Kitabı oku: «Gardasee – ReiseMomente»
IMPRESSUM
Gardasee
40 MIKROABENTEUER ZUM ENTDECKEN UND GENIESSEN
Jochen Müssig
© 2021 360° medien
Marie-Curie-Straße 31 I 40822 Mettmann
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Der Inhalt des Werkes wurde sorgfältig recherchiert, ist jedoch teilweise der Subjektivität unterworfen und bleibt ohne Gewähr für Richtigkeit, Vollständigkeit und Aktualität.
Redaktion und Lektorat: Christine Walter
Satz und Layout: Serpil Sevim-Haase
Gedruckt und gebunden:
Lensing Druck GmbH & Co. KG I Feldbachacker 16 I 44149 Dortmund
Bildnachweis: siehe Seite 256
ISBN: 978-3-96855-081-7
epub ISBN: 978-3-96855-133-3
mobi ISBN: 978-3-96855-134-0
Hergestellt in Deutschland
Jochen Müssig
Gardasee
40
MIKROABENTEUER
ZUM ENTDECKEN UND GENIESSEN
Inhaltsverzeichnis
DER GARDASEE AUF EINEN BLICK
TOP 10 „EIN KÖSTLICHES SCHAUSPIEL, DER GARDASEE“
KURIOSES UND ÜBERRA SCHENDES
DER NORDEN
1.Riva: im gläsernen Aufzug zur Bastion
2.Riva – Hinterland: eintauchen in die Bronzezeit
3.Valle dei Laghi: ein Poet namens Mussolini
4.Torbole: Wind und Wellen, Brett und Segel
5.Rovereto: mehr als eine Autobahnausfahrt
6.Trento: mit Muse ins MUSE
DER OSTEN
7.Malcesine: eine Burg wie gemalt
8.Monte Baldo: frei wie ein Vogel
9.Brenzone: zwölf Fische für den Präsidenten
10.Torri del Benaco: zweite Reihe, erste Wahl
11.Garda: das Krokodil im See
DER SÜDOSTEN
12.Bardolino: immer der Nase nach
13.Lazise: auch im Winter warm
14.Peschiera: Städtchen auf drei Inseln
15.Custoza: Wein, Weib und Liebesknoten
16.Verona: die Hübsche an der Etsch
17.Valpolicella: ein toller Fehler
18.Venezia: Erektion am Canal Grande
DER SÜDWESTEN
19.Sirmione: „Oh mein Sirmione …“
20.Lugana: am Anfang war die Schlacht
21.Desenzano: in der Zaubernacht
22.Lonato: schon Napoleon war beeindruckt
23.Brescia: Bummel durch die Jahrhunderte.
24.Lago d‘Iseo: groß, größer – Monte Isola
25.Franciacorta: Italiens Champagne
26.Cremona: Stadt voller Geigen
27.Padenghe: grüner wird’s nicht
28.Moniga: Tomaten im Castello
29.Manerba: im Namen der Göttin
30.San Felice del Benaco: tausend Tonnen Oliven
31.Isola del Garda: bei der Contessa mit Tattoo
32.Valtènesi: in zartes Rosa getaucht
33.Salò: Hauptstadt für zwei Jahre
34.Gardone Riviera: Dichter. Visionär. Faschist?
DER WESTEN
35.Toscolano Maderno: der erste gedruckte Koran
36.Gargnano: edel und geerdet
37.Lago d‘ Idro: Tizian auf dem Lande
38.Tignale: das Altiplano-Feeling
39.Tremosine: zum Schaudern gut
40.Limone: wenn der Vampir kommt
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BILDNACHWEIS
In den Monaten vor der Veröffentlichung dieses Buchs mussten Lokale und Besucherattraktionen immer wieder aufgrund der Corona-Pandemie ihre Öffnungszeiten einschränken oder zeitweise komplett schließen. Die in diesem Band angegeben Öffnungszeiten wurden gewissenhaft nach dem letzten bekannten Stand recherchiert – mit weiteren Änderungen ist jedoch nach der Pandemie zu rechnen, weshalb wir Lesern empfehlen, während des Aufenthalts am Gardasee Öffnungszeiten anhand der hier aufgeführten Internetseiten selbst zu überprüfen.
