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Kitabı oku: «König Oriand», sayfa 2

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III

Der feierliche Tag war erschienen.

Goldene Tücher und rothe Gewänder zierten die Giebel des Palastes; an allen Fenstern und sogar bis zu den Spitzen der Wachtthürme hinauf prangten vielfarbige Banner, wehende Flaggen und flatternde Wimpel.

An der rechten Seite des Vorhofs hatte man auf einem breiten Holzgerüst einen Thron errichtet. Von dort bis draußen vor der Zugbrücke lag ein kostbarer Teppich, den Weg anzeigend, den die Königin verfolgen würde. Dieser Weg war mit Rosen und Blumen von allerlei Farben bestreut; und als ob dieß nicht hinreichend gewesen wäre, um die Luft mit Balsamdüften zu erfüllen, so standen da zwei Reihen Fußgestelle mit goldenen Schaalen, worin die wohlriechenden Harze des Morgenlandes im Ueberfluß brannten.

Rundum den Platz hatten die Ritter und Lehnsherrn auf ihren Schlachtrossen, jeder mit seinem erhabenen Banner, in dichten Gliedern sich geschaart. Das heitere Licht der Morgensonne spiegelte sich in all dem Golde, Silber und Stahl der kostbaren Waffenrüstungen; der Wind bewegte in sanften Wellen die Federbüsche der Helme und die Spitzen der Tausende von Fähnlein, womit die Speere der Ritter verziert waren.

Auf der Tribüne neben dem Throne stand Mattabruna, umringt von einem Schwarm prächtig gekleideter Edelfrauen und wartend, um von dort herab zu steigen und der königlichen Braut entgehen zu gehen.

An beiden Seiten des Thrones standen zwei Reihen Trompetenbläser, mit den schimmernden Instrumenten am Munde, um beim Erscheinen des Königs, das lebhafte Willkommen durch die Luft erschallen zu lassen.

Unterdessen war eine Ehrenwache von vornehmen Rittern aus der großen östlichen Straße vorausgeritten mit dem Auftrag, die fürstlichen Herrschaften dort abzuwarten.

Eine wimmelnde Menge, Städter und Landleute, besetzten die beiden Ränder dieser Straße, klopfenden Herzens nach der Ankunft der Königin sich sehnend, von der man sagte, sie sei schöner als der schönste Traum.

Plötzlich lief ein fröhliches Gemurmel durch das Volk; in der Ferne schimmerten Harnische und Helme; und man hörte die wiederhallenden Klänge der Trompeten. Der König war da mit seiner Braut!

Alsbald stieg ein schallendes Gejauchze aus dem Schooß der Menge; wo die fürstlichen Herrschaften herbeiritten, lief die Bezeugung der allgemeinen Freude, das eifrige »Heil« rufen und das Schwenken der Hände, wie ein Feuer die Straße entlang fort, bis der Zug den innern Hof erreichte und Trompeter, Ritter, Edelfrauen und Volk, durch ihre vereinten Grüße und Willkommensrufe, Luft und Wälder wie mit rollenden Donnerstimmen erschütterten.

Wie schön und reizend war die Braut ihres Königs! Mit himmelblauen Augen, blonden Haaren und schlanken Gliedern, noch etwas bleich von den erlittenen Schmerzen, ganz in Weiß gekleidet, mit einem Lächeln um den Mund, so lieblich und so süß, daß sie die Herzen entzückte und in ein Gefühl von Zuneigung und Bewunderung zerschmelzen ließ! Und wie zierlich saß sie auf ihrem Zeller, von dessen beiden Seiten der schneeweiße Brautmantel bis auf den Boden herniederwalte! Wahrlich, ein schöneres Jungfrauenbild hatte sich Niemand auf Erden je geträumt! Was jedoch noch mehr die Aufmerksamkeit fesselte, und die Ritter in Erstaunen setzte, war die unerklärliche Veränderung, die man an dem Könige bemerkte. Er, immer so kalt und barsch, hatte jetzt einen freundlichen Gruß und ein freundliches Wort für einen jeden. In seinen Augen glänzten Freundschaft und heitere Lebensfreude. O, wie glücklich mußte er sein! Wie mächtig hatte das erste Liebesgefühl auf ihn gewirkt, da es den wüsten, düstern Jäger zu einem offenherzigen und freundlichen Jüngling umgeschaffen!

Als Alle in der Mitte des Platzes abgestiegen waren, nahm der König seine Braut bei der Hand und führte sie nach dem Throne.

Mattabruna stieg von dem Gerüst herab, lief ihrer Schwiegertochter entgegen, drückte sie in die Arme und küßte sie wiederholte Male auf beide Wangen.

