Kitabı oku: «Schon wieder einer tot», sayfa 2
Schwammerlgulasch
Zutaten für 4 Portionen:
500 g Schwammerl (Pilze) nach Wahl (Eierschwammerl,
Steinpilze, Birkenpilze, Champignons …)
1 EL Butter
1 Zwiebel
1 Bund Petersilie
1 TL Majoran
Kümmel
1 TL Paprikapulver (edelsüß)
1/8 l Sauerrahm
Salz
Pfeffer
Zubereitung:
Die geputzten Schwammerl in Scheiben schneiden. Zwiebel und Petersilie feinhacken und in Butter gelb-golden anschwitzen. Eine Idee Kümmel, den Majoran und das Paprikapulver sowie die Schwammerl dazugeben und alles kurz durchrösten. Mit etwas Wasser – je nach Bedarf, da die Schwammerl auch Wasser abgeben – aufgießen, salzen und pfeffern. Es empfiehlt sich, zuerst wenig Wasser beizugeben und lieber öfter nachzugießen oder, falls man doch einmal zu viel Flüssigkeit erwischt, mit etwas Mehl einzudicken.
Bei geschlossenem Deckel ca. eine halbe Stunde weichdünsten. Den Rahm mit dem Rest der feingehackten Petersilie gut vermengen und einrühren. Einige Minuten weiterköcheln lassen.
Mit Semmel- oder Serviettenknödeln servieren.
(Quelle: Irene Wondratsch, Familienrezept)
Lost in Dubai
In meinen schicken neuen Stiefeletten bin ich auf dem Glatteis ausgerutscht und ab ging’s die Straße hinunter. Er hat mich gestoppt und mir aufgeholfen. So bin ich in seinen Armen gelandet.
»Hast du dir wehgetan?«
Ich konnte nur stumm nicken, war ganz verdattert, weil alles so schnell gegangen war.
»Wennst heirat’st, wird’s gut.«
»Das hat meine Mutter auch immer gesagt, aber mich will ja keiner.«
»Doch. Ich.«
»Na gut«, lachte ich, »wann gehen wir aufs Standesamt?«
Er griff zu seinem Handy und sah auf dem Terminkalender nach. »Nächste Woche Dienstag?«
Ich sagte sofort zu. Wer weiß, wann ich wieder so eine Gelegenheit bekäme.
Für den nächsten Tag vereinbarten wir ein Rendezvous beim Juwelier, um die Eheringe zu kaufen. Ich entschied mich für einen flachen, breiten aus Rot-, Gelb-, und Weißgold. Ein Prachtstück.
Auf dem Weg vom Standesamt zur Hochzeitstafel lief eine schwarze Katze vor unseren Füßen über die Straße. Von links nach rechts.
»Hoffentlich bringt das kein Unglück!«, schrie ich.
Ich sollte Recht behalten. Auf dem Flug nach Dubai flirtete mein frischgebackener Ehemann heftig mit einer der Stewardessen. Offenbar nahm er es mit der Treue nicht so genau.
»Doch nicht schon in den Flitterwochen!«, zischte ich ihn an.
»Was?«, fragte er, ohne mich anzublicken, seine Augen waren auf die Beine der Flugbegleiterin geheftet. Ich boxte ihn in die Rippen, so dass der Rotwein aus dem Becher, den er in der Hand hielt, über die Ufer trat und markante Spuren auf seiner hellbeigen Hose hinterließ.
Bald war der heftigste Streit zwischen uns im Gange, der auch den Mitreisenden nicht verborgen blieb.
»Ruhe!«, brüllte der Dicke in der Sitzreihe vor uns.
»Ein Benehmen ist das!« Die Lady neben ihm schüttelte den Kopf.
Schließlich kam die Chefstewardess und versetzte meinen Mann in die letzte Reihe. Voll Zorn streifte ich meinen Ehering ab und schleuderte ihn meinem Mann nach. Ich traf ihn aber nicht. Ich war nie eine gute Ballspielerin gewesen. Der Ring verrollte sich und ward nicht mehr gesehen. Und das bei dem Goldpreis! Ich begann heftig zu schluchzen.
