Kitabı oku: «Zlatorog»

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Herbert Speer

Zlatorog

Sophie, Michael und Kai in Slowenien

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Inhaltsverzeichnis

Titel

1. Das Rätsel der Goldenen Glocke

2. Blejski grad

3. Die Wunschglocke

4. Nachtschwärmer

5. Die Glocke ist verstummt

6. Dem Geheimnis der Schuhschachtel auf der Spur

7. Zlatorog

8. Wer ist Stankovic?

9. Auf geheimen Wegen

10. Am Golde hängt, zum Golde drängt doch alles

11. Bauernkrieg

12. Die Polizei tappt im Dunkeln

13. Die Macht des Bischofs

14. Dem Golde auf der Spur

15. Zlatorogs Erben

16. Ende gut, alles gut

Impressum neobooks

1. Das Rätsel der Goldenen Glocke

„Ich mag keine Staus!“

Michael sah gelangweilt aus dem Fenster.

„Das gehört aber nun einmal zu einer Urlaubsreise dazu!“

Seine Mutter, die auf dem Beifahrersitz saß, drehte sich zu ihm um.

„Du hast doch gesagt, dass es auf der Strecke, die wir nehmen, keine Staus gibt, Papa.“

Michaels dunkelhäutige Adoptivschwester Sophie beugte sich vor und zupfte ihren Vater am Ohrläppchen. Dieser kraulte sich an seinem nur spärlich behaarten Kopf.

„Da muss ein Unfall passiert sein. Aber ihr werdet sehen. Wenn wir erst die Autobahn verlassen haben...“

„Und wann wird das sein?“

Michael wurde zunehmend ungeduldiger.

„Ach, ist doch egal. Dann spielen wir eben ‚Ich sehe was, was du nicht siehst‘“, schlug Michaels bester Freund Kai vor, der zwischen den beiden Geschwistern saß.

„Ich sehe was, was du nicht siehst, und das ist...“

Er musste eine Weile überlegen.

„...rot!“

Noch ehe Michael sich richtig umsehen konnte, rief Sophie schon:

„Ich weiß es, ich weiß es! Das Dach von dem Bauernhof! Stimmt’s oder hab ich Recht?“

Durch das Spiel abgelenkt verging die Zeit für die drei Kinder nun rascher. Und es dauerte gar nicht lange, da löste sich der Stau auf und es ging zügig voran.

Sie kamen durch einen langen Tunnel und bald danach verließen sie die Autobahn und fuhren nun weiter auf einer Schnellstraße, die sich schnurgerade durch die Landschaft zog. Hauptsächlich Wiesen und kleinere Anwesen zogen an ihnen vorüber. Immer wieder sah man die landestypischen Heuharfen, hölzerne Gestelle, an denen im Herbst das Heu zum Trocknen aufgehängt wird.

„Sind wir bald da?“

Nun war auch Sophie die weite Reise leid. Doch noch ehe Vater antworten kann, entdeckte sie draußen ein Schild mit der Aufschrift ‚Bled‘.

„Hier musst du abbiegen, Papa!“, rief Sophie.

„Ich weiß, jetzt ist es nicht mehr weit. Spätestens in zehn Minuten seht ihr den See.“

„Bled?“, fragte Michael. „Klingt wie blöd, findest du nicht, Kai?“

Kai zuckte mit den Schultern.

„Ist mir egal. Hauptsache, das Wasser ist warm.“

„Das Wasser ist sogar sehr warm“, ließ sich die Mutter vernehmen. „Der See wird nämlich von warmen Quellen gespeist.“

Sie fuhren auf einer kurvenreichen Landstraße. Nur wenige Minuten später erreichten sie die ersten Häuser des Ortes. Vater schaltete einen Gang zurück.

