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Sie kommen heute aber spät

Der Mensch ist ein Gewohnheitstier, das wissen wir alle. Auch ich gehöre dazu. Bei mir muss alles in geregelten Bahnen verlaufen. Wenn plötzlich etwas anders ist, dann dauert es, bis ich mich daran gewöhne. Dass man nicht immer alles so planen kann, dass es zur selben Zeit passiert, ist natürlich klar. So ist das auch bei unserem Paketboten. Er kommt nicht immer um dieselbe Uhrzeit, was logistisch gar nicht möglich ist. Wenn er dann anstatt früh um 8 Uhr erst nachmittags um 16 Uhr kommt, wundert man sich allerdings schon.

Wie auch immer, meine Kunden sind auch an Zeiten gewöhnt und wundern sich da schon über eine weitaus geringere Differenz. So beginne ich in der Regel meine Tour in Auerbach zwischen 9 Uhr und 9.30 Uhr. Je nachdem, wann ich aus dem Depot komme und ob auf der Autobahn Stau ist oder dergleichen. Neben privaten Kunden habe ich auch viele Geschäfte bzw. Firmen. Darunter in Michelfeld die Firma X-tra in der Hauptstraße. Dies ist meist mein erster Stopp. An einem Montag im November hatte ich einmal vier Pakete für besagte Firma. Dies tat ich allerdings – mir sei es verziehen – zu einer Zeit, zu der man das nicht tut. Zumindest wurde mir das eindringlich mit den Worten „Sie kommen heute aber spät“ nahegelegt. Ein Blick auf die Uhr zeigte mir: Es war 9.45 Uhr.

Auch die andere Alternative ist durchaus möglich. Da ich auf meiner Tour nicht immer gleich viel zu tun habe und es somit auch mal schneller geht, kann es sein, dass ich früher als erwartet beim Kunden bin. So geschehen an einem Mittwoch im August (im Sommer ist meist weniger los). In der Regel bin ich bei der Firma Klungert in Betzenstein so gegen 15 Uhr. An diesem Tag war ich allerdings schon um 14 Uhr dort. Hier freute man sich allerdings, dass ich die Pakete „so zeitig bringe“.

Nun gibt es aber auch noch zwei andere Extreme. Kunden, die ihre Pakete zu Zeiten haben möchten, die sie vorgeben. Da kommen sie bei mir gerade an den Richtigen.

Fall A: Reifenhändler in Pottenstein. Dort bin ich täglich am frühen Nachmittag, was dem guten Mann allerdings nicht passt, denn so bekommt er seine Reifen viel zu spät und kann nicht arbeiten. Persönlich verstehe ich das natürlich, doch er ist nicht der Einzige, den ich beliefere. Auch die anderen Firmen warten auf ihre Pakete und bekommen diese teilweise sogar erst um 16 oder 17 Uhr, wie ich eben gerade herumkomme. Ich versuche ihm also klarzumachen, dass ich nicht früher kommen kann. Doch das sieht er gar nicht ein. Ich solle doch gleich früh, wenn ich hier ankomme, bei ihm vorbeifahren. Dass ich dabei einen Umweg von rund 50 Kilometern haben würde, ich dadurch noch länger unterwegs wäre und alle anderen ihre Pakete noch später erhalten würden, ist ihm egal. Aber soll ich Ihnen was sagen? Mir ist es auch egal, wann der gute Herr seine Reifen bekommt. Glücklicherweise müssen wir uns (noch) nicht nach den Kunden richten.

Fall B: Ein IT-ler in Auerbach. Er hat in seinem Wohnhaus auch sein Büro, das zu bestimmten Zeiten besetzt ist. Früh ist das von 10 bis 12 und nachmittags von 14 bis 16 Uhr. Was habe ich schon mit diesem Menschen gestritten, weil ich oft zu Zeiten komme, in denen sein Büro nicht besetzt ist. Das Argument, er würde doch nur eine Etage höher wohnen und könne von dort ebenso gut herunterkommen, lässt er natürlich nicht gelten. Er machte mir einst unmissverständlich klar, dass er keine Pakete annehmen würde, wenn ich nicht innerhalb der Geschäftszeiten komme. Nun ja, da ich das eben nicht immer schaffe und mich nicht nach ihm richten kann, landeten zwei-, dreimal Benachrichtigungsschreiben bei ihm im Briefkasten. So musste er auf den nächsten Tag warten, bis er seine Pakete erhielt. Sie können es sich vorstellen: Auch das hat ihm nicht gepasst. Schönes Beispiel von Pech gehabt. Nachdem er dann noch versucht hat, mich im Depot anzuschwärzen und ich den Sachverhalt erklärt habe, ist er nun lammfromm und immer bereit, auch außerhalb der Geschäftszeiten seine Pakete entgegenzunehmen. So was aber auch.

