Kitabı oku: «A Hund bist fei scho»

Yazı tipi:

Johann Rottmeir



Volk Verlag München

Alle Zitate zu Ludwig Thomas „Agricola“ aus:

Thoma, Ludwig: Der heilige Hies. Bauerngeschichten.

Deutscher Taschenbuch Verlag (dtv) 1977.

Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.

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ISBN ePUB: 978-3-86222-169-1

ISBN Mobi (Kindle): 978-3-86222-171-4

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Vorwort und Erläuterungen

Der bairische Dialekt zeichnet sich nicht nur durch die eigene Aussprache des Deutschen aus. Viele Wörter existieren allein im Bairischen und sind dem Sprecher des reinen Hochdeutschen vollkommen unbekannt. Dazu kommt eine gewaltige Zahl von Sprüchen, stereotypen Redewendungen und häufig gebrauchten speziellen Formulierungen, die den bairischen Dialekt zu dem machen, was er ist.

Die Vielfalt dieser sprachlichen Ausdrucksmöglichkeiten hat in den letzten Jahrzehnten durch das Vorrücken des Schriftdeutschen in allen Lebensbereichen – vom Kindergarten bis zum Altenheim – starke Einschränkungen erfahren müssen. Dialekt gehörte lange Zeit nicht mehr zum guten Ton, und so war und ist das urtümliche Bairisch unweigerlich auf dem Rückzug. Vor allem die früher selbstverständliche, wortgewaltige und hintersinnige Derbheit wurde meist nur noch als Zeichen fehlender Bildung und Kultur missverstanden und nach und nach ausgemerzt.

Diese Vielfalt und Einzigartigkeit des Dialekts darf nicht völlig verloren gehen. Damit auch nachfolgende Generationen noch einen Zugang zur kraftvollen Bildhaftigkeit und Schönheit der bairischen Sprache finden und sich daran erfreuen können, aber auch um Kennern und Schätzern des Bairischen ein Erinnerungs- und Lesevergnügen zu bereiten, sind hier über 1.000 der vor kaum einem Jahrhundert noch allerorten in Bayern gängigen Sprüche, Redensarten und Lebensweisheiten versammelt, nach Themenfeldern gegliedert und erläutert.

Auf die Idee, bairische Sprüche und Redewendungen zu sammeln, bin ich gekommen, als ich die Lebenserinnerungen meiner Eltern zu Papier brachte und dabei auf Videoaufzeichungen zurückgriff, in denen sie aus ihrem Leben erzählten. Dabei wurde mir bewusst, wie viele bairischen Wörter und Sprüche aus ihrem alltäglichen Wortschatz heute bereits weitgehend unbekannt sind. Erfasst wurde bei meinen Recherchen also vor allem der bairische Dialekt in der Form, wie er zur Jugendzeit meiner Eltern in der Gegend zwischen München und Ingolstadt gesprochen wurde. Diese Ausformung des Bairischen ist der in anderen oberbayerischen Gegenden sehr ähnlich, gegenüber Niederbayern und der Oberpfalz gibt es etwas größere Abweichungen, ebenso gegenüber den angrenzenden Regionen Österreichs.

Ein heikles Feld ist die besondere Derbheit der früheren Bayern: handfest, aber niemals ohne Augenzwinkern. Dass es sich dabei, zumindest in alten Zeiten, nicht um eine rein bayerische Spezialität gehandelt haben kann, zeigt aber der bekannte Spruch: „Warum rülpset und furzet ihr nicht, hat es euch nicht geschmacket?“ – egal, ob er von Luther oder Goethe stammt. Derbheit und Grobheit der Bayern drückten sich nicht nur in Rauflust und fehlenden Manieren, sondern vor allem auch in der Wortwahl aus. So war die – heute auch im Freistaat verpönte – Fäkalsprache in der früheren Alltagssprache ständig präsent und niemand musste sich schämen oder rechtfertigen, wenn er Wörter in den Mund nahm, die sich rund um den Allerwertesten und seine diversen Aktivitäten drehten. Das Gleiche galt für Ausdrücke, die sich den sekundären wie auch primären Geschlechtsmerkmalen von Mann und Frau oder den erotischen Verwicklungen zwischen den beiden widmeten. Viele solcher Wörter haben Eingang in Redewendungen des bairischen Dialekts gefunden. Ein Buch über bairische Sprüche wäre unvollständig, würde man aus falsch verstandener Rücksichtnahme auf heutige Befindlichkeiten auf diese spezielle Form der bayerischen Lebensart verzichten.

