Kitabı oku: «Dance Anatomie»
Vollständige E-Book-Ausgabe der im Copress Verlag erschienenen Printausgabe (ISBN 978-3-7679-1231-1).
Erstmals erschienen 2010
unter dem Titel Dance Anatomy
bei Human Kinetics
Copyright © 2018, 2010 Jacqui Greene Haas
Komplett überarbeitete und erweiterte Neuauflage:
© 2018 der deutschen Ausgabe:
Stiebner Verlag GmbH
Hirtenweg 8 b
D-82031 Grünwald
Übersetzung aus dem Englischen: Trixi Maraile Bücker, Birgit Pleier
Satz und Redaktion (Printausgabe):
Antje Eszerski für bookwise GmbH, München
Alle Rechte vorbehalten. Dieses Buch darf nur nach vorheriger schriftlicher Zustimmung des Copyright-Inhabers vollständig bzw. teilweise vervielfältigt, in einem Datenerfassungssystem gespeichert oder mit elektronischen bzw. mechanischen Hilfsmitteln, Fotokopierern oder Aufzeichnungsgeräten bzw. anderweitig weiterverbreitet werden.
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
ISBN 978-3-7679-2063-7
Senior Graphic Designer (Printausgabe): Nancy Rasmus
Graphic Designer (Printausgabe): Whitney Milburn
Cover Designer: Keri Evans, Pierre Sick (deutsche Ausgabe)
Cover Illustrator: Molly Borman
Photographer (for illustration references): Peter Mueller
Visual Production Assistant: Joyce Brumfield
Senior Art Manager: Kelly Hendren
Illustrations: Fran Milner, Molly Borman, Heidi Richter
INHALT
Vorwort
Danksagung
KAPITEL | DER TÄNZER IN BEWEGUNG |
KAPITEL | GEHIRN-FITNESS |
KAPITEL | VERLETZUNGEN VORBEUGEN |
KAPITEL | WIRBELSÄULE |
KAPITEL | BRUSTKORB UND ATMUNG |
KAPITEL | RUMPF |
KAPITEL | SCHULTERN UND ARME |
KAPITEL | BECKEN |
KAPITEL | BEINE |
KAPITEL | FÜSSE UND SPRUNGGELENKE |
KAPITEL | GANZKÖRPERTRAINING |
Übungsübersicht
Hinweise
Über die Autorin
VORWORT
Heute ist es durch die Konkurrenz von Social Media, Online-Videos oder auch Spielkonsolen schwerer geworden, Menschen ins Theater zu locken, um Tanz auf der Bühne lebendig und in seiner ganzen Schönheit erleben zu können. Nach wie vor aber werden junge Talente zu wunderbaren Tänzerinnen und Tänzern ausgebildet und halten so die Kunstform des Tanzes am Leben! Sie machen es möglich, dass wir Tanz im Theater live und unmittelbar genießen können.
Tanzen fördert die Kreativität und wird schon seit Generationen als eine Form des Selbstausdrucks genutzt. Ein ausdrucksstarker Künstler besitzt außerdem die Fähigkeit, eine emotionale Bindung mit dem Publikum einzugehen. Er ist in der Lage, eine Idee und Emotionen durch Bewegung zu kommunizieren, die Erfahrungswelt der Zuschauer zu erweitern und diese durch seine tänzerische Ausdruckskraft in eine besondere Stimmung zu versetzen: Seine Bewegungen schlagen die Zuschauer in ihren Bann.
Tanz – das bedeutet souveräne Bewegung, pure Energie und elegante Leichtigkeit. Dynamik und fein gemeißelte Posen, eindrucksvolle Bilder und innovative Choreografien charakterisieren diese Kunstform. Tanz steht für perfekte Balance, extreme Körperbeherrschung, Anmut, Rhythmusgefühl und Schnelligkeit.
