Kitabı oku: «Der Kessel der Götter», sayfa 3

Yazı tipi:

Torque-Ende mit mehreren Gesichtern

Bronze. Courtisots, Marne, Frankreich. Spätes 4. Jh. vor unserer Zeit

Zum Schluss möchte ich noch allen danken, die mich beim Schreiben dieses Buches unterstützt haben. Ich hatte das Vergnügen, die hier beschriebenen Themen mit meinen Freunden und Bekannten zu diskutieren. Und dann waren da noch jene Wagemutigen, die sich tatsächlich daran gemacht haben, die keltische Magie praktisch zu erforschen, die Trancen erlebten, in der Wildnis unterwegs waren und ihre eigene Vision von der heidnischen Magie für die Zukunft entwickelten. Von all denen, deren persönlicher Zauber, Inspirationskraft und Originalität dieses Projekt unterstützt haben, möchte ich besonders Anad und Julia danken. Andere, die halfen, lachten und eigene Ideen beisteuerten und denen ich sehr dankbar bin, sind Astrid & Gavin, Mike & Maggie (Nema), Mogg & Kym (Mandrake of Oxford), Kenneth Grant, Paul, Ronald Hutton, Ruth, Sally und ihre Gemeinschaft und Volkert. Für die deutsche Ausgabe möchte ich Holger & Christiane danken, Silvana Eris, weil sie so cool ist und ihren Eltern das Editieren leicht macht, Rasputinka, Marged Haycock für die Verwendung ihrer Forschung. Mein Dank gilt auch den vielen Forschern, Wissenschaftlern, Zauberern, Poeten, Geschichtenerzählern und Künstlern, deren Werke zu diesem Buch beigetragen haben. Danke auch meinen Eltern und allen Ahnengeistern. Ich möchte den Geistern der Wildnis überall danken, den Kelten, die im Taunus lebten, und allen Göttern und Musen, die in den Kessel atmen. Und ich möchte Dir danken – dafür, dass Du die Magie der Vergangenheit nutzt, um etwas Neues, Wertvolles für die Zukunft zu erschaffen. Ipsos


Artio. Der lange Weg weg von Andumnos


1. Das Volk der Hügel


enk Dich in den Wald. Wenn es dunkel wird, verschwinden die düsteren Buchen im nebligen Zwielicht, und Schatten scheinen sich unter ihren Ästen zu sammeln. Von weither ertönt der Ruf der Amsel, der den Anbruch der Nacht ankündigt. Die Vögel hören allmählich auf zu singen, es wird stiller, und schon bald erscheinen die Tiere der Nacht. Zwischen gekrümmten Wurzeln, von Nesseln und Dornenhecken überwuchert, scheint die Erde Wellen zu schlagen. Sanfte Erhebungen werden sichtbar. Es handelt sich um die letzten Überreste von Grabhügeln – Hügeln, die vor 2.500 Jahren noch groß und hoch waren. Viele von ihnen sind unter den ausgreifenden Wurzeln der Buchen und Eichen verschwunden oder wurden von achtlosen Bauern untergepflügt; bei anderen ist die Kuppe eingestürzt. Dort sind Grabräuber durch Schächte in die Zentralkammer vorgedrungen. Die Anwohner meiden diese Hügel. Geschichten über geheimnisvolle Feuer, die man auf den Hügeln brennen sehen kann, gehen um, und in Spuknächten sollen sich dort bewaffnete Krieger von ihrem Ruhelager erheben. Dann werden die Tore zur Tiefe weit aufgestoßen, und arglose Wanderer müssen sich in Acht nehmen, nicht unversehens in die Hallen der Toten und Ungeborenen eingeladen zu werden. Hier feiern und schmausen die Könige der Tiefe, die Zeit vergeht anders, und man kann seltsame Schätze finden. Wer weiß, in welchen Nächten die Tore offen stehen? Wer trägt die Schlüsselblume, die Wunschblume, die wundersame Blüte, die die Tore zu den hohlen Hügeln öffnet?

