Kitabı oku: «Das feine Dienstmädchen wie es sein soll. 1892»
Isa von der Lütt
Das feine Dienstmädchen
wie es sein soll – 1892 –
Eine Gabe für Hausfrauen und Dienstmädchen
Mit einer empfehlenden Einführung
von Pfarrer Karl Ostertag
Impressum
Umschlaggestaltung: Harald Rockstuhl, Bad Langensalza
Titelbild: Postkarte - gelaufen am 3.6.1911 nach Leutersdorf
Original Sammlung Harald Rockstuhl
Bisherige Auflagen: (um 1892) ff. – Deutsche Verlags-Anstalt Stuttgart und Leipzig
1. Reprintauflage 2011
ISBN 978-3-86777-297-6, gedruckte Ausgabe
1. E-Bookauflage 2013
ISBN 978-3-86777-558-8, E-Book [ePUb]
Satz: Verlag Rockstuhl, Bad Langensalza/Thüringen
Layout: Harald Rockstuhl, Bad Langensalza/Thüringen
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie. Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über "http://dnb.d-nb.de abrufbar.
Inhaber: Harald Rockstuhl
Mitglied des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels e.V.
Lange Brüdergasse 12 in D-99947 Bad Langensalza/Thüringen
Telefon: 03603 / 81 22 46 Telefax: 03603 / 81 22 47
Inhalt
Cover
Titel
Impressum
Vorwort
Einführung
Erster Teil
Allgemeines
Dienstmädchentugenden
Anzug
Die erste Morgenstunde
Benehmen
Zweiter Teil
Besonderes
Das einzige Mädchen – Zimmerreinigen – Tischdecken – Anbieten oder Servieren – Benehmen den Besuchen gegenüber – Einladungen, Anfragen und Besorgungen
Die Jungfer
Die Köchin – Reinlichkeit – Anrichten und Garnieren der Speisen – Anzug – Verschwenden und Sparen – Theebereitung und Theebrötchen
Das Kindermädchen – Körperpflege des Kindes – Pflichten – Benehmen – Sprechweise – Beschäftigungen mit dem Kinde – Anzug
Bonne
Schlußwort
Anhang – Hausmittel – Stöbern – Kleidung und Wäsche – Haushaltungsgegenstände betreffend
Anmerkungen
Vorwort
Dieses Büchlein ist für strebsame Mädchen geschrieben, die den löblichen Wunsch haben, sich in ihrem Berufe zu vervollkommnen, oder für solche, die sich gerne zu besseren Stellen aufschwingen wollen, wenn sie, vom Lande kommend, in kleinen Familien waren, wo sie keinerlei Gelegenheit hatten, sich diejenigen Kenntnisse zu erwerben, die nötig sind, um den Anforderungen eines feinen Hauses zu genügen.
Ebenso ist es für diejenigen Mädchen bestimmt, welche schon vollkommen mit allen Anforderungen eines feinen Haushaltes vertraut sind. Auch solchen kann und wird es von mancherlei Nutzen sein, diese Anforderungen einmal an der Hand einer erfahrenen, wohlmeinenden Hausfrau mit Nachdenken durchzugehen.
Einführung
„Gesinde“ stammt, wie uns die Sprachkundigen sagen, von Gassindus, Weggenosse, das ist einer, der eine Zeitlang den nämlichen Weg mit uns geht, somit auch Freud und Leid mit uns teilt. In der Tat eine Bedeutung des Wortes „Gesinde“, deren wir uns herzlich freuen. Kann es ein schöneres Bild für das rechte Verhältnis von Herrschaft und Dienstboten geben als eine untereinander verbundene Gruppe von Wanderern, die gemeinsam ihre Straße durch die Zeit hinziehen, gemeinsam gute und schwere Stunden hinnehmen, gemeinsam nach dem höchsten Ziel trachten?