In puncto Ausbildungsmöglichkeiten können sich Tänzerinnen und Tänzer von heute glücklich schätzen: Wer begabt ist, hat gute Chancen, bei Wettbewerben und in Musicals aufzutreten oder in einer Ballettkompanie zu tanzen. Für junge Tänzer gibt es in ihrer Karriere nichts Aufregenderes, als von einem Choreografen für eine Hauptrolle ausgewählt zu werden. Doch braucht man, um auf diesem Hochleistungsmarkt bestehen zu können, hohe körperliche und geistige Fitness. Nie war es wichtiger als heutzutage, das Publikum zu beeindrucken. Vor allem extreme Choreografien sind gefragt.
Tanzen erlebt seit einigen Jahren einen Boom. In beinahe jeder Stadt der Welt kann man Tanzen lernen (allein in den USA gibt es an die 32000 Tanzstudios) und in Ballettakademien, Tanzschulen und Studios herrscht Hochbetrieb. Workshops, Wettbewerbe und Vorstellungen für jede Tanzrichtung nehmen überhand. Um sich gegen die enorme Konkurrenz zu behaupten, arbeiten Tänzerinnen und Tänzer härter denn je – und müssen sich neben Fitness, Technik, Musikalität und schwierigen Choreografien auch Strategien aneignen, um sich zu vermarkten. Bei all dem geraten Details des technischen Trainings mitunter in Vergessenheit.
Jahrzehntelang wurde Tanztechnik ohne eingehende anatomische Analyse weitergegeben. Früheren Tänzergenerationen mag das genügt haben. Wer aber heute auf der Bühne erfolgreich sein möchte, braucht gute Anatomiekenntnisse und ein optimales Training. Von daher liegt es auf der Hand: Jede Kombination an der Stange oder im Raum sollte einem definierten Zweck dienen – schließlich ist die Arbeit an der Stange keine lapidare Abfolge von Pliés und Tendus, sondern für die Organisation der Körperbewegungen notwendig.
Ein Hauptakzent des Trainings sollte im Aufbau von Muskelkraft liegen – nicht nur, um die Körperbeherrschung zu perfektionieren, sondern ebenso, um die Gelenke vor Verletzungen und Fehlhaltungen zu schützen. Ein Tänzer muss zudem lernen, wie die einzelnen Muskelgruppen funktionieren, wenn er sich Kombinationen und Figuren erarbeitet. So müssen beispielsweise die Muskeln, die ein Gelenk strecken, über den gesamten Bereich kontrahieren. Ohne eine plastische Vorstellung von den Muskeln, die bei der Streckung beteiligt sind, ist es aber viel schwerer, eine Kombination sicher und ausdrucksstark ausführen zu können. Oft werden Muskeln auch falsch oder einseitig beansprucht, was zu unästhetisch „aufgeblasenen“ Muskelpartien oder zu Verletzungen führt.
Dance Anatomie zeigt Tänzerinnen und Tänzern, wie sie Ihre Tanztechnik effektiv verbessern. Für diese Neuauflage wurden zwei Kapitel hinzugefügt: Ein Kapitel beleuchtet den Einfluss des Gehirns auf Bewegungen, das andere Kapitel widmet sich dem Thema, wie sich Verletzungen beim Tanzen vermeiden lassen. Das Buch bietet über 250 detaillierte Illustrationen zu Übungen, die ein visuelles Verständnis der Anatomie vermitteln. Damit erhalten Sie buchstäblich Einblick in das Innere von Tendu, Passé und Arabesque und können Ihre Linie durch ein gezieltes Training nach und nach verbessern. Fest steht: Jeder Tänzer bewegt sich souveräner, wenn er weiß, welche Muskeln bei einer bestimmten Bewegung kontrahieren. Jedes Kapitel in diesem Buch behandelt daher ein elementares Bewegungsprinzip.
Kapitel 1 bildet die Grundlage für die Optimierung Ihrer Tanztechnik: Hier werden Körperaufbau und Muskulatur an drei ausgewählten Figuren dargestellt. Dieses Kapitel stellt zudem klar heraus, warum es so immens wichtig für einen Tänzer ist, sich die Arbeit des eigenen Körpers über anatomische Darstellungen, Bewegungsebenen und Muskelaktionen zu veranschaulichen. Jede Abbildung zeigt eine detaillierte Darstellung der beteiligten Muskeln.