„So, hier fängt Bled an.“

„Sieht ja wirklich blöd aus“, meldete sich Michael erneut zu Wort. „Nur Betonbunker und so...“

Tatsächlich wurde die Straße von einer Reihe großer Hotels gesäumt. Sie konnten nur langsam fahren, da immer wieder Fußgänger die Straße passierten oder ein vorausfahrendes Auto plötzlich bremste, da der Fahrer eine der wenigen Parklücken entdeckt hatte.

„Und hier sollen wir zelten?“

Michael klang enttäuscht.

„Nicht hier. Auf der anderen Seite des Sees. Ihr könnt ihn gleich sehen.“

Und dann war es soweit. Vor ihren Augen glitzerte plötzlich das blau schimmernde Wasser des Bleder Sees. Kleine Kähne mit blau-weiß und rot-weiß gestreiften Stoffdächern schwammen darauf. Am rechten Ufer ragte ein Felsen steil in die Höhe, auf dessen Grat sich eine Burg erhob. Im Hintergrund sah man eine Insel im See, auf deren Anhöhe sich eine Kirche befand.

„Wow! Ist ja rattenscharf!“

Sophie pfiff durch die Zähne. Michael und Kai reckten die Hälse, doch in diesem Moment bog der Wagen scharf nach links ab und ein großes Gebäude versperrte den Blick auf den See.

„Oohh! Ich möchte ihn wieder sehen!“

Michael war ganz aus dem Häuschen.

„Die Burg! Habt ihr die gesehen?“

Kai stupste seine Freunde an.

„Die war früher sicher uneinnehmbar!“

Zum Glück dauerte es nicht lange, da war die Aussicht wieder frei. Die Straße lag jetzt in unmittelbarer Ufernähe. Michael hatte den besten Platz, da der See zu ihrer Rechten lag. Sophie schob sich über die beiden Jungs, um auch etwas zu sehen.

„Kann man rüber zu der Insel?“, fragte sie.

„Ja“, antwortete ihre Mutter. „Man kann ein Ruderboot mieten. Oder mit einer dieser Gondeln fahren.“

„Gondeln? Ich dachte, Gondeln gibt’s nur in Venedig“, gab Sophie zurück.

„Nicht nur. Diese kleinen Boote mit den bunten Dächern nennt man auch Gondeln. Ich habe im Reiseführer gelesen, dass es sehr romantisch sein soll, sich dort hinüberrudern zu lassen.“

Da der See nicht sehr groß war, dauerte es nicht lange, bis sie am Campingplatz ankamen. Einmal hatte sich die Straße noch vom Ufer entfernt, doch schon nach einer kleinen Weile kehrte sie dorthin zurück. Unmittelbar darauf waren sie am Ziel.

„Alles aussteigen“, forderte sie der Vater auf, nachdem er den Wagen am Straßenrand abgestellt hatte. „Mama und ich erkundigen uns, wo wir die Zelte aufstellen sollen. Ihr könnt euch derweil ein wenig umsehen. Und nehmt Zorro mit!“

Zorro, der schwarze Chow-Chow, der die Fahrt geduldig im Heck des Wagens miterlebt hatte, war überglücklich, endlich aussteigen zu dürfen. Ausgelassen sprang er zwischen den Kindern hin und her, während diese hinunter zum Wasser gingen. Zwischen Straße und See erstreckte sich eine Liegewiese. Hunderte von Menschen tummelten sich dort. Viele Kinder planschten im Wasser.

„Wie findet ihr das?“, fragte Sophie.

„Also ich find’s toll!“

Michael ließ seinen Blick schweifen.

„Ich weiß nicht“, bemerkte Kai. „Ziemlich viel los...“

„Vielleicht finden wir ja eine andere Stelle, an der man baden kann. Eine einsame Bucht zum Beispiel.“

Michael hob ein Stöckchen auf, das neben einem Baum lag, und warf es für Zorro, der ungestüm losspurtete.

„Lasst uns da lang gehen“, schlug Sophie vor. „Dort kann man Ruderboote leihen, seht ihr?“

„Ja, lasst uns mal sehen, was das kostet.“

Michael ging mit Zorro voran, die anderen folgten ihm.

