Kitabı oku: «Schöpfung und Urknall», sayfa 2

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Ganz aus dem Rahmen damaligen Denkens fällt schließlich das letzte Schöpfungswerk: die Erschaffung des Menschen. Das Besondere deutet sich bereits im Eingangssatz an. Gott sagt hier nicht: »Es sollen Menschen werden«. Er redet sich gleichsam selbst an und fordert sich auf: »Lasst uns Menschen machen« (Gen 1,26). Bei dem Plural »uns« darf man nicht an eine Götterrunde oder an einen himmlischen Hofstaat denken. Das schließen die folgenden Verse aus. Es ist der Plural der Majestät, der hier aufgenommen wird. Am persischen Hof jener Zeit sprach der König von sich im Plural der Majestät und wurde auch so angeredet. |27| Unser Schöpfungstext, der in der Zeit der Perserherrschaft geschrieben wurde, greift |28| diese herrschaftliche Selbstbezeichnung als Ausdruck für höchste Macht und Würde auf.

Während die vorausgehenden Schöpfungswerke durch das Wort Gottes geschahen, wird hier ausgedrückt, dass Gott engagiert persönlich und nicht nur mittelbar durch sein Wort an der Erschaffung des Menschen beteiligt ist. So wurde auf die hervorgehobenen wechselseitigen Beziehungen zwischen Gott und den Menschen hingewiesen. Diese besondere Beziehung wird durch den Zusatz vertieft: »Lasst uns Menschen machen als unser Bild, uns ähnlich.«

In den folgenden Sätzen wird verdeutlicht, in welcher Hinsicht die Menschen als Gottes Ebenbilder gemeint sind: jedenfalls nicht aufgrund ihrer geistigen Natur; auch nicht wegen ihrer Fähigkeit, sich über die Welt der Pflanzen und der Tiere zu erheben und über sie zu verfügen, und ganz gewiss nicht, weil sie wie Gott aussehen. Die Ebenbildlichkeit bezieht sich auf das gesamte Menschsein. Menschsein als Ebenbild Gottes ist dort eingelöst, wo es aus dem Geist Gottes gelebt wird und eben damit Gottes Wesen entspricht. Die Entsprechung liegt in erster Linie darin, dass der Mensch gegenüber Gott das gleiche Verhältnis des Vertrauens haben kann, wie es Gott den Menschen gegenüber kundgegeben hat.

Die Entsprechung liegt ferner darin, dass der Mensch sein Verhältnis zum Leben auf dieser Erde so wahrnimmt, wie es sich in Gottes Handeln an den Lebewesen zeigt. Gott hat die Tiere des Wassers, der Luft und der Erde in ihre Lebensräume entlassen und sie in ihrem Sosein gesegnet. Dem Menschen ist aufgetragen: »Herrscht über die Fische des Meers und über die Vögel des Himmels und über alle Tiere, die sich auf der Erde regen« (Gen 1,28). Aber diese Herrschaft ist nicht als eine ausbeuterische und egoistische Willkürherrschaft gedacht, sondern eingebunden in die Ebenbildlichkeit. Der Mensch ist dazu berufen, »Mandator Gottes« (Gerhard von Rad) zu sein. Ihm ist aufgetragen, den Lebensraum, in den die Tiere entlassen wurden, so zu bewahren, wie dieser geschaffen wurde. Der Mensch soll sich zu den Lebewesen so verhalten, dass sich der Segen entfalten kann, den Gott über sie ausgesprochen hat. Das Töten von Tieren ist hier noch nicht in Sicht, da den Menschen die Pflanzen zur Nahrung angewiesen werden. Hier schimmert offenbar noch die Vorstellung vom Tierfrieden der Urzeit und später auch der Heilszeit durch, eine Vorstellung, die auch in Mesopotamien, in Ägypten, in Griechenland und in der römischen Kultur verbreitet war.