Die vorrömischen keltischen Kulturen werden üblicherweise in zwei Abschnitte unterteilt. Sie tragen die Namen der Orte, an denen diese Kulturen zuerst erforscht wurden; die Hallstattkultur wurde nach einem österreichischen Dorf benannt, bei dem ein großer Friedhof entdeckt worden war, und die La Tène-Kultur heißt nach einem Ort in der Schweiz. Grob gesprochen konnte eine erste, charakteristisch keltische Kultur während der Hallstattzeit beobachtet werden, die von 750 vor unserer Zeit bis 450 vor unserer Zeit vorherrschte, von wo an dann die La Tène-Zeit beginnt. Wenn Du Bücher über die keltische Kunst liest, wirst Du bald feststellen, dass Hallstatt und La Tène nicht nur Perioden der kulturellen Entwicklung waren. Die Hallstattzeit hat eine eigene Kunstform, und auch die La Tène-Zeit weist eigene, charakteristische Entwicklungen auf. Es geht dabei um mehr als um Kunststile oder Moden. Mitten in der Hallstattzeit fand ein kultureller Umbruch statt, und zur Beginn der La Tène-Zeit ereignete sich ein noch wichtigerer Umsturz. In diesen Zeiten des Übergangs machten gesellschaftliche Organisationsformen, Religion und Bestattungsbräuche große Veränderungen durch. Magie und Religion dieser Zeit zu erforschen ist eine schwierige Aufgabe. Wir könnten es uns leicht machen, das heißt, wir könnten mittelalterliche bardische Poesie und Romantik rückwärts in die finstere Vergangenheit projizieren und vorgeben, so müsse die altkeltische Magie ausgesehen haben. Bücher dieser Art sind reichlich auf dem Markt, daher hoffe ich, dass mir vergeben wird, wenn ich diese Seiten nutze, um mich lieber archäologischen Befunden zu widmen.

Bevor wir uns der Magie zuwenden, könnte es von Nutzen sein, sich zunächst eine Vorstellung vom kulturellen Kontext machen zu können. Da wäre zunächst mal ein kurzer Blick auf die Gesellschaft der Hallstattzeit angebracht. Wissenschaftler unterteilen die Hallstattzeit in zwei Abschnitte. Die frühe Hallstattzeit wird als Ha C bezeichnet, die späte Hallstattzeit, die Zeit der sogenannten „Fürstengräber”, Ha D.

Man mag fragen, was aus Hallstatt A und B geworden ist, wenn die Hallstattzeit mit Ha C beginnt. Die Antwort ist einfach. Die Begriffe Ha A und Ha B wurden ursprünglich verwendet, um die frühe und späte Urnenfelderkultur zu bezeichnen, in einer Zeit, in der die Wissenschaftler glaubten, die Hallstattkultur sei direkte Nachfolgerin der Urnenfelderkultur.


Karte der Hallstattkultur

Osten und Westen (schwarz) und der La Tène -Kultur (gepunktet) nach der großen keltischen Expansion im 3. und 2. Jh. vor unserer Zeit.

Heute ist diese Vermutung aus der Mode kommen, und die Begriffe Ha A und Ha B ebenfalls. In der Hallstattzeit beobachten wir zum ersten Mal das Hervortreten einer frühen, aber charakteristisch keltischen Kultur. Unsere ersten Hinweise auf Leute, die man als Kelten beschreiben kann, stammen aus der Hallstattzeit. Hekataios von Milet (ca. 560–480 vor unserer Zeit) informiert uns, dass die Kelten hinter Massilia (Marseille) leben, jenseits vom Land der Ligurer. In dieser Zeit hatten griechische Händler eine blühende Kolonie in Marseille gegründet, von wo aus sie die Ortsansässigen mit einer Anzahl mediterraner Luxusgüter wie Wein, Glas, Töpferwaren. und so weiter versorgten. Solche Gegenstände kamen rasch in Mode und waren beim Adel sehr begehrt, was zu beträchtlichen wirtschaftlichen Problemen geführt haben mag. Was die griechischen Händler im Gegenzug dafür bekamen, lässt sich nicht ohne Weiteres feststellen. Felle, Sklaven, Honig und Bienenwachs mögen wertvolle Exportartikel gewesen sein, aber bisher gibt es keine Beweise, die diese Annahme untermauern.

Sei es, wie es sei, für die Griechen, die hauptsächlich am Küstenhandel interessiert waren, lag das Land der Kelten landeinwärts, zwischen Massilia und dem Land der Ligurer. Da laut Hekataios´ Bericht die Iberer westlich von Massilia lebten, bleibt nur noch das Land nördlich der Provence als Kandidat für frühe Keltensiedlungen übrig. Der nächste Berichterstatter, Appollonius von Rhodos, hielt in seiner Argonautica fest, dass man die Kelten finden kann, wenn man dem Lauf des Rhodanus (der Rhône) flussaufwärts folgt, und eine Anzahl häufig von Stürmen heimgesuchter Seen überquert. Appollonius lebte zwar im 3. Jh. vor unserer Zeit, er griff aber auf Quellen zurück, die bis ins 5 Jh. vor unserer Zeit zurück reichten, was mit der späten Hallstattzeit übereinstimmt. Die in unserer Quelle genannten Seen könnten der Genfer See oder die Schweizer Seen sein, vielleicht sogar der Bodensee.

