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Kitabı oku: «Der schweizerische Robinson», sayfa 26

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Elftes Kapitel

Wie Jenny auf die rauchende Klippe kam. Endlich ein Schiff. Neu-Schweizerland!

Fritz, der Wilde, der wieder sein Kajak bestiegen hatte, diente uns als Lotse, und nachdem wir mit seiner Hilfe glücklich durch die Riffe und Klippen gekommen waren, die den Eingang der Bai bilden, gelangten wir bald ans Land, wo wir unser Fahrzeug vor Anker legten. Am Ufer fanden wir alles unverrückt, wie wir es verlassen hatten; Tisch und Bänke standen aufrecht, und die otaheitische Bratgrube war noch nicht zusammengefallen, auch der Luftkreis hatte sich inzwischen gereinigt, die Perlmuscheln lagen geruchlos und die Salzkräuter trocken; die Gerippe des Löwenpaares und des afrikanischen oder äthiopischen Ebers endlich zeigten sich schon beinahe gebleicht sowie von allem Fleische rein genagt.

Das erste, was wir vornahmen, war die Aufrichtung unseres Wachtzeltes, um an dem offenen Strande des Tages vor der Sonne, des Nachts gegen den kalten Luftzug geschützt zu sein. Dann aber ging es eifrig, hastig und gierig an das Öffnen der Perlmuscheln; nichts wurde übersehen, nichts zurückgelassen. Welch ein Freudengeschrei erhob sich, wenn jetzt die Menge, jetzt die Größe und zierliche Rundung oder die regelmäßige Form der Perlen unsere Mühe belohnte! – Indes was nützt uns im Grunde der unvergleichliche Schatz? – Auch schien Miß Jenny klüger als wir zu verfahren, indem sie mehr die feinen Fasern oder Fäden an den Muschelschalen beachtete und sammelte als die glänzenden Kügelchen; als die Mutter zur Bereitung des Mittagessens abseits nach der alten Feuerstelle ging, lief sie ihr nach. »Heute mittag gibt‘s ein schönes Gericht Fische«, rief sie uns lächelnd, über die Schulter zurückgewandt, zu, »und heute abend gebratenes Federwild!«

Die Mutter lächelte zwar ziemlich ungläubig über den ersteren Punkt und meinte, mit einer Schüssel Fische für sieben Personen würde es in so kurzer Zeit wohl Schwierigkeit absetzen; Jenny kehrte sich jedoch daran nicht, lief eilig fort, warf sich in das Kajak, nahm ihren Kormoran zur Hand und ruderte ein paar Steinwürfe weit in die Bai hinaus. Hier legte sie dem geschickten Fischfänger einen Ring an den Hals, damit er seinen Fang nicht verschlingen könne, ließ ihn dann frei auf den Rand des Schiffleins stehen und hielt mit dem Ruderschlag inne. Da war es denn allerliebst zu sehen, wie der geübte Vogel von Zeit zu Zeit in das Wasser hinabschoß und bald wieder mit irgendeinem silberglänzenden Fisch auftauchte, sei es ein Hering, sei es ein junger Lachs oder Kabeljau, den er seiner Meisterin brachte, um sogleich wieder nach einem anderen hinabzutauchen.

In kurzer Frist hatte Miß Jenny mehr als überflüssig ihr Wort gelöst und wenigstens zu zwei reichlichen Mahlzeiten Fische genug beieinander, worauf sie den gefiederten, bestverdienten Fischerjungen von seinem Halsring wieder befreite und ihm zur Belohnung einige der kleinsten Fischlein seiner Ausbeute vorwarf, die sofort mit Heißhunger verschlungen wurden.

»Wahrhaftig«, rief die Mutter aus, als die reichliche Bescherung ihr jetzt lächelnd zu Füßen gelegt wurde, »wir haben in unserer lieben Freundin eine wahre Fee zur Gefährtin bekommen!«

Nach dem Nachtessen kamen wir endlich dazu, Fritzens Erzählung anzuhören. Jenny begab sich zu Bett, ihr bot die Erzählung nichts Neues; wir andern aber saßen am Tisch und hörten unserm jungen Helden zu, der nun begann:

»Ihr erinnert euch, wie ich das große Fahrzeug verließ und auf meinem armseligen Kajak in den großen Ozean ausfuhr. Die See war ruhig, in meinem Innern aber gab es sozusagen Sturm und Wellen; denn einerseits fuhren mir allerlei seltsame Gedanken und Erwartungen durch den Kopf, wenn es mir gelingen sollte, die rauchende Klippe und die schiffbrüchige Engländerin zu entdecken; andererseits regten sich Besorgnisse genug, daß ich hundert Gefahren entgegenliefe und daß ich vielleicht, von euch allen verschlagen, in traurige Einsamkeit geraten, keinen Rückweg finden und euch in den tiefsten Kummer stürzen könnte.

