Kitabı oku: «Der Kessel der Götter», sayfa 13
Matronen
Ein weiteres Lieblingsthema sind die Matronen. Hier wird es wirklich verzwickt. So viele Gelehrte des 19. Jahrhunderts haben die Verehrung einer hypothetischen großen Muttergöttin in archaischen Zeiten postuliert… Du weißt schon, die Art von Gottheit, die immer mit Fruchtbarkeitskulten und der Verehrung der Genitalien einhergeht. Unter den wissenschaftlichen Themen des letzten Jahrhunderts war das eines, das den Leuten den Mund wässrig machte, und unter schlecht informierten Neuheiden ist es das noch heute. Die große Göttin, von zahllosen Neuheiden in aller Welt verehrt, hat nur wenig historische Berechtigung. Sie wurde von Wissenschaftlern erfunden, die nach einem Gegenstück zum üblichen männlich-monotheistischen, patriarchalen Gott judäo-christlichen Ursprungs suchten. Diese Wissenschaftler waren der Ansicht, dass Monotheismus der Normalzustand ist (was eine sehr moderne Idee ist), und dass er unweigerlich mit solchen Dingen wie zentralistisch organisierten Staaten, einem einheitlichen Glaubensbekenntnis und so weiter einhergeht. Zu viele moderne Autoren folgen diesem Trend. Sie gehen von einer einzigen keltischen Muttergöttin aus und haben den Nerv, zu behaupten, dass alle anderen weiblichen Gottheiten der Kelten im Grunde Teilaspekte einer großen Mama waren. Wenn man liest, dass sogar blutrünstige, unverheiratete und kinderlose Kriegsgöttinnen Aspekte der großen Muttergöttin sein sollen, fragt man sich, ob der Begriff überhaupt irgendeine Bedeutung hat. Haben Frauen kein Existenzrecht, wenn sie keine Mütter sind? Können Frauen auch noch irgendetwas anderes sein als ein Teil des ewigen Jungfrau-Mutter-Alte-Karussells? Ist Vermehrung das Einzige, was zählt? Wie kommt es eigentlich, dass nicht auch alle männlichen Götter gemeinsam in eine Schublade geworfen werden, auf der „Vatergottheit” steht? Können wir nicht an Götter denken, ohne ihnen gleich ein Geschlecht zuzuordnen? Und was sollen wir mit Göttern anfangen, die das Geschlecht wechseln, tierähnlichen Gottheiten, Gottheiten, die Tiergestalt annahmen, um zu kopulieren, oder asexuellen Göttern? Hätten die alten Kelten tatsächlich geglaubt, dass alle weiblichen Gottheiten Aspekte einer einzigen, alles umfassenden Muttergöttin gewesen wären, warum hätten sie sich dann die Mühe machen sollen, Hunderte von ihnen zu erfinden?
Wie sich herausstellt, wissen wir fast nichts über das Familien- und Sexualleben der meisten keltischen Götter. Wenn wir nach Muttergöttinnen Ausschau halten, finden wir die Matronen, und nicht einmal in Bezug auf sie stimmen die populären Vorurteile. Das Wort Matronen bedeutet Mütter. Die Matronen sind drei Frauen, üblicherweise sitzend dargestellt, die in den letzten Tagen der La Tène-Zeit populär waren und während der römischen Besatzung noch mehr. In Britannien existieren fast 60 Widmungen und Weiheinschriften für sie, davon 49 in römischen Forts oder von Angehörigen der Armeen angefertigt, von denen viele ursprünglich aus dem Rheinland stammten. In den Fussstapfen der Legionen verbreitete sich ihr Kult. Etwa 1.000 Weiheinschriften, Ikonen und Altäre für die Matronen haben überlebt; die meisten stammen aus dem 2. bis 4. Jahrhundert. Wie der Name schon sagt, handelt es sich um Muttergöttinnen. Der Ikonographie nach wäre das nicht ganz so leicht festzustellen, denn keine von ihnen zeigt Anzeichen von Schwangerschaft, und sie werden auch nicht von Kindern begleitet. Manchmal tragen sie einen Korb voller Früchte, aber das tun zahlreiche Gottheiten in der gallo-römischen Bilderwelt. Entgegen der populären Auffassung, die stark von Robert Graves´ Vision einer dreifachen Göttin beeinflusst war, stellen die Matronen nicht Jungfrau, Mutter und altes Weib dar. In den meisten Fällen sehen alle drei Frauen ziemlich gleich aus, sie haben das gleiche Alter, den gleichen Stand und das gleiche Aussehen. Es gibt viele unterschiedliche Darstellungsformen – manchmal tragen sie Roben, manchmal sind sie nackt, sie tragen Hüte, Kapuzen, unbedecktes Haar, und so weiter, aber für gewöhnlich gibt es innerhalb der Dreiergruppe keine individuellen Unterschiede. Dass sie drei Aspekte einer einzelnen Göttin sein sollen, wie Graves und seine Anhänger behaupten, wird nirgends ersichtlich. Stattdessen sollten wir uns bei den römischen Armeen bedanken, dass sie so viele Matronen erfunden haben. Es gab Matronen „aller Nationen”, „von Übersee”, „von Italien, Germanien, Gallien und Britannien”, von kleinen Provinzen wie beispielsweise die Matronen der Sueben, der Friesen, „des Haushalts” und sogar Matronen „des Exerzierplatzes”. Das klingt nicht nach einem einzigen Trio, es hört sich eher wie ein populäres Konzept an, dass an individuelle Bedürfnisse angepasst wurde.
Eine Spur von ihnen hat vielleicht in den mittelalterlichen britischen Mythen überlebt, wo man eine Madron (Mutter) findet, deren einzige Eigenschaft darin besteht, dass sie einen Sohn namens Mabon (Junge) hatte, der ihr mysteriöserweise direkt nach der Geburt geraubt und auf einer einsamen Insel gefangen gehalten wurde, als einer der drei berühmten Gefangenen Britanniens. Mabon geht vielleicht auf einen gallischen Gott namens Maponus (göttlicher Jüngling) zurück, den die Römer mit Apollon identifizierten, dem Patron der Künste und der Heilkunst. Es existiert eine Statue von ihm, die eine Leier trägt; vielleicht erinnerst Du Dich auch von der Bleitafel von Chamalières her an seinen Namen. Ein in Hexham gefundener Altar bezeichnet ihn als Apollo Cithareodus, d. i. „der Harfner”; eine Weiheinschrift aus Ribchester bringt ihn mit der Jagd in Verbindung und zeigt ein Abbild einer Jagdgöttin. In der Geschichte von Culhwch (Mabinogi) taucht er kurz als Experte auf dem Gebiet der Jagd auf, der von König Arthur gebeten wird, einen monströsen, wilden Eber zu jagen. Ein anderer Mabon, mit Beinamern Vab Mellt, ist in der bardischen Poesie der Sohn des Blitzes. Wieviel er und seine alte Mutter mit ihren heidnischen Prototypen gemein haben, ist eine andere Frage.
Die Matronen sind übrigens ein gutes Beispiel für die inhärenten Probleme bei der Suche nach den Ursprüngen der keltischen Kultur. Im 19. Jahrhundert verkündeten Wissenschaftler häufig, der Fund eines Altars mit einer Weiheinschrift bedeute, dass die betreffende Gottheit an diesem Ort verehrt worden war. Fragt sich allerdings, von wem. Wurden die Matronen je von den Briten verehrt? Die erhaltenen Kultbilder waren größtenteils für hochrangige Offiziere aus dem Rheinland hergestellt worden. Man findet zahlreiche Inschriften und Altäre an den Orten, wo die Kämpfe am härtesten waren, wie zum Beispiel am Hadrianswall in Britannien oder in der Nähe des Limes, der sich durch Deutschland zieht. Die dort stationierten Legionäre hatten gute Gründe, zu den Göttern ihrer Heimat zu beten und ihnen zu opfern. Nichts ist so wirksam wie reiner Terror, damit die Leute sich der Religion zuwenden. Wenn nun römische Offiziere die Altäre dort in Auftrag gaben, wo sie stationiert waren, sind diese Gottheiten dann gerade nicht die Götter, die vor Ort verehrt wurden. Erst, wenn die Leute vor Ort den Brauch übernahmen und ihre eigenen Götter nach römischer Manier darstellen ließen, können wir davon ausgehen, dass es sich um etwas Einheimisches handelte.
