Kitabı oku: «Oldenburger Geschichten»
Hermann Gutmann
Oldenburger Geschichte(n)
oder
Warum die Oldenburger in der
Kirche schnarchen
1. Auflage 2009
Titelillustration: Peter Fischer
© 2009 Edition Temmen e. K.
Hohenlohestr. 21 – 28209 Bremen
Tel. 0421-34843-0 – Fax 0421-348094
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Alle Rechte vorbehalten
Herstellung: Edition Temmen
Ebook ISBN 978-3-8378-8053-3
Print ISBN 978-3-8378-1102-5
Inhalt
Das Oldenburger Horn
Friedrich von Oldenburg
Graf Egilmar stiftete dem Kloster Iburg Aale – und so trat Oldenburg in das Scheinwerferlicht der Geschichte
Was hat der Mörder Dodo mit den Oldenburger Grafen zu tun?
Der schiefe Turm von Oldenburg
Graf Johann verwöhnte die Mönche von Rastede
Der Lappan ist ein »aufgesetzter Flicken«
Wenigstens die Kuhhaut kam zurück
Graf Moritz flüchtet vor der Pest
Die Grafen von Oldenburg machten gemeinsame Sache mit den Vitalienbrüdern
Fuhrleute lebten gefährlich
Die Bremer wurden von den Oldenburgern zweimal »getauft«
Mit Schiffen über die Osenberge
Frät se up!
Fremdsprache
Die Trine des Grafen Anton Günther
Graf Anton Günther ärgerte sich über das Fastnachtstreiben
Warum dem Grafen Anton Günther die Freude an Ostern und Pfingsten vergellt wurde
Oldejohanns macht den Bremern Beine
Vorhölle in Wildenloh
Eine Wirtsfrau überlistet den Teufel
Der zerbrochene Krug
Die Wildenten des Hacke Betken
Die Oldenburger schnarchen in der Kirche
Die herzogliche Ohrfeige
Die ersten Kohl-und-Pinkel-Fahrten wurden von Oldenburg aus unternommen
Heimathafen Oldenburg
Die Volksmedizin brauchte keinen Doktor
Das Zitat
Erbetener Auftritt
Bismarck war ein halber Oldenburger
Der Kramermarkt … der beinahe für alle Zeiten ausgefallen wäre
Die Tochter des Komödienschreibers
Die Karten lügen nicht
Großer Besuch
Halber Kram
Noch schlimmer
Heil dir, o Oldenburg
Quellen
Der Autor
Das Oldenburger Horn
Abends versammelten sich die Menschen am Herdfeuer und erzählten einander Geschichten, damals im 18. und 19. Jahrhundert und noch viel, viel früher.
Wir können uns das ja gar nicht mehr vorstellen: Es gab zu jener Zeit kein Internet, kein Fernsehen, kein Radio und kein Kino. Und wer las schon Zeitung? Wer konnte sich eine Zeitung leisten, geschweige wer konnte sie lesen?
Wenn sie also zusammensaßen – nicht nur im Norden Deutschlands, sondern überall, wo die deutsche Sprache gesprochen wurde –, kam immer wieder der Augenblick, da, schön ausgeschmückt, die Geschichte vom Oldenburger Horn auf dem Erzählprogramm stand.
»Es muss«, so begann einer, der die Kunst des Geschichtenerzählens beherrschte, »im Jahre 990 gewesen sein, vielleicht auch schon im Jahre 967, als der Graf Otto in Oldenburg regierte.«
Tja, und dann spitzten alle die Ohren, vor allem die Kinder. Denn die Geschichte war schon sehr merkwürdig. Sie ist es heute noch, zumal ein Graf Otto von Oldenburg im 10. Jahrhundert noch gar nicht gelebt haben kann.
Die erste Erwähnung Oldenburgs erfolgte erst sehr viel später. Aber das ist für unsere Geschichte ganz unwichtig. Immerhin gab es in Oldenburg einen Grafen Otto I., der im Jahre 1243 das Kunststück fertigbrachte, einen Konflikt mit der Stadt Bremen in seinem Sinne und im Interesse seiner Stadt Oldenburg zu lösen.
Auch gab es einen Grafen Otto II., der im Jahre 1247 die Burg Delmenhorst erbaut hat, womit er sich immerhin einen Platz in der Geschichte der Stadt Delmenhorst sicherte.
