wirr im Kopf. Ihre Gefühle schwanken weiterhin zwischen Traurigkeit und Verzweiflung.

Gleichzeitig spürt sie das schöne Gefühl in ihr, wenn sie an ihre Zeit mit Friedhelm zurück denkt, an die vielen schönen Treffen und Telefonate.

Das erste Date

Ihr fällt der erste gemeinsame Tag ein, das erste Date mit Friedhelm:

„Irgendwie hatte ich einen Narren an ihm gefressen. Wie toll er schrieb, wie er am Telefon redete.

Obwohl ich kein Bild von ihm gesehen hatte und nur wusste, dass er über zwei Meter groß, kein dünner Lulatsch sein sollte, dunkle Haare haben und grün-blaue Augen hatte, war ich vor dem ersten Treffen aufgeregt, wie ein Teenager.

Aber wie wird er aussehen, fragte ich mich dann doch. Na, er wird mich schon erkennen und wenn er wirklich über zwei Meter groß ist, werde ich ihn schon sehen, dachte ich damals noch.“

Bei dem Gedanken an ihre Fahrt damals, muss Ivonne auch heute noch schmunzeln.

„Ja, ich wollte auch kein Foto geschickt bekommen, sondern mich von dem ersten Eindruck überraschen lassen.“, erinnert sich Ivonne weiter und,

„Ich fuhr also ohne ein Foto von Friedhelm gesehen zu haben, auf den verabredeten Parkplatz an der Elbe, zwischen Stade und Hamburg und sah ihn schon stehen.

Wow! Friedhelm war nicht zu übersehen.

Plötzlich wurde ich noch aufgeregter, konnte gar nicht richtig einparken, pulte mich förmlich aus meinem Auto und ging ihm entgegen.“

Und wieder muss Ivonne schmunzeln, als sie jetzt daran zurück denkt und spürt das Gefühl im Bauch wieder. Es war so toll, dieses Bauchkribbeln nach all den Jahren wieder zu spüren. Seitdem hat sie es immer, wenn sie Friedhelm sieht, wenn sie telefonieren, wenn er sie mit seinen blauen Augen ansieht.

„Oh ja, das war es, ein herrliches Gefühl, und dass es immer noch ging! Immerhin war ich da schon 51!“, denkt Ivonne und bei dem Erinnerung an seine blauen Augen,

seinen Blick kommen ihr doch wieder die Tränen.

Wird er sie je wieder so ansehen können? Je wieder in seine Arme nehmen können, je wieder so ansehen, dass es ihr durch und durch geht? Je wieder am Telefon fragen können:

„Hallo Zaubermaus! Wie geht es Dir?“?

Sie geht in ihre kleine Küche und macht sich einen Beruhigungstee.

Zurück im Wohnzimmer, setzt sich auf´s Sofa, kuschelt sich in eine warme Wolldecke

und denkt mit einem Lächeln daran, wie es weiter ging:

„Er hatte mich nun auch entdeckt und kam lächelnd auf mich zu. Ich wusste nicht, was ich machen sollte. Ein schnelles Küsschen konnte ich ihm nicht geben. Er war und ist zu lang, ich kam nicht an sein Gesicht.“, erinnert sie nun doch kichernd, bei der Erinnerung an diese Szene.

„Ich hab dann einfach gesagt:

,Also, ich weiß nicht, wo es hier in der Nähe Frühstück gibt und bevor wir lange suchen, dachte ich, wir fahren zu mir nach Hause und holen unterwegs schnell Brötchen.´

War ich aufgeregt! Ich hatte gar nicht überlegt, was ich da sage und war ganz gespannt, wie er reagieren würde. Aber er hat erst nur ungläubig geguckt und dann ganz ruhig gesagt:

,Können wir so machen, dann fahr mal vor!´“

Er wirkte überhaupt nicht aufgeregt oder gespannt. Heute weiß sie, dass das damals nur den Anschein hatte.

„In meiner Aufregung fuhr ich über einen Bordstein auf dem Parkplatz und überfuhr die Haltelinie bei der Ampel des Parkplatzes, so dass ich nicht sah, wann grün kam und auf gut Glück über die Kreuzung fuhr.

