Kitabı oku: «Der Omega im Turm», sayfa 4

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Die Landschaft flog unter seinen Pfoten hinweg und der Wind strich über sein Fell. Die Wiesen wurden zu gezackten Klippen. Alle Muskeln spannten sich und er sprang. Hetzte einen Felsen hoch, den er als Mensch mühsam hätte erklettern müssen, sprang von einer Spitze zur nächsten. Er hörte das Meer vor sich, schmeckte die Gischt.

Und dann sah er es. Wie ein schwarzes Tuch lag die See unter ihm. Samten im Mondlicht, trügerisch glatt, wo sie am Horizont verschwand. Und unendlich mächtig. Wellen donnerten gegen die Klippen, tief unter seinen Pfoten. Er schaute über die Kante.

Wenn ich stürze, bin ich tot, dachte er. Egal, in welcher Gestalt.

Sein Atem ging kaum schneller, doch sein Herz raste. Immer noch war Finn überall, durchzog seine Gedanken wie ein roter Faden grauen Tartanstoff. Sie trugen feine Stoffe, hier im Süden. Überhaupt war hier alles größer und edler. Er warf einen Blick zurück auf die Burg, die weit hinter ihm lag. Vor dem Nachthimmel wirkte sie schwarz, die mächtigen Türme wie Stöckchen. Links lag der Omegaturm und Caelans Wolfsaugen erkannten, dass in einigen Fenstern noch Licht brannte. Ob Finn noch wach war? Hatte die Hitze schon eingesetzt?

Ob er an mich denkt? Caelan zuckte zusammen. Missmutig legte er sich auf den schroffen Felsen und stützte den Kopf auf die Vorderpfoten.

Es ist egal, ob er an mich denkt. Vollkommen egal. Und wenn er es tut, bedenkt er mich vermutlich mit Schimpfwörtern.

Kommt her, ihr hässlichen Alpha-Schweine!

Er war mutig, dieser Rotschopf. Nicht mutig für einen Omega. Mutig. Wie seine Augen geblitzt hatten, geisterhaft im Schein der Fackel. Myles hatte behauptet, dass er ihm Angst gemacht hatte. Es war keine Angst, die nun durch Caelans Brust floss. Es war etwas Heißes, Primitives. Und doch so zart wie der Windhauch, der über sein Fell strich. Ein Tropfen landete auf seiner Nase. Es begann zu regnen. Wie eine zarte Berührung ging es auf ihn nieder, der weiche Regen, der sie den halben Weg über begleitet hatte. Der ständig fiel, und den er kaum wahrnahm, wenn er nicht in Wolfsgestalt war.

Was ist das?

Er erinnerte sich an Finns nackten Körper. Heute Mittag hätte er ihn als durchaus ansprechend bezeichnet. Hübsch. Etwas mickrig. Nun lechzte alles in ihm danach, einen zweiten Blick auf den Omega zu werfen. Noch einmal die milchweiße Haut zu sehen, die schimmerte wie das Mondlicht auf den schwarzen Wellenkämmen. Die Sommersprossen zu berühren, süße, winzige Tupfen, die Schultern und Nacken bedeckten.

Hatte er gerade wirklich »süß« gedacht? Dieses Wort war Caelan MacKay noch nie in den Sinn gekommen, so lange er denken konnte. Er fröstelte. Ein Schauer durchlief ihn.

Verdammt, dachte er. Nein.

Die Sutherlands würden kommen. Er würde kämpfen, würde Connors Tod rächen. Er musste die Burg befestigen, die Wachen und Krieger einweisen und dafür sorgen, dass alles bereit war, wenn der Feind angriff.

Es war nicht der richtige Zeitpunkt, um sich zu verlieben.

8. Finn

Am nächsten Tag begann es bei Leighton und zwei anderen. Finn konnte es kaum ertragen, wie fiebrig sein Freund schaute, wie verzweifelt er sich nachts auf seinem Strohsack wand.

Der Mond schien in den winzigen Raum, in dem sie mit vier anderen Omegas lagen. Albie war ebenfalls darunter. Die ganze Nacht über konnte Finn nicht schlafen, lauschte in angespannter Erwartung auf die Geräusche hinter sich. Leightons unterdrücktes Stöhnen, das Knistern des Strohs, das Rascheln der Laken. Erst verschämt, dann lauter, als sein Freund die Vorsicht vergaß. Das leise Wimmern. Es fuhr ihm direkt zwischen die Beine und sorgte dafür, dass er ebenfalls Hand an sich legte. Erst unauffällig, dann viel zu laut. Er biss in das raue Leintuch, um das Jaulen zu unterdrücken. Der süße Hitzeduft hing schwer im Raum. Als Finn fertig war, begann Albie von Neuem, und dann wieder Leighton. Der murmelte etwas. So leise, dass nur Finn es verstand.

