Kitabı oku: «Lindenstadt und sächsischer Kleinkram», sayfa 2

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Es war einmal – nicht nur Märchen beginnen so!

Vor vielen, vielen Jahren … nein, nein keine Bange, hier handelt es sich nicht um ein Märchen, sondern um eine Zeit, die es tatsächlich gab – die DDR (so seinerzeit das gängige Kürzel, fast hat man’s vergessen). Es war die Zeit, als Autos vom Typ Trabant, Wartburg oder Wolga durch die Kohlen-grauen Straßen fuhren. Als die Kennzeichen für den Bezirk Leipzig entweder mit einem S oder einem U begannen. Des Weiteren ist mir in Erinnerung, dass auf keinem Sender dermaßen viele gleichgeschlechtliche Liebesbeweise zusehen waren, wie auf DDR 1 und 2. Die Rede ist natürlich von den sozialistischen Bruderküssen, die in keiner ‚Aktuellen Kamera‘, der Nachrichtensendung des Deutschen Fernsehfunks, dem späteren Fernsehen der DDR fehlen durften. Unschönerweise wurden die Akteure, ihres Zeichens meist im hohen Rentenalter, in diesen Momenten noch dazu ganz nahe herangezoomt. Igitt, war das unästhetisch! Aber andererseits: Wenn man heute Wiederholungen dieser Nachrichtensendungen von damals sieht, kann man vor deren beispiellosem Mut zur Anästhetika nur den Hut ziehen. Aber, vielleicht wussten die Macher auch einfach nur, dass ohnehin kaum jemand zusah.

Jeder erinnert sich an die Zeit, in der für viele DDR-Bürger das 1. und das 2. die einzigen Optionen werk- und feiertäglicher Abendgestaltung waren. Auch wenn in der DDR ein zweites Fernsehprogramm bis 1969 auf sich warten ließ. Schließlich geschah in der Deutschen Demokratischen Republik alles „aus Anlass“ und „zu Ehren“. So begannen auch die regelmäßigen Farbsendungen erst mit der Einführung des zweiten Programms kurz vor dem 20. Jahrestag der DDR zum 3. Oktober 1969.

Da die DDR aber schon damals in der glücklichen Lage war, von vielen zivilisierten Nachbarstaaten umgeben zu sein, gab es mancherorts doch die Möglichkeit, ein paar andere Gesichter (aus dem West-Fernsehen) in der Glotze anzutreffen. Seit 1963 gab es in der BRD auch ein zweites Fernsehprogramm. Doch das ZDF wurde auf UHF ausgestrahlt; dafür waren unsere Geräte aber nicht vorgesehen. Findige Bastler bauten deshalb in der DDR UHF-Konverter mit geschmuggelten Transistoren vom Typ AF 139 ein, die den Empfang dann ermöglichten.

In jedem Fall waren beide Programme an manchen Abenden bemüht, auf der so ärmlich ausgestatteten Senderskala mit ihren zielgruppengerechten Sendungen die Zuschauer in ihren Bann zu ziehen.

So erinnere ich mich an die Kindersendung: „Mach mit, mach's nach, mach's besser“ mit einem Billigtrainingsanzug-Träger namens Adi und von Zeit zu Zeit wechselnden kleinen Mädchen als, wie man heutzutage sagen würde, Co-Moderatorinnen. Als pubertierender Jüngling an das militärpolitische Magazin Radar. Die 30-minütigen Sendungen handelten von der Wehrerziehung und der Militärpolitik der DDR sowie ihren militärischen Bündnispartnern. Offenbar war ich der einzige Zuschauer dieses Magazins. Auf Nachfrage behaupteten bislang alle, und zwar alle Bekannten und Verwandten aus der ehemaligen DDR, von diesem Magazin nie gehört zu haben. Hätte es nie gegeben. Ja, spinne ich? Die Schützenpanzer russischen Fabrikats, die da zum Schutze der Arbeiter und Bauern vor laufender Kamera durch die Märkische Heide donnerten, dass meine jungen sozialistischen Knochen nur so vibrierten - war das ein Traum?