Kapitel 2, eines der Kapitel, die in der neuen Auflage ergänzt wurden, stellt die neurologischen Verbindungen zwischen dem Gehirn und dem Körper vor: Versteht man, wie das neuronale Netzwerk funktioniert, kann man dieses Wissen gezielt einsetzen, um die Tanztechnik zu verbessern.
Kapitel 3 wurde ebenfalls ergänzt. Es befasst sich mit dem Thema Verletzungsprävention beim Tanz und den entscheidenden Risikofaktoren, die Schüler wie Lehrende unbedingt kennen und berücksichtigen sollten.
Kapitel 4 bis 10 betrachten den Körper schrittweise von innen nach außen. Kapitel 4 befasst sich dabei mit der Ausrichtung und Position der Wirbelsäule. Dort hat Bewegung ihren Ursprung. Form, Aufbau und Bewegung der Wirbelsäule werden erörtert und spezielle Übungen für die exakte Ausrichtung der Wirbelsäule vorgestellt, begleitet von fachlich detaillierten Illustrationen, die die Beteiligung der Tiefenmuskulatur zeigen. Die Übungen in diesem Kapitel sollen nicht anstrengend sein, sondern vor allem ein besseres Bewusstsein für die Muskulatur vermitteln, die eine optimale Wirbelsäulenstellung unterstützt.
Kapitel 5 behandelt die anatomischen Aspekte der Atmung. Tänzer setzen häufig Brustatmung ein, was zu Verspannungen und rascher Ermüdung führt. Illustrationen verdeutlichen das ideale Zusammenspiel von Zwerchfell, Lunge und Rippen und in welcher Weise es dem Körper vermehrt Sauerstoff zuführt und die Ausdauer erhöht. Die Übungen in diesem Kapitel konzentrieren sich auf Details der Atmung bei unterschiedlichen Bewegungsabläufen und verfolgen das Ziel, die Qualität der Rumpfbewegung durch eine gute Atemtechnik zu optimieren sowie Verspannungen im Oberkörper zu reduzieren.
Kapitel 6 beschreibt die zentrale Rolle des Rumpfs beim Tanzen und zeigt Übungen zur Kräftigung der Rumpfmuskulatur und der Körpermitte. Bei der Stabilisierung der Wirbelsäule arbeiten der Quadratische Lendenmuskel und der Lenden-Darmbein-Muskel mit den Bauchmuskeln zusammen. Die Illustrationen zu den hier vorgestellten Übungen verdeutlichen, wie die Bewegung der Wirbelsäule von Bauchmuskelkontraktionen gesteuert wird. Da im herkömmlichen Tanztraining nur selten sämtliche Schichten der Bauchmuskulatur angesprochen werden, benötigen Tänzer fast ausnahmslos ein zusätzliches Trainingsprogramm für die Rumpfstabilisatoren.
Kapitel 7 widmet sich der Muskulatur des Schultergürtels und der Arme. Die speziellen Übungen zu diesem Bereich dienen primär der Verbesserung von Port de Bras und Hebefiguren.
In Kapitel 8 geht es um die Stärkung des Beckens für eine optimale Ausdrehung. Die Übungen in Kapitel 9 zielen auf die elegante und kraftvolle Arbeit der Beine ab. Jede Abbildung zeigt Muskelursprünge und Muskelansätze, um Ihnen eine Feinabstimmung Ihrer Kontraktionen zu ermöglichen.
Kapitel 10 befasst sich mit den Sprunggelenken und Füßen. Die meisten aller Tanzverletzungen betreffen diesen Bereich. Der Fuß besteht aus 26 Knochen und über 30 Gelenken, die vielfältige Bewegungen ermöglichen. Diese kleinen Gelenke sind für die Gewichtsverlagerung sowie für Absprung und Landung beim Sprung zuständig. Fehlt den Muskeln die nötige Kraft, leiden Haltung und Technik darunter. Das Kapitel zeigt Übungen für die Stärkung, Ausrichtung, Balance und Flexibilität der Unterschenkelmuskulatur, Sprunggelenke und Füße.