Dieses freute Oriand dermaßen, daß er mit Thränen in den Augen, seine Mutter und seine Braut zugleich mit seinen Armen umschlang.

»Ich werde Euch ehren und lieben, flüsterte Beatrix. Gott nahm mir meine gute Mutter; laßt mich Euer Kind sein!«

»Du bist mein Kind. sich habe dich lieb.« antwortete Mattabruna. O du edle, reizende Braut meines Sohnes; laß mich dein Herz noch einmal an meinem klopfen fühlen!

Und wieder zog sie Beatrix an ihr Herz und küßte sie scheinbar mit feuriger Zärtlichkeit.

»Komm, meine teure Tochter,« sagte sie endlich, ihre Hand ergreifend. »Besteige den Thron, der deiner als Königin wartet und herrsche neben meinem Sohne. Wir werden uns mit Stolz die Diener eines so edlen Wesens nennen« das Gott mit allen Schätzen des Körpers und des Geistes ausgestattet hat!

Beatrix war glücklich; aus dem süßen Blick, den sie Mattabruna’s Augen senkte, strahlten Dankbarkeit und Liebe.

Sie ließ sich auf den Thron führen und setzte sich neben dem König nieder, der, ungeachtet des feierlichen Ernstes des Tages, sich nicht enthalten konnte, ihr in der Stille die Hand zu drücken, und ihr zu verstehen zu geben, wie sehr er sie liebe und wie froh er war über den guten Empfang, der ihr von Seiten seiner Mutter zu Theil geworden.

Nun kamen nach der Reihe Ritter und Edelfrauen, um der neuen Königin ihre Ehrerbietung zu bezeugen. Keiner stieg von der Tribüne, ohne sich selbst zu fragen, was doch das Geheimniß der Macht sein mochte, welche die junge Fürstin auf einen jeden ausübte. Ihre süßen Worte, wie furchtsam auch scheinbar gesprochen, drangen bis in die Tiefe der Herzen; ihr schmachtender Blick, obschon er um Geneigtheit und Freundschaft zu bitten schien, bewegte die Seele unbegreiflich tief . . .

Fern von dem Throne wurde sogar im Verborgenen, unter den Rittern und unter dem Volk von Zauberei gesprochen. Die Meisten jedoch gedachten dadurch auf eine natürliche Weise die unwiderstehliche Anmuth der jungen Königin zu bezeichnen; aber Andere erzählten gleichfalls, mit Zweifel und Bangigkeit, daß ihre Mutter als der Hexerei und Teufelskunst verdächtig verbrannt worden wäre . . . Und bevor die Feierlichkeit zu Ende war, lief diese Lästerrede geheimnißvoll von Mund zu Mund, ohne daß es möglich gewesen wäre, jemals zu erfahren, sag wer dieses Gift zu allererst unter die Menge gespieen hätte.

Nachdem die feierliche Huldigung beendigt war, führte Ei Oriand seine junge Gemahlin in den Palast, wo zu ihrer Ehre ein Gastmahl für vierhundert Ritter und Edelfrauen war bereitet worden.

Draußen schenkte man den Wein im Ueberfluß und die rauschendste Freude herrschte überall.

Diesen ganzen Tag überhäufte Mattabruna ihre Schwiegertochter unaufhörlich mit Beweisen von Zuneigung und Liebe; ja, wo sie Gelegenheit dazu fand, schmeichelte sie der Königin und lobte sie in übertriebenen Ausdrücken wegen ihrer Anmuth und ihres Verstandes bei Allem was sie that und sagte.

So gewann sie das unbegrenzte Vertrauen der arglosen Beatrix, die in dem Augenblick, wo sie zu ihrem Schlafzimmer hinaufsteigen sollte, um die Ermüdung des Tages in einer langen Nachtruhe zu vergessen, der Mattabruna noch einmal um den Hals flog und ausrief:

»Mutter, allerliebste Mutter! Ich preise Gott, der mich dein Kind werden ließ, um mich zu trösten über ein gräßliches Unglück; deinen Namen werde ich in allen meinen Gebeten nennen.«

Sobald der König in sein Schlafgemach getreten war, und sie die Thüre hatte verschließen hören, ging Mattabruna nach einer andern Seite des Palastes und öffnete die Thür eines Saales, wo ein Ritter bei einer Lampe saß.

»Wohlan Markus, enthält der Kelch meiner Demütigung Galle genug?« fragte sie.

»Sprecht leiser, Fürstin,« flüsterte der Ritter.