Ähnlich verhält es sich mit dem Verhältnis von Mann und Frau in unserer über lange Zeit patriarchalisch geprägten Gesellschaft. Der ein oder andere Spruch zu diesem Thema ist aus heutiger Sicht zweifellos als frauenfeindlich einzustufen. Aber auch hier gilt: Die wiedergegebenen Sprüche und Redewendungen stammen weitgehend aus der Zeit zu Beginn des letzten Jahrhunderts, spiegeln daher die damalige gesellschaftliche Situation wider und sind ebenso unverzichtbar für den hier angestrebten Überblick über alle Facetten des bairischen Dialekts wie ihre skatologischen Genossen.

Jeder Lebensbereich hat einst seinen Eingang in die eigene Ausdrucksweise der Bayern gefunden, nichts wurde damals ausgespart. Von der Geburt über Hochzeit, Religion, Gesundheit, Erfolg und Misserfolg im Leben bis hin zum Sterbebett wurde man von den passenden Sprüchen begleitet. Diesen zahllosen alten Redewendungen, die einst in aller Munde waren, soll in diesem Buch zu neuer Aufmerksamkeit verholfen werden. Zusammengenommen ergeben sie ein wunderbares Bild der bayerischen Mentalität und Identität, wie sie sich in der Sprache manifestiert.

Darstellungsform der Sprüche und Redewendungen

Der jeweilige Spruch bzw. die Redewendung präsentiert sich fett gedruckt im bairischen Dialekt, gefolgt von einer wörtlichen „Übersetzung“ ins Schriftdeutsche. In den weiteren Zeilen schließt sich die inhaltliche Umsetzung ins Hochdeutsche samt allen nötigen, interessanten oder einfach unterhaltsamen Erläuterungen zum Spruch an.

Herkunft der Sprüche und Redewendungen

Die Herkunft der einzelnen Sprüche und Redewendungen lässt sich meist schon aus ihrem Wortlaut ablesen und erschließen, allerdings führt diese Herangehensweise nicht immer zum Erfolg. Steckt hinter dem Ursprung eines Spruchs mehr als dieser erahnen lässt, sind ihm nach Möglichkeit eindeutige etymologische oder zumindest historische Erklärungen seiner Herkunft beigegeben. Hin und wieder bleibt aber auch diese „Ursachenforschung“ ergebnislos, man trifft auf zu viele unterschiedliche Meinungen und muss im Zweifel zum Schluss kommen: „Nix Gwiss woàß mà net!“ (Nichts Gewisses weiß man nicht!) Sollte die Frage der Herkunft nicht mit Sicherheit beantwortet werden können, überlassen wir sie also dem wissenschaftlichen Streitgespräch der Fachleute.

Bairisch ist eine Sprache, keine Schreibe

Das heißt, dass es für das Bairische keine einheitliche Schreibweise, geschweige denn eine empfohlene oder verbindliche Rechtschreibung gibt. Sprüche und Redewendungen folgen in diesem Buch daher grundsätzlich dem mündlichen Dialekt, also der bairischen Sprech-Sprache. Jeder Ausdruck wurde so niedergeschrieben wie er ausgesprochen wird.Auf eine Darstellung nach den Zeichen und Regeln der Lautschrift wurde dennoch verzichtet. Dies wäre dem genussvollen Lesen nicht zuträglich. Und es ist auch gar nicht notwendig: Um den Besonderheiten des gesprochenen Bairisch gewissenhaft Rechnung zu tragen, sind nur einige wenige Ergänzungen gegenüber dem Schriftdeutschen bzw. der heute weit verbreiteten, einen Tick zu simplen Schreibweise des bairischen Dialekts erforderlich. Berücksichtigt man diese Besonderheiten, so kann man die Sprüche und Redewendungen mit ein bisschen Übung – und eventuell der lautmalerischen Hilfe eines des bairischen Dialekts Mächtigen – so ablesen, wie sie der Bayer spricht. Im Einzelnen geht es dabei um folgende Spezialitäten:

Die verschiedenen Ausformungen von „a“ und „e“

In Bayern bekommen die Vokale „a“ und „e“ von den Sprechern des Dialekts gern einen ganz besonderen Klang verpasst.

