Kitabı oku: «Exit Covid!»

Yazı tipi:

Über das Buch

Covid, ein Dauerzustand? So sieht es aus. Wenn die Impfrate nicht schnell und nachhaltig steigt, werden wir uns mit diesem Gedanken anfreunden müssen.

Gleichgültig, wie man die Inzidenz bewertet: sie steigt und wird weiter dramatisch ansteigen – mit Folgen, an die wir uns (hoffentlich) nicht bereit sind, zu gewöhnen.

Die Forderung nach einer Impfpflicht, im Spannungsfeld individueller Freiheit und gesellschaftlicher Verantwortung, wird in diesen Tagen sehr breit, aber noch ohne die fällige Entscheidung, diskutiert.

Um dieser verheerenden Krankheit einmal mehr Herr zu werden, werden wir um drastische Maßnahmen aber nicht herumkommen. Denn: Ein kleiner Stich rettet – Ignoranz und Egoismus töten!

Exit Covid! ist ein leidenschaftliches Plädoyer, durch die Impfung sein eigenes Leben und das seiner Mitmenschen zu schützen und uns dadurch endlich wieder Normalität zu ermöglichen!

Inhalt

Einleitung

Covid-19: Die Fakten

Entstehung und Entwicklung

Gefährlichkeit

Ausbreitung

Impfstoffentwicklung

Gesellschaftliche Auswirkungen

Impfpflicht?

Die Geschichte der Impfung – in aller Kürze

Die Ebene des Rechts: Muss ich mich impfen lassen?

Allgemeines

Rechtsgrundlagen

Prüfung der rechtlichen Zulässigkeit einer Impfpflicht 70

Die Ebene der Moral: Soll ich mich impfen lassen?

Allgemeines

Pflichtenethik: Gut ist, was das Vernunftgesetz vorgibt

Der Utilitarismus: Gut ist, was der Mehrheit nützt

Die Tugendethik: Gut ist der Charakter, der Gutes hervorbringen kann

Die Medizinethik: prinzipienbasiert, aber einzelfallbezogen

Ist eine Impfpflicht moralisch zulässig/erforderlich?

Schlussbemerkung

Einleitung

Covid-19 tötet. Es gibt weltweit über vier Millionen Todesfälle, die auf diese Krankheit zurückzuführen sind. 200 Millionen Menschen sind daran erkrankt, wobei der Großteil auf die Vereinigten Staaten, Indien und Brasilien entfällt.1 Und das sind nur die offiziellen Zahlen. Ist diesen zu trauen? Kaum. Zum einen kann man berechtigt hinterfragen, ob staatliche Aufzeichnungen stimmen. Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro etwa hat kein allzu großes Interesse daran, hier mit offenen Karten zu spielen.2 Andererseits gibt es oft gar keine verlässlichen Erhebungen. Wie will man auch in einem Vielvölkerstaat wie Indien solche Messungen anstellen? Mit mehr als einer Milliarde Einwohner*innen und ohne funktionierendes Meldesystem?3 Covid-19 ist, soviel ist sicher, eine erschreckende Pandemie, die weltweit ihren tödlichen Tribut fordert.

Covid-19 ist ein Fake. Coronaviren sind schon seit Jahrzehnten bekannt und in Umlauf. Wenn überhaupt, dann ist dieses Krankheitsbild noch am ehesten mit einer Grippe zu vergleichen. Auch an solchen sterben jährlich Millionen Menschen, bei Grippewellen hat es jedoch noch keine Lockdowns gegeben. Menschen sterben, unabhängig von Covid-19. Das war schon immer so und wird immer so sein. Unter bloßem Hinweis auf diese angebliche Pandemie Wirtschaften herunterzufahren, ja ganze ökonomischen Systeme zu zerstören, muss andere Hintergründe haben. Greift nicht etwa Bill Gates nach der Weltherrschaft? Kommt es diesem nicht gelegen, seine Impfstoffe nun auf den Markt bringen zu können – womöglich versetzt mit Mikrochips, die uns steuern sollen? Und ist nicht generell der Hinweis auf Covid-19 von den Regierungen dankbar aufgenommen worden, um Macht über die Menschen zu gewinnen? Wie wäre denn anders die aktuelle Beschränkung unserer Freiheitsrechte möglich gewesen?4