,Oh Gott, was mag er nur denken? Na, er kann ja noch umdrehen.´, dachte ich schaute gespannt in den Rückspiegel“, erinnert sich Ivonne weiter.

„Er war nicht zu sehen. Ich fuhr rechts ran, sah ihn dann aber kommen und fuhr, in der Hinsicht beruhigt, weiter.“

Ivonne spürt wieder ihr Herzklopfen von damals. Sie spürt bei der Erinnerung an diesen Tag, alles noch so, als wäre es jetzt:

„Bei einem Discounter hielt ich wieder schief parkend an, aber da gab es Brötchen. Friedhelm beobachtete interessiert meinen Fahrstil. Oh Gott, war mir das peinlich!“

Und ihr steigt doch tatsächlich wieder die Schamröte wie damals in die Wangen:

„Aber Friedhelm schien weiter die Ruhe selbst zu sein. Ich wusste vor Aufregung nicht, welches Brötchen ich nehmen sollte. Aber irgendwie hab ich es dann doch geschafft, mir zwei auszusuchen. An der Kasse wartend stand er hinter mir, legte seine Hände auf meine Schultern, drückte sie leicht und fragte: ,Alles gut bei dir?´

Ich genoss diese Berührung so sehr!“, erinnert sie weiter und spürt wieder seine Hände, als würde er es gerade tun.

Und tatsächlich beruhigt sie sich ein wenig, wie damals. Aber jetzt in ihrem Kummer über das, was Werner ihr heute erzählt hat.

„Ich wurde etwas ruhiger“, sie denkt weiter an diesen ersten Tag,

„als er an mir vorbei zum Bezahlen ging, hatte ich endlich Muße, ihn genauer zu betrachten.“

Friedhelm ist kein so genannter schöner Mann, aber auf solche Typen stand und steht sie eh nicht. Aber er hat etwas an sich, was Ivonne erregt, aufregt und fasziniert bis heute. Sein Blick aus diesen blauen Augen, seine breiten Schultern, seine ganze Körperhaltung!

Bei diesen Gedanken an Friedhelm kommen ihr abermals die Tränen und sie fragt sich wieder, ob sie ihn je wieder so sehen kann? Wird er je wieder so vor ihr stehen? Und wenn nicht, was wird dann? Werden sie sich überhaupt je wieder sehen können?

„Nach dem Einkauf fuhr ich wieder vor ihm her. Ich war überzeugt, dass der Weg nach hause noch nie so weit war!!! Ich konnte mich kaum aufs Fahren konzentrieren, schaute dauernd in den Rückspiegel. Aber Friedhelm blieb hinter mir, drehte nicht um.

An einer Hubbrücke mussten wir noch einmal halten. Friedhelm stieg aus seinem Auto und wir wechselten noch einmal ein paar Worte, auch wo er bei mir parken könne. Dann endlich, das Ortsschild meines Wohnortes.

Ich dachte wieder: ,Echt, so lange hatte die Fahrt nach Hause noch nie gedauert´, fuhr in meine Sackgasse und sah, das Friedhelm-Erich weiter geradeaus fuhr.

,Oh je´, dachte ich, ,warum fährt er weiter?´ Aber kaum war ich im Haus, da rief er schon an, und ich lotste ihn per Telefon zu meiner Terrassentür.“

Weil der Terrassentürrahmen höher war, hatte ich wohl instinktiv entschieden, ihn dort hin zu lotsen, erinnert sich Ivonne jetzt doch wieder schmunzelnd. Ich wollte ihn ja endlich küssen.

Das tat sie später öfter.

So einige Treppen oder Bordsteine nutzte sie, um ihm einen Kuss zu geben, wenn sie gemeinsam unterwegs waren.

„Er kam scheinbar ruhig und gefasst den Weg entlang. Ich stand ja nun etwas erhöht im Terrassentürrahmen und sagte:

,So, jetzt gib mir erst mal einen Begrüßungskuss!´“ erinnert sich Ivonne weiter,

„Friedhelm machte den letzten finalen Schritt auf mich zu und war bei mir! Er küsste himmlisch erregend und es machte bumm!

,Endlich!´, dachte ich und wir schlossen beide die Augen und genossen diesen wundervollen ersten zärtlichen Kuss.

,Komm doch rein!´, sagte ich.