Gottheit mit beschädigtem Gesicht
aus Euffigneix, Departement Haut-Marne, Frankreich, Sandstein, Höhe 26 cm. In der Mitte ein Eber, an der linken Flanke (nicht dargestellt) befindet sich statt eines Arms ein großes Auge.
Datiert zwischen der späten La Tène-Zeit und der Frühzeit der römischen Besatzung.
Andere Kulte
Was die Diskussion über importierte Götter angeht, so muss ich Ronald Hutton danken, der mir hilfreicherweise vorgeschlagen hat, nach Inschriften Ausschau zu halten, die nicht aus Kampfgebieten stammen (oder Rentnersiedlungen für Veteranen wie die Cotswolds), sondern nach Orten abseits der Wege. Küchenlatein oder ein Darstellungsstil, der anders als der römische ist, sind auch ein guter Hinweis für eine Verehrung vor Ort. Und da wir gerade von ungewöhnlichen Kulten sprechen, möchte ich eine Angelegenheit erwähnen, die nur selten in der Populärliteratur auftaucht. Ich meine damit die Inschrift von Botorrita, die in keltiberischer Schrift auf einer Bronzeplatte angebracht wurde. Diese Platte stammt aus einer Siedlung, die im ersten Jahrhundert vor unserer Zeit zerstört wurde. Es stehen etwa 200 Worte darauf, von denen zwei Drittel lesbar sind. Die Übersetzung von Karl Horst Schmidt, 1976 sorgte für einige Aufregung. Laut dieser Deutung haben wir es mit den drei heiligen Tempelgebäuden von Togoites und Sarnikios zu tun, zweier Gottheiten, die bis heute noch recht unbekannt sind. Ihre Namen dürften nach dem heutigen Stand der Sprachforschung (Wolfgang Meid, Die erste Botorrita-Inschrift, Innsbruck 1993) wahrscheinlich soviel wie Eidgott und Wiedergutmacher bedeuten.
Der Text, verunstaltet durch zahlreiche Lücken, erweist sich als eine Urkunde, welche die Nutzungsrechte des heiligen Bezirks festlegt. Dazu gehören Regeln, die Brandbeschädigung untersagen, die Gebäude und die Anlagen beschützen und die Pflichten der Benutzer festlegen, so zum Beispiel gangbare Wege auszustechen und bestimmte Abgaben in Silber zu bezahlen. Am verblüffendsten war die Passage, die Schmidt sehr vorsichtig wie folgt übersetzte:
6. er dabei ist, zu schützen, diese (Gebäude), sollen außerhalb (und) innerhalb drei Bären säugen. In
7. die Halle des Neitos sollen sie sie schicken. Da dieser, dem sie die gesäugt Habenden schicken, Bärinnen hat, da (er) des Custaix
8. Bärinnen (hat), weil er diejenigen, welche ihm gehören, entweder außerhalb oder zu Hause tötet, sollen sie jede zehnte von ihnen opfern für diesen starken (?), möge sie klein oder groß sein, (?)…, für den Sarnikios (und) die Akainakoi
10. sollen sie nicht getötet werden; für den Togoites, der Urantios oder Arandis gedeihen lassen soll/wird, sollen sie die (jede) zehnte (Bärin) opfern. Diese…
(Zur keltiberischen Inschrift von Botorrita. Bulletin 26, VI, Mai 1976, Übersetzung von Karl Horst Schmidt)
Was hat dieser mysteriöse Text zu bedeuten? Manche Details sind einen Kommentar wert. Es existierten mehrere Bärenkulte in der La Tène-Zeit, die sich Göttinnen und Göttern wie Artio, Matunus oder dem gallischen Mercurius Artaios widmeten. Dass gelegentlich Bären geopfert wurden, ist möglich, aber nicht wahrscheinlich, da die meisten von den Kelten geopferten Tiere domestizierte Tiere waren. Als die obige Übersetzung veröffentlicht wurde, verursachte sie eine Menge Aufregung. Die Sache mit den Bären war einfach zu schön. Inzwischen wurde die Platte gründlich gereinigt und restauriert. Eine etwas neuere Übersetzung von W. Meid (1994), der den Text nach einer neuen Studie des Originals transkribierte, beseitigt alle Romantik. In seiner Wiedergabe kommt das Bärenopfer nicht mehr vor. Was bleibt, ist ein nüchterner Text betreffend die Riten zur Bestellung sakralen Landes.