Selten waren unsere Gesellschaften derart zweigeteilt wie in diesen Monaten. Diese beiden Ansichten sind weit verbreitet und werden alltäglich in Familien, an öffentlichen Orten und manchmal auch im eigenen Bewusstsein diskutiert. Regelmäßig prallen hier die Fronten aufeinander: Hier die einen, die mit Vernunft argumentieren und nicht einsehen können, wie der andere Teil der Gesellschaft in Verschwörungsfantasien abdriftet und das, was sich vor den eigenen Augen abspielt, nicht wahrhaben will; dort wiederum jene, die ebenso Vernunft im Banner führen und völlig entsetzt der Mehrheitsmeinung gegenüberstehen, die als sogenannte „Schlafschafe“ nicht „erwachen“ wollen und nicht erkennen können, dass wir alle von verschiedenen Mächten gesteuert werden, die ein pandemisches Geschehen bloß konstruieren.5

Das ist zugespitzt, gewiss. Beide Varianten lassen sich noch weiter differenzieren: Einig sind sie sich oftmals nur in der Kritik an verschiedenen politischen Maßnahmen. Manchen erscheinen sie unzureichend, den anderen gehen sie zu weit. Im zuletzt genannten Lager findet sich zunächst die Auffassung, die Covid-19 zwar als Krankheitsbild anerkennt, diesem aber eine höhere Gefährlichkeit abspricht. Extremer ist diejenige, die – mit dem schon genannten brasilianischen Präsidenten Bolsonaro und verschiedenen Rechtspolitiker*innen (vorwiegend im Übrigen Männer) an der Spitze – nur eine Propaganda der „Linken“ erkennen kann, einen ersonnenen Hype, um die Menschen zu ängstigen, zu knechten, kurzum: eine Verschwörung mächtiger Player gegen individuelle Freiheit.

Viel ist diskutiert worden, ob diese Verengung des öffentlichen Diskurses auf die Strukturalität unserer sozialen Netzwerke zurückzuführen ist. Facebook, Instagram und andere sind in ihren Algorithmen bekanntlich auf maximale Zuspitzung programmiert. Likes bekommt, was polarisiert, Klicks, was agitiert. Die im System verankerten Marker erkennen sofort, worauf die Gemeinschaft anspringt. Diese Beiträge werden dann gerade auf den Profilen, die nach den algorithmischen Erkenntnissen daran interessiert sein könnten, vorgeschlagen. „Das könnte dich interessieren“ ist dann schon der Wink mit dem sprichwörtlichen Zaunpfahl, der Nutzer*innen zum Klick anregt. Dieser Mechanismus potenziert sich mit atemberaubender Geschwindigkeit – und führt zu einer Situation, die wir alle als Filterblase kennen.

Der Internetexperte Eli Pariser hat die Methode bereits 2011 in seinem Standardwerk Filter Bubble. Wie wir im Internet entmündigt werden (München 2012) dargelegt. Webseiten sind wissbegierige Schwämme: Sie saugen alles an Information auf, was verfügbar ist. Gerade soziale Netzwerke haben es darin zu besonderer Meisterschaft gebracht. Unvorstellbare Datenmengen sind an verschiedensten Speicherorten gelagert und stehen jederzeit für Auswertungszwecke zur Verfügung. Gerade persönliche Daten sind es, die das besondere Interesse dieser Netzwerke wecken. Bestellungen auf eBay oder Amazon, Klicks und Likes auf den Plattformen selbst und überhaupt der Browserverlauf erlauben es, eine präzise Einschätzung der Person vorzunehmen. Vorlieben, Interessen, ja selbst sexuelle Ausrichtung und politische Einstellung lassen sich aus diesem so überwältigend erscheinenden Datenstrom herausfiltern. Sogar Voraussagen über konkretes persönliches Verhalten können auf dieser Basis mit hoher Treffergenauigkeit getroffen werden.

Seit der Brexit-Kampagne und der Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten 2016 und dem darin verankerten Skandal um Cambridge Analytica 2017 haben sich die Methoden noch verfeinert. Soziale Netzwerke sind rechtlich weitestgehend nicht reguliert. Entsprechende Initiativen werden zwar oft angekündigt, können jedoch meistens kaum tatsächliche Wirkung entfalten. Auch die EU-Datenschutz-Grundverordnung ist großteils ein zahnloser Tiger.