Anfangs ruderte ich kräftig in die offene See hinaus, aber ein leichter Windzug ließ mich bald ahnen, wie gefahrvoll die Richtung sein würde, wenn ein stärkerer Wind vom Lande her sich erhöbe. Ich hatte auch kaum die Perlbai zurückgelegt, als ein heftiger Sturm begann. Jeden Augenblick drohte die Brandung mein schwaches Fahrzeug an den Klippen zu zerschellen; in das weite Meer wagte ich mich aber noch weniger, da ich von den gewaltigen Wogen wohl ebensoschnell verschlungen worden wäre. Gegen Abend schien jedoch der Wind wieder nachzulassen, und ich atmete auf. Freilich fand ich mich, weil ich allen Biegungen und Krümmungen des Ufers hatte folgen müssen, nur wenig gefördert, als die Nacht einbrach, und da ich nicht wagte, am Strande zu übernachten, indem ich eben keine Lust spürte, einem Löwenpaar Trotz zu bieten, so steuerte ich einer Kuppe im Meere zu, die wohl eine Viertelstunde vom Lande als ein hoher, unförmlicher Steinhaufen aus dem Wasser hervorragte. Ich fand zwischen dem Gestein einen ziemlich geborgenen Winkel und schlief trotz aller Unbequemlichkeit in meine Decke gewickelt ganz herrlich. Das Abendessen sowie das Frühstück am folgenden Tag bestand aus kalter Küche, Nüssen und dergleichen, weil ich mir nicht getraute, ein Feuer anzumachen und mich dadurch einem möglichen Überfall von Wilden auszusetzen.

Am folgenden Morgen fuhr ich schon mit ruhigerem Mute als tags zuvor in meinen Forschungen nach der rauchenden Klippe fort, und ob ich gleich im ganzen wieder hart am Ufer dahinzog, so fuhr ich doch zu jedem Felsen hinaus, der nur etwas bedeutend aus dem Meeresspiegel ragte. Die Küste war jetzt durchgehends flach und sandig; aber in mäßigem Abstande davon sah man dichte Wälder mit vielem Unterholz und zahlreichen Schlingpflanzen, die an Stämmen und Ästen üppig nach der Höhe stiegen. Ich hielt sie meist für Pfefferstauden, weil eine Menge Tukane oder Pfeffervögel sie beständig umflatterten.

Später sah ich bald gar keine Klippe mehr in der offenen See, hingegen eine tiefe Bucht am Ufer, die mich eine Zeitlang glauben ließ, es gehe hier ein schmaler Meeresarm hindurch, auf dem ich kürzer und gefahrloser als im offenen Gewässer nach den weiter entlegenen Gegenden hingelangen könnte. Wohlgemut fuhr ich hinein und bemerkte gar keine Flußströmung, weil gerade Flutzeit war und ich so fast ohne Ruderschlag vorwärts gelangte. Nach einem Stündchen ungefähr ward ich aber enttäuscht und merkte wohl, daß ich auf einem Fluß einherfahre. Die Gegend war aber so hübsch, daß ich‘s nicht lassen konnte, weiter zu rudern. Besonders reizend waren die zarten bunten Gewinde von Lianen, Pfefferranken und dergleichen, die sich an starken Ästen oder schräg geneigten Bäumen quer übers Wasser zogen. Allerlei kleines Getier, Baumratten, kleine Affen und Meerkatzen turnten auf den fliegenden Brücken hin und her. Auch Vögel hüpften darauf herum. Besonders komisch aber war eine Art großer Wasservögel, die sich gemächlich schaukelten, wie auf einem Schwebeseile, und dann plötzlich bei meiner Annäherung wie tot auf das Wasser plumpsten; kaum berührten sie es aber, so schossen sie jählings auflebend drunter weg und streckten nur von Zeit zu Zeit den Kopf auf einem langen und sehr dünnen Hals in die Höhe, um zu sehen, ob ich ihnen etwas tun wolle.