»Caelan.« Hitzige Worte, in Stroh und Leinen gemurmelt. Inbrünstig und zärtlich.

Sie brannten sich durch Finns Körper und zerrissen ihn. Schmerz blühte in seiner Brust auf.

»Caelan.« Gefolgt von unterdrücktem Jaulen.

Finn versuchte zu schlucken, aber es ging nicht. Tränen quollen aus seinen Augen.

Caelan MacKay. Wie er ihn hasste. Weil Leighton nicht aufhörte, von ihm zu sprechen. Wie er ihn gerettet hatte. Finn hatte ihn auch gerettet, aber es war Caelan, an den sein Freund dachte, wenn er sich befriedigte. Wenn ihm im Hitzetaumel Worte herausrutschten, die alles verrieten.

Blöder Alpha, dachte Finn und spürte, wie seine Tränen im Leintuch versickerten. Verdammter MacKay. Wenn ich dich in die Finger bekomme. Aber was dann? Besiegen kann ich ihn nicht.

Er dachte an den mächtigen Körper des Kerls. Neben dem musste er aussehen wie ein Floh neben einem Ochsen. Dieser MacKay war stärker als er und höher in der Rangordnung, weil er ein Alpha war. Außerdem war er der nächste Chief seines Rudels. In nichts konnte Finn mit ihm konkurrieren. Der Mistkerl sah sogar besser aus.

Leighton hörte nicht auf, von den grauen Augen zu schwärmen, den vollen Lippen, den dichten Haaren und baumstammdicken Armen. Selbst die Nase ließ er nicht aus.

»Sie ist wie eine Felsklippe«, stöhnte Leighton, als Finn ihm das Abendessen brachte. Schweiß glänzte auf seiner Stirn, obwohl er sich gegen die kalte Mauer lehnte. »Alles an dem Mann ist scharfkantig und hart.«

»Sein Kopf ist weich«, murrte Finn.

»Sei nicht so undankbar.« Leighton beachtete den Eintopf kaum, den Finn ihm reichte. »Er hat dich gestern gerettet.«

Ein Grund mehr, ihn zu hassen.

Der Hitzegeruch wurde dicker und süßer. Noch bevor die Woche um war, hatte es beinahe jeden erwischt, bis auf Finn. Er war immer der Letzte. Vielleicht, weil er sich dagegen wehrte. Weil er so verzweifelt hoffte, dass er verschont blieb. Bald war er der einzige Omega im fruchtbaren Alter, der noch im großen Saal speisen durfte. Die Tische leerten sich. Nur die unverpartnerten Omegas, die zu alt waren, um noch Kinder zu gebären, saßen bei ihm. Und die spekulierten feixend, wann es bei ihm losgehen würde.

Die MacKays beobachteten ihn. Myles und Fraser winkten ihm, auch wenn sie sich glücklicherweise von den Omegatischen fernhielten. Wenn sie nach dem Essen ein Gespräch anfangen wollten, wehrte Finn sie ab.

Caelan sprach ihn nie an. Aber er starrte. Und der Mann konnte starren wie ein Falke. Finn schaffte es kaum, böse Blicke zurückzuwerfen, weil ihm der düstere Blick so unter die Haut ging. Was hatte der Mistkerl? Er schaute, als wollte er Finn lebendig verschlingen.

Vermutlich habe ich mich endgültig als lieber, sittsamer Omega disqualifiziert, als ich Leon mit der Fackel erwischt habe. Ja, wahrscheinlich will er, dass ich mich schäme. Ich hätte mich fügen sollen wie ein braver Bückling. Wenn's nach diesem Arschloch von MacKay geht zumindest.

Finn starrte zurück, jedes Mal. Manchmal minutenlang, bis einer von ihnen unterbrochen wurde. Meist der MacKay, an Finns Tisch war ja nichts mehr los.

Komm doch her, du feiger Mistkerl, dachte Finn. Du Alpha-Arschloch.

***

»Finlay, mein Junge, das ist ausgezeichnet.« Declan betrachtete die neueste Abschrift. »Wer weiß, vielleicht wird aus dir ja doch noch einmal ein guter Schreiber.«

»Danke.« Finn war überrascht. Declan lobte ihn selten. »Aber ich habe das gemacht wie immer.«

»Übung schult das Auge.« Jetzt nickte sein Meister auch noch anerkennend. »Und die Zeichnung hier, die hat Charakter.«

»Ist doch nur eine Kopie.«

»Gut kopieren ist schwerer als gut zeichnen«, wiederholte Declan seinen Lieblingsspruch.