In die Abteilung hormonelle Wirrungen und Irrungen stufe ich die Sendung: Erotisches zur Nacht ein. Rückblickend möchte man es gar nicht mehr wahr haben, wie das Erotische zur Nacht französischer Provenienz an ganz besonders guten Abenden von einer Ansagerin ‚promotet‘ wurde, die wie ein fleischgewordener Testosteronstoß auf einem Chaiselongue (Römersofa) hingegossen war, in Netzstrümpfen … oh, mein Gott, war die hübsch anzusehen! Obendrein gab es auch noch hinreißende Eigenproduktionen gleichen Genres, die das Lotterleben am Hofe ‚August des Starken‘ portraitierten. Verschwommen erinnere ich mich an eine Szene, in der August in seinem Boudoir die Blockflöte spielt und eine überaus üppige Brünette dazu ihre ansprechenden Reize in die Kamera schwenkt. Und im Rhythmus dazu die Kulissen wackeln! Ja, auch so etwas gab es im Ostfernsehen …

In die Rubrik: „Auf die Barrikaden, nieder mit den Herrschenden“ würde ich die Sendung Der Schwarze Kanal einstufen. Auch hier muss ich oft der einzige Zuschauer gewesen sein. Zumindest ist es möglich, dass die Quote im Westen höher war als die im Osten. Der als Hardliner geltende von Schnitzler hatte den Spitznamen Sudel - Ede. Karl-Eduard von Schnitzler war meine erste politische Hassfigur, noch vor dem Stasi-Chef Erich Mielke und lange vor Franz Josef Strauß. Warum? – überlegen, lesen Sie selbst (nach).

Aber der Höhepunkt, der alle Welten, Zeiten, Systeme umgreift und vereint und in ein mildtätiges Licht taucht, wird bis in die Ewigkeit – Die Olsenbande bleiben. Da will ich gar keine Anekdoten von erzählen, das sollen andere tun. Die Olsenbande ist ein unsterbliches Stück Kino- und Fernsehgeschichte Ost und wird nie wieder so hell erstrahlen wie damals, eingefasst zwischen ‚Aktueller Kamera‘ und Berichten aus der Fußball-Oberliga. Viele Folgen habe ich davon mehrmals gesehen. Was haben wir uns amüsiert und wie haben wir ‚gemeinsam‘ gelacht. „Das dumme Schwein“, „Direktor Bang-Johansen“, „Dynamit-Harry“ oder Sexy-„Yvonne“. „Ich habe einen Plan …“ Dieser Satz ist legendär und braucht keine weiteren Anekdoten.

Eine der größten Flaschen des Jahrhunderts

Die „Tausend Tele-Tipps“ kommen ins Gedächtnis, mit dem kleinen Himmelsboten Arthur, dem Engel, der mit seinem aufgespannten Schirmchen einschwebte, bevor sich die Damen mit den hochdrapierten Turmfrisuren versammelten, um mit den neusten Errungenschaften aus Technik und Wissenschaft im Haushalt zu glänzen. Fischkoch Kroboth und Fernsehkoch Drummer glänzten vor dem Kamera-Auge mit ihrer Kochkunst und ihren Rezepten. Und einige Werbeschlagwörter klingen heute noch im Ohr, wie „Nimm ein Ei mehr!“, „Fisch auf jeden Tisch!“ oder „Koche mit Liebe, würze mit Bino (eine maggiähnliche Speisewürze)!“ Manfred Krug zitierte ihn gar in der Titelmusik des DEFA-Films Auf der Sonnenseite – 1962: „Geh doch mal ins Kino, da verfliegt die Wut. Koche mit Liebe, würze mit Bino! Hin und wieder tut ein DEFA-Lustspiel gut.“ WERBUNG – die man in der DDR REKLAME nannte.