Ein köstliches Schauspiel, der Gardasee
Johann Wolfgang von Goethe
Der Gardasee im Abendrot
Auf einen Blick
AM ANFANG WAR DIE MISTGABEL
Eine kleine Einführung für Lago-Kenner und -Neulinge: Wie ist der Gardasee entstanden? Wie kam der Tourismus an den See? Wie viele Milliarden bringt er ein? Wie ist der Lago politisch gegliedert? Und alles, was man sonst vielleicht noch gerne erfahren möchte.
„Wir fahren ja schon seit zehn Jahren an den See …“ – auch das begleitende Hochziehen der Augenbrauen hilft da wenig: Wer mit gerade mal zehn Jahren Gardasee-Erfahrung angeben will, kann gleich sagen, er sei das erste Mal am Lago. Den Lacus Benacus haben schon die römischen Dichter Catull und Vergil besungen. Und manchmal meint man, die Hälfte aller Gardasee-Urlauber von heute kannten Catull und Vergil persönlich. Sicher ist: Der Gardasee ist ein Urlaubsziel für alle Generationen. Papa und Mama der 1960er-Jahre sind inzwischen Opa und Oma. Die Tochter war schon im Bauch ihrer Mutter am See und nach der Geburt die folgenden 34 Jahre, ehe sie – selbst schwanger – den Lago-Kreislauf weiter ankurbelt.
Ein See für Generationen
Heinrich Mann kam 20-mal
Die mondänste Zeit erlebte der Gardasee zur Zeit der K.u.K.-Monarchie, als die High Society der Literatur – wie Ibsen, Kafka, Rilke, Nietzsche, D. H. Lawrence oder Thomas Mann – den damals deutschsprachigen Norden zwischen Riva und Torbole bevölkerte und sich inspirieren ließ. Heinrich Mann kam sogar 20-mal zu Besuch und war schon damals das, was man heutzutage einen Repeater nennt. Den Seesüden eroberten derweil Mailands vornehme Familien, allen voran Gardone und Sirmione, wo sie die Heilquellen der Grotten des Catull wiederentdeckten, die schon die Römer so liebten.
Eines der ersten Hotels am See
Aus arm wird reich
Damals war der See noch ein armes Gebiet, bewohnt von Fischern, Oliven- und Bergbauern. Die einstigen neuen Hotels waren alle in österreichischer Hand. Es war eine Zwei-Klassen-Gesellschaft, bestehend aus armen Anwohnern und reichen Besuchern. In den 1950er-Jahren hielt der Camping-, in den 1960er-Jahren der Albergo-Tourismus Einzug. Mit der Mistgabel verscheuchte man zunächst die Kühe, um Platz für Zelte zu machen. Und etwas später wurde das Kinderzimmer im Sommer vermietet, um den Besuchern, die schon damals wiederkamen, ein Bett anbieten zu können. Erst nach und nach wurde das Niveau angehoben und die ersten privaten Hotels mit ein paar Zimmern entstanden. Aus einer „Casa Bottura“, nicht klassifiziert, für 20 Mark die Nacht, ist mittlerweile und beispielhaft ein hübsches Vier-Sterne-Hotel mit Pool geworden. Und die armen Botturas von damals sind nicht nur selbst alt, sondern – wie so viele am See – auch reich geworden.
Camping-Tourismus um 1955
Drei Milliarden Umsatz
Eindeutig an erster Stelle der Einnahmequellen steht der Tourismus. In Zahlen ausgedrückt, liest sich die Gardasee-Sehnsucht wie folgt: Fünf Millionen Gäste, davon knapp zwei Drittel aus Deutschland, lassen pro Jahr an die drei Milliarden Euro am See. Ihnen stehen etwa tausend Hotels mit 55.000 Betten, hundert Apartmentanlagen mit weiteren 3000 Betten und 130 Campingplätze für 26.000 Wohnmobilisten, Zelt- und Caravanfreunde zur Verfügung. Neben dem Tourismus spülen nur noch das Olivenöl und der Wein sichtbar Geld in die Kassen.