Mitleidige Passagiere krochen auf allen Vieren auf dem schmalen Gang und suchten unter den Sitzen, bis es der Crew zu bunt wurde und das »Fasten Seat Belt«-Zeichen alle auf ihre Plätze zwang.
»Puppi, schauen Sie, dass Sie den zum Ring gehörigen Mann auch so schnell loswerden!«, ermunterte mich die alte Dame in der Reihe hinter mir.
Ich beschloss, den Rat einer lebenserfahrenen Frau zu beherzigen. Aber noch immer rannen mir die Tränen über die Wangen.
»Was Besseres als den finden Sie allemal«, tröstete sie mich.
»Aber wo denn?«
»Na im Supermarkt.« Sie reichte mir das Buch, in dem sie gelesen hatte. »Glück aus dem Supermarkt« stand auf dem Cover. »Da lernen sich ein Mann und eine Frau beim Einkaufen kennen und lieben.«
Ich griff nach meinem Reiseführer und studierte die Seiten unter »Einkaufen«. Einem Scheich würde ich nicht auf den Leim gehen, um unter »ferner liefen« im Harem zu landen, da könnte ich ja gleich bei meinem Mann bleiben. Aber vielleicht ein netter Tourist, ein weltgewandter Geschäftsmann auf Reisen, dessen Koffer nicht mitgekommen war und der sich in der Mall neu einkleiden musste.
Als ich auf die Toilette ging, sah ich meinen Angetrauten. Er war eingeschlafen. Der Mund stand ihm offen, was sein attraktives Aussehen ziemlich beeinträchtigte, und die Brille war von der Nase gerutscht. Ich musste diese teure Brille vor Schaden bewahren, nahm sie vorsichtig ab und verstaute sie in meiner Handtasche.
Bevor er das Flugzeug nach der Landung verließ, begann er ein Lamento über den Verlust seiner Augengläser. Er war ziemlich kurzsichtig und hatte zudem eine Hornhautverkrümmung. Seine Reservebrille war daheim geblieben.
Meine Flitterwochen verbrachte ich solo in Dubai. Ich fand zwar keinen Mann, aber hinreißende Dessous, die ich daheim meinen Freundinnen vorführen konnte.
Als ich die Rückreise antrat und eincheckte, bat mich die Hostess am Schalter, mich bei der Flughafenpolizei zu melden. Dort empfing mich ein liebenswürdiger, ein wenig besorgt aussehender Beamter, der mir in bedauerndem Tonfall eröffnete, dass er eine traurige Nachricht für mich habe.
Ich erfuhr, dass mein Mann bereits am Tag der Ankunft in Dubai beim Überqueren einer Straße überfahren worden war. Der Unfall ereignete sich unmittelbar vor einem Optiker-Geschäft. Ich sei weder im Hotel noch telefonisch erreichbar gewesen.
Ich hatte mir sofort ein anderes Hotel gesucht, um meinem Mann nicht begegnen zu müssen und der Akku meines Handy war leer. Ich hatte mein Aufladegerät daheim vergessen.
»Wissen Sie, mein Mann und ich haben uns im Flugzeug gestritten und sind danach getrennte Wege gegangen.«
»Das tut mir leid.« Er bot mir einen Cognac an und fragte, ob ich psychische Betreuung brauche. Ich schüttelte stumm den Kopf. Er begleitete mich zum Boarding. Ich war so gerührt über diese Fürsorge, dass ich ein bisschen weinen musste.
Ich wurde vor allen anderen Passagieren an Bord gelassen und in die Erste Klasse upgegradet. Die Chefstewardess bemutterte mich bis zur Landung. Sie beriet mich bei der Menüauswahl und fragte, ob ich lieber Melissentee – »sehr beruhigend« – oder ein Glas Champagner haben wolle. Ich entschied mich für letzteres.
Nach der Landung wurde ich einem jungen Mann vom Bodenpersonal übergeben, der mich bis zum Flughafenausgang brachte und mich einem Taxifahrer übergab.
Daheim drückte ich die Gläser aus dem Brillengestell meines Verflossenen und gab sie in den Eiscrusher, den ich anschließend auf der Mülldeponie entsorgte. Aus dem Drahtgestell sollte mir eine Freundin, die Modeschmuck herstellte, einen Armreifen formen.