Nach einer Weile gelangte ich in eine kleine Bucht des Flusses und beschloß, da die Gegend hier offener war und nicht leicht aus nahem Gebüsch mich eine Gefahr beschleichen konnte, für ein Viertelstündchen ans Land zu steigen und wenigstens irgendeinen Vogel zur Atzung meines Adlers herunterzupirschen. Es geschah; ich schoß einen Tukan hart an meinem Landungsplatze und sprang aus dem Kajak, um den Gefallenen aufzuheben. Aber, hilf Himmel! Welch ein entsetzliches Konzert von Schreien, Pfeifen, Krächzen, Schnattern und Quäken entstand da auf meinen Schuß! Ich hätte glauben sollen, alles würde über mich herfallen und mich in Stücke zerreißen, so daß ich nur hastig meinen Tukan aufraffte und dann wieder nach meinem Kajak sprang. Aber bekanntermaßen sind unter den Tieren, wie unter den Menschen, die voreiligen und lauten Schreier selten auch tapfere Kämpfer, und ich blieb ganz unangefochten. Plötzlich aber hob sich ganz in meiner Nähe aus dem Röhricht unter Schnauben und Stöhnen eine riesige dunkle Masse. Entsetzt faßte ich mein Ruder und jagte nur so davon. Mein Boot schoß dahin wie ein Pfeil. Was war es? Ein greuliches Nilpferd mitsamt seinem Jungen. Eine nette Bekanntschaft! Sie schwammen quer über den Strom. Zum Glück waren aber die beiden Scheusale offenbar ebenso erschreckt durch meinen Schuß wie ich durch ihr plötzliches Auftauchen. Und so rissen wir also gleichzeitig voneinander aus. Ich wagte auch nicht, weiter hinaufzudringen, sondern sputete mich stromabwärts in die offene Bucht und zog mich auf den einzigen Felsen zurück, den ich dort inselartig aus dem Wasser emporstarren sah. Ein Abendessen von einigen Austern, die ich mühsam zusammenfand, nebst einer Kleinigkeit von meinem Mundvorrat beschloß dann den Tag, wiewohl ich mehr aus Besorgnis, keine sichere Schlafstätte zu finden, als wegen zu weit vorgerückter Abendzeit dort mein Nachtlager nahm.

War ich indessen ungewöhnlich früh zur Ruhe gegangen, so war ich auch desto frühzeitiger mit Anbruch des folgenden Tages wieder auf der Fahrt, näherte mich wie gewöhnlich der Küste, fuhr westwärts und hatte bald einen Landstrich zur Seite, der allen bisher von mir gesehenen durch Schönheit und Fruchtbarkeit den Rang ablief. Mehrere Wasserfälle stürzten im Hintergrunde der Aussicht von mächtigen Felswänden herab und schlängelten sich dann als Bäche durch ein wechselreiches Hügelland, wo mir auf verschiedenen Anhöhen kleine Tierherden zu Gesicht kamen, die der Größe nach Lamas oder Vicunnas sein konnten und einst vielleicht eine köstliche Erwerbung für uns abgeben dürften. Gern landete ich an dieser lieblichen Küste, und da ich eben ein paar entenartige Vögel auf dem Wasser erlegt hatte, so stieg ich aus, machte mir von abgefallenem Reisig ein Feuerchen und wollte mit aller Muße für mich und für den Adler eine längere Tischzeit feiern. Kaum aber waren meine zwei Vögel an einem hölzernen Spieß über dem Feuer, so bemerkte ich bei zufälligem Umherblicken hinter einigen Büschen in der Nachbarschaft etliche höchst verdächtige Köpfe, die bald auf-, bald niederduckten und mich sehr genau zu beobachten schienen. Ich konnte nichts deutlich unterscheiden, fühlte mich aber, das gesteh ich, sehr unheimlich und verzog mich eiligst in mein Schiffchen, um vom Wasser aus in sicherer Entfernung die unbekannten Feinde zu beobachten. Kaum war ich davon, so kamen auch zwei haarige, rotbraune Gesellen von ansehnlicher Größe aus dem Gebüsch herausgehumpelt. Im selben Augenblick erkannte ich, daß es ein paar mächtige Affen waren, ich glaube sicher Orang-Utans. Sie untersuchten neugierig, was ich da wohl gemacht haben könnte, rührten unter den ausgerupften Vogelfedern herum, beschnüffelten mein Messer, das am Boden lag, fingerten an meiner Armbrust, setzten sich endlich in einiger Entfernung vom Feuer nieder und betrachteten andächtig meine zwei britzelnden Enten. Das dauerte so ein gutes Viertelstündchen. Angst hatte ich natürlich gar nicht, denn die Herrschaften kümmerten sich nicht um mich, konnten mir auch nicht zu Leibe. Aber um meine Enten wurde mir bang und bänger. Wenn die zwei Onkel da noch lange Gevatter standen, konnte ich meiner ersehnten Mahlzeit ade sagen. Endlich war das Feuer aus, die Sache wurde ihnen selber langweilig und sie wischten davon. Ich wartete noch ein Weilchen, ruderte dann langsam heran, die Luft blieb rein, und so begab ich mich schleunigst an meinen Lagerplatz zurück. Mein armer Braten! Auf der einen Seite verkohlt, auf der andern halb roh. Ungenießbar!

