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Kitabı oku: «Reineke Fuchs», sayfa 3

Yazı tipi:

Vierter Gesang

 
  Als man bei Hofe vernahm, es komme Reineke wirklich,
  Drängte sich jeder heraus, ihn zu sehn, die Großen und Kleinen,
  Wenige freundlich gesinnt, fast alle hatten zu klagen.
  Aber Reineken deuchte, das sei von keiner Bedeutung;
  Wenigstens stellt' er sich so, da er mit Grimbart, dem Dachse,
  Jetzo dreist und zierlich die hohe Straße daherging.
  Mutig kam er heran und gelassen, als wär er des Königs
 
 
  Eigener Sohn und frei und ledig von allen Gebrechen.
  Ja, so trat er vor Nobel, den König, und stand im Palaste
  Mitten unter den Herren; er wußte sich ruhig zu stellen.
  Edler König, gnädiger Herr! begann er zu sprechen:
  Edel seid Ihr und groß, von Ehren und Würden der Erste;
  Darum bitt ich von Euch, mich heute rechtlich zu hören.
  Keinen treueren Diener hat Eure fürstliche Gnade
  Je gefunden als mich, das darf ich kühnlich behaupten.
  Viele weiß ich am Hofe, die mich darüber verfolgen.
  Eure Freundschaft würd ich verlieren, woferne die Lügen
  Meiner Feinde, wie sie es wünschen, Euch glaublich erschienen;
  Aber glücklicherweise bedenkt Ihr jeglichen Vortrag,
  Hört den Beklagten so gut als den Kläger; und haben sie vieles
  Mir im Rücken gelogen, so bleib ich ruhig und denke:
  Meine Treue kennt Ihr genug, sie bringt mir Verfolgung.
 
 
  Schweiget! versetzte der König: es hilft kein Schwätzen und Schmeicheln,
  Euer Frevel ist laut, und Euch erwartet die Strafe.
  Habt Ihr den Frieden gehalten, den ich den Tieren geboten?
  Den ich geschworen? Da steht der Hahn! Ihr habt ihm die Kinder,
  Falscher, leidiger Dieb! eins nach dem andern entrissen.
  Und wie lieb Ihr mich habt, das wollt Ihr, glaub ich, beweisen,
  Wenn Ihr mein Ansehn schmäht und meine Diener beschädigt.
  Seine Gesundheit verlor der arme Hinze! Wie langsam
  Wird der verwundete Braun von seinen Schmerzen genesen!
  Aber ich schelt Euch nicht weiter. Denn hier sind Kläger die Menge,
  Viele bewiesene Taten. Ihr möchtet schwerlich entkommen.
 
 
  Bin ich, gnädiger Herr, deswegen strafbar? versetzte
  Reineke: kann ich davor, wenn Braun mit blutiger Platte
  Wieder zurückkehrt? Wagt' er sich doch und wollte vermessen
  Rüsteviels Honig verzehren; und kamen die tölpischen Bauern
  Ihm zu Leibe, so ist er ja stark und mächtig an Gliedern;
  Schlugen und schimpften sie ihn, eh er ins Wasser gekommen,
  Hätt er als rüstiger Mann die Schande billig gerochen.
  Und wenn Hinze, der Kater, den ich mit Ehren empfangen,
  Nach Vermögen bewirtet, sich nicht vom Stehlen enthalten,
  In die Wohnung des Pfaffen, so sehr ich ihn treulich verwarnte,
  Sich bei Nacht geschlichen und dort was übels erfahren:
  Hab ich Strafe verdient, weil jene töricht gehandelt?
  Eurer fürstlichen Krone geschähe das wahrlich zu nahe!
  Doch Ihr möget mit mir nach Eurem Willen verfahren,
  Und, so klar auch die Sache sich zeigt, beliebig verfügen:
  Mag es zum Nutzen, mag es zum Schaden auch immer gereichen.
  Soll ich gesotten, gebraten, geblendet oder gehangen
  Werden oder geköpft, so mag es eben geschehen!
  Alle sind wir in Eurer Gewalt, Ihr habt uns in Händen.
  Mächtig seid Ihr und stark, was widerstände der Schwache?
  Wollt Ihr mich töten, das würde fürwahr ein geringer Gewinn sein.
  Doch es komme, was will; ich stehe redlich zu Rechte.
 
