Kitabı oku: «Die zweite Reise», sayfa 3

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Ein Aufschrei des furchtsamen Erstaunens ging durch die Menge. Nur Janok blieb unbeeindruckt. Kein Wunder, schließlich kochte er vor Wut. Man sah ihm an, dass er sich nur mit Mühe davon abhalten konnte, in die Raserei zu verfallen. „Bist du völlig verrückt geworden, Erwin?“, schrie er. „Was ist mit dir los?“

Doch Erwin hörte ihn nicht. Er kniete nur im flüssigen Gestein, das nicht einmal sein Gewand ansengte, geschweige denn ihn. Und die Stimme war wieder da.

Na, na, na. So was lässt du dir doch nicht bieten.

„Nein, das tue ich nicht“, flüsterte Erwin.

Gut, endlich wirst du vernünftig. Zerschmettere ihn!

Erwin stand auf und ballte seine Hände zu Fäusten. Dann sprach er mit unheimlich tiefer Stimme: „Dieser Schlag war dein letzter, Ork.“ Seine Hände begannen zu glühen, als Lichtenergie in sie hineinfloss. Doch Erwin ließ sie nicht frei.

„Erwin, beruhige dich, verdammte Axt! Was soll das denn werden?“, rief Janok ihm zu.

„Das wirst du sehen, Ork.“ Immer mehr Licht floss in die Hände, doch es konnte nicht ausströmen, also musste es sich enger zusammenpressen. Das Licht wurde fester und nahm Formen an, die sich um die Hände schmiegten.

„Nein, das kann nicht sein“, keuchte Monarchius.

Dann zeigten sich Erwins neue Waffen vollendet. Um seine Hände hatten sich Klingen gebildet. Sie waren einen halben Meter lang und bestanden aus purem Licht.

„Das kann nicht sein“, keuchte Monarchius erneut. „Das hat noch niemand geschafft.“

„Was hat noch niemand geschafft?“, fragte Schimascha und Nervosität schwang in ihrer Stimme mit.

„Dem Licht eine feste Gestalt zu geben. Licht ist eine Energie und es ist schon unglaublich schwer, sie in ihre flüssige Form, das Lichtensa, zu bringen. Eine feste Form ist eigentlich unmöglich“, erklärte Maximilian hektisch und aufgewühlt, während Erwin einfach nur dastand.

Doch dann schnellte der Reiter nach vorn und schlug mit der linken Klinge nach dem Ork, der sich zwischen ihn und die Menge gestellt hatte. Ein schriller Laut hallte über die Ebene, als Janok den Angriff blitzschnell mit einem seiner Schwerter abwehrte. Auch den zweiten Schlag konnte der Ork abblocken. Doch Erwin hatte gerade erst angefangen. Jedem Hieb folgte ein weiterer. Es war ein wahrer Klingensturm, den Erwin entfesselte, aber Janok konnte diesem problemlos standhalten.

‚Jetzt dreht er völlig durch‘, dachte Janok. ‚Ich muss den Kampf beenden, bevor einer von uns verletzt wird.‘ Nur hatte Janok das Problem, dass Erwin diese Bedenken nicht teilte. Es war eindeutig, dass der Elf ihn töten oder zumindest verletzen wollte.

Einige der menschlichen Soldaten und zwergischen Wächter wollten eingreifen, doch sie wurden von ihren Befehlshabern zurückgehalten. Dieser Klingensturm hätte sie blitzschnell in ihre Einzelteile zerlegt. Erwins wilde Schnelligkeit, die ständig zunahm, war erstaunlich. Obwohl Janok sich einzig und allein auf die Verteidigung konzentrierte, vermochte er nur mit Mühe und Not, die Schläge abzuwehren.

„Erwin, komm wieder zu …“ Janok konnte den Satz nicht beenden. Es ertönte ein grässliches Knacken, als eins von Janoks Schwertern brach. Erwins Klinge hatte es zerschmettert. Jeden Schwertkämpfer hätte der plötzliche Verlust eines Schwertes so sehr überrascht, dass eine Lücke in seine Verteidigung gerissen worden wäre. Doch Janok war nicht jeder. Augenblicklich erfasste sein Verstand die Situation und blitzschnell ließ Janok das verbliebene Schwert herumwirbeln, sodass er Erwins Angriffe weiterhin abwehren konnte. Die Menge staunte über diese meisterhaften Schwertkünste.