Wir können also unsere Geschichte mit den Worten beginnen:
»Es muss in den 40er Jahren des 13. Jahrhunderts gewesen sein, vielleicht auch ein bisschen früher oder später, da regierte Graf Otto von Oldenburg.«
Graf Otto war bekannt als ein leidenschaftlicher Jäger, der sich im Juli, es soll auf den Tag genau der 20. Juli gewesen sein, auf sein Pferd schwang und mit einigen seiner Edelleute und Bediensteten in den Wald ritt, um zu jagen.
Da nun der Graf ein Reh hetzte, das ihm immer wieder durch die Lappen ging, verlor er im Eifer der Jagd sein Gefolge aus den Augen. Selbst das laute Gebell der Hunde konnte er nicht mehr vernehmen. Ja, am Ende war auch das Reh im Dickicht eines Waldes verschwunden.
Der Graf zügelte sein Pferd. Er sah sich um und bemerkte, dass er mutterseelenallein war.
Er dachte: Wenn mein Orientierungssinn mich nicht völlig verlassen hat, befinde ich mich in den Osenbergen. Die Anhöhe vor mir könnte der Gierenberg sein.
Dazu muss man erzählen, dass der Gierenberg die für Oldenburger Verhältnisse beachtliche Höhe von 23 Metern hat – die Stadt Oldenburg liegt fünf Meter über dem Meer.
Der Gierenberg erhebt sich in der heutigen Gemeinde Hatten, westlich von Kirchhatten.
Dem Grafen Otto war diese ungewöhnliche Situation – so ohne Gefolge allein auf der Welt zu sein – ziemlich unheimlich.
Obendrein verspürte er von einer Sekunde zur anderen einen gewaltigen Durst. Denn es war – wie man sich vorstellen kann – ein heißer Sommertag.
Graf Otto dachte: Wenn ich jetzt nur einen kühlen Trunk Wasser hätte!
In diesem Augenblick stand – wie gerufen – eine schöne Jungfrau vor ihm, die auf wundersame Weise aus dem Gierenberg getreten war.
Sie trug kostbare Kleider und auf den Haaren einen Kranz. In ihren Händen aber hielt sie ein silbernes Geschirr, das vergoldet war und die Gestalt eines Jägerhornes hatte.
Das Horn war gefüllt. Die Jungfrau reichte es dem Grafen und forderte ihn auf, daraus zu trinken, damit er sich erquicken könne.
Graf Otto nahm das Horn, öffnete den Deckel und war drauf und dran, seinen Durst mit dem im Horn befindlichen Trank zu stillen.
Im letzten Augenblick aber ließ er das Horn sinken. Eine innere Stimme hatte ihn gewarnt. Er erinnerte sich an Erzählungen, in denen hochgestellte Persönlichkeiten den Trunk genommen hatten und mit dem Verlust ihrer Erinnerung einen lebenslangen Denkzettel erhielten.
Er sagte zur Jungfrau: »Es tut mir leid, doch ich denke, Ihr nehmt das Horn wieder mit Euch. Ich habe zwar Durst, aber was Ihr mir bietet, gefällt mir nicht.«
Daraufhin erwiderte die Jungfrau: »Mein lieber Herr, trinket nur auf meinen Glauben! Dann wird Euch kein Schaden entstehen. Im Gegenteil, es wird Euch und Eurem Geschlecht zum Besten gereichen.«
Sie fügte hinzu, wenn der Graf aus diesem Horn trinke, dann werde es ihm und den Seinen sowie dem ganzen Haus Oldenburg über Generationen hinweg wohlergehen. Sein Land werde wachsen und gedeihen. Nur selten und wenn, dann ohne Erfolg, werden Feinde versuchen, es zu erobern.
Doch wenn der Graf ihr keinen Glauben schenke, werde es in seiner Familie und im nachfolgenden gräflich-oldenburgischen Geschlecht nur Zwistigkeiten geben.
Red nur, dachte der Graf. Ich lasse mir meine Bedenken nicht nehmen. Wie beiläufig nahm er das kostbare Horn und schüttete den Inhalt hinter sich.
Dabei spritzten einige Tropfen des Inhalts auf den Rücken seines Pferdes, und wo sie das Tier getroffen hatten, gingen ihm sofort die Haare aus.