Dubai Chicken
Zutaten für 4 Portionen:
1 kg Hühnerbrustfilets
150 g Oliven, schwarz
100 g Trockenaprikosen
2 Knoblauchzehen
80 ml Olivenöl
Saft und 1 TL Abrieb einer ungespritzten Zitrone
150 ml Weißwein
1 EL Pul Biber
1 TL Paprikapulver, rosenscharf
1 TL Zimtpulver
1 TL Kardamompulver
1 TL Korianderpulver
1 TL Ingwerpulver
1 TL brauner Zucker
Salz
Pfeffer
nach Belieben ein Spritzer Rosenwasser
Rosenwasser ist in der arabischen Küche eine beliebte Zutat, nicht nur bei Desserts. Pul Biber ist eine Würzmischung aus hauptsächlich grob zerstoßenem getrocknetem Paprika und Salz. Sie müssen also beim Marinieren nicht übermäßig salzen, schmecken Sie lieber nach dem Marinieren noch einmal ab.
Zubereitung:
Hühnerbrustfilets waschen, parieren (von Häuten, Sehnen und Fett befreien) und in 3x3 cm große Stücke schneiden. Die Aprikosen halbieren, Oliven gegebenenfalls entsteinen, den Knoblauch schälen und kleinhacken.
Alle Zutaten außer dem Weißwein in einer Schüssel gut miteinander vermischen und abgedeckt über Nacht im Kühlschrank marinieren lassen.
Am nächsten Tag Backofen auf 180° C vorheizen, alle Zutaten in eine geeignete Auflaufform geben, noch einmal abschmecken und den Weißwein angießen. Ohne Abdeckung etwa 30 Minuten backen. Mit Fladenbrot servieren.
Hojotoho
Herr Havlicek führte ein zufriedenes Leben in seinem Reihenhaus am Stadtrand. Als Witwer war er ein begehrter Mann.
Doch ließ er kein Weib an sich heran, das die Ordnung in seinem Haus durcheinandergebracht hätte. Jahrzehnte hatte es gedauert, bis seine verstorbene Trude endlich das Plaid so über den Lehnstuhl gefaltet hatte wie er, und jetzt sollte er noch einmal von vorne anfangen?
Ein Plausch über den Gartenzaun genügte ihm allemal mit dem beruhigenden Gefühl, sich jederzeit in seine vier Wände zurückziehen zu können, wo er Wagner hörte, ohne dass eine Frau die Augen verdrehte oder dreinquatschte.
Die Leute in der Siedlung waren mit ihm alt geworden und ihre Kinder groß. Eines Tages zog das Ehepaar vom Nachbarhaus in ein Pensionistenheim. Ihre Tochter und deren Mann, beide in den mittleren Jahren, bewohnten es nun. Sie waren kinderlos, was Havlicek sehr begrüßte, hatten aber einen Hund.
Bei seinem Morgenspaziergang begegnete er stets vielen verwitweten Frauen, die ihre Köter an der Leine führten. Erst haben sie ihre Männer unter die Erde gebracht und nun verwöhnen sie ihre vierbeinigen Lieblinge, dachte er. Er war sich sicher, dass sie ihren Verflossenen nie so viel Zuneigung geschenkt hatten.
Ungeniert verrichteten die »Hunderl« mitten auf dem Gehsteig ihr Geschäft.
»Nimm ein Sackerl für mein Gackerl« war in diese Gartenhaussiedlung noch nicht vorgedrungen. Im Gegenteil, die Frauerl betrachteten die Hundstrümmerl ihrer Gefährten mit Genugtuung und dachten nicht im Mindesten daran, sie zu entfernen.
Wie kam er dazu, dass er hochkonzentriert Zickzack-Wege in Kauf nehmen musste und obendrein noch seine feine Nase beleidigt wurde?
Jenny war ein weißer Königspudel, den seine neuen Nachbarn allzu oft allein ließen, wie sein jammervolles Winseln oder wütendes Kläffen bezeugte. Und man weiß ja: Wenn einer anfängt, fallen alle Artgenossen in der Umgebung in das Gebell ein, was Havliceks Mittagsschläfchen und die darauf folgende Anhörung Wagnerscher Opern empfindlich störte. Nicht einmal der »Walkürenritt« konnte das Gekläff übertönen.