Doch leider folgte das zweite Schwert dem Beispiel des ersten. Wieder ein fürchterliches Knacken und nun verblieb Janok keine Waffe mehr. Dies nutzte Erwin sofort aus und er ließ seine Klingen wie einen Hurrikan über den Brustpanzer von Janoks Rüstung toben. Janok schrie auf und ein Schwall aus Blut und Eisensplittern flog von dem Ork weg. Erwin jagte seine Klingen immer wieder in Janoks Brust hinein, sodass er Ströme an Blut und Fleisch entfesselte. Der Ork konnte nichts machen. Er war im Klingensturm gefangen.

„Schluss damit!“ Endlich hatte sich jemand aus der Schockstarre lösen können. Es war Irving, der einen Schattenblitz entfesselte. Erwin sah nicht einmal hin, sondern ließ seine rechte Hand hervorschnellen und schoss eine Lichtkugel ab. Die Kugel traf auf den Blitz, der sofort verpuffte. Der Blitz war gegen die Kugel so effektiv gewesen wie eine Sardine im Kampf gegen einen Hai. Bevor die Lichtkugel Irving traf, hatte sich wieder eine Klinge um Erwins Hand gebildet, die den Angriff auf den Ork fortsetzte. Irving hingegen wurde zurückgeschleudert. Er rutschte über den Boden und kam erst vor der Soldatenreihe zum Stillstand.

„Herr Anderson.“ Zwei Soldaten bückten sich zu ihm hin. „Gütiger Gott, alles in Ordnung?“

„Kann mi… mich ni… nicht be…wegen“, stöhnte Irving.

Janok stieß einen letzten Schrei aus, der die steinerne Ebene erschütterte. Er hatte auch gute Gründe dafür. Eine der Lichtklingen hatte sich in seine Brust gebohrt und durchbrach die hintere Rüstung. Schreie aus der Menge wurden laut, während aus Janoks Mund kein Laut mehr kam, sondern nur noch Blut floss. Der Elf zog seine Klinge heraus und der Ork fiel wie ein gefällter Baum zu Boden.

Erwin drehte sich um und erhob seine Stimme: „Nun zum Rest!“ Seine Stimme klang wie die eines Todesengels. Die Menge schreckte zurück, als sie seine schwarz funkelnden Augen sah.

April presste die Hände auf ihren Mund und ihre Augen weiteten sich vor Furcht. Diese blutverschmierte Gestalt vor ihr hatte kaum noch Ähnlichkeit mit dem besonnenen Erwin, den sie bis hierher begleitet hatte.

Erwin trat einen Schritt hervor, doch weiter kam er nicht. Plötzlich erhob sich Janok wieder, mit einer Hauttönung, die die rote Farbe der Raserei angenommen hatte, und packte Erwin mit der einen Hand am Hals und mit der anderen an der Hüfte. Mit einem Wutschrei, der selbst die weit entfernten Berge zum Erzittern brachte, stemmte der Ork den sich wehrenden Elfen hoch. Und bevor es jemand verhindern konnte, ließ Janok seinen elfischen Kampfgefährten hinunter auf sein hochgestrecktes Knie sausen und brach ihm damit die Wirbelsäule.

2. Kapitel – Die nächste Evolutionsstufe

Forschungsstation 67, irgendwo im Süden der Wüste

Mittag des ersten Tages nach dem Fall von New Paris

Nachdenklich rauchte die Oberwissenschaftlerin Ansell ihre Zigarre, während sie sich den Kopf über ihr aktuelles Projekt zerbrach. Präsidentin Katharina wurde langsam ungeduldig und wollte endlich Ergebnisse sehen. Doch was sollte die Wissenschaftlerin machen? Ansell, eine rüstige Wissenschaftlerin im hohen Alter, sah auf ihr auf dem Schreibtisch liegendes Datenpad. Auf diesem Gerät waren die Akten von dutzenden Personen, sowohl männlichen als auch weiblichen, abgespeichert. Doch kein Proband erfüllte die Anforderungen.

Ihr Blick wanderte durch das Büro zum großen Panoramafenster. Da sie sich im fünften Stockwerk befand und zudem das Wetter heute klar war, bot sich ihr eine schöne Aussicht auf die Wüste und die weiter weg gelegenen Felsformationen. Doch dieser Anblick half der Oberwissenschaftlerin nicht weiter. Es war ganz einfach und doch so schwierig, denn eigentlich musste der Proband nur einige spezielle Voraussetzungen erfüllen, damit er für das Projekt geeignet war. Das Problem bestand in dem Zusatz „speziell“. Bisher konnte kein Mensch gefunden werden, der die Voraussetzungen erfüllte.

