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Kitabı oku: «Götz von Berlichingen mit der eisernen Hand: Ein Schauspiel», sayfa 2

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I. Akt, Szene 3

Weislingen. O daя ich aufwachte! und das alles wдre ein Traum! In Berlichingens Gewalt! von dem ich mich kaum losgearbeitet habe, dessen Andenken ich mied wie Feuer, den ich hoffte zu ьberwдltigen! Und er – der alte treuherzige Gцtz! Heiliger Gott, was will, will aus dem allen werden? Rьckgefьhrt, Adelbert, in den Saal! wo wir als Buben unsere Jagd trieben – da du ihn liebtest, an ihm hingst wie an deiner Seele. Wer kann ihm nahen und ihn hassen? Ach! ich bin so ganz nichts hier! Glьckselige Zeiten, ihr seid vorbei, da noch der alte Berlichingen hier am Kamin saя, da wir um ihn durcheinander spielten und uns liebten wie die Engel. Wie wird sich der Bischof дngstigen, und meine Freunde. Ich weiя, das ganze Land nimmt teil an meinem Unfall. Was ist's! Kцnnen sie mir geben, wornach ich strebe?

Gцtz (mit einer Flasche Wein und Becher). Bis das Essen fertig wird, wollen wir eins trinken. Kommt, setzt Euch, tut, als wenn Ihr zu Hause wдrt! Denkt, Ihr seid einmal wieder beim Gцtz. Haben doch lange nicht beisammengesessen, lang keine Flasche miteinander ausgestochen. (Bringt's ihm.) Ein frцhlich Herz!

Weislingen. Die Zeiten sind vorbei.

Gцtz. Behьte Gott! Zwar vergnьgtere Tage werden wir wohl nicht wieder finden als an des Markgrafen Hof, da wir noch beisammenschliefen und miteinander umherzogen. Ich erinnere mich mit Freuden meiner Jugend. Wiяt Ihr noch, wie ich mit dem Polacken Hдndel kriegte, dem ich sein gepicht und gekrдuselt Haar von ungefдhr mit dem дrmel verwischt?

Weislingen. Es war bei Tische, und er stach nach Euch mit dem Messer.

Gцtz. Den schlug ich wacker aus dazumal, und darьber wurdet Ihr mit seinem Kameraden zu Unfried. Wir hielten immer redlich zusammen als gute brave Jungen, dafьr erkennte uns auch jedermann. (Schenkt ein und bringt's.) Kastor und Pollux! Mir tat's immer im Herzen wohl, wenn uns der Markgraf so nannte.

Weislingen. Der Bischof von Wьrzburg hatte es aufgebracht.

Gцtz. Das war ein gelehrter Herr, und dabei so leutselig. Ich erinnere mich seiner, so lange ich lebe, wie er uns liebkoste, unsere Eintracht lobte und den Menschen glьcklich pries, der ein Zwillingsbruder seines Freundes wдre.

Weislingen. Nichts mehr davon!

Gцtz. Warum nicht? Nach der Arbeit wьяt ich nichts Angenehmers, als mich des Vergangenen zu erinnern. Freilich, wenn ich wieder so bedenke, wie wir Liebs und Leids zusammen trugen, einander alles waren, und wie ich damals wдhnte, so sollt's unser ganzes Leben sein! War das nicht all mein Trost,, wie mir diese Hand weggeschossen ward vor Landshut, und du mein pflegtest und mehr als Bruder fьr mich sorgtest? Ich hoffte, Adelbert wird kьnftig meine rechte Hand sein. Und nun-Weislingen. Oh!

Gцtz. Wenn du mir damals gefolgt hдttest, da ich dir anlag, mit nach Brabant zu ziehen, es wдre alles gut geblieben. Da hielt dich das unglьckliche Hofleben und das Schlenzen und Scherwenzen mit den Weibern. Ich sagt es dir immer, wenn du dich mit den eiteln garstigen Vetteln abgabst und ihnen erzдhltest von miяvergnьgten Ehen, verfьhrten Mдdchen, der rauhen Haut einer Dritten, oder was sie sonst gerne hцren: "Du wirst ein Spitzbub", sagt ich, "Adelbert."

Weislingen. Wozu soll das alles?

Gцtz. Wollte Gott, ich kцnnt's vergessen, oder es wдr anders! Bist du nicht ebenso frei, so edel geboren als einer in Deutschland, unabhдngig, nur dem Kaiser untertan, und du schmiegst dich unter Vasallen? Was hast du von dem Bischof? Weil er dein Nachbar ist? dich necken kцnnte? Hast du nicht Arme und Freunde, ihn wieder zu necken? Verkennst den Wert eines freien Rittersmanns, der nur abhдngt von Gott, seinem Kaiser und sich selbst! Verkriechst dich zum ersten Hofschranzen eines eigensinnigen neidischen Pfaffen!