Ich mußte schon zufrieden sein, daß wenigstens mein Adler mit dem verpfuschten Leckergericht vorliebnehmen wollte. Da indessen meine mitgenommenen Vorräte aller Schonung bedurften, so mußte ich anderes Geflügel schießen, das zwar bald und ganz in der Nähe gefunden war, jedoch ebenfalls wieder gerupft und gebraten sein wollte, worüber der größte Teil des Nachmittags verstrich, so daß mein früher Aufbruch am Morgen für mein Weiterkommen so gut als fruchtlos wurde und ich nur mit genauer Not vor dem Eintreten der Finsternis ein Felseninselchen erreichen konnte, um wie gewöhnlich mein Nachtlager in sicherer Entfernung von der Küste aufzuschlagen.

Nicht sonderlich erquickt erhob ich mich am frühen Morgen und schätzte mich glücklich, nur unverletzt von der dummen Affenküste auf und davon zu rudern; doch mußten mich erst ein paar Schlucke Kanariensekt für die vielen Unterbrechungen des Schlafes, die mich ermüdet hatten, schadlos halten.

Das Ufer, an dem entlang ich heute den Strich zu nehmen hatte, war ganz auffallend unfruchtbarer und einförmiger, als ich vorher irgendeines gesehen hatte; es zogen sich zwar wohl ein paar Flüßchen hindurch, aber auf dem öden Sandboden schien nichts Rechtes wachsen zu können. Es war mir daher nicht wenig überraschend, nach Umfahrung einer kleinen Landspitze plötzlich etwa drei oder vier Büchsenschüsse weit ein kleines Rudel Elefanten an einer breitern und morastigen Stelle des dortigen Flüßchens sich im Schlamme herumwälzen zu sehen. Ein Gebüsch von Mimosen belebte in der Nachbarschaft die Einöde, wie bestellt als Futter für die Riesenviecher. Aus größerer Entfernung glaubte ich auch das Geschrei und Schnauben der Nilpferde zu vernehmen, und im fernsten Hintergrunde kam es mir vor, als flöge in einer Staubwolke ein Trupp Antilopen oder Zebras den Gebirgen zu.

Trotz meiner Sehnsucht nach der rauchenden Klippe ward ich doch neugierig, diesen für mich so neuen Landstrich etwas näher zu besehen, und ich entschloß mich um so eher dazu, als gerade jetzt die Elefanten, ihres Treibens um Ufer satt, mit unerwarteter Schnelligkeit über die breiteste Stelle des Flüßchens setzten, das tiefer war als ich geglaubt hatte, Sie benahmen sich übrigens dabei auf eine merkwürdige Art, denn sie schritten oder schwammen in einer langen Reihe hintereinander über das Wasser, und zur Erleichterung des Atmens legte jeweilen der Hintermann seinen Rüssel auf den Rücken des Vordermanns. Auf dem jenseitigen Ufer aber zerstreuten sie sich wieder, zausten mit den Rüsseln in den Mimosen herum, rissen Zweige davon ab und stopften sie geschickt in ihr großes Maul.

Als sie sich indessen seitwärts weit genug verloren zu haben schienen, fuhr ich noch weiter den kleinen Fluß hinauf, der meist nur zwanzig bis dreißig Fuß breit war und kaum ein anderes Fahrzeug als ein leichtes ohne häufigen Anstoß getragen hätte.

Die Gegend wurde allmählich sandiger, und es schien sich ein Teil des Flußwassers in dem lockern Grunde, durch den es lief, zu verlieren.