Um die Fäden zusammenzuführen: Das Netz weiß mehr über andere Personen als wir. Vielleicht weiß es sogar mehr von uns, als wir es selbst tun. Unsere bisherigen Netzaktivitäten erlauben mit hoher Treffergenauigkeit unsere Vorlieben, Neigungen und Einstellungen, ja unsere Weltsicht zu erkennen. Soziale Netzwerke bündeln dies, und das hat eine logische Folge, die wir leider nur selten erkennen: Wir leben in einer elektronischen Echoblase. Wir bekommen nur zu sehen, was unseren Neigungen entspricht. Uns wird nur vorgeschlagen, was wir ohnedies richtig finden – und der Rest wird ausgeblendet.

Menschen, die Covid-19 als Gefahr sehen, vielleicht Bekannte und Familienmitglieder erkranken oder sogar sterben gesehen haben, werden sich durch die vom Netzwerk generierte Umgebung bestätigt fühlen. Postings, die vor den Gefahren verfrühter Lockerungen und Nachlässigkeiten warnen, festigen die eigene Auffassung. Leugnende oder relativierende Meinungen dringen hier nur als bizarre Verfremdungen durch: Hundertfach werden abfotografierte Posts oder Kommentare von Andersgläubigen geteilt, an denen die Aufklärung der letzten 250 Jahre völlig spurlos vorbeigegangen zu sein scheint; feixend werden diese lächerlich gemacht und ihnen jegliche Intelligenz abgesprochen.

Die Antipod*innen sind nun gewiss nicht weniger zimperlich, im Gegenteil: „Schlafschafe“, so deren Synonym für verantwortungsbewusste Mitbürger*innen, sind ganz einfach noch nicht so weit, die wahre Struktur der modernen Welt zu durchschauen, sie „checken‘s einfach nicht“. Flankiert von (ehemaligen) Wissenschaftler*innen, Ärzt*innen und selbst ernannten Profis will man die Mär von der Pandemie als solche entlarven. Bill Gates, George Soros, aber auch Hillary Clinton, die Weltbank, Reptilienmonster wären die Drahtzieher*innen.6 Auch die hässliche, aber noch immer quicklebendige Fratze der „jüdischen Weltverschwörung“ erhebt wieder ihr schändliches Haupt in gewissen Kreisen.7 Medien, Wissenschaft und Tatsachen gelten in diesem Metier nur, wenn sie zur eigenen Weltsicht passen. Vorwiegend sind dies „alternative Fakten“, die jedoch nichts mit der Welt, in der wir tatsächlich leben, zu tun haben müssen.8

Diese Ausgangssituation macht es für Regierungen, Gesundheitsbehörden und auch jeden Menschen selbst äußerst schwierig, sich eine unvoreingenommene Meinung bilden zu können. Von allen Seiten strömen Informationen auf uns ein, die wir in aller Regel kaum den Attributen richtig und falsch zuweisen können. Letztlich sind wir hier zum Großteil auf die Verlässlichkeit der Quellen angewiesen; kaum einer der hochkomplexen Inhalte kann von uns selbst auf Plausibilität, geschweige denn Richtigkeit überprüft werden. Wir alle haben wohl keine tiefergehenden akademischen infektiologischen oder virologischen Kenntnisse, um uns selbst ein verlässliches Bild machen können.

Dennoch plädiere ich dafür, sich des eigenen Verstandes zu besinnen. Die moderne Informationsgesellschaft überflutet uns mit allerlei Daten; oft hat es den Anschein, als wäre es unmöglich, diese sinnvoll zu verarbeiten. Den Begriff des Informationsüberflusses führen wir in unser aller Munde.9

Aber kann es wirklich eine Option sein, die Hände in den Schoß zu legen? Sich damit abzufinden, dass wir selbst richtig von falsch nicht mehr unterscheiden können? Konsterniert, aber achselzuckend zu schließen, dass die moderne Welt eben nun einmal so sei? Dem setze ich ein klares Nein entgegen. Gerade in Zeiten der schwersten Gesundheitskrise auf dem europäischen Kontinent in den letzten hundert Jahren ist es wichtiger denn je, das eigene geistige Vermögen zu aktivieren. Ich will zeigen, dass es die ureigenste ethische Verantwortung einer jeden Person ist, sich kein intellektuelles Durchhängen zu erlauben. Im Gegenteil: Es ist unser aller Auftrag, Informationen zu selektieren, Wertigkeiten festzusetzen und danach zu entscheiden.

