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WARUM SIND 2 GRAD GLOBALE ERWÄRMUNG EIN PROBLEM?


Warum haben kleine Schwankungen der globalen Mitteltemperatur eine große Wirkung?

Es ist zunächst nur schwer zu verstehen, warum ein Anstieg der globalen Mitteltemperatur von 1,5 beziehungsweise 2 Grad ein Problem darstellt. Mit unserem Temperaturempfinden sind derartige Temperaturunterschiede kaum wahrzunehmen, was aufzeigt, dass wir im alltäglichen Leben mit deutlich größeren Temperaturschwankungen konfrontiert sind. Im Winter kann der Temperaturunterschied zwischen Außen- und Raumtemperatur gut 30 Grad betragen und in einer finnischen Sauna hält unser Körper kurzfristig sogar Temperaturen um 100 °C aus. Warum also die Aufregung um diese 2 Grad?

Bei der sogenannten globalen Mitteltemperatur handelt es sich nicht um eine Temperatur im herkömmlichen Sinne. Man kann sie nicht irgendwo messen, sondern muss sie aus vielen Einzelmessungen und einem komplexen mathematischen Modell zur Repräsentativität jeder einzelnen Messung berechnen. Außerdem hat es sich als günstig erwiesen, nicht die Mitteltemperatur selbst zu betrachten, sondern die Abweichung der Mitteltemperatur von der Temperatur einer Referenzperiode, die sogenannte Temperaturanomalie.

Basis für die Berechnung sind Messdaten von meteorologischen Stationen, die von den Wetterdiensten weltweit sowohl an Land als auch auf den Ozeanen betrieben werden. Die Sensorik der Messgeräte muss spezielle Qualitätsstandards der „World Meteorological Organization“ (WMO), einer UNO-Teilorganisation, erfüllen und die Datenqualität der Messungen wird laufend überprüft.

Da im Laufe der Zeit die Anzahl der verfügbaren Stationen schwankt und sich auch die räumliche Verteilung dieser verändert, wird für jede Station bestimmt, für welches Gebiet diese Messung repräsentativ ist. Hierfür werden auch Satellitenbeobachtungen der Oberflächentemperatur der Erdoberfläche und der Meere mitverwendet. Dies ist besonders wichtig, da es in großen Bereichen der Ozeane, aber auch in den Polarregionen nur sehr wenige Stationsmessungen gibt. Vor der Verfügbarkeit von Satellitendaten gab es nur grobe Schätzungen der globalen Mitteltemperatur. Heute beschäftigen sich weltweit drei Forschungseinrichtungen mit der Berechnung der globalen Mitteltemperatur (NOAA, NASA, CRU), die jeweils eigene mathematische Verfahren entwickelt haben. Ihre Ergebnisse unterscheiden sich aber durch die Einbeziehung der Satellitendaten nur um weniger als 0,2 °C.

Zur Ermittlung der globalen Mitteltemperatur wird die Lufttemperatur in zwei Metern Höhe über dem Boden verwendet, die von der inneren Energie der Luft abhängig ist. Damit ist die globale Mitteltemperatur ein Maß für den Energiegehalt der bodennahen Luftschicht. Durch die Mittelung der Temperaturmessungen über die ganze Erde und für ein ganzes Jahr stellt die globale Mitteltemperatur ein stabiles Maß des Energiegehaltes dar, da sowohl räumliche und zeitliche Abweichungen als auch saisonale Schwankungen und Jahresgänge durch die Mittelung geglättet werden. Nur zeitliche Abweichungen, die sehr lange andauern und große Gebiete betreffen, wie etwa El-Niño-Ereignisse, können sich auf die globale Mitteltemperatur auswirken.