Betreffend das ‘bergige’ Gebiet des Togoit- und des Sarnicios wurde Folgendes verfügt als nicht erlaubt. Wer immer aber diese (Verbote) übertritt’ bzw. ‘wer immer aber derartige (Tätigkeiten) durchführen möchte, soll… Silber nehmen, (und zwar) hundert śancili´stara (Werteinheiten), um es im (Tempel des) Togoit- zu deponieren.’
Weder ist es erlaubt, dort (?) (etwas) draufzutuen, noch ist es erlaubt, (Arbeiten) zu verrichten, noch ist es erlaubt, durch ‘Bruch’ Schaden zu verüben.’ …
(Meid 1993 : 36 und 38)
Der Text beginnt mit Verboten und mit Bussgeldern für die Übertretung der Verbote. Er fährt damit fort, dass jeder, der auf dem Gelände Kuhställe, Koppeln, ummauerte Schanzen oder kleine Hütten erbaut, verpflichtet ist, auch einen Pfad dazu anzulegen. Wer einen Pfad anlegt, ist dazu verpflichtet, alles Material innerhalb von drei Tagen (?) zu entfernen und es zum Territorium des Neitos zu bringen. Als nächstes folgen Verpflichtungen und Gebühren für das Säen und Ernten, eine Regel, dass weder umgrenztes noch offenes Land im Inneren des Gebietes oder in der Nähe von Sarnicios abgeerntet werden durfte und schließlich die Erklärung, dass die Nutzung dieses Landes für Ackerbau und Viehzucht einen Zehnt kostete.
‘Dieses verkünden wir (hiermit) wahrhaft und fest, anlässlich des Festes von Togoit und Sarnicios, (ich), Ablu Ubocum, Regens der Beschlussversammlung, (und deren Mitglieder, nämlich…)’, woran sich die Namensliste auf Seite B in logischer Fortsetzung anschliesst.
(Meid 1993 : 73)
Auf der Rückseite der Platte sind die betreffenden Leute genannt. Jede Person wird mit dem Ausdruck pintis aufgeführt, vielleicht vom IE *bhendh, was soviel bedeutet wie gebunden oder verpflichtet. Was wir aus dieser Inschrift erfahren, ist, dass die Götter Tocoit- und Sarnicios einen heiligen Platz, eine Schanze oder ein größeres Areal „besaßen” und dass dieses Land interessanterweise göttliches Eigentum war und keiner Gemeinschaft gehörte. Der Ort wurde, wenn er nicht gerade für sakrale Zwecke benutzt wurde, an die Mitglieder von fünf Gemeinschaften vermietet. Unser Text ist in einem Sinn eine Liste von Bestimmungen. Aber in einem anderen Sinn ist er mehr als ein bloßer Vertrag. Der Anlass war heilig, das Gelöbnis wurde graviert, damit es dauerhaft sichtbar war, und es wurde beim Kultfest der Götter verkündet, die es betraf. Das Fest wird aiuisas genannt, was eng verwandt ist mit dem Althochdeutsch, eh- (heiliges Gesetz), ehwa- (Recht, Gesetz, Ewigkeit, für immer), e(o)haft (gerecht, heilig) und ehwart – das war ein Hohepriester, ein Beschützer des Rechts, der Heiligkeit und der Tradition. Das Wort hat faszinierende Wurzeln und geht zurück auf das IE *aiw (Lebenskraft, Lebensspanne). Was lernen wir daraus noch über die Gesellschaft, Religion und Wirtschaft bei den Keltiberern? Denk darüber nach.