Uns scheint, es habe Zeiten gegeben, wo die Dienstboten mehr als „Weggenossen“ betrachtet wurden und sich selbst mehr als solche betrachteten, als dies jetzt der Fall ist. Mit dem Verweisen auf die „gute alte Zeit“ ist es freilich eine bedenkliche Sache, und es hält nicht leicht, festzustellen, wann dieselbe eigentlich war. Dennoch war schon in höherem Grade als jetzt die Anschauung Riehls zur Wirklichkeit geworden, das Dach des Hauses bedecke nicht nur die in engerem Sinne zur Familie gehörigen Blutsverwandten, sondern auch die Freiwilligen, die durch eine Art von Adoption in ein gemeinsames sittliches Verhältnis hineingezogen worden sind.
So schwer auch die Aufgabe sein mag, das rechte Verhältnis zwischen Herrschaft und Dienstboten herzustellen, die Aufgabe ist lösbar und in einer Menge von Fällen tatsächlich auf das lieblichste gelöst worden. Für die Herrschaften sei ein einziger Vertreter genannt, der berühmte Künstler Professor Dr. Pfannschmidt, über dessen Scheidewort an das treue Dienstmädchen das Nähere in seiner Biographie Seite 416 nachgelesen werden wolle. Und als einzige Vertreterin des Dienstbotenstandes sei Babeli, das Schweizermädchen in Pestalozzis Elternhause, genannt. Der große Pädagog widmete ihr den Nachruf, sie sei großherzig bis zur Erhabenheit gewesen, habe das Unglaubliche geleistet und nie eine Silbe über ihre Selbstaufopferung gesprochen.
Eine Legion böser Geister ist in das gegenseitige Verhältnis gefahren und hat Zündstoff in Fülle angehäuft. Es wird gut sein, wenn beide Teile sich eine Prüfungstafel vorhalten und über ihre Schuld nachdenken wollen. Helfe wer immer kann, das Heiligtum des Hauses wieder aufzurichten!
Ob nun aber vorliegendes Büchlein hierzu eine Handreichung tut? Sicherlich! Denn soviel gewonnen ist, wenn die Dienstboten tüchtig in ihrem Berufe sind und ihre Obliegenheiten verstehen, so gewiß geht der Nutzen dieses Büchleins über das scheinbar nächste praktische Ziel hinaus.
Mit rechter Zustimmung haben so manche, die wir um ihre Anschauung baten, das Büchlein gelesen. Wie wertvoll ist nächst dem ernsten Hinweis auf das Eine, was not tut, der freundliche, humoristische Ton, den die Verfasserin mitunter anschlägt. Indem sie die jugendlichen Leserinnen, in deren Hand das Büchlein gehört, in muntere Stimmung versetzt, gewöhnt sie ihnen auf die glückliche Art Fehler ab und erzieht sie dieselben zu geschicktem Tun und Lassen. Eine so liebevolle Weise der Erziehung kann nicht ohne gute Wirkung bleiben, und es ist uns von Haufrauen die Versicherung gegeben worden, daß sich Dienstmädchen mit wahrem Eifer in das Studium dieser Blätter vertieften und bei dem Schein der Lampe sich gegenseitig darin behilflich waren, die Theorie in die Praxis zu übertragen.
Im Interesse beider Teile, der Hausfrauen und der Dienstmädchen, ist es gelegen, daß diese Anweisungen Isas von der Lütt weite Verbreitung finden.
München, November 1898. K. Ostertag.
Erster Teil
Allgemeines
Mit Gott fang deine Arbeit an,
So ist sie allzeit wohlgetan!
So laßt uns denn „mit Gott“ euer Bündelchen schnüren! „Bündelchen schnüren“ heißt es freilich längst nicht mehr. Die Bedürfnisse des Menschen sind nach allen Richtungen gewachsen, und so braucht denn auch schon das angehende Dienstmädchen einen Koffer, um ihre Sachen zu packen. Da tut es denn wohl not, zu überlegen, was gut sei, hineinzulegen an Kleidern und Wäsche, an Schuhen und Strümpfen.