Kapitel 11 schließlich stellt Übungen für mehrere Bereiche vor. Zusätzlich zur Kräftigung bestimmter Muskeln fördern die Übungen das harmonische Zusammenspiel der Muskeln beim Halten von Positionen und bei Bewegungsabläufen.
Um von den Übungen in diesem Buch bestmöglich profitieren zu können, ist es sinnvoll, sich ein individuelles Übungsprogramm aufzubauen, das dem eigenen Rhythmus von Training, Proben und Pausieren entgegenkommt. Mit einem Programm, das auf Ihre individuellen Bedürfnisse zugeschnitten ist, reduzieren Sie den Anteil an ineffektiver Übungszeit und optimieren Schritt für Schritt Ihr Training und Ihre Tanztechnik. Wie Sie sich ein Übungsprogramm zusammenstellen, lesen Sie in Kapitel 11.
Wer sich als Tänzer weiterentwickeln und erfolgreich sein möchte, muss an seiner Technik permanent arbeiten. Die Technik ist die Basis. Erst durch eine solide Technik erhalten die Bewegungen eines Tänzers auf der Bühne die erwünschte Präsenz und eine klare, ausdrucksstarke Ausrichtung. Um die Linie exakter zu formen und Choreografien rhythmisch und musikalisch prägnant umzusetzen, ist ein Verständnis der verschiedenen Bewegungsebenen sehr hilfreich, die in den einzelnen Kapiteln von Dance Anatomie beschrieben werden. Dabei spielt es keine Rolle, ob eine Tänzerin oder ein Tänzer vor einer Jury, auf einer Bühne oder in einer Trainingsklasse tanzt: Was Jury, Publikum und Lehrende sehen möchten, sind Kraft, klare Linien und musikalische Genauigkeit.
Dance Anatomie bietet Ihnen Tipps und Hilfestellung, wie Sie eine bessere Ausdrehung des Oberschenkels, ein höheres Développé, ein flexibleres Cambré oder eine schönere Arabesque erreichen.
Sämtliche Übungen in diesem Arbeitsbuch werden durch Anleitungen für eine korrekte Atemtechnik und zum gezielten Einsatz der Rumpfstabilisatoren für eine bessere Haltung ergänzt. Außerdem geben wir Sicherheitstipps, die Fehlhaltungen und Verletzungen vorbeugen. Die jeweils beteiligte Muskulatur ist zusätzlich in Illustrationen dargestellt, die diese Muskeln in einer bestimmten Tanzbewegung zeigen. Der Zusammenhang zwischen den im Buch vorgestellten Übungsbeispielen und der Ausführung beim Tanz wird so unmittelbar sichtbar und lässt sich auf alle Tanzformen und Tanzstile anwenden.
Fazit: Dieses Buch liefert Ihnen Grundlagenwissen und konkrete Anleitung, um die Mechanik der eigenen Bewegungsabläufe zu analysieren und Korrekturen wirkungsvoll umzusetzen. Die speziellen Übungen in den einzelnen Kapiteln zeigen Ihnen einen Weg, das Thema Tanztechnik systematisch und auf eine sehr pragmatische Weise anzugehen. Nutzen Sie die Tipps und Hilfen, um Ihren Tanz durch eine versiertere Technik kraftvoller, geschmeidiger und ausdrucksvoller zu gestalten: Die nächste Hauptrolle könnte Ihre sein!
