Kitabı oku: «Der Omega im Turm», sayfa 3

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6. Finn

Finn wusste nicht, was ihn mehr nervte: Die beiden MacKays, die sich zu ihnen gesetzt hatten oder Leighton, der sich darüber freute.

»Den ganzen weiten Weg über, zu dritt?« Grübchen erschienen in Leightons Wangen. »Seid ihr euch nicht auf die Nerven gegangen?«

»Sind wir«, sagten die MacKays, wie aus einem Mund. Der mit dem breiten Gesicht, der immer lachte, war Myles. Der andere, den Finn erst für verträumt gehalten hatte, Fraser. Die schweren Lider und langen Wimpern hatten ihn getäuscht. Der war genau so albern wie Myles.

»Und kalt war es.« Fraser benutzte seine Lider und Wimpern, um Finn einen bedeutungsvollen Blick zuzuwerfen. »Sehr kalt. Ohne zarte Omegas, an denen wir uns wärmen konnten.«

»Was, gleich mehrere?«, knurrte Finn. »Überschätzt ihr euch da nicht?«

Myles lachte. »Fraser bestimmt. Der ist ein Zündspan, wenn du verstehst, was ich meine.«

»Nein«, sagte Finn. Und es interessiert mich auch nicht, wollte er hinzufügen. Aber Myles redete schon weiter.

»Wird schnell heiß, aber leider hält es nicht lange.« Eckzähne blitzten. »Kaum, dass er angefangen hat, ist er auch schon fertig. Und so ein Zündspan ist kurz.«

Leighton kicherte. Fraser rempelte Myles mit der Schulter an.

»Und was bist du?«, fragte Finn missmutig. »Ein Baumstamm? Oder denke ich zu klein?«

Die beiden sahen ihn verblüfft an. Bevor sie antworten konnten, fiel ein Schatten über sie.

»Myles ist ein Stück Torf«, grollte der Steinerne. Seine Stimme war tief wie das Donnern der Brandung. »Ein hohles Stück Torf.«

»Torf brennt gut«, behauptete Myles.

»Ja, und es stinkt.« Der Steinerne schob seine Freunde auseinander, als wären sie Puppen und setzte sich zwischen sie. »Was treibt ihr hier?«

»Fuchsjagd.« Fraser zwinkerte Finn zu. »Unser liebster Zeitvertreib, wie du weißt.«

»Euer liebster Zeitvertreib ist, mich zu blamieren.« Der Steinerne sah ihn streng an. »Ist euch klar, dass Alphas und Omegas hier getrennt sitzen? Ihr stört die Ordnung.«

»Ach, aber hier ist es viel netter.« Myles beugte sich zu Finn und Leighton vor. Leighton kicherte. »Der Anblick zumindest.«

»Kann ich nicht behaupten«, knurrte Finn.

»Schau halt richtig hin.«

Finn kniff die Augen zusammen. »Ich sehe so schlecht. Wie wär's, damit du ein paar Schritte zurück machst, damit ich dich besser betrachten kann? Ungefähr hundert Schritte.«

Ein Schnauben erklang. Myles und Fraser wandten sich zu ihrem Kameraden um.

»War das ein Lachen?« Myles drückte den Zeigefinger in die Wange des Steinernen. Der packte seine Hand und hielt sie fest. Die Adern auf Myles' Unterarm traten hervor, aber er schaffte es nicht, sich herauszuwinden.

»Nein.« Ein Gewitter tobte im Gesicht des Steinernen.

»Du bist Caelan, oder?« Leightons Wangen leuchteten rot. Er sah wunderschön aus. »Caelan McKay?«

Was für ein bekloppter Name. Dieser Caelan ließ sich nicht einmal zu einem Nicken herab. Er löste den Griff um Myles' Handgelenk. Der rieb es und knurrte leise.

»Was willst du, Cael? Möchtest du etwa auch an unserer kleinen Jagd teilnehmen?«

»Die Beute reizt mich nicht.« Ein abschätziger Blick auf Finn. Eiskalte Augen. Er spürte einen winzigen Schauer und ärgerte sich. »Nicht im geringsten.«

»Na, da freut sich die Beute aber.« Finn stach mit dem Löffel in seinen Eintopf. »Sie wird schon von genug sabbernden Kötern belagert, da hat sie keine Zeit für einen manierenlosen Ochsen.«

Den Bruchteil einer Sekunde verharrte Caelan MacKay. Seine Miene wurde noch finsterer. »Es ist der Fuchs, der keine Manieren hat. Er sollte sich besser überlegen, wie er Ranghöheren begegnet.«

Förmlich war der. Finn betrachtete das steife Gesicht, die kantigen Gesichtszüge und die Bartstoppeln. Der Mann wirkte, als würde seine Haut sich wie Felsen anfühlen. Kalt und leblos. Ein Hauch wehte in Finns Nase. Eine Spur des betörenden Geruchs, der auch in dem Mantel wohnte, den er auf dem Schoß trug. Er fuhr ihm direkt zwischen die Beine und fachte die Wut in seinem Bauch neu an.