Zu allererst aber, meine lieben Leserinnen, wollen wir euer Schmuckkästchen hineinstellen.
„Schmuckkästchen?“ höre ich da ein blondes junges Kind vom Lande, das nichts besitzt als ein kleines Bröschlein von ihrer Patin, erschrocken fragen. „Muß man denn Schmuck haben, wenn man in eine feine Stelle will?“
Beileibe nicht, mein liebes Mädchen! Im Gegenteil. Jedes Behängen mit glänzenden Dingen gilt gerade in besseren Häusern für Dienstmädchen als recht unfein und ungehörig und wird gar nicht gern gesehen. Ich meine auch nur das Schmuckkästlein eures inneren Menschen, ich meine die Perlen und Edelsteine christlicher Tugenden und tugendhafter Eigenschaften, die zwar jeden Christenmenschen zieren sollen, die aber gerade den Dienstmädchen besonders schön stehen und deren Besitz ihnen für ihre Stellung besonders förderlich ist. Ich meine also die herrlichsten
Dienstmädchentugenden
Vor allem meine ich den Talisman christlicher
Frömmigkeit
Zwar wird ihn gewiß jeder meiner lieben Leserinnen tief im stillen Herzen tragen; damit euch aber auch im Getriebe des lauten, staubigen Alltags seine Strahlen nicht verschleiert werden, legt euch zu euren Habseligkeiten auch Bibel und Gebetbuch in den Koffer.
Ist einmal an einem Sonntage der regelmäßige Kirchgang euch weder vormittags noch nachmittags möglich, so seid beim Lesen eurer Bibel doppelt eingedenkt, daß der Sonntag „der Tag des Herrn“ heißt und nicht nur zum Ausruhen von körperlicher Arbeit da ist, sondern vornehmlich, daß der Mensch sich seines besseren Teiles bewußt werde und seine Seele erhebe im Aufblick zu Gott. Dieses sonntägliche Himmelwärtsschauen soll euch dann die ganze Woche in eure Arbeit hineinleuchten, denn es heißt:
„Lasset das Wort Christi unter euch reichlich wohnen; lehret und vermahnet euch selbst mit Psalmen und geistlichen lieblichen Liedern.“ Kol. 3, 16.
An euerm freien Sonntagnachmittag vergnügt euch mit Freundinnen. Solange ihr dabei eingedenkt sein könnt, daß der liebe Gott alles weiß und sieht, dürft ihr von ganzem Herzen „ fröhlich sein mit den Fröhlichen“. Aber da, wo es euch lieber wäre, wenn das ewig liebende, aber gerechte, strenge Vaterauge nicht herabsähe, ach, da kehret um! Denn wenn es auch anfangs nur „ein ganz klein bißchen“ unrecht scheint, was ihr tut, so führt das bald weiter zum Schlimmen und macht euch schließlich recht unglücklich. In manchen Städten haben liebevolle Damen, die dem „Verein der Freundinnen junger Mädchen“ angehören, einen „Sonntagnachmittag“, an dem brave Mädchen sich bei ihnen versammeln dürfen. Wenn ihr an solchen Orten seid, ist es für euch ein großes Glück, wenn ihr erreicht, hierzu aufgefordert zu werden.
Ein frommes Herz wird auch von selbst die
Bescheidenheit
beherbergen, eingedenk dessen, daß wir alle nur Geschaffene sind und alles, was wir sind und haben, von oben kommt. Diese Bescheidenheit steht zwar allen Menschen an, am meisten aber dem dienenden Stande, denn ––
„Natürlich,“ höre ich da ein dunkles, trotziges Ding, dem die schlimmste aller Beraterinnen, die Unzufriedenheit, aus den unruhigen Augen schaut, höhnisch murren, „natürlich, ‚dienen‘ ist ja das Allerniedrigste!“
Dienen, mein liebes Mädchen, wer sagt denn das? Hast du denn die rührenden Worte vergessen?