Weislingen. Laяt mich reden.

Gцtz. Was hast du zu sagen?

Weislingen. Du siehst die Fьrsten an, wie der Wolf den Hirten. Und doch, darfst du sie schelten, daя sie ihrer Leut und Lдnder Bestes wahren? Sind sie denn einen Augenblick vor den ungerechten Rittern sicher, die ihre Untertanen auf allen Straяen anfallen, ihre Dцrfer und Schlцsser verheeren? Wenn nun auf der andern Seite unsers teuern Kaisers Lдnder der Gewalt des Erbfeindes ausgesetzt sind, er von den Stдnden Hьlfe begehrt, und sie sich kaum ihres Lebens erwehren: ist's nicht ein guter Geist, der ihnen einrдt, auf Mittel zu denken, Deutschland zu beruhigen, Recht und Gerechtigkeit zu handhaben, um einen jeden, Groяen und Kleinen, die Vorteile des Friedens genieяen zu machen? Und uns verdenkst du's, Berlichingen, daя wir uns in ihren Schutz begeben, deren Hьlfe uns nah ist, statt daя die entfernte Majestдt sich selbst nicht beschьtzen kann.

Gцtz. Ja! ja! Ich versteh! Weislingen, wдren die Fьrsten, wie Ihr sie schildert, wir hдtten alle, was wir begehren. Ruh und Frieden! Ich glaub's wohl! Den wьnscht jeder Raubvogel, die Beute nach Bequemlichkeit zu verzehren. Wohlsein eines jeden! Daя sie sich nur darum graue Haare wachsen lieяen! Und mit unserm Kaiser spielen sie auf eine unanstдndige Art. Er meint's gut und mцcht gern bessern. Da kommt denn alle Tage ein neuer Pfannenflicker und meint so und so. Und weil der Herr geschwind etwas begreift, und nur reden darf, um tausend Hдnde in Bewegung zu setzen, so denkt er, es wдr auch alles so geschwind und leicht ausgefьhrt. Nun ergehn Verordnungen ьber Verordnungen, und wird eine ьber die andere vergessen; und was den Fьrsten in ihren Kram dient, da sind sie hinterher, und gloriieren von Ruh und Sicherheit des Reichs, bis sie die Kleinen unterm Fuя haben. Ich will darauf schwцren, es dankt mancher in seinem Herzen Gott, daя der Tьrk dem Kaiser die Waage hдlt.

Weislingen. Ihr seht's von Eurer Seite.

Gцtz. Das tut jeder. Es ist die Frage, auf welcher Licht und Recht ist, und eure Gдnge scheuen wenigstens den Tag.

Weislingen. Ihr dьrft reden, ich bin der Gefangne.

Gцtz. Wenn Euer Gewissen rein ist, so seid Ihr frei. Aber wie war's um den Landfrieden? Ich weiя noch, als ein Bub von sechzehn Jahren war ich mit dem Markgrafen auf dem Reichstag. Was die Fьrsten da fьr weite Mдuler machten, und die Geistlichen am дrgsten. Euer Bischof lдrmte dem Kaiser die Ohren voll, als wenn ihm wunder wie! die Gerechtigkeit ans Herz gewachsen wдre; und jetzt wirft er mir selbst einen Buben nieder, zur Zeit da unsere Hдndel vertragen sind, ich an nichts Bцses denke. Ist nicht alles zwischen uns geschlichtet? Was hat er mit dem Buben?

Weislingen. Es geschah ohne sein Wissen.

Gцtz. Warum gibt er ihn nicht wieder los?

Weislingen. Er hat sich nicht aufgefьhrt, wie er sollte.

Gцtz. Nicht wie er sollte? Bei meinem Eid, er hat getan, wie er sollte, so gewiя er mit Eurer und des Bischofs Kundschaft gefangen ist. Meint Ihr, ich komm erst heut auf die Welt, daя ich nicht sehen soll, wo alles hinaus will?

Weislingen. Ihr seid argwцhnisch und tut uns unrecht.

Gцtz. Weislingen, soll ich von der Leber weg reden? Ich bin euch ein Dorn in den Augen, so klein ich bin, und der Sickingen und Selbitz nicht weniger, weil wir fest entschlossen sind, zu sterben eh, als jemanden die Luft zu verdanken, auяer Gott, und unsere Treu und Dienst zu leisten, als dem Kaiser. Da ziehen sie nun um mich herum, verschwдrzen mich bei Ihro Majestдt und ihren Freunden und meinen Nachbarn, und spionieren nach Vorteil ьber mich. Aus dem Wege wollen sie mich haben, wie's wдre. Darum nahmt ihr meinen Buben gefangen, weil ihr wuяtet, ich hatt' ihn auf Kundschaft ausgeschickt; und darum tat er nicht, was er sollte, weil er mich nicht an euch verriet. Und du, Weislingen, bist ihr Werkzeug!