 
  Da begann der Widder Bellyn: Die Zeit ist gekommen,
  Laßt uns klagen! Und Isegrim kam mit seinen Verwandten,
  Hinze, der Kater, und Braun, der Bär, und Tiere zu Scharen.
  Auch der Esel Boldewyn kam und Lampe, der Hase,
  Wackerlos kam, das Hündchen, und Ryn, die Dogge, die Ziege
  Metke, Hermen, der Bock, dazu das Eichhorn, die Wiesel
  Und das Hermelin. Auch waren der Ochs und das Pferd nicht
  Außen geblieben; daneben ersah man die Tiere der Wildnis,
  Als den Hirsch und das Reh und Bokert, den Biber, den Marder,
  Das Kaninchen, den Eber, und alle drängten einander.
  Bartolt, der Storch, und Markart, der Häher, und Lütke, der Kranich,
  Flogen herüber; es meldeten sich auch Tybbke, die Ente,
  Alheid, die Gans, und andere mehr mit ihren Beschwerden.
  Henning, der traurige Hahn, mit seinen wenigen Kindern
  Klagte heftig; es kamen herbei unzählige Vögel
  Und der Tiere so viel, wer wüßte die Menge zu nennen!
  Alle gingen dem Fuchs zu Leibe, sie hofften, die Frevel
  Nun zur Sprache zu bringen und seine Strafe zu sehen.
  Vor den König drängten sie sich mit heftigen Reden,
  Häuften Klagen auf Klagen, und alt und neue Geschichten
  Brachten sie vor. Man hatte noch nie an Einem Gerichtstag
  Vor des Königes Thron so viele Beschwerden gehöret.
  Reineke stand und wußte darauf gar künstlich zu dienen:
  Denn ergriff er das Wort, so floß die zierliche Rede
  Seiner Entschuldigung her, als wäre es lautere Wahrheit;
  Alles wußt er beiseite zu lehnen und alles zu stellen.
  Hörte man ihn, man wunderte sich und glaubt' ihn entschuldigt,
  Ja, er hatte noch übriges Recht und vieles zu klagen.
  Aber es standen zuletzt wahrhaftige redliche Männer
  Gegen Reineken auf, die wider ihn zeugten, und alle
  Seine Frevel fanden sich klar. Nun war es geschehen!
  Denn im Rate des Königs mit Einer Stimme beschloß man:
  Reineke Fuchs sei schuldig des Todes! So soll man ihn fahen,
  Soll ihn binden und hängen an seinem Halse, damit er
  Seine schweren Verbrechen mit schmählichem Tode verbüße.
 
 
  Jetzt gab Reineke selbst das Spiel verloren; es hatten
  Seine klugen Worte nur wenig geholfen. Der König
  Sprach das Urteil selber. Da schwebte dem losen Verbrecher,
  Als sie ihn fingen und banden, sein klägliches Ende vor Augen.
 
 
  Wie nun nach Urteil und Recht gebunden Reineke dastand,
  Seine Feinde sich regten, zum Tod ihn eilend zu führen,
  Standen die Freunde betroffen und waren schmerzlich bekümmert,
  Martin, der Affe, mit Grimbart und vielen aus Reinekens Sippschaft.
  Ungern hörten sie an das Urteil und trauerten alle
  Mehr, als man dächte. Denn Reineke war der ersten Baronen
  Einer und stand nun entsetzt von allen Ehren und Würden
  Und zum schmählichen Tode verdammt. Wie mußte der Anblick
  Seine Verwandten empören! Sie nahmen alle zusammen
  Urlaub vom Könige, räumten den Hof, so viele sie waren.
  Aber dem Könige ward es verdrießlich, daß ihn so viele
  Ritter verließen. Es zeigte sich nun die Menge Verwandten,
  Die sich, mit Reinekens Tod sehr unzufrieden, entfernten.
  Und der König sprach zu einem seiner Vertrauten:
  Freilich ist Reineke boshaft, allein man sollte bedenken,
  Viele seiner Verwandten sind nicht zu entbehren am Hofe.
 
 
  Aber Isegrim, Braun und Hinze, der Kater, sie waren
  Um den Gebundnen geschäftig, sie wollten die schändliche Strafe,
  Wie es der König gebot, an ihrem Feinde vollziehen,
  Führten ihn hastig hinaus und sahen den Galgen von ferne.
  Da begann der Kater erbost zum Wolfe zu sprechen:
  Nun bedenket, Herr Isegrim, wohl, wie Reineke damals
  Alles tat und betrieb, wie seinem Hasse gelungen,
  Euren Bruder am Galgen zu sehn. Wie zog er so fröhlich
  Mit ihm hinaus! Versäumet ihm nicht die Schuld zu bezahlen.
  Und gedenket, Herr Braun, er hat Euch schändlich verraten,
  Euch in Rüsteviels Hofe dem groben, zornigen Volke,
  Männern und Weibern, treulos geliefert und Schlägen und Wunden
  Und der Schande dazu, die allerorten bekannt ist.
  Habet acht und haltet zusammen! Entkäm er uns heute,
  Könnte sein Witz ihn befrein und seine listigen Ränke,
  Niemals würd uns die Stunde der süßen Rache beschert sein.
  Laßt uns eilen und rächen, was er an allen verschuldet.
 
 
  Isegrim sprach: Was helfen die Worte? Geschwinde verschafft mir
  Einen tüchtigen Strick; wir wollen die Qual ihm verkürzen.
  Also sprachen sie wider den Fuchs und zogen die Straße.
 
 
  Aber Reineke hörte sie schweigend; doch endlich begann er:
  Da ihr so grausam mich haßt und tödliche Rache begehret,
  Wisset Ihr doch keine Ende zu finden! Wie muß ich mich wundern!
  Hinze wüßte wohl Rat zu einem tüchtigen Stricke:
  Denn er hat ihn geprüft, als in des Pfaffen Behausung
  Er sich nach Mäusen hinabließ und nicht mit Ehren davonkam.
  Aber Isegrim, Ihr, und Braun, ihr eilt ja gewaltig,
  Euren Oheim zum Tode zu bringen; ihr meint, es gelänge.
 
 
  Und der König erhob sich mit allen Herren des Hofes,
  Um das Urteil vollstrecken zu sehn; es schloß an den Zug sich
  Auch die Königin an, von ihren Frauen begleitet;
  Hinter ihnen strömte die Menge der Armen und Reichen,
  Alle wünschten Reinekens Tod und wollten ihn sehen.
  Isegrim sprach indes mit seinen Verwandten und Freunden
  Und ermahnete sie, ja, fest aneinander geschlossen,
  Auf den gebundenen Fuchs ein wachsam Auge zu haben;
  Denn sie fürchteten immer, es möchte der Kluge sich retten.
  Seinem Weibe befahl der Wolf besonders: Bei deinem
  Leben! siehe mir zu und hilf den Bösewicht halten.
  Käm er los, wir würden es alle gar schmählich empfinden.
  Und zu Braunen sagt' er: Gedenket, wie er Euch höhnte;
  Alles könnt Ihr ihm nun mit reichlichen Zinsen bezahlen.
  Hinze klettert und soll uns den Strick da oben befesten;
  Haltet ihn und stehet mir bei, ich rücke die Leiter,
  Wenig Minuten, so solls um diesen Schelmen getan sein!
  Braun versetzte: Stellt nur die Leiter, ich will ihn schon halten.
 