Die verschiedenen Formen, die das gesprochene „a“ annehmen kann, schlagen sich im geschriebenen Text dieses Buchs auf folgende drei Arten nieder:

a = volles, offenes „a“

à = helles, breites „a“

Wie bei „kàffà“ (kaufen), „Bààm“ (Baum) oder – im Hochdeutschen – „Àktion“ oder „ovàl“.

å = dunkles, tief im Rachen angesetztes „a“

Ein Laut zwischen „a“ und „o“. In der Regel ist das „å“ ein lang gesprochener Laut, wie bei „båån“ (baden) oder „fåhn“ (fahren), ohne dass dies zwingend extra durch die Doppelung des Vokals angezeigt wird. Im Hochdeutschen gibt es diese Form („å“) nicht, allenfalls eine ähnlich klingende Variante des „o“, wie z. B. in „Ordnung“, „Orgel“ oder „Ort“.

Auch vom Buchstaben „e“ gibt es im Bairischen eine hell gesprochene Version:

è = helles, breites „e“

Wie bei „drèpfèn“ (tröpfeln).

Im Gegensatz zu den deutlich unterschiedlichen Formen des „a“ ist hier die Kennzeichnung nicht zwingend geboten, der Unterschied zwischen „e“ und „è“ ist nur gering. Sie erleichtert zwar grundsätzlich die Aussprache des jeweiligen bairischen Spruchs, sollte den Dialektunkundigen, der den Unterschied wahrscheinlich kaum hören wird, aber nicht irritieren.

Alle übrigen Vokale wie Konsonanten lassen sich mit den Buchstaben des hochdeutschen Alphabets problemlos darstellen. Oder anders ausgedrückt: Das bairische Alphabet umfasst zwei Buchstaben (Vokale) mehr als das hochdeutsche.

Besonderheiten bei „i“ und „e“: Assimilierung

Der Sprecher des Bairischen ist kein Anhänger der Konsonantenfolge bzw. des Lauts „ch“. Liest man bairische Texte, so wird ein „ich“ schnell zum „i“ verkürzt, ein „dich“ zum „di“ – siehe „Zupf di!“ (Verzieh dich!) – und aus dem „Rettich“ wird ein „Ràdi“.

Wie diese Beispiele zeigen, wird das „i“, auf das die übriggebliebene letzte Silbe endet, vorerst im Dialekt beibehalten. Nun tut sich der Bayer allerdings auch wesentlich leichter beim Aussprechen des lockeren, entspannt im Mund gebildeten „e“ als beim hohen, eher gepressten „i“. Nach Möglichkeit wird also das ursprüngliche oder durch eine Kürzung des hochdeutschen Worts zustande gekommene „i“ zum angenehmeren „e“ umgeformt – es wird assimiliert.

Für die obigen Beispiele „ich“ und „dich“ kann man festhalten: Nur wenn das bairische „i“ bzw. „di“ am Anfang eines Satzes steht oder extra betont wird, bleibt es beim „i“. Ansonsten wird durch Assimilierung ein „e“ daraus.

Konkret sieht das dann folgendermaßen aus:

Di håt d’ Sunnà gscheit dàwischt. (Dich hat die Sonne stark erwischt – mit Betonung des Angesprochenen: „Di“/„Dich“ steht am Anfang des Satzes.)

D’ Sunnà håt de gscheit dàwischt. (Die Sonne hat dich stark erwischt.) Oder:

I mächt dàvolàffà. (Ich möchte davonlaufen – der Sprecher betont, dass es genau er ist, der sich bald seinem Ärger Luft machen muss.) Dàvolàffà mächt e. (Davonlaufen möchte ich.)