In Abbildung 3-1 ist der Verlauf der globalen Mitteltemperatur, genauer der Temperaturanomalie, dargestellt. Seit etwa der Mitte des 19. Jahrhunderts gibt es genügend Messstationen weltweit, um diese Kenngröße berechnen zu können. Man erkennt sehr gut, dass die Schwankungen der globalen Mitteltemperatur von Jahr zu Jahr sehr gering sind und in den meisten Jahren weniger als 0,1 °C betragen. Es gibt aber auch Phasen, in denen die Schwankungen deutlich stärker sind. Etwa von 1996 bis 1998 und von 2014 bis 2016. Da gab es jeweils einen Temperaturanstieg von etwa 0,3 °C, dem jeweils wieder eine geringe Abkühlung folgte. Dabei handelt es sich um die Auswirkungen von El Niño, einer Anomalie des Luftdruckes und der Meeresoberflächentemperatur im südlichen Pazifik. Während El-Niño-Jahren sind weite Teile des Pazifiks über Monate viel zu warm und daher führen starke El-Niño-Jahre zu außergewöhnlich hohen globalen Mitteltemperaturen in dem Jahr, in dem sie auftreten. Außergewöhnlich kühle Jahre sind oft eine Folge eines kühlen Pazifiks (kein El Niño) oder des Auftretens extremer Vulkanausbrüche. Wenn Vulkane bei ihrer Eruption Material bis in die Stratosphäre (mehr als 10.000 Meter Höhe) katapultieren, können dieser feine Staub und die Asche mehrere Monate, ja sogar zwei bis drei Jahre dort verbleiben und die Sonneneinstrahlung abschwächen. Die letzten klimawirksamen Vulkanausbrüche waren der Pinatubo (1991) auf den Philippinen und der El Chichon (1982) in Mexiko.

Abbildung 3-1: Verlauf der Anomalie der globalen Mitteltemperatur seit 1880 nach Berechnung der „National Ocean and Atmosphere Administration“ (NOAA, USA). Referenz ist die globale Mitteltemperatur des 20. Jahrhunderts. 5

Klimaschwankungen gab es doch immer schon?

Wenn man sich vor Augen führt, dass in normalen Jahren die Schwankung der globalen Mitteltemperatur kleiner als 0,1 °C ist und selbst außergewöhnliche El-Niño-Jahre oder sehr starke Vulkanausbrüche nur eine vorübergehende Temperaturabweichung von etwa 0,3 °C auslösen, wird verständlich, dass der bisher beobachtete Anstieg der globalen Mitteltemperatur von rund 1 °C etwas höchst Außergewöhnliches darstellt. Diese Zunahme der Energie in den bodennahen Luftschichten ist ein klares Signal, dass im Klimasystem der Erde eine Veränderung im Gange ist, welche bereits weitreichende Folgen zeigt und noch weitere auslösen wird.

Oftmals hört man das Argument, dass es ja nichts schade, wenn es ein paar Grade wärmer wird. Dies mag zwar für gewisse Gelegenheiten, Örtlichkeiten und Jahreszeiten durchaus zutreffen, aber wie beschrieben kann man eine globale Mitteltemperatur nicht mit einer normalen Temperatur an einem bestimmten Ort zu einer bestimmten Zeit vergleichen. Gerne kommt dann noch der Einwurf, dass es Klimaschwankungen ja immer schon gegeben habe – man denke nur an die Eiszeit – und es daher „natürlich“ sei, dass sich das Klima verändert. Dabei wird gleichzeitig unterstellt, dass die Auswirkungen nicht so schlimm sein können, da die Erde ja schon früher mit Klimaschwankungen fertig geworden ist.

Es ist richtig, dass sich im Laufe der Entwicklung der Erde auch immer wieder das Klima verändert hat. Häufig werden sogar diese Klimaveränderungen verwendet, um die Übergänge von einem Erdzeitalter in ein anderes zeitlich zu verorten. Dabei muss man aber auch berücksichtigen, dass diese Veränderungen in „geologischen“ Zeitskalen abgelaufen sind und sich die Erde dadurch auch immer wieder grundlegend verändert hat. Wichtig ist auch, dass wir die den Veränderungen zugrunde liegenden Prozesse meist gut kennen, wobei bei diesen geologischen Zeitskalen die Alterung der Sonne, die Zusammensetzung der Atmosphäre, die sich verändernde Land-Meer-Verteilung sowie Extremereignisse wie die Ausbrüche von Supervulkanen und Meteoriteneinschläge die wichtigsten Faktoren sind.

Es ist jedoch ein Märchen, dass diese natürlichen Klimaschwankungen unproblematisch verlaufen sind, ganz im Gegenteil. Starke und lang anhaltende Klimaveränderungen haben immer zu Verwerfungen geführt, wovon die Biosphäre immer am stärksten betroffen war.