Ansell stand auf, drückte ihre Zigarre in einem großen Aschenbecher aus, nahm eine neue aus dem auf dem Tisch stehenden edlen, hölzernen Humidor und zündete sie auf dem Weg zum Fenster mit ihrem Feuerzeug an. Während sie nun vollends die Aussicht genoss, dachte sie über das Problem nach, obwohl es keinen Sinn hatte. Solange niemand gefunden wurde, der sich als geeignet erwies, blieben ihr die Hände gebunden.

Ein Summen machte sie darauf aufmerksam, dass jemand vor ihrer Bürotür wartete. „Herein“, krächzte sie mit ihrer vom Rauchen zerkratzten Stimme.

Einer ihrer zahlreichen Assistenten trat ein und verkündete: „Frau Doktor Ansell, es gibt gute Nachrichten.“

Ansell drehte sich zu ihm um, zog an ihrer Zigarre und meinte: „Solange Sie nicht sagen, dass wir eine geeignete Versuchsperson gefunden haben, gibt es keine guten Nachrichten.“

„Aber genau das ist passiert, Frau Doktor Ansell.“

Ansell ließ die Zigarre fallen. „Wer ist es?“, war alles, was sie herausbrachte, während sie reflexmäßig die Zigarre am Boden austrat.

Der Assistent reichte ihr ein Datenpad und fasste gleichzeitig die wichtigsten Informationen zusammen: „Sein Name lautet Sinnas Dillingham.“

„Dillingham? Ein bekannter Name. Ich kenne aber nur John, den Kommandanten, und Joy, den Wissenschaftler. Ist dieser Sinnas mit ihnen verwandt?“, wollte Ansell wissen.

„Ja, er ist ihr Neffe“, antwortete der Assistent.

„Seltsam, die Dillinghams sind doch eigentlich sehr loyal gegenüber der alten Regierung. Warum ist dieser zu uns übergelaufen?“, wunderte sich Ansell.

„Er ist nicht übergelaufen, sondern wurde von uns gefangen genommen. Während der Schlacht um New Paris, die wir gewonnen haben, war er der befehlshabende Kommandant.“

„Was? Laut dieser Akte ist er erst zweiundzwanzig. Eindeutig zu jung für diesen Posten“, erwiderte die Wissenschaftlerin.

„Das stimmt, aber es waren schwierige Umstände für die Verteidiger. Durch das Chaos, welches durch unseren Putsch verursacht wurde, kam es irgendwie dazu, dass Sinnas Dillingham derjenige war, der als Kommandant am besten geeignet war. Er wurde zu diesem Zeitpunkt gerade an der Militärschule von New Paris zum Strategen ausgebildet und galt als sehr talentiert. Unsere Kommandanten waren überrascht, wie er trotz seiner geringen Erfahrung und der hoffnungslosen Unterlegenheit so lange die Stadt halten konnte“, erläuterte der Assistent ausführlich und mit einem Hauch versteckter Bewunderung.

„Er selbst konnte aber nicht fliehen und wurde gefangen genommen?“, hakte Ansell nach.

„Ja, wobei man eher von ‚bergen‘ reden sollte. Die Kommandozentrale wurde von unserem Beschuss zum Einstürzen gebracht und begrub den gesamten Stab unter sich. Er war der Einzige, der schwer verletzt überlebt hat, und er ringt immer noch mit dem Tod. Man hatte beschlossen, ihn mithilfe von kybernetischen Implantaten und Prothesen zu retten und ihn wieder zu einem vollständigen Menschen zu machen. Dazu musste man aber erst die Leistungsfähigkeit seines Gehirns untersuchen, um herauszufinden, ob und mit welchen Implantaten der Patient ausgestattet werden kann.“

Ansell nickte. Jedes Implantat wurde nicht mit den Nervenenden, wie man es früher beispielsweise mit Bein- und Armprothesen gehandhabt hatte, sondern direkt mit dem Gehirn verbunden. Dies ermöglichte eine genauere Kontrolle der Prothese beziehungsweise des Implantats. Jedoch erhöhte sich durch jede Direktverbindung die Belastung, die das Gehirn aushalten musste. Hielt das Gehirn dieser nicht stand, konnte es zu einem tödlichen Aneurysma kommen. Darum mussten Patienten mit einer geringen Leistungsfähigkeit zusätzlich mit einem oder mehreren Sentio-Chips, die direkt ins Gehirn gepflanzt wurden, ausgestattet werden. Diese Chips regten die einzelnen Hirnregionen, die uneffektiv zusammenarbeiteten, zu Leistungsoptimierungen an.

