Kitabı oku: «Das Unmögliche ist etwas weiter oben», sayfa 2

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”Wenn ich total erschöpft bin, fühle ich mich im Einklang mit mir selbst, ich habe den Eindruck, meinen Beitrag zur Verwirklichung einer Sache geleistet zu haben, die mir Freude bereitet.


2Das Training

Nein. Es funktioniert nicht ganz so. Aber so dachte ich damals. Und organisierte mich entsprechend.

Während ich mich im Alter zwischen zehn und zwölf Jahren darauf „beschränkte“, ohne Verschnaufpause zu klettern, indem ich jeden nur möglichen Moment dafür nutzte, so widmete ich mich in den folgenden drei, vier Jahren mit derselben Unersättlichkeit dem Do-it-yourself-Training: ohne irgendwelche Grundkenntnisse darin zu haben, ohne Regeln oder Kriterien zu befolgen – außer der Überzeugung, dass ich immer etwas tun musste und immer noch mehr, dass ich mich erschöpfen, die größte Anzahl von Routen und Moves unter immer schwieriger werdenden Bedingungen und mit so wenig Pausen wie möglich versuchen musste.

Das war meine naive Phase, in der ich mir alles Mögliche einfallen ließ und mit allem trainierte, was mir in die Hände fiel: Um den Kraftaufwand größer und die Klimmzüge anstrengender werden zu lassen, schnallte ich mir einen Tauchergürtel um. Jemand – ein Maurer – hatte einen Betonblock mit in die Kletterhalle gebracht: Auch der war, an den Klettergurt gehängt, bestens als Ballast für Klimmzüge geeignet! Dieser Block wurde übrigens zu einem ständigen Ausrüstungsgegenstand der Kletterhalle wie auch andere selbst gebastelte Gerätschaften oder kleine Ausrüstungsgegenstände, die irgendjemand mitgebracht hatte: Es war eine Zeit der Pionierarbeit und die Halle ein schlicht ausgestatteter Ort (die Stange für die Klimmzüge bestand aus einem Rohr, das auch als Garderobe diente – oder das, je nach Sichtweise, die Garderobe war, die auch als Klimmzugstange diente). Daher leistete jeder seinen Beitrag, so gut er konnte, indem er vielleicht unentgeltlich Routen baute oder eben von zu Hause irgendein Zubehör mitbrachte. Ich selbst hatte kleine Gewichte gekauft, die ich dann in der Halle zurückließ, sodass sie allen zur Verfügung standen. Doch ich habe nie aktiv am Training der anderen teilgenommen, auch weil die meisten erst abends nach der Arbeit trainierten, während ich regelmäßig nachmittags da war.

Wenn ich von der Kletterhalle nach Hause kam, aß ich zu Abend und widmete mich dann im Wohnzimmer, während meine Mutter bügelte und mein Vater fernsah (oder umgekehrt), meinen Bauchmuskelübungen oder weiteren Klimmzügen, ohne dass sie davon Notiz nahmen – meine Eltern hatten sich inzwischen an meine Selbsttortur gewöhnt und resigniert … Im Gegenteil, sie haben mir sogar, als ich etwa 13 Jahre alt war, meinen ersten Kletterbalken geschenkt, den wir sofort mit zwei Dübeln am Rahmen meiner Zimmertür befestigten.

Es ist der am vielseitigsten einsetzbare und günstigste Ausrüstungsgegenstand, um Klimmzüge, Hängeübungen und Bauchmuskelübungen zu trainieren, und nimmt sehr wenig Platz ein, da er nur etwa 40 Zentimeter lang ist. Und wie der Name schon sagt: Es ist ein kleiner Balken, der horizontal angebracht wird und auf dessen Oberfläche sich Griffe (Vertiefungen) von unterschiedlicher Form, Größe und Tiefe befinden, sodass man an unterschiedlichen Griffen trainieren kann. Man verwendet dabei entweder alle Finger oder sogar nur ein paar (oder nur die Fingerkuppen oder nur eine einzige), während man daran hängt oder sich nach oben zieht und somit Finger und Arme kräftigt. Einfach und unverzichtbar – das reinste Suchtmittel, vor allem für mich damals.