Sein Blick glitt über die Tuschezeichnung der dritten MacFarlane/MacNeil-Schlacht. Die schwarze Farbe hätte rot sein müssen, so viel Blut floss dort. Fänge und Reißzähne überall, verbissen in Kehlen und Nacken. Es war eine alte Zeichnung gewesen, fast verblasst. Noch aus der Zeit, in der Alphas und Omegas gemeinsam gekämpft hatten, also vor über dreihundert Jahren. Kleine, schmalere Wolfskörper mischten sich mit den großen der Alphas und waren kein bisschen weniger blutrünstig.

Dieser Umstand hatte Finn sehr verwundert, als er zum ersten Mal davon gelesen hatte. Aber Declan hatte es mit einem Schnauben abgetan. Er hatte Finn erklärt, dass diese Berichte aus einer älteren, unzivilisierten Zeit stammten, in der ihre Vorfahren die meiste Zeit in tierischer Gestalt herumgelaufen waren. Die Zeichnungen von damals bezeichnete er als roh und primitiv. Aber sie waren mächtig. Finn fand, dass sie eine Kraft ausstrahlten, die seiner feinen Linie fehlte.

»Kann ich dann mit der Schlacht am Nevis weitermachen? Wir gegen die MacKays?« Er brannte darauf, die Bastarde so hässlich darzustellen, wie sie waren.

»Lachlan meint, das kann warten. Die MacKays sind jetzt unsere Verbündeten.« Declans Mundwinkel sanken. »Wir sollen uns um die Geschichte der Sutherlands kümmern. Einige Aufzeichnungen sind kaum noch leserlich und einer unserer Gäste hat Informationen angefordert. Aber wo wir davon sprechen: Du kannst die Dokumente, die in gutem Zustand sind, gleich zu Lachlan bringen.«

»Oh. Gut.« Hoffentlich würde er auf dem Weg nicht Harris oder Dexter begegnen. Die musterten ihn fast so intensiv wie der MacKay. Und weit hungriger.

Die Angst wuchs in seinem Bauch, während er Declan in die Bibliothek folgte. Sie war klein, gemessen an der Größe der Burg, in der sie lebten. Declan hatte mit Mühe verhindern können, dass die Bücher einer weiteren Waffenkammer wichen. Vor allem mit dem Argument, dass Lachlans Heldentaten hier für die Nachwelt festgehalten würden. Kaum angekommen, hatte Declan auch schon die richtigen Schriftrollen gefunden und drückte sie Finn in die Hand.

»Geh schon«, sagte er. »Ich suche hier weiter.«

Finn schluckte, aber er fügte sich. Vorsichtig lauschend ging er durch die Flure. Jeder Alpha, dem er begegnete, starrte und schnupperte und Finn war froh, dass seine Hitze noch nicht eingesetzt hatte. Der Weg kam ihm unendlich lang vor. Als er sie fast erreicht hatte, lenkten ihn Geräusche ab.

Kampfgeschrei drang durch die winzigen Glasscheiben der Fenster. Hier, weit über dem Boden, waren sie größer. Ihre Schatten warfen karierte Muster auf den ausgetretenen Steinboden. Finn zögerte, doch es war niemand da, und die große Halle war nah. Sie würden ihn schreien hören, wenn ihm jetzt etwas passierte. Also stellte er sich auf die Zehenspitzen und sah hinaus.

Er hatte befürchtet, die Sutherlands im Hof zu sehen, die es irgendwie über die Mauer geschafft hatten. Seit Tagen redeten alle davon, dass sie unterwegs zu ihnen waren. Aber es war der MacKay.

Caelan stand mit freiem Oberkörper im Hof, ein Holzschwert in der Pranke, umringt von anderen Alphas. Schweiß glänzte in seinem Gesicht und auf den gewölbten Brustmuskeln. Die Schreie waren Anfeuerungsrufe, begriff Finn. Für Caelans Gegner. Dessen Hände umklammerten das Übungsschwert und er lächelte verbissen. Einer der MacFarlane-Alphas. Natürlich feuerten alle ihn an. An den blutigen Nasen und blauen Augen in der Menge sah er, dass es nicht der erste Übungskampf des Tages war. Harris, Dexter und Leon beobachteten Caelan. Auch Myles und Fraser waren unter den Zuschauern. Statt ihren Rudelgenossen anzufeuern, grinsten sie nur wissend.