»Ihr seid kleinmüthig geworden,« spottete Mattabruna. »Hat das Kind der Hölle euch gleichfalls bezaubert?

»Vorsichtig müssen wir sein, Fürstin; denn das Gemüth des Königs ist wie ein schlafender Vulkan, der bei der geringsten Erhitzung sich vertilgend entladen wird.

»Seid Ihr denn ganz rathlos? Sprecht, was meint Ihr, das wir thun können, um uns zu rächen?

»Nichts, für den Augenblick nichts. Warten, bis des Königs Liebe sich vermindere und die Binde ihm von den Augen falle.«

»Ohnmächtig? Wir sollten ohnmächtig sein? murrte Mattabruna, die Arme krampfhaft windend. Wie? Ich sollte nicht allein ein fremdes Weib meinen Platz auf dem Throne einnehmen sehen; ich sollte mich vor ihr beugen, ihr gehorchen, nichts mehr sein als eine Verstoßene ohne Einfluß; sie sollte noch überdieß das Herz meines Sohnes ganz in Besitz nehmen und mir die Liebe und das Vertrauen meines Kindes entziehen? Nein, nein, Mattabruna ist nicht dazu geboren, vor jemand sich zu beugen! Beatrix van Halkiyn soll weg aus meiner Bahn, und müßte Gift . . . «

Markus sprang auf und legte der wüthenden Fürstin die Hand auf den Mund.

»Um Gotteswillen, besänftigt Euch doch! sagte er erschrocken. Wenn man Euch hörte, könnte dieser Palast mit einem Muttermord befleckt werden, und sicher würde, wer Euch ergeben ist, die Sonne des künftigen Tages nicht mehr sehen.«

»Und dennoch, sie soll vom Throne gestoßen werden! murrte Mattabruna. So lange sie meine Stelle einnimmt, müßt Ihr den Gunstbezeugungen entsagen, welche ich Euch versprochen habe.«

»Ich weiß es, Fürstin. In meinem Herzen glüht der Haß ebenso als in dem eurigen. Wir werden uns rächen; das Hinderniß soll aus unserer Bahn entfernt werden; aber vorsichtig will ich unserm Ziele zustreben, langsam, geduldig, wenn es sein muß, doch mit Sicherheit und ohne Euch noch mich des Königs Zorn bloß zu stellen!«

»Aber das Mittel?«

»Das Mittel hat sich heute bereits von selbst dargeboten.«

»Ha, Ihr erfreut mich! Ja, Ihr habt Recht. In der That, es wäre besser, falls wir, unbekannt, uns rächen könnten . . . Und dieses Mittel ist?«

»Mein Diener Savary ist während des Tages auf dem Vorhof unter den Rittern und Landleuten umhergewandelt, um auszuspähen, was man da Alles sagte. Man sprach da heimlich von dem schrecklichen Tode der Wittwe van Halkiyn, und man fragte einander bestürzt, ob die wunderbare Macht, welche die Königin auf unsern Fürsten und auf jedermann ausübt, wohl natürlich ist . . . «

»O, seid sicher, Markus, diese Beatrix scheint ein Engel, aber sie ist eine grünliche Zauberin!« rief Mattabruna.

»Nein, nein, ihre Mutter war eine tugendsame Frau und sie ist rein wie eine Taube, entgegnete ihr der Ritter. Aber wenn dieses Gerücht dem Könige zu Ohren kommt, wird er beginnen zu zweifeln; diese Verläumdung, unüberwindlich und immer aufs Neue entstehend, wird endlich seinen Geist beunruhigen und in Schrecken setzen und die Liebe in seinem Herzen tödten. Dann erst, Fürstin, wird unsere Zeit kommen, um dieses Feuer zu nähren und es dergestalt zu entflammen, daß es die Königin verschlinge.«

»Aber wie soll es Oriand vernehmen, was die Ritter und das Volk sagen?«

»Ja, dies weiß ich für den Augenblick nicht. Es ist das Beste, daß es erst später zu ihm gelange; denn jetzt ist er in seine junge Ehegattin so blind vernarrt, daß er ein Blutbad rings um sich anrichten würde, um alle diejenigen zu treffen, in deren Geist nur der beschuldigende Gedanke entstanden ist. Niemand würde er schonen: weder Ritter, noch Edelfrauen, noch mich . . . noch Euch, seine Mutter, wenn er vermuthen könnte, daß wir die Verleumdung angehört oder geglaubt haben.«

»Ihr seid also der Ansicht, daß wir für jetzt unsere Rache zu verschieben haben?«