Als ich ungefähr 13, 14 Jahre alt war, widmete ich mich mit großer Ausdauer auch dem Campusboard, einem weiteren sehr wichtigen Gerät: Es handelt sich dabei um eine Art leicht geneigte (also überhängende) Holzplatte, die ein paar Meter über dem Boden aufgehängt wird. Daran sind in gleichmäßigen Abständen parallel verlaufende Holzleisten unterschiedlicher Größe angebracht. Aus dem Stand kann man mit ausgestreckten Armen die erste Leiste greifen. Von dort zieht man sich weiter nach oben, ausschließlich mit der Kraft der Arme, um normalerweise sehr dynamische Übungen auszuführen und sich von einer Leiste zur nächsten zu hangeln, immer mit dem Ziel, Kraft aufzubauen. In der Kletterhalle in Bozen hatte man gerade ein kleines, einfaches Campusboard gebaut, an dem ich (ich brauche es eigentlich gar nicht zu erwähnen) einen Haufen Zeit verbrachte.

Mit 14 Jahren begann ich, an Wettkämpfen teilzunehmen, folglich gab es nun für mein gewohntes Training genauere Ziele und Fristen. Das Resultat war, dass ich … noch mehr Zeit in der Kletterhalle verbrachte! Das Ganze blieb nicht unbeobachtet, und jemand empfahl mir – obwohl mich kein spezieller Trainer betreute –, auch an die Erholung zu denken und mich nicht derartig zu erschöpfen. Doch ich war immer noch davon überzeugt, dass Pausen nur verschwendete Minuten waren, und machte weiter so wie bisher und trainierte nach wie vor meine Klimmzüge. Ich entwickelte immer mehr Kraft, auch wenn es natürlich nicht meine Absicht war, ein Muskelprotz zu werden, sondern vielmehr, mich gut vorzubereiten und besser zu werden. Im Grunde war es sehr befriedigend für mich, wenn ich todmüde war.

Um die Wahrheit zu sagen, ist es bis heute so: Wenn ich total erschöpft bin, fühle ich mich im Einklang mit mir selbst, ich habe den Eindruck, meinen Beitrag zur Verwirklichung einer Sache geleistet zu haben, die mir Freude bereitet.

Mit 16 Jahren wandte ich mich jedoch an einen Trainer. Bei den Wettkämpfen hatte ich andere Sportler und andere Gegebenheiten kennengelernt und mit einem Jungen aus Turin Freundschaft geschlossen, der mir ein Gespräch mit seinem Trainer, Tito Pozzoli, vermittelte. Und ich ließ mich überzeugen. Seine Schüler erzielten gute Resultate, er war sympathisch und dazu bereit, mich „aus der Ferne“ zu betreuen, was mir jene Freiheit geben sollte, die für mich (damals wie heute) so wichtig war. Es ging mir nicht darum, seine Trainingspläne über den Haufen zu werfen, im Gegenteil, ich war sogar sehr diszipliniert. Doch es war für mich wichtig, mich bei der Betreuung nicht unter Beobachtung zu fühlen und zu wissen, dass ich, wenn ich es für nötig befinden würde, ganz leicht etwas „ändern“ konnte (was in meiner Sprache natürlich bedeutete, mehr zu trainieren).

Mit der neuen Methode stellten sich auch Erfolge ein. Die Trainingspläne funktionierten, meine Arbeit war strukturierter, geplanter, es wurden stets unterschiedliche Muskeln angesprochen, und den Erholungszeiten schenkte ich eine Aufmerksamkeit (die Stoppuhr immer griffbereit), die ich bislang noch nie an den Tag gelegt hatte. Ich befolgte Trainingspläne, die sich je nach Zeitpunkt im Jahr änderten: In dem am weitesten von den Wettkämpfen entfernt liegenden Zeitraum trainiert man das sogenannte „Volumen“, indem man die Intensität der Übung verringert, aber die Dauer verlängert (also mehr Wiederholungen macht), und das schafft eine physische Basis. Rückt die Zeit der Wettkämpfe näher, verringert man die Anzahl der Wiederholungen und arbeitet stattdessen an der Kraft, indem man die Intensität steigert und mehr Ruhetage einlegt usw.