Unsere dritte und letzte Quelle in Bezug auf die frühen Kelten sind die Historien Herodots (ca. 484–430 vor unserer Zeit), den man auch als „Vater der Geschichtsschreibung” bezeichnet, obwohl „Vater des Sensationsjournalismus” wahrscheinlich zutreffender gewesen wäre. In den Werken Herodots werden die Kelten zweimal erwähnt. Herodot gibt freimütig zu, dass er ihr Land niemals bereist hat, und so ist einiges an Spekulationen nur zu erwarten. Er beschreibt die Lage des Landes vage als jenseits der Säulen des Herkules liegend (damit ist Gibraltar gemeint, also außerhalb des Mittelmeerraums), im Nordwesten, wo, außer den Kelten, nur eine Fantasierasse namens Kyneter zu überleben weiß. Nähert man sich ihnen über Land, kann man die Kelten am Ursprung der Donau in der Nähe einer Stadt namens Pyrene finden.

Der „Ursprung der Donau” passt hervorragend zu den Hallstattleuten. Was nicht passt, ist die Stadt Pyrene. Es ist möglich, laut den Spekulationen vieler Wissenschaftler, dass Herodot hier auf die Pyrenäen anspielt. Die liegen allerdings von der Donau weit entfernt. Die seefahrenden Händler, von denen Herodot vielleicht einige seiner Kenntnisse hatte, haben möglicherweise behauptet, dass sich die Pyrenäen landeinwärts erstrecken und dann in die Alpen übergehen. Herodot wusste offenbar auch nichts von den Alpen oder den Karpaten. Stattdessen sprach er von zwei Flüssen namens Alpis und Karpis, links und rechts von der Donau, daher sollten wir es mit seinen geographischen Angaben nicht allzu genau nehmen. Vielleicht war er einfach in Bezug auf die Lage der Pyrenäen und der Donau verwirrt. Andererseits ist es möglich, dass es einst eine Stadt namens Pyrene gab, von der wir einfach nichts wissen. Was die Kelten angeht, bezog Herodot sein Wissen aus älteren Quellen, denn zu seiner Zeit war den Griechen der Handel im westlichen Mittelmeer verboten.

Diese drei Quellen sind die ältesten in Bezug auf die keltischen Völker. Wir haben also zwei Elemente. Zum einen ist da jene Kultur, die von den Antiken Autoren lose als ’Keltoi’ bezeichnet wurde. Zum anderen ist da eine (namenlose) Kultur, die Dank der Ausgrabung der Archäologen nördlich der Alpen entdeckt wurde. Nimmt man beide zusammen, erhält man das, was heute als „frühe Kelten” bezeichnet wird. Es handelt sich dabei um eine wissenschaftliche Konstruktion, denn schliesslich haben wir keine Ahnung, wie die Hallstattleute sich selbst nannten. Der Name „Kelten” ist zwar bequem, aber auch irreführend. Die frühe Hallstattkultur beschränkte sich auf ein viel kleineres Territorium als die spätere La Tène-Kultur. Siedlungen vom Hallstatttyp finden sich nördlich der Alpen, also in der Schweiz, in Österreich, in Süd- und Mitteldeutschland, in Teilen Frankreichs und im Osten, in Richtung Böhmen, Tschechien, Slowenien und Ungarn.