Wo Zusteller überall zustellen

In der Regel sind die Häuser, in denen unsere Kunden wohnen, Ein- oder Mehrfamilienhäuser, die man über normale Fahrstraßen erreichen kann. In der Regel. Doch eben nicht immer. Hier eine kleine Sammlung von Orten, die für einen Zusteller auch nicht alltäglich sind.

Schwabach, A6, Rastplatz Kammersteiner Land. Der Rastplatz ist nur über die Autobahn anzufahren, liegt aber so, dass man nach dem Ausliefern der Pakete bis zur nächsten Ausfahrt nach Neuendettelsau fahren muss und danach wieder zurück nach Schwabach. Dies ist eine Fahrstrecke von rund 40 Kilometern – oftmals für nur ein Paket.

Michelfeld, Asamweg. Ein ehemaliges Kloster, das man erreicht, indem man durch zwei sehr enge Stadttore fahren muss, durch die das Auto geradeso durchpasst. An der Pforte arbeitet noch immer eine Schwester in Klostertracht, die mir bei einem Gespräch erzählt, dass sie die Bombennächte des Zweiten Weltkriegs hier im Kloster miterlebt hat.

Auerbach, Nitzlbuch. Einige Häuser am Ende des Dorfes befinden sich hinter einem Schild mit folgender Aufschrift: Militärischer Sicherheitsbereich, Vorsicht: Schusswaffengebrauch.

Neuhaus an der Pegnitz, Burgstraße. Um zum Burgrestaurant zu kommen, muss man den Burgberg hochlaufen, durch das Burgtor und dann durch die Ruine gefühlte zehn Minuten bei einer Steigung von mindestens zwölf Prozent bis zum Gasthaus laufen, um dort seine Pakete abzugeben. Einfahrmöglichkeiten sind nicht vorhanden – zumindest nicht für Paketfahrer.

Plech, Freizeitpark. Die meisten Pakete, die für den Freizeitpark bestimmt sind, kann man im Büro neben dem Eingang oder direkt am Eingang abgeben. Wurden sie von Schaustellern bestellt, darf man auf Erkundungstour durch den Freizeitpark gehen.

Spies, Baustelle der Wasserwerke. Diese befindet sich nicht etwa im Ort, sondern im Wald. Dazu muss man ca. einen Kilometer einen Schotterweg entlangfahren, ehe man auf einer Lichtung ein Haus findet, in dem gearbeitet wird. Meistens. Ausgeschildert ist natürlich nichts.

Betzenstein, Campingplatz. Im Sommer ist meist jemand da, im Winter allerdings nicht. Wenn man Pakete loswerden möchte, irrt man bisweilen rufenderweise minutenlang über den Campingplatz.

Pottenstein, Kletterwald. Bei gutem Wetter ist hier Betrieb, bei schlechtem nicht. Doch Pakete richten sich nun mal nicht nach dem Wetter. Glücklicherweise liegt der Kletterwald am Waldrand, sodass ich nicht noch ewig durch den Wald fahren oder gar laufen muss.

Pottenstein, Burgstraße. Wenn der Freiherr, der noch immer die Burg bewohnt, ein Paket bekommt, dann wird einem das Burgtor durch einen Summer geöffnet – so modern ist man bereits. Danach muss ich dann ca. 100 Stufen nach oben zum Büro des Herrn von und zu steigen, denn entgegen kommt einem niemand.

Pottenstein, Teufelshöhle. Eine Attraktion in der Fränkischen Schweiz. Direkt daneben befindet sich eine Gaststätte, und die bekommt von Zeit zu Zeit eine Menge Pakete, um die Kunden wieder mit Kaffee zu versorgen. Diese Pakete kann ich nun entweder 115 Stufen nach oben wuchten, wobei ich meist acht bis zehn Pakete habe, also mindestens viermal laufen müsste, oder ich nehme den Wanderweg, den ich zumindest mit meiner Sackkarre entlanglaufen kann. So fällt das Geschleppe weg und eine schöne Wanderung von ca. fünf Minuten gibt es kostenlos dazu.