 
  Seht doch! sagte Reineke drauf: wie seid ihr geschäftig,
  Euren Oheim zum Tode zu bringen! Ihr solltet ihn eher
  Schützen und schirmen und, wär er in Not, euch seiner erbarmen.
  Gerne bät ich um Gnade, allein was könnt es mir helfen?
  Isegrim haßt mich zu sehr, ja seinem Weibe gebeut er,
  Mich zu halten und mir den Weg zur Flucht zu vertreten.
  Dächte sie voriger Zeiten, sie könnte mir wahrlich nicht schaden.
  Aber soll es nun über mich gehn, so wollt ich, es wäre
  Bald getan. So kam auch mein Vater in schreckliche Nöten,
  Doch am Ende ging es geschwind. Es begleiteten freilich
  Nicht so viele den sterbenden Mann. Doch wolltet ihr länger
  Mich verschonen, es müßt euch gewiß zur Schande gereichen.
  Hört ihr, sagte der Bär: wie trotzig der Bösewicht redet?
  Immer, immer hinauf! es ist sein Ende gekommen.
 
 
  Ängstlich dachte Reineke nun: O möcht ich in diesen
  Großen Nöten geschwind was glücklich Neues ersinnen,
  Daß der König mir gnädig das Leben schenkte und diese
  Grimmigen Feinde, die drei, in Schaden und Schande gerieten!
  Laßt uns alles bedenken, und helfe, was helfen kann! denn hier
  Gilt es den Hals, die Not ist dringend, wie soll ich entkommen?
  Alles übel häuft sich auf mich. Es zürnet der König,
  Meine Freunde sind fort und meine Feinde gewaltig;
  Selten hab ich was Gutes getan, die Stärke des Königs,
  Seiner Räte Verstand wahrhaftig wenig geachtet;
  Vieles hab ich verschuldet und hoffte dennoch, mein Unglück
  Wieder zu wenden. Gelänge mirs nur, zum Worte zu kommen,
  Wahrlich, sie hingen mich nicht; ich lasse die Hoffnung nicht fahren.
 
 
  Und er wandte darauf sich von der Leiter zum Volke,
  Rief: Ich sehe den Tod vor meinen Augen und werd ihm
  Nicht entgehen. Nur bitt ich euch alle, so viele mich hören,
  Um ein weniges nur, bevor ich die Erde verlasse.
  Gerne möcht ich vor euch in aller Wahrheit die Beichte
  Noch zum letztenmal öffentlich sprechen und redlich bekennen
  Alles übel, das ich getan, damit nicht ein andrer
  Etwa dieses oder jenes von mir im stillen begangnen,
  Unbekannten Verbrechens dereinst bezichtiget werde;
  So verhüt ich zuletzt noch manches übel, und hoffen
  Kann ich, es werde mirs Gott in allen Gnaden gedenken.
 
 
  Viele jammerte das. Sie sprachen untereinander:
  Klein ist die Bitte, gering nur die Frist! Sie baten den König,
  Und der König vergönnt' es. Da wurd es Reineken wieder
  Etwas leichter ums Herz, er hoffte glücklichen Ausgang;
  Gleich benutzt' er den Raum, der ihm gegönnt war, und sagte:
 
 
  Spiritus Domini helfe mir nun! Ich sehe nicht Einen
  Unter der großen Versammlung, den ich nicht irgend beschädigt.
  Erst, ich war noch ein kleiner Kompan und hatte die Brüste
  Kaum zu saugen verlernt, da folgt ich meinen Begierden
  Unter die jungen Lämmer und Ziegen, die neben der Herde
  Sich im Freien zerstreuten; ich hörte die blökenden Stimmen
  Gar zu gerne, da lüstete mich nach leckerer Speise.
  Lernte hurtig sie kennen. Ein Lämmchen biß ich zu Tode,
  Leckte das Blut, es schmeckte mir köstlich! und tötete weiter
  Vier der jüngsten Ziegen und aß sie, und übte mich ferner;
  Sparte keine Vögel, noch Hühner, noch Enten, noch Gänse,
  Wo ich sie fand, und habe gar manches im Sande vergraben,
  Was ich geschlachtet und was mir nicht alles zu essen beliebte.
 