Riva gehört zum Trentino ...
... Malcesine zum Veneto
Ein See, drei Regionen
Dem Norden Italiens geht es gut – im Vergleich mit dem Süden Italiens sogar sehr gut. Und das Gardasee-Gebiet mit den Großstädten Verona, Brescia und Trient zählt zu den wirtschaftlich stärksten Regionen Italiens. Doch was für den Gast wie die Einheit Gardasee aussieht, zeigt sich schön geteilt in drei Regionen: Denn das Trentino, Veneto und die Lombardei teilen sich politisch die Gestade des Sees. An den Regionengrenzen ändert sich zuweilen sicht- und spürbar der Straßenbelag. Und wenn eine Großveranstaltung wie der Gardasee-Marathon am Ostufer stattfindet, sieht man kein einziges Plakat an der lombardischen Westküste. Was dann nicht nur aussieht wie Futterneid: Denn wie die Politiker ziehen auch die Marketing-Leute nicht an einem Strang … Dass in manchen Orten Dialekte gesprochen werden, die einer zehn Kilometer weiter schon nicht mehr versteht, hat damit allerdings nichts zu tun ...
... Gargnano zur Lombardei
Parteilose Bürgermeister
Politisch führen in Italien alle Wege nach Rom, auch vom Gardasee aus. Auf regionaler Ebene sind Verona, Brescia und Trient die Hauptstädte des Veneto, der Lombardei und des Trentino, drei der 20 italienischen Regionen, die wiederum in 109 Provinzen gegliedert sind, die alle jeweils eine eigene Regierung haben. Die Bürgermeister in den Gemeinden am Gardasee werden übrigens fast ausschließlich von Parteilosen gestellt, die auf der Bürgerliste (Lista Civica) kandidieren.
Der sonntägliche Kirchgang
170.000: Auf diese Zahl kommt man ungefähr, wenn man alle Einwohner am See zusammenzählt. 170.000 von gut 60 Millionen Italienern insgesamt. Fast die gesamte Bevölkerung ist römisch-katholisch. Der sonntägliche Kirchgang gehört zur unausgesprochenen Pflicht, auch wenn die katholische Konfession seit 1984 keine Staatsreligion mehr ist.
Kirche von Castello di Brenzone
Der See ist ein Hammer
Wind im Haar und ein Glas Prosecco in der Hand, rechts und links die Berge und rund um die „Siora Veronica“ nur das Wasser des Gardasees. Die alte Dame, gebaut 1926, sticht bei gutem Wind mit zwei große Masten und vier mächtigen Segeln in See. Und bei einer Bootstour von Norden nach Süden erlebt man auch ein Stück Entstehungsgeschichte: Es waren insgesamt fünf Eiszeiten, die den Lago so wunderbar modelliert haben. Schönheit braucht eben seine Zeit. Im Großen und Ganzen reden wir von zwei Millionen Jahren, wobei die letzte dieser fünf Eiszeiten vor rund 20.000 Jahren den letzten Schliff gegeben hat und zwar durch den Würmgletscher. Bei Malcesine war er noch tausend Meter hoch, bei Garda, gerade mal gut 25 Kilometer weiter südlich, hatte er schon die Hälfte seiner Höhe verloren. Die gewaltigen Wassermassen, die aus dem Gletscher strömten, transportierten Unmengen an Geröll. Die größten Teile blieben am Gletscherende einfach liegen und formten die heutigen Moränenhügel des südlichen Hinterlands vom See. Schließlich schmolz der Gletscher zwischen den Bergmassiven und die schöne Hammerform des Lagos war vollendet. Das ist gerade mal 15.000 Jahre her, in der Geologie nicht mehr als ein Wimpernschlag.