Auf einem Klappstuhl hinter einem kleinen Tisch, direkt am Ufer, saß eine alte Frau und blickte freundlich drein. Neben ihr saß ein Mädchen mit kurzen Haaren, das etwas älter sein mochte als die Kinder. Vier Ruderboote waren an einem kleinen Steg vertäut. Die Kinder näherten sich und Sophie wandte sich an die Frau.

„Dober dan.“

„Dober dan.“

Die alte Frau schenkte den Kindern ein Lächeln. Das Mädchen betrachtete sie stumm.

„Dober... was?“, fragte Michael, der nur Bahnhof verstand.

„Ich habe nur Guten Tag gesagt“, gab Sophie zurück. „Sprechen Sie deutsch?“

„Oh ja, ich spreche deutsch. Wollt ihr ein Boot mieten?“

„Wir möchten gerne wissen, was es kostet.“

„Eine Stunde kostet 12 Euro. Ihr könnt bis zu einer halben Stunde länger auf dem Wasser bleiben. Wenn ihr noch später zurückkommt, bezahlt ihr eine zweite Stunde.“

„Wir sind gerade angekommen“, sagte Sophie. „Wir müssen erst unsere Eltern fragen.“

Zorro hatte sich inzwischen von dem slowenischen Mädchen anlocken lassen.

„Der hat aber ein weiches Fell!“, sagte sie in einwandfreiem Deutsch.

„Er ist ein Chow-Chow.“

Michael kam hinzu und kraulte Zorro hinter den Ohren.

„Seid ihr zum ersten Mal hier?“

Das Mädchen sah die drei der Reihe nach an.

„Gerade angekommen.“

„Wenn ihr wollt, kann ich euch ein wenig herumführen. Darf ich, Großmutter?“

Die Frau verabschiedete sie mit einem verständigen Kopfnicken, dann trollten sich die Kinder.

„Wie heißt ihr eigentlich? Mein Name ist Mira.“

„Ich bin Michael. Das ist Kai und dies meine Schwester Sophie.“

„Schwester...? Na, die Ähnlichkeit ist ja nicht gerade verblüffend!“

Mira glaubte, Michael wolle sie auf die Schippe nehmen.

„Sie ist natürlich nicht meine leibliche Schwester. Sie...“

„Ich wurde adoptiert“, fiel ihm Sophie ins Wort.

„Und woher kommst du?“

„Geboren wurde ich im Senegal. Das ist ein Land in Westafrika. Nach Deutschland kam ich im Alter von drei Jahren.“

„Und weißt du irgendetwas über deine richtigen Eltern?“

Sophie schüttelte den Kopf.

„Nein, keine Ahnung.“

Inzwischen waren sie am Badestrand vorbei und schritten auf einem geteerten Weg unter schattigen Bäumen aus. Nach kurzer Strecke tauchte eine hohe Tribüne auf, die sich links vom Weg befand und auf den See hinausblickte.

„Wozu ist die denn da?“, fragte Kai.

„Hier finden regelmäßig Ruderregatten statt. Weiter vorne befindet sich der örtliche Verein. Dort gibt es auch eine Badestelle, die nicht ganz so überlaufen ist.“

Schon nach kurzem erreichten sie einen breiten Steg. Kurzentschlossen rannte Zorro bis zu seinem Ende und sprang ins Wasser.

„He! Das darfst du nicht!“

Sophie eilte ihm hinterher, konnte aber nur noch zusehen, wie der Hund einen kleinen Bogen schwamm und dann feststellte, dass er nicht mehr aus dem Wasser herauskam. Sophie lockte ihn näher an den Steg heran und gemeinsam mit Michael und Kai zerrte sie ihn nach oben. Hinterher waren alle drei Kinder klatschnass.

„Ich glaube, wir müssen zurück und uns umziehen...“

Mira musste unwillkürlich lachen.