„Denn auch des Menschen Sohn ist nicht kommen, daß er ihm dienen lasse, sondern daß er diene und gebe sein Leben zur Bezahlung für viele.“
Mark. 10, 45.
Und weiter:
„Ein jeglicher sei gesinnt wie Christus – er erniedrigte sich selbst und ward gehorsam bis zum Tode, ja zum Tod am Kreuze.“ Phil. 2, 8.
Dienen wir denn nicht alle, der Vornehmste wie der Geringste?
Dient nicht der Offizier seiner Fahne und seinem Könige, der Beamte dem Staate, dient nicht der Vornehmste im ganzen Reiche, der Kaiser, seinem Volke, seiner Krone, dient er nicht vor allem dem Willen des Höchsten, nach dessen ewigen, unerforschlichen, aber unumstößlichen Gesetzen die Menschen sich eben in verschiedene Stände teilen und immer wieder geteilt haben, so oft auch Menschenwille diese Gesetze aufzuheben versuchte. Verschieden, wie die Stellungen der Menschen nach diesen unumstößlichen Gesetzen sind, ist auch das Benehmen, das jedem dem andern gegenüber ziemt. So steht denn dem Stande des Dienstmädchens die Bescheidenheit wohl an. Ein bescheidenes Dienstmädchen aber wird nie geringer, nein, immer nur höher geachtet werden als ein unbescheideneres, nach dem Spruche:
„Wer sich selbst erhöht, der wird erniedrigt werden.“ Luk. 14,11.
Leicht fügt sich diesem Gliede eurer Schmuckkette, meine lieben Leserinnen, ein neuer Stein:
Guter Wille
an. Gerade dieser ist euch für jede Stellung gar sehr förderlich. Glaubt es mir nur, ihr lieben Mädchen, die ihr vielleicht mit großem Bangen und Zagen ob eurer Unkenntnis recht schüchtern und verzagt euch in den Dienst begebt, glaubt nur, wenn ihr mit gutem Willen kommt, dürft ihr fröhlichen Mut daraus schöpfen. Denn er wird euch bei allen Hausfrauen sehr gut einführen; bei vielen sogar wird er oft, wenn es nur irgend möglich ist, auch freundlich statt mangelnder Kenntnisse angenommen. Ist er ja doch für alles, was ein Mädchen erst noch in ihrer Stelle zu erlernen hat, der beste Lehrmeister.
Guter Wille ist auch nicht schnell verzagt und gibt nicht alle Zuversicht auf, wenn etwas in einer neuen Stelle es anders ist, als man erwartet hat. Es kann ja manchmal sein, daß die Hausfrau durch körperliches Leiden, durch Familienverhältnisse oder dergleichen schwer zu befriedigen, schwer lieb zu gewinnen ist; es kann sein, daß da und dort nicht gut mit den Kindern, den Hausgenossen oder den übrigen Dienstboten auszukommen ist, kurz, daß manches recht mißlich aussieht. Aber lieber tapfer und geduldig aushalten, als zu viel wechseln, lieber sich durchkämpfen und durch eigne Trefflichkeit und tadelloses Verhalten Widerwärtiges zu besiegen versuchen! Guter Wille überwindet gar vieles! Denn:
„Die auf den Herrn harren, kriegen neue Kraft!“
Wo aber guter Wille ist, da wird auch diese Perle nicht fehlen: nämlich der
Fleiß.
„… und ringet danach, daß ihr stille seid und das Euere schaffet und arbeitet mit eueren eigenen Händen, wie wir euch geboten haben.“
Und zwar kein Fleiß, der nur in den ersten Tagen schafft, nach dem Sprichwort: „Neue Besen kehren gut.“ Auch keiner, der es zwar redlich meint und sozusagen wild darauf los geht, der anfangs mehr verspricht, als er mit bestem Willen halten kann, und darum sehr unklug ist und nur Enttäuschung hervorruft.