Die merkwürdigste Entdeckung im Fortrücken waren mir einige Rhinozerosse, die sich in beträchtlicher Entfernung von mir hinter gewaltigen Kaktusstauden lustig machten, indem sie gleichsam spielend einzelne Schäfte mit dem Horn auf der Nase zerschlitzten und die auseinanderfallenden dann mit der beweglichen und starken Oberlippe nach dem großmächtigen Schlunde führten, ohne der vielen und ansehnlichen Stacheln der Pflanze im geringsten zu achten. Es befiel mich zuerst Lust, die Wirkung eines Flintenschusses auf die Riesengeschöpfe zu versuchen; aber der Himmel bewahrte mich vor der Ausführung des kindischen Einfalls, denn ich hätte mein Leben gefährdet, wenn die Kolosse, aufmerksam und ärgerlich gemacht, auf mich eingestürmt wären.

Die Sache kam mir immer bedenklicher vor; mein Schifflein war so leicht, daß eine solche Bestie es nur zu bequem umreißen konnte, und dann ging ich ohne alle Rettung verloren. Somit traute ich dem Landfrieden keinen Augenblick mehr, machte rechtsumkehrt und fuhr – was hast du, was kannst du – aus der Twingherrlichkeit der Wassertyrannen hinab zur offenen See; auch glaubte ich, noch unterhalb im Strome ein paar Kaimane oder Alligatoren im Schilfe bemerkt zu haben, die wahrscheinlich auf Fische lauerten, bei denen ich jedoch nicht Lust hatte, mich zu Gaste zu laden. Im freien Fahrwasser hingegen, als ich mich wieder in Sicherheit sah, gelüstete mich‘s nach einem Fischgericht, und da ich bemerkte, daß ganze Züge einer Art Salmen oder anderen solchen Kameraden in den Fluß einliefen, nahm ich meinen Vorteil wahr, harpunierte mir ein paar und führte sie mit nach einem unfern liegenden kleinen Felsenriffe, wo ich für diesmal auf einer über das Wasser mäßig emporragenden Felsenbank mein Nachtlager nahm und die Fische mir als einen schmackhaften Braten angedeihen ließ.

Auch diese Nacht verstrich indessen nicht viel ruhiger als die frühere; denn das kalte und harte Lager abgerechnet, hatte ich auch im Traum unablässig mit baumlangen Alligatoren zu kämpfen und weckte mich mehrmals selbst durch die Heftigkeit meiner Bewegungen. Ich war daher froh, als das Morgenlicht mir die Weiterreise gestattete, und verschob diese auch keinen Augenblick. Abermals fuhr ich in der Entfernung eines Steinwurfes am Strande hin und wünschte nur eine freundliche Stelle zum Aussteigen zu finden, um meinem Adler einige Bissen zum Frühstück gewähren zu können. Endlich landete ich unfern einer kleinen, wenig belaubten Baumgruppe, wo ich irgendeinen Vogel vermutete und zugleich einen schwärzlichen Sand entdeckte, der, mit gelblich schimmernden Blättchen durchmengt, mich ungewiß ließ, ob ein gemeiner Glimmer oder ob köstliches Gold da vorhanden sei. Auf das letztere indessen nicht erpicht, ließ ich den Entscheid bis auf eine spätere Forschungsreise dahingestellt. Hingegen schritt ich nach den paar Bäumen hin, entdeckte glücklich einige Papageien darauf und schoß den ersten besten unverzüglich herunter. Allein mit einer entsetzlichen Gefahr und einem Schrecken, wie ich noch keinen empfunden zu haben glaube, mußte ich den kleinen Gewinn bezahlen; denn indem ich dem Adler harmlos zusah, wie er den Papagei verzehrte, blieb ich ein Weilchen untätig stehen und versäumte, mein Gewehr wieder zu laden, was ich freilich in diesem unbekannten Revier keinen Augenblick hätte verschieben sollen.

Auf einmal hörte ich ein Knistern im Sand hinter mir, dachte, ein Seekrebs oder eine Schildkröte käme dahergeschlichen, wendete mich ziemlich gleichgültig um und sank vor überwältigendem Entsetzen fast nieder, denn ich sah einen großen gestreiften Tiger, der nur etwa zehn oder fünfzehn Schritte noch von mir stand und vielleicht eine Sekunde später mit einem einzigen Gewaltsprung mich erreicht, niedergeworfen und zerfleischt haben würde.