Weislingen. Berlichingen!

Gцtz. Kein Wort mehr davon! Ich bin ein Feind von Explikationen; man betriegt sich oder den andern, und meist beide.

Karl. Zu Tisch, Vater.

Gцtz. Frцhliche Botschaft! – Kommt! ich hoffe, meine Weibsleute sollen Euch munter machen. Ihr wart sonst ein Liebhaber, die Frдulein wuяten von Euch zu erzдhlen. Kommt! (Ab.)

Im bischцflichen Palaste zu Bamberg Der Speisesaal Bischof von Bamberg. Abt von Fulda. Olearius. Liebetraut. Hofleute.

An Tafel. Der Nachtisch und die groяen Pokale werden aufgetragen.

Bischof. Studieren jetzt viele Deutsche von Adel zu Bologna?

Olearius. Vom Adel- und Bьrgerstande. Und ohne Ruhm zu melden, tragen sie das grцяte Lob davon. Man pflegt im Sprichwort auf der Akademie zu sagen: "So fleiяig wie ein Deutscher von Adel." Denn indem die Bьrgerlichen einen rьhmlichen Fleiя anwenden, durch Talente den Mangel der Geburt zu ersetzen, so bestreben sich jene, mit rьhmlicher Wetteiferung, ihre angeborne Wьrde durch die glдnzendsten Verdienste zu erhцhen.

Abt. Ei!

Liebetraut. Sag einer, was man, nicht erlebet. So fleiяig wie ein Deutscher von Adel! Das hab ich mein Tage nicht gehцrt.

Olearius. Ja, sie sind die Bewunderung der ganzen Akademie. Es werden ehestens einige von den дltesten und geschicktesten als Doktores zurьckkommen. Der Kaiser wird glьcklich sein, die ersten Stellen damit besetzen zu kцnnen.

Bischof. Das kann nicht fehlen.

Abt. Kennen Sie nicht zum Exempel einen Junker? – Er ist aus Hessen-Olearius. Es sind viel Hessen da.

Abt. Er heiяt – er ist – Weiя es keiner von euch? – Seine Mutter war eine von – Oh! Sein Vater hatte nur ein Aug – und war Marschall.

Liebetraut. Von Wildenholz?

Abt. Recht – von Wildenholz.

Olearius. Den kenn ich wohl, ein junger Herr von vielen Fдhigkeiten.

Besonders rьhmt man ihn wegen seiner Stдrke im Disputieren.

Abt. Das hat er von seiner Mutter.

Liebetraut. Nur wollte sie ihr Mann niemals drum rьhmen.

Bischof. Wie sagtet Ihr, daя der Kaiser hieя, der Euer "Corpus Juris" geschrieben hat?

Olearius. Justinianus.

Bischof. Ein trefflicher Herr! er soll leben!

Olearius. Sein Andenken!

(Sie trinken.)

Abt. Es mag ein schцn Buch sein.

Olearius. Man mцcht's wohl ein Buch aller Bьcher nennen; eine Sammlung aller Gesetze; bei jedem Fall der Urteilsspruch bereit; und was ja noch abgдngig oder dunkel wдre, ersetzen die Glossen, womit die gelehrtesten Mдnner das vortrefflichste Werk geschmьckt haben.

Abt. Eine Sammlung aller Gesetze! Potz! Da mьssen wohl auch die Zehn Gebote drin sein.

Olearius. Implicite wohl, nicht explicite.

Abt. Das mein ich auch, an und vor sich, ohne weitere Explikation.

Bischof. Und was das Schцnste ist, so kцnnte, wie Ihr sagt, ein Reich in sicherster Ruhe und Frieden leben, wo es vцllig eingefьhrt und recht gehandhabt wьrde.

Olearius. Ohne Frage.

Bischof. Alle Doctores Juris!

Olearius. Ich werd's zu rьhmen wissen. (Sie trinken.) Wollte Gott, man sprдche so in meinem Vaterlande!

Abt. Wo seid Ihr her, hochgelahrter Herr?

Olearius. Von Frankfurt am Main, Ihro Eminenz zu dienen.

Bischof. Steht ihr Herrn da nicht wohl angeschrieben? Wie kommt das?