»Ja, wir müssen unsern Haß verbergen, fortwährend Anhänglichkeit und Ehrerbietung für die Königin heucheln, und warten, bis ein Zufall, dem wir ganz fremd sind oder scheinen, das arge Gerücht bis in des Königs Ohren führt.«

»Aber Markus, wenn dieses Gerücht erstirbt?«

»Die Verleumdung stirbt nicht, Fürstin. Bleibt sie jedoch dem Könige zu lange unbekannt, so werden wir Mittel ersinnen, um das Gift in sein Herz tröpfeln zu lassen; bis dahin müssen wir uns verstellen, listig und schlau sein, und einen jeden denken lassen, daß Niemand die Königin mehr liebt oder ihr inniger ergeben ist, als wir . . . Nun, Fürstin, küsse ich Euch die Hand und wünsche Euch gute Nacht«.

»Geht, mein treuer Freund, sagte Mattabruna, halb getröstet. Seid sicher, daß, wenn ich einst wieder meinen Platz auf dem Throne erlange, ich Euch mit Wohlthaten und Gütern überhäufen werde.«

»Ich danke Euch; bleibt mit Gott, Fürstin, flüsterte Markus, indem er zum Saale hinausschritt.«

IV

War man am Tage des feierlicher Einzugs überrascht gewesen über die gründliche Umwandlung im Charakter des Königs, so stieg dieses Erstaunen immer höher, je mehr Oriand unter dem Einfluß seiner lieblichen Gemahlin ein ganz neuer Mensch zu werden schien.

Jetzt regierte er sein Land selbst, ließ sich Rechenschaft ablegen über die Art und Weise, wie seine Beamten ihre Pflicht erfüllten, rief jeden zum Gefühl der Gerechtigkeit, beschützte die Schwachen, brachte die Starken durch väterlichen Rath zur Nachgiebigkeit, strafte nur mit Wiederwillen, wo es unvermeidlich war, und benahm sich als echt christlicher König.

Beatrix genoß ohne Störung seine Liebe; der geringste Blick ihrer Augen war wie ein Befehl für ihn; aber sie machte von ihrer Macht nur Gebrauch, um Armen zu helfen, Bedrängte zu vertheidigen, Leidende zu trösten, und durch vielfältige Werke der Barmherzigkeit, Glück und Frieden um sich her zu verbreiten.

Sechs Monate lang dauerte des Königs gute Stimmung fort ohne daß noch je ein Anfall von Jähzorn ihn traf. Sein Blick und seine Worte waren ebenso heiter und ebenso lieblich, als am ersten Tage, und seine-Liebe zu Beatrix schien noch zuzunehmen, denn er war ihr dankbar für den wohlthätigen Einfluß, den sie auf sein einst so schroffes und reizbares Gemüth ausübte.

Jetzt war er nicht mehr versunken in die Sucht nach wilden Vergnügungen; und ging er noch einmal auf die Jagd in den Wäldern seines Gebietes, so geschah es in Gesellschaft seiner geliebten Gattin und mit seinem ganzen Hofe, wie zu einem fröhlichen Feste, zur Erholung und zu fröhlichem Geplauder.

Dieses allgemeine Glück, diese unzerstörbare Zufriedenheit der Gemüther folterte die herrschsüchtige Mattabruna. Oft, wenn sie mit Markus allein war, fragte sie zähneknirschend, ob sie denn zu ewigem Leiden und zu immer tieferer Erniedrigung verurtheilt bleiben solle? So dürfte es nicht fortdauern; es müßte ein Mittel gesucht werden, meinte sie, um den König von seiner schrecklichen Verblendung zu erlösen und Beatrix in das Verderben zu stürzen.

Aber Markus, der vorsichtig war und sein Leben nicht leichtsinnig wagen wollte, überredete sie jedesmal zur Geduld und zum Aufschub. Mattabruna irrte sich, sagte er, in dem entmuthigenden Gedanken, daß die Verläumdung gegen die Königin unter dem Volke ausgestorben wäre. Er wüßte es besser durch Savary, der ihm täglich meldete, wie Landleute und Bürger, ja, wie selbst Ritter noch stets heimlich das Wort »Zauberei« flüsterten.

Und in der That, welche Fürstin, wie gut und großmüthig auch, könnte jedermann befriedigen? Müßte sie nicht, um die Meisten ihrer Unterthanen glücklich zu machen, vielen andern mißfallen? Ein unerwarteter Zufall, ein Nichts könnte jeden Tag die Verläumdung wie ein Unwetter über dem Haupte der Königin zum Ausbruch bringen. Man müßte sich verstellen, den günstigen Augenblick abwarten, und sich bereit halten, um unbekannt und verborgen, Gift in des Königs Wunde zu gießen, sobald sein Herz einmal diese Wunde erhalten hätte.