Die Jungfrau sah das Malheur, erschrak sichtlich und bat den Grafen, ihr das Horn zurückzugeben.
Der aber dachte nicht daran.
Er gab seinem Pferd die Sporen und flüsterte ihm ins Ohr: »Schnell, Rappe, schnell! Es geht um unser Leben.«
Es dauerte dann auch gar nicht lange, da traf er sein Jagdgefolge wieder.
Er berichtete, was ihm geschehen, zeigte – als Beweis – das kostbare Horn, doch die Freude an der Jagd war ihm für diesen Tag verdorben.
Die Jagdgesellschaft kehrte zurück nach Oldenburg, wo das vergoldete Silberhorn einen Ehrenplatz im Schloss bekam.
* * *
Über Generationen hat das Silberhorn den Grafen von Oldenburg Glück gebracht, geradeso wie dem Grafen Otto, der nicht auf die schönen Reden der noch schöneren Jungfrau gehört, sondern sich auf seinen gesunden Menschenverstand verlassen hatte.
Ein Herzog von Braunschweig, dem die Ehre erwiesen wurde, daraus zu trinken, ließ es unachtsam fallen, sodass es zerbrach. Das Horn ist danach mit einem Silberdraht repariert worden, der es zusammenhielt. Trinken konnte man allerdings nicht mehr daraus.
Heute befindet sich das Silberhorn, das auch Wunderhorn genannt wird, nicht mehr in Oldenburg.
Im Jahre 1448 wurde Christian, der älteste Sohn des Grafen Dietrich des Glücklichen, zum König von Dänemark gewählt. Christian überließ seinen Brüdern Gerhard und Moritz die Oldenburger Grafschaft. Das Wunderhorn aber nahm er als Erstgeborener mit in die Fremde. Glück konnte er in seinem neuen Amt gebrauchen.
Noch heute ist das Horn Teil des dänischen Kronschatzes. Es befindet sich im Schloss Rosenborg in der dänischen Hauptstadt Kopenhagen.
Friedrich von Oldenburg
Graf Huno, der Gemahl der schönen Willa, war ein frommer, beherzter und vor allem königstreuer Mann, was damals nicht selbstverständlich war. Denn Huno lebte zur Zeit des Königs und späteren Kaisers Heinrich IV. (1050 – 1106).
Ob Huno als Graf von Oldenburg bezeichnet werden kann, wollen wir hier mal nicht so genau untersuchen. Er wird auch als Graf von Rüstringen bezeichnet, was er möglicherweise auch gewesen ist, zumal Oldenburg zu Lebzeiten des Grafen Huno noch gar nicht ins Licht der Geschichte eingetaucht war.
Entscheidend für uns ist, dass Graf Huno, wie bereits gesagt, als ein frommer und königstreuer Mann galt. Doch wer so beschaffen war, konnte unter Kaiser Heinrich IV. ins Schleudern geraten, wenn er allzu blauäuig durch die Geschichte stolperte, denn Heinrich, durch großen Schaden klug geworden, war misstrauisch.
Er hatte Schwierigkeiten mit den Edlen im Reich. Denn nicht alle waren mit ihm und seinen Entscheidungen einverstanden. Ja, gegen die Sachsen konnte er sich nur mithilfe süddeutscher Fürsten in der Schlacht bei Homburg an der Unstrut durchsetzen.
Außerdem verstand er sich überhaupt nicht mit den geistlichen Herren in Rom.
Mit Papst Alexander II. hatte er schon seinen Ärger. Schlimm aber wurde es unter Alexanders Nachfolger, Papst Gregor VII., wobei Heinrich den Zwist auf die Spitze trieb. Er ließ Gregor absetzen. Daraufhin sprach Gregor über Heinrich den Bann aus und ließ ihn ebenfalls absetzen. Da waren beide abgesetzt. Aber sie kümmerten sich nicht darum.
Am Ende musste sich der König im Büßerhemd, noch dazu bei Schneetreiben, nach Canossa quälen und ganz kleine Brötchen backen, damit ihn der Papst vom Bann löste.
Unter diesen Umständen konnte man kaum noch von Ärger sprechen, den Heinrich mit dem in Bremen residierenden Erzbischof Adalbert hatte.