Friedhelm zog sich die Schuhe noch draußen aus und betrat das Wohnzimmer. Und wieder küssten wir uns. Diesmal beugte Friedhelm sich zu mir runter, ich streckte ihm meinen Kopf entgegen und stand auf den Zehenspitzen, so dass wir uns in der Mitte trafen. Und wieder war es ein wundervoller zärtlicher Kuss.“

Ivonne spürt jetzt ganz genau, seine Lippen auf ihren. Sie schließt die Augen und genießt dieses Gefühl. Ihr ist, als wäre dieser erste Tag gestern gewesen:

„Ich hab dann seine Hand genommen und ihn in die Küche gezogen und Kaffee gekocht. Als ich Wasser aufsetzen wollte zum Eier kochen, meinte er:

,Mach dir keine Umstände! Komm, lass das mit dem Eier kochen, ist doch alles prima so!´

Wir saßen über Eck in meiner Küche und unterhielten uns über unsere Erfahrungen, die wir in dem Internetchat gemacht haben. Lachend und uns schon an den Händen haltend, gaben wir uns kleine Küsschen. Langsam wurden unsere leichten Berührungen zu Streicheleinheiten, die wir beide genossen.

Wir haben kaum etwas gegessen.

,Komm, nimm deinen Kaffee mit, lass uns ins Wohnzimmer gehen, da ist es bequemer!´, sagte ich zu Friedhelm und dachte, dort können wir uns auch enger umarmen, wenn wir auf dem Sofa neben einander sitzen.

Das taten wir dann auch, wir waren beide sehr aufgeregt.

Ja, wir wollten es beide, Zärtlichkeiten miteinander genießen, und zwar nicht irgendwo und irgendwann, sondern hier, jetzt und spürten, dass der andere es auch wollte. Wir zogen an unseren Sachen, küssten uns innig und streichelten uns immer mehr.

,Ich weiß was Besseres, komm wir gehen ins Gästezimmer, da ist eine Bettliege!´, flüsterte ich Friedhelm nach einer Weile ins Ohr.

Ich ging vor und zog ihn an der Hand mit.

Und wie selbstverständlich machten wir das Bett zusammen. Na ja, eher ich, Friedhelm stand da und staunte, sah mir meistens nur zu. Als ich fertig war, legte ich mich darauf und schaute ihn erwartend an.

Es schien fast, als müsse er noch überlegen. Ich wurde schon unruhig, da legte er sich zu mir und wir setzen unser Küssen fort, zogen uns dabei gegenseitig aus. Friedhelm war so zärtlich, so einfühlsam. Sie schienen sich beide ewig zu kennen.

Seine Küsse wanderten von meinem Hals zu meinem Bauch und seine Hände folgten. Er nahm meine Brüste in die Hand und küsste sie innigst. Immer und immer wieder wanderten seine Hände auf und ab an meinem Körper.“

Ivonne erinnert sich an jeden einzelnen Kuss genau, weil sie so etwas noch nie so intensiv erlebt hatte und jede einzelne Sekunde genoss. Sie hatte sich nicht einmal gefragt, was sie da gerade machte oder so.

Sie hatte es einfach genossen!

Die schönen Erinnerungen, der Tee oder beides haben Ivonne nun etwas zur Ruhe kommen lassen.

Sie lächelt bei all den Erinnerungen. Es scheint, als hat sie für den Moment die Nachricht von heute vergessen.

Jetzt muss sie so gar ein wenig kichern, als ihr einfällt, dass Friedhelm ihren BH nicht gleich auf bekam und ganz ungeduldig wurde.

„Danach lagen wir nebeneinander, aber er hörte nicht auf mich zu streicheln und zu küssen und Friedhelm sagte leise:

,Wenn ich das geahnt hätte, dass es so ein Kaffee-Date wird!´

Er küsste und streichelte mich weiter.

,Du bist ja eine Maus, eine richtige Zaubermaus!´“, Ivonne erinnert sich noch genau an ihre Antwort:

,Und du bist ein richtiges Überraschungs-Ei, das hab ich so noch nie erlebt!´“

Sie waren beide überglücklich. Ivonne spürt förmlich diesen damaligen Moment. Aber Friedhelm musste leider los und sie vergaßen beide, nach einem weiteren Treffen zu fragen.