Weitere Assimilierungen

Stoßen bei zwei aufeinander folgenden Worten an Ende und Anfang zwei gleiche Vokale aufeinander, dann geht dies dem Sprecher meist nicht leicht von der Zunge: die Häufung desselben Vokals stört. Deshalb wird im Bairischen dem Sprachfluss zuliebe häufig ein Konsonant dazwischen geschoben:

Wià-r-à gsengte Sau is à gfåhn. (Wie eine gesengte Sau ist er gefahren.)

Oder:

Jetz geht àn anderer Wind! (Jetzt geht ein anderer Wind!)

Auch zwei aneinander stoßende Konsonanten, die als Lautfolge nicht so recht miteinander harmonieren wollen, können zur Erleichterung der Aussprache angepasst werden:

„Die Farbe“, auf bairisch auch eigentlich „d’ Farb“, wird zu: b’ Farb.

Das kann manchmal dazu führen, dass der Artikel zumindest textlich ganz verloren geht:

„Die Bratwurst“, bairisch „d’ Bråtwurscht“, wird über „b’ Bråtwurscht“ schließlich zu: ’Bråtwurscht.

Zwei gleiche aufeinander folgende Konsonanten werden nur einmal gesprochen und daher in diesem Buch auch nur einmal geschrieben. Weitere Wortkürzungen, auf die meistens Assimilierungen folgen, gibt es bei den Endsilben „-ben“, „-den“ und „-gen“. Im Interesse der größtmöglichen Nähe zum bairischen Dialekt werden auch diese Wörter so geschrieben, wie man sie ausspricht, z. B.:

bleiben – bleim

werden – wern

Laden – Lån

wiegen – wiàng

Augen – Aung

Abschließend kann man hierzu sagen: Die Vereinfachung der Aussprache ist im Bairischen bei so manchem Wort der Grund für eine Veränderung der ursprünglichen Buchstabenfolge – so wird z. B. aus einem „zum“ regelmäßig ein leichter von der Zunge springendes „zon“.

Doppelte Verneinung

Die Doppelte Verneinung ist im Bairischen keine klassische rhetorische Stilfigur. Mit einer Litotes, der doppelten Verneinung, mit der eine Sache vorsichtig bejaht werden soll (Die haben hier nicht das schlechteste Essen), hat man als Sprecher des in der Regel sehr direkten Bairisch nicht viel am Hut. Typisch für den bairischen Dialekt soll vielmehr durch die Doppelung das eigentliche „Nein“ verstärkt werden:

Då mach mà heit koà Gschäft net.

Wörtlich „übersetzt“: Da machen wir heute kein Geschäft nicht. Gemeint ist, dass heute die Chancen für einen Handel aufgrund zu schlechter Konditionen des Handelspartners überhaupt nicht gut stehen, also: Da machen wir heute kein Geschäft.

Genitiv, Dativ oder Akkusativ

Im Bairischen kommt der Genitiv so gut wie gar nicht vor, auch der Dativ genießt keine Zuneigung und wird oft durch den Akkusativ ersetzt. Bei den Sprüchen und Redewendungen heißt es also häufig „den“ statt „dem“ usw. Der grammatikalischen Korrektheit wird bei der Übersetzung ins Schriftdeutsche natürlich wieder mit dem passenden Kasus Rechnung getragen.

Dehnungen

Lang, also gedehnt gesprochene Vokale oder Umlaute werden durch Doppelung des entsprechenden Vokals gekennzeichnet: schee (schön), Sååg (Sack).

„Fei“

In den Sprüchen wird man gelegentlich auf das Wort „fei“ stoßen. Diese Spezialität der bairischen Sprache wurde von den Bayern im Jahr 2004 sogar zum Lieblingswort gewählt, auch wenn die Herkunft von „fei“ nicht ganz geklärt ist. Die aussichtsreichsten Kandidaten für den Ursprung der kurzen Buchstabenfolge sind das lateinische „finis“ (Ende, Grenze), das französische „fin“ (Ende) und nicht zu vergessen auch das deutsche „fein“.