„Ich begleite euch.“

Am Campingplatz machten die Eltern große Augen, als sie die nassen Kinder auf sich zukommen sahen. Michaels und Sophies Mutter nahm die Sache gleich in die Hand. Sie konnten Mira gerade noch zum Abschied winken, dann wurden sie schon in das große Zelt gescheucht, das die Eltern während ihrer Abwesenheit aufgebaut hatten.

Als sie umgezogen waren, durften sie mithelfen, das kleinere Zelt aufzubauen, in dem die Jungen schlafen sollten. Sophies Schlafstelle befand sich im Eingangsbereich des großen Zeltes. Als schließlich alles erledigt war, dämmerte es bereits. Sie gönnten sich ein schmackhaftes Abendessen in der Gaststätte am See und dann war auch schon Schlafenszeit. Sophie schlüpfte in ihren Schlafsack und legte einen Arm auf Zorro, der sich dicht an sie kuschelte. Dann waren die beiden auch schon eingeschlafen. Michael und Kai hingegen lagen noch lange wach. Im Licht ihrer Taschenlampen lasen sie Comics und dann erzählten sie sich gegenseitig bis weit nach Mitternacht Spukgeschichten.

2. Blejski grad

„Fang, Zorro! Hol das Stöckchen!“

Die Stimme drang unangenehm an Michaels Ohr. Er drehte sich in seinem Schlafsack auf die andere Seite und versuchte, weiter zu schlafen.

„Guter Hund, braver Hund!“

Oh nein! Muss dieses Mädchen schon in aller Früh so einen Höllenlärm veranstalten?

Er meinte Sophie, die draußen mit dem Hund spielte.

„Du, Michi, es ist schon halb zehn!“

Kai stupste den Freund an der Schulter, der aber nur unwillig brummte.

„Ich glaube, deine Eltern sitzen schon beim Frühstück.“

„Frühstück?“

Michael richtete sich kerzengerade auf.

„Nicht ohne mich!“

Kai musste lachen. Die Jungen schlüpften aus ihren Schlafsäcken, zogen sich an und krabbelten aus dem Zelt.

„Da seid ihr ja! Wir wollen bald aufbrechen.“

Sophie strahlte sie an, während Zorro an ihr hochsprang, um an das Stöckchen zu gelangen, das sie am ausgestreckten Arm hielt.

„Guten Morgen, Jungs. Setzt euch zu uns. Wir haben frische Semmeln gekauft.“

Die Eltern saßen an einem Klapptisch und tranken Kaffee. Michael und Kai setzten sich dazu und machten sich wie zwei ausgehungerte Wölfe über das Frühstück her. Anschließend wurden sie zum Zähneputzen in den Waschraum des Campingplatzes geschickt. Als sie zurückkamen, war die Familie schon bereit zum Abmarsch.

„Was haben wir denn heute vor?“

Michael fühlte sich endlich halbwegs wach.

„Wir wandern zur Burg“, antwortete sein Vater. „Dort essen wir zu Mittag. Man soll da einen tollen Blick über den See haben. Außerdem gibt es ein Museum...“

„Oohhh! Ich mag keine Museen!“

Michael verdrehte die Augen.

„Ich habe aber gehört, dass es dort Ritterrüstungen und Schwerter zu sehen gibt...“

„Echt? Dann gehen wir doch hin!“

Zunächst spazierten sie gemütlich bei strahlendem Sonnenschein entlang des Sees, bis sie an einen Wegweiser kamen, auf dem das Wort ‚Grad‘ stand.

„Was heißt das?“, fragte Kai.

„Das heißt Burg.“

Sophie hatte im Vorfeld der Reise ein klein wenig Slowenisch gelernt.

„Wir müssen da rauf!“

Von dem geteerten Weg zweigte ein schmaler Pfad ab und verschwand zwischen den Bäumen, die den Hang säumten. Sie mussten hintereinander gehen. Der Weg stieg steil an und machte immer wieder Kehren. So kamen sie höher und höher. Michael schnaufte wie ein Dampfross. Er wollte schon maulen, da entdeckte er eine graue Mauer zwischen den Bäumen.

