Kitabı oku: «Asche und Blüten», sayfa 2
Süsse des Lebens
Es entstand bald eine lebhafte Wochenendbeziehung. Dazwischen erfreuten Kartengrüsse unser Dasein. Paul besuchte mich, ich ihn, und immer stand er in Turnschuhen, einer roten Jeanshose, einem ungebügelten Hemd, einem selbst gestrickten Pullover und einer anthrazitfarbenen Segeltuchjacke da. Mit einem breiten Lachen informierte er mich über die erstaunliche Tatsache, dass, seit er rote Jeans trage, schon die halbe Stadt in solchen herumlaufe. Er hatte eine spezielle Art, wie er dastand und sich bewegte – das war eben Paul, ein breites Lachen, Witz, keine Manieren, dunkle, lange, wuschelige Locken, Wärme, Grösse, Souveränität und viel Selbstverständlichkeit.
Manchmal schwänzte ich den Freitagnachmittag, um früher bei Paul zu sein und das Wochenende zu verlängern. Als ich dieses Mal bei seiner Wohnung ankam, klebte schon eines am Briefkasten, ein anderes an der Haustüre unten, ein drittes an der Eingangstüre oben, an der Garderobe klebten welche, auf der Unterseite seines grünen Blechtisches, auf einem Stuhl in der Stube, am Küchenkästchen, unter dem Kopfkissen … Ob ich es glaubte oder nicht, überall klebten welche, sogar am Badezimmer-Spiegelschrank. – Torinoschokistengel! Das war eines meiner süssesten Wochenenden, bis zu seinem Geburtstagsfest.
Er lud viele Freunde ein, ich lernte das erste Mal seine Bekannten kennen und ihn als pfiffigen, humorvollen Gastgeber. Natürlich machte ich auch die Bekanntschaft mit seinen Verehrerinnen, die ihm wundersamste, mit Gänseblümchen verzierte Quarktorten brachten. Nicht das erste und auch nicht das letzte Mal musste ich Paul jedoch darauf aufmerksam machen, dass besagte Damen etwas mehr als nur seine Bekanntschaft suchten. Jedenfalls bahnte sich nach seinem Geburtstagsfest unser erster handfester Streit an, nach welchem ich meine Sachen packte und ihn mit seiner anstehenden Entscheidung alleine liess. Die anderen oder ich.
Traurig ging ich nach Hause, jedoch klar in meinem Entschluss. Entweder ist er der Richtige, oder ich ziehe es vor, alleine zu bleiben, hiess meine Devise. Zu Hause traf ich zufällig (oder will man es Fügung nennen?) Pauls Tante, die mich auf meine verweinten Augen ansprach. Ich beklagte mich über Pauls Unentschlossenheit. Liebevoll hörte sie mich an und gab mir den Rat, ihm doch noch etwas Bedenkzeit einzuräumen, ihre Familie, sagte sie, sei in Herzensangelegenheiten eher langsam, dafür umso gründlicher. Damit hatte sie allerdings recht. Ich freute mich sehr, als Paul sich nach seiner einwöchigen Weiterbildung bei mir meldete und sich, wie er mir versprach, bessern wolle. Dann unternahmen wir einen Spaziergang, wo wir uns auf ungezwungene Weise wie offiziell füreinander entschieden, und von da an wollten wir als Paar gemeinsam weitergehen, komme, was wolle. Bodenständiger Realist und Sphärenreiterin! Das passte!
Ich atmete ihn und er atmete mich, und unser Herzschlag war zusammen ein einziger Lebenspuls, der das Herz der Erde und die Weite des Himmels durchpochte. Wir träumten uns in eine bessere Welt, zusammen würden wir alles schaffen. Die Magie unserer Liebe zauberte mir eines Nachts einen Traum; darin sah ich in einem Kreis Engel um unser Bett stehen. Sie sangen uns das Lied unserer beiden Herzen. Mit Paul war alles hell und leicht. Unser Zusammensein erschien mir so, als wäre es in grössere Hände gebettet. Die Befürchtung, in einer erstickenden Beziehung meine Freiheit zu verlieren, sollte sich nicht bewahrheiten. Dazu waren wir zu verschieden, zu offen füreinander – bereit, den Dingen ins Gesicht zu blicken, ideenreich und kreativ.