»Der Fuchs respektiert nur die, die seinen Respekt verdienen.« Er sah der alten Felsenfresse direkt ins Gesicht. Der jungen Felsenfresse. Überrascht stellte Finn fest, wie faltenfrei der Mann vor ihm war. Die bittere Miene hatte ihn getäuscht. Dieser Caelan schien kaum ein paar Jahre älter zu sein als er.

»Der Fuchs entscheidet nicht, wen er respektiert. Das tut die natürliche Ordnung.« Kalte Worte aus einem harten Mund. »Myles, Fraser. Wir gehen.«

Brummelnd erhoben die beiden sich. Dieser Caelan blieb noch einen Moment. Ein herrisches Nicken und seine Augen deuteten auf Finns Schoß. Dessen Wangen wurden heiß. Konnte MacKay sehen, was sich dort verbarg? Was Finn quälte, seit er diesen verdammten Umhang angezogen hatte?

Oh, richtig. Der Umhang. Den meinte der Mistkerl.

Finn griff in den Stoff und warf ihn dem MacKay zu. »Vielen Dank«, brummte er.

Er bekam keine Antwort. Wortlos drehte der Blödmann sich um und ging zurück zum Tisch des Rudel-Chiefs.

Leighton seufzte leise. Sein Atem streifte Finns Ohr und plötzlich konnte der sich nicht mehr bewegen.

»Finn.« Gequältes Stöhnen. »Ich bin so hart.«

»Was«, stotterte Finn. »Warum?«

»Warum wohl?« Leighton deutete auf Caelan MacKay, der wieder saß. »Der Mann bringt mich um den Verstand.«

Hass brodelte in Finns Bauch, kochte über und riss alles mit sich. »Der ist ein Arschloch.«

»Ein wunderschönes Arschloch.« Leightons Augen glänzten. »Ich hab mich entschieden. Caelan Mac Kay ist mein Gefährte.«

»D-das kann man nicht einfach entscheiden.« Panik griff nach Finns Herzen. »Das spürt man.«

»Ich spüre es.« Zähne blitzten. »Ganz deutlich.«

Nein! Finn wollte heulen vor Angst und Wut. Nein, nicht der! »Aber der ist ein blöder Mistkerl! Schau doch mal, wie abgerissen der rumläuft.« Er deutete auf die einfachen Kleider und die dreckbespritzten Stiefel des Alphas. Ein billiges Argument, aber sein Herz tat so weh, dass sein Kopf nicht mehr mitspielte. »Der kann doch gar nicht für dich sorgen.«

Leighton blinzelte, dann erschien das spöttische Lächeln, das Finn so gut kannte. »Hast du nicht kapiert, wer er ist?«

»Caelan MacKay?«

Leighton seufzte. »Das kommt dabei heraus, dass Declan dich immer nur die Vergangenheit abschreiben lässt. Caelan MacKay ist der Sohn des Rudel-Chiefs der MacKays.«

»Oh.« Finn zögerte. »Wie kommt es dann, dass ich noch nie von ihm gehört habe?«

»Seine Brüder sind die, von denen alle reden. Geredet haben.« Leightons Augen verfolgten Caelan. Der sprach mit Harris. Natürlich verstanden die beiden Drecksäcke sich.

»Was?« Finn sah seinen Freund an. »Was ist mit seinen Brüdern?« Er zögerte. Wie hießen die MacKay-Stammhalter nochmal? »Ruben und Connor, richtig? Sind die … oh.«

»Ja.« Leighton klang ernst. »Umgebracht von den Sutherlands.«

»Beide?« Mitleid wallte in Finn auf. Der Mistkerl, der ihm Leighton wegnehmen wollte, wirkte auf einmal richtig menschlich. »Der Arme. Kein Wunder, dass der so böse schaut.«

»Wieso?«, fragte Leighton. »Wenn die nicht gestorben wären, wäre er jetzt nicht der Nächste in der Rangfolge. Als Dritter hätte er nie eine Chance gehabt.«

»Aber selbst einem Alpha ist es nicht egal, wenn sein Bruder stirbt. Schätze ich.«

»Wer weiß, vielleicht haben die sich gehasst.« Leighton zuckte mit den Achseln. »Oh, dieser Mann …« Seine Schwärmerei wurde von einem tiefen Stöhnen unterbrochen. Sie wandten sich um. Albie, ein dunkelhaariger Omega krallte die Hände in die Tischplatte. Sein Gesicht war feuerrot.