Damals begann ich, im Winter mit Gewichten zu trainieren. Und das war eine Erfahrung! Für einen schüchternen Jugendlichen von 16 Jahren wie mich, dem gewisse Orte vollkommen fremd war, war das Erlebnis, in ein Fitnesscenter zu gehen, eher verwirrend. Das Fitnessstudio, das nicht weit von zu Hause entfernt lag, suchten aufgepumpte Besessene auf, die sich ständig im Spiegel betrachteten, Nahrungsergänzungsmittel verschlangen und trainierten, um sich zu noch größeren Muskelpaketen zu entwickeln. Während ich dort, in einem Eckchen, meinen kleinen Trainingsplan für den Wettkampf befolgte und etwa so groß war wie einer ihrer Oberschenkel … Gulliver unter den Riesen.

Eines Tages machte ich ganz allein eine Übung mit Gewichten an einer Flachbank, ich war alles andere als gut darin und saß irgendwann, obwohl das Gewicht lächerlich gering war, mit einer Langhantel auf der Brust buchstäblich fest. Ich konnte sie nicht mehr anheben, so erschöpft war ich. Ich erinnere mich deutlich an den Leiter des Studios, einen riesigen Typen: Er kam, hob die Stange mit einer Hand hoch, als sei es eine Einkaufstasche, und befreite mich …

Dafür betrachteten mich auf einmal alle mit anderen Augen, als sie mich Klimmzüge machen sahen, die mein täglich Brot waren: Da ich daran gewöhnt war (und wenig wog), war es für mich ein Leichtes, mich hochzuziehen, manchmal auch nur mit einem Arm …

Ich glaube, ab diesem Moment verstanden sie meine Motive und Ziele besser, ich war nicht mehr der dumme kleine Junge, der ins Fitnessstudio ging, um stärker als seine Klassenkameraden zu werden …

Das änderte aber nichts daran, dass ich meine ganze Willenskraft aufbringen musste, um mich tatsächlich ins Fitnessstudio zu begeben, da diese Gewichthebe-Übungen wenig mit all den Dingen zu tun hatten, mit denen ich mich normalerweise beschäftigte, und vor allem nicht mit dem, was ich gerne machte: klettern. Wenn schon, dann wollte ich Übungen machen, die mehr mit dem Klettern zu tun hatten und dafür zweckmäßig waren, wie zum Beispiel meine geliebten Hängeübungen … Widerwillen erregte in mir nicht nur die (für mich dennoch wichtige) Tatsache, dass ich zum ersten Mal in einem Umfeld trainierte, das so anders als das gewohnte war. Auch die Gefühle, die bei bestimmten Übungen auftauchten, waren vollkommen anders, sie führten zu einer neuartigen Form von Erschöpfung. Außerdem ging es darum, immer wieder dieselben Muskeln zu trainieren, und das in einem von der Stoppuhr bestimmten Rhythmus … Wenn du dich in solchen Momenten fragst, ob du nicht besser aufhören solltest (weil es so anstrengend ist), kommt das nicht nur vom Körper, sondern auch vom Geist: Die Erschöpfung wird intensiver und um ein Vielfaches größer, da die Freude an der Bewegung fehlt, die sie ausgleichen könnte. Der Unterschied ist folgender: Am Felsen, in der Wand ist die Leidenschaft direkt mit im Spiel, es ist also leichter, nicht der muskulären Erschöpfung nachzugeben, da beide Teile des Geistes – der rationale und der irrationale – involviert und mit der Situation einverstanden sind. Im Fitnessstudio musst du jedoch dem rationalen Anteil mehr Gewicht geben und dir immer wieder sagen, dass du aus gutem Grund hier bist. Wenn das, was du tust, wenig mit dem übereinstimmt, was du fühlst, ist es die Motivation, die dich weitermachen lässt. Natürlich ist es einfacher, das Training zu ertragen, wenn du weißt, dass du bis zu einem bestimmten Datum in Form sein musst, da du an einem Wettkampf teilnehmen willst, und wenn du jemanden hast, der dich betreut. Die Trainerpeitsche habe ich jedoch noch nie nötig gehabt.

Doch der Wille ist ein recht subjektives Element, in diesem Punkt möchte ich ganz klar sein.