Die Wissenschaftler unterscheiden zwischen der östlichen und der westlichen Hallstattkultur. In den Hallstattgräbern des Ostens sind überwiegend schwer bewaffnete Männer mit Streitäxten begraben. Man findet sie im Osttteil Österreichs, in Südostdeutschland und noch weiter im Osten. Die westliche Hallstattkultur wird in zwei Phasen unterschieden (Ha C und Ha D). In der ersten Phase liegt die Betonung auf langen Eisenschwertern; in der zweiten Phase kamen Waffen als Grabbeigaben größtenteils aus der Mode. In Bezug auf die Kunst waren die frühen westlichen Hallstattleute bemerkenswert zurückhaltend, wenn es um die naturgetreue Abbildung von Menschen und Tieren ging. Das ist erstaunlich, wenn man bedenkt, dass sie zahlreiche Töpfe und Vasen kauften und schätzten, auf denen naturalistische Szenen aus der Mittelmeerwelt dargestellt waren. Aus irgendeinem Grund imitierten sie diese Darstellungen nicht. Man findet abstrakte Darstellungen von Menschen und Tieren in einigen wenigen Gräbern der westlichen Hallstattzeit, sowie eine Anzahl halbmenschlicher Steinfiguren, die die Kuppen von Grabhügeln schmückten. Und dann gibt es da noch eine Anzahl faszinierender kleiner Köpfe von Ungeheuern und anderen Wesen, die Fibeln und Trinkgefäße zieren. Diese Abbilder meiden trotz ihrer hervorragenden Ausführung die naturgetreue Darstellung. Menschliche Gesichter – vorausgesetzt, es handelte sich tatsächlich um Menschen, nicht um Götter oder Dämonen – waren entweder abstrahiert oder entstellt, während es sich bei Tieren oft um eine Vermischung mehrerer Spezies handelte.

Die östliche Hallstattkultur war etwas liberaler in dieser Hinsicht – es sind zuweilen Personen abgebildet, die boxen oder kämpfen (oder tanzen?), oder auch Musiker, Personen in Röcken (oder Roben?), die ihre Hände betend erhoben haben, Jagdszenen, Feldarbeit, Wild, Pferde, Wasservögel, aber alles stark abstrahiert und verhältnismässig selten dargestellt. Die keltische Kunst hätte zu diesem Zeitpunkt naturalistisch sein können, aber sie war es nicht; und in der Tat dauerte es bei den Kelten lange (bis in die La Tène-Zeit hinein) bevor sie es wagten, Personen realistisch abzubilden. Könnte das ein Hinweis auf irgendein religiöses Verbot sein? Oder zogen es die Künstler jener Zeit vor, naturgetreue Abbildungen nur auf vergänglichen Materialien anzubringen, wie zum Beispiel als Holzschnitzerei oder Stickerei auf Textilien?

Vielleicht wäre es für den Anfang ganz nützlich, einen Blick darauf zu werfen, in welcher Art von Gesellschaft die Hallstattleute lebten. Sehen wir uns dazu doch mal die exzellenten Studien von Konrad Spindler an. In Ha C, der frühen Hallstattphase, lebten unsere Kelten in Dörfern und Hügelsiedlungen. Die meisten bearbeiteten das Land, aber wir wissen nicht, ob diese Leute den Status von Freien hatten oder ob sie Sklaven waren. Es wurde Getreide angebaut (mindestens neun Varianten, darunter unsere modernen Formen von Roggen, Hafer und Weizen); die Leute aßen Erbsen, Linsen, Bohnen und wilde Trauben. Fleischlieferanten waren vor allem Haustiere, hauptsächlich Schweine, Rinder und Schafe, aber man ergänzte den Speiseplan durch die Jagd. Eine breite Palette von Tierknochen kam bei Ausgrabungen zum Vorschein, daher wissen wir, dass die Leute der Hallstattzeit so ziemlich alles jagten: Bären, Wölfe, Eber, Hirsche, Wisente, Auerochsen, Adler, Raben und Geier eingeschlossen. Bis jetzt gibt es keine Hinweise auf Jagdtabus.

Die Auswahl an Bekleidungsmaterialien und Textilien war weit größer als bisher angenommen. Schafwolle kann manchmal bis in unsere Zeit überdauern, daher favorisierten die ersten Rekonstruktionen Abbildungen von keltischen Häuptlingen in schottischen Pullovern. Leinen und Baumfasern waren wahrscheinlich viel populärer (Schafe wurden gehalten, aber nicht in großer Anzahl).

Das Grab von Hochdorf bietet viele faszinierende Einsichten. Der Edelmann auf seinem erstaunlichen Metallsofa lag auf mindestens dreizehn verschiedenen Schichten von Textilien. Wir wissen darüber Bescheid, weil die Bronze glücklicherweise kleine Stoffmengen konserviert hat. Es gab da feines Tuch, gewebt aus Fasern von Baumrinde, importierte Seide aus China, Felle, Wolle, Leinen und Decken aus Pferde- und – was noch viel schwieriger herzustellen ist – aus Dachshaar. Die Hallstattleute hielten Vieh und Schweine, außerdem Hunde, Schafe, Ziegen und Pferde. Pferde waren selten und wahrscheinlich ausgesprochen teuer. Es ist nicht einmal sicher, ob Pferde überhaupt geritten wurden, denn alles deutet auf den Gebrauch vierrädriger Wagen hin, von denen viele mit in die Begräbnishügel wanderten.