»Geht es los?«, fragte der Omega neben ihm mitfühlend.

Albie nickte. Er presste die Lippen fest aufeinander und atmete stoßweise. Schauer durchliefen seinen Körper.

Die Hitze hatte begonnen.

Finn unterdrückte die Angst in seinem Magen und streckte Albie die Hand hin. »Komm, Leighton und ich bringen dich in den Turm.«

Dankbar nahm Albie die Hand und nun roch Finn ihn. Schwerer, süßlicher Geruch ging von ihm aus. Verführerisch wie eine reife Frucht. Die ersten Alphas wandten bereits die Köpfe nach ihnen.

»Schnell«, murmelte Finn.

»Finn, die werden nicht hier über ihn herfallen«, zischte Leighton. Aber er nahm Albies andere Hand und half ihm, aufzustehen. Der Geruch reizte selbst Finn. Wenn ein Omega in Hitze geriet, folgten die anderen wenige Tage später. Albies Hand in seiner war schweißnass. Unter seinem Kilt zeichnete sich der Umriss seiner Härte ab und er leckte sich fast zwanghaft die Lippen.

»Schnell«, flüsterte er. Sie strebten dem Ausgang zu.

Ein Omega in Hitze hatte sich nicht mehr unter Kontrolle. Bei seiner ersten Hitze hatte Finn sich vor Leighton auf den Boden geworfen und gebettelt, dass er ihm die Rute lecken durfte. Ein anderer hatte sich beim Abendessen befriedigt, vor allen anderen, weil er den Trieb nicht mehr unterdrücken konnte. Manche warfen sich vor den Alphas auf die Füße und flehten darum, genommen zu werden. Das Furchtbare war, dass das eine rein körperliche Reaktion war. Der Geist sah die ganze Zeit fassungslos zu, was der Körper trieb und nach der Hitze kam die Scham.

Aber das Schlimmste war die Reaktion der Alphas. Nach jeder Hitze gab es verletzte Omegas, oft schwer. Von dem Geruch zur Raserei getrieben, kämpften sie um die Omegas und wenn sie sie in die Finger bekamen, immer noch angepeitscht vom Kampf, kannten sie kein Halten. Finn hatte Würgemale gesehen, blutige Striemen von Fingernägeln und auch Wolfsklauen. Es gab selbst Gefährten, die sich schwere Wunden zufügten. Andere sehnten die Hitze das ganze Jahr über herbei und sperrten sich drei Tage lang gemeinsam ein.

Letztes Jahr hatte ein Alpha Finn im Flur in einen Erker gedrängt und versucht, ihn mit Gewalt zu nehmen. Er erinnerte sich immer noch an das hungrige Maul, den Speichelfaden, der dem Mann über das Kinn gelaufen war. Ja, Finn war hart und rallig gewesen, aber er wollte nicht mit einem Alpha schlafen. Nie. Doch der Alpha hatte ihm nicht geglaubt, und nur die Tatsache, dass Eric zufällig vorbeigekommen war, hatte ihn gerettet. Der hatte dem anderen Alpha klargemacht, dass er sich so nur im Alpha-Turm verhalten durfte und Finn in den Omega-Turm geschickt.

Albies Wimmern hallte von den Wänden, als sie durch den düsteren Flur gingen. Es roch nach feuchtem Stein und Moder und sie froren. Fackeln erleuchteten die grob gehauenen Felsen, aber die Lücken dazwischen blieben rabenschwarz.

»Oh, verdammt«, jammerte Albie. »Warum denn jetzt? Ich habe gerade angefangen ein neues Stück zu lernen. Das kann ich mir nie merken, bis die Hitze vorbei ist.«

»Nimm den Dudelsack doch mit in den Turm«, sagte Finn. Zu ihrer eigenen Sicherheit wurden sie während der Hitze in den Omegaturm gesperrt.

»Bist du verrückt?« Albie lachte kläglich. »In einen Turm voll ralliger Omegas? Die stecken sich die Pfeifen doch überall rein, wenn es sie überkommt. Die kriege ich nie wieder sauber.«

Finn und Leighton lachten. Ihre Stimmen wurden zu einem gruseligen Echo verzerrt und ein Schauer rann durch Finns Magen.

Sie kamen nur langsam voran. Albie jammerte, dass seine Beine weich seien, dass er kaum laufen konnte, weil seine Eier sich wie Zementsäcke anfühlten. Und dann blieb er ganz stehen.