So besänftigte Markus die erzürnte Fürstin mit einer Hoffnung, deren Verwirklichung zu ihrem großen Verdruß jedoch immer zweifelhafter zu werden schien.

Welche Raserei, welcher Neid, stürmten in ihrem Gemüth, als Beatrix eines Abends mit Thränen der Wonne in den Augen ihr anvertraute, daß der gütige Gott dem Könige ein Kind schenken würde . . . Und möchte es ein Sohn sein, ein Erbe der Krone, wie würde Oriand und das ganze Land dem Himmel danken!

Mattabruna verbarg die Angst und den Haß, der sie quälte, und jubelte mit ihrer Schwiegertochter über die schöne Aussicht; aber alsbald stellte sie sich so, als wäre sie unpäßlich, und lief nach ihrem Zimmer, wo sie in aller Eile Markus rufen ließ.

Bei seiner Ankunft brach sie in Verwünschungen aus und beschuldigte ihn der Feigheit, sogar der Untreue. Jetzt wäre es wahrscheinlich zu spät, um noch an Rache zu denken und sie wären zu ewiger Erniedrigung verurteilt; denn wenn Beatrix dem Könige einen Erben schenkte, würde Oriand dann nicht durch dieses neue Band unüberwindlich an sie gefesselt bleiben? Würde sie nicht als Mutter seines Kindes in seinen Augen geheiligt sein? Nun könnte nichts mehr die Macht der Königin brechen, als ein Meuchelmord! Daran wäre er schuld; seine Blödigkeit würde wahrscheinlich sie beide in’s Verderben stürzen . . . «

Mit solchem Rasen ließ sie dem Ritter keine Zeit, ein Wort zu sprechen, bevor sich ihr Herz der Galle, die es erfüllte, entledigt hatte. Er schien jedoch für ihre Vorwürfe wenig empfindlich und lächelte sogar.

»Ihr lacht?« rief sie, »Spottet ihr denn über mein Leid? Ha, Ihr habt meine Wohlthaten vergessen. und nun verlasst ihr ein ohnmächtiges Weib, das Euch weder Gutes noch Uebles mehr zufügen kann?«

»Ihr täuscht Euch, Mattabruna ist noch nicht todt; sie wird leben für die Rache!«

»Ich bin froh, ich bin glücklich, Fürstin,« antwortete der Ritter, sobald er ein Wort äußern konnte. »Unsere Rache ist nahe.«

»Wie, was sagt Ihr?« murmelte Mattabruna mit Augen voll Hoffnung; »unsere Rache ist nahe?«

»Ja, morgen schon bricht der Sturm los. Der Seneschall hat in einem abgelegenen Stadtviertel eine Frau gefangen, die beschuldigt wird, öffentlich gesagt zu haben, daß die Königin eine Zauberin sei und durch einen höllischen Geist beschützt werde. Im Verhör hat sie eine andere Frau bezeichnet, als erste Verbreiterin des verläumderischen Gerüchtes und diese zweite hat noch andere angegeben. – Der Seneschall, in der Meinung, seine Pflicht zu thun und dem König gefällig zu sein, hat diese Weiber, fünf an der Zahl, nach dem Gefängniß gebracht. Morgen werden sie vor den Richtern erscheinen und unfehlbar zum Scheiterhaufen verurtheilt werden. Diese Gefangennehmung erweckt eine große Aufregung unter dem Volke und nichts kann hindern, daß die Sache dem König zu Ohren komme. Ihr sehet den gewaltigen Eindruck aus sein Gemüth vorher, Fürstin! Er wird erfahren, daß man im Lande so über die Königin spricht. Der Zweifel wird in ihm entstehen; wir werden diese Gluth heimlich anschüren, und in kurzer Zeit unser Ziel erreichen, ohne uns der mindesten Gefahr bloßzustellen. Ich sehe sie bereits verstoßen und verbrannt . . . «

 
»Getödtet durch seine Hand!
Verflucht von jedermann!
Verbrannt als eine gottvergessene Zauberin.«
 

»Und Euch, Fürstin, sehe ich wieder auf dem Throne, in unbeschränkter Macht und Hoheit über das Land gebietend!«

»Ja, ja, und Euch für Eure Treue belohnend mit Gütern und Ehrenstellen.«

So frohlockten Beide lange Zeit über den wahrscheinlichen Fall der unschuldigen Königin, und berathschlagten über die Rolle, die jeder in diesem Trauerspiel auszufüllen haben würde, bis endlich die Stunde der Nachtruhe sie trennte.

