Kitabı oku: «Am Grunde des Flusses»

Yazı tipi:

Jamaica Kincaid

Am Grunde des Flusses

Aus dem Englischen von Sarah und Moritz Kirsch

Kampa

Für meine Mutter Annie, in Liebe,

und für Mr. Shawn, in Dankbarkeit und Liebe

Mädchen

Wasch die weißen Sachen immer gleich Montag und leg sie auf den Steinen dann aus. Das Bunte wäscht man am Dienstag und hängt es auf die Leine zum Trocknen. Man läuft nicht ohne Kopfbedeckung in der Sonne her- um. Zum Frittieren der Kürbisschnitzel nimmt man sehr heißes, ungesäuertes Öl. Weich deine kleinen Sachen am besten gleich ein, wenn du sie ausgezogen hast. Wenn du Baumwollstoff kaufst, um dir selbst eine nette Bluse zu nähn, musst du darauf achten, dass er nicht appretiert ist, die Freude dauert sonst nur bis zur ersten Wäsche. Stockfisch muss man vor dem Kochen eine Nacht lang in Wasser legen. Stimmt es, dass du in der Sonntagsschule dieses schreckliche Lied singst? Du solltest stets so zu essen versuchen, dass sich keinem andern der Magen umdreht. Bemüh dich, sonntags wie eine Lady zu gehen und nicht wie die Schlampe, die du begierig vorhast zu werden. Sing in der Sonntagsschule um Gottes willen nicht dieses Lied! Sprich nicht mit den Jungen vom Hafen, es sind Ratten, nicht mal, um ihnen einen Auftrag zu geben. Iss kein Obst auf der Straße, sonst folgt dir ein Fliegenschwarm. Aber ich singe sonntags dieses Lied nicht und schon gar nicht in der Sonntagsschule. So näht man einen Knopf an. So macht man das Knopfloch für den Knopf, den man angenäht hat. Den Kleidersaum musst du sofort wieder aufnehmen, wenn er anfängt herunterzukommen, damit kannst du verhindern, dass du wie eine Schlampe aussiehst, zu der du das Zeug hast. So bügelt man das Khakihemd des eigenen Vaters, dass keine Falte entsteht. Und so die Khakihosen des eigenen Vaters, dass auch keine Falte entsteht. Das lohnt sich, so wie den Eibisch immer ein Stück vom Haus entfernt pflanzen, weil er die roten Ameisen anzieht. Wenn du Kolokasien pflanzt, dann musst du darauf achten, dass sie stets genügend Wasser bekommen, andernfalls brennt dir beim Essen die Kehle. So fegt man eine Ecke. So fegt man ein Haus. So fegt man einen Hof und nicht anders. So lächelt man Leuten zu, die man nicht so gut leiden kann. So lächelt man Leuten zu, die man überhaupt nicht ausstehen kann. So lächelt man jemandem zu, den man rundherum mag. So deckt man einen Teetisch. So deckt man einen Dinnertisch. So deckt man einen Dinnertisch, wenn man einen wichtigen Gast erwartet. So deckt man zum Lunch den Tisch. So musst du immer den Frühstückstisch decken. So solltest du dich in der Gegenwart von Männern benehmen, die dich nicht so gut kennen. Auf diese Weise werden sie die Schlampe, die trotz meiner Warnungen in dir steckt, wenigstens nicht sofort erkennen. Schwöre, dass du dich jeden Tag wäschst. Und wenns mit der eigenen Spucke ist. Bück dich nicht, um mit Murmeln zu spielen, du bist kein Junge, wie du ja weißt. Pflück nicht die Blumen von anderen Leuten, du könntest dir da was holen. Wirf keine Steine auf Amseln, weil es sein kann, dass es gar keine Amseln sind. Dies ist die einzige Art, wie man Brotpudding macht. So macht man Doukona. So macht man einen Pfeffertopf. So erhält man eine gute Medizin für eine Erkältung. So erhält man eine gute Medizin, ein Kind loszuwerden, bevors noch eins wird. Das ist, wie man einen Fisch fängt. Das ist, wie man einen Fisch einfach zurückwirft, den man nicht will, und so wird dich was Schlimmes nicht anfalln. So hat man einen Mann am Schnürchen. So hat ein Mann einen am Schnürchen. So liebt man einen Mann, und wenn das nicht klappt, hat man andere Mittel und Wege, und wenn alles nicht anschlägt, musst du die Niederlage verkraften. Man spuckt in die Luft, wenn einem so ist, man muss nur schon weiter sein, wenn die Spucke herabfällt. So streckt man sich nach der Decke. Fühl immer das Brot an, damit du wirklich frisches bekommst. Aber was ist, wenn der Bäcker mich das Brot nicht anfassen lässt? Wie kommst du darauf, dass du nach alldem die Sorte Frau bist, die der Bäcker nicht an sein Brot ranlässt?