Segelschiff „Siora Veronica“
Kein Ort, nirgends
Am Stiel im Norden ist der See schmal und von steil aufragenden Bergen umgeben wie ein Fjord. Das schöne Castello von Malcesine wirkt mit dem mächtigen Monte-Baldo-Massiv im Rücken wie eine Spielzeugburg. Hinter dem kleinen Campione ragen die Steilwände 400 Meter senkrecht in die Höhe. Doch ab Gardone an der Westküste und ab Garda im Osten ebbt alles ab. Die Bergwelt hat ein Ende. Nur noch ein paar Hügel gibt es zu sehen. Der Süden gibt sich breit, flach, fast wie ein Meer, und im häufig auftretenden Sommerdunst gilt: Kein Ort, nirgends, weil von der Seemitte kein Meter vom flachen Ufer mehr zu erahnen ist.
Die Steilwände von Campione
Oliven- und Limonen-Riviera
Das Ostufer von Malcesine bis Torri del Benaco ist die Gardesana Orientale, auch Oliven-Riviera genannt. Der Großteil der rund 700.000 Olivenbäume rund um den See ist am Ost- und Südufer zu finden. Alle Oliven werden für die Produktion des begehrten Olio extra vergine di Oliva, jenes unter Feinschmeckern und Gesundheitsbewussten so beliebten hochqualitativen Olivenöls vom Gardasee, verwendet. Während die Olivenernte immer noch von großer Bedeutung ist, spielt der Anbau der Limonen, anders als früher, keine tragende Rolle mehr. Unter Limonen-Riviera versteht man trotzdem immer noch das Westufer von Limone bis Salò: die Gardesana Occidentale. Die wichtigsten und größten Ortschaften freilich liegen im Süden mit Desenzano und mit Riva im Norden.
Tunnel an der Limonen-Riviera
Top 10
„EIN KÖSTLICHES SCHAUSPIEL, DER GARDASEE“
Das schrieb Goethe 1786 auf seiner Italienischen Reise. Und es gilt bis heute! Ob wunderbare Sehenswürdigkeit oder prickelndes Erlebnis, ob auf dem Land, zu Wasser oder in der Luft: das Beste vom Lago di Garda. Must see! Must do! Los geht’s!
1Torbole um halb sieben: Die ersten Sonnenstrahlen blinzeln über den Monte Baldo und sofort nimmt jeder Surfer sein aufgebautes Rigg in die Hand. Schnell ist der See voller bunter Segel und die Windsurf-Cracks zeigen Speed und ihre tollen Tricks. Morgens treibt sie der Pelér voran, auch einfach Vento oder Nordwind genannt. Ab 14 Uhr – wie praktisch: nach der mittäglichen Pasta-Pause – setzt dann die Ora ein, der stetige Südwind.
2 Gardesana oben ohne: Mit einem schnieken Cabrio oder einem süßen Roller rund 40 grandiose Kilometer am Ostufer entlang: Dort, wo Olivenbäume und Zypressen das Bild bestimmen und man durch weniger Tunnel, in denen es keine Haltemöglichkeiten gibt, fahren muss als auf der Westseite. Die Gardesana Orientale verläuft fast die ganze Zeit unmittelbar am Wasser. Zahllose Strände laden zum Bad, Bars auf ein leckeres Gelato und Ristorante auf Pontons zum Pranzo, dem Mittagessen. Das muss „La dolce Vita“ sein!
3Malcesine und das Bild vom See: Das Castello Scaligero aus dem 13. Jahrhundert ist nicht ein, sondern das Wahrzeichen des Gardasees. Erhaben besetzt die markante Burg den Felsvorsprung von Malcesine. Goethe zeichnete sie und wurde als scheinbarer Spion sogar kurz festgesetzt. Vom Turm sieht man auf eine fast geschlossene Dächerschicht. Und Hochzeitspaare lieben das Castello als ihre Romantikkulisse: „Schöner als im Prospekt versprochen“, sagen sie.
4Über den Gipfeln ist Ruh’: Ob Schauderterrasse im Westen, Aussichtsterrasse Belvedere im Norden oder Balcone del Garda im Osten: Es gibt wunderschöne Plätze für Traumblicke auf den Gardasee. Wer aber den Mut hat, einen Paragliding-Tandemflug vom Monte Baldo zu wagen – oder selbst zu fliegen, wenn man’s kann – der wird einzigartige Blicke mitnehmen und die Freiheit über dem See im Wortsinn grenzenlos genießen. Abflug ist auf 1800 Metern Höhe. Jeder zwischen zwölf und 80 Jahren kann ohne Vorbereitung mitfliegen.