„Du, Kai, ich glaube, da vorne ist es!“

„Ja, ich sehe es.“

Begleitet von Zorro gingen die beiden Jungs voran. Sophie ließ sich ein wenig Zeit und die Eltern bildeten den Abschluss. Tatsächlich war es die Mauer der Burg, die Michael entdeckt hatte. Sie waren, vom See aus gesehen, auf der Rückseite des Gebäudes angelangt. Nach einer kurzen Weile mündete der Waldweg auf einen befestigten Vorplatz, von dem aus eine geteerte Straße zum Tor hinauf führte. An diesem befand sich ein kleines Häuschen, in dem ein älterer Herr saß und Eintrittskarten verkaufte. Ungeduldig warteten sie auf die Eltern und spähten dabei neugierig durch den offenen Torbogen. Doch viel gab es von hier aus nicht zu sehen. Eine Treppe, die ein paar Stufen nach oben führte, hohe Mauern mit kleinen Fenstern, das war es.

Nachdem die Eltern fünf Karten erstanden hatten, durften sie endlich los. Sie stürmten die Treppe hinauf und wandten sich nach links. Auch Sophie rannte mit, denn sie war mindestens ebenso aufgeregt wie die Jungs.

Schließlich kamen sie auf einen weiteren Platz, der nach drei Seiten durch Gebäude eingerahmt war. Nach der vierten Seite hin aber war er offen, nur durch eine schmale Brüstung begrenzt.

„Seht mal! Was für eine Aussicht!“

Sophie stürzte als Erste an die Mauer und lehnte sich darüber. Michael und Kai folgten ihr. Eine Weile brachte keines der Kinder ein Wort heraus. Zu beeindruckt waren sie von dem, was sie dort sahen. Tief unter ihnen lag der See. Auf glitzerndem Blau zogen langsam die Gondeln ihre Bahnen. Und inmitten dieser Schönheit lag die Insel, gekrönt vom Turm einer Kirche.

„Ist ja mega irre!“

„Brontal! Habt ihr so was schon mal gesehen?“

Es war wirklich eine märchenhafte Aussicht. Auch die Eltern waren ganz angetan. Zur Linken sah man die Häuser des Ortes Bled. Geradeaus, über den See hinweg, blickte man auf eine malerische Hügellandschaft. Zum Mittagessen suchten sie sich daher einen Tisch, der genau an der Mauer stand, sodass sie die ganze Zeit über hinunter sehen konnten.

„Also ich find’s klasse!“

Michael nahm einen tiefen Schluck aus seiner Cola.

„Papa, fahren wir auch zu der Insel? Je öfter ich hinsehe, desto mehr Lust bekomme ich.“

Sophie zog aufgeregt an ihren Zöpfen.

„Ja, das haben wir vor. Wir nehmen vom Ort aus eine Gondel.“

„Oh ja. Super!“

Zum Essen bekamen die Kinder natürlich Gerichte mit Pommes frites aufgetischt. Sie ließen es sich schmecken, alberten herum und redeten darüber, was sie auf der Insel alles erleben könnten. Noch bevor die Eltern ihre Mahlzeit beendet hatten, baten die Kinder darum, aufstehen zu dürfen. Die Eltern gaben lächelnd ihre Einwilligung und bestellten sich einen Espresso. Die drei sprangen auf und trollten sich über den Platz. Zorro bellte freudig und sprang hinterher. Schräg gegenüber entdeckten sie an einer kleinen Tür ein Schild mit der Aufschrift ‚muzej‘.

„Das heißt wohl Museum“, bemerkte Kai. „Wollen wir reingehen?“

„Wir haben kein Geld...“

Michael klang ratlos.

„Ich hole welches.“

Sophie verschwand schon in Richtung Eltern. Einen Augenblick später war sie zurück und hielt triumphierend einen Zehn-Euro-Schein hoch.