Des andern Tages am Morgen ging der Seneschall zu Hofe und ließ den König um eine geheime Audienz ersuchen, indem er vorgab, daß er ihm gewisse wichtige Dinge mitzutheilen hätte.

Oriand gestand seine Bitte bereitwillig zu und drückte ihm sogar die Hand, als der Beamte, dessen bewährte Treue er kannte, in seiner Gegenwart erschien.

Aber kaum hatte dieser gemeldet, daß Weiber gefangen säßen, aus deren Lippen man die gräuliche Beschuldigung der Zauberei gegen die Königin ertappt hätte, so brüllte der König wie ein Löwe, schlug die Hand an sein Schwert und sah den Seneschall so wüthend an, daß dieser vor seinem flammenden Blick mit einem Angstschrei zurückwich und bebend die Hände aufhob, indem er jammernd ausrief:

»Gnade, Gnade für mich, Herr Fürst! Ich meinte meine Pflicht zu erfüllen. Was ich that, geschah aus Liebe zu Euch, aus Ehrerbietung gegen die Königin!«

Der Zorn Oriands mußte diesmal unbegreiflich stark und gewaltig sein; denn, wie es ihm in solchen Umständen gewöhnlich begegnete, dieses Uebermaß des Zorns gab ihm die Kraft, seine Aufregung zu bezwingen. Seine Lippen bebten noch wohl, ein drohender Funke glühte noch in seinem düstern Blick: aber er schien plötzlich gelassen und verhielt sich ganz still, während er zu Boden starrend, die Abscheulichkeit des blutigen Hohnes erwog, der ihm und der Königin angethan war.

Den Kopf aufhebend, reichte er dem bestürzten Seneschall die Hand und sagte ihm:

»Nicht gegen Euch bin ich erzürnt; Ihr habt Eure Pflicht erfüllt. Aber wessen Mund, außer Euch, durch die schmutzige Verleumdung befleckt wurde, der soll sterben in gräßlichen Peinen! O, müßte ich das Land zu einem ausgedehnten Blutbad machen, zermalmen werde ich den Kopf aller Schlangen. – Kommt, Seneschall, seid meiner Dankbarkeit gewiß; folgt mir und schweigt!«

Der König eilte hinaus. Bei der großen Treppe winkte er dem Obersten der Leibwache und sagte ihm:

»Willibald, horche bei deinem Leben! So lange ich abwesend bleibe, sollst du nicht zulassen, daß Jemand den Palast betrete. Sende zwanzig Waffenknechte und zwanzig Reiter nach dem Richtplatz und lasse die Henker benachrichtigen, daß man ihrer dort bedarf.«

Und der König, gefolgt von dem Seneschall, schritt über den Hof. Keine Zornesgebehrden entschlüpften ihm, nichts verrieth den furchtbaren Orkan, der in seinem Innern wüthete, als ein düsteres Grollen in seiner Kehle und das krampfhafte Zittern seiner Finger.

Er trat innerhalb der Ringmauern des Gefängnisses in einen Saal, wo man bei Regengüssen oder Schneegestöber, das Urtheil zu fällen gewohnt war, setzte sich auf den Richterstuhl und fragte:

»Sind die Henker bereit?«

»Noch nicht, Herr König; sie kommen,« antwortete der Seneschall.

»Und die Waffenknechte, die Reiter?«

»Einige stehen bereits auf dem Platze der Richtstätte.«

Oriand legte den Kopf auf die Hände und hielt den starren Blick ins Weite gerichtet, manchmal bitter lächelnd, als belustige er sich zum Voraus an der Rache.

Einige Gerichtsdiener und die Befehlshaber der Waffenknechte waren in den Saal getreten; aber Niemand wagte sich zu rühren, und ein jeder starrte, zitternd vor Furcht, auf den tief ergrimmten Fürsten.

»Herr König, die Henker sind gekommen,« sagte endlich der Seneschall.

»Sie sollen das Feuer an den Scheiterhaufen legen! befahl Oriand. Man führe nun die Angeklagten vor mich! – und daß der Schreiber ja genau auszeichne, was er hören wird!«

Als die fünf alten Weiber in dem Gerichtssaal erschienen, fielen sie alle zugleich auf die Kniee und flehten um Gnade. Sie gehörten zu dem niedern Stande der Unfreien und waren alt.

»Auf die Bänke und still!« brummte der König, den Gerichtsdienern ein Zeichen gebend.