Jedoch gab es zwei Probleme: Sie waren einerseits sehr teuer und andererseits war ihre dauerhafte Auswirkung auf das Gehirn nicht vollständig erforscht. Die Chips könnten tickende Zeitbomben für den Menschen sein, den sie eigentlich unterstützen sollten. Darum versuchte man immer, nur wenige oder gar keine Chips einzupflanzen. Deshalb wurde bei jedem Patienten die Leistung des Gehirns ermittelt, um die Anzahl der benötigen Chips genau bestimmen zu können. Meistens wurden keine gebraucht, da beispielsweise eine Beinprothese nur eine geringfügig höhere Anforderung für das Gehirn darstellte als das biologische Original. Schwieriger wurde es bei Sinnesorganen, die ersetzt werden mussten. Die Daten, die beispielsweise von kybernetischen Augen an das Gehirn gesendet wurden, waren grundsätzlich komplizierter zu entschlüsseln als die von biologischen Augen.

Natürlich gab es auch die Idee, die geistigen Fähigkeiten eines Menschen zu steigern. Hier kam aber die derzeitige Technik an ihre Grenze. Experimente mit solchen Implantaten endeten ausnahmslos mit dem Tod der Probanden. Man musste feststellen, dass es eine Sache war, ein Körperteil zu ersetzen, und eine andere, einen Menschen klüger zu machen. Aufgrund der hundertprozentigen Todesrate wurden alle wissenschaftlichen Projekte, die die menschliche Intelligenz mit Implantaten verbessern sollten, als ethisch unannehmbar eingestuft und verboten.

Dieses Verbot umgingen die Putschisten im Verborgenen und sie gewannen die Erkenntnis, dass es doch möglich war, einen geistigen Leistungsschub zu bewirken. Jedoch stellte sich auch heraus, dass erst ab einem bestimmten Intelligenzquotienten eine weitere Steigerung möglich war. Deshalb benötigte Ansell für ihr neues Projekt, in welches Präsidentin Katharina so große Hoffnung setzte, einen überdurchschnittlich intelligenten Menschen. Aber selbst die bekannten Genies waren nicht gut genug. Es schien so, als gäbe es keinen Menschen, der dafür geeignet wäre. Dies hätte bedeutet, dass erst der Sentio-Chip weiterentwickelt werden müsste, was Jahre, wenn nicht gar Jahrzehnte dauern könnte. Doch nun hatte es den Anschein, als würde das Projekt endlich anlaufen.

Ansell sah sich die Werte auf dem Datenpad an. „Mein Gott“, sagte sie. „Diese Werte liegen weit über dem Durchschnitt. Selbst der legendäre Einstein hätte alt ausgesehen. Wie kann es sein, dass so ein Genie unbemerkt geblieben ist?“

Der Assistent hatte darauf eine Antwort: „Wie Sie vielleicht wissen, arbeitet das menschliche Gehirn uneffektiv.“

Ansell nickte: „Natürlich weiß ich das. Durch die Sentio-Chips können wir die Denkprozesse eines Menschen optimieren. Jedoch greifen wir damit in den biologischen Rhythmus des Gehirns ein, weshalb diese Methode umstritten ist. Doch worauf wollen Sie hinaus?“

„Es klingt zwar erstaunlich, doch das Gehirn von Sinnas Dillingham arbeitet rund zehnmal weniger effektiv als ein durchschnittliches Gehirn“, lüftete der Assistent das Geheimnis.

„Was?“ Ansell war sprachlos.

Der Assistent fügte noch hinzu: „Aber selbst mit dieser Quote ist er schon überdurchschnittlich intelligent. Wenn wir nun auch noch Sentio-Chips verwenden …“

Jetzt wusste Ansell es: Dieser Sinnas war der Gesuchte.