Das setzt voraus, dass wir Zeit und geistige Energie investieren. Dessen bin ich mir bewusst. Es kann auch sein, dass uns das ängstigt, wenn wir die wahre Dimension der gegebenen Bedrohungslage erkennen. So aber und nicht anders funktioniert Leben! Wir sind seit Jahrtausenden darauf angewiesen, Entscheidungen zu treffen. Auch wenn uns teilweise die Genetik anderes sagen will: Wir können unser Leben selbst bestimmen. Unsere Entscheidungen sind nicht von den Genen, von der Umwelt oder einer sonstigen externen Stelle vorgegeben.

Diese Fähigkeit steht uns nicht gratis zur Verfügung. Wir können Reize unserer Umwelt mit allen Sinnen aufnehmen, diese für uns angemessen aufbereiten, und konstituieren so unser Weltbild. Dieses ist letztlich unser Welterklärungsmodell. Wir lesen die Umwelt schließlich so, wie sie in unser Weltbild passt. Dessen müssen wir uns bewusst sein und danach handeln. Im Gegenzug müssen wir uns dieser Verantwortung würdig erweisen. Leben bedeutet: informieren, beurteilen und entscheiden.

Die Welt in Zeiten von Covid-19 ist hier keine Ausnahme. Im Gegenteil: Unser aller Leben ist davon betroffen! Wenn wir uns infizieren, können wir erkranken. Einzelne von uns schwer, manche können sterben. Dies passiert auch tagtäglich überall auf der Welt. Eine erste Entscheidung ist es daher, die Möglichkeit, dass ein solches Krankheitsbild tatsächlich existiert, überhaupt geistig zuzulassen. Dann stellt sich die Frage: Wie kann ich mich dagegen wappnen? Handhygiene, Abstand und vor allem das Tragen von Masken haben sich als äußerst wirkungsvoll herausgestellt. Unabhängig von einer allfälligen rechtlichen Verpflichtung dazu, verantwortungsvoll zu fragen – kann ich mir das überhaupt vorstellen? Lasse ich mir meine individuelle Freiheit durch eine solche Vorgabe überhaupt einschränken? Oder boykottiere ich derartige nach Kräften – und nehme dadurch eine weitere Verbreitung, endlose Lockdowns, ja sogar meine eigene Infektion in Kauf?

Schon diese Entscheidungen sind im Spannungsfeld individueller Freiheit und gesellschaftlicher Verantwortung angesiedelt. Das für mich, nach meinen Maßstäben, Beste muss nicht dasjenige sein, das für den sozialen Umkreis optimal ist. Mich kann etwa das Tragen einer FFP2-Maske stören – meiner Familie, mit der ich einige Stunden am Tag in geschlossenen Räumen verbringe, jedoch die Gefahr einer Ansteckung ersparen. Ganz zu schweigen von der gesamt-gesellschaftlichen Verankerung: Jede einzelne Infektion ist die Basis für eine weitere Verbreitung des Virus, jede Einzelne schafft die Grundlage für Mutationen. Jede Einzelne verstärkt daher das Risiko, selbst (nochmals) zu erkranken und auch geliebte Menschen zu gefährden.

Die Impfung scheint all diese Risiken mit einem Schlag einzudämmen. Nach den aktuellen, nun gesicherten Erkenntnissen sind Impfungen gegen Covid-19 sicher. Von wenigen schwerwiegenden Impfreaktionen abgesehen, bieten die hierzulande verfügbaren Präparate weitgehende Sicherheit gegen schwere Krankheitsverläufe, die einen Spitalsaufenthalt notwendig machen und gegebenenfalls in Lebensgefahr münden. Auch leichte Krankheitsverläufe können bedenklich sein: Long Covid fasst Zustandsbilder zusammen, die noch Monate nach einer Infektion teilweise schwerste Folgen im Bereich der Lungenfunktion, neurologischer Strukturen und der Denkfähigkeit nach sich ziehen können. Das Risiko leichter Verläufe wird durch eine Impfung deutlich herabgesetzt.