Die Haustiere waren kleiner als heute. Das gleiche galt für die Menschen. Die Durchschnittsgröße der Männer war 1,72 m, die der Frauen 1,59 m. Damit waren sie größer als die meisten Leute der Antike, was erklärt, warum die Kelten den griechischen und römischen Autoren wie Riesen erschienen. Adlige, wie man sie in den reichsten Gräbern gefunden hat, waren häufig größer, woran man sieht, was eine proteinreiche Ernährung ausmacht.

Die durchschnittliche Lebenserwartung der Männer war 30-40 Jahre, die der Frauen 30-35 Jahre. Die Kindersterblichkeit kann schlecht eingeschätzt werden, da nur wenige Kindergräber gefunden wurden.

Eine Lebenserwartung von 35 war übrigens gar nicht schlecht für die Zeit. Im Mittelalter mit seiner mangelnden Hygiene sank die durchschnittliche Lebenserwartung nochmals um gut 10 Jahre, womit bewiesen wäre, dass Christentum gesundheitsschädlich ist. Einige Keltenvölker hatten eine besondere Schwäche für das Waschen und erfanden die Seife, während christliche Missionare verkündeten, dass Waschen sündig sei und vermieden werden sollte. Der Adel der Hallstattzeit rasierte sich regelmässig, und in mehreren Gräbern fand man Gegenstände, die der persönlichen Hygiene dienten, wie Pinzetten und Geräte, um die Fingernägel zu schneiden und die Ohren zu reinigen. Außerdem färbten sie gern ihre Haare mit rotem Saft. Die Frage nach der Hygiene ist aber immer ein bisschen schwierig zu beantworten. Wir wissen zwar, dass die Adligen sich definitiv gern wuschen und rasierten, haben aber keine Möglichkeit, festzustellen, wie die gesundheitlichen und hygienischen Bedingungen bei ärmeren Leuten aussahen, die nicht so aufwendig bestattet wurden. Viele Kleidungsstücke, die in den Salzminen von Dürrnberg gefunden wurden, sind voller Nissen. Außerdem ist die Anzahl der Frauen, die beim Gebären von Kindern starben, so hoch, dass wir einigermaßen sicher sein können, dass die Hebammen sich nicht allzuviel Mühe machten, ihre Hände sauber zu halten.

Mit einer durchschnittlichen Lebenserwartung von achtzig Jahren kann man sich heute nur schwer vorstellen, wie es ist, wenn Leute mit vierzig schon zu den Alten zählen. 1881 betrug die durchschnittliche Lebenserwartung in Deutschland 35,5 Jahre bei Männern und 38,5 Jahre bei Frauen. Wenn man solche Maßstäbe anlegt, müssen die Leute der Hallstattzeit doch ein recht gesundes Leben geführt haben. Andererseits hatten sie recht viel Arbeit in einem risikoreichen und oft zu kurzem Leben.

Die meisten Landbewohner bestellten das Land oder hüteten Vieh. Ein kleinerer Teil der Gesellschaft übte besondere Berufe aus, beispielsweise Händler, Schmied, Goldschmied, Bronzegiesser, Tischler und so weiter. Es muss auch Leute gegeben haben, die sich auf Medizin und Religion spezialisiert hatten. Es gab geschickte Ärzte zur Hallstattzeit. Der Edelmann von Talhau 4 hatte einen bösen Unfall gehabt. Er hatte sich größere Verletzungen am rechten Arm und Schienbein zugezogen, und sein Schädel war durch irgendeinen Gegenstand versehrt worden. Die Heiler seiner Zeit flickten ihn so gut zusammen, dass er den Rest seines Lebens problemlos mit einem Loch von der Größe einer Münze in seinem Schädel verbrachte.