Es ist mir schon passiert, auch erst kürzlich, dass ich in einer anstrengenden Situation abgebrochen habe, weil ich bemerkte, dass die Erschöpfung zu groß wurde. (Doch in einigen Fällen hat Aufgeben mit Bewusstheit zu tun, und nicht mit einem Nachlassen des Willens: Es wird einem bewusst, dass mit dem physischen Stress das Unfallrisiko steigt.) Selten habe ich jedoch nur deswegen „nachgegeben“, weil ich mich erschöpft fühlte. Doch eigentlich glaube ich nicht, dass ich hier mit meiner Entschlusskraft angeben muss. Ich glaube, dass man das Klettern auf verschiedene Arten leben und dass man auf unterschiedliche Art und Weise trainieren kann: Wichtig ist dabei, der eigenen Lust und der eigenen Motivation zu folgen. Ich habe mir im Fitnessstudio Gewichthebe-Übungen auferlegt, weil ich ein Ziel erreichen und meine Passion auf beste Art und Weise leben wollte. Punkt. Willenskraft ist nicht etwas, das ich gelernt habe, und ehrlich gesagt wüsste ich auch gar nicht, wie man sie jemandem beibringen könnte: Bei mir war sie angeboren, ich musste keine Faulheit besiegen. Meine Leidenschaft war so groß, dass sie mich dazu gebracht hat, das Klettern so zu leben, wie ich es nun tue. Wenn überhaupt, musste ich ganz im Gegenteil lernen, meinen Willen zu zügeln, und es fällt mir schwer, das zu akzeptieren – mir liegt es eher zu pushen …

Dank Tito wurde mir jedenfalls klar, wie nützlich es ist, auch andere Muskeln, die sogenannten Antagonisten, arbeiten zu lassen, die beim Klettern nicht unmittelbar beteiligt sind, aber durch deren Training das muskuläre Ungleichgewicht, das gerade durch das Klettern entstehen kann, ausgeglichen wird. Es war also wichtig für mich zu verstehen, dass man zusätzlich zu den Muskeln, die direkt beteiligt sind, auch eine umliegende Stützmuskulatur braucht. Heute versuche ich, mich kontinuierlich um diesen Aspekt zu kümmern, und das vor allem im Winter.

In den darauffolgenden Jahren bin ich diesem Weg immer weiter gefolgt. Manchmal habe ich individualisierte Trainings-programme auch selbst entworfen, blieb jedoch stets diesem Ansatz treu. Allerdings habe ich damals noch keine langen Reisen unternommen, wie es später immer häufiger der Fall war. Deswegen konnte ich viel Zeit im Fitnessstudio verbringen und eine Regelmäßigkeit an den Tag legen, die dann später für mich schwerer beizubehalten war.


Eine meiner ersten Mehrseillängenrouten am Fels und zugleich meine erste Kletterreise ins Ausland, Gorges du Verdon (Frankreich).


Urlaub auf Sardinien mit meinen Eltern, Sommer 2002.


Mit Carlo Giuliberti im Klettergebiet Céüse (Frankreich), Sommer 2005.


Meine erste Reise nach Spanien! Margalef, Dezember 2005.


Klettertour im Frankenjura (Deutschland), Sommer 2005.


Ein Mekka für Sportkletterer: Céüse (Frankreich), Sommer 2005.


Klettertour in den Blue Mountains (Australien), August 2006.


Klettertour in Fennberg, von Bozen aus eines der nächstgelegenen Klettergebiete, Sommer 2006.


Überhängende Tour im Klettergebiet Baltzola (Baskenland, Spanien), Sommer 2007.


Reise in die Rocklands (Südafrika) mit Melissa, Sommer 2011.


Reise in die Rocklands (Südafrika) mit Melissa, Sommer 2011.


Meine ersten Trad-Erfahrungen unter dem aufmerksamen Blick von James Pearson.


Innocence – eine der schönsten Routen, die ich während meiner Reise nach La Réunion eingebohrt und durchstiegen habe, Juni 2013.


Auf dem Weg zu unserem „Basislager“ auf La Réunion, mit James Pearson, Caroline Ciavaldini, Sam Elias und Yūji Hirayama.


Am Standplatz mit Yūji Hirayma, einer lebenden Kletterlegende.


Während der On-sight-Begehung der Route Vint ani do am Mëisules dla Biesces (Dolomiten), August 2013.


Mit Babsi im Wilden Kaiser, September 2013.