5Der schönste Ort der Welt: Gibt es den überhaupt? Ja, es gibt sogar viele davon! Einen legte der Humanist Agostino Brenzone fest und legte schlüssig dar: „Der schönste Erdteil ist Europa, und davon ist Italien der schönste Teil, von Italien wiederum der Gardasee und an diesem San Vigilio. Ergo ist San Vigilio der schönste Ort der Welt“. Der Mann folgte seiner Argumentation und ließ sich an der Punta San Vigilio, zwischen Torri del Benaco und Garda, seine Villa bauen …
6Die Wasserburg von Sirmione: Wie in einem Bilderbuch thront eine der besterhaltenen und größten je gebauten Scaliger-Anlagen aus dem 13. Jahrhundert auf der größten Halbinsel des Gardasees: Komplett von Wassergräben umgeben, hat das Castello von Sirmione Zugbrücken, Burgfried und die für die Scaliger-Bauweise so typischen zinnengekrönten Burgmauern. Leider sorgt die Anziehungskraft des Castello besonders an Ostern und Hochsommer-Wochenenden auch für unangenehmen Overtourism.
7Bei der Contessa auf der Isola: Zypressen geben der Isola del Garda die Silhouette von Zinnen, Zacken und Spitzen. In der Mitte dominiert das gräfliche Schloss, zu dem Besitzerin Contessa Alberta bescheiden „Villa“ sagt: ein Palazzo in neugotisch-venezianischem Stil. Die Treppen, Terrassen und Gärten fallen bis zum See hinab. Eingewebt ist der 1903 fertig gestellte Palast von Akazien, Zitronenbäumen, Agaven, Magnolien. Und begonnen hat alles mit einer Liebesgeschichte von Albertas Mutter in Rom ... Ein Traum – aber ganz real.
8Privileg mit Weitblick: Don Guiseppe Mattanza ist als Pfarrer von Tignale auch für die Wallfahrtskirche Madonna di Montecastello auf 700 Metern Höhe verantwortlich. Sie schwebt mit herrschaftlichem Aufgang wie ein Balkon über dem See – mit grandiosem Weitblick auf den Bauch des Lago im Süden und auf das Monte-Baldo-Massiv im Osten. Don Guiseppe bedankt sich jeden Tag im Gebet, dass er „das Privileg hat, an einem der schönsten Kirchenplätze Europas wirken zu dürfen“.
9Dampferfahrt wie vor hundert Jahren: Sonnenbrille aufsetzen, durchatmen und den See, die Dörfer und Berge vom Wasser aus erleben: Das hat seinen ganz besonderen Reiz, da sich ungewöhnliche Perspektiven auftun. Am besten nimmt man eines der beiden ältesten Schiffe am See: die „Zanardelli“ oder die „Italia“, beide Schaufelraddampfer, gebaut in den Jahren 1903 und 1908. Aber nicht vergessen: Ein Blick auf den Fahrplan ist nötig, um die Heimfahrt nicht zu verpassen ...
10„Aida“ di Verona: Gladiatoren und Henker, Huren und Tenöre: Sie kämpften und köpften, boten sich an und singen bis heute ihre „Aida“-Arien. Die Geschichte des Amphitheaters von Verona ist bewegt. Die Arena di Verona, im 1. Jahrhundert errichtet, war nach dem Kolosseum in Rom und der Arena in Capua die drittgrößte. 1913, zum 100. Geburtstag von Verdi, gab es erstmals die Opernfestspiele. Einer der 15.000 Zuschauer zu sein, wenn der Triumphmarsch aus „Aida“ erklingt, ist wie ein Geschenk … Am besten kauft man Tickets für die Gradinate, die unnummerierten Rangplätze der Arena. Dort werden traditionell die Kerzen zu Beginn von jedem Abend angezündet. Dort gibt's Panini und was zu trinken. Und es herrscht die beste Akkustik. Sitzkissen kann man für drei Euro kaufen.