»Es geht nicht mehr.« Seine Wangen glühten. »Ich kann nicht weiter gehen. Nicht so.«

Schon entriss er ihnen seine Hände, fuhr unter den Kilt und begann, sie hektisch zu bewegen.

Finn und Leighton drehten sich um. Wenn er wieder zu Verstand kam, würde Albie zu schätzen wissen, dass sie ihm seine Privatsphäre gegönnt hatten. Gerade nicht. Da stöhnte er, und Finn konnte nicht erkennen, ob es lustvoll oder gequält war.

»Unglaublich«, flüsterte Leighton Finn zu. »Wenn ich mich auch so verhalte, fessel mich bitte.«

»Albies Hitze ist immer stark.« Finn hoffte wirklich, dass Leighton sein Verhalten vom letzten Jahr vergessen hatte.

»He, weißt du noch, wie du dich vor mir auf dem Boden gewälzt hast?«

Hitze stieg in Finns Wangen. »Weißt du noch, wie du gedacht hast, hinter dem Vorhang hört dich keiner?«

»Sei ruhig.« Leightons Ohren schimmerten rot. »Was in Hitze geschieht, ist nie geschehen, klar?«

»Sehe ich genauso.« Finn unterdrückte den Aufruhr in seinem Inneren. Albies gehetzte Geräusche machten es nicht einfach.

»Was wollten diese beiden MacKays eigentlich von dir?« Leighton betrachtete die Wand, als wäre sie hochinteressant. »Seit wann kriegst du so viel Aufmerksamkeit von Alphas? So hübsch bist du echt nicht.«

Finn ignorierte den Schmerz. »Ich bin wunderschön«, knurrte er. »Keine Ahnung, was die hatten. Denen bin ich heute Mittag begegnet, als Harris mich verfolgt hat.«

»Als du Caelan getroffen hast, meinst du.« Leighton überlegte. »Er ist schön, oder? Wirklich schön. Bei ihm merkt man den Wolf mehr als bei anderen, aber das ist ziemlich anziehend.«

»Er ist ein humorloser Langweiler. Bei dem schlafen dir die Füße ein, wenn er dein Gefährte wird.«

»Er hat Humor. Immerhin hat er über deinen Witz gelacht. Und so lustig war der nicht.« Leighton zögerte. »Du versuchst nicht, dich bei ihm anzubiedern, oder?«

»Was?! Warum sollte ich mich bei ihm anbiedern?«

»Weil du scharf auf ihn bist?« Leightons Blick war eine Klinge. »Du bist irgendwie komisch, seit du ihn getroffen hast. Du kannst dich auf nichts mehr konzentrieren und beim Essen hast du dauernd zu ihm rübergeschaut.«

»Habe ich nicht!« Finn ballte die Fäuste. Hatte er das? Der Umhang in seinem Schoß hatte ihn irritiert. Auch jetzt glaubte er, dass ihm der verwirrende Duft des Alphas noch anhaftete. Schwer und würzig und wild wie das Meer bei Sturm.

»Hoffentlich.« Das Lachen war aus Leightons Augen verschwunden. »Er gehört mir, klar? Caelan ist mein Gefährte. Dräng dich nicht dazwischen.«

Ein langgezogenes Heulen hinter ihnen. Albie war fertig. Finn wandte sich zu ihm um und sah, wie er eine besudelte Hand am Boden abwischte. Langsam erhob er sich.

»Na, besser?« Leighton grinste schon wieder.

»Ein bisschen.« Albies Augen schimmerten fiebrig. »Ihr kennt das ja.«

Sie kannten es. Es reichte nie. Das Einzige, was die Erlösung brachte, war das Ende der Hitze. Oder die Berührung eines Alphas, aber die konnte genau so gut mehr Schmerzen mit sich bringen. Oder sogar den Tod. Finn schluckte schwer.

»Komm, wir bringen dich in den Turm«, sagte er und hakte Albie unter. »Da bist du sicher.«

»Sicher? Vor wem?«, erklang eine Stimme hinter ihnen.

Sie fuhr in Finns Magen wie ein Dolchstoß. Panik erfüllte ihn und als er sich umdrehte, wollte er heulen.

Vier Alphas standen am anderen Ende des Flurs. Er kannte sie. Er kannte ihre vor Gier verzerrten Gesichter. Es waren Freunde von Harris, andere Wächter. Leon, Darragh, Dexter und Lincoln. Alle kräftig, alle gefährlich. Klar, die waren Kämpfer. Auch, wenn sie gerade keine Schwerter in den Händen hielten.