»Du da, auf der Ecke der Bank!« rief er, steh auf und; tritt vor . . . Du hast gesagt, daß die Königin eine Zauberin ist?«

»Ach barmherziger König, »ich nicht! klagte das Weib. Ich hab es erzählen hören auf einem Spinnabend.«

»Wer war dort gegenwärtig?«

Die Angeklagte nannte eine große Anzahl ihrer Nachbarn.

»Man lasse diese Leute durch Waffenknechte holen, sofort, ohne Verzug! gebot der Fürst.«

»Und du hast, feige und boshaft, das schnöde Gerücht wiederholt?« fragte er weiter.

»Nie sprach mein Mund das schreckliche Wort, Herr König, antwortete das Weib, aber es war Gertrud, die dort sitzt. Sie hat ausgesagt, daß man des Nachts um 12 Uhr, den Teufel aus einem Fenster der Kammer der Königin in die Luft hat fliegen sehen.«

Die bezeichnete Frau sprang auf und begann ihrerseits viele andere zu beschuldigen. So gelangten sie schnell alle fünf ans Streiten.

Wundersam genug ließ der König sie reden und schien sogar einen gewissen Genuß aus diesem verworrenen Gezänk zu schöpfen. Sie nannten viele Namen und überlieferten so, ohne es zu wissen, neue Opfer seiner Rache.

Endlich beschuldigte eine der Frauen eine andere, gesagt und bekräftigt zu haben, daß man fast alle Nächte den Teufel in Person aus der Kammer der Königin kommen sähe, unter der Gestalt einen grünen Bocks.

Da konnte der gemarterte König die gräßliche Lästerung nicht länger anhören.

»Schmutzige Schlangen,« polterte er, »die ihr mit eurem Gifte den Engel besudelt, welchen Gott Euch zur Königin gab, Eure Zungen sollen Niemand mehr stechen! Wachen, schleppt sie fort und überliefert sie dem Henker. Sie sollen sterben in den Flammen, langsam, bei kleinem Feuer, damit sie schon auf Erden einen Vorgeschmack genießen, von der Hölle, die sie verschlingen wird. Gehorcht ohne Mitleid und hurtig!«

Die hoffnungslosen Frauen wollten unter Thränenströmen vor den Richterstuhl kriechen und um Aufhebung des grausamen Urtheils bitten; aber die Wachen ergriffen sie und rissen sie mit Gewalt hinaus.

Unmittelbar darauf hörte man jämmerliches Angstgeschrei aufsteigen. Das Feuer hatte wahrscheinlich bereits ein oder mehrere Schlachtopfer empfangen.

»Nun Andere,« gebot der König.

Wohl acht Frauen und drei Männer wurden eine Weile darnach, zu gleicher Zeit in den Gerichtssaal gebracht. Unter diesen waren zwei Bürger und selbst eine Edelfrau, aber der unerbittliche König beachtete nicht ihren Stand, und begann sie wie die vorigen zu verhören.

Beinahe dasselbe geschah: sie beschuldigten einander und gaben viele andere Leute an, die eben so wie sie nur schuldig waren, wiederholt zu haben, was sie hatten sagen hören. Unterdessen wurden immer wieder Waffenknechte oder Gerichtsdiener ausgeschickt, um die genannten Personen in aller Eile aufzusuchen und nach dem Gefängniß zu bringen.

Der König schloß dieses zweite Verhör mit den schrecklichen Worten: »Nach dem Scheiterhaufen, alle! . . . Nun Andere!«

Und so erschienen vor ihm während eines Theils des Tages ganze Haufen Leute, die zum Feuer verdammt wurden. Es schien kein Ende damit werden zu sollen; die Verläumdung hatte im Geheimen ihre Verzweigungen über die Stadt und Umgegend und vielleicht wohl über das ganze Land ausgebreitet. Nichtsdestoweniger fuhr der König immer fort mit seiner mitleidslosen Rechtspflege. Er hielt das nicht allein für nöthig, um die Ehre der Königin zu rächen, sondern er hoffte auch, daß er so die tausendköpfige Schlange ganz ersticken würde.

Während er Spruch auf Spruch häufte, standen wohl fünfzig Menschen in einer Ecke des innern Gefängnishofes und warteten auf ihren Tod. Das Feuer, wie breit man es auch gemacht hatte, konnte nur drei bis vier Personen zugleich aufnehmen, und die Unglücklichem denen dasselbe Loos beschieden war, mußten stundenlang die Martern der Andern mit ansehen, bevor die Reihe an sie kam und sie durch die Henkersknechte in die Gluth der Flammen geworfen wurden.