++ MEHR ERFAHREN ++

Seit dem Entstehen des Lebens auf der Erde vor ungefähr 500 Millionen Jahren hat es aufgrund von Klimaschwankungen fünf Massensterben gegeben, bei denen die Erde nur knapp einer vollständigen Auslöschung allen Lebens entkommen ist:

+ Vor rund 440 Millionen Jahren (Ende Ordovizium) wanderte der Superkontinent Gondwanaland über den Südpol. Dies führte zu großflächigen Vereisungen und Vulkanismus und daraus folgend zu einer Eiszeit, bei der 85 Prozent des damals existierenden Lebens ausgelöscht wurde.

+ Vor rund 360 Millionen Jahren (Ende Devon) führte eine Eiszeit zum Absterben von 75 Prozent der Lebewesen in den Ozeanen. Die Ursache für die Abkühlung ist noch nicht vollständig geklärt, jedoch dürfte Vulkanismus eine wichtige Rolle gespielt haben.

+ Vor rund 250 Millionen Jahren (am Übergang vom Perm zum Trias) erfolgte das schlimmste Massensterben der Erdgeschichte. 75 Prozent aller Landlebewesen sowie 95 Prozent aller Wassertiere starben aus. Dieses Ereignis stellt auch den Übergang vom Erdaltertum (Paläozoikum) zum Erdmittelalter (Mesozoikum) dar. Ausgelöst wurde das Sterben durch eine Eiszeit, die durch die Bildung des Superkontinents Pangea und dessen Lage zu den Polregionen verursacht wurde.

+ Vor rund 200 Millionen Jahren (Ende Trias) erfolgte das fünftgrößte Massensterben, das wahrscheinlich durch verstärkten Vulkanismus und anschließende klimatische Veränderungen ausgelöst wurde.

+ Das letzte große Massensterben erfolgte vor rund 65 Millionen Jahren und stellt den Übergang vom Erdmittelalter (Mesozoikum) zur Erdneuzeit (Känozoikum) dar. Etwa 75 Prozent aller Lebewesen starben aus, am bekanntesten ist das vollständige Verschwinden der Dinosaurier. Es gibt zwei konkurrierende Theorien zur Auslösung des Massensterbens: Vulkanismus oder Meteoriteneinschlag. Wesentlich sind jedoch in beiden Fällen die daraus resultierenden klimatischen Veränderungen, welche erst zu den gravierenden Auswirkungen auf die Biosphäre führten.

Klimaschwankungen haben, wie man aus diesen Fällen von Massensterben sieht, das Potenzial, das gesamte Leben auf der Erde in Gefahr zu bringen. Aber nicht nur diese Extremereignisse greifen auf die Entwicklung des Lebens auf der Erde ein, auch gemäßigtere Klimaschwankungen prägen ganze Landschaften und verändern Ökosysteme.

Die Erde in einem instabilen Klimazustand – das Eiszeitalter

Wir leben seit rund 2,6 Millionen Jahren in einem Eiszeitalter – auch heute noch. Von einem Eiszeitalter spricht man, wenn beide Pole vereist sind und zumindest 10 Prozent der Erdoberfläche ständig mit gefrorenem Wasser in Form von Gletschereis, Meereis oder Schnee bedeckt sind. Die vereisten Flächen führen dazu, dass mehr Sonnenstrahlung zurück in den Weltraum reflektiert wird und damit weniger Energie für das Klimasystem zur Verfügung steht. Dadurch ist die Temperatur während eines Eiszeitalters niedriger als sonst.

Während eines Eiszeitalters ist die Erde klimatisch gesehen in einem wenig stabilen Zustand, und das Klima kann bereits durch relativ geringe Veränderungen des Energieeintrages gestört werden, wenn diese nur lange genug andauern. Ursache dafür ist, dass – wie in Kapitel 2 erwähnt – durch eine länger andauernde schwache Erwärmung oder Abkühlung die Eis- und Schneeflächen bei Abkühlung größer werden und bei Erwärmung kleiner. Damit wird jedoch ein Rückkopplungsprozess ausgelöst, da größer werdende Eis- und Schneeflächen mehr Sonnenstrahlung reflektieren, dadurch weniger Energie dem Klimasystem zur Verfügung steht und dies zu einer weiteren Abkühlung führt. Bei einer Erwärmung führen hingegen die schrumpfenden Eis- und Schneeflächen zu mehr Energieeintrag und dadurch zu einer zusätzlichen Erwärmung.