Eines Tages stieß Jenny wieder einmal sehnsüchtige Klagelaute aus, wie sie sich nur der Kehle einer einsamen Kreatur entringen konnten.
Da wurde es Havlicek zu bunt. Entschlossen näherte er sich der Nachbarshündin mit einer vergifteten Knackwurst.
Kaum stand Havlicek mit der Wurst am Zaun, änderte sich ihre Stimmung schlagartig und sie begrüßte ihn schwanzwedelnd mit einem erwartungsvollen Blick. Diese treuherzigen Augen. Was konnte sie dafür, dass ihre Besitzer sie so vernachlässigten, dachte er.
Er machte kehrt und kam in Windeseile mit einer einwandfreien Wurst zurück. Diese Dankbarkeit in Jennys Augen. Sie richtete sich auf, so weit sie konnte, ihre Vorderpfoten berührten das obere Ende des Zaunes – ein wahrer Königspudel. Er tätschelte sie. »Armer Hund, guter Hund.«
Ab diesem Zeitpunkt kam Jenny jedes Mal gelaufen, wenn Havlicek vorbeiging, und begrüßte ihn freudig.
Ob es so etwas wie eine Fürsorgestelle gab, die vernachlässigte Tiere ihrem Besitzer wegnahmen? Wohl nur den Tierschutzverein, aber der war überlastet. Eine unbürokratische Lösung musste her!
Der Zufall kam ihm zu Hilfe. Als er seinen Nachbarn, der im Begriff war, einen Apfelbaum zurückzuschneiden, auf der obersten Sprosse einer hohen Leiter sah, bot er ihm seine Hilfe an. »Lassen Sie das mich machen!«
Er hatte beobachtet, dass sein Nachbar handwerklich ziemlich ungeschickt war. Doch der Hausherr war zu stolz und legte selbst Hand an die Motorsäge an, wobei ein paar Fingerglieder dran glauben mussten. Der Ast, den er abgeschnitten hatte, erschlug seine Frau, die das Schauspiel ängstlich, aber doch neugierig verfolgt hatte.
Als die Rettung kam, war der Nachbar, ein Marcoumar-Patient mit reduziertem Gerinnungsfaktor, bereits verblutet.
Warum Herr Havlicek nicht Erste Hilfe geleistet habe, fragte der Arzt. Er sei ohnmächtig geworden, weil er kein Blut sehen könne, bedauerte Havlicek zutiefst betroffen.
Bis die Hausübernahme notariell geregelt war, nahm sich Havlicek Jennys an, die hingebungsvoll zu seinen Füßen den Klängen von Wagner lauschte.
Als die Verwandten der verunglückten Nachbarn das Haus verkauft hatten, war niemand mehr da, der Anspruch auf den Königspudel erhob. So kam es, dass Havlicek sein Bett nun doch wieder mit einem Weibchen teilte.
Kalter Hund (Kakao-Keks-Kuchen)
Zutaten für einen Kuchen:
250 g Kokosfett
140 g Puderzucker
40 g selbst gemachter Vanillezucker
2 Eier
1 Prise Salz
70 g pures Kakaopulver (kein Nesquick o. Ä.!)
1 EL sehr fein gemahlener Kaffee
15-20 Kekse
ein paar Tropfen Rumaroma
Kalter Hund (manchmal auch Kalte Schnauze genannt) glänzt so herrlich dunkel schokoladig, dass man sich wundert, dieses Ergebnis »lediglich« mit Kakaopulver, Kokosfett und Zucker zu erzielen. Es gibt zwar auch Versionen mit Kuvertüre statt Kakaopulver, aber so kenne ich meinen Lieblingskuchen aus der Kindheit noch von meiner Mutter.
Zubereitung:
Das Kokosfett auf kleiner Flamme in einem Topf zerlassen und abkühlen lassen. Die Eier mit Puderzucker, Vanillezucker und Salz schaumig rühren. Kakao und Kaffee dazugeben und schließlich vorsichtig das Kokosfett hineinrühren.
Eine Kastenform von 26 cm Länge mit Alufolie oder Backpapier auslegen. Kakaomasse und Kekse abwechselnd einfüllen, dabei mit Kakaomasse beginnen und abschließen.