Göttliche Tiere
Zum Abschluß zwei weitere Themen. Eines von ihnen ist, dass viele keltische Gottheiten mit Tieren in Verbindung gebracht wurden, wie zum Beispiel Pferden, Wölfen, Ebern, Bären, Schlangen und so weiter. Man kann in den Tieren Stellvertreter bestimmter göttlicher Eigenschaften sehen, aber es ist ebensogut möglich, dass ein bestimmter Gott als das Tier selbst erscheint. In den Kultbildern finden wir das wieder. So zum Beispiel in der Statue des jungen Mannes mit Hirschbeinen, im unbekannten Gott mit einem Wildschwein an seinen Flanken, in der Bärengöttin Artio, in Verbeias Statue (sie hält zwei Schlangen) und natürlich in den vielen Tieren, die mit Göttern in Verbindung gebracht werden und auf dem wunderbaren Gundestrupkessel erscheinen. Wenn Tiere allein dargestellt werden, ist es auch möglich, dass sie eine Gottheit verkörpern. Zahlreiche Tierstatuen sind aus Gallien und anderen Ländern mit keltischer Bevölkerung auf uns gekommen. Aber noch wichtiger ist die Darstellung von Tieren auf keltischen Münzen. Wie Du vielleicht bemerkt hast, habe ich die Gelegenheit genutzt, um einige meiner Lieblingsmünzen zu zeichnen. Du findest sie überall in diesem Buch, nicht, weil sie zum Text der Seiten passen, auf denen sie erscheinen, sondern, weil ich sie einfach zu schön finde, um sie außer Acht zu lassen. In diesen einzigartigen Münzen sieht man Vision und Phantasie vieler Künstler am Werk. Münzen waren etwas, was die Kelten während der La Tène-Zeit entwickelten. Während der großen Migrationsbewegungen verließen viele Krieger, in manchen Fällen sogar ganze Stämme, ihr regnerisches Heimatland, um in den sonnigen Ländern rund um das Mittelmeer auf Heerfahrt zu gehen. Viele zogen in den Balkan, wo sie plünderten und wüteten, bis die Armeen Philipps II. von Mazedonien oder seines Sohns Alexander des Großen ihnen eine Karriere mit Zukunft anboten.
Epona, begleitet von Pferden und Eseln
gefunden in der römischen Festung Kapersburg, Taunus, Hessen, Deutschland
Diejenigen, die Jahre später zurückkehrten, waren mit unerhörten Schätzen beladen. Unter diesen Schätzen befand sich etwas ganz Einmaliges. Winzige Scheiben aus Gold, sehr klein, aber dennoch sehr sorgfältig gemacht. Auf der einen Seite war ein Kopf im Profil zu sehen (üblicherweise der alte Philipp oder der junge Alexander mit seinem halbgöttlichen Widderhorn-Haarschnitt) und auf der anderen Seite ein Reiter oder Wagenlenker mit Pferd. Die ersten Münzen, die die Kelten herstellten, sahen fast genauso aus wie die Originale. Mit anderen Worten, es war ein Kopf darauf abgebildet, ein Reiter oder Wagenlenker mit Pferd und irgendwelche Krakelzeichen (die Inschrift). Natürlich waren diese Münzen nicht dazu gedacht, irgendetwas damit zu bezahlen. Wenn man etwas erwerben wollte, zahlte man mit Vieh, Lebensmitteln oder Stangen aus Gußeisen, die als Währung dienten. Mit letzterem Zahlungsmittel ging es am Leichtesten, da man Gußeisen je nach Preis schneiden konnte. Die ersten Münzen aus Gallien und Südgermanien hatten eher etwas von Talismanen – wertvolle Geschenke von großen Häuptlingen, um ihre Krieger bei Laune zu halten, oder nützliche Opfergaben, die