Nachdem ich das traditionelle Klettern entdeckt und beschlossen hatte, mich intensiv mit den abenteuerlicheren Mehrseillängenrouten zu beschäftigen, begann ich nur noch im Winter zu trainieren. Da ich so viel auf Reisen bin, ist es mir unmöglich, einen echten Trainingsplan einzuhalten. Aber in den Wintermonaten halte ich mir immer sechs bis acht Wochen frei, in denen ich nur in der Halle klettere. Ich versuche also, einem strukturierten Training zu folgen, durch das ich nach der Multipitchrouten-Klettersaison wieder in Form komme. Normalerweise erlege ich mir einen Basistrainingsplan, einen individualisierten Stundenplan, auf. Doch Anfang 2019 beschloss ich, mich wieder an Tito zu wenden. Auch wenn wir weit voneinander entfernt leben und uns fast nie sehen, vertraue ich seinen Ratschlägen und seiner Erfahrung blind. Er half mir, das Training neu zu organisieren, er konzentrierte es auf meine Schwachpunkte und gab mir neue Anregungen.

Während der restlichen Monate im Jahr klettere ich, wenn ich zu Hause bin, in der Halle oder nehme, wenn ich zu Events oder kleinen Abstechern in Klettergebiete verreise, meinen kleinen Kletterbalken mit: Man kann ihn auch provisorisch aufhängen, zum Beispiel am Ast eines Baumes; er kann also in jeglicher Situation verwendet werden (sogar im Hotel oder in meinem Kleinbus …), und er ist auch praktisch für das Warm-up im Klettergarten – heutzutage muss ich mich vor einer Klettertour aufwärmen, um Sportunfälle zu vermeiden. Denn eine weitere Sache, die ich durch das „ernsthafte“ Trainieren verstanden habe, ist, wie unverhältnismäßig ich in meinen ersten Jahren meinen Körper gestresst habe. Ich hatte Glück, keinen bleibenden Schaden davongetragen zu haben. Ein Glück, das ich mit Sicherheit auch meinem jugendlichen Alter zu verdanken hatte: Wenn ich mir solch mörderische Trainingseinheiten ohne jegliche Erholungszeiten in etwas höherem Alter auferlegt hätte, mit einem etwas weniger dehnbaren Körper, hätte ich die Gesundheit meiner Sehnen, Muskeln und Gelenke aufs Spiel gesetzt.

Doch kehren wir in meine kleine Kletterhalle in Bozen zurück, die mir irgendwann zu eng wurde …


Dort, wo alles begann: Die Kletterhalle in Bozen.

”Klettern ist nicht mehr das Ziel, sondern wird zum Mittel. Mein Mittel, um mit dem Rest der Welt in Beziehung zu treten, um zu wachsen, dazuzulernen, mich kennenzulernen.


3On the Road

Nach ein paar Jahren, in denen ich mich vollständig dem Klettern in der Halle verschrieben hatte, befand ich mich auf einmal in einer Situation, die aus dem Gleichgewicht geraten war. Ich hatte es satt, immer am selben Ort festzusitzen (später würden mir die Wettkämpfe neue Anregungen geben, doch diese Phase hatte noch nicht begonnen), und das Felsklettern zog mich sehr an. Doch das konnte ich fast nie praktizieren: Die Kurse für Kinder und Jugendliche wurden nur in der Kletterhalle durchgeführt, und die Touren mit meinem Vater und seinen Freunden waren selten. Wenn ich in der Umgebung klettern konnte (natürlich nur kleine Sachen), freute ich mich immer riesig, auch wenn ich mich am Felsen ziemlich abmühen musste. Ich war nicht daran gewöhnt und fühlte mich unbeholfen. Natürlich hatte ich beim Indoor-Klettern mehr Erfolg (dort waren die Griffe und Tritte ja auch gut sichtbar!), doch es zog mich woandershin …