Sie schickte ihm eine SMS hinterher: „Kuss Kuss Kuss.“

Und er schrieb zurück:„Gerne wieder kiss!“

Sie hatte sich wieder auf das Sofa gelegt und nach genossen. Mit dem gleichem Lächeln, das sie nun auch wieder bei der Erinnerung daran hat.


Mit diesem Lächeln im Gesicht schläft sie auf dem Sofa ein. Irgendwann in der Nacht geht sie im Halbschlaf ins Bett. Sie schläft wie ein Stein.

Vor dem Klinikbesuch

Doch mit dem Aufwachen am Morgen kommen die Gedanken an Friedhelm und was passiert ist zurück.

Sie muss ihn besuchen, sie will bei ihm sein, wenn er aufwacht. Aber wie kommt sie zu ihm? Dürfen da nicht nur Verwandte hin?

„MMhhh, ich bin doch seine Cousine!“, denkt sie, und hat nun wieder das von Friedhelm so geliebte verschmitzte Lächeln im Gesicht.

Nach der Arbeit macht sie sich auf den Weg zum Krankenhaus, dass Werner ihr aufgeschrieben hat. Während der Fahrt kreisen ihre Gedanken wieder.

Während der Arbeit war sie abgelenkt, weil sie sich konzentrieren musste. Aber irgendwie schienen ihre Schüler zu spüren, dass etwas Schreckliches passiert sein musste. Sie waren heute ungewöhnlich ruhig. Oder kam ihr das nur so vor?

Sicherheitshalber hatte sie noch vor der Abfahrt Werner angerufen und gefragt, ob er wisse, wann denn Friedhelms Familie zu Besuch käme. Werner hat ihr bestätigt, dass die Familie am Vormittag da gewesen wäre.

Ivonne hofft, dass ihr Plan, sich als Friedhelms Cousine auszugeben, aufgeht.

Auch hofft sie, dass sie nicht gleich weinen muss, wenn sie Friedhelm mit lauter Schläuchen dort liegen sieht.

„Ich muss stark sein für ihn!“, nimmt sie sich ganz fest vor. Bei diesem Gedanken kullern ihr jetzt doch wieder die Tränen.

Ivonne versucht, sich auf das Fahren zu konzentrieren und es gelingt ihr doch tatsächlich, vor der Klinik anzukommen.

Da fällt ihr ein, dass sie kein Geschenk oder Blumen mit hat. Und sie fragt sich, ob man als Cousine seinem Cousin Blumen in´s Krankenhaus mitbringt.

Sie schaut sich um und entdeckt einen kleinen Laden, der Blumen und kleine Geschenke verkauft.

„Macht Sinn neben einer Klinik“, denkt sie kaufmännisch und geht auf den Laden zu. Vielleicht haben sie da ja auch Schokolade, denkt Ivonne noch. Aber als sie den Laden betritt fällt ihr ein, dass Friedhelm ja im Koma liegt, wozu dann ein Geschenk?

Sie zögert. Aber die nette Frau hinter dem Tresen fragt freundlich:

„Kann ich Ihnen helfen? Sie sehen gerade etwas verunsichert aus, obwohl Sie erst so zielsicher auf meinen Laden zu liefen!“

Ivonne schaut die Frau mit einem so verzweifelten Blick an, dass diese hinter dem Tresen hervor kommt und sagt:

„Kommen Sie, setzen Sie sich erst mal hin!“, und geleitet Ivonne zu einem Stuhl in der Ecke.

„Was soll ich nur schenken?“, fragt Ivonne leise, „er liegt doch im Koma!“

„Nichts, junge Frau, ich denke, das Wichtigste für Menschen im Koma ist, dass Jemand da ist und mit ihnen spricht. Ich habe schon oft mit Besuchern der Klinik gesprochen, die mir das so berichtet haben. Und die Ärzte und Schwestern, die sich hier manchmal einen Kaffee holen nach ihrem Feierabend oder vor der Arbeit haben mir davon erzählt, dass das den Komapatienten hilft, wenn jemand da ist, der mit ihnen spricht. Sie werden dann tatsächlich schneller gesünder bzw. wachen früher auf!“, antwortet die nette Verkäuferin.