Zu beachten bleibt noch, dass bei der Erschaffung des Menschen (hebr. adam) nicht von einem einzelnen Exemplar die Rede ist, sondern von der Menschheit. Die Menschen sind von Beginn an als Mann und Frau geschaffen. Die geschlechtliche Differenzierung ist jedenfalls kein Merkmal des Schöpfers und der Gottebenbildlichkeit, sondern ein Charakteristikum des Geschaffenen, der Geschöpfe. Der Schöpfer steht in Gen 1 jenseits jener Kategorien, die für seine Geschöpfe gelten. Der menschlichen Zeugungskraft und der Geschlechtlichkeit wird damit auch der Nimbus des Sakralen und des Göttlichen genommen. Darin ist eine deutliche Absage an die Praktiken der orgiastischen Kulte und der kultischen Prostitution in Kanaan zu sehen.

Die Schöpfungsgeschichte von Gen 1–2,4a setzt sich in mehrfacher Hinsicht betont von den Gottesvorstellungen im Umfeld Israels ab, nach denen Gottheiten vielfach als Götterpaare auftreten, Nachkommen zeugen, so wie sie selbst gezeugt worden sind. Der Gott, von dem diese Schöpfungsgeschichte |29| redet, ist Schöpfer der Geschlechtlichkeit, steht aber selbst vor und jenseits dieser irdischen Kategorien. Mann und Frau stehen in ihrer geschlechtlichen Identität ohne Vorrang gleich unmittelbar zu ihrem Schöpfer. Sie sind in ihrem jeweiligen ganzen Menschsein in gleicher Weise Gottes Ebenbild.

Als Menschen des 21. Jahrhunderts sollten wir besonders registrieren, dass der Mensch nicht wegen seiner intellektuellen Fähigkeiten von den anderen Lebewesen abgesetzt wird, sondern sofern er sich in seiner Gottesbeziehung von allen anderen Lebewesen unterscheidet. Die körperliche Nähe zu den Tieren wird realistisch gesehen. Nicht zufällig werden Landtiere und Menschen am selben Tag erschaffen.

Ein gravierender Unterschied zu den Schöpfungsmythen benachbarter Völker sei noch besonders hervorgehoben. Im babylonischen Schöpfungsmythos »Enuma Elisch«, den die Israeliten spätestens im Exil kennengelernt hatten, entschließt sich der Gott Marduk ebenfalls, ein Wesen Mensch herzustellen. Er tut es mit dem erklärten Ziel, die Götter von ihrer Arbeit zu entlasten und sich dienen zu lassen. In unserer Schöpfungsgeschichte schafft sich Gott nicht einen Bediensteten, sondern ein Gegenüber. Es geht in der alttestamentlichen Gottesbeziehung niemals um ein einseitiges Dienstverhältnis, sondern um eine wechselseitige Beziehung, und zwar um eine Beziehung des Vertrauens.

Die Ruhe des siebenten Tages vollendet das Schöpfungswerk. Die Schöpfungswerke sind mit der Erschaffung des Menschen abgeschlossen, aber das Schöpfungsgeschehen als ganzes strebt erst noch seiner Vollendung zu. Im babylonischen Schöpfungsepos wird Marduk in der Götterversammlung für sein Tun gefeiert. In Gen 2,1ff mündet die |30| Arbeit Gottes an den Schöpfungswerken in die erhabene Ruhe des Schöpfers. Mit der Ruhe am siebenten Tag nach sechstägiger Arbeit wird ein vom Schöpfer selbst gesetzter Biorhythmus festgelegt, der auch für die Menschen gelten soll.