Der Kampf war so schnell vorbei, wie er begonnen hatte. Caelans Gegner griff an, der wich zur Seite aus und donnerte sein Schwert gegen die Rippen des anderen. Finn hörte den Schrei bis hier. Er sah, dass Caelan etwas sagte, das verärgerte Mienen hervorrief, aber auch Bewunderung. Sein Gegner war in die Knie gegangen und Caelan half ihm auf. Die verschlungenen Muskeln seiner Arme glänzten.

Finn trat zurück. Er schluckte. Hass brandete in ihm auf. Und, er schämte sich es zuzugeben: Lust. Caelans nackte Haut hatte ihn in nervöse Unruhe versetzt.

Blödes Alpha-Arschloch.

Lachlan sah kurz auf, als Finn mühsam die Tür zur großen Halle aufstemmte. Eric war bei ihm und sie diskutierten über eine mögliche Schwachstelle in der Verteidigung. Es roch nach kaltem Ruß und den Resten des Eintopfs von gestern. Ihr Rudel-Chief hätte klein wirken müssen, in der Mitte des riesigen leeren Raums. Aber er war kraftvoll wie ein Stier.

»Die Dokumente über die Sutherlands, die du wolltest, Lachlan.« Finn hob die Papierrollen, die langsam schwer wurden. Die Sutherlands hatten eine lange Geschichte und es war viel über sie geschrieben worden.

Lachlan bedeutete ihm zu warten und Finn wartete. Lange. Erneut bereute er, dass er so viel Holunderwein getrunken hatte. Während Lachlan und Eric ihre erhitzte Diskussion fortsetzten, trat er unauffällig von einem Bein aufs andere und hoffte, dass sie bald fertig würden. Aber sie redeten und redeten. Immer lauter. Seine Arme fühlten sich an, als würden sie vom Gewicht des Papiers langgezogen.

Als sie endlich fertig waren, unterdrückte er einen erleichterten Seufzer.

»Was wolltest du?« Lachlan sah ihn fragend an. »Finlay, oder?«

Finn nickte.

»Bist du Flynns Sohn?« Die schwarzen Augenbrauen des Rudel-Chiefs zogen sich zusammen.

»Ja.« Er wettete, dass Lachlan alle Alphas kannte. Aber er war nur ein unwichtiger Omega. Nicht nötig, sich die zu merken.

Unerwartet lächelte Lachlan. »Der war ein Musiker, wenn ich je einen gehört hab. Wie der das Lied vom Hasen im Gras gespielt hat, das habe ich nie wieder so gehört.«

Trauer überkam Finn. »Danke.« Er dachte daran, wie die Finger seines Vaters über die Flöten getanzt waren. Wie der ihm gezeigt hatte, wie er den Dudelsack zu halten hatte.

»Ist eine Schande, was mit ihm passiert ist.« Lachlan schüttelte den Kopf und Finns Kehle schnürte sich zu. »Aber was vergangen ist, ist vorbei, nicht wahr? Zeig mal, was wir über diese Bastarde haben.«

Finn trat vor und legte die Schriftrollen auf die verkratzte Tischplatte. Messer hatten tiefe Schnitte im Holz hinterlassen und Kerzen hatten sich kreisrund hineingebrannt.

»Hier, bitte.«

»So viele.« Lachlan seufzte. »Was will der Kerl nur damit?«

»Er meint, sie würden eine alte Taktik benutzen.« Eric zuckte mit den Acheln. »Kann sein, dass er darin etwas darüber findet. Wozu auch immer das gut sein soll.« Die Tür knarrte und er sah auf. »He, MacKay.«

Finn sah sich nicht um, aber er wusste, wer hinter ihm stand. Er roch ihn. Dieser verdammte Duft, der ihn so wahnsinnig machte, wehte zu ihm herüber. Kiefernnadel und Gischt, vermischt mit Schweiß. Caelan musste frisch vom Übungsplatz kommen, wenn sein Geruch so weit trug.

»Sind das die Unterlagen?« Caelan ging an ihm vorbei und der Duft traf Finn mit voller Wucht. Seine Haut kribbelte und er schaffte es kaum, den Hass in seinem Bauch aufrecht zu erhalten. Immerhin trug der MacKay nun ein Hemd. Es klebte feucht an seiner Haut.

Eric nickte.