Dann fragt sie vorsichtig: „Wer ist denn im Koma?“

„Mein Friedhelm!“, schluchzt es aus Ivonne heraus.

„Das tut mir Leid, aber kommen Sie, trinken Sie ein Glas Wasser. So können Sie nicht zu ihm gehen! Sie müssen Ruhe und Kraft ausstrahlen, damit er schnell wieder aufwacht und gesund wird! Ich heiße übrigens Ingrid, ich denke, dass wir uns jetzt öfter sehen. Kommen Sie gerne vor oder nach dem Besuch zu mir.“, sagt die nette Verkäuferin aufmunternd und holt ein Glas Wasser.

„Dankeschön, nicht nur für das Wasser, Ingrid!“ antwortet Ivonne, nennt ihren Namen und trinkt mit großen Schlucken. Dabei wird ihr bewusst, dass sie Durst hat. Aber alles fühlt sich anders an, seit Werners Anruf gestern.

Sie bittet Ingrid um ein zweites Glas Wasser, das diese auch gleich holt. Auch dieses zweite Glas trinkt Ivonne in einem Zug aus. Sie zwingt sich zur Ruhe, atmet tief durch, bedankt sich noch mal bei Ingrid und verlässt den Laden mit einem leisen „Auf Wiedersehen Ingrid!“

„Auf Wiedersehen Ivonne und viel Kraft!“, verabschiedet sich Ingrid, die solche Kunden tatsächlich schon oft erlebt hat. Aber bei Ivonne hat sie mehr Mitgefühl als bei den meisten anderen Kunden.


Im Krankenhaus

Ivonne kommt zu der Station auf der Friedhelm liegt.

„Ich bin Ivonne Schmidt die Cousine von Friedhelm Richter und möchte zu ihm“, sagt sie einer freundlich aussehenden Schwester. Dabei nimmt sie all ihren Mut zusammen und ihre Kraft, um möglichst fest und überzeugend zu klingen.

Die Krankenschwester schaut sie an und denkt:

„Mh, Cousine? Aber wenn es dem Patienten gut tut, ist es egal ob Cousine oder nicht.

Die Ehefrau war ja heute nicht allzu lange hier. Im Gegenteil, als der Oberarzt ihr erklärt hatte, dass er noch nicht genau sagen kann, ob ihr Mann eine inkomplette oder komplette Querschnittslähmung hat, ist die Frau abgezogen mit den Worten: ,Dann melden Sie sich bitte, wenn Sie das wissen oder wenn mein Mann aus dem Koma erwacht.´

Offensichtlich hatte die Ehefrau nicht vor, tagelang am Bett ihres verunglückten Mannes zu verbringen!“

„Ja, kommen Sie!“, sagt sie freundlich zu Ivonne und bringt sie zum Zimmer. Ivonne wundert sich kurz, freut sich dann aber doch ein wenig, dass sie ihr Vorhaben so einfach umsetzen konnte.

Die freundliche Schwester öffnet die Tür und sagt fröhlich:

„Herr Richter, Besuch für Sie!“, und zu Ivonne:

„Ich bin Schwester Antje. Gehen Sie nur zu ihrem Cousin!“

Ivonne schloddern die Knie, Tränen drohen in ihr hochzusteigen.

Sie atmet tief durch und betritt das Krankenzimmer.

Da liegt ihr Friedhelm! Es sieht aus, als ob er schläft.

Nur an den ganzen Schläuchen sieht Ivonne, hier ist was falsch.

Am liebsten würde sie sich auf ihn stürzen, ihn rütteln und rufen:

„Wach auf Friedhelm! Ich bin es deine Ivonne, deine Zaubermaus!“

Aber sie geht ganz langsam zum Bett, nimmt seine Hand, die sie so zärtlich gestreichelt hat und gibt ihm einen Kuss auf die Stirn.

Dann flüstert sie:

„Ich bin es, deine Ivonne, deine Zaubermaus!“

Aber es kommt keine Reaktion von Friedhelm, ihr rollen nun doch die Tränen an den Wangen runter und da sie noch ihr Gesicht über Friedhelms hat, tropfen einige davon auf seine Stirn.