Hohenmirsberg, Steinbruch. Wie man sich Pakete in einen Steinbruch schicken lassen kann, ist und wird mir wohl immer ein Rätsel bleiben. Wenn ich großes Glück habe, ist der Chef vor Ort, meist sind nur Laster da, die Steine hinaustransportieren. Natürlich liegt der Steinbruch mitten in der Pampa, Nachbarn gibt es also nicht.

Pottenstein, Rupprechtshöhe. Ein Kaff bestehend aus fünf Häusern, wobei das fünfte Haus etwa zwei Kilometer weit von den anderen entfernt steht und nur über einen Schotterweg zu erreichen ist.

Pottenstein, Pullendorf. Eine Ortschaft, die man erreicht, indem man einer schmalen Straße ca. drei Kilometer folgt, diese teilweise durch Wald führt und oft sehr steil den Berg hinunter. Unten ist dann der Ort mit seinen acht Häusern zu finden. Das Besondere: Hier ist Dead End. Eine Sackgasse, aus der es keinen anderen Weg hinaus gibt.

Langweilig wird es so auf jeden Fall nicht. Und in Einfamilien- oder Mehrfamilienhäusern, die über befestigte Straßen direkt erreichbar sind, kann ja wohl jeder zustellen.

Krank ist man nicht

Dass ein Arbeitgeber nicht unbedingt begeistert ist, wenn sich der Arbeitnehmer krank meldet, das ist klar. Im Paketdienst kann das schnell mal zum Problem werden. Hier hat jeder seine feste Tour, Ersatzleute gibt es nicht, also müssten Chef oder Chefin die Tour übernehmen – und die haben in der Regel keine Lust. Mein Motto: Man muss nicht wegen ein bisschen Schnupfen zu Hause bleiben, doch wenn es etwas Ernstes ist, dann erwarte ich eigentlich von einem Arbeitgeber, dass er nicht noch versucht, einem ein schlechtes Gewissen einzureden.

Meine beiden Chefs konnten das ziemlich gut. Das war auch der Grund, warum ich in den dreieinhalb Jahren nur vier Tage krank war. Im Nachhinein frage ich mich, ob ich denn ein bissel doof war und ich komme immer wieder zur selben Antwort: „Ja.“ Die vier Tage, an denen ich zu Hause war, hatte ich eine Grippe mit 39 Grad Fieber.

Mit den vier Tagen in der langen Zeit konnten sich meine Chefs wirklich glücklich schätzen. Hätte ich mich nicht überreden lassen, wären es wohl statt vier Tagen rund vier Wochen geworden, was für einen Zeitraum von dreieinhalb Jahren auch noch nicht viel gewesen wäre. So konnte ich aber zumindest den Schein wahren, ein guter Arbeitnehmer gewesen zu sein, auch wenn ich das so sicherlich nicht mehr tun würde.

Beispiel 1: Beim Zustellen bin ich auf glattem Boden mit dem Fuß umgeknickt und habe mir einen Bänderriss zugezogen. Da meine Chefin meinte, damit könne man schon noch laufen, sie stelle ja trotz Bandscheibenvorfalls auch zu, bin ich am nächsten Tag humpelnderweise doch wieder zur Arbeit.

Beispiel 2: Wie es passiert ist, weiß ich nicht mehr, auf jeden Fall habe ich mir mal den Rücken verrissen und hatte daraufhin einen Hexenschuss. Wer schon mal einen hatte, der weiß, wie schmerzhaft das ist, man kann sich kaum bewegen. Anstatt zum Arzt zu gehen und mich krankschreiben zu lassen, bin ich am nächsten Tag wieder zur Arbeit, habe dankenswerterweise einen Praktikanten mitbekommen, den ich laufen und die Pakete tragen lassen konnte, die Schmerzen hatte ich trotzdem. Unterwegs bin ich dann schnell zum Arzt und hab mir eine Spritze geben lassen. Aber was soll’s, meine Chefin hat ja schließlich auch mit einem Bandscheibenvorfall gearbeitet. Was ist dagegen schon ein läppischer Hexenschuss?