Auch die Impfung kann allerdings nach allem, was wir derzeit wissen, nicht ganz vor einer Infektion und Übertragung des Virus selbst schützen. Nach den aktuellen mathematischen Modellen kann allerdings verlässlich gesagt werden, dass eine sogenannte Herdenimmunität allgemeinen Schutz bietet. Herdenimmunität bedeutet: Ist ein gewisser Prozentsatz der Bevölkerung immun, schleicht das Virus aus und findet keine neuen Opfer mehr. Dann wäre Covid-19 faktisch – bis auf Weiteres – besiegt. Versuche europäischer Staaten wie Schweden und Großbritannien, eine solche durch eine Durchseuchung der Bevölkerung zu erreichen, sind dramatisch gescheitert. Die Todesraten dieser beiden Staaten übertreffen jene von Deutschland und Österreich um ein Vielfaches – ohne dass man auch nur im Ansatz von Herdenimmunität sprechen könnte!

Die nun vorliegenden gesicherten Modelle sprechen davon, dass je nach viraler Variante bis zu neunzig Prozent der Bevölkerung geimpft sein müsste, um ein Absterben des Virus durch Herdenimmunität zu bewirken.10 Davon sind die europäischen Staaten noch weit entfernt: Deutschland11 und Österreich12 verfügen über eine Erstimpfungsrate von maximal rund zwei Dritteln der erwachsenen Bevölkerung. Die für die Mehrzahl der Impfstoffe notwendige zweite Impfung, um den vollen Impfschutz zu garantieren, hat gerade einmal gut die Hälfte.

Covid-19, ein Dauerzustand? So sieht es aus.13 Wenn nicht die Impfrate schnell und nachhaltig steigt, werden wir uns mit diesem Gedanken anfreunden müssen. Die Erfahrungen aus Israel, dem propagierten Impfweltmeister, zeigen das: Nach einer ursprünglich völlig aus dem Ruder gelaufenen Ansteckungsrate hat man voll auf die Karte breitbandiger Impfungen gesetzt. Die Ansteckungsrate hat sich massiv verringert und ist fast auf den Nullpunkt gesunken. Die Gegenbewegung folgte auf dem Fuße: Die Impfwilligkeit hat in der Folge deutlich abgenommen. Nun sind rund um Jerusalem und Tel Aviv wieder Ansteckungsraten gegeben, die an die verheerenden vorangegangenen Wellen gemahnen. Auch in Europa ist dieses Phänomen bekannt: Im Sommer 2021 haben Abertausende Personen vereinbarte zweite Impftermine nicht mehr wahrgenommen. Worauf dies auch immer zurückzuführen sein mag – eine Ausrottung des Virus wird auf diese Art nicht gelingen. Die nächste Welle steht vor der Tür.14

Dieses Buch ist ein Plädoyer. Ich plädiere für ein angemessenes Verantwortungsbewusstsein: Sich dessen bewusst zu sein, dass Covid-19 eine lebensbedrohliche Krankheit darstellt. Dafür, dass jede/r Einzelne von uns es in der Hand hat, einen eigenen Beitrag zur Eindämmung dieses Virus zu leisten. Aber auch dafür, sich ehrlich einzugestehen, dass mangelnde Einsicht erst recht für eine unkontrollierbare Verbreitung sorgt. Dafür, sich bewusst zu machen, dass eine Impfung Leben retten kann: Nicht nur das eigene, sondern gerade auch dasjenige von anderen, schutzbedürftigen Personen. Und nicht zuletzt dafür, sich aus Einsicht in diese Tatsachen selbst impfen zu lassen.

Wir alle hatten nun, Minderjährige ausgenommen, die Möglichkeit, uns impfen zu lassen.15 Wer dies nicht getan hat, hat dies aus individuellen Gründen verweigert. Dies könnten medizinisch relevante sein wie etwa Angst, ein eingeschränktes Immunsystem oder vorbestehende Krankheiten; aus meinem eigenen Bekanntenkreis weiß ich jedoch, dass es oft auch nur Nachlässigkeit (oder nicht sogar Ignoranz?) ist. So haben manche etwa noch keinen Impftermin vereinbart – oder einen solchen nicht eingehalten. Auch ein medizinischer Fachbegriff für dieses Phänomen wurde schon gefunden: „Vaccine Hesitancy“.16

Personen, die eine Impfung aus nachvollziehbaren medizinischen Gründen nicht wahrnehmen wollen, müssen dies nicht tun. Weder aus rechtlichen noch aus ethischen Gründen wird dies sachgerecht erscheinen. Was ist aber mit solchen, die sich darüber hinaus verweigern?