Bino war eine Marke für flüssige Speisewürze und Brühwürfel in der DDR. Bino-Würze und Brühwürfel hatten in Ostdeutschland einen ähnlichen Bekanntheitsgrad wie ihre Vorbilder von Maggi, die in der DDR nicht erhältlich waren, zumindest offiziell nicht. Besonders Bino in der Flasche wurde durch gezielte Reklame zum Erfolg, jedenfalls in der kleinen DDR. Auch wenn die BILD-Zeitung damals im Westen Abfälle aus der Igelitt-Produktion, deren Weichmacher krebserregend waren, darin vermutete. (Womit das Blatt nach heutigen Erkenntnissen sogar Recht hatte). Der Beliebtheit der Bino-Würze oder dem Suppenwürfel tat dies keinen Abbruch, wurde diese Würze doch viele Jahrzehnte heiß umworben und auch gern genommen. Zugegeben, der Bürger, der keine Westverwandtschaft hatte beziehungsweise später nicht über D-Mark oder Forumschecks verfügte, um im Intershop einkaufen zu gehen, hatte ja keine Alternativen. Von älteren ‚Semestern‘ ließ ich mir berichten, dass sie sich sogar an Bino-Reklame in Form einer überdimensionalen großen Bino-Flasche in den 50er Jahren auf dem Leipziger Marktplatz erinnern. Bino war übrigens die Abkürzung des Elektrochemischen Kombinates Bitterfeld- Nord, in dem die Speisewürze hergestellt wurde. Was tatsächlich alles drin war, wusste man nicht oder besser gesagt, man wollte es nicht wirklich wissen. Im Volksmund sprach man von Hornspänen und gemahlenen Klauennägeln – Pfui Teufel, hätte jetzt meine Oma gesagt!

Erinnern Sie sich an weitere Kultflaschen aus dem W E S T E N oder gar an Flaschen, die in beiden deutschen damals noch getrennten Staaten erfolgreich waren? Ich höre Sinalco, Odol und Underberg. „Odol gibt frischen Atem.“ Ein Mundwasser, das der Sachse, der Dresdner Unternehmer Karl August Linger, 1892 auf den Markt brachte.

Sie alle sind Flaschen, die über 100 Jahre alt sind und trotz ihres hohen Alters ewig jung und in aller Munde geblieben sind. Denn wenn ein Produkt durch die Form, seine Qualität und seine Eigenheit so eingeführt wurde, dass jedes Kind auf Anhieb weiß, wessen Name, wessen Fabrikat sich dahinter verbirgt, dann hat der Designer, der Erfinder, seine Hausaufgaben sehr gut gemacht. Von einer besonderen möchte ich hier erzählen, zu der auch ich persönlich eine gewisse Beziehung habe. Drei Hinweise gebe ich Ihnen: Sie ist klein, ihre Verpackung ist außergewöhnlich und in der Gastronomie bestellt man sie mit einer typischen Fingerbewegung. Richtig, es ist der UNDERBERG – das grüne Geheimnis! Dieser Kräuterschnaps, Leute vom Fach sprechen von einem natürlichen Kräuter-Digestif, machte die Familie beziehungsweise das heutige Familienunternehmen zu angesehenen, beträchtlichen Unternehmern. Die „Underbergs“ sind verschwiegene Leute, die ihre Rezepturen nie preisgeben. Sie nehmen sie mit ins Grab beziehungsweise geben sie an die nächste Generation weiter. Schließlich sind es Familienrezepte – Familiengeheimnisse, die bewahrt und über Generationen gehütet werden müssen. Demzufolge sind sie auch in keinem Netzwerk der Welt zu finden. Die gut gemachten Internetseiten von www.underberg.com, die originellen Werbefilme und in diesem speziellen Falle gar eine Melodie, die jeder mitpfeifen kann, tragen zu weiteren positiven Effekten bei.