Finns Füße waren aus Blei. Lauf!, dachte er, aber er tat es nicht. Und als er sich umwandte, sah er, dass hinter Albie und Leighton ein weiterer Kerl aufgetaucht war: Cooper. Er grinste ein zahnlückiges, hungriges Grinsen. Finn schauderte. Mist. Sie hatten zu langen gebraucht. So lang, dass die Fünf sie einkesseln konnten. Der sechste, Harris, fehlte. Finn hatte einmal gehört, dass diese Gruppe sich das Pack nannte.

Er spürte Leighton und Albie hinter sich. Instinktiv schob er den Körper vor sie, schirmte sie vor den Blicken der Vier vor ihm ab. Vielleicht konnten die beiden Omegas mit einem Alpha fertig werden. Und er … Wie zur dreifachen Arschfalte sollte er mit denen zurechtkommen?

Gar nicht, sagte eine Stimme in seinem Kopf. Leg dich einfach hin und hoff, dass sie es nicht übertreiben.

»Ich will ihn zuerst, klar?« Leon atmete schwer. Noch war er einen halben Flur weit entfernt.

»Nein.« Der Wolf färbte Dexters Stimme, roh und lüstern. »Er gehört mir.«

»Wir teilen.« Leon grinste fiebrig. »Kleiner Fuchs, geh aus dem Weg, dann passiert dir nichts. Wir wollen nur ihn. Der hat uns letztens schon hingehalten. Dabei will er es. Das kann ich riechen.« Seine fleischige Zunge leckte über vernarbte Lippen.

Panik krallte sich in Finn. Sein Körper versteinerte. Er war so klein, so schwach. So nichts. Ein Würmchen, im Vergleich zu den anderen.

»Ich will nicht!«, rief Albie. Er war leichenblass. »Ich hab euch letzte Woche schon gesagt, dass ich nicht will!«

Dexter lachte und die anderen stimmten ein. »Ein Bückling will nichts. Ein Bückling bückt sich.« Das Echo seiner Stimme hallte durch den Flur. »Kommt, Jungs. Zeigen wir ihm, wo wir unsere Messer versteckt haben.«

»Nein!« Finn war überrascht, wie kräftig er klang. »Ihr fasst ihn nicht an! Wir sind nicht im Alpha-Turm! Ihr habt nicht das Recht, ihn anzufallen!«

Die Vier verharrten. Ärger zog über ihre Gesichter. Nur Dexter lächelte weiter.

»Sieht aus, als müssten wir den kleinen Bückling in den Alpha-Turm schleppen. Los, packt mit an!«

»Nein!« Finn breitete die Arme aus. Eine komplett nutzlose Geste. Die vier näherten sich, lauernd und gierig. Hinter Finn erklang ein nasses Geräusch. Ein gehetzter Blick über die Schulter und er sah, wie sich eine Pfütze zwischen Albies Beinen bildete. Panisch sah der Finn an, die Augen weit wie die eines sterbenden Kaninchens.

»Lass mich nicht allein«, flüsterte er. »Bitte, Finn.«

»Finn!« Leighton ging langsam rückwärts. Auf Cooper zu, dessen Blick aber auf Albie gerichtet war. »Finn! Hauen wir ab! Die wollen nur ihn!«

Eine feige kleine Stimme flüsterte Finn zu, dass Leighton recht hatte. Sie konnten ungeschoren hier rauskommen. Die Fünf würden Albie verschleppen und wenn er schwer verletzt wieder auftauchte, würden sie behaupten, er wäre ihnen freiwillig in ihren Turm gefolgt. Finns Wort würde gegen ihres stehen, und das Wort eines Omegas hatte kein Gewicht. Er atmete ein. Seine Kehle war so eng, dass es wehtat.

»Ich lass dich nicht allein, Albie«, flüsterte er und schoss los. Zur Seite. Zur Wand, an der die nächste Fackel hing. Er riss sie aus der Halterung, gerade, als Dexter fast bei Albie war und schlug sie gegen dessen Arm. Heulend sprang Dexter zurück.

»Du kleiner Drecksack!« Hass loderte aus seinen Augen. »Mein Arm! Dafür reiß ich deinen Arsch in Stücke, Finn!«

Finn hielt die Fackel vor sich. Die Flammen loderten, beleuchteten seinen schwächlichen, zitternden Arm. »Lass uns in Ruhe!«

»Niemals!«, fauchte Dexter. »Der kleine Bückling gehört uns! Und du auch!«

Noch zögerten sie. Noch standen die Vier vor ihm und starrten auf die Fackel in seinen Händen.

»Was soll das, Bückling?« Leon grinste. »Meinst du, du kannst uns aufhalten? Du Schwächling?«

Die Worte drangen unter Finns Haut. Ja, er war schwach. Schwach und erbärmlich und klein noch dazu. Das Zittern in seinem Arm wurde stärker. Doch gerade, als er ihn senken wollte, als er sein nutzloses Vorhaben aufgeben wollte, erwachte etwas in ihm. Wut. Grenzenlose, verzehrende Wut. Er packte den Metallgriff fester.