oft in Tempelbezirken verstreut oder vergraben wurden. Sie waren etwas, was man den Göttern anbieten konnte. Die keltische Münzherstellung begann also langsam im 4. Jahrhundert vor unserer Zeit und blühte bereits im 2. Jahrhundert. Zu dieser Zeit waren die meisten Designs sehr originell und völlig keltisch geworden. Sieh Dir die Bilder einmal genau an. Stell sie (oder Dich) auch mal auf den Kopf. Keltische Kunst ist vieldeutig und hat viele Bedeutungsebenen. Manches sieht man nur, wenn man es herumdreht. Oder, wenn man aufhört zu denken und in völligem Schweigen die pulsierenden Linien betrachtet. Es liegt viel Magie in diesen winzigen Bildern. Sie können zu so vielen Zwecken verwendet werden, dass ich nicht verstehe, weshalb sie nicht häufiger auf heidnischen Schmuckstücken, bemalten Trommelfellen, Meditationsmandalas, T-Shirts, trendigen Tattoos oder Wahrsagekarten auftauchen. Sieh sie mit Deiner Seele an. Sie sind wie Pentakel der Evokation. Du kannst die Geister mit diesen Bildern wecken.
Kopfkulte
Das andere Thema, mit dem wir uns noch beschäftigen sollten, ist der sogenannte Kopfkult. Ob es tatsächlich ein spezifischer Kult war oder ob Köpfe einfach ein grundlegendes Element verschiedener Religionen sind, steht zur Debatte. Viele keltische Völker waren begeisterte Kopfjäger. Die klassischen Autoren wiesen ausgiebig darauf hin, wohl hauptsächlich, weil sie es nicht verstanden. Kopfjagd folgt nicht überall auf der Erde den gleichen Gesetzen, daher sollten wir uns hüten, das alte Europa aus dem Blickwinkel eines Schrumpfkopfherstellers aus dem Amazonasgebiet zu interpretieren.
Was genau hinter den keltischen Kopfjagden steckte, ist schwer zu sagen. Griechische Händler waren laut Diodorus und Strabo sehr verblüfft, zu sehen, dass adlige gallische Krieger einbalsamierte Köpfe in Holzkisten aufbewahrten, und als sie für diese schaurigen Souvenirs gutes Geld boten, waren sie noch verblüffter, zu erfahren, dass sich ihre Besitzer für keinen Preis von ihnen trennen wollten. Archäologisches Beweismaterial stützt diese These. Die berühmtesten Schädel findet man in den Tempeln von Roquepertuse und Entremont. Ersterer hatte ein von einem Raubvogel gekröntes Portal, obgleich manche Autoritäten ihn für einen Wasservogel halten. Darunter befand sich eine Reihe von Nischen, die menschliche Schädel beherbergten. Laut Ann Ross stammten sie alle von Männern, keiner im Alter über 40. Im letzteren waren die Köpfe grob aus Stein gehauen. Beide Traditionen können in vielen Fällen zurückverfolgt werden. Abbilder von Köpfen schmückten viele Kultplätze, Schreine und Wälle und gelegentlich sogar mittelalterliche Kirchen. Man findet Köpfe auf Kultgegenständen, Dolchgriffen, Kesseln und Trinkgefäßen. Köpfe waren bei den Kelten so populär, dass Ann Ross sie zum keltischen religiösen Symbol par excellence erklärte. Oft sehen die Köpfe sehr primitiv aus. Es ist schwer zu glauben, dass die hervorragenden Handwerker der La Tène-Zeit nichts Besseres hätten anfertigen können. Wenn die Köpfe rudimentär, ungestalt oder völlig entstellt waren, muss das Absicht gewesen sein. Ein Kopf war ein Kopf – das funktionierte immer.