Die Möglichkeiten, „fei“ in einen Satz einfließen zu lassen, sind mannigfaltig und dabei kommen dem kleinen Wörtchen die unterschiedlichsten Bedeutungen zu: Je nachdem kann es als reine Verstärkung einer Aussage daherkommen, als Hinweis, Bitte, Betonung, Drohung, Verbot, Respektsbekundung – der Bayer bringt all das ökonomisch mit nur einer Silbe zum Ausdruck. Im Hochdeutschen hat man es weniger leicht, hier muss man auf die vielen vergleichsweise umständlichen Varianten von „fei“ zurückgreifen, z. B.: „damit du es ja weißt“, „auf jeden/keinen Fall“, „wirklich“, „sicher“, „aber“, „ja“.


Unser Glààm

Die katholische Religion

Der Tagesablauf der Bayern wurde früher sehr stark von der katholischen Religion bestimmt. Der Tag begann mit dem Betläuten, das die Leute zum Morgengebet rief, darauf folgte die tägliche Frühmesse in der Kirche, mittags das Zwölf-Uhr-Läuten und vor dem Essen das Tischgebet, ohne das keiner zu Messer und Gabel gegriffen hätte. Beschlossen wurde das Tagwerk wiederum mit dem abendlichen Betläuten. In der Stube und in den Schlafräumen hing neben der Tür in Griffhöhe ein Weihwasserkesserl, gefüllt mit vom Pfarrer gesegneten Weihwasser, das man sich aus der Kirche holte. Man begrüßte sich ebenso selbstverständlich wie gottesfürchtig mit „Griaß God“ (Grüß Gott) und verabschiedete sich mit „Pfià God“ (Behüt’ dich Gott). Wurde ein neuer Laib Brot angeschnitten, so machte die Bäuerin zuvor mit dem Messer ein Kreuzzeichen auf den Boden des Laibs. Man ging regelmäßig zur Beichte, wo man dem Pfarrer im Beichtstuhl seine Sünden vortrug, worauf einem dieser die Absolution erteilte und sich hoffentlich bei der Buße gnädig zeigte und nur ein paar Vaterunser zu beten aufgab.

Bis heute ist diese Allgegenwart des Religiösen fast überall sicht- und spürbar, in ländlichen Gegenden hat sich der Glaube auch noch durchaus einen ordentlichen Anteil am Alltag bewahrt. Selbst Ungläube lassen sich zu dem Spruch hinreißen: „Ich bin Atheist – Gott sei dank!“. Aus dieser großen Volksfrömmigkeit sind natürlich viele Sprüche und Redewendungen entstanden, und angesichts der einstigen Dominanz der Religion, besonders der katholischen, beginnen wir mit diesem Thema.


Der liebe Gott und sein Personal

Aus vielen Sprüchen zur Religion ist der Respekt und die Hochachtung vor Gott und seinen irdischen Vertretern ablesbar. Aber wenngleich die meisten Bayern doch tiefgläubige Menschen waren, so ließen daneben auch immer ein paar die gebotene Achtung und Demut vor theologischer Autorität vermissen. Es gab wohl zu jeder Zeit die Unglücklichen, die auf den Herrgott schimpften und sich mit despektierlichen Bemerkungen Luft machen mussten. Aber manchmal hilft eben nur ein herzhafter Fluch, um das seelische Gleichgewicht wieder ins Lot zu bringen.

Griàß God! – Pfià God! / Grüß Gott! – Behüt’ dich Gott!

Dies sind die beiden in Bayern üblichen Formulierungen für Begrüßung und Verabschiedung. Grüßt man eine ganze Gruppe von Personen, kann man auch „Griàßgobbeinand“ (Grüß Gott beieinander) anbringen. Ist man mit der zu grüßenden Person per Sie, so sagt man nicht „Griàß Sie God“ (Grüße Sie Gott), sondern „Griàß Eàhnà God“ (Grüße Ihnen Gott). Eine schlechte Nachricht kommentiert man mit „Ja pfiàt de God“ (Ja behüte dich Gott).