Während eines Eiszeitalters gibt es daher Schwankungen zwischen zwei einigermaßen stabilen Zuständen, den Warmzeiten und den Kaltzeiten (Interglaziale und Glaziale). Umgangssprachlich werden Kaltzeiten auch als „Eiszeiten“ bezeichnet, was häufig zur Verwechslung mit dem Eiszeitalter führt. In den letzten rund 1,5 Millionen Jahren dauerte ein Zyklus von Warm- und Kaltzeiten jeweils rund 100.000 Jahre, davor war der Zyklus kürzer und lag bei etwa 40.000 Jahren. Der Temperaturunterschied zwischen den Warm- und Kaltzeiten beträgt im Mittel etwa 4 °C und zwischen den kältesten Phasen der Kaltzeiten und den wärmsten Phasen der Warmzeiten etwa 6 °C. Dies macht wiederum deutlich, welche gravierenden Auswirkungen eine Veränderung der globalen Mitteltemperatur um ein paar Grade verursacht.

Ausgelöst werden diese Schwankungen während des Eiszeitalters durch einen veränderten Energieeintrag von der Sonne, vor allem auf der Nordhalbkugel. Verursacht werden diese durch regelmäßige Veränderungen der Umlaufbahn der Erde um die Sonne sowie der Neigung der Erdachse. Durch Überlagerung mehrerer dieser Faktoren kann es zu Schwankungen im Energieeintrag von einigen wenigen Watt pro Quadratmeter kommen. Dies entspricht zwar nur etwa 1 Prozent des Energieeintrages der Sonne auf die Erde, aber der veränderte Energieeintrag hält über mehrere Jahrtausende an. Der Effekt wird durch Rückkopplungsprozesse wie der Schnee-/Eis-Rückkopplung verstärkt und kann daher zu den beobachteten starken Veränderungen zwischen den Warm- und Kaltzeiten führen. Die letzte Kaltzeit begann vor rund 115.000 Jahren, erreichte ihren Höhepunkt vor 22.000 Jahren und endete von 12.000 Jahren. Im deutschsprachigen Raum wird diese Kaltzeit auch Würm-Eiszeit genannt. Während der maximalen Eisausdehnung reichte das polare Eisschild in Europa bis nach Berlin und der Alpenraum war ebenfalls großräumig vergletschert. Durch die Wasserspeicherung in den riesigen Eisschilden lag der Meeresspiegel um 120 bis 130 Meter unter dem heutigen Niveau. Dadurch war Großbritannien mit Europa verbunden und auch Sibirien war mit Alaska in Nordamerika verbunden.

Mit dem Ende der Würm-Eiszeit vor 12.000 Jahren begann die relativ stabile Klimaperiode des Holozän und damit auch die rasante kulturelle und technische Entwicklung des Menschen. Der heutige Mensch (Homo sapiens sapiens) entwickelte sich vor rund 200.000 Jahren in Afrika. Vor etwa 100.000 Jahren begann die Ausbreitung von Afrika aus nach Asien und Europa. Da diese Ausbreitung etwa mit dem Beginn der letzten Kaltzeit zusammenfällt, dürfte diese Wanderbewegung auch mit klimatischen Veränderungen in den ursprünglichen Verbreitungsgebieten des Homo sapiens in Afrika zusammenhängen.

Die globale Ausbreitung des modernen Menschen erfolgte vollständig während der Würm-Eiszeit. Der niedrige Wasserspiegel erlaubte auch die Besiedelung von Amerika, das über die Beringstraße mit Asien verbunden war und selbst Australien konnte zu Fuß und mit der Überwindung kurzer Wasserwege besiedelt werden. Wir sind also Kinder der Eiszeit, wobei unsere Vorfahren zu dieser Zeit noch Jäger und Sammler waren und keinen Ackerbau betrieben.