Für mich war das ein neues, schönes, seltsames Gefühl – interessant genug, um dranzubleiben: nach und nach in seine fremde und gleichzeitig vertraute Tiefe von unfassbarer Weite einzutauchen und seiner selbstverständlichen Bodenständigkeit und zugleich seltenen Feinfühligkeit vertrauen zu lernen.
Alles wurde von nun an gemeinsam unternommen. Verliebte Motorradfahrten, Fototouren ohne Film, Velofahrten über welsche «Colles», wie wir sie nannten, Wanderungen in den Alpen, verhagelte Zeltnächte, Ferien im Verzascatal, Kultur, Jazzfestival Montreux, gemeinsamer Kellerumbau, zweimaliges Zügeln meiner Habseligkeiten in vier Monaten, ich schien mir dafür den Mann ausgesucht zu haben, einen, der vor dem Anpacken nie zurückschreckte und seine Hilfe jedem, der sie brauchte, zuteil werden liess.
Es wurde über alles diskutiert, über Gott und die Welt, übers Kinderkriegen, über freche Vermieter und schwierige Schüler, über den Umweltschutz und biologisches Gärtnern, Sport und Vereinsarbeit (wovon ich nicht die geringste Ahnung hatte), über innere Räume und Yoga (wovon Paul nicht die geringste Ahnung hatte), und doch hatte alles seinen Platz. Trotzdem konnte es passieren, dass wir uns plötzlich nicht mehr verstanden, wir fanden uns jedoch bald wieder, und wenn wir aneinandergerieten, fühlten wir uns, trotz unserer Verschiedenheit, nach dem gemeinsamem Durchstehen der Differenzen dem anderen näher als zuvor. Mir schien Paul oft zu realitätsverhaftet, ich ihm zu realitätsfremd – kein Wunder bei unserer Konstellation: Er hörte Hardrock, ich liebte Kirchenmusik; er interessierte sich für Sport, ich mich für Kunst und Theater, er las Asterix und Gaston und ich spirituelle und psychologische Bücher. Das passte wirklich hervorragend!
Jeder von uns lebte sein eigenes, unabhängiges Leben, und doch warteten wir beide dazwischen mit Herzklopfen auf das nächste Wochenende; die Sehnsucht unter der Woche überbrückten wir mit «Unter-der-Woche-Kartengrüssen».
Jeder Moment wurde ausgekostet, gelebt und geliebt, es war immer witzig und spritzig, und nie langweilig. Das Gleichgewicht zwischen Leichtigkeit und Ernsthaftigkeit schien für uns der Rahmen zu sein, in dem wir uns beide wohl fühlten. Es war perfekt.
An Ostern versteckten wir, weil es draussen regnete, die Schoki-Hasen in Blumenvasen, Küchenkästchen und in Bücher, und wir eroberten als Paar seinen Vater, was doch einiges hiess, und ich sang im Chorprojekt in der Kirche meine Strophen inbrünstig extra für ihn, obschon er, wie sich im nachhinein herausstellte, entgegen seinem Versprechen gar nicht anwesend war, weil er geistliche Musik hasste. Wir experimentierten mit dem Leben, wie man es als junge, verliebte Menschen eben tut. Kurz, nach neun Monaten Wochenendbeziehung wurde ich schwanger und war doch noch in der Ausbildung.
In Erwartung
Ich war sehr aufgeregt und wusste nicht, wie Paul auf solch eine Botschaft reagieren würde. Er sagte mir, dass er das Baby behalten wolle, dass er sich freue und es sich vorstellen könne, mit mir zusammenzubleiben. Alles Weitere wollten wir auf uns zukommen lassen. Das war Musik für eine Frau wie mich, die sich nicht binden lassen wollte. Paul jedoch gelang das Unmögliche, und in unendlichem Vertrauen zueinander und in das Leben gebettet, liessen wir uns von einer geheimnisvollen Kraft tragen und führen: Da konnte nichts schief gehen!