Ob derartige Dienste auch für einfache Leute zur Verfügung standen, ist eine andere Frage. Was natürlich am meisten Aufmerksamkeit erregt, ist der sogenannte Adel mit seinen reichhaltig ausgestatteten Gräbern. Es ist sehr leicht, sich Phantasien darüber hinzugeben, wie diese Adligen gewesen sein könnten. In der frühen keltischen Gesellschaft gab es privilegierte Individuen, aber man weiß nicht, ob es sich dabei um Adlige im mittelalterlichen Sinn des Wortes gehandelt hat, ob sie ihren Status der Erbfolge, einem Orakel oder einer Wahl verdankten und ob sich ihre Befugnisse auf Weltliches beschränkten oder ob sie auch religiöse Pflichten hatten. Es könnte sich um Aristokraten gehandelt haben, sie könnten aber auch irgendeine priesterliche Funktion ausgeübt haben. Priestergräber als solche sind nicht gefunden worden, wer also nahm sich dieser Funktionen an? Es ist schade, dass wir so wenig über die Lebensweise der frühen Kelten wissen. Das Meiste, was wir wissen, verdanken wir den Gräbern.

Jeder weiß, dass die Kelten ihre Toten unter Grabhügeln bestatteten. Soviel zum allgemein Bekannten; die Realität ist, wie üblich, viel komplexer. Es gab Hügelgräber verschiedener Typen in den frühesten mitteleuropäischen Kulturen. Die ersten neusteinzeitlichen Bauern hatten bereits Hügelgräber, aber sie waren seltener als zur frühen Bronzezeit. Auf dem Höhepunkt der Bronzezeit waren sie fast schon obligatorisch. Die frühe Hallstattzeit hat zahlreiche Hügelgräber zu bieten, favorisierte aber auch Brandbestattungen. In der späten Hallstattzeit (Ha D) verschwinden die Brandbestattungen von Adligen fast völlig, werden aber weiterhin beim einfachen Volk gepflegt. Zu Beginn der La Tène-Zeit schwingt das Pendel wieder in Richtung Brandbestattung und Flachgräber um.

Die große Mehrheit europäischer Hügelgräber entstammt der Hallstattzeit – manche Wissenschaftler schätzen ihren Anteil auf 90 %. Das bedeutet allerdings nicht, dass sie zu Beginn der La Tène-Zeit verschwanden. Trotz der gewaltigen Veränderungen hörten die Leute der La Tène-Zeit nicht damit auf. Manche Hügel stammen aus der La Tène-Zeit, manche sogar aus der Zeit der römischen Besatzung, und eine kleine Anzahl frühmittelalterlicher Hügel wurde ebenfalls entdeckt. Die Hallstattgrabhügel weisen bei aller Beliebtheit recht unterschiedliche Formen auf. Es gab im Wesentlichen zwei Größen, das heißt, Hügel für einfache Leute mit einem besseren Lebensstandard, die einen Durchmesser von 6 bis 20 m haben, und die berühmten Hügel des Hochadels, die ab einem Durchmesser von 30 m begannen und beliebige Größen bis zu der des Magdalenenberghügels mit seinen 102 m haben konnten. Es wurden auch kleine Hügel mit einem Durchmesser von 3 m gefunden, aber sie waren kaum groß genug, um die Leiche zu bedecken.

Bevor wir einen Blick auf die riesigen Hügel werfen, die meistens der späten Hallstattzeit entstammen, sollten wir uns generell mit Begräbnishügeln beschäftigen. Als Regel kann gelten, dass ein Hügel über einem zentral gelegenem Grab errichtet wurde, bei dem es sich um eine mittig platzierte Holzkammer mit Steinwänden und –decke handeln konnte (oder auch nicht). Die Hügel erscheinen in runder oder ovaler Form, wobei jüngste Forschungen erbracht haben, dass auch quadratische Hügel (Pyramiden?) existierten und dass sie vielleicht verbreiteter waren als allgemein bekannt ist. Die quadratische Form mag mit den quadratischen Formen heiliger Stätten der späteren La Tène-Zeit in Beziehung stehen, das ist aber eher Spekulation als Tatsache. Wenn sie den Elementen ausgesetzt sind, dem Regen und dem Schnee, der Hitze und dem Wind, dann sehen runde und quadratische Grabhügel schon nach wenigen Jahrzehnten ziemlich gleich aus.


Töpferwaren der frühen Hallstattzeit

Oben: Keramikrassel in Vogelgestalt, gefunden in einem Grab bei Waldenbuch, Bayern, Deutschland, 7.–8. Jh. vor unserer Zeit.

Mitte: Keramikpferd mit Schüssel, Kirchensittenbach, Bayern.

Unten: Gefäß, dass eine menschliche Gestalt mit enorm vergrößerten Händen zeigt, Staufersbuch, Bayern.