Vergöit’s God! – Seng’s God! / Vergelte es Gott! – Segne es Gott!

Anstelle des heutigen „Danke“ und „Bitte“ waren früher diese Worte üblich. Der Dank konnte auch verkürzt mit „Göit’s God” formuliert werden.

Höif dà God! – Dank dà God! / Helf dir Gott! – Dank dir Gott!

Musste jemand niesen, dann wünschte man ihm Gottes Hilfe, und der Niesende bedankte sich wiederum mit dem Wunsch, Gott möge seinem Gegenüber die Fürsorge danken. Auch hier gibt es die Kurzformen „Höif God!“ und „Dank God!“. Folgte gleich anschließend ein zweites Niesen, so konnte man den ursprünglichen guten Wunsch mit dem Zusatz „Dass’ wåhr is“ (Damit es wahr ist) erweitern. Angeblich kommt der Appell, Gott möge helfen, daher, dass Niesen als erstes Anzeichen für die Ansteckung mit der Pest galt. In diesem Fall konnte in früheren Zeiten wirklich nur Gott helfen und selbst der war mit seinem Beistand sehr zurückhaltend.

Woàß God wo. / Weiß Gott wo.

Bedeutet „irgendwo“ oder auch „von weit her“, von so weit her, dass nur Gott den Ort kennt, z.B.: „De hoin d’ Epfe öiwà woàß God wo“ (Die holen die Äpfel immer von weit her).

Um Gottes Himmès Wuin. / Um Gott des Himmels Willen.

Jessàsjessàsnà. / Jesus, Jesus, nein.

Jessàsmaria (und Josef). / Jesus Maria (und Josef).

Hier handelt es sich allesamt um Ausrufe der Überraschung, die selbstverständlich Gott und die Heilige Familie miteinbeziehen.

Àn Herrgod àn guàdn Mo sei lassn. / Den Herrgott einen guten Mann sein lassen.

Den Tag unbekümmert verbringen, es sich einfach gut gehen lassen, ohne darüber nachzudenken, ob dieses Verhalten auch im Sinne Gottes ist.

Himmevaddà schiàß, glåån is scho! / Himmelvater schieß, geladen ist schon!,

sagte man gern, wenn man sich besonders geärgert hatte, z.B. wenn einem Mitspieler beim Schafkopfen ein grober Fehler unterlaufen war.

Dà Himmevaddà schimpft. / Der Himmelvater schimpft.

So erklärte man Kindern die Ursache des Donners. Eine andere Erklärung war:

Dà Petrus duàt kegelscheim. / Der Petrus tut kegelscheiben (kegeln).

So wie Kegelfiguren mit viel Getöse von der Kugel umgeworfen werden, donnerte es in den Wolken, wenn der heilige Petrus – der ja gern als himmlischer Wettermacher angerufen wird – dort oben mit dem Spiel beschäftigt war.

Jetz håt de dà Himmevaddà gstraft. / Jetzt hat dich der Himmelvater bestraft.

Hatte sich jemand ungebührlich benommen und kurz darauf durch eigenes Verschulden verletzt, musste er sich dazu noch anhören, diese Strafe zu Recht von höchster Stelle erhalten zu haben. Sehr häufig fand der Spruch Anwendung, wenn jemand bei handwerklicher Arbeit geflucht und sich anschließend weh getan, sich z.B. mit dem Hammer auf den Daumen geschlagen hatte.

Alloà is àn Himmè drin net schè. / Alleine ist es im Himmel drinnen nicht schön.

Der Mensch braucht die Geselligkeit, andernfalls ist es sogar im Himmel, dem Inbegriff des Glücks, langweilig.

Für jedes Häslein wächst ein Gräslein,

pflegten die geistlichen Herren zu sagen, wann immer sie den göttlichen Wunsch nach einer großen Kinderschar predigten, ihre Schäflein aber darüber klagten, dass sie diese mit ihrem kargen Einkommen nicht ernähren konnten. Zu Recht erhielten die Pfarrer darauf die Antwort:

I konn aber meine Kinder net zum Gråsn nausschickà. / Ich kann aber meine Kinder nicht zum Grasen hinausschicken.