Um mich in meiner Leidenschaft zu unterstützen, stellte meine Mutter den Kontakt zwischen Mauro, einem ihrer Cousins aus Trient, und mir her. Das gab meinen Ausflügen nach draußen einen Touch von Abenteuer und führte zu einer Reihe von ebenso unvorhergesehenen wie wichtigen Folgeerscheinungen. Nach Trient fuhr ich mit dem Zug: Mauro holte mich mit seinem Roller am Bahnhof ab, wir gingen klettern, und danach brachte er mich wieder zum Bahnhof … Die Fahrt war nicht lang, doch in diesem Alter (mit zwölf Jahren) allein spät am Abend mit dem Zug nach Hause zu fahren, war eine kleine „Unabhängigkeitsprobe“ für mich. So verbrachte ich ungefähr einen Tag pro Woche mit Mauro, um im Klettergarten klettern zu gehen oder irgendeine Mehrseillängenroute im Sarcatal zu machen. Es waren wahrscheinlich nicht die schönsten Klettergebiete der Welt, doch zweifelsohne waren sie viel aufregender als die Kletterhalle. Und dann erinnere ich mich an das erste Mal in den Dolomiten: Das war für mich, wie eine Expedition in den Himalaya zu unternehmen! Etwa ein Jahr später war es just Mauro, der mich mit einer Jugendmannschaft aus Arco in der Nähe des Gardasees (in der Provinz Trient) zusammenbrachte – Arco, ein Kultort in der italienischen Kletterwelt, wo es natürlich auch eine sehr viel größere Kletterhalle gab (nämlich die legendäre Halle, in der der Rock Master, der damals berühmteste Wettkampf im Sportklettern, stattfand!).

Ich begann, mich mit den Jugendlichen dieser Klettermannschaft zu treffen. Es wäre mir nicht möglich gewesen, jeden Tag mit ihnen zu trainieren, doch dies auch nur einbis zweimal pro Woche tun zu können, spornte mich enorm an. Von diesem Zeitpunkt an strukturierten sich meine Tage folgendermaßen: Zu Hause in Bozen verbrachte ich nach der Schule den Nachmittag und einen Teil des Abends in der Kletterhalle, um … ein bisschen von allem zu tun. Oder ich sprang in den Zug und fuhr nach Rovereto, wo mich der Mannschaftsleiter abholte, nach Arco mitnahm und abends wieder zum Bahnhof brachte.

Nachdem ich so viel Zeit damit verbracht hatte, mich in „meiner“ Kletterhalle selbst zu motivieren, ohne mit irgendjemandem ein Trainingsprogramm gemeinsam zu absolvieren oder auch nur die sportliche Anstrengung zu teilen, stellte ich fest, wie schön es war, bei Gleichaltrigen dieselbe Leidenschaft wiederzufinden.

In Arco herrschte eben eine wärmere, herzlichere Atmosphäre. Damit will ich nicht sagen, dass die Jugendlichen, mit denen ich die ersten Kurse in Bozen besucht habe, dort nur rumhingen und nichts zustande brachten, doch … sie waren nicht von derselben Motivation getrieben oder zumindest schien es mir so: Sobald der Kurs endete, war für sie das Klettern vorbei (oft sogar für immer), während in mir die Sehnsucht blieb.

Ich fühlte mich etwas einsam, und es entstand in mir vielleicht auch ein Gefühl von Unzufriedenheit. Ein Gefühl, das ich nicht näher benennen konnte, das mir aber durch sein Gegenteil bewusst wurde, nämlich als ich mich plötzlich mit anderen identifizieren konnte und in ihnen Gleichgesinnte erkannte. Oder solche Menschen, denen ich gerne ähnlich gewesen wäre. Ich genoss es, wenn Persönlichkeiten kamen, die den Duft der großen, weiten Welt und von Leidenschaft mitbrachten und vielleicht auch von einer geheimnisvollen Aura umgeben waren: für die die dortige Kletterhalle natürlich ein Ort war, an dem sie trainierten, um dann die Kraft, die sie aufgebaut oder deren Level sie gehalten hatten, an anderen Orten einzusetzen. Draußen, an den „echten“ Wänden, in einem anderen Leben, das ich mir reich an Abenteuern vorstellte.

Einer dieser Menschen, vielleicht derjenige, der mich mehr als jeder andere beeinflusst hat, war Peter Mair, der 2016 in den Dolomiten tödlich verunglückt ist. Ein wunderbarer Mensch, er hatte ein sonniges Gemüt, er war sehr hilfsbereit und ein wahnsinnig guter Kletterer. Als ich ihn kennenlernte, war ich erst zwölf Jahre alt, was meine Gefühle also noch verstärkte: ein Junge, der einem Champion begegnete. In meinen Augen war er einer von den Tollen, Großartigen, Fähigen – einer von denen, die wussten, „wie es geht“, ein Mensch, der sowohl in der Kletterhalle als auch draußen Dinge tun konnte, die für mich undenkbar waren.