Der Apotheker Hubert Underberg gründet bereits 1846 im niederrheinischen Rheinberg unter dem Motto „Semper idem" (immer gleich – in seiner Qualität) das Unternehmen, das noch heute im Familienbesitz ist. Er war „Kammerlieferant seiner Majestät des Kaisers von Österreich und Apostolischen Königs von Ungarn“. Somit war die Firma H. Underberg-Albrecht eine der ersten deutschen Firmen, welcher diese seltene Auszeichnung zuerkannt wurde. Das heutige kleine 20 ml-Fläschchen im Strohpapier, mit der die meisten die Marke Underberg in Verbindung bringen, wurde jedoch erst 1949 von Emil Underberg, dem Enkel des Firmengründers, erfunden und trat (s)einen triumphalen Siegeszug um die Welt an. Gut gefertigte Werbung – Kinowerbung - sowie bekannte Sympathieträger aus Film und Fernsehen, die diese Marke ins rechte Licht setzten, sorgten dafür, dass dieses Produkt noch populärer und erfolgreicher wurde. Im April 2009 schrieb der freie Journalist Sven Heitkamp in der Leipziger Volkszeitung: „Damit sich dieser Slogan auch im Bewusstsein der Menschen verankern konnte, kreisten in den 1950er Jahren Luftschiffe und Hubschrauber mit Werbebanner über Deutschland und den Nachbarländern. Des Weiteren wurden zu dieser Zeit Gutscheine an sechs Millionen Haushalte verschickt, die dazu aufriefen, eine Portionsflasche Underberg beim Gastwirt oder Kaufmann einzulösen.“

Das oft kopierte Getränk, das seit zig Jahrzehnten als Allheilmittel gegen das Unwohlsein gilt und das zum internationalen Verkaufsschlager wurde, das man trinken, besser gesagt maßvoll genießen sollte. Wie steht es so treffend auf den Webseiten der Firma Underberg: „Underberg ist mehr als ein Bitter oder Amaro. Underberg ist hundertprozentige Natur ohne Farbstoffe oder Zusätze. Underberg ist kein Kräuterlikör, denn er enthält keinen zugesetzten Zucker. Underberg ist durch seine wissenschaftlich erwiesene Wirkung eine Kategorie für sich.“ (Underberg Webseiten – Zugriff erfolgte am 4.3.2013)

Anfang der 70er Jahre folgte der nächste Paukenschlag oder sollte man besser sagen, eine geniale Idee der Marketing-Strategen – die Einbindung einer der bekanntesten Film-Melodien, wurde zum Erkennungszeichen der Underberg-Marke.

Wussten Sie eigentlich, dass die Geschichte dieser Melodie bis ins Jahr 1914 zurück reicht? In diesem Jahr komponierte der britische Kapellmeister Kenneth J. Alford den eingängigen Marsch. Wirklich bekannt wurde er allerdings erst durch den Film Die Brücke am Kwai aus dem Jahr 1957. Und 1958 war The River Kwai March sogar ein Nummer Eins Hit in Deutschland. In den 70er-Jahren hat den „Meister“ die ansteckend-wohltuende Melodie so begeistert, dass sie mit dem Text „Komm doch mit auf den Underberg“ zum Erkennungszeichen der Marke wurde.

Nach all diesen Informationen drängt sich die Frage auf, ob es Underberg im Osten, sprich auch in der DDR gab. Und wenn ja, ab wann und wo?