Adalbert war vor vielen Jahren der Erzieher des Königs gewesen und spielte sich in späteren Jahren immer noch als dessen Vormund auf, was Heinrich natürlich unangenehm war. Erst als Adalbert im Sterben lag, haben sich die beiden wieder vertragen.
Heinrich, der 1084 zum Kaiser gekrönt wurde, soll – so wird überliefert – in der alten Kaiserstadt Goslar geboren sein. In Goslar fühlte er sich jedenfalls zu Hause, dort machte er immer wieder Station auf seinen Reisen durch das Reich.
Nach Goslar hatte er einmal zu einem großen Fürstentag geladen. Zu seinen Gästen gehörte auch Graf Huno, der sich von seinem Sohn Friedrich begleiten ließ.
Friedrich sollte sich langsam auf seine hoheitlichen Aufgaben vorbereiten. Dazu gehörten auch derartige Dienstreisen, die zwar abwechslungsreich, aber nicht immer erquicklich waren.
Kaum hatten Huno und Friedrich in Goslar Quartier bezogen, brach ein Unwetter über die beiden los. Böswillige hatten den Grafen Huno verleumdet und das Gerücht in die Welt gesetzt, er plane einen Aufruhr gegen den König.
Immerhin führte Heinrich gerade zu dieser Zeit jenen bereits erwähnten Krieg gegen die Sachsen, um seine zerrüttete Königsmacht wiederherzustellen.
Huno, der natürlich gute Kontakte zu den Sachsen hatte, fasste sich mit theatralischer Geste an den Kopf. Ausgerechnet er, einer der Königstreuesten, so klagte er, sollte ein Verräter sein?
Heinrich fasste sich möglicherweise auch an den Kopf, weil er Huno den Verrat nicht zugetraut hatte. Doch er glaubte den Verleumdern und verurteilte den Grafen in einem Schnellgericht zum Gottesurteil durch Kampf.
Er oder ein von ihm entsandter Vertreter sollte, so lautete der königliche Beschluss, gegen einen ungeheuren und grausamen Löwen kämpfen.
Friedrich, der Grafensohn, sagte zu seinem Vater: »Ich bin ein junger Kerl, du aber bist nicht mehr der Jüngste. Lass mich in die Arena gehen, um mit dem Löwen zu kämpfen.«
Der Vater wollte diesen Dienst nicht annehmen. Denn – ob jung oder alt – gegen den Löwen war nach menschlichem Ermessen kein Kraut gewachsen. Der Kampf gegen ihn war ein Himmelfahrtskommando.
Allein, Friedrich setzte sich gegen seinen Vater durch.
Beide flehten vor dem Kampf um Gottes Beistand. Sie gelobten, der Jungfrau Maria ein reiches Kloster zu stiften, wenn ihnen der Sieg zufiele.
Daraufhin ließ sich Friedrich von seinen handwerklich geschickten Dienern einen Mann aus Stroh anfertigen. Diesen Strohmann aber, der wie ein Mensch bewaffnet war, warf Friedrich in die Arena, wo der Löwe lauerte.
Der Löwe war für einen Augenblick irritiert, und genau diese Sekunde nutzte Friedrich, um das grausame Tier mit einem gewaltigen Streich zu töten.
Heinrich umarmte den Helden, schenkte ihm Gürtel und Ring, belehnte ihn mit vielen Gütern und bat den Grafen Huno um Verzeihung.
Es heißt, Heinrich habe den Grafen von jeder Lehnspflicht entbunden und mit dem Blut des Löwen zwei rote Striche über den goldenen Schild des Grafen Friedrich gezogen. Auf diese Weise begründete er das Oldenburger Wappen (drei goldene und zwei rote Balken).
Es heißt, sogar die Friesen haben diese Tat eines jungen Grafen in vielen Helden-Strophen besungen.
Das allerdings spricht dafür, dass weder Huno noch Friedrich Oldenburger gewesen sind. Denn wann hätte je ein Friese ein Loblied auf einen Oldenburger gesungen?
Egal!
Huno gilt als Gründer des Klosters Rastede. Der listenreiche Friedrich aber wurde wegen seiner rühmlichen Tat als Friedrich von Oldenburg in den Oldenburger Sagenschatz aufgenommen.
* * *
Graf Anton Günther jedenfalls hat sich als Nachkomme des heldenhaften Löwentöters gefühlt.