»Hast du gekämpft?«, fragte Lachlan. Seine Augen leuchteten. »Was hältst du von meinen Männern?«

»Sie sind gut.« Caelans Stimme war emotionslos. »Aber sie könnten noch besser sein.«

»Wirklich?« Lachlan grinste. »Das muss ich überprüfen.«

»Lachlan«, begann Eric, aber ihr Rudel-Chief war aufgesprungen. Er liebte Kämpfe, weit mehr als seine anderen Aufgaben. Um die Rechtssprechung musste sich meist Eric kümmern und die Ländereien und Vorräte verwaltete Lachlans Omega.

Die beiden verließen die große Halle und die Tür schlug zu. Finn war allein mit Caelan MacKay. Als ihm das bewusst wurde, prickelte etwas in ihm. Angst, vermutlich. Er stand kurz vor der Hitze, und der Alpha war groß.

Mühsam unterdrückte Wut sprach aus Caelans Bewegungen. So, wie er zum Tisch ging und die Papiere durchsah, strotzte er vor im Zaum gehaltener Kraft. Der Wolf war stark in ihm. Was nicht gegen Finns Nervosität half. Er ging leise rückwärts.

Fast hätte er die Tür erreicht, als Caelan sich umdrehte und ihn ansah. Finn erstarrte wie ein Kaninchen vor dem Bussard.

»Finn.« Caelan räusperte sich. »Finlay.« Seine Augen waren grau wie ein nebliger Morgen.

»MacKay.« Finn reckte das Kinn in die Höhe. Bloß keine Angst zeigen. Nicht vor dem Dreckskerl, dessen Namen Leighton nachts flüsterte.

Caelans Stimme war noch dunkler als sonst. »Lass uns reden.«

»Worüber?«, rutschte es Finn heraus, obwohl er nur noch weg wollte. Schnell, bevor dieser betörende Duft seinen Verstand benebelte. Was, wenn der MacKay seine Erregung bemerkte? Eine furchtbare Vorstellung. Was, wenn er roch, wie sehr er Finn verwirrte? Konnten Alphas das riechen? »Ich habe keine Zeit zu reden«, würgte er hervor. Kiefern und Meer umwehten ihn. »Ich werde gebraucht. Außerdem muss ich pissen.«

Elegant. Er sah am Gesichtsausdruck des MacKay, was der von seiner Antwort hielt.

»Du hast wirklich keine Manieren«, knurrte er. »Wenn man einem Omega befiehlt, zuzuhören, dann hört er zu.«

»Ach, so ist das.« Finn schnaubte. »Gerade wolltest du noch reden. Ich soll also nur zuhören?«

»Das wäre das Beste.« Caelan kam näher, bis er nur noch drei Schritte entfernt war. »Finn, ich glaube, du bist mein Gefährte.«

9. Caelan

Finns Augen weiteten sich. Zartes Blattgrün mit goldenen Einschlüssen.

Caelan ärgerte sich über seine eigene Reaktion. Sein Herz raste, als die geschwungenen Lippen sich öffneten. Er war nervös. So nervös wie an dem Morgen, an dem die Sutherlands auf Burg MacKay zugestürmt waren. Dabei war das hier eine reine Formalität.

»Dein Gefährte?« Der Omega blinzelte. »Was?«

Besonders klug schien er nicht zu sein. Was war es an ihm, das Caelans gesamte Aufmerksamkeit an sich riss? Warum wollte er das zarte, bartlose Gesicht in seine Pranken nehmen und spüren, wie weich die milchweißen Wangen waren?

»Glaub mir, es ist mir auch nicht recht.« Caelan räusperte sich erneut. Verdammte Nerven. »Ich weiß, dass ich mich irgendwann mit einem Omega verbinden muss, um Welpen zu zeugen. Aber ich hatte auf jemanden gehofft, der anders ist.«

»Wie anders?« Finns Mund hing immer noch offen. Das sollte dumm aussehen und nicht entzückend. »Mit besseren Manieren?«

»Ja.« Caelan unterdrückte ein Seufzen. »Mit besseren Manieren und vor allem besseren Beziehungen. Ein hochrangiges Rudelmitglied, nicht der Sohn eines Dudelsackspielers.«

»Oh.« Die Miene des Omegas wurde hart. Fast wie vor wenigen Tagen, als er die Fackel in der Hand gehalten hatte. »Ich bin dir nicht gut genug.«

»Natürlich nicht.« Nach der Erkenntnis, dass er sich in einen niederrangigen, schlecht erzogenen Omega verliebt hatte, hatte Caelan eigentlich beschlossen, die Sache auf sich beruhen zu lassen. Aber er konnte es nicht. Diese Blicke, die Finn ihm zuwarf, bei jedem Essen. Die hatten ihn überzeugt, dass es Finn genauso ging wie ihm. Und wenn er dem Verlangen nachgab, das sich durch seinen Leib brannte, würde er hoffentlich wieder einen klaren Kopf bekommen. Um die Sutherlands zu besiegen. Um Connor zu rächen. »Ich habe mich über dich erkundigt. Dein Vater war ein Musiker, dein Erzeuger ist unbekannt. Und als Schreiberlehrling stehst du ganz unten in der Rangfolge.«

Eigentlich alles Argumente, nicht vor seiner dümmlichen Verliebtheit zu kapitulieren. Aber nun, da er Finn gegenüberstand, als er das Feuer in seinen Haaren sah und die Tusche an seinen Fingern roch, war es ihm egal.