Olearius. Sonderbar genug. Ich war da, meines Vaters Erbschaft abzuholen; der Pцbel hдtte mich fast gesteinigt, wie er hцrte, ich sei ein Jurist.

Abt. Behьte Gott!

Olearius. Aber das kommt daher: Der Schцppenstuhl, der in groяem Ansehn weit umher steht, ist mit lauter Leuten besetzt, die der Rцmischen Rechte unkundig sind. Man glaubt, es sei genug, durch Alter und Erfahrung sich eine genaue Kenntnis des innern und дuяern Zustandes der Stadt zu erwerben. So werden, nach altem Herkommen und wenigen Statuten, die Bьrger und die Nachbarschaft gerichtet.

Abt. Das ist wohl gut.

Olearius. Aber lange nicht genug. Der Menschen Leben ist kurz, und in einer Generation kommen nicht alle Kasus vor. Eine Sammlung solcher Fдlle von vielen Jahrhunderten ist unser Gesetzbuch. Und dann ist der Wille und die Meinung der Menschen schwankend; dem deucht heute das recht, was der andere morgen miяbilliget; und so ist Verwirrung und Ungerechtigkeit unvermeidlich. Das alles bestimmen die Gesetze; und die Gesetze sind unverдnderlich.

Abt. Das ist freilich besser.

Olearius. Das erkennt der Pцbel nicht, der, so gierig er auf Neuigkeiten ist, das Neue hцchst verabscheuet, das ihn aus seinem Gleise leiten will, und wenn er sich noch so sehr dadurch verbessert.

Sie halten den Juristen so arg, als einen Verwirrer des Staats, einen Beutelschneider, und sind wie rasend, wenn einer dort sich niederzulassen gedenkt.

Liebetraut. Ihr seid von Frankfurt! Ich bin wohl da bekannt. Bei Kaiser Maximilians Krцnung haben wir Euern Brдutigams was vorgeschmaust. Euer Name ist Olearius? Ich kenne so niemanden.

Olearius. Mein Vater hieя цhlmann. Nur, den Miяstand auf dem Titel meiner lateinischen Schriften zu vermeiden, nenn ich mich, nach dem Beispiel und auf Anraten wьrdiger Rechtslehrer, Olearius.

Liebetraut. Ihr tatet wohl, daя Ihr Euch ьbersetztet. Ein Prophet gilt nichts in seinem Vaterlande, es hдtt' Euch in Eurer Muttersprache auch so gehen kцnnen.

Olearius. Es war nicht darum.

Liebetraut. Alle Dinge haben ein paar Ursachen.

Abt. Ein Prophet gilt nichts in seinem Vaterlande!

Liebetraut. Wiяt Ihr auch warum, hochwьrdiger Herr?

Abt. Weil er da geboren und erzogen ist.

Liebetraut. Wohl! Das mag die eine Ursache sein. Die andere ist:

Weil, bei einer nдheren Bekanntschaft mit den Herrn, der Nimbus von Ehrwьrdigkeit und Heiligkeit wegschwindet, den uns eine neblichte Ferne um sie herumlьgt; und dann sind sie ganz kleine Stьmpfchen Unschlitt.

Olearius. Es scheint, Ihr seid dazu bestellt, Wahrheiten, zu sagen.

Liebetraut. Weil ich 's Herz dazu hab, so fehlt mir's nicht am Maul.

Olearius. Aber doch an Geschicklichkeit, sie wohl anzubringen.

Liebetraut. Schrцpfkцpfe sind wohl angebracht, wo sie ziehen.

Olearius. Bader erkennt man an der Schьrze und nimmt in ihrem Amte ihnen nichts ьbel. Zur Vorsorge tдtet Ihr wohl, wenn Ihr eine Schellenkappe trьgt.

Liebetraut. Wo habt Ihr promoviert? Es ist nur zur Nachfrage, wenn mir einmal der Einfall kдme, daя ich gleich vor die rechte Schmiede ginge.

Olearius. Ihr seid verwegen.

Liebetraut. Und Ihr sehr breit.

(Bischof und Abt lachen.)

Bischof. Von was anders! – Nicht so hitzig, ihr Herrn. Bei Tisch geht alles drein – Einen andern Diskurs, Liebetraut!

Liebetraut. Gegen Frankfurt liegt ein Ding ьber, heiяt Sachsenhausen-Olearius (zum Bischof). Was spricht man vom Tьrkenzug, Ihro Fьrstliche Gnaden?