Der Übergang von der Würm-Eiszeit zum Holozän brachte massive klimatische und auch landschaftliche Veränderungen, die sich tief in das Bewusstsein der Menschheit eingeprägt haben. Durch das Schmelzen der großen Eisschilde stieg langsam der Meeresspiegel. Dies führte einerseits dazu, dass viele Landgebiete vom kontinentalen Festland getrennt und zu Inseln wurden. Es wurden aber auch Meeresverbindungen, die während der Kaltzeit trockengefallen waren, wieder aktiviert. Dieser Prozess dürfte der Auslöser für die „Sintflut-Legende“ sein, die in vielen eurasischen Kulturen überliefert ist und auch in der Bibel vorkommt. Der Bosporus, die Meeresverbindung zwischen dem Mittelmeer und dem Schwarzen Meer, war während der Würm-Eiszeit eine Landbarriere, da er an der tiefsten Stelle nur 110 Meter tief ist. Das Schwarze Meer war daher ein Süßwassersee, der von der Donau, dem Dnjepr und dem Don gespeist wurde, wobei die Ausdehnung jedoch deutlich kleiner war als das heutige Schwarze Meer. Die Ufer dieses Sees waren von Jägern und Sammlern sowie Fischerkulturen dicht besiedelt. Vor etwa 8.400 Jahren war der Meeresspiegel des Mittelmeeres so weit angestiegen, dass sich die Salzwassermassen des Mittelmeeres in das Becken des Schwarzen Meeres ergossen und die dortigen Siedlungen entweder zerstörten oder zumindest die weitere Besiedlung unmöglich machten. Da die vertriebenen Menschen in verschiedene Richtungen rund um das Schwarze Meer flüchteten, wurde der Mythos der „Großen Flut“ in alle Kulturen dieses Raums getragen.

Der Übergang von der Würm-Eiszeit zur heutigen Warmzeit erfolgte zwar im geologischen Sinne rasch, dauerte aber dennoch einige Tausend Jahre. Die Erwärmung setzte vor etwa 12.000 Jahren ein, nachdem bereits einige Tausend Jahre davor der Energieeintrag im Sommer auf der Nordhalbkugel angestiegen war und sich die großen Eisschilde in Nordamerika und in Eurasien langsam erwärmten. Der Strahlungseintrag auf der Nordhemisphäre im Sommer erreichte vor rund 9.000 Jahren das Maximum, seither nimmt er langsam wieder ab, dafür im Winter zu. Das Eurasische Eisschild brauchte 5.000 Jahre, bis es vor rund 7.000 Jahren vollständig abgeschmolzen war, und das Nordamerikanische Eisschild verschwand überhaupt erst vor 4.000 Jahren.

Diese Hochphase des Strahlungseintrages im Sommer und der Rückgang der Eisschilde führten zu einem Klimaoptimum auf der Nordhalbkugel, das etwa vor 8.000 Jahren begann und vier Jahrtausende andauerte. In dieser Zeit lag die Mitteltemperatur bei uns in Mitteleuropa etwa 1,5 bis 2 Grad über dem Niveau vor der Industriellen Revolution und dürfte damit in etwa so warm gewesen sein wie das letzte Jahrzehnt. Die Alpen dürften während langer Phasen des Klimaoptimums vollständig eisfrei gewesen sein. Das Klimaoptimum ist auch die Zeit, in welcher der Mensch sesshaft wurde und mit Ackerbau und Viehzucht begann.

Dieser Übergang vom Jäger und Sammler zum Bauern erfolgte nicht freiwillig, sondern wurde durch die Umstellung des Klimas verursacht. Die „Wiegen der Zivilisation“, wie etwa im Zwischenstromland Euphrat und Tigris (heutiger Irak), Kleinasien, Ägypten, aber auch Indien und China, liegen alle zwischen dem 30. und 40. Breitengrad und damit in den Subtropen. Diese Gebiete wurden während des Klimaoptimums deutlich trockener und damit auch im Sommer heißer. Wir wissen, dass die Sahara zu Beginn des Klimaoptimums ein fruchtbarer Landstrich mit einer Vielzahl an großen Säugetieren war, die für die Jagd geeignet waren. Während des Klimaoptimums trocknete die Sahara von Süden her aus, aber selbst zur Römerzeit waren die Küstengebiete um Karthago im heutigen Tunesien noch die Kornkammern des Römischen Reiches.