Nein, ich meine den rechten, beständigen, täglich gleichen Fleiß, ich meine den echten, weltberühmten deutschen Fleiß, den Fleiß, der die Arbeit liebt. Denn die Arbeit ist ein Segen. –
„Die Arbeit liebt? – Arbeit ein Segen?“ höre ich da den verdrossenen Schwarzkopf wiederum höhnen. „Ja, da merkt man, daß eine vornehme Dame das Büchlein geschrieben hat, was weiß die denn von Arbeit?!“
Nun ist es zwar freilich wahr, ich entstamme einem Hause, das man in der Welt „ein vornehmes“ heißt. Meine Ahnen haben an einem Hofe gelebt und sind mit ihren Fürsten am Tische gesessen.
Aber sie haben auch ihr Teil Arbeit redlich getan und haben durch Tüchtigkeit ihren Kindern und Kindeskindern Segen erworben. Und meinen Vater, wenn auch sein reich gesegnetes Tagewerk keines der Hände, sondern des Kopfes war, habe ich keine Stunde müßig gesehen, so wenig wie meine Mutter. Wenn diese auch abends in der Atlasschleppe selbst fürstliche Gäste empfing, so war sie doch allzeit diejenige deutsche Hausfrau, von der es heißt:
„Sie regt ohne Ende Die fleißigen Hände!“
So haben denn auch wir Kinder von klein auf gelernt, daß, wer in der Welt mitleben will, auch sein Teil Arbeit tun muß, sei es nun dieser oder jener Art. Und wenn ich nun dies Büchlein schreiben kann – es ist aber auch eine „Arbeit“, glaubt es nur! – so ist’s, weil wir gar fleißig studieren mußten, und wenn ich eine gute Hausfrau geworden bin, die euch über alle häuslichen Obliegenheiten beraten kann, so ist’s, weil wir selbst da und dort anpacken und alles aus eigner Anschauung kennen lernen mußten.
Was ich aber nicht aus eigner Erfahrung weiß, dafür habe ich mich allerorten umgesehen, und darum glaubt mir nur, meine lieben Mädchen – ich kenne die Welt und kenne die Menschen, kenne Menschenleid und Menschfreud und sage noch einmal: Arbeit ist Segen.
„Arbeit vertreibt die Zeit,
Vertreibet Leid und Traurigkeit;
Arbeit schlägt schlimme Gedanken danieder,
Erhält frisch das Blut und beweglich die Glieder.“
Wo aber solch ein echter Fleiß ein Mädchen ziert, da wird auch die Schwesterperle des Fleißes, die
Ordnungsliebe,
nicht fehlen. Haltet sie, meine lieben Leserinnen, recht, recht hoch, sie ist euch gerade in einem feinen Hause ein gar nützlich Ding.
Da kam ich zum Beispiel neulich zur alten Frau Gräfin R., einer sehr guten und nachsichtigen, vortrefflichen Dame. Ich traf sie in größter Aufregung und einer an ihr ungewohnten Erbitterung.
„Ich ärgere mich,“ klagte sie mir, „noch zu Tode! Da habe ich nun ein neues Zimmermädchen, so ein geschicktes, gescheites, nettes, liebes Ding. Aber sie, Betti, bringt mich um mit ihrer Unordnung. Ich habe ihr heute gekündigt. Glauben Sie, ich brächte sie dazu, jede Sache sogleich wieder an den rechten Platz zu legen? Als ich zum Beispiel heute früh meine Pantoffeln will, hatte sie diese des abends zum Ausbürsten hinausgetragen und ‚in der Eile einstweilen irgendwo hingestellt‘, und ich mußte barfuß herumstehen. Als sie mir den Frisiermantel bringen sollte, hatte sie an ihm gestern eine abgerissene Spitze entdeckt und ihn in ihren Nähkorb getragen, aber nicht zurückgebracht. Und so geht es fort den ganzen Tag. Ich halte es unmöglich länger aus!“
Also Ordnung, meine lieben Mädchen, Ordnung in allen Dingen!