 
  Dann begegnet' es mir: in einem Winter am Rheine
  Lernt ich Isegrim kennen, er lauerte hinter den Bäumen.
  Gleich versichert' er mir, ich sei aus seinem Geschlechte,
  Ja, er wußte mir gar die Grade der Sippschaft am Finger
  Vorzurechnen. Ich ließ mirs gefallen; wir schlossen ein Bündnis
  Und gelobten einander, als treue Gesellen zu wandern,
  Leider sollt ich dadurch mir manches übel bereiten.
  Wir durchstrichen zusammen das Land. Da stahl er das Große,
  Stahl ich das Kleine. Was wir gewonnen, das sollte gemein sein;
  Aber es war nicht gemein, wie billig: er teilte nach Willkür;
  Niemals empfing ich die Hälfte. Ja, Schlimmeres hab ich erfahren.
  Wenn er ein Kalb sich geraubt, sich einen Widder erbeutet,
  Wenn ich im überfluß sitzen ihn fand, er eben die Ziege,
  Frisch geschlachtet, verzehrte, ein Bock ihm unter den Klauen
  Lag und zappelte, grinst' er mich an und stellte sich grämlich,
  Trieb mich knurrend hinweg: so war mein Teil ihm geblieben.
  Immer ging es mir so, es mochte der Braten so groß sein,
  Als er wollte. Ja, wenn es geschah, daß wir in Gesellschaft
  Einen Ochsen gefangen, wir eine Kuh uns gewonnen,
  Gleich erschienen sein Weib und sieben Kinder und warfen
  Über die Beute sich her und drängten mich hinter die Mahlzeit.
  Keine Rippe konnt ich erlangen, sie wäre denn gänzlich
  Glatt und trocken genagt; das sollte mir alles gefallen!
  Aber, Gott sei gedankt, ich litt deswegen nicht Hunger;
  Heimlich nährt ich mich wohl von meinem herrlichen Schatze,
  Von dem Silber und Golde, das ich an sicherer Stätte
  Heimlich verwahre; des hab ich genug. Es schafft mir wahrhaftig
  Ihn kein Wagen hinweg, und wenn er siebenmal führe.
 
 
  Und es horchte der König, da von dem Schatze gesagt ward,
  Neigte sich vor und sprach: Von wannen ist er Euch kommen?
  Saget an! ich meine den Schatz. Und Reineke sagte:
  Dieses Geheimnis verhehl ich Euch nicht, was könnt es mir helfen?
  Denn ich nehme nichts mit von diesen köstlichen Dingen.
  Aber wie Ihr befehlt, will ich Euch alles erzählen,
  Denn es muß nun einmal heraus; um Liebes und Leides
  Möcht ich wahrhaftig das große Geheimnis nicht länger verhehlen:
  Denn der Schatz war gestohlen. Es hatten sich viele verschworen,
  Euch, Herr König, zu morden, und wurde zur selbigen Stunde
  Nicht der Schatz mit Klugheit entwendet, so war es geschehen.
  Merket es, gnädiger Herr! denn Euer Leben und Wohlfahrt
  Hing an dem Schatz. Und daß man ihn stahl, das brachte denn leider
  Meinen eigenen Vater in große Nöten, es bracht ihn
  Frühe zur traurigen Fahrt, vielleicht zu ewigem Schaden;
  Aber, gnädiger Herr, zu Eurem Nutzen geschah es!
 
 
  Und die Königin hörte bestürzt die gräßliche Rede,
  Das verworrne Geheimnis von ihres Gemahles Ermordung,
  Von dem Verrat, vom Schatz, und was er alles gesprochen.
  Ich vermahn Euch, Reineke, rief sie: bedenket! Die lange
  Heimfahrt steht Euch bevor, entladet reuig die Seele;
  Saget die lautere Wahrheit und redet mir deutlich vom Morde.
  Und der König setzte hinzu: ein jeglicher schweige!
  Reineke komme nun wieder herab und trete mir näher;
  Denn es betrifft die Sache mich selbst, damit ich sie höre.
 
 
  Reineke, der es vernahm, stand wieder getröstet, die Leiter
  Stieg er zum großen Verdruß der Feindlichgesinnten herunter;
  Und er nahte sich gleich dem König und seiner Gemahlin,
  Die ihn eifrig befragten, wie diese Geschichte begegnet.
 
 
  Da bereitet' er sich zu neuen gewaltigen Lügen.
  Könnt ich des Königes Huld und seiner Gemahlin, so dacht er,
  Wiedergewinnen, und könnte zugleich die List mir gelingen,
  Daß ich die Feinde, die mich dem Tod entgegengeführet,
  Selbst verdürbe, das rettete mich aus allen Gefahren.
  Sicher wäre mir das ein unerwarteter Vorteil;
  Aber ich sehe schon, Lügen bedarf es und über die Maßen.
 
 
  Ungeduldig befragte die Königin Reineken weiter:
  Lasset uns deutlich vernehmen, wie diese Sache beschaffen!
  Saget die Wahrheit, bedenkt das Gewissen, entladet die Seele!
 
 
  Reineke sagte darauf. Ich will Euch gerne berichten.
  Sterben muß ich nun wohl; es ist kein Mittel dagegen.
  Sollt ich meine Seele beladen am Ende des Lebens,
  Ewige Strafe verwirken, es wäre töricht gehandelt.
  Besser ist es, daß ich bekenne; und muß ich dann leider
  Meine lieben Verwandten und meine Freunde verklagen,
  Ach, was kann ich dafür! es drohen die Qualen der Hölle.
 
 
  Und es war dem Könige schon bei diesen Gesprächen
  Schwer geworden ums Herz. Er sagte: Sprichst du die Wahrheit?
  Da versetzte Reineke drauf mit verstellter Gebärde:
  Freilich bin ich ein sündiger Mensch; doch red ich die Wahrheit.
  Könnt es mir nutzen, wenn ich Euch löge! Da würd ich mich selber
  Ewig verdammen. Ihr wißt ja nun wohl, so ist es beschlossen:
  Sterben muß ich, ich sehe den Tod und werde nicht lügen;
  Denn es kann mir nicht Böses noch Gutes zur Hilfe gedeihen.
  Bebend sagte Reineke das und schien zu verzagen.
 