Diese klimatische Veränderung führte dazu, dass man sich nicht mehr das ganze Jahr von der Jagd und dem Sammeln von Früchten ernähren konnte. Untersuchungen von Skeletten haben gezeigt, dass die Menschen zu Beginn der Ackerbaukulturen deutlich stärker an Mangelernährung litten als die vorherigen Jäger und Sammler. Der Umstieg auf Ackerbau und Viehzucht und die daraufhin folgende Städteentwicklung und Staatenbildung erfolgten also nicht freiwillig, sondern aus klimatischen Gründen. Eine derartige tiefgreifende kulturelle Umstellung war natürlich mit anfänglichen Schwierigkeiten verbunden. Langfristig führte sie zu den ersten Hochkulturen in Mesopotamien, Ägypten, Indien und China. Aus diesen entwickelten sich die griechische und römische Kultur sowie die großen Weltreligionen, die bis in die heutige Zeit nachwirken.

Die historische Entwicklung – eine Folge von Klimaschwankungen?

Klimatische Veränderungen haben die Menschheit also von Beginn an begleitet und geprägt. Durch das Sesshaftwerden und die Umstellung auf Ackerbau und Viehzucht wurde die Abhängigkeit der Menschen vom Wetter und den damit verbundenen Schwankungen bei den Ernteerträgen aber verstärkt. Man konnte nicht mehr einfach den Tierherden folgen, sondern musste mit den Witterungsschwankungen fertig werden. Dies führte zur Entwicklung der Lagerhaltung, aber auch des überregionalen Warenaustausches. Damit konnten zwar Missernten von einem oder wenigen Jahren abgemildert werden – man denke an die sieben fetten und sieben mageren Jahre aus der Bibel –, längerfristige klimatische Schwankungen konnten aber mit dieser kulturellen und technischen Entwicklung nicht überbrückt werden.

Eine deutliche Abkühlung in Europa war mitverantwortlich für den Zusammenbruch des Römischen Reiches und die daran anschließende Völkerwanderung. Diese Abkühlung setzte etwa 400 n. Chr. ein und reichte bis etwa 750. Um 535 n. Chr. gab es zudem eine weltweit spürbare Abkühlung, welche durch einen Vulkanausbruch (Rabaul auf Papua- Neuguinea) verursacht wurde. In Europa wurden speziell die Winter kälter und feuchter, sodass sich im Alpenraum die Gletscher stark ausdehnten und eine ähnliche Ausdehnung wie während des letzten Höchststandes am Ende der Kleinen Eiszeit erreichten.

Die Vergletscherung der Alpen hat aber bereits in der letzten Phase des Klimaoptimums eingesetzt. Wir wissen dies aufgrund des Fundes eines eingefrorenen Steinzeitmenschen am Similaun-Gletscher im Ötztal im Jahre 1991. Dieser Mensch, liebevoll „Ötzi“ genannt, verstarb vor rund 5.000 Jahren und liefert Historikern wertvolle Einblicke in die Lebenswelten seiner Zeit, da sowohl seine Gerätschaften als auch seine Kleidung und sein Körper sehr gut erhalten sind. Dies liegt daran, dass die Leiche sofort eingeschneit wurde, sich dieser Schnee in Eis verwandelte und der Körper erst wieder im Jahr 1991 auftaute.

Die Temperaturen waren während der Völkerwanderungszeit in Europa etwa 1 bis 1,5 Grad kühler als Ende des 20. Jahrhunderts. Global gemittelt war diese Temperaturanomalie deutlich geringer. Dennoch reichte dies aus, um die Lebensgrundlage ganzer Völker dermaßen zu verschlechtern, dass riesige Wanderbewegungen ausgelöst wurden. Natürlich waren die klimatischen Veränderungen nicht allein der Grund für den Untergang des Römischen Reiches und die Migrationsbewegungen während der Völkerwanderungszeit. Ein wesentlicher Faktor waren auch die Hunnen, die in der zweiten Hälfte des 4. Jahrhunderts von Asien kommend in Europa eindrangen. Warum die Hunnen gerade zu dieser Zeit ihre Heimat verließen und gegen Westen zogen, ist bis heute nicht eindeutig geklärt. Es könnten aber letztlich auch hierbei klimatische Faktoren eine Rolle gespielt haben.