Wo aber Ordnung und Fleiß zusammenhelfen, da werdet ihr auch Zeit finden, das kleine, gar freundlich blinkende Geschmeide der
Reinlichkeit
allzeit in hellem Glanze zu erhalten. Und zwar meine ich nicht nur die Reinlichkeit euers Anzuges, sondern auch an euerm Körper.
Reinlichkeit des Anzuges und der Person ist eine der ersten Anforderungen in einer besseren Stelle. Ein schmutziges Dienstmädchen ist in einem feinen Hause einfach unmöglich!
Wer aber die Reinlichkeit liebt an seinem Körper, wie sollte der die Reinheit der Seele nicht zuvor lieben, wie sollte der nicht jene Tugenden lieben, die die Seele vor häßlichen Flecken bewahren? Ich meine die reinen, stolzen Edelsteine
Redlichkeit, Wahrhaftigkeit, Treue.
Ah, ja, nun sind meine Leserinnen gekränkt, eine ist sogar tief beleidigt und meint, ich schreibe mein Büchlein doch gewiß nur für anständige, rechtschaffende Mädchen, und bei diesen verstünden sich diese Dinge von selbst.
Nun, da hat meine Beleidigte freilich recht. Im großen und ganzen werden allerdings solche Mädchen nicht gegen diese Tugenden sündigen, wenigstens nicht im gewöhnlichen Sinn. Nein, einem rechtschaffenden Mädchen, und nur an solche richte ich meine Worte, wird es auch im Traume nicht einfallen, zum Beispiel eine ihr von der Herrschaft anvertraute Summe zu unterschlagen. Ob aber dasselbe Mädchen, zum Beispiel bei Einkäufen, darauf bedacht ist, das ihr hierzu anvertraute Geld genau im Sinne und zum Vorteil der Herrschaft auszugeben, ob es wirklich streng gewissenhaft darauf bedacht ist, daß Dinge, die ihr zur Behandlung, Verwahrung und so weiter anvertraut sind, wie Wäsche, Pelze, Möbel und ähnliches, nicht durch Nachlässigkeit Schaden nehmen, ist leider, leider eine andre Frage. Ebenfalls nicht zweifellos ist es, ob es die Arbeitszeit, für die es eben Lohn und das übrige annimmt, auch immer redlich ausfüllt, einerlei ob gesehen oder ungesehen. Und glaubet nicht, weil es sich nur um kleine Dinge handelt, es sei nichts Schlimmes; o nein! Christus sagt:
„Wer im geringsten treu ist, der ist auch im großen treu; und wer im geringsten unrecht ist, der ist auch im großen unrecht.“
Luk. 16,10.
Nicht weniger leichtfertig denken manche leider über das Naschen, sei es von Vorräten oder von Ueberresten. Und doch macht gerade dies – handelt es sich um die kleinste Kleinigkeit – auf wirklich feine und sonst vielleicht noch so nachsichtige Hausfrauen einen verletzenden, häßlichen Eindruck. Sie sehen eben darinnen ein Antasten von Anvertrautem und wissen nun nicht mehr, wo sie mit Mißtrauen anfangen und aufhören sollen.
Ebenso peinlich, oft schmerzlich berührt fühlen sie sich durch die Lüge. Sie verzeihen leichter eine Ungeschicklichkeit, ja selbst einen wirklichen Schaden, sofern das Mißgeschick mit echtem Bedauern ehrlich eingestanden wird. Und selbst wenn eure Herrschaft strenger gesinnt sein sollte und ihr demnach einer heftigen Schelten oder selbst eines Lohnabzuges gewärtig sein müßt, selbst dann fasset lieber den Mut, alles zu gestehen, als daß ihr euch hinter das Häßlichste, was die Welt hat, hinter die Lüge verschanzt. Ihr werdet dann wenigstens das schönste und beste Band eures Dienstverhältnisses, die Achtung eurer Herrschaft, nicht zerstören.