 
  Und die Königin sprach: Mich jammert seine Beklemmung;
  Sehet ihn gnadenreich an, ich bitt Euch, mein Herr! und erwäget:
  Manches Unheil wenden wir ab nach seinem Bekenntnis.
  Laßt uns je eher je lieber den Grund der Geschichte vernehmen.
  Heißet jeglichen schweigen und laßt ihn öffentlich sprechen.
 
 
  Und der König gebot, da schwieg die ganze Versammlung.
  Aber Reineke sprach: Beliebt es Euch, gnädiger König,
  So vernehmet, was ich Euch sage. Geschieht auch mein Vortrag
  Ohne Brief und Papier, so soll er doch treu und genau sein;
  Ihr erfahrt die Verschwörung, und niemands denk ich zu schonen.
 

Fünfter Gesang

 
  Nun vernehmet die List, und wie der Fuchs sich gewendet,
  Seine Frevel wieder zu decken und andern zu schaden.
  Bodenlose Lügen ersann er, beschimpfte den Vater
  Jenseit der Grube, beschwerte den Dachs mit großer Verleumdung,
  Seinen redlichsten Freund, der ihm beständig gedienet.
  So erlaubt' er sich alles, damit er seiner Erzählung
  Glauben schaffte, damit er an seinen Verklägern sich rächte.
 
 
  Mein Herr Vater, sagt' er darauf, war so glücklich gewesen,
  König Emmrichs, des Mächtigen, Schatz auf verborgenen Wegen
  Einst zu entdecken; doch bracht ihm der Fund gar wenigen Nutzen.
  Denn er überhub sich des großen Vermögens und schätzte
  Seinesgleichen von nun an nicht mehr, und seine Gesellen
  Achtet' er viel zu gering: er suchte sich höhere Freunde.
  Hinze, den Kater, sendet' er ab in die wilden Ardennen,
  Braun, den Bären, zu suchen, dem sollt er Treue versprechen,
  Sollt ihn laden, nach Flandern zu kommen und König zu werden.
 
 
  Als nun Braun das Schreiben gelesen, erfreut' es ihn herzlich;
  Unverdrossen und kühn begab er sich eilig nach Flandern,
  Denn er hatte schon lange so was in Gedanken getragen.
  Meinen Vater fand er daselbst, der sah ihn mit Freuden,
  Sendete gleich nach Isegrim aus und nach Grimbart, dem Weisen,
  Und die vier verhandelten dann die Sache zusammen;
  Doch der fünfte dabei war Hinze, der Kater. Ein Dörfchen
  Liegt allda, wird Ifte genannt, und grade da war es,
  Zwischen Ifte und Gent, wo sie zusammen gehandelt.
  Eine lange, düstere Nacht verbarg die Versammlung;
  Nicht mit Gott! es hatte der Teufel, es hatte mein Vater
  Sie in seiner Gewalt mit seinem leidigen Golde.
  Sie beschlossen des Königes Tod, beschworen zusammen
  Festen, ewigen Bund, und also schwuren die fünfe
  Sämtlich auf Isegrims Haupt: sie wollten Braunen, den Bären,
  Sich zum Könige wählen und auf dem Stuhle zu Aachen
  Mit der goldenen Krone das Reich ihm festlich versichern.
  Wollte nun auch von des Königes Freunden und seinen Verwandten
  Jemand dagegen sich setzen, den sollte mein Vater bereden
  Oder bestechen, und ginge das nicht, sogleich ihn verjagen.
  Das bekam ich zu wissen: denn Grimbart hatte sich einmal
  Morgens lustig getrunken und war gesprächig geworden;
  Seinem Weibe verschwätzte der Tor die Heimlichkeit alle,
  Legte Schweigen ihr auf; da, glaubt' er, wäre geholfen.
  Sie begegnete drauf bald meinem Weibe, die mußt ihr
  Der drei Könige Namen zum feierlichen Gelübde
  Nennen, Ehr und Treue verpfänden, um Liebes und Leides
  Niemand ein Wörtchen zu sagen, und so entdeckt' sie ihr alles.
  Ebensowenig hat auch mein Weib das Versprechen gehalten:
  Denn sobald sie mich fand, erzählte sie, was sie vernommen,
  Gab mir ein Merkmal dazu, woran ich die Wahrheit der Rede
  Leicht erkennte; doch war mir dadurch nur schlimmer geschehen.
  Ich erinnerte mich der Frösche, deren Gequake
  Bis zu den Ohren des Herrn im Himmel endlich gelangte.
  Einen König wollten sie haben und wollten im Zwange
  Leben, nachdem sie der Freiheit in allen Landen genossen.
  Da erhörte sie Gott und sandte den Storch, der beständig
  Sie verfolget und haßt und keinen Frieden gewähret.
  Ohne Gnade behandelt er sie; nun klagen die Toren,
  Aber leider zu spät: denn nun bezwingt sie der König.
  Reineke redete laut zur ganzen Versammlung, es hörten
  Alle Tiere sein Wort, und so verfolgt' er die Rede:
  Seht, für alle fürchtet ich das. So wär es geworden.
  Herr, ich sorgte für Euch und hoffte beßre Belohnung.
  Braunens Ränke sind mir bekannt, sein tückisches Wesen,
  Manche Missetat auch von ihm; ich besorgte das Schlimmste.
  Würd er Herr, so wären wir alle zusammen verdorben.
  Unser König ist edel geboren und mächtig und gnädig,
  Dacht ich im stillen bei mir: es wär ein trauriger Wechsel,
  Einen Bären und tölpischen Taugenicht so zu erhöhen.
  Etliche Wochen sann ich darüber und sucht es zu hindern.
  Auch vor allem begriff ich es wohl: behielte mein Vater
  Seinen Schatz in der Hand, so brächt er viele zusammen,
  Sicher gewänn er das Spiel, und wir verlören den König.
  Meine Sorge ging nun dahin, den Ort zu entdecken,
  Wo der Schatz sich befände, damit ich ihn heimlich entführte.
  Zog mein Vater ins Feld, der alte, listige, lief er
  Nach dem Walde bei Tag oder Nacht, in Frost oder Hitze,
  Näss' oder Trockne, so war ich dahinter und spürte den Gang aus.
 