Um 750 n. Chr. endet die Kaltphase der Völkerwanderungszeit und des frühen Mittelalters. Bei der nächsten größeren Klimaanomalie handelt es sich um eine Warmphase, um die sich viele Mythen ranken: Die mittelalterliche Warmzeit. Bei vielen Diskussionen vertreten Menschen die Meinung, dass es während der mittelalterlichen Warmzeit deutlich wärmer gewesen sei als heute. Als Argument wird dann gerne verwendet, dass es im Alpenraum viele Flurnamen gibt, die darauf hinweisen, dass dort im Mittelalter Wein angebaut wurde. Weiters wurde zu der Zeit ja auch Grönland von den Wikingern besiedelt und manchmal wird gar behauptet, dass Grönland zu dieser Zeit vollkommen eisfrei gewesen sei.

Das ist so nicht korrekt. Das grönländische Eisschild ist im Mittel 1.500 Meter dick. Der Jahresniederschlag beträgt an der grönländischen Küste in etwa 750 Liter pro Quadratmeter und im Landesinneren weniger als 500. Selbst wenn der ganze Jahresniederschlag zu Eis würde, ergäbe dieser eine Eisschicht mit weniger als einem halben Meter Dicke pro Jahr. Es würde daher mehr als 3.000 Jahre dauern, um den grönländischen Eisschild auf das heutige Ausmaß anwachsen zu lassen. Die Wikinger siedelten nur an der Südspitze sowie an der südlichen Westküste von Grönland und diese Gebiete sind auch heute eisfrei. Es stimmt aber, dass einige der Wikingergräber im heutigen Permafrostboden liegen. Es wäre für die Wikinger unmöglich gewesen, diese Gräber im Permafrost anzulegen. Daher kann dieser Boden im Mittelalter nicht gefroren gewesen sein. Zumindest in diesem Teil Grönlands war es im Mittelalter also wärmer als heute.

Die mittelalterliche Warmzeit begann um 900 und endete um 1350, wobei man nicht von einer einheitlich warmen Phase sprechen kann. Die Erwärmung war im Nordatlantik besonders stark ausgeprägt, was um 900 zur Besiedlung Islands durch die Wikinger führte. Um 1100 erreichen sie die Südspitze Grönlands. In Europa war es zwar auch deutlich wärmer als in der Zeit davor und danach, jedoch wurde das heutige Temperaturniveau nur punktuell, nicht über einen längeren Zeitraum (30 Jahre) erreicht. In den wärmsten Phasen war es etwa so warm wie am Ende des 20. Jahrhunderts, wobei diese Warmphasen regional unterschiedlich auftraten und auch immer wieder sehr kalte Jahre dazwischen vorkamen.

Die Ursachen für diese Warmphase liegen in den Atlantischen Meeresströmungen und deren Wechselwirkung mit der Atmosphäre. Daher ist die Erwärmung auch in den Küstenregionen des Nordatlantiks am stärksten ausgeprägt. Global zeigen viele Regionen, speziell die Tropen, in dieser Periode keine Temperaturanomalie, sodass die globale Mitteltemperatur deutlich kälter war als heute.

Was den Weinanbau in vielen Alpenregionen betrifft, stimmt es, dass dieser im Mittelalter weit verbreitet war. Hintergrund dafür ist aber nicht, dass der Wein so gut gewachsen ist und eine so hohe Qualität hatte. Schon ab der Römerzeit erfolgte die Christianisierung des Alpenraums. Für die Abhaltung der Gottesdienste wurde unbedingt Wein benötigt. Da das Straßennetz im Mittelalter wesentlich schlechter war als zur Römerzeit, war der Transport von Wein extrem teuer. Daher versuchte man überall, wo christliche Kirchen errichtet wurden, auch einen Weingarten anzulegen. Hierfür wurden die sonnigsten und wärmsten Plätze ausgewählt und man investierte sehr viel Arbeit in die Pflege und den Schutz der Weingärten. Zudem war die Qualität des Weines nachrangig. Es war nur wichtig, dass der Traubensaft so viel Zucker produzierte, dass es für eine alkoholische Gärung reichte. Mit dem heutigen Standard der Weinqualität hatte dieses Getränk nichts zu tun.