„Haben Sie schon …“, fragte sie, doch der Assistent kam ihr zuvor: „Ja, seine DNA wurde bereits gewonnen und zu den entsprechenden Klonexperten geschickt. Sie werden bald das Geheimnis seiner Intelligenz herausgefunden haben. Dann wird es uns nicht mehr an Probanden mangeln.“

Ansell lächelte: „Sehr gut. Sagen Sie den Teams Bescheid. ‚Projekt Eiserner Mensch Typ Dornteufel‘ läuft an.“

Feuer. Überall Feuer. Sinnas wandelte durch die Hölle. Die Flammen überzogen bereits seine Haut, doch das war nicht das Schlimmste. Am schlimmsten waren die Schreie. Von überall her kamen die letzten Schreie der Soldaten, die in New Paris gefallen waren. Sinnas konnte sie nicht sehen, doch er spürte ihren Schmerz. Und alles war seine Schuld. Er hatte als Kommandant versagt und ihr Blut klebte an seinen Händen. So gesehen, wandelte er zu Recht in der Hölle umher. Eine erneute Flammenwoge stieß ihm ins Gesicht …

… und er wachte auf. Hätte man ihn nicht auf der Trage festgegurtet, wäre er hochgeschreckt. Sinnas versuchte, seinen Körper zu bewegen, aber die Gurte waren zu fest. Zudem fühlte er sich schwach, als hätte man ihm irgendetwas Betäubendes gegeben. Er bewegte den Kopf und versuchte herauszufinden, wo er war.

Der Raum, in dem er sich befand, war klinisch weiß. Überall stand medizinisches Gerät herum, weshalb Sinnas vermutete, dass er sich in einem Operationssaal befand. Auf seinem Gesicht lag schwer eine Atemmaske, durch die ein süßliches Gasgemisch in Sinnas’ Atemwege gepumpt wurde. Dies war vermutlich das Betäubungsmittel. Zudem verspürte er dumpfe Schmerzen durch die angeschlossenen medizinischen Geräte, deren Zweck aber für ihn, einen Laien in medizinischen Dingen, nicht ersichtlich war.

Sinnas blickte hoch und ihm stockte der Atem. Er hatte es zuerst nicht bemerkt, weil seine Sicht kurz nach dem Aufwachen verschwommen gewesen war, doch jetzt konnte er ihn klar und deutlich erkennen: Über ihm in der Decke war ein Operationsroboter eingebaut. Diese Art von Maschine, die mit vielen mit Operationsgeräten bestückten Armen versehen war, hatte auf Sinnas schon immer unheimlich gewirkt. Die Tatsache, dass er direkt unter dem Roboter lag und er sich zudem nicht bewegen konnte, machte das Ganze noch schlimmer. In Sinnas’ Vorstellung bohrten sich die Instrumente des Roboters in sein Fleisch. Ein plötzliches Summen, das von dem Roboter ausging, kündigte sogleich den Beginn dieses Albtraumes an.

3. Kapitel – Erwins Verschwinden

Goldia, Hauptstadt des Silbernen Hammers

Vormittag des zweiten Tages nach dem Fall von New Paris

„Wie geht es Janok?“, fragte Neptunia.

„Ganz gut, die Menschenärzte meinen, dass er sich erstaunlich schnell erholt. Er ist sogar bereits wieder aufgestanden“, antwortete Schimascha.

„Ich hätte nicht gedacht, dass Orks zwei Herzen haben“, gab April zu.

Die drei Frauen spazierten durch die Vorstadt von Goldia, die zwischen dem ersten und dem zweiten Mauerring lag. Überall an den Gebäuden waren Gerüste aufgebaut worden und zahlreiche Zwerge arbeiteten auf ihnen, um den alten Glanz der Stadt wiederherzustellen. Jedoch waren die zahlreichen Bauarbeiten nicht das Einzige, was das Stadtbild stark veränderte. Neben den menschlichen Soldaten und den Robotern, die von den Zwergen mit einer Mischung aus Misstrauen und Ehrfurcht beäugt wurden, hatte die fehlende Höhlendecke eine gravierende Veränderung ausgelöst: Es war eiskalt geworden. Früher blieb die Wärme, die von den magischen, in Gebäuden und Gehwegen eingravierten Runen abgegeben wurde, in der Höhle, sodass nur ein leicht kaltes Klima innerhalb der Stadt herrschte. Man musste in den Häusern nur ein kleines Feuer entfachen, um die Räume auf angenehme Temperaturen aufzuheizen. Doch das alte System funktionierte nicht mehr, da die Wärme nun sofort in die eisige Berglandschaft entwich. Die Häuser selbst waren nicht darauf ausgelegt, Wärme zurückzuhalten. Man kann sich gut vorstellen, warum Pelzmäntel, Felle, Feuerholz und Kohle seit wenigen Tagen so begehrt waren. Überall waren dick eingepackte Zwerge zu sehen, die bibbernd und fluchend ihrer Arbeit nachgingen.