Bei meinem nächsten Besuch in St. Gallen teilte er mir mit, dass er mich heiraten wolle, was mich ärgerte und lauten Widerspruch hervorrief. Denn nie im Leben wollte ich meine Freiheit durch eine Heirat einschränken. Vehement, sogar ziemlich forsch, belehrte er mich eines Besseren. Wenn man ein Kind bekomme, sei das ernst zu nehmen, und deshalb werde geheiratet! Von so viel Bestimmtheit überrascht, willigte ich brummelnd ein, unter der Bedingung, dann aber, wie es sich gehöre, Eheringe zu tragen!
In meinem Bauch begann ein Kind heranzuwachsen, und nie zuvor und nie danach fühlte ich Gottes Vertrauen so intensiv wie in jenen Monaten, in denen ich ein Kind unter meinem Herzen trug.
Nur das Beste gelangte in meinen Magen, denn alles andere löste Brechreiz aus. In der Zeit der Schwangerschaft lebte ich von einem Kilo Bananen und einem Kilo Orangen am Tag, von Frucht- und Gemüsesäften, natürlich von Pauls liebevoll Gekochtem, und von Kohletabletten. Bestimmt hatte unser erstes Kind bei seiner Geburt deshalb so schwarze Haare! Ganz bewusst ging ich einkaufen, nur das Beste war gut genug fürs Baby.
Neun Monate lang praktizierte ich jeden Morgen, bevor ich zur Schule ging, anderthalb Stunden Yoga – fürs Baby. Mit dem Zug fuhr ich bis eine Station vor meinem Zuhause und ging den Rest, eine Stunde, zu Fuss an der frischen Luft – fürs Baby. Ich hörte jeden Tag Vivaldi, für mein Baby; nahm Bäder, für mein Baby, kaufte eine Klangkugel, nur um mit meinem Baby in Kontakt zu sein.
Und das Baby gedieh. Zu meiner Einstimmung aufs Muttersein fuhr ich für eine Woche zur Meditation alleine in die Berge. Ich freute mich, eine ganze Woche lang meine Aufmerksamkeit nur dem Baby schenken zu können. Nachher liess sich Paul nur allzu gern in die zauberhafte Welt der Entstehung neuen Lebens mitnehmen. Bei allen drei Schwangerschaften verweilten seine Hände oft auf meinem Bauch und liebkosten das darunter strampelnde Baby.
So war auch ihm bei jeder Schwangerschaft schlecht, und er war von dem, was da geschah, wie ich emotional jedes Mal tief bewegt. Er band mir die Schuhe, wenn mein Bauch zu dick wurde, und war nachsichtig, wenn ich anstatt sein gekochtes Essen lieber Bananen ass.
Das Diplom bestand ich, trotz dickem Bauch. Einmal, kurz bevor ich schwanger wurde, hatte ich einen Traum: Schwarze Reiter ritten in Pauls Herz hinein. Ich wollte sie in mein eigenes Herz nehmen, so dass sie Paul nichts anhaben konnten. Ich konnte die Reiter jedoch nicht weglenken und musste akzeptieren, dass sie Pauls schwarze Reiter waren.
Während in meinem Bauch neues Leben heranwuchs, starb Pauls Vater. Seinen Eltern blieb es verwehrt, unsere Kinder zu sehen.
Unsere Hochzeit feierten wir, wie noch vieles andere, nicht im üblichen Rahmen: Weisses Kleid und Frack hätten ganz und gar nicht zu uns gepasst. In Wanderschuhen und Hippiehosen wanderten wir an unserem Hochzeitstag in den Bündner Bergen über Wiesen, auf denen Schafherden weideten. Das Wetter war grau in grau, mit ständigem Nieselregen. Nach der Trauung zierte ein Regenbogen den Horizont. «Wir trauen uns!», stand auf unserer Hochzeitskarte, «und wenn wir wollen, sind wir Unendlichkeit.»