Wir wissen nicht, wann und wo Israel den Ruhetag (Sabbat) ausgebildet hat. Deutlich ist aber so viel: Der Sabbat als stiller Ruhetag für alle ist seit dem Ende des Exils zusammen mit der Beschneidung das Kernstück religiösen und gesellschaftlichen Lebens und israelitisch-jüdischer Identität. Der Sabbat gilt als ein Tag, der für die Pflege des Verhältnisses zwischen Gott und Mensch freizuhalten ist. Er ist den Verfassern für das Verständnis und für die Wechselbeziehung zwischen Gott und Mensch so wesentlich, dass sie ihn bereits in der göttlichen Schöpfungsordnung fest verankert sehen. Im Alten Testament gibt es kein Gebot, das so oft eingeschärft wird, wie das Gebot, den Sabbat im Sinne der Schöpfungsordnung zu halten. Keines der Zehn Gebote verpflichtet auf einen Schöpfergott. Aber das Gebot, den Sabbat zu halten, wird mit dem Hinweis verbunden, dass Gott nach sechs Schöpfungstagen am siebten Tag geruht hat. Dem Sieben-Tage-Schema zuliebe, das ja durch den jüdischen Sabbat begründet wird, wurden sogar acht Schöpfungswerke in sechs Schöpfungstagen untergebracht, wofür ein älteres Konzept mit acht Schöpfungswerken umgebaut werden musste. Dem dritten und sechsten Schöpfungstag wurden jeweils zwei Schöpfungswerke zugeordnet.

|31| Blick auf das Gesamtkonzept

Vorstellungen und Erzählungen über die Anfänge von Welt und Mensch (Kosmogonie) gab es in allen Kulturen der Alten Welt. In allen alten Hochkulturen verstand man die Welt als das Werk von Göttern. Göttergeschichten nennt man Mythen. Schöpfungsmythen geben auf die Fragen Antwort, wie es zu dieser Welt und zu dem, was sie an Leben enthält, gekommen ist. Insofern dokumentieren die Schöpfungsmythen der Völker stets auch das Naturverständnis jener Zeit, in der diese Erzählungen entstanden sind. Die Schöpfungsmythen erklären im Modell des jeweiligen Naturverständnisses, warum Welt und Mensch so sind, wie sie sind. Ihre Botschaft ist aber nicht eine naturkundliche Belehrung, denn die Mythen bringen in ihren jeweiligen naturkundlichen Vorstellungen in erster Linie zum Ausdruck, wie die Götter selbst und wie ihr Wirken und das Verhältnis zu ihnen zu verstehen sind.

Was in der Schöpfungsgeschichte Gen 1,1–2,4a über die Natur ausgesagt wird, unterscheidet sich nicht von der Naturerkenntnis der umliegenden Kulturen. Es entspricht dem Gemeingut damaliger altorientalischer Welterkenntnis. Aber im Gewand dieser Vorstellungsformen wird ein Verständnis von Gott, von Welt und vom Menschen entworfen, mit dem sich Israel von den religiösen Vorstellungen der Nachbarvölker abhebt. Es sind nicht viele Götter, sondern es ist nur ein einziger Gott, dem wir als dem Schöpfer und Herrn der Welt gegenüberstehen und den wir zu verehren haben. Die alten Gestirngötter werden zu profanen Lichtkörpern degradiert. Erde und Meer werden entgöttlicht und von dem einen Gott auf die Funktion zurückgestuft, in seinem Auftrag Leben hervorzubringen. Die Welt ist nicht mehr das |32| Spielfeld und die Menschen sind nicht mehr die Spielbälle unberechenbarer Gottheiten. Die Schöpfung wird zur stabilen Natur. Auf den Gott, der sich den Menschen zum Ebenbild und zum Gegenüber gemacht hat, kann man sich verlassen. Hier wird bereits deutlich, dass sich vor dem Hintergrund eines gleichen Naturverständnisses ganz unterschiedliche Gottesverständnisse formulieren lassen. Daraus folgt, dass religiöse Aussagen inhaltlich nicht an die naturkundlichen Vorstellungen gekoppelt sind, mit denen sie artikuliert werden.


|33| Eine andere Schöpfungsgeschichte in Gen 2,4bff
Eine irritierend andersartige Erzählung

Die Schöpfungsgeschichte Gen 1,1–2,4a von der wir nur die für unser Thema wichtigsten Details betrachten konnten, schließt mit dem Satz: »Dies ist die Geschichte der Entstehung von Himmel und Erde, als sie geschaffen wurden.« Unmittelbar danach folgt in den Kapiteln Gen 2 und 3 eine Erzählung, die zu erklären sucht, weshalb es im Leben des Menschen so viele Störungen, Widrigkeiten, Qualen und Rätsel gibt. Erzählungen, die erklären, was Grund und Ursache für bestimmte Gegebenheiten unseres Lebens sind, nennt man »Ätiologien« (von gr. aitía/Ursache, Grund). Insofern ist auch die eben besprochene Schöpfungsgeschichte, die im Ruhetag Gottes mündet, als Ätiologie zu bezeichnen, die mit einer mythischen Erzählung das Sabbatgebot erklärt.