Übrigens: An den vier Tagen, während ich wegen Krankheit dann doch mal zu Hause geblieben bin, musste mein Chef die Tour fahren. Da er sich nicht auskannte, blieb natürlich viel liegen und ich hatte am Tag nach meiner Krankheit keinen 10-, sondern einen 14-Stunden-Tag. Eine bessere Organisation wäre wünschenswert. Wie, das weiß ich auch nicht. Aber ich bin ja auch nicht Chef gewesen.

Tag 1 – Das fängt ja gut an

Heute ist Freitag. Gott sei Dank! Die Woche nimmt wieder mal kein Ende …

Wenn man an eine neue Arbeitsstelle kommt, dann hat man ein ganz komisches Gefühl. Zumindest geht mir das so. Es ist alles neu, man kennt sich noch nicht aus, man wird von allen Mitarbeitern angegafft, man kennt niemanden, man weiß eigentlich gar nicht, was man hier soll. Hilfe …

Das Depot in Nürnberg darf man sich als überdimensionales, rechteckiges „U“ vorstellen. Vorne mittig ist der Haupteingang, durch den ich in den dreieinhalb Jahren kein einziges Mal rein oder raus bin. An den beiden Flanken sind, sowohl innen wie auch außen, insgesamt 100 Türen angebracht, an die die Zustellfahrzeuge andocken und so beladen werden.

Als ich das Gelände betrete, ist es schon hell. Gut so, denn sonst hätte ich gar nicht gewusst, wo ich lang muss. So kann ich noch die Wegbeschreibung aus einer Gehirnwindung hervorkramen und komme dann auch am richtigen Tor an. Nummer 287. Wenn es nur 100 Tore gibt, wieso ist das dann hier die Nummer 287? Das habe ich bis heute nicht rausgefunden. Wunderbar, da stehen auch schon die Autos. Direkt vor den Türen. Und wie soll ich jetzt in die Halle kommen? Hallo? Jemand da?

Ja, da hinten sind Lebewesen. Die qualmen. Und ja, da steht auch schon mein neuer Chef. Der qualmt auch. Ich gehe zu der kleinen Gruppe und – richtig, ich qualme mit. Ich rauche eigentlich gar nicht mehr. Das braucht man hier auch nicht. Bei der Rauchentwicklung, die sich in der kleinen Ecke bildet, kann man sich das Geld getrost sparen. Um fünf vor halb sechs gehen wir durch ein Schlupfloch, das ich mir gut merken muss, in die Halle. Das Schlupfloch macht seinem Namen alle Ehre, denn wir quetschen uns zwischen offener hinterer Wagentür und der Gummimatte, die an jeder Außentür der Halle angebracht ist, damit die Autos beim Zurücksetzen nicht gegen die Wand donnern, hindurch. Das sind ca. 20 Zentimeter. Gut, dass ich schlank bin.

In der Halle wird mir kurz der Ablauf erklärt. Wirklich kurz. Dauert etwa 46 Sekunden. Ich stehe am Beginn des Förderbandes, gleich in der ersten Box. Die Pakete, die für unsere Halle bestimmt sind, müssen also alle an mir vorbei. Meine Tournummer ist die 3745. Die steht auf den Paketen drauf. Jedes Paket mit dieser Nummer soll ich vom Band ziehen. Naja, klingt ja gar nicht so schwer. Punkt 5.30 Uhr wird das Band angeworfen und macht einen Höllenlärm. Man versteht sein eigenes Wort nicht mehr. Gut, dass ich gerade nicht mit mir rede. Oh, da kommen ja schon die ersten Pakete. Ich gucke, sehe vor lauter Aufklebern nix und habe die ersten drei Pakete bereits passieren lassen, bevor ich von meinem Nebenmann höre, dass das meine waren. Na prima. Aber er hat sie dankenswerterweise heruntergezogen. Ich werde mich später erkenntlich zeigen.