Kinderjahre
Im Osten der Stadt fanden wir ein Zuhause, wo wir emsig ein Nest für unser erstes Kind bauten. Voller Zuversicht schritten wir auf eines der grössten Abenteuer des Lebens zu, das Abenteuer der Familie. Eines Nachts, im hintersten Zimmer unserer schönen Altbauwohnung, kam dann unsere erste Tochter zur Welt. Kraftvoll, mit einem Fäustchen voran, glitt sie voller Lebensmut direkt in die Hände ihres Papas. Geborgen in seinen Armen tat sie ihren ersten Atemzug. Es war ein heiliger Moment. Als die Hebamme eintraf, ruhte sich das Baby bereits auf meinem Bauch aus.
Ein vollkommen neuer Lebensabschnitt begann. Das Kind war geboren, und wir Eltern kamen ganz allmählich auch auf die Welt. Denn plötzlich stand nicht mehr unser eigenes Leben im Mittelpunkt, sondern das Leben des neugeborenen kleinen Wesens, das alle Aufmerksamkeit auf sich zog. Ganz selbstverständlich galt es, unsere Bedürfnisse zugunsten des Babys zurückzustecken. Paul musste eine Möglichkeit finden, wie er auf verantwortungsvolle Art sowohl der Arbeit in der Schule als auch seinen familiären Aufgaben gerecht werden konnte, und an mir lag es zu lernen, dass nicht mehr nur mein Rhythmus zählte, sondern der des Babys.
Paul war ein wunderbarer Vater, der sich rührend um uns kümmerte, und ich war erstaunt über meinen Sinn für Mütterlichkeit, der sozusagen mitgeboren worden war, denn von Anfang an war ich, obschon ich wirklich nie Kinder gewollt hatte, Mutter aus vollem Herzen. Wir hatten es gut, unser schönes Leben ging einfach weiter, zu dritt eben.
Zu unserem Glück wohnten wir im selben Quartier wie meine Mutter. Unkompliziert, wie sie war, organisierte sie sich sofort mit dem Tragtuch, um sich mit dem Baby frei bewegen zu können. Sie genoss die grösser werdende Familie sichtlich. Erst später verriet sie mir einmal weise lächelnd, dass sie nicht schlecht gestaunt habe, als wir sie in unsere Familienpläne einweihten. Ihre freiheitsliebende Tochter und eine Familie, wie sollte das nur zusammenpassen? Aber sie war offen für das, was war, ohne weiter zu fragen. Spontan reduzierte sie ihr Arbeitspensum, um fortan einmal pro Woche ihrem Enkelkind die grossmütterliche Fürsorge zukommen zu lassen. Für Paul und mich war es ein willkommener Luxus. Mama war Teil unserer Familie. Paul und sie verband eine seltene Zärtlichkeit, und unsere Tochter liebte sie, so wie wir.
Die Kleine hatte dunkle Locken wie ihr Papa, und sie hatte eine spezielle Begabung für alles Kreative. So liebte sie es zu malen, zu basteln und Blumen im Garten zu pflanzen. Gerne tanzte sie auch um den Abflussschacht, im Rauschen des Wassers in der Tiefe schien sie Musik zu hören.
Problemlos blieb die Kleine auch über längere Zeit bei ihrer Oma, und so konnten Paul und ich einmal ruhigen Gewissens für einige Tage nach Italien fahren, um unsere Hochzeitsreise nachzuholen. Später konnte ich mich in der Stille der Berge auf mein zweites Baby vorbereiten, im Wissen darum, dass es dem ersten Kind bei meiner Mutter an nichts mangelte. Natürlich wurden die beiden jeden Tag von Papa Paul besucht.