»Ich kann nicht alle aufhalten«, knurrte er. »Aber einen von euch. Der Erste, der angreift, kriegt die hier in die Fresse.« Er hob die Fackel höher. »Also, wer will?«

Dexter brüllte. Er hielt sich den Arm und brachte die Luft mit seiner Stimme zum Beben. Aber er kam nicht näher.

»Leon, kümmer dich um den Bückling«, sagte er.

Leon blieb stehen.

»Leon!«

»Mach's doch selbst!«

Jemand schrie. Hinter Finn, der es nicht wagte, die Vier aus den Augen zu lassen.

»Lass los!« Albie. Cooper musste ihn gepackt haben.

»Wehr dich, Albie!«, rief Finn. Seine Kehle wurde eng. Sie hatten keine Chance. Sie konnten nicht gewinnen. »Wehr dich! Los!«

Nur ein Moment der Unaufmerksamkeit, aber Leon nutzte ihn.

Er sprang.

7. Caelan

»Kommt mit«, befahl er Myles und Fraser, die sich inzwischen am Alphatisch unterhielten. Das Abendessen war immer noch im vollen Gange. Schüsseln klirrten, Stimmen brummten und der Geruch nach schwitzenden Männern überdeckte langsam den des Kaminrauchs.

»Wohin?«, fragte Myles, aber er erhob sich. Auch Fraser folgte ihm an den Bänken entlang. Bis zu der Tür, durch die die Männer verschwunden waren. Caelan stieß sie auf.

»Euer kleiner Fuchs ist eben gegangen, falls ihr das bemerkt habt.« Sorge beschleunigte Caelans Schritte. »Er hat einen anderen Omega hinausbegleitet. Ich schätze, die Hitze hat eingesetzt.«

»Ach, das war der Geruch.« Fraser leckte seine Lippen. »Ich war eben plötzlich spitz, von einem Moment auf den anderen.«

»Bist du doch immer«, sagte Myles. »Warum folgen wir ihnen, Cael? Willst du dich doch an unserer Jagd beteiligen?«

Caelan ignorierte diese idiotische Unterstellung. Als ob er je einem dieser kraftlosen Omegas nachgestiegen wäre. Und dann noch so einem anmaßenden.

»Ich war nicht der Einzige, der es bemerkt hat.« Der Steinflur war so eng, dass sie kaum zu zweit nebeneinander gehen konnten. »Fünf Alphas sind ihnen gefolgt.«

»Ja, und? Cael, was erzählst du uns da?«

»Dass euer Fuchs in Gefahr sein könnte.« Caelan zögerte, so über ihre Verbündeten zu sprechen, aber es war die Wahrheit. »Die MacFarlanes haben sich nicht so gut im Griff wie sie sollten. Ich habe am Tisch des Rudel-Chiefs einiges erfahren.«

»Was?« Myles klang ungläubig. »Willst du sagen, dass die ihre Omegas nach Lust und Laune schänden? Das ist doch Blödsinn.«

»Das hoffe ich.« Caelan bog in den nächsten Gang. Und erstarrte.

Flammen loderten in der Mitte des Flurs, leckten zittrig über die groben Steine. Er registrierte die Rücken von vier Männern. Bemerkte einen fünften, der am Boden mit einem Omega rang und einen Blonden, der die Szene mit schreckgeweiteten Augen verfolgte. Rauch hing in der Luft, und der schwere Duft nach einem Omega in Hitze. Caelans Atem stockte.

Finn.

Alles, was er sah, war Finn. Flammen schienen auf sein bleiches Gesicht, das zerknitterte Hemd, die roten Haare, die selbst zu brennen schienen. Der Fuchs war wütend. Verdammt wütend. Zorn leuchtete aus seinen Augen, ließ die entblößten Eckzähne blitzen und jeden Muskel in seinem Körper zittern.

Er war wunderschön.

»Wehr dich, Albie!«, rief Finn. »Wehr dich! Los!«

Einer der Männer sprang auf Finn zu und die Fackel ging auf dessen Brust nieder wie ein Schwert. Brüllend wälzte der Kerl sich über den Boden. Finn wich einen Schritt zurück und packte die Fackel mit beiden Händen.

»Na, wer will noch mal? Kommt her, ihr hässlichen Alpha-Schweine!« Eine Träne lief seine Wange hinunter.

Er hat Angst, verstand Caelan. Tödliche Angst. Aber er kämpft.

Etwas entfaltete sich in seiner Brust. Langsam und ungelenk, als hätte es sein Leben lang geschlafen.