DANKSAGUNG
All den wunderbaren Tanzlehrerinnen und Tanzlehrern, die ihr Leben der Ausbildung junger Menschen widmen und die Kunst des Tanzes lebendig halten, möchte ich von Herzen danken: Diese Menschen werden unweigerlich einen großen Einfluss auf ihre Schülerinnen und Schüler nehmen – nicht nur, indem sie ihnen vermitteln, wie man sich zur Musik zu bewegen kann, sondern auch, weil sie ihnen emotionale und kreative Erfahrungen mitgeben, die sie ein Leben lang begleiten werden. Einige meiner Tanzlehrer werde ich niemals vergessen. Dazu zählen vor allem Miriam R. Doktor, Valerie R. Weld, Richard Sias, Chase Robinson, David McLain, David Blackburn, James Truitte, Frederic Franklin, John Butler, Ivan Nagy und Ruth Andrien.
Mein aufrichtiger Dank gilt an dieser Stelle besonders denjenigen, die an der zweiten Auflage meines erfolgreichen Buchs mitgewirkt haben:
Ich danke vor allem Christina LaForgia Morse und James Gilmer, beide Tänzer am Cincinnati Ballet und Tracey Bonner (BFA, MFA), Koordinatorin und Dozentin für Tanz an der Northern Kentucky University.
Außerdem geht mein Dank an die Northern Kentucky University School of Theatre and Arts, an den Fotografen der Extraklasse Peter Mueller sowie an Cynthia McEntire, die beste lektorin von allen.
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DER TÄNZER IN BEWEGUNG
Die Ästhetik der Kunstform Tanz lässt sich nicht durch wissenschaftliche Untersuchungen erklären, doch das Wissen um die Grundlagen der Bewegung des menschlichen Körpers ist für jede Tänzerin und jeden Tänzer Garant für eine effektvolle und präzise Performance. Bewegung lässt sich als Körperaktion oder Positionswechsel definieren. Aber ein Tänzer in Bewegung ist weit mehr als das: Aus Kraft, Balance und Leichtigkeit der tänzerischen Bewegung entsteht eine kunstvolle Abfolge lebendiger Bilder. Balance ist dabei ein Schlüsselwort, auf das wir ständig zurückkommen werden. Balance heißt physisches Gleichgewicht, bedeutet aber auch harmonische Proportionen. Die Balance der Muskulatur muss man begreifen, um seine tänzerische Qualität optimieren zu können. In diesem Kapitel werden anhand von Abbildungen dreier Tanzpositionen – Jazz Layout, Attitude Derrière und Split Jump – die Prinzipien der Bewegung erläutert.
KNOCHEN, GELENKE UND SKELETTMUSKULATUR
Voraussetzung für das Verständnis tänzerischer Bewegung ist die grundlegende Kenntnis davon, wie die einzelnen Komponenten des menschlichen Bewegungsapparats – Knochen, Gelenke und Muskeln – zusammenspielen. Versteht ein Tänzer es, diese Elemente der Bewegungsbasis bestmöglich einzusetzen, wird es ihm auch ohne Weiteres gelingen, sein tänzerisches Niveau und seine Ausdrucksfähigkeit zu steigern.
Knochen
Der menschliche Körper besteht aus 206 Knochen. Sie bilden einerseits das Stützgerüst und dienen andererseits als Hebel für die Muskeln. Es gibt fünf unterschiedliche Knochentypen bzw. Knochenformen: platte Knochen, Röhrenknochen, kurze Knochen, Sesambeine sowie unregelmäßige Knochen. Die platten Knochen finden sich in Schädel, Brustkorb und Becken. Die Schädelknochen schützen das Gehirn, der Brustkorb und das Becken schützen die inneren Organe. Die Röhrenknochen oder Langknochen in Armen und Beinen dienen bei Bewegungen als Hebel für die Muskeln. Kurze Knochen befinden sich in Füßen und Handgelenken. Sie ermöglichen kleinere Bewegungen, dienen aber vor allem der Stabilisierung. Sesambeine sind frei in Sehnen eingelagerte Knöchelchen, die als Stoßdämpfer fungierne. Zu den unregelmäßigen Knochen gehören beispielsweise die Wirbelknochen, die die Wirbelsäule schützen.