Einen Augenblick muß ich starr und so gut als bewußtlos gestanden haben; dann fühlte ich, wie ich mich schwer auf mein Jagdrohr stützte, und gleichzeitig hörte ich die Flügel meines Adlers rauschen. Es war mir dunkel vor den Augen gewesen; aber jetzt gewahrte ich jählings den Adler, der mit unsäglicher Wut das Haupt des Tigers umflatterte und unablässig gegen seine Augen loshackte, so daß das Ungetüm, indem es diese wütenden Angriffe abwehren mußte, mich entweder nicht mehr beachtete oder doch nicht anzugreifen wagte. Ich warf die Flinte jetzt von mir und zog eine Pistole aus dem Gürtel. Da plötzlich schoß der Tiger mit Oberleib und Vordertatzen in die Höhe, packte den Adler mit beiden Pranken zugleich, quetschte ihn furchtbar zusammen und warf ihn tot auf den Boden. Es zerschnitt mir das Herz, diesen gewaltsamen Tod meines armen Jagdgefährten anzusehen. Aber es galt jetzt, keinen Augenblick zu zaudern. Ich feuerte meine Pistole gegen den Tiger ab. Der brach erst zusammen, und schon war ich im Begriff, mich über ihn herzumachen. Aber da raffte er sich schon wieder auf und sprang mit ein paar mächtigen Sätzen davon. Klopfenden Herzens blieb ich mit der anderen schnell herausgezogenen Pistole auf der Walstatt lauernd stehen; es hätte doch noch ein Gefährte in der Nähe sein können. Aber nichts rührte sich. Langsam schritt ich dann rückwärts meinem Kajak zu, um mich auf die See hinaus retten zu können, wenn die Art des neuen Angriffs es gestatten würde.

Glücklicherweise blieb ich ungefährdet, hob endlich mein Gewehr wieder auf, lud es mit einer Kugel und war dann unmittelbar auf meinen gänzlichen Rückzug bedacht. Daß ich aber meinen Adler, den getreuesten aller Malabaren, nicht schmählich auf dem Kampfplatze vermodern ließ, das wird man mir auch unversichert zutrauen. Ich band ihn vorn auf das Kajak und nahm mir vor, ihn entweder auszubalgen oder ehrenvoll zu bestatten, sobald ich einen passenden und friedlichen Landungsplatz erreicht haben würde; war er doch mein Schutzengel gewesen bei dem toddrohenden Überfall!

Bald indessen sollte mir ganz anders zumute werden! Um ein paar nahe Klippen herumschiffend, erblickte ich plötzlich eine kleine Felseninsel in größerer Weite und sah – und sah – eine Rauchsäule davon emporsteigen! Ich schrie laut auf und schlug vor Entzücken mit dem Ruder aufs Wasser. Das mußte die ›rauchende Klippe‹ sein! Dort mußte die ›schiffbrüchige Engländerin‹ wohnen. Fast atemlos vor Aufregung und Anstrengung ruderte ich drauflos. Das Herz schlug mir bis zum Hals hinauf. Nicht einen Augenblick kam mir der Gedanke, es könnten ebensogut Seeräuber oder Wilde dort hausen. Aber wenn ich‘s nachträglich überlege, so muß ich zugeben, heißspornig und unüberlegt gehandelt zu haben, indem ich so einfach drauf zufuhr, ohne mich im mindesten zu sichern.

Endlich kam ich der rauchenden Klippe so nahe, daß ich einen Menschen genau hätte erkennen können; allein der Rauch stieg hinterwärts, von der mir abgekehrten Seite des Felsens, empor, und ich glaubte schon, einen Umweg nehmen zu müssen, als ich ein wenig seitwärts eine Steinplatte gewahr wurde, bei der ich anfahren konnte. So flink wie weiland Wilhelm Tell sprang ich auf festen Grund. Ein paar von Menschenhand aufeinandergeschichtete Steine leiteten mich wie ein schmales Treppchen empor, und im Nu war ich oben um eine Ausbeugung des Felsens herum, da – weiter unten – am hochrauchenden Feuer saß jemand, eine schlanke junge Gestalt in Männerkleidern. Hätte sie nicht in diesem Augenblick eine lange blonde Flechte, die bei der gebückten Stellung vornübergeglitten war, über die Schultern zurückgeworfen, so wäre ich am Ende irre geworden. Ich drückte die Fäuste auf den Mund – am liebsten hätte ich laut aufgeheult vor Freude – aber ich nahm mich zusammen. Schnell sagte ich mir: erschreck sie nicht! Sie ist nicht mehr an Menschen gewöhnt! Langsam! Langsam! So stieß ich denn mit dem Fuß an ein Steinchen, daß es ins Rollen kam und eilig den Berg hinunterkollerte. Auf dieses Geräusch wandte sie den Kopf, sah das Steinchen liegen und blickte den Weg hinauf, den es gekommen sein mußte. Da entdeckte sie mich, der absichtlich noch stehengeblieben war. Sie wurde totenblaß, sprang auf und blieb dann regungslos stehen, den starren Blick unverwandt auf mich geheftet. In tiefster Ergriffenheit näherte ich mich langsam und blieb dann einige Schritte von ihr entfernt stehen. Kaum konnte ich vor Beklommenheit sprechen. ›Ich bin der Retter‹, sagte ich. Die Stimme zitterte mir, ihr könnt mir‘s glauben. ›Ich habe den Albatros gefangen‹, fuhr ich fort, ›ich habe den Brief an seinem Bein gefunden. Ich habe jetzt auch die rauchende Klippe gefunden —‹ Da streckte sie mir, von Glut übergossen, beide Hände hin.›Willkommen‹, rief sie, in einem Atem lachend und weinend. – Mein Englisch ist doch gewiß das beste nicht, aber in dem Augenblick hat sie mich verstanden, wiewohl sie später manch liebes Mal nicht leicht aus meinem Radebrechen klug werden konnte. Den Bericht über die nächste halbe Stunde erlaßt ihr mir wohl. Ich könnte doch nicht beschreiben, wie mir zumute war, wie wir uns langsam faßten und zum Bewußtsein der Wirklichkeit zurückkehrten.