Im 14. Jahrhundert begann sich das Klima wieder abzukühlen. Diese Kaltphase reichte mit einigen zeitlichen und räumlichen Unterschieden bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts und wird auch als „Kleine Eiszeit“ bezeichnet. Die Kleine Eiszeit kann weltweit nachgewiesen werden. Aus Temperaturrekonstruktionen für die Nordhalbkugel aus Eisbohrkernen, Baumringanalysen und mit anderen Methoden konnte gezeigt werden, dass die Temperatur um etwa 0,5 bis 0,8 Grad kälter wurde als in der mittelalterlichen Warmzeit. In Europa wurden speziell die Winter kälter. Wir kennen aus dieser Zeit Gemälde von den zugefrorenen Grachten in Holland, auf denen die Menschen eislaufen, oder von der zugefrorenen Themse in London.

Im Alpenraum kam es zu einem Anwachsen der Gletscher; diese erreichten zur Mitte des 17. und des 19. Jahrhunderts neue Maximalstände. Die Gletscher drangen auch in von Menschen genutzte Regionen vor, wie etwa die „übergossene Alm“ am Hochkönig. Um 1850 erreichte der Gletscher des Hochkönigs eine Fläche von 5,5 Quadratkilometern und bedeckte damit auch zuvor für die Viehhaltung genutzte Almflächen. Inzwischen hat sich der Gletscher wieder weit zurückgezogen und ist in kleine Eisflecken zerfallen.

In Europa kam es während der Kleinen Eiszeit immer wieder zu Missernten und dadurch ausgelöste Hungersnöte. Ein Beispiel dafür ist die große Hungersnot in Irland von 1845 bis 1852. Die irische Bevölkerung ernährte sich im 19. Jahrhundert überwiegend von Kartoffeln. Durch die feucht-kühle Witterung am letzten Höhepunkt der Kleinen Eiszeit wurde die Ausbreitung der Kartoffelfäule, einer Krankheit, die aus den USA eingeschleppt wurde, begünstigt und die Ernten brachen ein. Schätzungen gehen davon aus, dass während dieser Hungersnot etwa eine Million Iren gestorben sind und 1,5 Millionen auswanderten, vor allem nach Nordamerika.

Die Ursachen für diese Abkühlung liegen im Zusammenspiel zweier Faktoren. Einerseits kam es in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts zu einem Minimum der Sonnenfleckenaktivität, dem sogenannten Maunderminimum. Während geringer Sonnenaktivität sinkt die von der Sonne ausgestrahlte Energie etwas ab. Ein zweiter wichtiger Faktor war eine sehr starke vulkanische Aktivität zwischen 1250 und 1500 sowie 1550 und 1700. Bekannt sind auch die Auswirkungen des Vulkans Laki auf Island aus dem Jahr 1783, der zu einem extrem kalten Winter 1783/1784 führte, sowie der Ausbruch des Tambora auf Indonesien im Jahre 1815, der in Europa zum „Jahr ohne Sommer“ 1816 führte.

Ab der Mitte des 19. Jahrhunderts begann sich das Klima zu stabilisieren. Ab 1880 erfolgte im Alpenraum ein langsamer Temperaturanstieg, wobei zur Mitte des 20. Jahrhunderts wieder das Niveau des ausgehenden 18. Jahrhunderts erreicht wurde (siehe Kapitel 2, Abb. 2-1). Bei der globalen Mitteltemperatur erfolgte der Anstieg erst mit Beginn des 20. Jahrhunderts (siehe Abb. 3-1). Zur Mitte des 20. Jahrhunderts wurde global in etwa das Niveau der mittelalterlichen Warmzeit erreicht. Vom Ende des Zweiten Weltkriegs bis zum Beginn der 1970er-Jahre blieb die globale Mitteltemperatur faktisch konstant, seither steigt sie rasant an und liegt derzeit etwa ein Grad über dem Temperaturniveau am Ende des 19. Jahrhunderts.

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22 aralık 2023
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9783990404942
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