Nachts

Nachts, unterwegs am Anfang der Nacht, wenn sie noch nicht wien süßer Trank in kleine Schlucke eingeteilt ist, eine Unterscheidung in vor Mitternacht, Mitternacht, nach Mitternacht sich ganz erübrigt, wenn die Nacht an einigen Stellen gewölbt, an anderen flach ist und an noch anderen ein tiefes Loch, blau an den Rändern, im Innern schwarz, dann kommen die Jauchemänner.

Sie kommen und gehen, bewegen sich auf dem feuchten Boden in ihren Strohschuhen. Die Füße in den Strohschuhen vollführen ein kratzendes Geräusch. Sie selbst sagen nichts.

Die Jauchemänner können einen Vogel in den Bäumen umhergehen sehn. Es ist aber kein Vogel. Es ist eine Frau, die ihre Haut abgestreift hat und sich aufmacht, das Blut ihrer heimlichen Feinde zu trinken. Es ist eine Frau, die ihre Haut in der Ecke eines Hauses, das aus Holz ist, vergaß. Es ist eine Frau, die tags ganz vernünftig ist und die Honigbienen im Hibiskus bewundert. Eine Frau, die spaßeshalber wie ein durstiger Esel zu schreien vermag.

Der Ton einer Grille ist vorhanden, der Klang einer Kirchenglocke, das Geräusch dieses knarrenden Hauses, eines anderen, eines dritten knarrenden Hauses, wenn sie in der Erde versinken. Es gibt den Klang eines Radios aus weiter Entfernung, wenn ein Fischer eine süße Merengue-Musik hört. Das Stöhnen eines schlafenden Mannes ist vernehmbar. Die Verletzung einer davon getroffenen Frau. Es gibt den Klang, wenn der Mann die Frau ersticht, und einen, wenn ihr Blut auf den Fußboden tropft, das Geräusch auch, das Mr. Straffee, der Leichenbestatter, verursacht, wenn er den Körper dann abholt. Und das Geräusch, wenn sie als Geist aus dem Totenreich kommt, ihren Mann zu betrachten, der zu stöhnen pflegte. Ab jetzt wird er ein chronisches Fieber haben. Es gibt das Geräusch, das eine Frau beim Schreiben eines Briefes hervorruft. Den Ton der Federspitze über das weiße Papier. Das kleine Geräusch, als die Kerosinlampe ausgedreht wird. Der Hall des schmerzenden Kopfs existiert.

Der Regen fällt auf das Blechdach, die Blätter der Bäume, auf die Steine im Hof, auf Sand bis in den Grund der Erde. Die Nacht ist an einigen Stellen nass, an anderen warm.

Es gibt Mr. Gishard, er steht unter einer völlig erblühten Zeder und trägt den schönen weißen Anzug, der noch genauso makellos ist wie zu dem Zeitpunkt, als man ihn darin begrub. Der weiße Anzug kam aus England, in einem braunen Paket »An Mr. John Gishard« und so weiter bis zum Ende. Mr. Gishard steht unter dem Baum in seinem weißen Anzug aus England und hält ein volles Glas in der Hand. Genau das Glas voller Rum, das er kurz vor seinem Tode so hielt, und er betrachtet das Haus, in dem er gewohnt war zu leben. Die Leute, die jetzt drin wohnen, benutzen immer die Hintertür, wenn sie Mr. Gishard mit seinem schönen Anzug unter dem Baum stehen sehen. Es hat den Anschein, als würde ihm sein Akkordeon fehlen, wie er den Takt mit dem Fuß schlägt.