Ca. 2 Stunden im Kühlschrank fest werden lassen.
BINDUNG(S)LOS
Blackwater River
Wie vergnügt sie während des Fluges war, die Beengtheit machte seiner Mutter gar nichts aus, während Eberhard sein Sitzfleisch von Stunde zu Stunde mehr spürte.
Sie tätschelte seine Hand. »Ach Ebi! Wie schön, dass du mir diesen Wunsch erfüllst.« Die Stewardess kam mit dem Getränkewagen vorbei und seine Mutter orderte Rotwein für sich, während Eberhard sich mit einem stillen Mineralwasser begnügte. Sie prostete ihm zu. »Gut für den Kreislauf«, sagte sie, »du solltest dir auch ab und zu einen Schluck gönnen.« Doch Eberhard machte seine Histaminose zu schaffen. Vermutlich hatte ihn seine Mutter in seiner Kindheit mit zu viel Spinat gefüttert. Sie hingegen erfreute sich bester Gesundheit und schien unverwüstlich zu sein. Ihre rosige Gesichtsfarbe trug zu diesem Eindruck bei.
Er vertiefte sich in den Lonely Planet-Reiseführer. Der Höhepunkt der Reise sollte eine Kanufahrt im Nordwesten Floridas auf dem Blackwater River sein. Seine Mutter, die in ihrer Jugend Mitglied eines Ruderklubs gewesen war, wie sie vor allem seiner Freundin Amelie immer wieder erzählt hatte, schien rüstig genug für diese Unternehmung.
Die kulturbeflissene Amelie, die kaum eine Theaterpremiere oder Vernissage ausließ, hatte sich oft genug von seiner Mutter anhören müssen, dass Sport unverzichtbar im Leben eines gesunden Menschen sei.
»Ebi ist so blass, seit er mit dir zusammen ist. Er kommt gar nicht mehr an die frische Luft und er hat zu wenig Bewegung. Er wird noch einen Bauch ansetzen.«
»Weil du ihm Schweinsbraten und Knödel, Eiernockerl und Topfenpalatschinken vorsetzt.«
»Du kochst ja nicht. Soll er vielleicht verhungern? Er mag die Hausmannskost. Bei körperlicher Ertüchtigung schadet die auch nicht. Natürlich, wenn man wie du immer nur daheim hockt und liest ... Ich bin in deinem Alter dreimal in der Woche gerudert.«
»Und das bei jedem Wetter«, ergänzte Amelie.
»Genau. Wieso weißt du das?«
»Du hast es mir mehr als ein Mal erzählt.«
»Aber vergeblich. Mein armer Ebi.«
»Eberhard ist ein erwachsener Mann und frei in seinen Entscheidungen.«
»Für eine Mutter bleibt der Sohn immer ein Kind, aber das wirst du erst wissen, wenn du selber eines hast.«
»Ich denke nicht daran.«
Das war wohl der ausschlaggebende Satz gewesen. Seine Mutter wollte unbedingt einen Enkel. So war sie jedes Mal, wenn ein Theaterbesuch für Amelie und Eberhard anstand, krank geworden, so dass Eberhard sie pflegen musste. Amelie hatte sich schließlich einen anderen Begleiter gesucht, der Eberhard bald gänzlich von ihrer Seite verdrängt hatte.
»Such dir eine aus einem Ruderklub!«, waren Amelies Abschiedsworte gewesen.
Als sie in Atlanta auf die kleine Maschine nach Fort Walton Beach warteten, lehnte sich Ebi erschöpft in einen dieser Plastikschalensitze, während sich seine Mutter in den Duty-free-Shops herumtrieb. Er lauschte dem Sound aus den Lautsprechern, den Durchsagen in dem unverständlichen Südstaaten-Dialekt.
Scarlett O’Hara rauschte mit knisterndem, bodenlangem Seidenkleid auf ihn zu und legte ihre Hand auf seine Schulter. Er schreckte auf. Statt in Scarletts Augen blickte er in die seiner Mutter.
»Es ist Zeit zum Boarding, mein Liebling!«, flötete sie.
»Mamas Liebling«, hatte Laura anfänglich mit zärtlichem Spott gelacht, dann mit fortschreitender Dauer ihrer Verbindung mit ätzendem Hohn.