Um den Hügel aufzuschütten, wurde die vor Ort vorhandene Erde verwendet. Holzschaufeln und Körbe aus Weidengeflecht wurden benutzt, um die Erde zu transportieren; manchmal zogen Pferde und Rinder Wagen voller Erde. Um den neu geschaffenen Hügel vor Erosion zu schützen, wurde er mit Grassoden bepflanzt. Die Zentralkammer eines Hügelgrabs bestand oft aus Eichenholz. Das führte zu umfangreichen Spekulationen über die mögliche sakrale Bedeutung von Eichenholz. Vielleicht wurde Eichenholz auch wegen solcher Eigenschaften verwendet, vor allem aber wurde es als dauerhaftes und zuverlässiges Bauholz geschätzt. Die Hallstattkelten bevorzugten Eichenholz, und wenn es ihnen ausging, nahmen sie Tannenholz als Ersatz. In Ha D war das häufig der Fall, da man für die Ringwälle der Zeit enorme Mengen an großen, alten Eichen benötigte. Ringwälle müssen häufig repariert werden, da das Holz im Inneren zum Verrotten neigt und nach 15 bis 20 Jahren zerfällt.

Ein Ergebnis davon scheint gewesen zu sein, dass einige Hallstattsiedlungen auf ziemlich kahlen und windumtosten Hügelspitzen standen. Ringwallreparaturen sind übrigens ein weiteres Rätsel. Wenn man sich auf manche Abschnitte der Befestigung nur ein paar Dutzend Jahre verlassen kann, dann bedeutet das, dass die Ringwälle konstant repariert wurden. Das mag die Bewohner vor einige interessante wehrtechnische Probleme gestellt haben. Die Leute von der Heuneburg hatten die ständigen Reparaturen offenbar so satt, dass sie einen Großteil ihrer Festung mit einer Mauer aus gebrannten Ziegeln schützten, eine Befestigungsart, die in Griechenland populär war. Aller Wahrscheinlichkeit nach hatten sie eine Anzahl von Experten vom sonnigen Mittelmeer in die dunklen Wälder an der Donau eingeladen. Die weiß gekalkte Mauer sah zwar fehl am Platze aus, hatte aber eine längere Lebensdauer als die einheimische Version. Griechische Ziegelsteine oder lokales Bauholz und Steine – wer arbeitete wohl an solchen Monumenten? Um eine Hallstattsiedlung oder -festung zu unterhalten, benötigte man eine große Anzahl an Arbeitskräften, es muss also überzählige Arbeiter gegeben haben, zusätzlich zu den Leuten, die auf dem Feld arbeiteten und Vieh hüteten. Monumentalarchitektur lässt sich in einem warmen Klima leicht bauen. In der Hallstattzeit war das Wetter nicht sonderlich freundlich, und es gab nur wenig überschüssigen Reichtum. Die Frage nach den Arbeitskräften bleibt ein ungelöstes Rätsel.

Manche Hügelgräber besaßen eine kleine Mauer oder einen Steinring um die Basis herum, die in der Regel einfach und naturbelassen waren. Nur wenige wissen, dass Hügelgräber meist mehrere Leichen beherbergen. Dieser Brauch setzte sich schon früh durch. Schon die frühen Hallstattleute bestatteten gelegentlich Leichen in Hügeln, die der früheren Urnenfelderkultur angehörten, und wann immer möglich platzierten sie ihre Toten im Zentrum. Dies setzten sie in den Hallstattgrabhügeln fort. Die kleineren Hügel enthielten schätzungsweise im Durchschnitt 4 bis 10 Leichen, die großen Hügel von Ha D konnten dagegen bis zu 126 Individuen aufnehmen.

Wenn Du also von Elfen liest, die in einem hohlen Hügel feierten, hätte es sich dabei wahrscheinlich um einen Hügel aus Hallstatt D gehandelt; das war definitiv eine Zeit der Massenbegräbnisse. Falls Du also in Deinem Vorgarten einen eigenen Grabhügel aufschütten möchtest, lass reichlich Platz für Deine Familie und Freunde. Nebenbei gesagt sind auch Grabhügel selbst kein isoliertes Phänomen; oft treten sie in Gruppen auf. Es gibt kleine Gruppen von 10, die mit 40 sind bereits bedeutend, und wenn Du 60 Hügel an einem Ort findest, handelt es sich garantiert um einen wichtigen Platz.

Archäologen haben ihr Bestes getan, um herauszufinden, ob es irgendwelche religiösen Vorschriften für das Errichten von Hügelgräbern gab. Bisher wurde jede Regel durch zahllose Ausnahmen widerlegt. Man findet Grabhügel in Tälern, auf Feldern, in der Nähe von Flüssen, in Wäldern, auf Berghängen, in der Nähe anderer Hügel oder allein.