Dieser Fragestellung kann man sich aus mehreren Richtungen annähern. Die Wirtschaft, ohnedies in Zeiten von Corona schwer gebeutelt, wird Impfrisiken gegen deren Chancen abwägen: Wie wahrscheinlich ist es, dass Personen durch die Impfung Reaktionen zeigen, die sie einige Tage oder länger aus der Bahn werfen? Derartiges könnte die wirtschaftliche Entwicklung beeinträchtigen, da diese während der Dauer der Einschränkung als Arbeitskräfte in Unternehmen ausfallen, zu Hause keine Angehörigen mehr betreuen und auch nur sehr eingeschränkt, wenn überhaupt, konsumieren können. Sollte sich jedoch herausstellen, dass die geimpften Personen tatsächlich einer realistischen Krankheitsgefahr aus dem Weg gehen können, wäre viel gewonnen. Die berufliche Tätigkeit bliebe gesichert, ebenso der Status als Konsument*innen, das gesamtgesellschaftliche Vertrauen gewönne. Lockdowns wären auf absehbare Zeit Vergangenheit, wenn nur genügend diese Gelegenheit zur Impfung in Anspruch nehmen. Die Wirtschaft könnte neu durchstarten.

Auch die gesellschaftliche Realität wird sich äußern. Wer möchte nach wie vor abgekapselt leben, die Sozialkontakte soweit möglich reduzieren, Masken tragen müssen? Sehnen sich nicht alle danach, endlich wieder frei durchatmen zu können, unbeschwert von der Angst, selbst an Covid-19 zu erkranken oder geliebte Angehörige anzustecken?

Das medizinische Interesse geht sicherlich in die Richtung, eine baldige gesundheitliche Stabilität im Gesamten sicherzustellen. Auch wenn wir aktuell in einem breitbandigen Feldversuch leben, der noch auf Jahrzehnte Erkenntnisse gerade in epidemiologischer Hinsicht liefern wird –, der Auftrag der Medizin ist ein grundlegend kurativer. Die Heilung von Krankheiten und, in den letzten Jahren immer wichtiger, die Aufrechterhaltung der Gesundheit steht im Vordergrund.

An den einzelnen Aspekten des staatlichen Interesses scheiden sich die Geister. Ist es nun die Gesundheit der Staatsangehörigen, die zu schützen ist? Das Gesundheits-, das Versorgungssystem? Oder nicht vielmehr das Wirtschaftssystem, ohne das ein Staat nicht existieren könnte? Sind es die individuellen Freiheitsrechte, die unter allen Umständen bewahrt werden müssen? Oder müssen nicht gerade diese zurücktreten, wenn es um Leib und Leben von Menschen geht?

Diese Diskussion begleitet die modernen Staaten seit der Aufklärung. Zuvor hatte es ein Phänomen wie menschliche Individuen nicht gegeben. Als Einzelperson war man eingebunden in ein starres ständisches System: Man war entweder privilegiert (als Angehörige/r des Adels oder des Klerus) oder gehörte dem Dritten Stand an. Letzterer bot kaum Rechte, dafür aber jede Menge Pflichten. Die Arbeitsleistung hatte man dem adeligen Gutsherrn zur Verfügung zu stellen, das geistige Kapital der kirchlichen Sphäre. Der weltliche Herrscher bestimmte das menschliche Schicksal auf Erden, der göttliche sorgte für das Seelenheil im Jenseits – wenn man sich in seine Rolle fügte und den vorgegebenen Dogmen beugte. Der Mensch zählte nicht als Einzelperson, sondern als Gattungswesen. Er war austauschbar, Fähigkeiten und Neigungen waren irrelevant. Wer nicht mitspielte, wurde ausgestoßen. Meist wurde kurzer Prozess gemacht: Abtrünnige landeten im Kerker oder auf dem Scheiterhaufen.

Erst gegen 1700 setzte ein anderes Denken ein. Kirchliche Revolutionäre wie Giovanni Pico della Mirandola, Giordano Bruno und vor allem Martin Luther hatten ein anderes Menschenbild geprägt. Mensch, besinne dich deiner Möglichkeit – und gestalte dein Leben selbst! Immanuel Kant hat in seinen berühmten Worten vom „Ausgang des Menschen aus der selbst verschuldeten Unmündigkeit“ gesprochen. In Zentraleuropa war mehr als tausend Jahre lang der Gedanke einer möglichen Einzigartigkeit eines Menschen abgetötet worden. Der islamische Kulturkreis hatte diesen antiken griechisch-römischen Grundsatz zum Glück konserviert und teilweise noch nach Europa (Andalusien) gebracht. Die deutschsprachigen Gefilde blieben davon allerdings weitgehend unberührt.