Bereits 1968 hatte Emil II. erste Kontakte mit den DDR-Oberen geknüpft. Das Unternehmen möchte, dass ihr Magenbitter auch im Dienste des Wohlbefindens sozialistische Mägen beruhigt. Trotz der Hartnäckigkeit des konservativen Katholiken vom Niederrhein sollten drei weitere Jahre ins Land gehen, ehe 1971 ein Ost-Berliner Spirituosenbetrieb im Rahmen eines Gestattungsvertrages – dem ersten seiner Art – die Underberg-Abfüll- und Verpackungslinie unter Qualitätskontrolle des West-Berliner Betriebs in Gang setzt. „Es war Herrn Underberg wichtig, als Familienunternehmer fair mit einem anderen Familienbetrieb umzugehen”, sagt Herr Barwinski – Prokurist und Mitglied der Underberg-Geschäftsleitung in Rheinberg. Was war passiert? Familie Meinel, Gastronomen aus dem Hotel Fichtelberghaus in Oberwiesenthal, hatten im Jahr 2002 einen hauseigenen Hausschnaps Oberberg, kreiert. In starker Anlehnung an die Marke Underberg. Tatsächlich aber schützt der schon 1846 gegründete Magenbitterproduzent Underberg auf dem Markt der Kräuterschnäpse fast alles, was auf Namen wie „Unter” und „Berg” hört. Seit 1894 gab es dazu Eintragungen beim Kaiserlichen Patentamt und darauffolgend beim Deutschen Patent- und Markenamt. Der entschiedene Kampf um den Markennamen gehört dabei zur Unternehmensgeschichte wie das weiß-bräunliche Wickelpapier: „Die früheren Generationen der Gesellschafter haben in den vergangenen 163 Jahren die Marke permanent gegen Nachahmungen verteidigen müssen”, erzählt Barwinski, weiter. In mehr als 1.200 Fällen musste sich Underberg gegen Plagiatsversuche von Flaschenform, Verpackung, Etikett und Namen wehren. Die „Oberberg”-Familie bildet da eine glückliche Ausnahme! (Quelle: LVZ, April 2009, Sven Heitkamp – freier Journalist)

Letztendlich konnte man sich gütig einigen, weil es für das Unternehmen eine Frage der Solidarität zwischen West und Ost war. Underberg hatte ja schon 1973 als erstes westdeutsches Unternehmen seinen Original-Magenbitter beim Berliner VEB Bärensiegel produzieren lassen, sicherlich auch, um neue Absatzmärkte zu schaffen. Fortan können ausländische Besucher und Besitzer von harten Devisen Underberg in den Intershops kaufen, kurze Zeit später ist er auch in der gehobenen Gastronomie zu haben. Mir ist in Erinnerung, dass man diese Marke auch in meiner Stadt erwerben konnte. Abgesehen von den Intershops und am Flughafen im Duty Free Shop gab es diesen „Verdauerli“ auch im Hotel (später Interhotel) „Astoria“, dem ersten Grand-Hotel der Stadt, dem einst nobelsten Wahrzeichen Leipzigs gleich neben dem Hauptbahnhof. Nur leider erinnert heute (März 2013) sehr wenig an den Glanz dieses Gebäudekomplexes, in dem über mehr als 80 Jahre die Elite aus Politik, Wirtschaft und Kultur zur Nachtruhe gebettet wurde. Seit 1997 steht es leer und ist dem Verfall preisgegeben. Des Weiteren war der gleichnamige Magenbitter, das bekannteste Produkt von Underberg, auch im Gästehaus des Ministerrates und Politbüros der DDR in der Leipziger Schwägrichenstraße zu bekommen. Somit ist die Marke Underberg eine der ersten Westmarken, die es auch jenseits der Mauer gab.

Im Jahr 1975 schafften die besonderen Flaschen gar den Sprung in einen Krimi fürs Volk. Für die Polizeiruf 110 Folge – Der Spezialist ratterten die Kameras unter anderem auch in Leipzig-Paunsdorf, auf dem damaligen Gelände des VEB IMO Leipzig, Industriemontagen in der Riesaer Straße. Weitere Außendekorationen fand man am Palmengarten in Lindenau und in Wiederitzsch am Sandberg. Mit Hilfe der heutigen Technik ist auch ein Motiv einer Leipziger Tanzbar auszumachen. Das Angebot im Film reichte vom Underberg bis zum Cinzano. Es lässt vermuten, dass es sich hier um ein Lokal handelte, in welchem höchstwahrscheinlich auch regelmäßig internationale Gäste zu den Leipziger Messen verkehrten. Ansonsten wäre die Marke Underberg zu tiefsten DDR-Zeiten wohl nicht im Angebot gewesen.