Er war kein Star in der Kletterwelt und trat auch überhaupt nicht als solcher auf: Peter war genau das Gegenteil davon, und das hat mich immer beeindruckt. Oder vielmehr: Das war eins der Dinge, die mich geformt haben. In der Kletterhalle oder bei Wettkämpfen bin ich häufig den „Besten“ innerhalb einer Kategorie oder irgendeines Mikrokosmos begegnet, und fast immer habe ich beobachtet, dass sie sich auf eine höhere Stufe als die anderen stellten, dass sie sich überlegen fühlten. Peter hatte immer ein Lächeln im Gesicht. Er war gelassen, strahlte durch das, was er tat, sowie durch seine Leidenschaft und die Tatsache, dass er sich selbst genügte, aus, dass er glücklich war. Ich sah in ihm immer einen Menschen, der sich selbst verwirklicht hatte, dessen Gefühl von Selbstverwirklichung sich jedoch nicht auf die eigenen Leistungen gründete, sondern durch das Leben, das er führte, entstanden war.

Mit seiner freundlichen Art war Peter für mich der Überbringer eines „Anderswo“, wo die Dinge irgendwie tiefer und echter gelebt wurden: die große, weite Welt. Durch seine bloße Gegenwart bezeugte er die Existenz dieser Welt und ließ in mir den Wunsch aufkommen, sie kennenzulernen, und das Gefühl eines instinktiven Respekts entstehen.

Peter wohnte nur ein paar Tage in der Woche in Bozen, er besuchte die Kletterhalle also nur sporadisch. Doch ich hoffte immer, dass er kommen würde; es war für mich wie Ostern und Weihnachten zugleich, wenn ich ihn in die Halle kommen sah, ganz zu schweigen, wenn ich mit ihm klettern durfte. Schon bei unserer ersten Begegnung sprach er mich an und redete seitdem immer mit mir, und als er bemerkte, dass ich interessiert war, bezog er mich sogar mit ein: Er ließ mich seine eigenen Züge versuchen, sein Unterricht bestand manchmal auch nur aus einem Blick, vielleicht sogar noch mehr als aus Worten, und ich war stolz, wenn ich sah, dass er mit dem, was ich gelernt hatte, zufrieden war.

Peter war von elementarer Bedeutung für meinen Weg, auch wenn wir uns im Grunde genommen nicht oft gesehen haben. Während mit anderen Menschen aus der Kletterwelt echte Freundschaften, beständige und dauerhafte Verbindungen, entstanden sind, hatte ich mit ihm nie diese Art von Beziehung: Zwischen uns bestand eher ein besonderer Einklang, der auch aus der Ferne „funktionierte“. Doch in der kurzen Zeit, die wir zusammen verbrachten, habe ich ihn wirklich gut kennengelernt, da er ein offener Mensch war, nicht viele Worte machte, aber nicht schüchtern war, der ganz offen Blicke in sein Inneres zuließ. Er hatte eine schöne Art, das Leben zu sehen, er hing nicht an den Dingen oder am Geld (er sagte immer, dass ein Auto für ihn nur ein Mittel war, um von A nach B zu kommen, und machte sich wegen Kratzern an der Karosserie keinen Kopf). Er arbeitete viel, nutzte aber seine Freizeit immer, um Neues zu versuchen und die Welt zu sehen.

Er war der Erste, der mir die Leidenschaft für das Reisen vermittelte. Dies und noch vieles mehr!

Peter hat mir Dinge vermittelt, die ich dann so sehr verinnerlicht habe, dass es für mich schwierig ist, sie zu benennen oder mit einer inneren Distanz zu sehen. Auf Zehenspitzen hat er sich in meine Art und Weise zu sein und zu klettern eingeschlichen, ganz ohne Aufdringlichkeit, sondern nur durch sein stilles Charisma. Wenn ich an ihn zurückdenke, kommen mir weniger einzelne Momente oder Unterrichtsinhalte in den Sinn, sondern ich fühle, dass ich wirklich in seiner Schuld stehe für das, was er mit seiner Gegenwart zu meiner Entwicklung beigetragen hat. Ich werde ihn nie vergessen.