Anfangs dachten wir nicht an Essen und Trinken, nicht an Schiff oder Obdach, nicht an Menschen und Rückkehr zu Menschen. Jedes ergoß sich in Erzählungen, Fragen und Ausrufungen; dennoch achtete keines recht auf die des anderen. Jenny war indessen doch lange vor mir gefaßt und machte stillschweigend Anstalten zum Abendessen, während ich des Plauderns und Fragens immer noch kein Ende finden konnte und vom Hundertsten ins Tausendste geriet.

Kurz, die Mahlzeit kam zustande, ward in guter Eintracht verzehrt und gab Gelegenheit, uns einander bei etwas gefaßterer Stimmung ungleich besser als bisher zu verstehen.

Auf die Nacht zog sich Miß Jenny in den Hintergrund der Grotte zurück, den sie mit einer Art Vorhang, aus Schilf und Grashalmen geflochten, von dem vorderen Teil abgesondert hatte, während ich in diesem Vorderteil meine Schlafstätte bekam, wo ich indessen eher wie ein wachender Paladin vor dem Zelte seiner Prinzessin, als wie ein müder und schlafbedürftiger Ruderer die Nacht zubrachte.

Am Morgen schlüpfte Jenny gerade hervor, als mich endlich der Schlummer überwältigt hatte, und erst ihre Einladung zum Frühstück unter Scherzen und Lachen weckte mich aus der eingerissenen Schlaftrunkenheit.

Da die See diesen Tag etwas unruhig war und ich Jenny überzeugt hatte, daß es am ratsamsten sei, wenn sie sogleich mit all ihrem Eigentum die Fahrt zu den Meinigen mit mir anträte, so veranstalteten wir den Tag hindurch alles Nötige, um ihr Gepäck und die seltsamen Gerätschaften von der Arbeit ihrer geschickten Hände in mein Kajak zu laden. Ich fand dabei jeden Augenblick Veranlassung, in Verwunderung und Lob über den großen Kunstfleiß auszubrechen, mit dem innerhalb zwei oder dritthalb Jahren das erfinderische Mädchen so vieles zustande gebracht hatte. Sie hingegen meinte, in Europa, mit europäischen Hilfsmitteln und Werkzeugen, würde selbst ein gewöhnliches Mädchen in einem so langen Zeitraum und bei solchen Entbehrungen das Doppelte oder Dreifache von Arbeit geliefert haben.

Was mir Jenny am vorigen und an diesem Tag und auf der Heimreise von ihrem Aufenthalt in Ostindien erzählt hat, wohin sie noch ganz jung gekommen ist, von der begonnenen Heimreise nach Europa, ihrem Schiffbruch, ihrer Rettung und der Robinsonade auf der rauchenden Klippe, das gäbe fürwahr ein hübsches und langes Buch, wenn der Vater in der Regenzeit sich an die Aufzeichnung machen wollte.