Finns Augen wurden schmal. »Mein Vater war der beste Musiker, der je auf Burg MacFarlane gelebt hat. Frag Lachlan nach ihm. Frag Eric. Frag jeden, der ihn gekannt hat.«

Die Wut war zurück. Die wundervolle Wut, die Finns Wangen rötete und seiner Stimme Kraft verlieh. Beschämt spürte Caelan das beginnende Lächeln in seinen Mundwinkeln. Er konnte es gerade noch unterdrücken.

»Ich habe gehört, dass er sehr gut war«, sagte er. »Aber ein Musiker ist kein Kämpfer.«

»Er war beim Kampf gegen die MacGregors dabei«, fauchte Finn. »Er hat gespielt, damit alle wussten, wo ihr Rudel ist. Er war mittendrin und ist verletzt worden.«

»Aber er hat nicht gekämpft.«

»Ist Kampf das Einzige, was zählt?«

»Ja, natürlich.« Dieser Finn hatte wirklich seltsame Ansichten. Nun, Caelan würde sie ihm schon austreiben, wenn sie erst einmal Gefährten waren.

Finn atmete schwer, und Caelan konnte die Vorstellung nicht unterdrücken, dass er genau so schwer atmen würde, wenn er endlich unter ihm lag. Die Hände des Omegas waren zu Fäusten geballt, seine Wangen gerötet. Sein Duft zog zu ihm herüber, frisch wie die Meeresbrise im Gras und Caelans Fingerspitzen juckten vor Verlangen, ihn endlich an sich zu ziehen. Sobald Finn zugestimmt hatte, sein Gefährte zu werden, würde er ihn nehmen. Gleich hier, auf den Tischen.

»Nein.« Die Worte, schnell ausgestoßen, jagten durch den leeren Raum.

»Nein?« Was meinte der Kleine?

»Nein, ich bin nicht dein Gefährte.« Wut blitzte aus Finns Augen. »Und ich will es auch nicht werden. Bevor du mich mit deinen widerlichen Alpha-Pfoten antatschst, springe ich lieber vom Turm.«

Es war wie ein Schlag in den Magen. Oder ein Hieb mit dem Übungsschwert. Caelan verharrte, während Finns Worte verhallten.

»Nein?«, vergewisserte er sich. Es war ihm nie in den Sinn gekommen, dass der kleine Fuchs ablehnen könnte.

»Nein.« Die Lippen des Omegas waren ein weißer Strich. »Wie kommst du überhaupt auf so einen Blödsinn? Ich bin doch nicht dein Gefährte!«

Auch diese Worte taten weh. Wann war Caelan MacKay so schwach geworden, dass ihn Worte verletzen konnten? Noch schlimmer: die Worte eines Omegas. Aber dieser Omega hier war anders.

»Sag schon.« Finn hob den Kopf. Er war kleiner als Caelan, und viel schmächtiger. Caelan hätte sein Handgelenk mit zwei Fingern umfassen können.

Tu es, heulte der Wolf in ihm. Nimm ihn. Mach, dass es aufhört!

Caelan ignorierte ihn. Er musterte Finn, der ihn herausfordernd ansah.

»Woher ich es weiß?« Er überlegte. Er hatte keine Beweise. Er war einfach verrückt nach diesem kleinen Omega.

Weil ich an nichts denken kann als daran, wie zart die Haut an deiner Kehle ist, dachte er. Weil ich deine Schenkel öffnen will, weil ich sehen will, wie meine Finger auf deinen Hüften aussehen. Weil ich dich liebe. Auch, wenn ich nicht verstehe, warum.

»Ich spüre es«, sagte er stattdessen.