Mein erstes Gaumen- und Magenerlebnis mit diesem speziellen Portionsfläschchen hatte ich 1986. Katrin, meine damalige Freundin, heutige Frau überraschte mich eines Tages mit etwas Besonderem, einer Packung Underberg aus einem bedeutenden, geschichtsträchtigen und in der Bevölkerung nicht gerade beliebten Hause – dem Gästehaus des Ministerrates in Leipzig, in dem sie als Kellnerin tätig war. Hin und wieder war es gestattet, dass das Personal auch mal etwas Außergewöhnliches im Personalverkauf für DDR-Mark erwerben durfte. Ich war so neugierig, dass ich die Packung im wahrsten Sinne des Wortes wie ein „Westpaket“ aufriss und mir ein Fläschchen sofort genehmigte. Mein erster UNDERBERG. Er roch stark nach Alkohol und einem undefinierbaren Aroma aus Kräutern, der Abgang war rauchig und sehr scharf. Ich schüttelte mich heftig und währenddessen umkam meinen Magen ein sehr warm aufsteigendes Gefühl, was ich als sehr angenehm empfand. Trotz alledem beließ ich es vorsichtshalber bei dem einen ersten Schluck, denn im Geschmack war der Trunk wirklich grässlich. Oder sollte ich besser sagen, ungewöhnlich, außergewöhnlich, anders als alle bisherige gekannten Kräuter- und Magenbitter.

Heute greife ich besonders gern nach einer sehr kräftigen Mahlzeit zu diesem „altbewährten“ Mittel, dem aromatischen Magenbitter in der kleinen ummantelten Portionsflasche aus Strohpapier, um mich von Magendruck oder Völlegefühl zu befreien.

Dass die Underberg-Freunde nicht nur treu, sondern auch ein bisschen verrückt sind, sollen folgende Zeilen belegen: „Ernst ist das Leben, heiter ist die Kunst!“ Mit diesem Motto von Schiller halten es ebenso einige Underberg-Freunde, die sich von der Marke inspirieren lassen und gar eigene Kunstwerke schaffen. Aber auch freiberufliche Künstler finden Gefallen am Kunstobjekt „Portionsflasche“. So gestalten die Leipziger Harald Bauer und Günter Huniat aus Underberg Packmaterialien wahre Kunstwerke. In diesem Sinne „Kommen doch auch Sie mit auf den Underberg …“ und entdecken bei einem Wiedersehen mit einer der größten Flaschen des Jahrhunderts die Botschaft – nach einem guten Essen hilft Underberg über den Berg.

„Es geschah am hellichten Tag“

Am letzten Kalendertag des Monats Mai 1969 verschwinden „Winni“ und „Shatti“, zwei Jungen im Alter von neun Jahren, und ein unvorstellbares Drama braut sich zusammen. Es ist der bis dahin spektakulärste Fall der DDR-Kriminalgeschichte. Angeblich habe der Film, Es geschah am hellichten Tag, aus dem Jahr 1959 Erwin Hagedorn zu den Taten angeregt.

„Niemand weiß, woher das Böse kommt, und wann es wieder geht“; „Was gedacht werden kann, wird auch zur Tat“ oder „Einmal Monster, immer Monster?“ Aussagen, die von Kriminalpsychologen und forensischen Psychiatern stammen und die nachdenklich machen sollten. Was um Himmels Willen sind denn forensische Psychiater? Das sind Sachverständige, die oft den Volkszorn auf sich ziehen – nämlich immer dann, wenn sie mit ihren Gutachten Straftäter zu kranken Menschen erklären, die von der Öffentlichkeit als Bestien angesehen werden, aber den Straftäter und auch seine Tat zu begreifen ist Teil ihrer Aufgabe, gerichtlichen Entscheidungen eine rationale Grundlage zu geben. Wie schwierig das sein kann, zeigt der Fall Hagedorn: Ein Fall, der in die Kriminalgeschichte einging, von der es drei Varianten gibt: die wahre und die beiden Filmfassungen (Im Alter von … DDR, 1974 & Mord in Eberswalde – BRD, 2013) eines Kindermörders, wovon keine von dreien in der DDR existieren durfte. „Wir haben ganz sicher keinen pädophilen, homosexuellen Sadisten in Eberswalde.“ – Auszug aus einem Dialog im Film Mord in Eberswalde (WDR-Produktion). „Es gibt solche Subjekte im Sozialismus nicht!“ geht der Dialog weiter und er endet mit dem Satz: „Das ist übrigens die Haltung der Partei."