Erst im Zuge dieses gewandelten Menschenbilds entstand die Idee sogenannter Menschenrechte. Vorher wäre, dies zu vertreten geradezu grotesk gewesen: Menschen waren, wenn nicht aus den herrschenden Schichten stammend, Eigentum. Die Bezeichnung „Leibeigene“ spricht noch immer Bände. Es stellten sich nun Fragen, die aktueller nicht sein könnten: Was ist der Mensch? Ein sprachbegabtes Wesen mit der Gabe der Vernunft, so lautete die einhellige Antwort der Aufklärer. Welche Rechte sollen ihm zukommen? Sind die Menschen gleich – so die Parole der Französischen Revolution ab 1789, deren Ausläufer fast ganz Europa in den Folgejahrzehnten überrollen sollten –, und wenn ja: in welcher Hinsicht? Soll diese Gleichheit nur Freiheitsrechte beinhalten oder auch solche auf soziale Sicherung? Diese Diskussion, die sich zwischen Liberalen und Sozialist*innen entfalten sollte, setzte zwei einander scheinbar widersprechende Schwerpunkte.

Freiheitsrechte sollten nicht nur überkommene Auffassungen wie Leibeigenschaft und Fronarbeit abwehren, sondern vor allem auch Übergriffe des Staates gegen das Individuum. Lange wurde gerungen, die Kämpfe waren zäh. Schließlich setzte sich vor gut 150 Jahren endgültig der bürgerliche Freiheitsgedanke durch: Versammlungen, Eigentum und Arbeit wurden großteils freigegeben.

Anders sollte sich zunächst die Frage einer anders gewendeten Freiheit darstellen. Setzt wirkliche Freiheit nicht voraus, dass man frei ist von existenziellen Bedrohungen? „Freiheit kann man nicht essen“, so ein berühmter Ausspruch aus der damaligen Zeit. Kann nicht nur derjenige frei sein, der Zeit, Energie und geistiges Potenzial hat, sich um seine Freiheit zu kümmern? Wichtige Aspekte der sozialen Absicherung, der Beschränkung von Arbeitszeiten und der Bildung traten in der öffentlichen Diskussion hinzu.

Diese Abwägung verschiedener Freiheitsbegriffe und Freiheitsinteressen begleitet uns bis heute. Unsere Gesellschaft scheint sich nun nicht mehr wie in den letzten Jahrzehnten zwischen links und rechts aufzuspalten; vielmehr scheint die Bruchlinie zwischen einem althergebrachten Konservatismus, der auf „alte Werte“ verweist und diese – auch um den Preis einer Unterdrückung von Randgruppen – bewahren möchte, und einer optimistischen liberalen Strömung, der der Schutz einer intakten Umwelt, die Einhegung des ungezügelten Neoliberalismus und die maximale Entfaltung individueller Neigungen am Herzen liegt, zu verlaufen.

Wie die Wahlergebnisse der letzten Jahre zeigen, lassen sich kaum stabile weltanschauliche Mehrheiten finden. In Österreich regiert seit Anfang 2020 ein mehr als instabiles konservativ-grünliberales Bündnis mit deutlich ersterem Übergewicht, das sich insgesamt eher in Richtung autoritativer Populismus wie aus Ungarn und Polen bekannt zu entwickeln scheint. Deutschland hat nach der letzten Bundestagswahl 2017 enorm darum gekämpft, überhaupt eine große Koalition zu bilden. Entwicklungen in Israel, Belgien, Frankreich untermauern diesen Trend (und haben teilweise abenteuerliche Koalitionen bedingt, wie gerade in Israel: Dort wollen extrem linke und rechte Gruppen, jüdische und arabische Glaubensbündnisse kooperieren).