Zuerst hatten sie die Luft mit Geheul und Wehklagen erfüllt; aber endlich, überzeugt, daß nichts sie retten konnte, hatten sie den Kopf gebeugt und weinten in der Stille, nur dann und wann mit in die Höhe gehobenen Armen, einen schwachen Nothschrei gen Himmel richtend.

Da trat plötzlich die Königin, von einigen Edelfrauen begleitet, in den innern Hof.

Bei ihrem Erscheinen drang ein Lichtstrahl in das Herz der Unglücklichen und Alle fielen knieend zur Erde, Hilfe von derjenigen erflehend, die sie gelästert hatten.

»Arme Menschen! Welch gräßliches Unglück! seufzte die Königin. Hofft noch, Gott wird mir beistehen und mich stark machen . . . Wo, wo ist der König?«

»Er ist im Gerichtssaal, Fürstin,« antwortete der Anführer der Waffenknechte.

Beatrix, bebend vor Angst wandte sich zu den Henkern und sagte ihnen:

»Haltet ein! Keine Menschen mehr ins Feuer! Nehmt diese Frau vom Scheiterhaufen . . . Was zögert ihr? Ich bleibe verantwortlich vor dem König. Erwartet neue Befehle! . . . Man zeige mir den Gerichtssaal!«

Einen Augenblick darnach lag sie knieend vor dem Könige, und zerschmolz in Thränen, indem sie um Gnade bat.

Ihr Gemahl reichte ihr die Hand; aber sie versicherte, sie würde nicht aufstehen, bis er ihr das Leben aller der armen Verurtheilten geschenkt hätte.

Unwillig wies der König ihre Bitte ab.

»Ach, mein lieber Oriand, rief sie, welcher böse Geist hat dich zu solch heidnischer Grausamkeit getrieben? Wir sind Christen, die Verurtheilten sind Menschen. Gab Christus uns nicht an seinem blutigen Kreuze das Vorbild der Barmherzigkeit, der Seligmacher, der sterbend für unsere Sünden, noch Gnade für seine Feinde erflehte? O, belaste dein Gewissen nicht mit dem Gewicht einer gräulichen Rache, beunruhige deine Seele nicht für immer durch solch eine düstere Erinnerung! Bewahre, bewahre den Frieden des Gemüths; störe deine Lebensfreude nicht für alle Zeit!«

»Keine Gnade!« murrte der König. »Der Tod soll die Schlangenmäuler schließen, die das Gift ausgespieen haben!«

»Mich haben sie gelästert, entgegnete die Königin. Ich vergeb’ es ihnen, nach Christi Vorbild; sie wissen nicht, was sie thun. Oriand, mein Vielgeliebter, kehre zu dir selbst zurück. Erwäge, daß diese armen Leute ohne Bewußtsein einige unvorsichtige Worte wiedererzählten. Ein König muß groß sein durch Barmherzigkeit, der schönste Triumph, den er erlangen kann, ist die Ueberwindung seines Zorns. – O, ich bitte dich, Oriand, schenke mir ihre Begnadigung! Ich werde dich darum noch mehr lieben und dich segnen bis an meinen letzten Lebenstag!«

Der König schien gerührt; er schüttelte gleichwohl weigernd den Kopf.

Mit einem Schrei der Hoffnung sprang Beatrix auf, legte ihre Arme ihm um den Hals, und ihn küssend flüsterte sie mit einer Stimme, so süß und so eindringlich, daß sie einen Stein erweicht haben würde:

»Oriand, o, du scheinst grausam, und doch umfaßt dein Herz so viel Güte, so viel Barmherzigkeit! Was kann diese unschädliche Verläumdung uns thun? Liest der Herr dort droben nicht in unsern Seelen? Komm, komm, zeige, daß du ein christlicher König bist und mich lieb hast. Schenke mir das Leben derjenigen, die du für meine Feinde hältst. Gott wird dir dafür in seinem schönen Himmel lohnen!«

Und die funkelnden Augen bezaubernd auf die seinigen gerichtet, wartete sie auf eine günstige Antwort.

»Beatrix, sagte endlich der König, du bist allmächtig. Nichts kann dir widerstehen: weder der Sturm des Jähzorns, der in meinem Innersten tobt, noch der Durst nach Rache, noch das Gefühl der Pflicht, noch die Vernunft . . . nichts! Wohlan, thue mit deinen Feinden nach deinem Belieben; ihr Leben ist in deinen Händen!«

Die Königin eilte jauchzend nach dem innern Hofe, und rief den Verurtheilten zu, die die Hände flehend zu ihr aufgehoben hielten:

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10 aralık 2019
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