Die drei anderen Alphas zögerten, nur einen Moment lang. Sie würde alle gleichzeitig angreifen. Der Kleine konnte nicht gewinnen. Und doch kämpfte er.

»Was geht hier vor?«, brüllte Caelan. Seine Stimme fuhr durch den Flur wie ein Windstoß. Alle sahen ihn an. Er selbst konnte nur Finn anstarren. Dessen Augen weiteten sich. Panik zuckte über sein Gesicht.

Was denkt er?, dachte Caelan. Warum schaut er mich so an?

Enttäuschung schlug über ihm zusammen, als er verstand. Der kleine Fuchs dachte, sie wären hier, um sich den anderen Alphas anzuschließen.

»He, die MacKays.« Einer der Angreifer lecke sich die Lippen. Sein Ärmel zeigte schwarze Rauchspuren. »Ihr stellt euch hinten an, klar? Das sind unsere Bücklinge.«

Wieder dieses Wort. Caelan holte tief Luft. Der Wolf in ihm hungerte, wollte diesem Mistkerl das Fleisch von den Knochen reißen. Man sah es ihm an. Er erkannte es in der Art, wie der Mann mit dem verbrannten Ärmel zurückwich.

»Na gut«, sagte der und versuchte, würdevoll zu schauen. »Ihr kriegt den Vortritt. Weil wir gute Gastgeber sind und so.«

»Wir sind nicht hier, um Schwächere zu schänden«, sagte Caelan. Tierisches Grollen unterlegte seine förmlichen Worte. »Lasst sie in Ruhe. Ihr seid nicht im Alpha-Turm.«

Und selbst wenn sie es gewesen wären, hätte er Finn und die anderen da rausgeholt. Dabei hatte er Myles und Fraser eben noch zurechtgewiesen, weil sie sich den Bräuchen ihrer Verbündeten nicht angepasst hatten.

Die Fünf zögerten.

»Ist das dein Ernst, MacKay?« Der Mann mit dem verbrannten Ärmel blinzelte.

»So sind die Regeln, oder nicht?« Caelan sah ihn herausfordernd an.

Töten, heulte der Wolf in ihm. Warmes Blut, leckere Kehle. Töten!

»Was kümmert ihr euch um die Regeln?« Der Mann knurrte. Die Luft war schwer und aufgeladen, wie kurz vor einem Gewitter. »Was gehen euch unsere Regeln an? Scheiß auf unsere Gesetze.«

»Möchtest du das vor Eric wiederholen, Dexter?« Finns Stimme war ruhig. Voll und kräftig, obwohl Caelan die Angst in seinen Augen sah. Finns Augen waren golden im Feuerschein, so strahlend, dass Caelan ihre wahre Farbe nicht erkennen konnte.

Sie müssen grün sein, dachte er. Hellgrün wie junges Moos. Dieses neue Gefühl in seiner Brust breitete sich aus. Bald würde es ihn ganz erfüllen.

»Klappe, Bückling!« Dexter fuhr herum. Finn zuckte zusammen, wich aber keinen Schritt.

Sofort war Caelan bei ihm. Er packte Dexter und schleuderte ihn zu Boden, mit einer Hand. Der Alpha segelte durch den halben Flur. Die anderen zögerten, die Fäuste geballt. Es roch nach Wolf. Normalerweise hätten sie sich jetzt verwandelt und gekämpft. Aber die MacKays und die MacFarlanes gehörten zu den zivilisierten Rudeln.

»Verpisst euch oder Lachlan und Eric erfahren, was hier gerade geschehen ist.« Caelan wollte ruhig klingen, aber er hörte Finns hektischen Atem in seinem Nacken. So klang der Befehl wie eine Morddrohung.

Sie verpissten sich. Mit eingekniffenen Schwänzen trotteten sie zurück, in Richtung des großen Saals.

Es war ruhig im Flur. Selbst Myles hielt ausnahmsweise die Klappe.

»Danke.« Der blonde Omega lächelte. Er stellte sich neben Finn und strahlte Caelan an. »Du hast mich gerettet.«

»Ich hab dich auch gerettet«, brummte Finn. Die Fackel loderte immer noch und verwandelte seine Haare in ein Flammenmeer.

Lasair, dachte Caelan. Lasair, die Flamme.

»Geht es euch gut?«, fragte Myles.

»Ja«, sagte Finn und schob sich zwischen sie und den Blonden. »Oder? Albie?«

»Ja. Nur ein paar Kratzer.« Der dunkelhaarige Omega mit dem geröteten Gesicht nickte schwach. Er erhob sich aus seiner knienden Position und Myles schnupperte. Hitze und Urin färbten die Luft.