Ivonne streichelt seine Hand, seine Stirn, sein Gesicht, aber Friedhelm zeigt keine Regung.

„Setzen Sie sich doch ein bisschen zu Herrn Richter“, sagt die nette Schwester Antje und bringt Ivonne einen Stuhl.

Sie hofft für jeden ihrer Patienten nur das Beste und nun, dass diese Frau, die ein bisschen was Geheimnisvolles und echten Kummer hat, dem Patienten Richter zu mindestens nicht schadet.

„Bestimmt die Geliebte“, denkt sie. Die Ehefrau hatte sie ja heute Nachmittag gesehen und erlebt. Sie war das ganze Gegenteil. Leise verlässt Schwester Antje das Zimmer.

Ivonne merkt, sie ist allein.

„Ach Friedhelm, ich bin`s, deine Ivonne, deine Zaubermaus!“, sagt sie nun lauter, aber zärtlich. Nun wagt sie sich auch, ihm einen Kuss auf den Mund zu geben.

Sie streichelt weiter seine Hand, seine Stirn, sein Gesicht und spricht dabei immer wieder die gleichen Worte:

„Wach auf mein Liebster, mein Ü-Ei. Ich bin es, deine Ivonne, deine Zaubermaus“ Dabei kommen ihr immer wieder die Tränen, das Herz schlägt ihr wie wild. Sie kann seinen schlafenden Anblick, wie er da so liegt mit den ganzen Schläuchen kaum ertragen und sagt sich immer wieder, dass sie stark bleiben muss, für Friedhelm. Stark sein, damit er wieder aufwacht. Nur so können sie beide erfahren, ob es noch eine Zukunft für sie gibt.

Ihr wird klar, dass er vielleicht nie mehr zu ihr kommen kann, jedenfalls nicht alleine. Ihr ist es egal, ob er je wieder laufen kann. Hauptsache, er wird erst mal wach! Dann gibt es bestimmt einen Weg. Während sie solche Gedanken hat flüstert sie, fast mit beschwörender Stimme immer wieder diese Worte:

„Wach auf mein Liebster, mein Ü-Ei! Wach auf mein Friedhelm! Ich bin es doch, deine Zaubermaus!“

Irgendwann kommt Schwester Antje und sagt:

„Nun müssen Sie aber gehen Frau Schmidt. Ihr Cousin braucht jetzt Ruhe.“, dabei sieht sie Ivonne lächelnd an.

Langsam verlässt Ivonne das Zimmer, immer zu Friedhelm zurück blickend und geht wie schlafwandelnd auf den Flur.

„Kommen Sie gerne wieder Frau Schmidt, so oft Sie wollen.“, sagt Schwester Antje freundlich zu ihr,

„Und passen Sie bei ihrer Heimfahrt auf sich auf! Auf Wiedersehen.“

Während der Fahrt fällt Ivonne ein, was Ingrid aus dem Laden gegenüber der Klinik gesagt hat, es ist wichtig, dass jemand bei den Komapatienten ist.

Auch Krankenhausszenen aus Filmen und Dokumentationen, die sie gesehen hat, fallen ihr ein, mit Komapatienten und deren Angehörigen, die geredet haben oder vorgelesen und dabei die Hände der Patienten gehalten haben.

Sie kommt auf die Idee, alles aufzuschreiben, was sie und Friedhelm gemeinsam erlebt haben.

Zu Hause angekommen denkt Ivonne immer wieder an all ihre Erlebnisse mit ihm und versucht, die ersten aufzuschreiben, um sie ihm vorlesen zu können. Aber sie kann sich kaum auf das Schreiben konzentrieren.

Ständig kommen ihr, bei dem Versuch zu schreiben, die Tränen. Gleichzeitig muss sie aber auch zwischendurch lächeln oder sogar leise lachen, bei all den Erinnerungen. Das Zurückdenken hilft ihr, mit der Situation in der Friedhelm jetzt ist, fertig zu werden, damit umzugehen. Aber ihre Erinnerungen kommen zeitlich durcheinander und szenenhaft. Trotzdem ist Ivonne davon überzeugt, dass diese Erinnerungen an ihre gemeinsamen schönen Tage und das Aufschreiben dieser, sie selbst und Friedhelm stark machen für den Kampf um seine Gesundheit.


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