Wie war ich entsetzt, als mir meine Hebamme bei der Untersuchung im achten Monat vorsichtig mitteilte, dass das zweite Baby sich nicht mehr in der richtigen Geburtslage befinde, sondern plötzlich im Schneidersitz in meinem Bauch sitze. Wer war dieses neue Wesen, dem es einfiel, sich kurz vor der Geburt noch umzudrehen? Eines vermutlich, das seine eigenen Wege geht, dachte ich, eine starke Person, die viel Freiraum brauchen wird. Unser zweites Mädchen kam nicht wie geplant auch zu Hause zur Welt, sondern im Spital.
Dass die Geburt reibungslos verlaufen würde, glaubte niemand, und doch unterschrieben wir im Spital, dass keinerlei Apparaturen eingesetzt werden sollten. Es ging, obwohl ein Kaiserschnitt wahrscheinlich schien, so rasch, dass die Chefärztin nicht einmal rechtzeitig zur Stelle war, doch dem Himmel sei Dank, war meine Hebamme zugegen, die alles bestens im Griff hatte. Nach zwei Stunden tanzte sich unsere zweite Tochter sozusagen mit einem Füsschen voran in die Welt. Eine solche Geburt, sagte man uns, sei noch in keinem Hebammenbuch verzeichnet! Weitere zwei Stunden später fuhren wir direkt in den Sonnenaufgang nach Hause, und daheim wartete nebst meiner Mutter, die unsere erste Tochter hütete, das zweite Abenteuer auf uns. Wir waren jetzt zu viert.
Familienglanz
Wie jede Familie machten wir unsere Erfahrungen. Wir planten Dinge und verwarfen sie wieder, wir hatten unsere Vorstellungen und mussten sie wieder loslassen, wir hegten Erwartungen und merkten, dass sie nicht angebracht waren. Die Kinder hielten uns manchmal auch in der Nacht wach, und deswegen kamen wir oft um unseren Schlaf. So mussten wir die uns zusagende Tagesstruktur finden und unsere Denkweisen und Glaubenssätze reflektieren. Bis über die Ohren waren wir mit dem Familiendasein beschäftigt, und vieles wartete darauf, erledigt zu werden. Das alles liess uns oft keine Zeit für unsere Beziehung, geschweige denn für ein eigenes Leben.
Unsere zweite Tochter war schon als Baby stimmlich begabt. So beobachtete sie während Stunden ihr Elefantenmobile und kommunizierte singend mit ihm. Das war zuweilen so rührend, dass wir drei anderen oft still daneben sassen und ihr versunken zuhörten. Was wollte sie wohl sagen? Vielleicht wählte sie diese Ausdrucksform, weil ich während der Schwangerschaft mit meinem sitzenden Baby über Musik in Kontakt zu treten pflegte, um es dazu zu bewegen, seine Lage zu verändern.
Wichtig war uns eine gesunde, ganzheitliche und menschennahe Erziehung. Wir befassten uns mit den Grundsätzen Maria Montessoris und lernten, wie wichtig es ist, den Kindern die Entwicklung nicht abzunehmen, sondern sie ihre eigenen Erfahrungen machen zu lassen. Unsere Wohnung wurde für die nächsten Jahre zum Kinderentdeckungs- und Abenteuerland: Alle Räume wurden inspiziert, Kästen ausgeräumt, Schuhe sortiert, Fensterscheiben bemalt, Blumentopferde wurde der Schwerkraft ausgesetzt, es wurde mit Wasser gespritzt, im Garten wurden die Würmer gezählt, es wurde mit Blümchen gesprochen und mit Schmetterlingen getanzt, und die Mädchen hatten definitiv eine andere Vorstellung von Ordnung als ich, und ihr Ideenreichtum fand kein Ende.
Meine zweite Tochter legte ein besonderes Interesse an Füssen und Schuhen an den Tag, vielleicht weil sie Fuss voran auf die Welt gekommen war, und einmal versteckte sie den Hausschlüssel in Mutters Schuh. Wir suchten und fanden ihn nicht, erst als «Nana», wie meine Mutter von den Kindern zärtlich genannt wurde, gehen wollte, kam er zum Vorschein. Die Kleine lachte verschmitzt.
Wir stellten fest, dass einem niemand gesagt hatte, wie anstrengend das Familiendasein war. Wahrscheinlich hätte man es auch nicht geglaubt.