»Wir gehen jetzt«, sagte Finn und schob seine Freunde vor sich her. Mit einer Hand. Das Licht der Fackel wärmte sein blasses Gesicht. Seine Lippen waren geschwungen wie Wellenkämme.

Caelan sah ihnen nach, bis ihre Schritte auf der Treppe verklungen waren. Da hinten musste der Omega-Turm liegen. Dort waren sie in Sicherheit. Finns misstrauischer Blick verfolgte ihn immer noch. Ja, die Augen waren grün, aber nicht wie Moos. Eher wie die ersten Frühlingsblätter, durch die das Sonnenlicht fiel. Strahlend, mit einem Hauch Gold.

Er bemerkte erst, dass Fraser etwas gesagt hatte, als der ihn an der Schulter packte. Caelan wandte den Kopf. »Was?«

»Was war da los, Cael? Was hast du da vom Turm erzählt?« Er zögerte. »Und was zur heiligen Sackrunzel ist das für ein Gesichtsausdruck? Bist du besoffen?«

War dieser süßliche Whisky so stark? Hitze rann durch Caelans Adern.

»Ich erkläre euch alles. Gehen wir zurück.«

***

Später, als sie wieder in ihrem winzigen Zimmer waren, fand Caelan keine Ruhe. Er lief auf und ab, was aufgrund der beengten Verhältnisse sehr hektisch wurde, und versuchte, das Chaos in seinem Inneren zu begreifen. Es brodelte in seiner Brust und immer wieder blitzte das Bild von Finn auf, Finn mit der Fackel in der Hand. Wild, mutig. Stark.

Aber das konnte nicht sein. Omegas waren schwach und unterwürfig. Was war da schiefgelaufen? War Finn etwa doch ein Alpha? Nein. Er roch wie ein Omega. Er hatte die zierliche Statur eines Omegas. Aber etwas stimmte mit ihm nicht.

Oder mit mir stimmt etwas nicht, dachte Caelan.

»Bist du nervös?«, fragte Fraser. »Cael? Geht es dir gut?«

»Ja.« Nein. Warum rann diese Hitze durch seinen Leib? Hitze. Vielleicht war es das. Wenn die ersten Omegas soweit waren, brachten sie die Alphas durcheinander. Bestimmt stand Finns Hitze kurz bevor. Aber warum dachte er dann nicht an Albie, den dunkelhaarigen Omega? Der war bereits in voller Hitze.

»Mach dir keine Sorgen, Cael.« Myles streckte sich auf seinem Strohsack aus. »Wir besiegen die Sutherlands. Darum sind wir hier, oder?«

Die Sutherlands. Schon seit Minuten hatte Caelan nicht mehr an sie gedacht. Oder an Connor. Er brummte etwas Zustimmendes und behauptete, dass er noch einmal ins Freie wollte. Dem Wolf etwas Auslauf gönnen.

Weder Myles noch Fraser kamen mit, glücklicherweise. Vermutlich würden sie ihre Ferkeleien von der Reise fortführen, nun, da sie den Raum für sich hatten.

Die Wachen ließen ihn durch und er streifte gleich am Tor die Kleidung ab. Und ließ den Wolf heraus. Seine Glieder verformten sich, er streckte den Rücken durch und ließ die Vorderpfoten ins kalte Gras sinken. Über ihm leuchtete ein gigantischer Mond, fast voll. Sein kühles Licht glänzte auf den Hügeln, die sanft geschwungen waren wie Finns Lippen. Schroffe Felsbrocken durchbrachen das Grün, erhoben sich dort, als hätte die Erde sie mit Gewalt ausgestoßen. Selbst die erinnerten ihn an Finn. An die Wildheit seiner Augen, den Zorn in seiner Haltung.

»Viel Spaß, MacKay«, sagte eine der Wachen und Caelan rannte los. Über Wiesen, die fruchtbar und schwer rochen, Felsen, deren Duft ihm noch vom Sonnenlicht erzählten. Das Meer war nah und er schmeckte das Salz auf seiner Zunge. All seine Sinne waren geschärft, wenn er zum Tier wurde.

Nur als Wolf fühlte er sich ganz. Die Rudel wurden immer zivilisierter, verbargen ihre wölfische Seite, wo sie konnten. Selbst die Kriege wurden nicht mehr in Wolfsgestalt ausgeführt. Schwerter und Pfeile hatten sich als tödlicher erwiesen als Klauen und Reißzähne. Caelan glaubte den neuen Weisheiten nicht. Den Männern, die behaupteten, der Wolf sei nur ein kleiner Teil ihrer Persönlichkeit. Er war die Hälfte. Und es war falsch, das zu vergessen.

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