Bischof. Der Kaiser hat nichts Angelegners, als vorerst das Reich zu beruhigen, die Fehden abzuschaffen und das Ansehn der Gerichte zu befestigen. Dann, sagt man, wird er persцnlich gegen die Feinde des Reichs und der Christenheit ziehen. Jetzt machen ihm seine Privathдndel noch zu tun, und das Reich ist, trotz ein vierzig Landfrieden, noch immer eine Mцrdergrube. Franken, Schwaben, der Oberrhein und die angrenzenden Lдnder werden von ьbermьtigen und kьhnen Rittern verheeret. Sickingen, Selbitz mit einem Fuя, Berlichingen mit der eisernen Hand spotten in diesen Gegenden des kaiserlichen Ansehens-Abt. Ja, wenn Ihro Majestдt nicht bald dazu tun, so stecken einen die Kerl am End in Sack.

Liebetraut. Das mьяt ein Kerl sein, der das Weinfaя von Fuld in den Sack schieben wollte.

Bischof. Besonders ist der letzte seit vielen Jahren mein unversцhnlicher Feind, und molestiert mich unsдglich; aber es soll nicht lang mehr wдhren, hoff ich. Der Kaiser hдlt jetzt seinen Hof zu Augsburg. Wir haben unsere Maяregeln genommen, es kann uns nicht fehlen. – Herr Doktor, kennt Ihr Adelberten von Weislingen?

Olearius. Nein, Ihro Eminenz.

Bischof. Wenn Ihr die Ankunft dieses Mannes erwartet, werdet Ihr Euch freuen, den edelsten, verstдndigsten und angenehmsten Ritter in einer Person zu sehen.

Olearius. Es muя ein vortrefflicher Mann sein, der solche Lobeserhebungen aus solch einem Munde verdient.

Liebetraut. Er ist auf keiner Akademie gewesen.

Bischof. Das wissen wir. (Die Bedienten laufen ans Fenster.) Was gibt's?

Ein Bedienter. Eben reit Fдrber, Weislingens Knecht, zum Schloяtor herein.

Bischof. Seht, was er bringt, er wird ihn melden.

(Liebetraut geht. Sie stehn auf und trinken noch eins. – Liebetraut kommt zurьck.)

Bischof. Was fьr Nachrichten?

Liebetraut. Ich wollt, es mьяt sie Euch ein andrer sagen. Weislingen ist gefangen.

Bischof. Oh!

Liebetraut. Berlichingen hat ihn und drei Knechte bei Haslach weggenommen. Einer ist entronnen, Euch's anzusagen.

Abt. Eine Hiobspost.

Olearius. Es tut mir von Herzen leid.

Bischof. Ich will den Knecht sehn, bringt ihn herauf – Ich will ihn selbst sprechen. Bringt ihn in mein Kabinett. (Ab.)

Abt (setzt sich). Noch einen Schluck.

(Die Knechte schenken ein.)

Olearius. Belieben Ihro Hochwьrden nicht eine kleine Promenade in den Garten zu machen? Post coenam stabis seu passus mille meabis.

Liebetraut. Wahrhaftig, das Sitzen ist Ihnen nicht gesund. Sie kriegen noch einen Schlagfluя.

Abt (hebt sich auf).

Liebetraut (vor sich). Wann ich ihn nur drauяen hab, will ich ihm fьrs Exerzitium sorgen.

(Gehn ab.)

I. Akt, Szene 4

Jagsthausen Maria. Weislingen.

Maria. Ihr liebt mich, sagt Ihr. Ich glaub es gerne und hoffe, mit Euch glьcklich zu sein und Euch glьcklich zu machen.

Weislingen. Ich fьhle nichts, als nur daя ich ganz dein bin. (Er umarmt sie.)

Maria. Ich bitte Euch, laяt mich. Einen Kuя hab ich Euch zum Gottespfennig erlaubt; Ihr scheint aber schon von dem Besitz nehmen zu wollen, was nur unter Bedingungen Euer ist.

Weislingen. Ihr seid zu streng, Maria! Unschuldige Liebe erfreut die Gottheit, statt sie zu beleidigen.

Maria. Es sei! Aber ich bin nicht dadurch erbaut. Man lehrte mich:

Liebkosungen sein wie Ketten, stark durch ihre Verwandtschaft, und Mдdchen, wenn sie liebten, sein schwдcher als Simson nach Verlust seiner Locken.

Weislingen. Wer lehrte Euch das?

Maria. Die дbtissin meines Klosters. Bis in mein sechzehntes Jahr war ich bei ihr, und nur mit Euch empfind ich das Glьck, das ich in ihrem Umgang genoя. Sie hatte geliebt und durfte reden. Sie hatte ein Herz voll Empfindung! Sie war eine vortreffliche Frau.

Weislingen. Da glich sie dir! (Er nimmt ihre Hand.) Wie wird mir's werden, wenn ich Euch verlassen soll!