Genug, am dritten Tag war alles zur Abreise bereit; wir ließen nur ein Kistchen voll Muscheln und ein Faß mit geräuchertem Fleisch zurück, das, vom Sturm an die Klippe getrieben, mit einem Teil seines Inhalts zu Jennys Ernährung viel beigetragen hatte. Die See war für mein schwaches Schifflein wieder fahrbar geworden, und die Heimfahrt wäre ziemlich rasch zu Ende gekommen, wenn nicht eine starke Beschädigung des Kajaks, wie ich schon früherhin berichtete, uns auf der kleinen Insel Freudenau aufgehalten hätte, wo ich übrigens von unserer Fahrt schon manches zum besten gegeben habe, was ich jetzt wohl nicht zu wiederholen brauche!«

Fritzens Erzählung hatte wenigstens bis Mitternacht gedauert, und alle seine Zuhörer, auch ich nicht ausgenommen, waren recht wach und munter geblieben. Ich befahl indessen, endlich zur Ruhe zu gehen. Freilich schien niemand einen rechten Schlaf finden zu können, und in der Tat, auch mir öffneten sich so viele Aussichten in eine neue Zukunft durch die Vermehrung meines lieben Hausvolks und durch Fritzens vielversprechende Entdeckung, daß mein Geist in steter Bewegung blieb und mir kein ordentlicher Schlummer zuteil werden wollte.

Noch ein paar Tage mußten in der Perlbai zugebracht werden, das war bei mir ausgemacht; aber dann zeigten sich der anlockenden Unternehmungen so viele, daß ich zu keinem Entschluß darüber zu kommen vermochte. Unterdessen ward einstweilen jedermann wieder geweckt, ein Frühstück eingenommen und in trautem Gespräch ein Morgenstündchen verplaudert; denn, durch Fritzens Erzählung aufgeregt, war alles Volk auf die Geschichte der kleinen, liebenswürdigen Miß so neugierig geworden, daß man ihr nicht Ruhe ließ, bis sie wenigstens das Wesentlichste davon zum besten gegeben hatte.

Aus ihrem oftmals unterbrochenen Bericht ergab sich folgendes:

Jenny war die einzige Tochter eines englischen Obersten, der in Indien Kriegsdienste geleistet hatte. Der Oberst hatte seiner Tochter eine sorgfältige Erziehung angedeihen lassen; sie lernte nicht nur alle weiblichen Handfertigkeiten, sondern auch Reiten, Fechten, Schießen und Jagen. Vor einigen Jahren hatte nun der Oberst den Befehl erhalten, eine Anzahl ausgedienter Soldaten auf einem Kriegsschiff nach England zu begleiten. Er hatte selbst seinen Abschied genommen und dachte nun daran, Jenny ebenfalls nach England zu bringen. Auf dem Kriegsschiff, das den Obersten nach England trug, konnte Jenny aber nicht aufgenommen werden; so mußte sie, nur von einer vertrauten Kammerfrau begleitet, mit der Bark Dorcas reisen, die ebenfalls nach England in die See stach. Die Bark geriet aber in eine Reihe von Stürmen und wurde ganz von ihrem Kurse abgetrieben, so daß der Kapitän sich nicht mehr zurechtfinden konnte. In einer finstern, schweren Sturmnacht scheiterte das Schiff, die Mannschaft sprang in die Boote, die aber sogleich vom Sturm verschlungen wurden. Eine wohltätige Welle spielte Jenny ans Land, wo sie besinnungslos liegenblieb; sie hatte nicht die geringsten Lebenszeichen weder von der Mannschaft noch von der Kammerfrau bemerkt. Zwei Tage lang blieb sie, von Angst und Schrecken fast tot, auf der Insel, ohne etwas zu unternehmen; sie nährte sich kümmerlich von einigen Eiern, die sie den brütenden Strandvögeln aus den Nestern nahm.

Am dritten Tage hatten sich endlich milde Witterung und Sonnenschein wieder eingestellt. Das heitere Wetter hatte ihr sogleich die Hoffnung eingeflößt, die wahrscheinlich gerettete Schaluppe des Schiffes würde von der stillen See alsbald Vorteil ziehen und die kleinere oder die allfällig an das Ufer geworfene Bemannung des Bootes aufsuchen. In dieser tröstlichen Erwartung hatte die Schiffbrüchige an nichts Angelegentlicheres als an ein anzufachendes Feuer zu denken. Und da sie auf dem Schiffe in der Kleidung eines Seekadetten gelebt und als solcher Messer und Feuerzeug und dergleichen mit sich geführt hatte, so fand sie sich ungleich weniger hilflos, als sie ohne diese Rolle gewesen wäre, die sie freilich aus einem kleinen Mutwillen angenommen hatte, die ihr aber doch von ihrem Vater selbst gestattet worden war.

Yaş sınırı:
12+
Litres'teki yayın tarihi:
30 ağustos 2016
Hacim:
520 s. 1 illüstrasyon
Telif hakkı:
Public Domain

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