So, nun aber. Die nächsten Pakete kommen. Ja, da ist eins, das mir gehört. Ich ziehe es herunter und bin schon ganz happy, als die nächsten Pakete wieder im Eiltempo an mir vorbeirauschen. Das Band hat aber auch ein Tempo drauf. Das müssen 50 Stundenkilometer sein. Mindestens! Nun gut, machen wir es kurz: Von den insgesamt 148 Paketen, die an diesem Tag auf meiner Tour geroutet sind, habe ich 88 runtergezogen. Die restlichen 60 liegen in der Nachbarbox. Aber mein Chef hat sie schon geholt und eingescannt und meint, das ginge jedem am Anfang so. Da bin ich aber beruhigt. Ich habe mittlerweile komplett den Überblick verloren, mein Chef, nennen wir ihn der Einfachheit halber Ingo, scannt gerade die letzten Pakete ein. Danach wird das Auto beladen.

Nun schickt er mich in die andere Halle und sagt, ich solle die Rollkarte holen. Was soll ich? Rollkarte? Was ist denn das? Ich werde aufgeklärt: Die Rollkarte sind die Papiere, auf denen die ganzen Sachen stehen, also die Adressen der Kunden, zu denen wir müssen. Ach so! Klar! Und wo soll ich die holen? In der anderen Halle. Na, dann will ich mal. Nur, wie komme ich da rein? An der Stirnseite entdecke ich eine Tür, die gerade aufgeht, weil ein Fahrer rauskommt. Also husche ich rein und sehe einen Pulk von Fahrern, die um einen Drucker stehen und auf Papiere warten. Aha, hier gibt’s diese Rolldinger. Ich will meine auch haben. Das sage ich dem Mann mit dem furchtbar netten Gesichtsausdruck, der mich nur entgeistert anschaut. Also frage ich noch mal, ob ich denn hier die Papiere bekommen würde. Er raunt mich an: „Du warten.“ OK, ich warten! Alle anderen Fahrer kriegen ihre Rolldinger, nur ich nicht. Aber ich brav weiter warten. Bis ich schließlich alleine da stehe. Der nette Mann sieht mich an und fragt: „Tournummer?“ Ich sage ihm die Nummer und kriege meine Papiere. Ich will schon gehen, da pöbelt er mich wiederum an: „Wo du hin? Ausfüllen hier!“ Ich entgegne, dass ich heute meinen ersten Tag habe und ich nicht wüsste, wo ich was auszufüllen hätte. Er verdreht die Augen und will schon wieder loslegen, als gerade Ingo, mein Chef, dazu stößt und mir alles erklärt. Nun hab ich das auch begriffen. Ich erfahre, dass Ramon, so heißt der nette Mensch übrigens, immer so ist. Ich denke, wir werden irgendwann mal bestimmt dicke Freunde.

Meine Tour ist übrigens in Schwabach. Vom Depot aus 15 Minuten Fahrzeit. Schwabach kenne ich. Ich war ein paar Mal da, kenne mich aber nicht wirklich aus. Wir fahren die Tour so, wie ich sie dann in Zukunft auch zu fahren habe. Merken kann ich mir das am Anfang natürlich noch nicht, aber ich werde ja auch zwei Wochen eingefahren. Wir beginnen im Industriegebiet, dann kommt das Gebiet um den Bahnhof, die Innenstadt samt Fußgängerzone und dann noch das Gewerbegebiet. Das Zustellen selbst ist kein Problem, der Umgang mit dem Scanner ist gewöhnungsbedürftig, aber wenn man das Teil ein paar Mal bedient hat, dann geht das auch. Ich bin ja schon vorbelastet, habe vorher bereits bei einem anderen Logistikunternehmen gearbeitet.

Der erste Tag endet schließlich im Depot am Fahrerschalter, wo mir Ingo den Ablauf nach der Rückkehr erklärt. Merken kann ich mir fast noch gar nichts, aber das wird schon noch. Jetzt ist erst mal Wochenende. Gott sei Dank!

Tag 4 – Der Politeur in der Fuzo

Nun, dann wollen wir mal wieder. Ich finde das Depot nach meinem ersten Tag und dem anschließenden Wochenende gleich wieder! Komme sogar ohne Probleme auf das Gelände. Sie lachen vielleicht, aber das ist gar nicht so einfach, denn am Eingang ist eine Schranke. Die ist immer zu. Außer jemand fährt mit dem Auto rein, dann ist sie natürlich offen. Wäre ja auch blöd, weil der Verschleiß an Schranken sonst viel zu hoch wäre. Ich fahre also mit meinem Auto auf das Gelände – durch die offene Schranke, weil gerade vor mir ebenfalls ein Wagen hineinfährt – und finde sogar einen Parkplatz. Den Weg zu meiner Box finde ich auch. Dann kann ja nix mehr schiefgehen.