»Wo, in deinen Eiern?« Finn schnaubte. »Du bist nicht der erste Alpha, der mir an die Wäsche will, glaub mir. Kannst du dich an Harris erinnern? Der kann sich nichts Schöneres vorstellen, als mich so hart ranzunehmen, dass mein Loch blutet.«

Caelan verkrampfte innerlich. »Du vergleichst mich mit Harris?« Zorn flammte auf und löschte das peinliche Gefühl der Unsicherheit. »Dem Mistkerl, der dich schänden wollte?«

»Und was willst du?«, fragte Finn. »Gepflegte Gespräche und ein keusches Gute-Nacht-Küsschen?«

»Nein«, knurrte Caelan. »Ich will dich. Ganz. Ich will dein Gefährte sein, verdammt.«

»Das hast du schon gesagt.« Finn rümpfte die Nase. »Und du kennst meine Antwort.«

»Bist du sicher?« Caelan verstand nicht, was hier geschah. »Ich bin der nächste Rudel-Chief der MacKays.«

»Herzlichen Glückwunsch.« Finn spuckte die Worte förmlich aus. »Kann ich jetzt gehen? Wie gesagt, ich muss zum Abort, und dann wartet Declan darauf, dass ich eine Abschrift verfasse.«

Caelan wusste nicht, was er darauf antworten sollte. Also ließ er Finn gehen. Der stemmte die Tür auf und verschwand. Caelan lauschte seinen Schritten, die im Flur verklangen.

Was war schiefgelaufen? Hatte er sich geirrt? Es waren die Omegas, die ihren Gefährten erkannten. Wie auch immer sie das taten. Am Geruch? An einem Gefühl, ähnlich dem, das Caelan verspürte? Myles und Fraser hatten es ihm nicht sagen können, als er sie gefragt hatte. Zum Glück hatten sie keinen Verdacht geschöpft. Sonst hätte er sich das noch bis zu seinem Lebensende anhören können.

Er kam sich dumm vor. Kein bekanntes Gefühl für Caelan MacKay. Er war Anerkennung gewohnt, Respekt. Keine Liebe, diese hatte seinen Brüdern gegolten. Alle hatten Connor geliebt. Sein Bruder hatte gewusst, wie er die Herzen gewann. Nicht nur die der Omegas, sondern die aller. Auch Caelans.

Er hatte Connor bewundert, so lange er denken konnte. Seine Stärke, seine Schnelligkeit. Sein großes Herz. Er war ihr Anführer gewesen und Fraser, Myles und all die anderen waren ihm gern gefolgt. Doch nun war er tot, und viele der anderen auch. Caelan war der nächste Rudel-Chief, eine Aufgabe, auf die ihn niemand vorbereitet hatte. Er war ein Krieger, kein Anführer. Und seine Stellung half ihm nicht einmal, einen Gefährten zu gewinnen.

Wie so oft wünschte er sich, mit seinem Bruder sprechen zu können. Was hätte der zu seinem fehlgeschlagenen Versuch gesagt? Er sah ihn vor sich, wie er über Caelan einen Felsen erklomm. Haare und Kilt wehten im eisigen Wind. Caelan war zehn Jahre alt gewesen und Connor elf. Die Steine nass und glatt, aber Connor hatte darüber gelacht. Wie über alles.

Nicht aufgeben, Cael. Er musste Caelans Verzweiflung gespürt haben. Wir sind gleich oben. Mach einfach weiter.

Und Caelan war weitergeklettert, obwohl seine Beine gezittert hatten und all seine Kraftreserven aufgebraucht gewesen waren. Für Connor. Weil sein Bruder immer recht hatte. Vielleicht auch diesmal.

»Nicht aufgeben, Cael«, murmelte er und schritt zur Tür. Mit einer Hand stieß er sie auf.

Er fand Finn, als der gerade den Abort verließ. Der Omega zuckte zurück, als Caelan sich vor ihm aufbaute.

»Was willst du?« Die Angst in seinem Blick tat Caelan weh.

»Ich tu dir nichts«, brummte er und hob die Hände. »Ich will nur mit dir reden.«

Finn verharrte. »Warum?«

Dieser Ort war der denkbar schlechteste für ein intimes Gespräch, das erkannte selbst Caelan. Beißender Gestank drang hinter dem Vorhang hervor, den Finn gerade zur Seite geschoben hatte. Und er war zu belebt. Schon drängten sich zwei Wächter an ihnen vorbei, hinter den rauen Stoff. Die Geräuschkulisse, die folgte, verdarb Caelan den Appetit für die nächsten Jahre.

»Ich begleite dich zu Declan«, sagte er. »Ich will nicht, dass du allein bist.«

»Warum?« Finns Augen wurden wieder schmal. »Hast du Angst, dass jemand meine Unschuld rauben könnte? Willst du das selbst tun?«

»Nicht heute«, knurrte Caelan. Was dachte dieser Omega von ihm?