Diese politische Aufsplitterung einerseits und das doch austarierte Blockgleichgewicht andererseits scheinen auch auf absehbare Zeit das parlamentarische System zu bestimmen. Eine eindeutige Festlegung auf Prioritäten wird nicht zu erwarten sein. Mit anderen Worten: Man darf nicht davon ausgehen, dass in den nächsten Jahren eine klare weltanschauliche Festlegung der politischen Entscheidungsträger*innen erfolgen wird, welchen Aspekten der Vorzug vor anderen zu geben ist: Menschenleben, Freiheit, Eigentum, Wirtschaftssystem, Schutz der Umwelt. Ich bin davon überzeugt: Wir werden noch oft hören, dass all diese Momente wichtig sind. Gerade der Umweltschutz wird eine, wenn nicht die entscheidende Weichenstellung für unsere Zukunft dringend erfordern. Es wird jedoch wohl dabeibleiben: mehr Desselben, nur in hübsche Formeln verpackt. Der große Wurf? Warten wir skeptisch ab.

Die zuvor gestellte Frage, unter welchem Gesichtspunkt das Verhalten von Mitmenschen beurteilt werden soll, die sich nicht gegen Covid-19 impfen lassen wollen, werden wir daher bis auf Weiters nach den bisherigen Maßstäben beantworten müssen. Gerade zwei Ebenen kommen dafür infrage: Die rechtliche gibt Regeln vor, an die wir uns alle halten müssen. Diese Regeln erlassen gesetzgebende und vollziehende Organe, die unmittelbar oder mittelbar von uns gewählt werden können. Wenn wir solche Regeln brechen, müssen wir mit Sanktionen rechnen. Diese können von verschiedensten Nachteilen wie etwa Verlust einer Anspruchsberechtigung, Strafzahlungen bis hin zu Gefängnisstrafen reichen.

Die andere Ebene, die über unser Verhalten zu Gericht sitzt, ist die moralische. Das Wort Moral, abstammend vom lateinischen „mos“ (Vorschrift, Sitte), will dem Menschen einen Rahmen für als angemessen empfundenes Verhalten setzen. Anders als das Recht sind Normen der Moral in unseren modernen Gesellschaften nicht unmittelbar durch staatliche Behörden durchsetzbar. Verstößt man allerdings gegen solche, kann dies zu einer Ächtung durch andere Personen führen. Hierzulande ist etwa Geschlechtsverkehr zweier erwachsener Personen nicht mehr strafbar. Gerade auf dem Lande allerdings herrschen teilweise noch immer Moralvorstellungen vor, die derartiges ablehnen; von einem völligen Unverständnis Lebenspraxen der LGBTQI* gegenüber ganz zu schweigen.

Ethik ist als Begriff der Moral eng verwandt. Beide Begriffe werden auch oft als Bezeichnung für ein und dasselbe verwendet. Tatsächlich bezeichnet Ethik die wissenschaftliche Betrachtung der Moral. Sie vergleicht etwa verschiedene moralische Modelle miteinander.

Oft werden Ethik und Moral als Basis für das Recht angesehen. Die sogenannten Naturrechtslehren an der Schwelle zur Neuzeit gehen davon aus, dass gewisse Grundprinzipien existieren, die wir alle zu beachten haben. Das Recht soll diese allgemein verständlich fassen und umsetzen. Dieser Grundgedanke prägt unser Verständnis bis heute.

In diesem Buch will ich mich der Frage widmen, ob Menschen zu Impfungen verpflichtet werden können – oder sind wir nicht schon aus moralischen Erwägungen dazu verpflichtet? Ich werde nach einer Darstellung der derzeitigen Ausgangssituation, die auf wissenschaftlich anerkannten Fakten beruht, zunächst einen kurzen Überblick über die Geschichte des Impfens bieten. Diese als Erfolgsgeschichte zu bezeichnen, griffe tatsächlich noch zu kurz. Erst durch Impfung ist es der Menschheit gelungen, ein annähernd stabiles Leben zu führen – wenn auch gerade Gefährdungen durch uns selbst zu allen Zeiten bestanden haben und noch immer bestehen. Diese können durch eine Impfung leider nicht beseitigt werden. Alleine aber die Pockenimpfung war es, die Hunderttausende sinnlose Tode und Abermillionen entstellter Körper verhindert hat! Und dies auch nur, weil man sich in einer entscheidenden Phase dieser Impfung teilweise unterziehen musste. Freiwillig wäre niemals jene Impfquote erreicht worden, die notwendig war, um zu einer faktischen Ausrottung dieser Seuche zu führen.

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