Weil ich in die Halle will, quetsche ich mich, wie am Freitag gelernt, zwischen offener hinterer Autotür (die Tourbusse stehen immer über Nacht dort) und gummierter Wand durch und stehe vor einer verschlossenen Hallentür. Prima! Na dann setz ich mich eben ins Auto und warte. Oder soll ich mich wieder durch den Spalt nach draußen quetschen? Ich könnte aber auch einen Reifen wechseln …

Wie ich da so im Auto sitze und warte, bewegt sich eine Nebelbank auf mich beziehungsweise den Wagen zu. Zuerst denke ich, ich habe etwas mit den Augen, so einen Schleier davor oder was auch immer. Aber wenig später merke ich, dass das mein rauchender Chef mit noch jemandem im Schlepptau ist, der, respektive die, ebenfalls raucht. Die Frau stellt sich als seine Frau heraus, also meine Chefin, und sie heißt Sabine. Und noch einen Mitarbeiter haben die beiden dabei, einen Russen mit Namen Dimitri. Ingo und Sabine sind also die Unternehmer, die beim Logistikbetrieb als Selbstständige beschäftigt werden. Ich wiederum bin bei meinem Unternehmer angestellt. Ich bekomme 1200 Euro im Monat. Ingo, mein Chef, bekommt für eine Tour 3600 Euro, so hat er auch ein bisschen was an mir verdient. Ob er wirklich so viel bekommt, weiß ich nicht. Wenn ich mir aber ihn und die anderen Unternehmer so anschaue und sehe, was sie für Autos fahren, wie viel sie rauchen und so weiter, dann muss man die Summe wohl noch nach oben korrigieren.

Meine Tour ist nicht die einzige in Schwabach. Es sind insgesamt drei Touren, die von meinem Unternehmer abgedeckt werden. Eine soll in Zukunft ich alleine fahren, eine fährt Dimitri und eine entweder Sabine oder Ingo, je nachdem, wer gerade Lust hat. Heute scheint Sabine Lust zu haben, nachdem sie gestern keine hatte und ihre Tour von einem Kollegen gefahren wurde. Ich will dann noch wissen, was ich denn machen müsse, wenn ich mal keine Lust haben sollte. Eine Antwort bleibt man mir schuldig.

Heute, am zweiten Tag, kenne ich mich schon richtig gut aus in meinem Gebiet in Schwabach. Ja wirklich. Ich finde das McDonald’s problemlos und auch die Autobahnauffahrt. Sogar in die Fußgängerzone hätte ich ganz alleine gefunden. Apropos Fußgängerzone: Weil wir ja die Läden anfahren müssen, führt nichts daran vorbei, dass wir auch direkt in die Fuzo fahren. Da gibt es aber einige Besonderheiten, wie mir Ingo erklärt. Zum einen läuft hier immer ein besonders netter Mitarbeiter der Stadt herum und verteilt Strafzettel. Da wir eigentlich um 10 Uhr die Fußgängerzone wieder verlassen müssen, dies aber nicht immer möglich ist, trifft man immer wieder auf die männliche Politesse. – Wie heißt eigentlich eine männliche Politesse? Politesserich? Polyp? Politeur? Egal! – Um ihm aus dem Weg zu gehen und nicht diskutieren zu müssen, sollte man entweder bis 10 Uhr die Fuzo verlassen haben, oder wenn man ihn sieht, Vollgas geben.

Eine zweite Besonderheit ist einmal im Monat der Markt. Durch die gesamte Fußgängerzone schlängeln sich dann Verkaufsstände, die zumindest noch so viel Platz lassen, dass man mit dem großen Tourbus durchkommt. Meistens. Sagt mein Chef. Wenn’s mal zu eng werden sollte, dann muss man sich Platz schaffen. Wie er das denn dann mache, will ich wissen. „Aussteigen und das Zeug, das im Weg steht, zur Seite stellen. Und wenn jemand meckert, ignorieren.“ Na das kann ja heiter werden. Ich und jemanden, der mich blöd von der Seite anquatscht, ignorieren? Wenigstens rennt der Politeur nicht herum, wenn Markt ist. Ein Lichtblick.

Weitere Lichtblicke habe ich heute nicht mehr. Aber das wird schon.

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