Knochen bestehen aus Kalzium und Kollagen: Kalzium verleiht ihnen Stabilität, während Kollagen sie flexibel macht. Kalzium stärkt also die Knochen und sorgt für gesunde Muskelkontraktionen. Nimmt der Körper zu wenig Kalzium auf, kann das zu einer Knochenschwäche führen, die das Risiko von Ermüdungsbrüchen erhöht. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt ab einem Alter von 19 Jahren eine Kalziumzufuhr von mindestens 1000 mg täglich, bei Jugendlichen sogar von mindestens 1200 mg. Einen hohen Kalziumgehalt haben Milchprodukte, Grünkohl und Spinat, oder auch Cerealien oder Säfte mit entsprechenden Zusätzen. Diese Lebensmittel können Ihnen zu einem ausgeglichenen Kalziumhaushalt verhelfen und Ihre Knochen stärken.
Bewegung entsteht durch Hebelkraft, das heißt, ein starrer Hebel setzt durch Krafteinwirkung einen festen Punkt in Bewegung. Im Körper fungieren die Knochen als starre Hebel, die Gelenke als feste Punkte und die Kontraktion der an den Knochen ansetzenden Muskeln als einwirkende Kraft. In der Layout-Position, wie sie Abbildung 1.1 zeigt, dient der Oberschenkelknochen als Hebel, das Hüftgelenk des Spielbeins als fester Punkt, während der Hüftgelenkbeuger durch seine Kontraktion die Kraft für die Bewegung liefert.
Sehnen fixieren die Muskeln an den Skelettknochen – und werden wiederum durch starke Gewebebänder miteinander verbunden. Sehnen sind dichte Stränge aus gebündelten Bindegewebsfasern, die flexibel, aber sehr belastbar sind. Sie übertragen die Kontraktionskraft der Muskeln auf die Knochen. Manche Sehnen sind von einer Gewebehülle umgeben, die die Sehne an ihrem Platz hält und leichtes Gleiten ermöglicht. Zu starke oder wiederholte Belastung kann zu einer Sehnenscheidenentzündung oder Sehnenentzündung (Tendinitis, Tenosynovitis) führen. Dieses Risiko lässt sich durch Krafttraining, Stretching und eine ausgewogener Ernährung minimieren.
Bänder sind Stränge aus kräftigen Kollagenfasern, die Knochen mit Knochen verbinden und die Gelenke stabilisieren. Die Bänder können beim Tanzen gezerrt werden und bei extremer Überdehnung auch reißen. Die meisten Bänderzerrungen und -risse entstehen beim Landen aus einem Sprung, wenn Knöchel oder Knie verdreht werden. Derartige Verletzungen erfordern in der Regel eine Trainingspause zum Heilen sowie Physiotherapie für den erneuten Muskelaufbau. Mehr zu Verletzungen und ihrer Vermeidung erfahren Sie im nächsten Kapitel.
ABBILDUNG 1.1Jazz Layout
Gelenke
An einem Gelenk treffen jeweils zwei Knochen aufeinander. Die Knochenenden sind von Knorpelgewebe umgeben, das für eine weiche Gelenkbewegung sorgt. Jahrelanges Tanzen und Überbeanspruchung der Gelenke können diese Knorpelschicht schädigen, was zu chronischen Entzündungen führt. Wird der Knorpel in einem Gelenk jedoch dünner, dann nutzt der Körper zum Ausgleich andere Gelenke. Mit der Zeit entsteht dadurch ein Ungleichgewicht.
Um Verletzungen vorzubeugen (und die Balance zu verbessern), ist es für Tänzer vor allem wichtig, die Muskelkraft zu erhalten, um die Gelenke zu stützen. Es ist aber ebenso wichtig, auf ausreichend Entspannungsphasen und Schlaf zu achten, damit sich die Muskeln regenerieren können. Die Gelenke sollten überdies nicht durch zu hohes Körpergewicht belastet werden.