 
  Einmal lag ich versteckt in der Erde mit Sorgen und Sinnen,
  Wie ich entdeckte den Schatz, von dem mir so vieles bekannt war.
  Da erblickt ich den Vater aus einer Ritze sich schleichen,
  Zwischen den Steinen kam er hervor und stieg aus der Tiefe.
  Still und verborgen hielt ich mich da; er glaubte sich einsam,
  Schaute sich überall um, und als er niemand bemerkte
  Nah oder fern, begann er sein Spiel, Ihr sollt es vernehmen.
  Wieder mit Sande verstopft' er das Loch und wußte geschicklich
  Mit dem übrigen Boden es gleichzumachen. Das konnte,
  Wer nicht zusah, unmöglich erkennen. Und eh er von dannen
  Wanderte, wußt er den Platz, wo seine Füße gestanden,
  Über und über geschickt mit seinem Schwanze zu streichen
  Und verwühlte die Spur mit seinem Munde. Das lernt ich
  Jenes Tages zuerst von meinem listigen Vater,
  Der in Ränken und Schwänken und allen Streichen gewandt war.
  Und so eilt' er hinweg nach seinem Gewerbe. Da sann ich,
  Ob sich der herrliche Schatz wohl in der Nähe befände?
  Eilig trat ich herbei und schritt zum Werke: die Ritze
  Hatt ich in weniger Zeit mit meinen Pfoten eröffnet,
  Kroch begierig hinein. Da fand ich köstliche Sachen,
  Feinen Silbers genug und roten Goldes! Wahrhaftig,
  Auch der älteste hier hat nie so vieles gesehen.
  Und ich machte mich dran mit meinem Weibe: wir trugen,
  Schleppten bei Tag und bei Nacht; uns fehlten Karren und Wagen;
  Viele Mühe kostet' es uns und manche Beschwernis.
  Treulich hielt Frau Ermelyn aus; so hatten wir endlich
  Die Kleinode hinweg zu einer Stätte getragen,
  Die uns gelegener schien. Indessen hielt sich mein Vater
  Täglich mit jenen zusammen, die unsern König verrieten.
  Was sie beschlossen, das werdet Ihr hören und werdet erschrecken.
 
 
  Braun und Isegrim sandten sofort in manche Provinzen
  Offene Briefe, die Söldner zu locken: sie sollten zu Haufen
  Eilig kommen, es wolle sie Braun mit Diensten versehen,
  Milde woll er sogar voraus die Söldner bezahlen.
  Da durchstrich mein Vater die Länder und zeigte die Briefe,
  Seines Schatzes gewiß: der, glaubt' er, läge geborgen.
  Aber es war nun geschehn, er hätte mit allen Gesellen,
  Sucht' er auch noch so genau, nicht einen Pfennig gefunden.
 
 
  Keine Bemühung ließ er sich reun; so war er behende
  Zwischen der Elb und dem Rheine durch alle Länder gelaufen,
  Manchen Söldner hatt er gefunden und manchen gewonnen,
  Kräftigen Nachdruck sollte das Geld den Worten verleihen.
 
 
  Endlich kam der Sommer ins Land; zu seinen Gesellen
  Kehrte mein Vater zurück. Da hatt er von Sorgen und Nöten
  Und von Angst zu erzählen, besonders, wie er beinahe
  Vor den hohen Burgen in Sachsen sein Leben verloren,
  Wo ihn Jäger mit Pferden und Hunden alltäglich verfolgten,
  Daß er knapp und mit Not mit heilem Pelze davonkam.
 
 
  Freudig zeigt' er darauf den vier Verrätern die Liste,
  Welche Gesellen er alle mit Gold und Versprechen gewonnen.
  Braunen erfreute die Botschaft; es lasen die fünfe zusammen,
  Und es hieß: Zwölfhundert von Isegrims kühnen Verwandten
  Werden kommen mit offenen Mäulern und spitzigen Zähnen,
  Ferner: die Kater und Bären sind alle für Braunen gewonnen,
  Jeder Vielfraß und Dachs aus Sachsen und Thüringen stellt sich.
  Doch man solle sich ihnen zu der Bedingung verbinden:
  Einen Monat des Soldes vorauszuzahlen; sie wollten
  Alle dagegen mit Macht beim ersten Gebote sich stellen.
  Gott sei ewig gedankt, daß ich die Plane gehindert!
 
 
  Denn nachdem er nun alles besorgt, so eilte mein Vater
  Über Feld und wollte den Schatz auch wieder beschauen.
  Da ging erst die Bekümmernis an: da grub er und suchte;
  Doch je länger er scharrte, je weniger fand er. Vergebens
  War die Mühe, die er sich gab, und seine Verzweiflung:
  Denn der Schatz war fort, er konnt ihn nirgend entdecken.
  Und vor ärger und Scham – wie schrecklich quält die Erinnrung
  Mich bei Tag und bei Nacht! – erhängte mein Vater sich selber.
 