Wovon erzählen Gen 2 und 3?

Die Erzählungen in Gen 2 und 3, die man im Zusammenhang lesen sollte, geben Antwort auf viele Fragen des gegenwärtigen Lebens: Warum muss die Schlange beinlos im Staub der Erde kriechen? Woher kommt die Feindschaft zwischen Schlange und Mensch? Warum hat die Frau Beschwerden in der Schwangerschaft und Schmerzen bei der Geburt eines Kindes? Woher kommt das tiefe Verlangen der Frau nach dem Mann und umgekehrt? Warum tragen die Menschen Kleidung? Warum ist die Ackerarbeit des Mannes so beschwerlich? Warum muss der Mensch sterben? Dem soll hier im Einzelnen nicht näher nachgegangen werden. Wir klopfen die vielschichtige Erzählung lediglich |34| auf jene Vorstellungen hin ab, die das Schöpfungsgeschehen betreffen.

Der Text Gen 2

Im folgenden Text sind nur jene Passagen wiedergegeben, auf die wir uns für unser Thema beschränken können.

»(2,4b) Zur Zeit, als der HERR, Gott, Erde und Himmel machte, (5) und es noch kein Gesträuch des Feldes gab auf der Erde und noch kein Feldkraut wuchs, weil der HERR, Gott, noch nicht hatte regnen lassen auf die Erde und noch kein Mensch da war, um den Erdboden zu bebauen, (6) als noch ein Wasserschwall hervorbrach aus der Erde und den ganzen Erdboden tränkte –, (7) da bildete der HERR, Gott, den Menschen aus Staub vom Erdboden und blies Lebensatem in seine Nase. So wurde der Mensch ein lebendiges Wesen.

(8) Dann pflanzte der HERR, Gott, einen Garten in Eden im Osten, und dort hinein setzte er den Menschen, den er gebildet hatte. (9) Und der HERR, Gott, ließ aus dem Erdboden allerlei Bäume wachsen … (15) und der HERR, Gott, nahm den Menschen und setzte ihn in den Garten Eden, damit er ihn bebaute und bewahrte. …

(18) Und der HERR, Gott, sprach: Es ist nicht gut, dass der Mensch allein ist. Ich will ihm eine Hilfe machen, ihm gemäß. (19) Da bildete der HERR, Gott, aus dem Erdboden alle Tiere des Feldes und alle Vögel des Himmels und brachte sie zum Menschen, um zu sehen, wie er sie nennen würde, und ganz wie der Mensch als lebendiges Wesen sie nennen würde, so sollten sie heißen. (20) Und der Mensch gab allem Vieh und den Vögeln des Himmels und allen Tieren des Feldes Namen. Für den Menschen aber fand er |35| keine Hilfe, die ihm gemäß war. (21) Da ließ der HERR, Gott, einen Tiefschlaf auf den Menschen fallen, und dieser schlief ein. Und er nahm eine von seinen Rippen heraus und schloss die Stelle mit Fleisch. (22) Und der HERR, Gott, machte aus der Rippe, die er vom Menschen genommen hatte, eine Frau und führte sie dem Menschen zu. (23) Da sprach der Mensch: Diese endlich ist Gebein von meinem Gebein und Fleisch von meinem Fleisch. Diese soll Frau heißen, denn vom Mann ist sie genommen. (24) Darum verlässt ein Mann seinen Vater und seine Mutter und hängt an seiner Frau, und sie werden ein Fleisch.«

Die Erschaffung des Adam

Die Schöpfungsgeschichte von Gen 1,–2,4a wird hier offensichtlich weder fortgesetzt noch ergänzt. Wir begegnen vielmehr ganz anderen Vorstellungen von den Anfängen. Himmel und Erde werden bereits als vorhanden vorausgesetzt, aber die Erde ist noch leer und trocken wie eine Wüste; sie trägt noch keine Pflanzen, da es an Wasser fehlt, weil Gott »noch nicht hatte regnen lassen«.