Da einem Tänzer in der Regel die Funktion der unterschiedlichen Gelenke bekannt ist, gehen wir im Folgenden nur kurz auf Scharnier-, Gleit- und Kugelgelenke ein. Die verschiedenen Bewegungsrichtungen der Gelenke sind in der unten stehenden Tabelle 1.1 aufgeführt. Sie werden als Flexion (Beugung) und Extension (Streckung), Abduktion (Abspreizung) und Adduktion (Heranführung) sowie als Rotation (Drehung) bezeichnet und beschreiben meist eine Bewegung auf derselben Ebene, arbeiten dabei jedoch in unterschiedliche Richtungen.
Bei einem Scharniergelenk handelt es sich um zwei Knochen, die an einem Ende leicht konkav bzw. konvex geformt sind, wie zum Beispiel das Knie. Bei der Beugung und Streckung des Knies ist hauptsächlich die Bewegung auf einer Ebene möglich. Im Knie repräsentiert die Flexion das Anwinkeln des Unterschenkels, die Extension das Durchstrecken des Beins (Tab. 1.1). Das gebeugte Standbein und das gestreckte Spielbein sind in Abbildung 1.1 zu sehen.
TABELLE 1.1Gelenkbewegungen
Aktion | Bewegung | Beispiel für den Einsatz im Tanz |
Flexion | Beugung eines Gelenks | Beugung des Hüftgelenks beim Grand Battement Devant |
Extension | Streckung eines Gelenks | Streckung des Ellbogens in einer Push-up-Position |
Abduktion | Abspreizen | Arme in zweiter Position; Arme seitlich vom Körper |
Adduktion | Heranführen | Assemblé; Zusammenführen der Beine |
Außenrotation | Auswärtsdrehung | Turnout; Grand Plié in zweiter Position |
Innenrotation | Einwärtsdrehung | Innenrotation des Schultergelenks (Hand auf die Hüfte legen) |
Plantarflexion | Streckung des Fußes | Relevé; Spitze |
Dorsalflexion | Beugung des Fußes | Anheben des Vorderfußes |
Pronation | Einwärtsdrehung des Fußes | Senkfuß oder Plattfuß |
Supination | Auswärtsdrehung des Fußes | Hohlfuß |
Gleitgelenke bestehen aus Knochen mit abgeflachten Enden. Sie ermöglichen nur eine eingeschränkte Bewegung. Diese Gelenkart befindet sich zum Beispiel an der Stelle, an der die Rippen mit den Wirbeln verbunden sind (Abb. 1.3), was auch die geringe Flexibilität im Brustbereich erklärt (mehr dazu in Kap. 4).
Kugelgelenke, deren Knochen an einem Ende kugel- bzw. pfannenförmig ausgebildet sind, finden sich an Hüfte und Schulter. Für Tänzer ist diese Art von Gelenk für die Ausdrehung des Oberschenkels (Turnout) und das Développé von Bedeutung. Wir werden in Kapitel 8 und 9 noch genauer darauf eingehen.
Beim Tanzen leisten Hüfte und Schulter schwere Arbeit. Das Hüftgelenk besitzt eine tiefere Pfanne als das Schultergelenk. Die Bewegungsmöglichkeiten in diesem Gelenk sind Flexion und Extension, Abduktion und Adduktion sowie Rotation. Wie sich der Oberschenkelkopf des Standbeins in die Gelenkpfanne des Hüftgelenks einpasst, zeigt Abbildung 1.2.
ABBILDUNG 1.2 Attitude derrière
Die Hüftgelenke müssen bei Pliés, Sprung- und Beinübungen das Körpergewicht tragen. Chronische Hüftschäden lassen sich hier vermeiden, wenn das Becken stabil gehalten wird und für ein gesundes Gleichgewicht der stützenden Muskeln gesorgt wird (mehr dazu in Kap. 8).
Was die Schulter angeht, so kann sie beim Tanzen auch auskugeln, weil die Schultergelenkpfanne flach ist. Um das zu vermeiden, müssen die Schultergelenke gekräftigt werden (eine nähere Beschreibung hierzu in Kap. 7).