»Wie beruhigend.« Finn drehte sich auf dem Absatz um und marschierte voran. »Und, was willst du?«

Der Flur, durch den sie nun schritten, war wunderbar leer. Und so eng, dass sie immer wieder aneinanderstießen. Er sah das leichte Zucken in Finns Kiefer, wann immer sie sich berührten.

»Bist du sicher, dass du nicht mein Gefährte bist?« Caelan hielt den Blick fest auf den Gang vor ihnen gerichtet. Staubig riechende Banner hingen von den Wänden, in den Farben der MacFarlanes.

»Ja.« Finn wirkte, als würde er gegen seine Neugier kämpfen und verlieren. »Warum denkst du, dass ich es bin?«

»Weil ich dich liebe.« Die Worte auszusprechen, kostete ihn Überwindung.

Finn stolperte. Caelan konnte ihn gerade noch festhalten, sonst wäre er der Länge nach hingeschlagen. Die Taille des Omegas war warm unter seinen Händen.

»Was?!« Finns Kopf war hochrot. »Ist das ein Witz?«

»Ich mache keine Witze.«

»Nie?«

»Nie.« Caelan räusperte sich. »Ich verstehe selbst nicht, warum. Ich dachte, ich hätte einen besseren Geschmack. Aber es ist so.«

»Ah.« Immer noch wirkte Finn verdutzt. »Aber warum?«

»Ich weiß es nicht.« Caelan zögerte. Er hätte erzählen können, wie sehr er Finn bewundert hatte, als der sich gegen Dexter und Leon verteidigt hatte. Wie mutig er ausgesehen hatte, wie wunderschön, als die Flammen über sein Gesicht getanzt waren. Aber er tat es nicht. Er war Caelan MacKay und es fiel ihm schwer genug, diese Dinge zu denken. »Wie gesagt, es ist mir nicht recht. Ich bräuchte einen Omega, der folgsam ist und mir gute Verbindungen verschafft.«

»Tut mir leid, dass ich ich bin«, knurrte Finn.

»Du kannst ja nichts dafür.« Immerhin war er einsichtig.

Finn sah ihn an, als hätte er den Verstand verloren. »Du hast echt keinen Sinn für Humor, was?«

Oh. Immer noch lagen Caelans Hände auf Finns Taille. Sie waren sich so nah, standen sich gegenüber, als wollten sie sich küssen. Das Leuchten von Finns Wangen raubte seinen Verstand. Sie waren allein. Niemand konnte sie sehen, in diesem abgelegenen Teil der Burg.

»Finn.« Caelan suchte nach Worten, die passten und fand wieder nur die einfachsten. »Darf ich dich küssen?«

»Was?« Finns Mund bebte. Sein ganzer Körper zitterte. Ein Schauer rann durch ihn und seine Augen rollten zurück. Die Lider flatterten. Als sie sich wieder öffneten, war sein Blick fiebrig.

»Finn?«

»Küssen«, schnurrte Finn. Seine Finger strichen über Caelans Arme. Dann legten sie sich an seine Wange. »Caelan.«

Sein Name aus Finns Mund vernebelte seinen Verstand. Sonst hätte er vielleicht früher kapiert, was mit dem Omega los war. Glut rollte durch Caelans Körper. Instinktiv beugte er sich vor, neigte den Kopf. Finn kam ihm entgegen. Süßer Atem strich über Caelans Gesicht.

Ihre Lippen trafen sich in der Mitte. Weich legten sie sich aufeinander und sandten wohlige Schauer durch Caelans Körper. Er schloss die Augen, spürte eine sanfte Vibration und merkte, dass es sein eigenes Stöhnen war. Der biegsame Körper in seinen Armen kam ihm wie ein Traum vor. Der Mund auf seinem, aus dem die nasse Zunge schoss und gegen seine drängte, machte seine Beine zu Butter. Vorsichtig packte er fester zu, zog Finn an sich. Er spürte die hektische Atmung durch dessen flachen Bauch, das Beben, das nun alle Glieder erfasste.

Er würde ihn haben. Er würde diesen Omega packen, ihn in die nächste Nische drängen und sich an ihm sattessen. Der Wolf war hungrig und wollte die Haut des Omegas auf der Zunge kosten, ihm das Salz von den Schenkeln lecken, das Aroma seines Samens im Gaumen schmecken. Schon schoben Caelans Finger Finns Kilt hoch, dirigierte sein Körper ihn zu dem kleinen Erker in der Wand. Finns Härte drängte gegen Caelans Oberschenkel und seine eigene Rute war so hart, dass es schmerzte. Er würde ihn haben.

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