„Die Ärzte haben nicht schlecht gestaunt“, erzählte Schimascha, wobei sie trotz des dicken Mantels, den sie trug, zitterte. Ihre Schuppen hatten einen leichten Blauton angenommen. „Sie kamen aus dem Staunen nicht mehr heraus, als sie ihn eine Stunde später untersuchten und feststellten, wie schnell die Wunde des verletzten Herzens sich schloss. Janok hat mir erzählt, dass sich Wunden bei Orks in Ruhephasen immer schnell verschließen. Orks sind wirklich wahre Kampfmaschinen: groß, zäh, stark und fast schon ein bisschen unsterblich. Kein Wunder, dass mein Volk ihre Invasion nur knapp und mit aller Kraft aufhalten konnte“, berichtete Schimascha und ihre Stimme wurde dabei zunehmend düsterer.

April merkte, dass das Gespräch drohte, einen für Schimascha unangenehmen Verlauf zu nehmen, und versuchte einen Themenwechsel: „Na ja, jedenfalls bin ich froh, dass es Janok gut geht.“ Sie seufzte traurig: „Ich mache mir mehr Sorgen um Erwin. Seine gebrochene Wirbelsäule hat sich zwar wegen seiner Lichtmagie regeneriert, doch sein Geist …“

Neptunia bemerkte Aprils Bedrücktheit: „Keine Besserung?“

April schüttelte den Kopf: „Ich war vorhin bei ihm im Kerker der Zitadelle. Sie haben ihn in schwere Ketten gelegt, nur wenige Fackeln brennen, gerade genug für ihn zum Leben, und zwei eiserne Unholde in der Größe von GKR-3443 halten Wache. Ich habe versucht, mit ihm zu reden, doch Erwin reagierte nicht, obwohl ich mir sicher bin, dass er bei Bewusstsein war. Mir kam es so vor, als hätte er seinen eigenen Geist in seinen Körper gesperrt. Jedenfalls sind sich alle uneinig darüber, was mit ihm geschehen soll. Auch wenn er Tropandus, den Kristallmenschen und Janok angegriffen hat, können die Leute nicht vergessen, dass er es war, der die Stadt mit einer gewaltigen Lichtensa-Explosion gerettet hat. Kurz gesagt, niemand weiß, was er über Erwin denken soll.“

„Dieses Problem haben wir alle“, gab Schimascha zu.

„Reiterin! Warten Sie bitte!“, ertönte es plötzlich aus einiger Entfernung. Es war die Stimme einer Zwergenwache, welche angerannt kam. Der Zwerg blieb keuchend vor Schimascha stehen und sprach, sobald er seinen Atem wieder unter Kontrolle hatte: „Reiterin Schimascha, der Rat der Stadt ruft eine weitere Versammlung ein und Ihre Anwesenheit wird erwünscht.“

Schimascha nickte. „Ich komme sofort“, gab sie zur Antwort und wendete sich April sowie Neptunia zu: „Ich muss mich verabschieden. Bis später.“

„Bis später, Schimascha“, ließen April und Neptunia gleichzeitig verlauten, während Schimascha schon dem Zwerg folgte.

Mutter und Tochter schlenderten weiter durch die Stadt, ohne ein richtiges Ziel zu haben. Deshalb sahen sie gelangweilt den Bauarbeiten zu. Genauer gesagt, sah nur Neptunia zu, denn April war mit den Gedanken völlig woanders.

„Du bist ja wirklich richtig besorgt um Erwin“, meinte Neptunia.

April sah sie an. „Ist das so offensichtlich?“

„Ja. Du siehst aus, als würden alle Sorgen von Locondia an deiner Seele nagen“, antwortete Neptunia. „Du solltest dich entspannen, egal was mit Erwin los ist. Er ist ein zäher Bursche und kommt schon wieder in Ordnung“, fügte die Mutter hinzu.

„Sein Körper vielleicht …“, meinte April missmutig. „Doch gilt das auch für seinen Geist? Und wie sollen wir ihm vertrauen, wenn er womöglich jeden Moment wieder ausrasten könnte?“

„Erst mal müssen wir herausbekommen, was mit ihm überhaupt los ist. Schließlich war er ja bis jetzt ein ruhiger und gelassener junger Mann, der konzentriert und nicht rasend kämpfte. Irgendetwas muss mit ihm während der Belagerung passiert sein. Vielleicht ein Trauma? Ich werde mir ihn jedenfalls genauer ansehen, sobald er wieder bei Bewusstsein ist“, versuchte Neptunia ihre Tochter zu beruhigen.