Ob diese Köpfe eine apotropäische Funktion hatten oder ob sie Ahnen, erschlagene Feinde oder gar Götter darstellten, kann man nicht sagen. Die Kelten haben keine Aufzeichnungen darüber hinterlassen, was man mit Köpfen anfangen kann. Wenn wir uns die echten Schädel ansehen, die sie hinterlassen haben, wird es sogar noch verzwickter. Stell Dir vor, wie die schlachtenmüden Krieger zu ihrer Gemeinschaft zurückkehren; blutüberströmte Köpfe baumeln von ihren Sätteln, und mit Fliegen bedecktes Aas steckt auf den Spitzen ihrer Lanzen. So mancher irische Mythos stellt die Kopfjagd als schöne Kunst und netten Zeitvertreib für echte Männer dar. Echte Männer scheinen dann auch verblüffend wenige Freunde zu haben. Wie Conall so stolz verkündet, als er das Heldenrecht beansprucht, ein Schwein zu zerlegen (Die Geschichte von Mac Da Thos Schwein, Übers. Gantz):
„Ich schwöre bei dem, auf was mein Stamm schwört: Seit ich zum ersten Mal den Speer in die Hand nahm, ist kein Tag vergangen, ohne dass ich einen Krieger aus Connacht getötet habe, keine einzige Nacht, in der ich nicht Brände gelegt habe, und niemals habe ich geschlafen ohne einen Connachta-Kopf unter meinem Knie.”
„Du bist ein besserer Krieger als ich, das ist wahr” erwiderte Cet. „Wäre Anluan hier, er würde Dir eine größere Herausforderung bieten. Es ist unser Unglück, dass er nicht im Haus ist.”
„Oh, aber das ist er doch”, sprach Conall, und er zog Anluans Kopf aus seinem Beutel und warf ihn Cet gegen die Brust, so dass eine Mundvoll Blut über die Lippen spritzte.
Falls Du Dir je die Kelten als romantisch vorgestellt hast, denk an diesen Kopf. Es überrascht kaum, dass Joyce auf derartige Geschichten über hirnlose Heldentaten mit einem epischen Roman über normale Leute reagierte, die einen ganz und gar unheroischen Tag hatten. Ich zweifle zwar daran, dass alle Kelten derartig einfältige Gemetzel genossen, aber das Faktum bleibt, dass Köpfe etwas Besonderes waren. Irische Geschichten berichten, dass Köpfe von Feinden enden konnten, indem man sie am Spiess räucherte oder auf einer Stange in den Misthaufen steckte.
Andererseits wurden viele Köpfe verehrt. Wie uns Livius berichtet, wurde der Kopf eines vielversprechenden römischen Staatsmanns in ein sehr geschätztes Trinkgefäß verwandelt und von den Boiern um das Jahr 216 vor unserer Zeit in einem Schrein aufbewahrt. Ein Altar aus Apt, der mit dem Namen des Mars und einer Anzahl seiner keltischen Anhänger versehen war, thronte oberhalb einer Sammlung von acht bis neun Menschenschädeln. Die einfachste Erklärung ist nun, dass die Köpfe von Feinden in diesen Tempeln als Trophäen verehrt wurden. Natürlich kann man genauso gut annehmen, dass die Köpfe der Priesterschaft auf diese Weise aufbewahrt wurden, oder dass es sich um eine Sammlung besonderer Helden handelte, die hier ausgestellt wurden.
Wenn der Kopf tatsächlich der Sitz der Seele ist, wie einige Kelten geglaubt zu haben scheinen, dann ist es vielleicht sogar eine Ehre, wenn Dein Kopf unter dem Altar aufbewahrt wird. Es ist schwieriger zu verstehen, wenn man sich die Schriften der römischen Autoren ansieht, die behaupten, dass die Völker Galliens an eine Reinkarnation glaubten. Mit welcher Art von anderem Leben oder Wiedergeburt darfst Du rechnen, wenn Dein Kopf an einem Ehrenplatz ruht oder bei irgendwem im Klo verwest? Das führt uns zum nächsten Schritt unserer Reise. Wer waren die Priester der keltischen Religion?