Hügelgräber waren nicht die einzige Bestattungsform. Manchmal entdeckt man flache Gräber zwischen den Hügeln, und zu der Zeit, wo die La Tène-Kultur beginnt, werden Flachgräber die Regel. Was wir am Besten kennen, sind die eindrucksvollen Hügel der späten Hallstattzeit. Diese Zeit (Ha D) ist charakterisiert durch eine Anzahl von Veränderungen. Zunächst einmal kam das vertraute Bronzeschwert komplett aus der Mode. Des weiteren wurde der Handel mit dem Mittelmeer so wichtig, dass viele Häuptlinge in ihrer Gier nach Luxusgütern und Wein möglicherweise eine Verarmung der von ihnen Abhängigen in Kauf genommen haben. Die ländliche keltische Gesellschaft hatte im Allgemeinen wenig überschüssigen Reichtum, da schlechte Ernten und Viehpest es zuweilen schwierig machten, auch nur an das Nötigste zu kommen. Einige keltische Stämme handelten mit Salz oder profitierten von ihrer räumlichen Nähe zu den Handelsrouten. Andere waren sehr viel ärmer und konnten es sich nicht leisten, so viele Reichtümer gemeinsam mit ihren Toten zu beerdigen.

Es bleibt ungewiss, womit die Adligen von Ha D den Reichtum verdienten, den sie für Luxusgüter aus dem sonnigen Süden ausgaben. In dieser Phase werden Begräbnisse extrem teuer, und jede Generation „verschwendete” wertvolle Güter, indem sie sie in Hügeln begrub. Es ist sicher eine interessante Frage, ob die Adligen von Ha D ihre Untertanen ausbeuteten, bis die soziale Stabilität bedroht war. Noch nie zuvor in der keltischen Welt gab es einen so starken Kontrast zwischen reich und arm. Dies gilt allerdings nicht für alle Teile der so genannten „keltischen Welt”. Neuere Forschungen in Hallstatt belegen, dass der Salzbergbau, sowie der Handel mit Pökelfleisch soviel Reichtum erbrachte, dass sogar einfache Bergleute mit Schmuckgegenständen und gelegentlich mit (bescheidenen) Bronzeartikeln beigesetzt wurden. Was vielleicht ein kleiner Trost war für ein gefährliches und ungesundes Handwerk, das oft genug zu körperlicher Deformation führte. Bei Männern litten vor allem Schlüsselbeine und Oberarme durch die tägliche Nutzung des Pickels, während Frauen von früh bis spät das gewonnene Salz schleppten und dabei Unterarme und Hände zu Schaden kamen. Nichtsdestotrotz war die Arbeit gut bezahlt und prestigeträchtig. Die Bergleute wurden gut gekleidet und mit vielen Beigaben beerdigt.

Andererseits wurde eine Anzahl neuer Technologien entwickelt. Die Töpfer von Ha D benutzten eine Drehscheibe, und die Holzverarbeiter erlernten die Kunst, hölzerne Kelche und Schüsseln zu drechseln. Die Ha D-Gräber bieten die reichsten Schätze der keltischen Geschichte.

Ein typisches Element dieser Zeit ist das sogenannte Fürstengrab. Dieser Name ist keine sonderlich geglückte Wahl, da damit die Existenz eines mittelalterlichen Feudalsystems in eine Zeit hinein projiziert wird, über die wir kaum etwas wissen. „Fürstengräber” sind eine archäologische Kategorie; sie werden durch ihre Nähe zu einer großen Siedlung, einen gewissen Umfang an Reichtümern, Gold und mediterranen Import definiert. Derartige Definitionen sind aber irreführend, weil sie nur dauerhafte Grabbeigaben in Betracht ziehen. Nehmen wir beispielsweise mal die Gräber von Pazyryk im Altaigebirge in Sibirien zum Vergleich. Diese Gräber enthalten verblüffende Reichtümer – feine Textilien, Teppiche, Seide, Musikinstrumente, Pferdegeschirre, einen vierrädrigen Wagen – alles hervorragend erhalten, da der Boden nach dem Begräbnis eingefroren ist. Die gleichen Gräber hätten, hätte es sie in Mitteleuropa gegeben, nur eine metallene Pferdetrense und Tongeschirre enthalten, da alles andere verrottet wäre. Archäologen hätten diese Kultur wohl als sehr arm eingestuft.

₺904,23