Kaum hatten sie die Tür durchschritten, rief schon ein Wärter: „Keine Hunde!“

Enttäuscht stolperten sie ins Freie. Michael brachte Zorro zu den Eltern, dann versuchten sie es erneut. Im Eingangsbereich befand sich hinter einem Tresen eine Ansammlung von Souvenirs. Neben den obligatorischen Ansichtskarten, waren Bildbände darunter, sowie allerlei Krimskrams. So gab es Nachbildungen der Gondeln aus Holz, mittelalterliche Waffen aus Plastik, Motivteller und T-Shirts. Während Michael und Kai das Angebot fasziniert bestaunten, zahlte Sophie den Eintritt.

„Was ist denn an dem Plastikzeug so toll?“

Sophie verstaute das Wechselgeld in ihrer Börse.

„Ich dachte, ihr wollt echte Waffen sehen.“

Mit diesen Worten betrat sie den ersten Ausstellungsraum. In einem offenen Sarg grüßte sie gleich mal ein Skelett.

„Puuh! Ist ja gruselig!“

Sophie zog es weiter in den nächsten Raum, während Michael und Kai das Skelett eine Weile bestaunten. Im dritten Raum trafen sie sich wieder. Hier waren nun endlich die mittelalterlichen Waffen ausgestellt, auf die sich Michael und Kai so gefreut hatten. Es gab Schwerter und Hellebarden, sowie Armbrüste mit den dazugehörigen Bolzen zu bestaunen.

„He, da ist ja sogar eine Kanone!“

„Und eine Ritterrüstung!“

Die beiden waren jetzt in ihrem Element. Sophie ließ nur flüchtige Blicke über die Waffen gleiten und blickte dann durch die nächste Tür. Enttäuscht musste sie feststellen, dass sie im Kreis gegangen und schon wieder im Eingangsbereich angelangt waren. Sie wollte sich schon darüber beschweren, dass es in dem Museum so wenig zu sehen gab, da fiel ihr Blick auf eine Treppe, die in den ersten Stock führte.

„Kommt mal, Jungs. Ich glaube, da oben geht es weiter.“

Schweren Herzens und nicht ohne Protest trennten sich Michael und Kai von Hellebarden und Helmen. Sie gingen am Andenkenladen vorbei und stiegen die breite Treppe nach oben. Im ersten Stock erblickten sie zu ihrer Linken durch eine offene Balustrade weitere Waffen.

„Lasst uns da rüber gehen.“

Sophie drängte zunächst nach rechts. Sie betraten einen Raum, in dem alte Schränke und Truhen standen. An einer Wand hing ein Gemälde, und in einer Ecke stand ein kunstvoll gearbeiteter Ofen. Durch einen offenen Torbogen gelangten sie in den Nachbarraum. Hier blieb Sophie an einer Absperrung stehen. Neben antiken Möbeln befand sich dahinter ein Spiegel mit Goldrahmen, in den das Mädchen fasziniert blickte.

„Komm doch weiter. Ist doch langweilig!“

Eine innere Stimme sagte Sophie, dass es etwas Wichtiges zu sehen gebe. Sie konzentrierte sich auf das Spiegelbild. Halb rechts hinter sich erspähte sie eine quadratische Metallplatte in der Wand.

„Was ist denn nun?“

Michael wurde ungeduldig.

„Ich weiß nicht. Die Platte da drüben. Das könnte doch der Eingang zu einem Geheimgang sein...“

„Ach was, du spinnst. Das ist ein Museum und sonst nichts!“

Sophie aber war von ihrem Gedanken nicht abzubringen und ging auf die geheimnisvoll glänzende Metallplatte zu.

„Seht mal, das sieht ja stark aus.“

Kai, der neben den Hellebarden stehen geblieben war, deutete auf die vergoldete Figur eines Mannes, der auf seiner Schulter eine blaue Kugel trug. Während Sophie begann, die Metallplatte abzutasten, kehrte Michael um.