Kurioses und Überraschendes
VOM GARDASEE
Gibt es ein Krokodil im Gardasee? Eine Gondel, die sich dreht? Was hat die Geburt des Roten Kreuzes mit dem Lago zu tun? Und was ein Poet namens Mussolini? Ein halbes Dutzend Geschichten, von denen Sie bislang vielleicht noch nichts gewusst haben …
Der Vampir von Limone: Der aus Limone stammende Valerio hatte viel zu hohe Cholesterinwerte, aber ein Protein, das seine Adern säubert wie Domestos die Küchenrohre. Daraufhin zapfte Professor Cesare Sirtori von der Universität Mailand jedem Einwohner von Limone Blut ab. Und der Vampir – so wird er im Ort genannt – fand bei weiteren 45 Menschen jenes einmalige Protein, das er A-1 Milano, nannte – was ganz Limone erzürnte, wäre doch A-1 Limone richtig gewesen.
Das Riesenkroko: Ein Krokodil? Am Gardasee? Ja, es gibt sogar ein sehr großes: Der Ausläufer des Monte Lúppia streckt sich als Halbinsel in den See vor Garda und sieht, vom Süden kommend, aus wie der Kopf eines Riesenkrokos. So bekam Garda, der moderne Namensgeber des Sees, sein Haustierchen.
Verrückter Transport: Es ist das Jahr 1438: Venedig muss seine Kriegsschiffe in den Gardasee bringen, um Mailand, das die Seezugänge blockiert, Paroli zu bieten. Die verrückte Idee: Galeas per Montes, die Flotte von der Etsch über die Berge nach Torbole schaffen. Es gelang mit der Sprengung einer Straße in den Fels, Hunderten von Bäumen als Rollen und mithilfe von 2000 Ochsen.
Drehwurm inklusive: Sie sind komplett verglast und drehen sich: die Kabinen der Seilbahn, die Monte-Baldo-Besucher von der Talstation Malcesine in zehn Minuten auf 1760 Meter nahe an die Gipfel des mächtigen Massivs bringen. Die Seilbahn gibt es schon seit 1962! 2002 wurde alles neu gemacht und seitdem drehen sich auch die Gondeln. Mit einer der besten Panorama-Ansichten, die man über dem See genießen kann – Drehwurm inklusive …
Bischof und Poet: Der Trentiner Fürstbischof Madruzzo hatte einst eine Geliebte. Die Liebenden trafen sich regelmäßig im noblen Castel Toblino. Es gab Kahnpartien auf dem Lago di Toblino, nördlich von Riva, mit Claudia und Mordversuchen an derselben. Übereifrige Priester hatten es auf l'Amante del Cardinale abgesehen. Im 20. Jahrhundert wurde eine Fortsetzungsgeschichte daraus, in der Trienter Zeitung „Il Popolo“, verfasst von Benito Mussolini. 1910 schrieb er sogar den historischen Roman „L’amante del cardinale“, zu deutsch „Die Mätresse des Kardinals“. Zwölf Jahre später wurde der zunächst sozialistische Poet zum faschistischen Diktator.
Trauriger Anlass: 3 Uhr morgens am 24. Juni 1859: Im Dunkel der Nacht geht es um Italiens Unabhängigkeit. Die franko-piemontesischen Truppen mit 150.000 Mann und 400 Kanonen stehen den Österreichern mit 170.000 Soldaten und 500 Kanonen gegenüber. Die Schlacht von Solferino, südlich von Sirmione, wird das größte Gemetzel – und der traurige Anlass für die Gründung des Roten Kreuzes. Der damals 31-jährige Henri Dunant sah das Schreckensbild von 25.000 Toten und mehr als 10.000 Verwundeten. Er verfasste das Buch „Erinnerungen an Solferino” und regte die Gründung einer internationalen Hilfsorganisation an, aus der wenig später das Rote Kreuz wurde. Dunant wurde 1901 der Friedensnobelpreis zugesprochen.