 
  Alles das hab ich getan, die böse Tat zu verhindern.
  Übel gerät es mir nun; jedoch es soll mich nicht reuen.
  Isegrim aber und Braun, die gefräßigen, sitzen am nächsten
  Bei dem König zu Rat. Und Reineke! wie dir dagegen,
  Armer Mann, jetzt gedankt wird! daß du den leiblichen Vater
  Hingegeben, den König zu retten. Wo sind sie zu finden
  Die sich selber verderben, nur Euch das Leben zu fristen?
 
 
  König und Königin hatten indes, den Schatz zu gewinnen,
  Große Begierde gefühlt; sie traten seitwärts und riefen
  Reineken, ihn besonders zu sprechen, und fragten behende:
  Saget an, wo habt Ihr den Schatz? Wir möchten es wissen.
  Reineke ließ sich dagegen vernehmen: Was könnt es mir helfen,
  Zeigt ich die herrlichen Güter dem Könige, der mich verurteilt?
  Glaubet er meinen Feinden doch mehr, den Dieben und Mördern,
  Die Euch mit Lügen beschweren, mein Leben mir abzugewinnen.
 
 
  Nein, versetzte die Königin: nein! so soll es nicht werden!
  Leben läßt Euch mein Herr, und das Vergangne vergißt er.
  Er bezwingt sich und zürnet nicht mehr. Doch möget Ihr künftig
  Klüger handeln und treu und gewärtig dem Könige bleiben.
 
 
  Reineke sagte: Gnädige Frau, vermöget den König,
  Mir zu geloben vor Euch, daß er mich wieder begnadigt,
  Daß er mir alle Verbrechen und Schulden und alle den Unmut,
  Den ich ihm leider erregt, auf keine Weise gedenket,
  So besitzet gewiß in unsern Zeiten kein König
  Solchen Reichtum, als er durch meine Treue gewinnet;
  Groß ist der Schatz! ich zeige den Ort, Ihr werdet erstaunen.
 
 
  Glaubet ihm nicht! versetzte der König: doch wenn er von Stehlen,
  Lügen und Rauben erzählet, das möget Ihr allenfalls glauben;
  Denn ein größerer Lügner ist wahrlich niemals gewesen.
 
 
  Und die Königin sprach: Fürwahr, sein bisheriges Leben
  Hat ihm wenig Vertrauen erworben; doch jetzo bedenket,
  Seinen Oheim, den Dachs, und seinen eigenen Vater
  Hat er diesmal bezichtigt und ihre Frevel verkündigt.
  Wollt er, so konnt er sie schonen und konnte von anderen Tieren
  Solche Geschichten erzählen; er wird so törig nicht lügen.
 
 
  Meinet Ihr so? versetzte der König: und denkt Ihr, es wäre
  Wirklich zum besten geraten, daß nicht ein größeres übel
  Draus entstände, so will ich es tun und diese Verbrechen
  Reinekens über mich nehmen und seine verwundete Sache.
  Einmal trau ich, zum letztenmal noch! das mag er bedenken:
  Denn ich schwör es ihm zu bei meiner Krone! wofern er
  Künftig frevelt und lügt, es soll ihn ewig gereuen;
  Alles, wär es ihm nur verwandt ihm zehenten Grade,
  Wer sie auch wären, sie sollens entgelten, und keiner entgeht mir,
  Sollen in Unglück und Schmach und schwere Prozesse geraten!
 
 
  Als nun Reineke sah, wie schnell sich des Königs Gedanken
  Wendeten, faßt' er ein Herz und sagte: Sollt ich so töricht
  Handeln, gnädiger Herr, und Euch Geschichten erzählen,
  Deren Wahrheit sich nicht in wenig Tagen bewiese?
 
 
  Und der König glaubte den Worten, und alles vergab er,
  Erst des Vaters Verrat, dann Reinekens eigne Verbrechen.
  Über die Maßen freute sich der; zur glücklichen Stunde,
  War er der Feinde Gewalt und seinem Verhängnis entronnen.
 
 
  Edler König, gnädiger Herr! begann er zu sprechen:
  Möge Gott Euch alles vergelten und Eurer Gemahlin,
  Was Ihr an mir Unwürdigem tut; ich will es gedenken,
  Und ich werde mich immer gar höchlich dankbar erzeigen.
  Denn es lebet gewiß in allen Landen und Reichen
  Niemand unter der Sonne, dem ich die herrlichen Schätze
  Lieber gönnte, denn eben Euch beiden. Was habt Ihr nicht alles
  Mir für Gnade bewiesen! Dagegen geb ich Euch willig
  König Emmerichs Schatz, so wie ihn dieser besessen.
  Wo er liegt, beschreib ich Euch nun, ich sage die Wahrheit.
 
 
  Höret! Im Osten von Flandern ist eine Wüste, darinnen
  Liegt ein einzelner Busch, heißt Hüsterlo, merket den Namen!
  Dann ist ein Brunn, der Krekelborn heißt, Ihr werdet verstehen,
  Beide nicht weit auseinander. Es kommt in selbige Gegend
  Weder Weib noch Mann im ganzen Jahre. Da wohnet
  Nur die Eul und der Schuhu, und dort begrub ich die Schätze.
  Krekelborn heißt die Stätte, das merket und nützet das Zeichen.
  Gehet selber dahin mit Eurer Gemahlin: es wäre
  Niemand sicher genug, um ihn als Boten zu senden,
  Und der Schande wäre zu groß; ich darf es nicht raten.
  Selber müßt Ihr dahin. Bei Krekelborn geht Ihr vorüber,
  Seht zwei junge Birken hernach, und merket! die eine
  Steht nicht weit von dem Brunnen; so geht nun, gnädiger König,
  Grad auf die Birken los, denn drunter liegen die Schätze.
  Kratzt und scharret nur zu; erst findet Ihr Moos an den Wurzeln,
  Dann entdeckt Ihr sogleich die allerreichsten Geschmeide,
  Golden, künstlich und schön, auch findet Ihr Emmerichs Krone:
  Wäre des Bären Wille geschehn, der sollte sie tragen.
  Manchen Zierat seht Ihr daran und Edelgesteine
  Goldnes Kunstwerk; man macht es nicht mehr, wer wollt es bezahlen?
  Sehet Ihr alle das Gut, o gnädiger König, beisammen,
  Ja, ich bin es gewiß, Ihr denket meiner in Ehren.
  Reineke, redlicher Fuchs! so denkt Ihr: der du so klüglich
  Unter das Moos die Schätze gegraben, o mög es dir immer,
  Wo du auch sein magst, glücklich ergehen! So sagte der Heuchler.
 