Ich kann im Traum ein Baby hören, das gerade geboren wird. Sein Gesicht sehen, ein durchsichtiges, kleines Gesicht und ganz reizend. Ich kann seine Hände erkennen, ebenso reizend. Seine Augen sind geschlossen. Das Baby atmet. Natürlich atmet es. Das Baby blökt. Ja, es blökt. Das Baby und ich gehen nun auf die Weide. Das Baby frisst grünes Gras mit zarten rosa Lippen. Meine Mutter schüttelt mich an den Schultern. Meine Mutter sagt: »Kleine Miss, kleine Miss!« Und ich sage zu meiner Mutter: »Ja, aber es ist doch noch Nacht!« Meine Mutter sagt: »Natürlich, aber du hast dein Bett nass gemacht.« Und meine Mutter, die noch jung ist und noch sehr schön und schimmernde rosa Lippen hat, holt mich aus meinem nassen Nachtgewand raus, räumt die nassen Laken hinweg. Meine Mutter kann alles verändern. Nachts träume ich von der Nacht.

»Was sind das für Lichter dort in den Bergen?«

»Die Lichter in den Bergen? Bestimmt eine Teuflin.«

»Eine Teuflin? Was denn für eine Teuflin?«

»Eine, die imstande ist, sich in alles zu verwandeln. Man kann aber an den Augen erkennen, dass sie nicht echt sind. Ihre Augen leuchten wie Laternen, hell, dass sie blenden. An den Augen kann man so eine erkennen. Sie treiben sich gern in den Bergen herum. Wenn du eine schöne Frau siehst, denke immer daran, dass eine Teuflin es nur darauf anlegt, so auszusehen.«

Was ich niemals gehört habe: »Mein Vater, ein Jauchefahrer, ist sehr fein und sehr freundlich. Wenn er an einem Hund vorüberkommt, so streichelt er ihn, anstatt ihm Tritte zu geben. Er isst alle Stücke vom Fisch gern, am liebsten aber den Kopf. Er geht regelmäßig in die Kirche und freut sich immer besonders, wenn der Geistliche Ein feste Burg ist unser Gott anstimmt, weil das sein Lieblingslied ist. Er würde gern rosa Hemden und rosa Anzüge tragen, aber natürlich sieht er ein, dass diese Farbe für einen Mann einfach nicht passend ist, und so trägt er eben Marineblau oder Braun, Farben, die er nicht ausstehen kann. Meine Mutter lernte er in dem Ding da kennen, das hier als Bus verkleidet umherfährt. Das ist lange her, aber er pfeift immer noch gerne. Als er wieder einmal einem Bus nachrannte, stürzte er nieder, brach sich den Knöchel und musste eine geschlagene Woche im Krankenhaus verbringen. Das machte ihn vollends elend, und er wurde erst wieder heiter, als er meine Mutter und mich lächelnd über sein weißes Krankenhausbett gebeugt sah, mit gelben Rosensträußen in unseren Händen. Da sagte er plötzlich ›Oje, oje, schlag mich der Donner!‹ Das aber, was er am liebsten macht, mein Vater, der Latrinenräumer, das ist auf einem großen Steine unter einem Mahagonibaum sitzen und kleinen Kindern beim Spielen eines Cricketspiels zusehen und dabei mit Blut und Reis gestopfte Eingeweide von Tieren verzehren und Ingwerbier trinken. Er hat mir oftmals wörtlich gesagt, ›Ach mein Kleines, was ich aber am liebsten mache‹, na und so fort. Meistens liest er Bücher über Botanik und kennt sich vortrefflich aus mit Kautschukplantagen und überhaupt Kautschukbäumen. Eine Vorliebe, die ich nicht zu erklären vermag, weil der einzige Kautschukbaum, den er jemals wirklich gesehen hat, einer im Botanischen Garten war. Er achtet sehr darauf, dass mir die Schulschuhe passen. Ich liebe meinen Vater, den Jauchefahrer. Meine Mutter liebt meinen Vater, den Jauchefahrer. Jedermann liebt ihn und winkt ihm zu, wenn er ihn sieht. Er ist ja ein sehr gut aussehender Mann, und ich habe mehrfach gesehen, dass Frauen ihn zweimal anschauen mussten. An Feiertagen trägt er einen braunen Filzhut, den er aus England kommen lässt, braune Lederschuhe, gleichfalls aus England. An gewöhnlichen Tagen geht er barhäuptig umher. Wenn er mich ruft, antworte ich ›Yes, Sir‹. Zu den Geburtstagen meiner Mutter besorgt er einen netten Kleiderstoff. Er macht uns glücklich, mein Vater, der Jaucheabholer, und hat versprochen, dass er uns eines schönen Tages mitnehmen wird, etwas zu sehen, wovon er oftmals gelesen hat und was man den Zirkus wohl nennt.«