Im Sommer 2003 schlug man mir vor, mit der Mannschaft von Arco an dem Wettkampf teilzunehmen, der der erste meines Lebens sein sollte: dem italienischen Jugendcup im Bouldern (Coppa Italia Giovanile). Daran teilzunehmen schien mir, meine Fähigkeiten zu übersteigen, doch die anderen Jugendlichen ermutigten mich, und ich nahm den Vorschlag an: Im Grunde genommen konnte auch das eine Art und Weise sein, wie ich mit anderen meine Leidenschaft teilen konnte. Ich war 14 Jahre alt. Von jenem Tag in Spiazzo im Rendenatal (in der Nähe von Pinzolo im Trentino) sind mir viele Eindrücke in Erinnerung geblieben. Weil es mein erster Wettkampf war – es waren also neue Gefühle und Modalitäten mit im Spiel (es war ein Boulder-Wettkampf, also ohne Seil – an fünf Wänden musste man innerhalb von fünf Minuten nach oben klettern). Weil ich vielen anderen Jugendlichen begegnete, die dieselbe Motivation wie ich hatten. Und auch weil ich Zweiter wurde, und das war eine ziemliche Überraschung. Ich war ohne irgendwelche Erwartungen dorthin gefahren: Da ich es gewohnt war, allein zu trainieren, hatte ich keine besonderen Vergleichsparameter, nach allem, was ich wusste, hätte ich sowohl Erster als auch Letzter werden können. An den Wettkampf selbst habe ich keine Erinnerung, außer an die Aufregung, die ich zwischen einem Blockierer und dem nächsten fühlte, und dass ich mich am Ende, ohne zu wissen, wie mir geschah, auf der zweiten Stufe des Siegertreppchens wiederfand.

Es lief also richtig gut, und das motivierte mich dazu, mich der Wettkampfwelt zu nähern, aber auch dazu, noch mehr Zeit in der kleinen alten Bozener Kletterhalle zu verbringen und alles in die Wettkämpfe zu investieren.

Wie schon erwähnt, hatte ich damals noch keinen Trainer, weswegen sich mein Bedürfnis nach Training darin erschöpfte, möglichst viel zu klettern und mich so weit wie möglich auszupowern. Heute ist es für Kinder und Jugendliche viel einfacher, man wird besser betreut. Damals jedoch seilten sie dich an, und dann bist du auf eigene Faust geklettert. Okay, okay, ich übertreibe natürlich: Auch damals versuchten sie dir die unterschiedlichen Techniken zu erklären, das war’s dann aber auch schon. Heute hingegen gibt es ein viel größeres Angebot, und neben Grundkursen gibt es ein echtes Trainingsangebot für die Motivierteren, auch für Kinder und Jugendliche. Zudem sind die Kursleiter heute qualifizierter und mehr auf das Sportklettern ausgerichtet, während meine ersten Lehrer Bergführer der „alten Schule“ waren, die uns sogar in der Kletterhalle mit Trittschlingen klettern ließen …

Etwa zu der Zeit, als ich die Wettkämpfe für mich entdeckte, begann ich etwas ernsthafter am Felsen zu klettern. Anfangs war es mehr eine Form von „Erholung“ vom Training (auch mental). Mein Vater und ich steuerten einige Klettergebiete in der Nähe von Bozen an, vor allem in Truden und im Sarntal. Ich wartete ungeduldig darauf, dass er endlich von der Arbeit nach Hause kam, um mit ihm diese kleinen „Abenteuer“ zu erleben: Uns stand nicht viel Zeit zur Verfügung, wir eilten also in den Klettergarten und kehrten nach ein paar Stunden, wenn es dunkel wurde, wieder nach Hause zurück.

Ein weiterer Grund, weswegen ich mich dem Felsklettern zuwandte, war, dass ich mich mit den Schwierigkeitsgraden auseinandersetzen wollte:

Der Schwierigkeitsgrad war ein Mittel, um mein Niveau einzuschätzen, nicht so sehr im Vergleich zu dem der anderen Jugendlichen, sondern mehr im Vergleich zu … mir selbst, um zu sehen, wo ich stand.

Wenn ich in einen Klettergarten ging und dort eine 8a-Route schaffte, wusste ich, dass ich fit war. Im Klettergarten ist das einfacher zu überprüfen, da das Bewertungssystem allgemein gültig ist. In den verschiedenen Kletterhallen stößt man hingegen auf unterschiedliche Abstufungen und Einteilungen. In der Kletterhalle, in der ich trainierte, gab es noch nicht einmal vorgegebene Routen, sondern nur eine Wand voller Griffe und Tritte …

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