Das erste Schöpfungswerk ist der Mensch in Gestalt eines Mannes. Der aber wird nicht durch Gottes schöpferisches Wort ins Leben gerufen, wie wir in Gen 1 lesen konnten, sondern »da bildete der HERR, Gott, den Menschen aus Staub vom Erdboden und blies Lebensatem in seine Nase. So wurde der Mensch ein lebendiges Wesen« (Gen 2,7). Der Mensch wird in seiner körperlichen Gestalt von Gott selbst aus angefeuchtetem Erdreich geformt. Zum lebendigen Wesen wird der Leib des Menschen erst dadurch, dass ihm Gott Atem in die Nase bläst. Darin kommt zweierlei zum Ausdruck.

|36| Zum einen: der Mensch wird als ein Erdenwesen verstanden. Er ist aus irdischem Stoff erbaut und er wird auch wieder zu der Erde werden, von der er genommen ist. Diese enge Verbundenheit von Mensch und Erde wird im Hebräischen durch ein Wortspiel besonders betont: »Mensch« heißt im Hebräischen adám, und die »Erde« heißt adamáh. Der adám/Mensch ist der von der adamáh/Erde Genommene.

Zum anderen: Leben erhält der Mensch erst durch den Atem Gottes. Das soll nicht andeuten, dass der Mensch aus irdischem Leib und göttlicher Seele besteht; es soll sagen, dass die menschliche Lebendigkeit ganz in Gott gegründet, mit Gott verbunden ist und in dieser Verbindung ihr bleibendes Wesen hat. Der Psalm 104,29f wird an diese bleibende Abhängigkeit erinnern: »... nimmst du ihren Atem weg, kommen sie um und werden wieder zu Staub. Sendest du deinen Atem aus, werden sie erschaffen …«

Die Erschaffung des Gartens

Der Mensch, der als erstes lebendiges Wesen zuerst allein in einer trockenen Sandwüste steht, wird nun in einen Garten gesetzt, den Gott als eine Art umgrenzten Lebensraum fürsorglich für den Menschen anlegt. Diesen Garten sieht der Verfasser in der Landschaft »Eden«. Das ist ein geographisch nicht identifizierbarer Ort im Osten. Im Osten, der Richtung des Sonnenaufgangs, lag für die Israeliten, die in Palästina wohnten, der Ursprung der Menschheit. Eden, das dem Wortsinn nach »Wonne« bedeutet, darf man sich aber nicht als eine Art Paradies vorstellen, sondern eher als ein parkartiges Baumgehege, als zureichenden Lebensraum für den Menschen. Gemeint ist gewiss weder ein Vergnügungspark noch eine Art Schlaraffenland, sondern ganz |37| nüchtern die Arbeitswelt des Menschen. »Der HERR … setzte ihn in den Garten Eden, damit er ihn bebaute und bewahrte« (Gen 2,15). Wie also Gott als Fürsorge für den Menschen den Garten gepflanzt hat, so wird der Garten nun dem Menschen anvertraut mit dem Auftrag, für ihn zu sorgen, ihn zu pflegen und vor Schaden zu bewahren. Das tiefe Wissen bäuerlicher Kulturen, dass man die Natur, von der man lebt, nicht zerstören darf, sondern pflegen muss, wird hier dem Menschen als Auftrag und als gottgewollte Bestimmung seines Menschseins und Lebens vor Augen gestellt.