Maria (zieht ihre Hand zurьck). Ein biяchen eng, hoff ich, denn ich weiя, wie's mir sein wird. Aber Ihr sollt fort.

Weislingen. Ja, meine Teuerste, und ich will. Denn ich fьhle, welche Seligkeiten ich mir durch dies Opfer erwerbe. Gesegnet sei dein Bruder, und der Tag, an dem er auszog, mich zu fangen!

Maria. Sein Herz war voll Hoffnung fьr ihn und dich. "Lebt wohl!" sagt' er beim Abschied, "ich will sehen, daя ich ihn wiederfinde."

Weislingen. Er hat's. Wie wьnscht ich, die Verwaltung meiner Gьter und ihre Sicherheit nicht durch das leidige Hofleben so versдumt zu haben! Du kцnntest gleich die Meinige sein.

Maria. Auch der Aufschub hat seine Freuden.

Weislingen. Sage das nicht, Maria, ich muя sonst fьrchten, du empfindest weniger stark als ich. Doch ich bьяe verdient; und welche Hoffnungen werden mich auf jedem Schritt begleiten! Ganz der Deine zu sein, nur in dir und dem Kreise von Guten zu leben, von der Welt entfernt, getrennt, alle Wonne zu genieяen, die so zwei Herzen, einander gewдhren! Was ist die Gnade des Fьrsten, was der Beifall der Welt gegen diese einfache Glьckseligkeit? Ich habe viel gehofft und gewьnscht, das widerfдhrt mir ьber alles Hoffen und Wьnschen.

(Gцtz kommt.)

Gцtz. Euer Knab ist wieder da. Er konnte vor Mьdigkeit und Hunger kaum etwas vorbringen. Meine Frau gibt ihm zu essen. So viel hab ich verstanden: der Bischof will den Knaben nicht herausgeben, es sollen Kaiserliche Kommissarien ernannt und ein Tag ausgesetzt werden, wo die Sache dann verglichen werden mag. Dem sei, wie ihm wolle, Adelbert, Ihr seid frei; ich verlange weiter nichts als Eure Hand, daя Ihr ins kьnftige meinen Feinden weder цffentlich noch heimlich Vorschub tun wollt.

Weislingen. Hier faя ich Eure Hand. Laяt, von diesem Augenblick an, Freundschaft und Vertrauen, gleich einem ewigen Gesetz der Natur, unverдnderlich unter uns sein! Erlaubt mir zugleich, diese Hand zu fassen (er nimmt Mariens Hand) und den Besitz des edelsten Frдuleins.

Gцtz. Darf ich ja fьr Euch sagen?

Maria. Wenn Ihr es mit mir sagt.

Gцtz. Es ist ein Glьck, daя unsere Vorteile diesmal miteinander gehn. Du brauchst nicht rot zu werden. Deine Blicke sind Beweis genug. Ja denn, Weislingen! Gebt Euch die Hдnde, und so sprech ich Amen! – Mein Freund und Bruder! – Ich danke dir, Schwester! Du kannst mehr als Hanf spinnen. Du hast einen Faden gedreht, diesen Paradiesvogel zu fesseln. Du siehst nicht ganz frei, Adelbert! Was fehlt dir? Ich – bin ganz glьcklich; was ich nur trдumend hoffte, seh ich, und bin wie trдumend. Ach! nun ist mein Traum aus. Mir war's heute nacht, ich gдb dir meine rechte eiserne Hand, und du hieltest mich so fest, daя sie aus den Armschienen ging wie abgebrochen. Ich erschrak und wachte drьber auf. Ich hдtte nur forttrдumen sollen, da wьrd ich gesehen haben, wie du mir eine neue lebendige Hand ansetztest – Du sollst mir jetzo fort, dein Schloя und deine Gьter in vollkommenen Stand zu setzen. Der verdammte Hof hat dich beides versдumen machen. Ich muя meiner Frau rufen. Elisabeth!

Maria. Mein Bruder ist in voller Freude.

Weislingen. Und doch darf ich ihm den Rang streitig machen.

Gцtz. Du wirst anmutig wohnen.

Maria. Franken ist ein gesegnetes Land.

Weislingen. Und ich darf wohl sagen, mein Schloя liegt in der gesegnetsten und anmutigsten Gegend.

Gцtz. Das dьrft Ihr, und ich will's behaupten. Hier flieяt der Main, und allmдhlich hebt der Berg an, der, mit дckern und Weinbergen bekleidet, von Euerm Schloя gekrцnt wird, dann biegt sich der Fluя schnell um die Ecke hinter dem Felsen Eures Schlosses hin. Die Fenster des groяen Saals gehen steil herab aufs Wasser, eine Aussicht viel Stunden weit.