Doch zuerst die Fakten: Leipzig, 15. September 1972 – in den Vormittagsstunden wird der „Kinderschlitzer von Eberswalde“, Erwin Hagedorn, einer der grausamsten Sexualmörder in der DDR-Kriminalgeschichte, in der Strafvollzugseinrichtung Leipzig vom Henker Hermann Lorenz durch einen gezielten Nahschuss mit der Pistole in den Hinterkopf hingerichtet.

Unauffällige Transporter fahren in den Hinterhof des Gefängniskomplexes, der mitten in einem belebten Leipziger Wohnviertel gelegen ist. Dass es sich hierbei um die Einfahrt zum Todestrakt handelt, ahnen weder die Bevölkerung noch die Gefangenen selbst. Zum Tode Verurteilte erfahren erst kurz vor ihrer Hinrichtung, was geschehen wird. Sie dürfen einen Abschiedsbrief schreiben, der ihre Angehörigen aber nie erreichen, sondern zu den Akten gelegt werden wird. Bis 1968 werden zum Tode Verurteilte enthauptet, später per „unerwarteten Nahschuss in das Hinterhaupt" getötet. Dabei tritt der Henker unbemerkt von hinten an den Verurteilten heran und schießt. Die Hingerichteten bringt man zur Einäscherung in das Krematorium auf dem Leipziger Südfriedhof, wo ihre Urne dann anonym beigesetzt wird. „Anatomieleiche" oder „Abfall“ – so werden im Totenbuch des Krematoriums auf dem Leipziger Südfriedhof die Menschen bezeichnet, denen in der Hinrichtungsstätte ihr Leben genommen wurde. Erst sehr viel später erfahren die Angehörigen, wo ihr Familienmitglied beigesetzt worden ist. Manche wissen es bis heute nicht.

Zwischen 1960 und 1981 wird ein Teil der Leipziger Strafvollzugseinrichtung in der Alfred-Kästner-Straße/Arndtstraße als zentrale Hinrichtungsstätte der DDR genutzt. Heutigen Erkenntnissen zufolge wurden hier in dieser Zeit 64 Menschen getötet. (Orte-der-Repression.de/Leipzig-Hinrichtungsstätte, Zugriff am 30.01.2013)

Erwin Hagedorn ist gerade 20 Jahre jung, als er hingerichtet wurde. Seine Verbrechen ähneln denen des westdeutschen Kindermörders Jürgen Bartsch. Dieser war ein pädosexueller Serienmörder, der in Velbert im Zeitraum von 1962 – 1966 vier Knaben ermordete.

1969, so die Anklage, habe Hagedorn zwei Jungen im Alter von neun Jahren im Forst bei Eberswalde getötet. Der Täter hatte seinen Opfern den Hals durchgeschnitten. Eine großangelegte, aber streng geheim gehaltene Fahndung blieb vorerst erfolglos.

Als 1971 erneut ein 12-jähriger Junge ermordet aufgefunden wurde, startete die Polizei eine breite Befragung der Bevölkerung. Anonyme Hinweise brachten die Kripo und Stasi schließlich auf die Spur des Lehrlings/Kochs in der MITROPA-Bahnhofsküche von Eberswalde.

H A G E D O R N wirkte erleichtert und gesteht sofort. Die psychiatrische Untersuchung ergibt: Hagedorn ist persönlichkeitsgestört, trotz allem aber schuldfähig. Ist er gar ein Sadist? Von Sadismus im medizinischen Sinn spricht man, wenn ein Mensch (sexuelle) Lust oder Befriedigung dadurch erlebt, dass er andere Menschen demütigen, unterdrücken oder ihnen Schmerzen zuzufügen kann. (Quelle: freie Enzyklopädie – Wikipedia) Gutachter und Rechtsmediziner formulieren es so: Sadisten empfinden beim Quälen Lust. Je wehrloser das Opfer, desto größer die Macht und Kontrolle, die man über es gewinnen kann. Deshalb sind die Opfer oft Kinder. Die Todesangst in den Augen dieser Kinder wird für den Täter zum Quell höchster Lust und Befriedigung.