Die Erschaffung der Frau

Im bisherigen Erzählgang wurde von den menschheitlichen Fragen in der Beziehung von Gott, Mensch und Welt am Beispiel dieses einen adám/Menschen gesprochen. Mit der Feststellung Gottes »Es ist nicht gut, dass der Mensch allein ist« (Gen 2,18a), kommt ein anderer Aspekt des Menschseins in den Blick, nämlich das Verhältnis der Geschlechter zueinander. Die Erfahrung, dass der Mensch für sich allein nicht im Vollsinne Mensch sein kann, wird in der Geschichte als Feststellung des Schöpfers ausgedrückt. In dem Entschluss Gottes »Ich will ihm eine Hilfe machen, ihm gemäß« (Gen 2,18b) spürt der Leser/Hörer wieder, dass auf Gottes fürsorgliches Handeln Verlass ist.

Gott bildet die Tiere und Vögel (keine Wassertiere!) aus feuchter Erde. Er muss aber feststellen, dass sie dem Menschen als Gegenüber nicht gemäß sind. Der adám erkennt sie nicht als seinesgleichen. In einem zweiten Versuch lässt Gott den Menschen in einen Tiefschlaf fallen, entnimmt ihm eine Rippe und baut daraus eine Frau. Adám |38| erkennt sie sogleich als »ihm gemäß«, als von gleicher Art. Diese Gleichartigkeit wird in der Geschichte wieder durch ein Wortspiel bei der Namensgebung ausgedrückt. Der adám sagt nämlich: »Sie soll ischáh/›Männin, Frau‹ heißen, denn vom isch/Mann ist sie genommen« (Gen 2,23b).


Es gibt nur wenige Passagen im Alten Testament, denen so viele fremde Gedanken aufgeladen worden sind wie dieser Geschichte von der Erschaffung der Frau, für die bisher keine altorientalische Parallele bekannt ist. Der Fortgang der Geschichte zeigt jedenfalls, dass hier weder von Fortpflanzung noch von androgynen Phantasien noch gar von Ehe die Rede ist, sondern schlicht von dem unbändigen Drang der Geschlechter zueinander. Die Geschichte von der Erschaffung der Frau ist eine Ätiologie. Sie erhebt nicht den Anspruch, die biologische Entwicklungsgeschichte des |39| Menschengeschlechts zu enthüllen oder eine Rangordnung der Geschlechter zu begründen. Sie zielt vielmehr darauf, eine Erfahrung zu erklären, die jeder Mensch macht. Sie sagt darüber hinaus, dass der Mensch auf Gemeinschaft, auf ein Gegenüber und auf ein Miteinander hin angelegt ist. Man kann dieser Geschichte noch nicht einmal durchgängig ein patriarchalisches Denken unterstellen. Nach Gen 2,24 verlässt der Mann sein Elternhaus und begibt sich in die Familie seiner Frau. Diese Bemerkung kommt aus einer matriarchalischen Gedankenwelt.

Beobachtungen, Vergleiche und Schlüsse

Die Texte von Gen 1 und 2 haben das Bewusstsein der Christenheit und des Abendlandes tief und nachhaltig beeinflusst, freilich nicht immer im Sinne dieser Texte, sondern weit mehr durch die kirchlichen Interpretationen, die sie im Laufe der Jahrhunderte erfahren haben. Davon wird noch zu reden sein. Jedenfalls war schon festzustellen, dass die Schöpfungsmythen der Völker nicht vom Himmel gefallen sind. Auch die Schöpfungsmythen Israels nicht. Sie wurden vielmehr im Erfahrungshorizont jener Volksgruppen verfasst, in denen sie entstanden sind. Aus dem Vergleich von Gen 1 und Gen 2 werden wir bereits einiges über Alter und Herkunft dieser Texte entnehmen können. Ein systematischer Vergleich der unterschiedlichen Vorstellungen von Gott, Welt und Mensch in diesen beiden biblischen Schöpfungstexten wird uns darüber hinaus zu Einsichten führen, die nicht nur für das Verständnis biblischer Texte grundsätzlich wichtig sind, sondern an entscheidender Stelle auch Klarheit in das Gespräch mit den Naturwissenschaften bringen.

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