(Elisabeth kommt.)

Elisabeth. Was schafft ihr?

Gцtz. Du sollst deine Hand auch dazu geben und sagen: "Gott segne euch!" Sie sind ein Paar.

Elisabeth. So geschwind!

Gцtz. Aber nicht unvermutet.

Elisabeth. Mцget Ihr Euch so immer nach ihr sehnen als bisher, da ihr um sie warbt! Und dann! Mцchtet Ihr so glьcklich sein, als Ihr sie lieb behaltet!

Weislingen. Amen! Ich begehre kein Glьck als unter diesem Titel.

Gцtz. Der Brдutigam, meine liebe Frau, tut eine kleine Reise; denn die groяe Verдnderung zieht viel geringe nach sich. Er entfernt sich zuerst vom Bischцflichen Hof, um diese Freundschaft nach und nach erkalten zu lassen. Dann reiяt er seine Gьter eigennьtzigen Pachtern aus den Hдnden. Und – kommt, Schwester, komm, Elisabeth! Wir wollen ihn allein lassen. Sein Knab hat ohne Zweifel geheime Auftrдge an ihn.

Weislingen. Nichts, als was Ihr wissen dьrft.

Gцtz. Braucht's nicht. – Franken und Schwaben! Ihr seid nun verschwisterter als jemals. Wie wollen wir den Fьrsten den Daumen auf dem Aug halten!

(Die drei gehn.)

Weislingen. Gott im Himmel! Konntest du mir Unwьrdigem solch eine Seligkeit bereiten? Es ist zu viel fьr mein Herz. Wie ich von den elenden Menschen abhing, die ich zu beherrschen glaubte, von den Blicken des Fьrsten, von dem ehrerbietigen Beifall umher! Gцtz, teurer Gцtz, du hast mich mir selbst wiedergegeben, und, Maria, du vollendest meine Sinnesдnderung. Ich fьhle mich so frei wie in heiterer Luft. Bamberg will ich nicht mehr sehen, will all die schдndlichen Verbindungen durchschneiden, die mich unter mir selbst hielten. Mein Herz erweitert sich, hier ist kein beschwerliches Streben nach versagter Grцяe. So gewiя ist der allein glьcklich und groя, der weder zu herrschen noch zu gehorchen braucht, um etwas zu sein!

(Franz tritt auf.)

Franz. Gott grья Euch, gestrenger Herr! Ich bring Euch so viel Grьяe, daя ich nicht weiя, wo anzufangen. Bamberg und zehn Meilen in die Runde entbieten Euch ein tausendfaches: Gott grья Euch!

Weislingen. Willkommen, Franz! Was bringst du mehr?

Franz. Ihr steht in einem Andenken bei Hof und ьberall, daя es nicht zu sagen ist.

Weislingen. Das wird nicht lange dauern.

Franz. So lang Ihr lebt! und nach Eurem Tod wird's heller blinken als die messingenen Buchstaben auf einem Grabstein. Wie man sich Euern Unfall zu Herzen nahm!

Weislingen. Was sagte der Bischof?

Franz. Er war so begierig zu wissen, daя er mit geschдftiger Geschwindigkeit der Fragen meine Antwort verhinderte. Er wuяt es zwar schon; denn Fдrber, der von Haslach entrann, brachte ihm die Botschaft. Aber er wollte alles wissen. Er fragte so дngstlich, ob Ihr nicht versehrt wдret? Ich sagte: "Er ist ganz, von der дuяersten Haarspitze bis zum Nagel des kleinen Zehs."

Weislingen. Was sagte er zu den Vorschlдgen?

Franz. Er wollte gleich alles herausgeben, den Knaben und noch Geld darauf, nur Euch zu befreien. Da er aber hцrte, Ihr solltet ohne das loskommen und nur Euer Wort das дquivalent gegen den. Buben sein, da wollte er absolut den Berlichingen vertagt haben. Er sagte mir hundert Sachen an Euch – ich hab sie wieder vergessen. Es war eine lange Predigt ьber die Worte: "Ich kann Weislingen nicht entbehren."

Weislingen. Er wird's lernen mьssen!

Franz. Wie meint Ihr? Er sagte: "Mach ihn eilen, es wartet alles auf ihn."

Weislingen. Es kann warten. Ich gehe nicht nach Hof.

Franz. Nicht nach Hof? Herr! Wie kommt Euch das? Wenn Ihr wьяtet, was ich weiя. Wenn Ihr nur trдumen kцnntet, was ich gesehen habe.

Weislingen. Wie wird dir's?