Erfahrungen müssen selbst gemacht werden. So musste ich lernen, dass man den Ehering nicht unbeaufsichtigt auf dem Badewannenrand liegen lassen sollte. Kam unsere ältere Tochter doch auf die verrückte Idee, dass dieser vielleicht ganz gut schmecke und, schwups, hatte sie ihn verschluckt! Vorher und nachher war es mir nie mehr so wichtig, sie auf die Toilette zu begleiten – aber unsere Ehe war gerettet, zum Glück, denn unsere Gemeinschaft war uns teuer genug!
Wir entschieden uns, in die frei werdende Wohnung in Pauls Elternhaus zu ziehen. Paul baute den Kindern einen Sandkasten und stellte Schaukeln und eine Rutschbahn im Garten auf, und gegen den bösen Löwen in der Nacht zimmerte er ein Gatter hinter die Türe, damit der Löwe nicht mehr in das Kinderzimmer hinein konnte.
Obschon die Familie das Allerwichtigste in meinem Leben war, hatte ich immer einen winzigen Teil in mir, der nur mir gehörte. Es war meine Quelle, eine Stille, die ich unbewusst stets hegte und pflegte. Dort wartete meine Freiheit auf mich, war sie zeitweise auch noch so klein, weil die Aufgaben mit den Kindern mich sehr vereinnahmten.
Ich setzte meine Ausbildung als Körpertherapeutin fort, und dies kam allen sehr zugute. Hatte ich es so doch in der Hand, die Mädchen zu beruhigen, ihnen ihr Bauchweh wegzuzaubern, die Schmerzen beim Zahnen zu lindern und dem Handballer Paul seine überarbeiteten Glieder zu stärken, dem Schreiner Paul seine zerschundenen Hände zu kurieren und dem Lehrer Paul seinen Rücken zu stärken. Ich liebte ihn, und ich liebte meine Kinder. Wir waren glücklich.
Als Familie unternahmen wir gemeinsame Reisen, machten Veloferien, in denen wir neben die Kinder in den Anhänger auch noch Zelt und Kochgeschirr packten, besuchten miteinander Konzerte, wanderten über viele Berge, besuchten Meditationskurse und gingen in Restaurants essen. Obwohl die Tomatensauce der Pizza zu guter Letzt mehrheitlich auf den Kleidern der Kinder landete oder gar in ihren Haaren klebte – keine Frage, die Kinder waren einfach überall mit dabei. Das Tragtuch war die Lösung, so konnte das Baby einfach umgebunden werden, und der Restaurantbesuch verlief friedlich.
Im Sommer, eines wunderschönen Tages, sassen wir am See, versunken in die Weite der Landschaft, und während die Mädchen planschten, unterhielten wir uns wieder einmal über Gott und die Welt. Wie immer war da ein Gelächter und Schabernacktreiben, wie immer berührten wir auch ernstere, tiefere Themen. Zum ersten Mal sprachen wir bewusst darüber und entschieden, dass wir gerne ein drittes Baby hätten.
Kurz darauf kauften wir einen Occasionsbus, und Paul fertigte die komplette Innenausstattung an. So konnten wir bequeme Campingferien planen. Das Platzproblem löste er elegant, indem er Schlafplatz und Tisch mit einem wegnehmbaren Brett verband und die Küche so anordnete, dass auch sie als Schlafplatz dienen konnte. Der «grüne Blitz» wurde sein Meisterwerk. Zu einem späteren Zeitpunkt wollte er dann noch das Dach anheben, damit man drinnen gut stehen konnte.
So verbrachten wir die Herbstferien unterwegs in Südfrankreich, wo wir alle möglichen Zeltplätze aufsuchten, badeten, genossen, stritten (Paul beklagte sich über die ewige Unordnung), und als ich den frischen Ziegenkäse nicht essen konnte, weil mir davon übel wurde, wussten wir, dass unser Wunsch in Erfüllung gegangen war. Wir erwarteten unser drittes Kind.
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