Er ließ die Geschichte des Grafen Huno und dessen Sohn auf Gläsern anbringen, auf Handschuhe sticken, als Buchzeichen auf die Einbände seiner Bücher drucken und in seinem Jagdhaus zu Rastede in sechs großen Bildern darstellen.
Und so, wie sie Graf Anton Günther erzählt hat, ist die Geschichte bis heute in Erinnerung geblieben.
Graf Egilmar stiftete dem Kloster Iburg Aale – und so trat Oldenburg in das Scheinwerferlicht der Geschichte
Wir dürfen davon ausgehen, dass die ersten Oldenburger Köchinnen und Köche gewesen sein müssen.
Denn vor gar nicht langer Zeit wurden in Oldenburg Kochgruben mit winzigen Fragmenten von Feuersteinen aus der Steinzeit entdeckt.
Ob es sich um Kochgruben aus dem Jahre 8500 v. Chr. gehandelt hat oder um Kochgruben aus dem Jahre 4000 v. Chr., wissen wir nicht genau. Auf ein paar Jahre mehr oder weniger kommt es uns ohnehin nicht an.
Tief verborgen im Dunkel der Vergangenheit liegt auch die Frage, ob sich die steinzeitlichen Köche oder Köchinnen an den Kochgruben als Oldenburger bezeichnet haben. Oder als was sonst?
Es ist ja nicht einmal bekannt, wie sich die Siedler nannten, die im 7. und 8. Jahrhundert n. Chr. im nördlichen Marktbereich der Stadt Oldenburg in ihrer kargen Freizeit auf der Bärenhaut gelegen und im Übrigen wohl als Bauern ihr Brot sauer genug verdient haben.
Es brauchte jedenfalls eine lange Zeit, ehe der Name Oldenburg erstmals genannt wurde, noch länger dauerte es, ehe er in der Welt bekannt wurde.
Genau genommen ist es etwas mehr als 900 Jahre her, als der Name Oldenburg mit einem unspektakulären Aktenvermerk in das Scheinwerferlicht der Geschichte gerückt wurde.
Na gut, Scheinwerferlicht ist ein bisschen übertrieben. Damals werden die Scheinwerfer Tranfunzeln gewesen sein, wenn überhaupt.
Es waren jedenfalls Aale, das ist gewiss, denen die Stadt Oldenburg verdankt, dass sie von den Tranfunzeln getroffen und anschließend in das Buch der Geschichte eingetragen worden ist.
In einer Urkunde aus dem Jahre 1108 wird schriftlich festgehalten, dass der im Grenzgebiet Sachsens und Frieslands wohnende und sehr mächtige Graf Egilmar, angetrieben von seiner couragierten Frau Richeza sowie mit Zustimmung seiner Söhne Christian und Egilmar junior und seiner Tochter Gertrud, dem Abt mitsamt dem Konvent des Klosters in Iburg eine jährliche Rente von 90 Bund geräucherten Aalen gestiftet hat.
Dafür dankten die Mönche der großzügigen Familie und ihren Nachkommen für alle Zeiten mit besonderen Gebeten.
Die Aale sollen stets zu Marien Geburtstag am 8. September nach Oldenburg, das in der Urkunde Aldenburg genannt wird, geschafft und dort von einem Abgesandten des Iburger Abtes in Empfang genommen worden sein.
Wie viele Aale ein solches Aalbündel enthielt, wird nicht erwähnt. Knickerig wird sich der Graf jedenfalls nicht angestellt haben, zumal er und die Seinen vermutlich auf die »besonderen Gebete« der frommen Männer im Kloster Iburg angewiesen waren – im Hinblick auf einen bequemen Platz im Himmel.
Vorsichtshalber hatte sich der Graf obendrein in die Gebetsbrüderschaft des Klosters Iburg aufnehmen lassen und seine Frau hatte einen Wandteppich für die frommen Männer aus Iburg gestiftet.
Ob Graf Egilmar und seine Familie ihren ersten Wohnsitz in Oldenburg gehabt haben, entzieht sich unserer Kenntnis. Historiker haben ihre mehr oder weniger berechtigten Zweifel.