Wià dà Pfarrer um Kirchà rumgeht. / Wie der Pfarrer um die Kirche herumgeht.

Mit diesen Worten erklärte man, was der Begriff „Im Uhrzeigersinn“ bedeutet. Früher war es üblich, dass der Pfarrer vor dem sonntäglichen Hauptgottesdienst zusammen mit einem Ministranten im Uhrzeigersinn die Kirche umrundete, Kirche und Friedhof segnete und dabei mit Weihwasser besprengte.

Der håt sein Jàhrling wieder beinander. / Der hat seinen Jährling wieder zusammen.

Der war in den letzten 12 Monaten nicht bei der Beichte. Beim „Jàhrling“ handelt es sich um die Summe der Sünden, die in der Zeit zwischen dem letzten und aktuellen Osterfest aufgelaufen sind und für die der Betroffene vom Pfarrer keine Vergebung (Absolution) erhalten hat, weil er nicht zur Beichte gegangen ist. Hintergrund davon ist eine Vorschrift der katholischen Kirche, nach der man regelmäßig, mindestens aber ein Mal im Jahr (dann möglichst an Ostern) beichten, also seine Sünden dem Pfarrer im Beichtstuhl bekennen sollte. Hatte dieser einen dann von seinem Sündenballast losgesprochen, konnte man wieder „mit reiner Seele“ die Heilige Kommunion empfangen. Wer dabei die volle Jahresfrist ausschöpfte, seinen „Jàhrling“ also beieinander hatte, musste sowohl vom Pfarrer als auch von Seiten der gläubigen Mitmenschen mit kritischen Kommentaren rechnen.

Då dàt e mir ja Sünden fürchten. / Da würde ich mich ja davor fürchten, eine Sünde zu begehen.

Hiermit wird bekräftigt, dass man etwas Bestimmtes wegen der damit verbundenen Sünde auf keinen Fall tun würde.

Für àn Briminzsegn làfft mà se scho à båår Stiefesoin durch. / Für einen Primizsegen läuft man sich schon ein paar Stiefelsohlen durch.

Die Primiz ist die erste Heilige Messe, die ein katholischer Geistlicher nach seiner Priesterweihe feiert – und zwar in seinem Heimatort. Zu einer solchen Feier kamen die Gläubigen von nah und fern, oft auch zu Fuß, sodass es durchaus vorkommen konnte, dass sie auf dem langen Weg ihre Schuhsohlen durchscheuerten und diese nach ihrer Rückkehr vom Schuster erneuert werden mussten. Dies nahmen die Gläubigen aber gerne in Kauf, weil man dem Primizsegen, also dem Segen eines frisch geweihten Priesters, eine ganz besondere Kraft zuschrieb. Dem dürfte die Überlegung und auch die Erfahrung zu Grunde liegen, dass junge Männer noch voll in Kraft und Saft stehen, was man auch dem jeweiligen jungen, unverbrauchten Priester zutraute.

Heiliger Antonius, kreizguàdà Mo, wo håw e denn bloß mein Hausschlissl hi do? / Heiliger Antonius, kreuzguter Mann, wo hab ich denn bloß meinen Hausschlüssel hingetan?

Dieses gereimte „Stoßgebet“ betete man, wenn man einen Gegenstand, z.B. den Hausschlüssel, vergeblich suchte. Da es dazu den treffenden Grundsatz „’s Haus verliert nix“ (Das Haus verliert nichts) gibt, hat der Heilige Antonius auch tatsächlich meistens geholfen, den gesuchten Gegenstand wiederzufinden.

Den ham s’ katholisch gmacht! / Den haben sie katholisch gemacht!

Der wurde auf den „rechten Weg“ gebracht. Der Spruch stammt aus der Zeit nach der Reformation Martin Luthers, als sich manche Gebiete in Deutschland der neuen protestantischen Lehre anschlossen, aber von den Konservativen mit Gewalt wieder zur Rückkehr zum katholischen Glauben gezwungen, also „katholisch gemacht“ wurden.