Aprils Gesichtsausdruck entspannte sich ein wenig und sie ließ ihren Blick durch die Straßen schweifen. Schließlich antwortete sie: „Vermutlich hast …“ Sie kam nicht dazu, den Satz auszusprechen, denn ein gewaltiges Knallen durchflutete die Stadt.

Zehn Minuten vorher in der Goldenen Zitadelle. Janok stand vor einer Zimmertür und klopfte an. „Herein!“, forderte Lupunias Stimme Janok zum Eintreten auf. Lupunia lag in einem Bett und sowohl ihr Körper als auch ihre Flügel waren mit Verbänden übersät, sodass es gar nicht auffiel, dass sie nackt im Bett lag. Zumal sie mit einer Decke zugedeckt war. Janok setzte sich auf den Stuhl, der neben dem Bett stand, und fragte: „Wie geht es dir, Mutter?“

Lupunia lächelte schmerzvoll: „Es wäre einfacher, dir aufzuzählen, welche Stellen nicht schmerzen, als jene, die schmerzen, zu nennen. Diese verdammten Sukkuben haben versucht, mich zu zerfetzen, und haben es leider auch halbwegs geschafft. Zum Glück verfüge ich als Engel über eine ausgezeichnete Regeneration. Doch wie geht es dir, mein Sohn? Du hattest eine heftige Auseinandersetzung mit Erwin.“

Jetzt war es Janok, der schmerzverzerrt lächelte: „Unsere ‚Auseinandersetzung‘ als heftig zu beschreiben, wäre so, als würde man einen Zyklopen als sanftmütig bezeichnen. Erwin war in eine Art Raserei verfallen, die selbst bei einem Ork wie mir eine Gänsehaut verursacht.“

Die Elfin nickte traurig. „Wie konnte das nur passieren? Gestern war er noch ein Held und heute müssen wir Angst vor ihm haben.“

„Irgendetwas muss während der Schlacht passiert sein. Mir war aufgefallen, dass er sehr … bedrückt erschien. Ich habe aber keine Idee, was es gewesen sein könnte. Vielleicht schwarze Magie?“, mutmaßte Janok.

Doch seine Mutter schüttelte den Kopf: „Kann ich mir nicht vorstellen. Für uns Lichtmagier ist eine Korruption durch Schattenmagie problemlos spürbar. Zudem ist Erwin ein starker Lichtmagier, der das Potenzial besitzt, selbst den legendären Sonnenelfen Erwin zu übertreffen. So jemand kann nicht einfach unbemerkt korrumpiert werden. Schließlich kann er sogar eine gigantische Menge Lichtensa kontrollieren. Aber vielleicht waren es die gigantischen Anstrengungen, die vonnöten gewesen sein mussten, um die ganze Stadt mit Lichtensa zu überfluten, die seinen Geist verwirrt haben.“

„Dann hoffen wir mal, dass Erwin sich wieder entwirren kann. Denn noch ist es nicht zu spät. Die Leute hassen ihn noch nicht, sondern haben nur Angst. Schließlich hat er eine ganze Armee von Dämonen pulverisiert. Wenn er wieder normal wird, werden die Leute das ganze Drama schnell wieder vergessen“, meinte Janok.

„Und was denkst du? Schließlich bist du derjenige, dem der größte Schaden zugefügt wurde“, hakte seine Mutter nach.

Janok lächelte jetzt breiter und etwas Sarkasmus schwang in seiner Stimme mit, als er antwortete: „Ich bin immer noch ein orkischer Krieger. Und wir Krieger hassen nicht diejenigen, die uns abstechen. Wir bewundern sie! Das können wir uns mit selbstheilenden Herzen auch leisten.“

Daraufhin lachten Mutter und Sohn und verdrängten für einen Moment die Gewissheit, dass es eine schlimme Zeit war, in der sie lebten. Dieser Moment hielt aber nur so lange an, bis plötzlich ein ohrenbetäubender Knall die friedliche Stimmung im Zimmer zerriss.

Im Thronsaal, wo sich alle außer Janok und Erwin für eine zweite Versammlung eingefunden hatten, herrschte Chaos. Denn hier war nicht nur der heftige Knall zu hören gewesen – eine Druckwelle hatte den Thronsaal verwüstet.

„Bei den Wurzeln des Dschungelgottes! Was ist denn hier passiert? Ein Wirbelsturm?“, keuchte Schimascha, die gerade durch das große Eingangstor trat.