Allerdings wird vermutet, dass Egilmar der Gründer des späteren Oldenburger Grafenhauses gewesen ist. Jedenfalls ging er als Egilmar I. in die Oldenburger Geschichte ein.
Und alles nur wegen der 90 Bündel Aale, woran wir erkennen können, wie bedeutsam von Anfang an Essen und Trinken in der Geschichte Nordwestdeutschlands gewesen sind. Denn zum Essen gehört auch das Trinken.
Die Klosterbrüder haben die Aale ja nicht trocken hinuntergewürgt.
Es ist allerdings nicht überliefert, dass Graf Egilmar auch den zum Aal gehörenden Schnaps gestiftet hat.
Dagegen wird die fromme und gottesfürchtige Gräfin Richeza ein entscheidendes Machtwort gesprochen haben.
Was hat der Mörder Dodo mit den Oldenburger Grafen zu tun?
Als sich die Oldenburger anschickten, als Mittelpunkt in ihrer Stadt eine Kirche zu bauen, dachten sie daran, ihr den Namen der Muttergottes zu geben.
Die Sponsoren aber, mit deren Hilfe die Kirche gebaut wurde – es waren die Oldenburger Grafen, hatten eigene Vorstellungen. Sie wünschten sich für die Kirche den Namen des heiligen Lambertus.
Weil man sich zunächst nicht einigen konnte, erhielt die Kirche einen Doppelnamen. Er lautete »Unser vrouwen unde sunte Lambertes«.
Doch wie das so kommt, auch Namen schleifen sich ab. Schon gar, wenn sie umständlich auszusprechen sind. Am Ende blieb Lamberti.
Lambert war, um das vorauszuschicken, kein Oldenburger.
Er stammte aus Maastricht, wo er um 670 in eine adelige Familie hineingeboren wurde. In Maastricht ist er aufgewachsen, und schon in jungen Jahren brachte er es zum Bischof seiner Heimatstadt.
Doch irgendetwas muss schon sehr bald schiefgelaufen sein.
Es gab Auseinandersetzungen zwischen ihm und anderen Adeligen, an deren Spitze ein gewisser Graf Dodo stand.
Es ging bei diesem Streit, wenn das Lexikon nicht irrt, zunächst nur um die Immunitätsrechte in der Kirche des jungen Bischofs.
Immunität war im frühen Mittelalter die den königlichen Gütern zustehende und vielen kirchlichen Besitzungen durch königliches Privileg gewährte Befreiung von der Amtsgewalt der öffentlichen Beamten. Diesen war jede Amtshandlung innerhalb der betreffenden Besitzungen untersagt. Sie durften kein Gericht halten und vor allem keine Abgaben erheben.
Der Streit zwischen dem Bischof und seinen Widersachern eskalierte. Geistlicher Adel gegen weltlichen Adel.
Graf Dodo, Gegenspieler des Bischofs und im soldatischen Handwerk ausgebildet, erschlug Lambert am 17. September 705 in Lüttich.
Es kann aber auch im Jahre 706 gewesen sein. Der 17. September jedenfalls ist verbürgt.
Ob Dodo wegen seiner Tat zur Rechenschaft gezogen worden ist, wissen wir nicht.
Lambert aber stieg schon sehr bald zum Märtyrer auf. Er wurde heiliggesprochen. Sein Tag ist der 17. September. Er teilt ihn sich mit Hildegard von Bingen.
Die Frage allerdings steht im Raum: Was hat das alles mit Oldenburg zu tun? An sich nichts.
Die Oldenburger Grafen aber hatten gegenüber Lambert ein angeheiratetes schlechtes Gewissen.
Der unselige Graf Dodo war nämlich mit Salome von Wickrath, die aus niederrheinischem Adel stammte, verwandt. Salome wiederum war die Frau des Grafen Moritz I., der den Bau der Lambertikirche finanziell gefördert hat.
Es könnte wohl so gewesen sein, dass Salome ihrem Mann die Hölle heißgemacht hat, um mit der Namensgebung der Kirche den Makel des vor 500 Jahren geschehenen Mordes an Lambert von ihrer an sich reputierlichen Familie abzuwaschen.
Es kann aber auch anders gewesen sein.
Der Lambert-Kult stand im frühen Mittelalter in voller Blüte, wenngleich die Blütenblätter um 1200, beim Bau der Lambertikirche, schon etwas welk geworden waren.
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