Um à schlågàde Kuah und à bätàds Wei muàß mà an groußen Boong machà. / Um eine schlagende Kuh und ein bigottes Weib muss man einen großen Bogen machen.

Einen großen Bogen muss man um alles machen, was gefährlich ist. Dies trifft auf eine Kuh, die nach einem tritt, ebenso zu wie auf eine bigotte Frau. Bei dieser besteht zwar nicht die Gefahr, dass sie ausschlägt, aber auf Grund ihrer Scheinheiligkeit und übertriebenen Frömmelei kann auch sie nicht gut für die Gesundheit sein.

Wenn s’ ålle neigàngàdn, na dààn s’ net neigeh, aber weil s’ net ålle neigengà, drum gengà s’ leicht nei. / Würden sie alle hineingehen, dann würden sie nicht hineinpassen, aber weil nicht alle hineingehen, passen sie leicht hinein.

Der Spruch bezieht sich auf die Kapazität der bayerischen Kirchen und bedeutet: Wenn alle Katholiken im Dorf in die Sonntagsmesse gehen würden, dann würden sie nicht in die Kirche hineinpassen, nachdem aber nicht alle in die Sonntagsmesse gehen, passen sie problemlos hinein.

Oàn gottzign Schwàmmerl hammà gfundn. / Einen einzigen Pilz haben wir gefunden.

Im Christentum gibt es wie in jeder monotheistischen Religion nur einen Gott, einen einzigen. Deshalb gilt im Bairischen „gottzig“ als Synonym für „einzig“.

’S Kreiz mach e, wenn … / Das Kreuzzeichen werde ich machen, wenn …

Am Schluss einer liturgischen Handlung oder nach dem Besuch eines Grabes bekreuzigen sich die Katholiken. Damit wird zum Ausdruck gebracht, dass diese Prozedur abgeschlossen ist. Der Spruch wird meist aber im übertragenen Sinn verwendet und bedeutet dann, dass man sehr erleichtert sein wird, sobald ein bestimmtes Ereignis eingetreten bzw. überstanden und man dann von einer großen Last befreit sein wird. B.: „’S Kreiz mach e, wenn der Buà sei Prüfung bstandn håt.“ (Ich werde das Kreuzzeichen machen, wenn mein Sohn seine Prüfung bestanden hat).

Auch Flüche sind Sprüche

Die in Bayern gebräuchlichen Flüche bestehen vor allem aus den „heiligen“ Wörtern Herrgott, Himmel, Sakrament, Kreuz, Kruzifix und Alleluja, wobei der Deife (Teufel) auch nicht fehlen darf und alle diese Begriffe einzeln verwendet oder in beliebigen Kombinationen zum Fluch der Wahl zusammengesetzt werden dürfen:

HimmeHerrgottSakrament, KreizKruzifix, KruzifixSakrament, Kreiz-KrutzifixSakrament, KrutzifixHerrgottSakrament, KreizHimmeHerrgott, KreizDeife

Auch Verbindungen mit einem verstärkenden Präfix sind möglich, z.B.:

Bluàdssakrament

Oder vor- bzw. nachgestellte Verbindungen mit beliebigen zur Situation passenden Substantiven, siehe:

Sakramentsweiber, Kruzifixgschwerl

„Gschwerl“ ist eine Bezeichnung für Gesindel.

Zum Teil werden die „heiligen“ Wörter auch abgewandelt und somit abgeschwächt, um einen Verstoß gegen das kirchliche Fluchverbot zu umgehen, z.B.:

Hàggodsà, Herrgottsà, Kruzifünferl, Kruzitürkn (der gefürchteten Türken wegen), Kruzinäsn (der gefürchteten Chinesen wegen), Kruziment, Sàcklzement, Zàppràdi, Zàggràdi, Sàggràdi, Sàppràwoid, Sàxndi, Zefix

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Yaş sınırı:
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Litres'teki yayın tarihi:
22 aralık 2023
Hacim:
263 s. 22 illüstrasyon
ISBN:
9783862221691
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