Tropandus kroch unter dem gewaltigen Tisch, an dem die Versammlung eigentlich stattfinden sollte, hervor und stand vorsichtig auf. „Ich habe keine Ahnung. Da sitzen wir hier, warten auf Sie und wollen schon die ersten Dinge besprechen … und plötzlich herrscht hier Chaos, von einem Moment auf den anderen“, beantwortete er stöhnend und zugleich um seine würdevolle Haltung ringend die Frage der Schamanin.

Nun rappelten sich auch die anderen wieder auf. „Mir brummt der Schädel. Was war das?“, fragte Gribus laut.

Auf diese Frage hatten auch GKR-3443, Monarchius, Maximilian, Irving sowie die anderen elfischen, zwergischen und menschlichen Vertreter, die nach und nach die Benommenheit abschüttelten, keine Antwort.

Schimascha blieb nichts anderes übrig, als sich nach Hinweisen zur Herkunft des Knalles umzusehen. Sie entdeckte, dass bei einer der Treppen, die nach unten führten, im Steinrahmen einige Stücke herausgebrochen waren, woraus sie schlussfolgerte, dass die Druckwelle von unten aus den Kellergewölben gekommen sein musste.

Da die anderen noch wacklig auf den Beinen waren, hätte Schimascha allein heruntersteigen müssen, wenn Janok nicht in diesem Moment die Treppe heruntergerannt gekommen wäre. Seine Augen weiteten sich, als er den verwüsteten Thronsaal zu Gesicht bekam: „Bei der Axt meines Vaters! Ist hier ein Sumpfschmetterling vorbeigekommen oder bist du einfach nur ausgerastet, Schimascha?“

Diese lief rot an, zumindest soweit dies bei einer Echse möglich war: „Weder noch! Was für eine fürchterliche Unterstellung! Außerdem seid ihr Orks doch diejenigen, die alles ohne Sinn und Verstand zusammenschlagen!“

Janok hatte eine Drachensaat ausgelegt und Schimascha ließ sie wachsen, ungeachtet dessen, dass es sie eigentlich mehr interessierte, was hier los war.

Das Chaos wäre durch den Streit noch schlimmer geworden, wenn nicht Gribus, immer noch leicht stöhnend, gefordert hätte: „Wenn ihr bitte die Güte hättet, euren Streit auf später zu verschieben, damit ihr nachsehen könnt, was passiert ist? Ich würde es ja gern selbst machen, doch bei mir dreht sich noch alles.“

Die dringende, aber auch leicht sarkastische Bitte des Zwerges brachte den Streithahn und die Streithenne zur Besinnung. Beide gingen missmutig und sich gegenseitig anknurrend in den Untergrund der Zitadelle.

„Was meinst du? Ob Erwin das angerichtet hat?“, fragte Schimascha.

„Würde mich nicht wundern“, antwortete Janok trocken.

In den Kellergängen sah es noch schlimmer aus als im Thronsaal. Aus den Wänden waren mehrere Steine herausgebrochen und in den Räumen lagen zerschmetterte Möbel und ohnmächtige, sowohl zwergische als auch menschliche Wachen, die glücklicherweise aber nicht schwer verletzt zu sein schienen. Vermutlich würden sie für eine Weile schlecht hören können. Janok und Schimascha kamen Erwins Zelle näher und entdeckten eine der denkenden Menschenmaschinen, die von irgendetwas in eine der Wände hineingepresst worden war.

„Ich weiß langsam nicht mehr, ob ich hoffen soll, dass es Erwin nun gut oder schlecht geht“, murmelte Janok und Schimascha nickte, da sie dasselbe ungute Gefühl hatte. Glücklicherweise schien kein lebendiges Wesen in der Nähe von Erwins Zelle gewesen zu sein. Nicht auszudenken, was passiert wäre, wenn die Druckwelle jemanden mit voller Kraft getroffen hätte.

Als Janok und Schimascha nun endlich Erwins Raum erreichten, war es für beide nicht schwer vorstellbar, was das laute Geräusch mitsamt der Schockwelle erzeugt hatte. Schimascha fasste es passend zusammen: „Dies dürfte der heißeste Gefängnisausbruch aller Zeiten gewesen sein.“

„Heiliger Wasserfall, was ist das?“, fragte Neptunia erschrocken, als sie sah, was sich in Erwins Zelle, genauer gesagt, in deren Rückwand befand. Die Wassermagierin war kurz nach Janok und Schimascha mit April zusammen im Verließ angekommen.

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22 aralık 2023
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