„Was nützte es dem Menschen, so er die ganze Welt gewönne und nähme doch Schaden an seiner Seele?“
Matth. 16, 26.
Wo aber Wahrhaftigkeit ist, da werden von selbst Falschheiten und Heimlichkeiten hinter dem Rücken der Herrschaft nicht bestehen. Immer sind solche häßlich und eines guten Dienstmädchens unwürdig, seien sie nun mit andern Dienstboten oder Fremden (Schneiderin und dergleichen) angesponnen. Am verdammungswürdigsten aber sind sie, wenn ihr sie für die Kinder des Hauses, etwa die Tochter, besorgt. Wenn euch nicht eure eigne redliche Gesinnung davon abhält und ihr euch nicht vor der Verantwortung fürchtet, die ihr damit auf euch nehmt, so laßt euch doch von der klugen Erfahrung sagen, daß derlei heimliche Geschichten schließlich immer zu eurem Schaden ausgehen.
Seid eben auch darin, meine lieben Leserinnen, redlich und wahrhaftig, auf daß ihr jederzeit mit klarem, offenem Blicke eurer Hausfrau ins Auge schauen könnt. Und selbst wenn es euch recht schwer ankommt, ein begangenes Unrecht zu bekennen und ihr Schweres damit auf euch nehmt, bekennt es doch, denn nichts ist schwerer zu tragen als ein böses Gewissen und denket:
„Wer seine Missetat leugnet, dem wird nicht gelingen; wer sie aber bekennet und läßt, der wird Barmherzigkeit erlangen.“
Sprüche 28, 13.
Bei solcher Gesinnung werdet ihr auch niemals die schönste aller Dienstmädchentugenden, die schönste aller Tugenden: die Treue, verletzen. Ich meine damit nicht etwa nur die Treue in Bezug auf Geld und Gut, die Treue in Erfüllung aller eurer einmal übernommenen Pflichten, wofür ihr euern Lohn annehmt. Ich mein vor allem jene Treue – Gesinnungstreue, Liebestreue möchte ich sie eigentlich heißen –, die immer der Urgrund sein sollte, darauf ein gegenseitiges Pflichtverhältnis sich baut: treu stehe der Mann zu seinem Weibe, der Soldat zu seiner Fahne, der Beamte zu seinem Amt, das Dienstmädchen zu seiner Herrschaft.
Die Treue hebt jedes Verhältnis, wenn es auch nur auf „Bezahlen und Bezahltwerden“ beruht, zu etwas Besserem empor, sie adelt auch das Dienstverhältnis und macht es zu einem Bunde, den auch Tugend und Neigung, nicht nur das Geld, zusammenhalten. Eine treue Dienerin fühlt Ehre, Leid und Freud’ ihrer Herrschaft als eigne und rechnet bei zufälligen größeren Arbeiten oder in mißlichen Tagen nicht, „was sie zu tun verpflichtet ist oder nicht“.
Im großen und ganzen glaubt wohl jede meiner Leserinnen, in der Treue ganz wacker zu bestehen. Wenn ihr aber mit der lieben Nachbarin von drüben, mit der Köchin von oben und dem Bedienten von unten beisammensteht und über eure Herrschaft schwatzt und klagt, glaubt ihr, daß ihr da Treue haltet? Oder wenn ihr da und dort, sei es auch nur aus Klatschsucht und ohne bös meinende Absicht, über Verhältnisse und Angelegenheiten eurer Herrschaft allerlei ausschwatzt, was ihr nur in eurer Eigenschaft als Hausgenosse gesehen und erfahren habt, glaubt ihr, daß ihr da die Treue haltet?
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