 
  Und der König versetzte darauf: Ihr müßt mich begleiten,
  Denn wie will ich allein die Stelle treffen? Ich habe
  Wohl von Aachen gehört, wie auch von Lübeck und Köllen
  Und von Paris; doch Hüsterlo hört ich im Leben nicht einmal
  Nennen, ebensowenig als Krekelborn; sollt ich nicht fürchten,
  Daß du uns wieder belügst und solche Namen erdichtest?
 
 
  Reineke hörte nicht gern des Königs bedächtige Rede,
  Sprach: So weis ich Euch doch nicht fern von hinnen, als hättet
  Ihr am Jordan zu suchen. Wie schien ich Euch jetzo verdächtig?
  Nächst, ich bleibe dabei, ist alles in Flandern zu finden.
  Laßt uns einige fragen; es mag es ein andrer versichern.
  Krekelborn! Hüsterlo! sagt ich, und also heißen die Namen.
  Lampen rief er darauf, und Lampe zauderte bebend.
  Reineke rief. So kommt nur getrost, der König begehrt Euch,
  Will, Ihr sollt bei Eid und bei Pflicht, die Ihr neulich geleistet,
  Wahrhaft reden; so zeiget denn an, wofern Ihr es wisset,
  Sagt, wo Hüsterlo liegt und Krekelborn? Lasset uns hören.
 
 
  Lampe sprach: Das kann ich wohl sagen. Es liegt in der Wüste
  Krekelborn nahe bei Hüsterlo. Hüsterlo nennen die Leute
  Jenen Busch, wo Simonet lange, der Krumme, sich aufhielt,
  Falsche Münzen zu schlagen mit seinen verwegnen Gesellen.
  Vieles hab ich daselbst von Frost und Hunger gelitten,
  Wenn ich vor Rynen, dem Hund, in großen Nöten geflüchtet.
  Reineke sagte darauf: Ihr könnt Euch unter die andern
  Wieder stellen; Ihr habet den König genugsam berichtet.
  Und der König sagte zu Reineken: Seid mir zufrieden,
  Daß ich hastig gewesen und Eure Worte bezweifelt;
  Aber sehet nun zu, mich an die Stelle zu bringen.
 
 
  Reineke sprach: Wie schätzt ich mich glücklich, geziemt' es mir heute
  Mit dem König zu gehn und ihm nach Flandern zu folgen;
  Aber es müßt Euch zur Sünde gereichen. So sehr ich mich schäme,
  Muß es heraus, wie gern ich es auch noch länger verschwiege.
  Isegrim ließ vor einiger Zeit zum Mönche sich weihen,
  Zwar nicht etwa dem Herren zu dienen, er diente dem Magen,
  Zehrte das Kloster fast auf; man reicht' ihm für sechse zu essen,
  Alles war ihm zu wenig, er klagte mir Hunger und Kummer.
  Endlich erbarmet' es mich, als ich ihn mager und krank sah,
  Half ihm treulich davon, er ist mein naher Verwandter.
  Und nun hab ich darum den Bann des Papstes verschuldet,
  Möchte nun ohne Verzug, mit Eurem Wissen und Willen,
  Meine Seele beraten und morgen mit Aufgang der Sonne,
  Gnad und Ablaß zu suchen, nach Rom mich als Pilger begeben
  Und von dannen über das Meer; so werden die Sünden
  Alle von mir genommen, und kehr ich wieder nach Hause,
  Darf ich mit Ehren neben Euch gehn. Doch tät ich es heute.
  Würde jeglicher sagen: Wie treibt es jetzo der König
  Wieder mit Reineken, den er vor kurzem zum Tode verurteilt;
  Und der über das alles im Bann des Papstes verstrickt ist!
  Gnädiger Herr, Ihr seht es wohl ein, wir lassen es lieber.
 
 
  Wahr, versetzte der König darauf: das konnt ich nicht wissen.
  Bist du im Banne, so wär mirs ein Vorwurf, dich mit mir zu führen,
  Lampe kann mich oder ein andrer zum Borne begleiten.
  Aber, Reineke, daß du vom Banne dich suchst zu befreien,
  Find ich nützlich und gut. Ich gebe dir gnädigen Urlaub,
  Morgen beizeiten zu gehn; ich will die Wallfahrt nicht hindern.
  Denn mir scheint, Ihr wollt Euch bekehren vom Bösen zum Guten.
  Gott gesegne den Vorsatz und laß Euch die Reise vollbringen!
 
Yaş sınırı:
12+
Litres'teki yayın tarihi:
01 kasım 2017
Hacim:
170 s. 1 illüstrasyon
Telif hakkı:
Public Domain

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