Sind solche Menschen krank? Wenn dies so ist, dann wirft das die Frage auf, ob sie überhaupt anders hätten handeln können und wenn ihnen dies nicht möglich ist, sind sie für ihre Taten überhaupt verantwortlich zu machen?

Leipzig 2013. Nach 41 Jahren wird der dreifache Kindermörder aus Brandenburg (erneut) zum Film-Thema: Die ARD zeigt am 30. Januar 2013 die WDR-Produktion Mord in Eberswalde. Die Zuschauer bekommen Sadomaso-Fesselsex zu sehen, ein Abschiedsbrief wird verfasst, im Wald wird ein grausiger Leichenfund gemacht. Damit beginnt die TV-Verfilmung. Einen solchen Einstieg nennt man wohl suggestiv. Die Handlung des ARD-Films fußt auf dem oben beschriebenen realen Fall des Kindermörders Erwin Hagedorn, der zwischen 1969 und 1971 in der brandenburgischen Stadt Eberswalde drei Jungen missbraucht und getötet hatte - und erst nach langwieriger Fahndung gefasst werden konnte.

Im Alter von … ein 1974 über den Fall gedrehter „Polizeiruf 110" wurde noch vor der Ausstrahlung im DDR-Fernsehen gestoppt, das Material teilweise vernichtet. Man fürchtete wohl internationalen Druck und die globale Kritik aufgrund des Todesurteils, zumal der Täter bei den ersten beiden Morden noch m i n d e r j ä h r i g gewesen war. Erst 2011 strahlte der MDR eine rekonstruierte Fassung des 1974 entstandenen „Polizeirufs 110“ aus.

Zurück zum wahren deutschen Sexualstraftäter und mehrfachen Kindermörder Hans Erwin Hagedorn (* 30. Januar 1952 in Eberswalde; † 15. September 1972 in Leipzig). Das Absurde, Paranoide, Schizophrene, was dem Ganzen noch die Krone aufsetzt ist, dass die Staatssicherheit/Kriminalpolizei irgendwann doch tatsächlich auf die Idee kommt, die Ermordung der Kinder für einen Lehrfilm nachstellen zu lassen – mit Kindern von Ministeriumskollegen und dem echten Hagedorn, den zum Tode verurteilten Strafgefangenen in der „Hauptrolle“. In einem Protokoll-Vermerk heißt es: „Hagedorn ist mit vollem Eifer bei der Sache. Er steht (endlich mal) im Mittelpunkt und genießt es.“

Der sehr aufwändig gedrehte Rekonstruktionsfilm aus dem Jahre 1972 von der Kriminalpolizei der DDR in Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Staatssicherheit verschwand kurze Zeit später sang- und klanglos im Archiv. Hagedorns Hinrichtung 1972 war zwar die letzte zivile Exekution in der DDR-Geschichte, aber das letzte Todesurteil wurde 1981 in der Leipziger Hinrichtungsstätte an dem MfS-Offizier Dr. Werner Teske vollstreckt. Danach fanden nach bisherigen Erkenntnissen keine Hinrichtungen mehr statt, wenngleich die Todesstrafe offiziell erst 1987 abgeschafft wurde. Dies stand im Zusammenhang mit Erich Honeckers Kurzbesuch in Bonn bei Helmut Kohl im September gleichen Jahres. Honecker wollte dieses erste deutsch-deutsche Gipfeltreffen nutzen, um die internationale Anerkennung der DDR als eigenständigem Staat weiter auszubauen und hätte schlechte Karten gehabt, wenn er als Oberhaupt eines sich als demokratisch-sozialistisch bezeichneten Staates hätte zugeben müssen, dass in diesem/seinem Staat die Todesstrafe nach wie vor gesetzlich verankert ist.

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