„Ja, sieht cool aus!“

„Glaubst du, dass das echtes Gold ist?“, fragte Kai.

„Keine Ahnung, kannst ja mal anfassen!“

„Anfassen? Aber das darf man nicht!“

„Ist doch keiner in der Nähe!“

Tatsächlich waren sie in diesem Trakt ganz alleine. Überhaupt hatten sich nur wenige Besucher in die Räume des Museums verirrt. Die meisten Touristen nutzten das schöne Sommerwetter wohl eher zum Baden aus.

„Na gut, aber du stehst Schmiere.“

„Klar!“

Kai bückte sich und strich über die Beine der Figur.

„Wie fühlt sich denn Gold an?“

„Na irgendwie wertvoll...“

Einem plötzlichen Impuls folgend umschloss Kai beide Beine der Figur und zog daran. Erstaunt stellte er fest, dass sich die Statue, die auf einem runden Sockel ruhte, drehen ließ.

„He, sie springt auf“, rief Sophie aufgeregt durch den Raum.

„Nicht so laut! Willst du, dass uns jemand erwischt“, herrschte Michael sie an.

„Ist ja schon gut“, sagte Sophie im Flüsterton. „Aber seht doch mal, die Tür hat sich geöffnet!“

„War ich das etwa?“, fragte Kai mit schuldbewusster Miene. Michael und Sophie starrten ihn an.

„Dreh die Figur wieder zurück!“

Kai tat es und im selben Augenblick schloss sich die Tür wie von Geisterhand. Sie hörten noch ein leises Klicken, dann sah alles aus wie zuvor.

„Ist ja mega irre! Ich hab’s ja gesagt. Eine Geheimtür!“

Sophie lief aufgeregt auf ihren Bruder und Kai zu.

„Lasst sie uns noch mal aufmachen!“

Doch im selben Moment hörten sie Schritte, die näher kamen und dazu Stimmen.

„Mist, da kommt jemand!“

Kai richtete sich ruckartig auf und stieß dabei mit dem Kopf an das Tischchen.

„Aua!“

„Sei still!“

Sophie zog ihn von der Figur weg.

„Aber das tat weh!“

„Ist ja gut. Jetzt kommt mit in den nächsten Raum. Sonst machen wir uns noch verdächtig!“

Sophie zupfte ihren Bruder am T-Shirt und verschwand mit ihm durch die Türöffnung in den nächsten Ausstellungsraum. Kai folgte ihnen und rieb sich dabei den Kopf. Einen Augenblick später tauchte ein älteres Ehepaar auf. Die Frau zeigte aufgeregt auf die verschiedenen Gegenstände und stieß dabei spitze Töne aus.

„Aahh! Uuhh! Sieh mal, Alfred. Sieht das nicht toll aus?“

„Ja.“

„Und hier! Das ist ja herzallerliebst!“

„Ja.“

„Oh, Alfred, ich weiß gar nicht, wohin ich zuerst blicken soll!“

„Ja.“

Sophie konnte sich ein Lachen nicht verkneifen.

„Ich glaube, wir haben jetzt genug gesehen“, meinte sie zu den Jungen. „Lasst uns gehen. Draußen können wir dann über die Geheimtür reden!“

Die letzten Worte sagte sie im Flüsterton, damit sie von der Dame, die ein grell pinkfarbenes Kleid mit dazu passendem Hut trug, nicht gehört wurde. Der Mann steckte in einem knallig bunten Hawaiihemd, das über seinem Bierbauch gar mächtig spannte.

Sophie, Kai und Michael sagten höflich Guten Tag und beeilten sich dann, die Treppe hinunter zu kommen. Als sie durch die Tür ins Freie traten, kamen ihnen schon die Eltern entgegen.

„Seid ihr soweit?“, fragte die Mutter. „Dann können wir aufbrechen. Ihr seid doch sicher schon gespannt auf den See und die Insel.“

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