Laura, die Frischluftfanatikerin, die in jeder freien Minute und bei jedem Wetter ins Freie wollte. Das sonntägliche Mittagessen bei seiner Mutter musste er oft zugunsten eines ausgedehnten Spaziergangs ausfallen lassen.
»Wollen Sie meinen Sohn umbringen?« Seine Mutter hatte Laura eine verantwortungslose Person genannt, worauf diese beschloss, ihn wieder gänzlich seiner Mutter zu überantworten, zumal Ebi nicht mehr länger wagte, die Sonntagsbesuche ausfallen zu lassen. Er sorgte sich um sie. Ständig klagte sie am Telefon über ihre Einsamkeit und wie überflüssig sie sich fühle. Er konnte sie nicht weinen hören.
In dem kleinen Flugzeug wurde es Eberhard etwas mulmig, während seine Mutter wie ein Kind im Prater vor Vergnügen kreischte, wenn sie in Luftlöcher fielen. Sie ignorierte die strafenden Blicke der Stewardess, die Eberhard beim Einstieg ein so strahlendes Lächeln geschenkt hatte.
Die ersten Tage verbrachten sie am Strand, Eberhard meist auf der Liege unter dem Sonnenschirm, seine Mutter durch die Dünen wandernd. Am Vorabend des Muttertags fuhren sie zum Blackwater River, um in einer Lodge zu übernachten.
Nach dem Abendessen saßen sie auf der Veranda des Holzhauses, betrachteten den Sternenhimmel und lauschten in die Tropennacht. Das Quaken der Frösche, das sich mit dem Klappern des Deckenventilators vermischte, hatte für Eberhard etwas Archaisches. Er prostete seiner Mutter, die Whisky on the rocks trank, mit Mineralwasser zu.
Am nächsten Morgen brachen sie früh zur Bootsverleihstelle auf. Die silbern glänzenden Kanus waren am Ufer aufgereiht. Der Vermieter gab ihnen einen Plan des Flussverlaufs mit, auf dem die Stelle markiert war, wo er sie mit dem Bus abholen würde. Man paddelte mit der Strömung flussabwärts.
Das Wasser schimmerte im milden Morgenlicht, die Ufer waren von Bäumen gesäumt, deren Zweige sich über das Wasser neigten. Sie mussten sich manchmal ducken, dass ihnen keiner ins Gesicht schnalzte. Dahinter das dichte Laubwerk der Wildnis. Immer wieder tauchten Sandbänke auf.
»Eigentlich schade, dass Barbara nicht dabei ist.« Eberhard spürte ein schmerzliches Ziehen in der Brust.
»Irgendwie mochte ich sie ja, aber für dich war sie nicht die Richtige. Du brauchst die starke Hand einer energischen Frau, die für dich sorgt, wenn ich einmal nicht mehr da bin.« Eberhard biss sich auf die Lippen und würgte etwas hinunter. Schließlich war Muttertag.
Da sah er etwas auf einer Sandbank. Sein Herz klopfte stark.
»Was hältst du davon, wenn wir eine Pause einlegen, Mama?«
Sie nickte. »Ich könnte mich ein wenig sonnen.«
Eberhard nahm Kurs auf die Sandbank und ließ das Kanu auflaufen. Er half seiner Mutter aus dem Boot. Sie breitete das Badetuch aus. Er sprang rasch wieder in das Kanu.
»Ich schau mal um die nächste Kurve, dann komm ich zurück!«
»Ist gut, Ebi, aber du solltest auch ein bisschen verschnaufen.«
Er machte ein paar kräftige Paddelschläge, drehte sich dann zu ihr um, blinzelte gegen die Sonne. Seine Mutter lag ausgestreckt auf dem Rücken.
Es ging alles ganz schnell. Ein gellender Schrei, als der Alligator seine Mutter anfiel. Dann war es ganz still, nur die Paddelschläge waren zu hören. Eberhard nahm Kurs auf die Sandbank. Der Alligator hatte sich mit seiner Beute an das andere Ende verzogen. Eberhard wendete wieder. Noch nie in seinem Leben hatte er sich leichter gefühlt.
Ücretsiz ön izlemeyi tamamladınız.