Franz. Nur von der bloяen Erinnerung komm ich auяer mir. Bamberg ist nicht mehr Bamberg, ein Engel in Weibesgestalt macht es zum Vorhofe des Himmels.

Weislingen. Nichts weiter?

Franz. Ich will ein Pfaff werden, wenn Ihr sie sehet und nicht auяer Euch kommt.

Weislingen. Wer ist's denn?

Franz. Adelheid von Walldorf.

Weislingen. Die! Ich habe viel von ihrer Schцnheit gehцrt.

Franz. Gehцrt? Das ist eben, als wenn Ihr sagtet: "Ich hab die Musik gesehen." Es ist der Zunge so wenig mцglich, eine Linie ihrer Vollkommenheiten auszudrьcken, da das Aug sogar in ihrer Gegenwart sich nicht selbst genug ist.

Weislingen. Du bist nicht gescheit.

Franz. Das kann wohl sein. Das letztemal, da ich sie sahe, hatte ich nicht mehr Sinne als ein Trunkener. Oder vielmehr, kann ich sagen, ich fьhlte in dem Augenblick, wie's den Heiligen bei himmlischen Erscheinungen sein mag. Alle Sinne stдrker, hцher, vollkommener, und doch den Gebrauch von keinem.

Weislingen. Das ist seltsam.

Franz. Wie ich von dem Bischof Abschied nahm, saя sie bei ihm. Sie spielten Schach. Er war sehr gnдdig, reichte mir seine Hand zu kьssen, und sagte mir vieles, davon ich nichts vernahm. Denn ich sah seine Nachbarin, sie hatte ihr Auge aufs Brett geheftet, als wenn sie einem groяen Streich nachsдnne. Ein feiner lauernder Zug um Mund und Wange! Ich hдtt' der elfenbeinerne Kцnig sein mцgen. Adel und Freundlichkeit herrschten auf ihrer Stirn. Und das blendende Licht des Angesichts und des Busens, wie es von den finstern Haaren erhoben ward!

Weislingen. Du bist drьber gar zum Dichter geworden.

Franz. So fьhl ich denn in dem Augenblick, was den Dichter macht, ein volles, ganz von einer Empfindung volles Herz! Wie der Bischof endigte und ich mich neigte, sah sie mich an und sagte: "Auch von mir einen Gruя unbekannterweise! Sag ihm, er mag ja bald kommen. Es warten neue Freunde auf ihn; er soll sie nicht verachten, wenn er schon an alten so reich ist." – Ich wollte was antworten, aber der Paя vom Herzen nach der Zunge war versperrt, ich neigte mich. Ich hдtte mein Vermцgen gegeben, die Spitze ihres kleinen Fingers kьssen zu dьrfen! Wie ich so stund, warf der Bischof einen Bauern herunter, ich fuhr darnach und rьhrte im Aufheben den Saum ihres Kleides, das fuhr mir durch alle Glieder, und ich weiя nicht, wie ich zur Tьr hinausgekommen bin.

Weislingen. Ist ihr Mann bei Hofe?

Franz. Sie ist schon vier Monat Witwe. Um sich zu zerstreuen, hдlt sie sich in Bamberg auf. Ihr werdet sie sehen. Wenn sie einen ansieht, ist's, als wenn man in der Frьhlingssonne stьnde.

Weislingen. Es wьrde eine schwдchere Wirkung auf mich haben.

Franz. Ich hцre, Ihr seid so gut als verheiratet.

Weislingen. Wollte, ich wдr's. Meine sanfte Marie wird das Glьck meines Lebens machen. Ihre sьяe Seele bildet sich in ihren blauen Augen. Und weiя wie ein Engel des Himmels, gebildet aus Unschuld und Liebe, leitet sie mein Herz zur Ruhe und Glьckseligkeit. Pack zusammen! und dann auf mein Schloя! Ich will Bamberg nicht sehen, und wenn Sankt Veit in Person meiner begehrte. (Geht ab.)

Franz. Da sei Gott vor! Wollen das Beste hoffen! Maria ist liebreich und schцn, und einem Gefangenen und Kranken kann ich's nicht ьbelnehmen, der sich in sie verliebt. In ihren Augen ist Trost, gesellschaftliche Melancholie. – Aber um dich, Adelheid, ist Leben, Feuer, Mut – Ich wьrde! – Ich bin ein Narr – dazu machte mich ein Blick von ihr. Mein Herr muя hin! Ich muя hin! Und da will ich mich wieder gescheit oder vцllig rasend gaffen.

Yaş sınırı:
12+
Litres'teki yayın tarihi:
28 eylül 2017
Hacim:
110 s. 1 illüstrasyon
Telif hakkı:
Public Domain