Die Blumen schließen sich nachts und scheinen zu schwellen. Die Hibiskusblüten, die abertausend Sträuße des Flammenbaums, die Amaranthblumen, die Wasserhyazinthen, die Samtblumenknöpfe, die Rispen des Weißschopfbuschs, die Seerosen alle, die Yuccalilien, die Schlangenkopfblüten, die Wolken des Sobbenbaumes, die Kelche im Flaschenbaum, Mangoblüten, Guavenblumen, die Kränze der Zedern, Sterne vom Stinkholz, die Blumen des Trauernden Baums, die Schüsseln der Baummelone, überall schließen sich die Blumen und scheinen zu schwellen. Sie sind leicht verletzbar, die Blumen.

Einer flechtet einen Korb, irgendwer fertigt für ein Mädchen ein Kleid, für einen Jungen ein Hemd an, irgendjemand macht eine Suppe mit Maniok, dass der Mann sie am anderen Tag auf das Zuckerrohrfeld mitnehmen kann, irgendwer baut seiner Frau ein wunderschönes Mahagonischränkchen, jemand verstreut farbloses Pulver vor einer verschlossenen Tür, worauf eines anderen Kind tot geboren sein wird, jemand betet, dass ein schlechtes Kind, das glücklich im Ausland lebt, so gut sein wird, ein Paket mit neuen Sachen zu schicken, und irgendwer schläft.

Jetzt bin ich ein Mädchen, aber eines Tages werde ich eine Frau heiraten, eine rothäutige Frau mit schwarzem Brombeerstrauchhaar und braunen Augen, die Röcke trägt, weit genug, sich darin zu verbergen. Diese Frau würde ich gerne heiraten und mit ihr in der Nähe des Meeres in einer Lehmhütte wohnen. In der Lehmhütte werden zwei Stühle sein und ein Tisch, eine Lampe, mit Kerosin zu füllen, ein kleiner Medizinschrank, ein Topf, ein Bett, zwei Kissen, zwei Decken, ein Spiegel, zwei Tassen, zwei Untertassen, zwei große Teller, zwei Gabeln, zwei Wassergläser, eine Schüssel aus Porzellan, zwei Angelruten, zwei Strohhüte, die brennende Sonne von unseren Köpfen fernzuhalten, zwei Truhen für Dinge, die wir nicht brauchen, ein Korb, ein Buch mit unliniertem Papier, eine Schachtel mit zwölf verschiedenen Buntstiften drin, ein Laib Brot, in braunes Papier geschlagen, ein Kohletopf, ein Bild mit zwei auf einer Mole stehenden Frauen, ein Bild, auf dem dieselben Frauen zum Abschied sich küssen, eine Schachtel Streichhölzer schließlich. Jeden Tag werden die rothäutige Frau und ich Brot und Milch auf dem Frühstückstisch haben, uns in dichten Büschen verstecken und getrockneten Kuhmist auf Leute schmeißen, die wir nicht mögen, oder die Kokosnussbäume erklettern, reichlich Kokosnüsse dann pflücken, um das Kokosnussfleisch, das Kokosnusswasser der Nüsse, die wir selber gepflückt haben, essen und trinken zu können, wir werden Steine ins Meer fallen lassen, uns John-Bull-Masken aufsetzen und hilflose kleine Kinder auf dem Nachhauseweg von der Schule erschrecken, angeln gehen, nur unsere Lieblingsfische fangen, sie braten und zum Abendessen verzehren, grüne Feigen stehlen, um sie mit den gebratenen Fischen zum Abendessen zu verzehren. Das würden wir jeden Tag wieder tun. Jede Nacht würde ich ein Lied für diese Frau singen, den Text weiß ich noch nicht, aber die Melodie hab ich fertig im Kopf. Die Frau, die ich gerne heiraten würde, weiß über viele Dinge Bescheid, aber sie wird mir nur das erzählen, was einem nicht im Traum einfällt und dann Angst macht. Und jede Nacht, immer wieder, wird sie mir etwas erzählen, das mit »bevor du geboren wurdest« anfängt. Solch eine Frau werde ich heiraten und jede Nacht, jede Nacht vollkommen glücklich sein.

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