Kitabı oku: «Der Henker», sayfa 3

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Wahnwitzige „Volkstumsarbeit“: Himmler begrüßt an der deutschen Grenze eine Kolonne von Rückwanderern.


Dieses „Mitarbeiterverzeichnis“ dokumentiert es: Göth ist im Stab Globocniks für den „Arbeitseinsatz“ zuständig.

Irgendwann in diesen Tagen macht Göth die Bekanntschaft mit SS-Oberscharführer Reinhold Feix, einem der grausamsten SS-Mörder, die im „Gangster-Gau“ ihr Unwesen treiben. 1942 ist Feix, ein Sudetendeutscher aus Neudorf in der Nähe von Gablonz und von Beruf Friseur, im Vernichtungslager Bełżec tätig; von Dezember 1942 bis August 1943 ist er Kommandant des Zwangsarbeiterlagers Budzyń; wie Mietek Pemper später bezeugt, unterhält Göth mit ihm auch in Płaszów noch eine intensive Korrespondenz. Vieles deutet darauf hin, dass er in der Umgebung von Feix auch das Töten „gelernt“ hat – es ist die gemeinsame Erfahrung des Judenmordes, die sie verbindet.

Jedenfalls muss Göths Talent als „Organisator“ von seinem Chef Globocnik bald anerkennend registriert worden sein, denn im Frühsommer 1942 stellt er seinem „Referenten ohne Verwendung“, wie wieder Pemper bezeugt hat, eine Bevollmächtigung zum Einkauf von Materialien in Ostrau und anderen mährischen Städten aus; der Hintergrund für diese Vollmacht sind nicht näher ausgeführte „Geheime Baumaßnahmen des Reiches“. Schon Pemper hat dazu den Verdacht geäußert, dass es sich hier nur um „Materialien“ für den Bau der Krematorien in den polnischen Vernichtungslagern handeln konnte. Dazu passt auch der ebenfalls von Pemper erwähnte Brief Globocniks vom Juni oder Juli 1942 an die Kommandanten von Bełżec, Sobibór und Treblinka, in dem diese angewiesen werden, Göth den Zutritt auf das Lagergelände zu erlauben. Mietek Pemper vermutete, dass diese Zutrittserlaubnis noch einen anderen Grund gehabt haben könnte: Göth sei vielleicht mit der Kontrolle bzw. Erfassung der Wertgegenstände der Ermordeten betraut gewesen – da hätte natürlich Globocnik den Bock zum Gärtner gemacht; andererseits würde das auch die wachsende Spannung zwischen Göth und Globocniks Stabschef SS-Sturmbannführer Hermann Höfle im Herbst 1942 erklären. Der Österreicher Höfle, 1911 in Salzburg geboren und von seiner Ausbildung her Automechaniker, ist seit 1933 Mitglied der NSDAP und der SS und auf eine Empfehlung Adolf Eichmanns hin seit Oktober 1941 der „Referent für Judenangelegenheiten“ im Stab Globocniks. Er koordiniert die Deportationen aus Lublin, Mielec, Rzeszów, Białystok und Warschau in die Vernichtungslager. Auch der Schützling Eichmanns verdankt also der Aktion Reinhardt einen massiven Karrieresprung. Gut denkbar, dass sich die beiden „Ostmärker“ in der Frage des „Umgangs“ mit jüdischen Vermögenswerten in die Quere gekommen sind, denn seit Sommer 1942 leitet Höfle eine Art „Lagerhaus“ für die bewegliche Habe der Juden, das in der Lubliner Chopinstraße 27, dem alten Flughafen der Stadt, eingerichtet worden ist. In einer eigenen Zentralkartei werden hier von Höfle Kleidungsstücke, Schuhe und Ähnliches registriert; für die Erfassung von Edelsteinen und Devisen ist allerdings SS-Sturmbannführer Georg Wippern zuständig. Er und Höfle wissen um die Bestechlichkeit Göths und versuchen ihn loszuwerden.


„SCHÖNE ARBEIT“ KRAKAU

Ja, in Krakau fühlen sich die deutschen Besatzer so richtig wohl, das ist eine Stadt nach ihrem Geschmack: „Auf Schritt und Tritt begegnen uns hier die steinernen Zeugen eines harten, entschlossenen Willens, nimmermüder Tatbereitschaft und unversiegbarer Schöpferkraft, daraus mitten im volksfremden Raume eine deutsche Stadt reiner und edler Prägung entstand“, schreibt Theodor Müller, einer der vielen kulturbeflissenen „Experten“, die sich nun in Krakau herumtreiben, in seiner Landeskunde des Generalgouvernements, verfasst im Auftrag der „Hauptabteilung Wissenschaft und Unterricht“ in der Regierung Hans Franks. Sie alle sind, glaubt man der NS-Propaganda, dem hehren „Ruf des Ostens“ gefolgt, um hier den „neuen deutschen Lebensraum“ aufzubauen; tatsächlich lockt der Reiz des Abenteuers, vor allem die gar nicht so utopische Aussicht, im Reich Hans Franks das schnelle Geld machen zu können. Da gibt es die Firmen und Vermögenswerte der jüdischen Polen, die man sich ganz ungeniert aneignen kann, da gibt es Kunstschätze und Möbel, Teppiche und Porzellan, Diamanten und Bargeld. Und da gibt es etwa die 2,5 Millionen jüdischen Polen, deren Ermordung man nun „zügig“ in Angriff nimmt.

Ein heftiger Kampf um Zuständigkeiten und Kompetenzen zwischen Himmler und Frank entbrennt, aus dem schließlich der Reichsführer-SS im November 1941 endgültig als Sieger hervorgeht. Was das Schicksal der jüdischen Polen angeht, so haben Himmler und seine Mordgehilfen ab diesem Zeitpunkt das Heft fest in der Hand: Die Entscheidungen über Tod und Leben der Juden fallen nun bei den SS-Dienststellen. An der Spitze der SS-Gewaltherrschaft im Distrikt Krakau steht, zumindest am Papier, General Friedrich Wilhelm Krüger, der Höhere SS- und Polizeiführer Ost (HSSPF Ost), ein ehrgeiziger, 48-jähriger, mit dem Eisernen Kreuz ausgezeichneter Weltkriegsveteran aus Straßburg, ihm zur Seite als persönlicher Adjutant SS-Hauptsturmführer Emmanuel Graf von Korff, 36 Jahre alt. Krüger residiert wie sein Intimfeind Hans Frank auf dem Wawelschloss, ihm unterstehen alle SS- und Polizeidienststellen im Generalgouvernement: die Befehlshaber der Sicherheitspolizei (SIPO) und des Sicherheitsdienstes (SD) ebenso wie die Chefs der Kriminal- und der Ordnungspolizei; für alle „Aktionen“ gegen die Juden trägt er zwar nominell die Letztverantwortung, tastächlich kümmert sich ein Mann wie der Kärntner SS-Brigadeführer Odilo Globocnik, der in Lublin die Aktion Reinhardt startet, wenig um die Meinung Krügers und zieht es vor, seine Weisungen direkt bei Heinrich Himmler einzuholen. Und auch in Krakau selbst passiert vieles, was nicht unbedingt mit ihm abgestimmt ist. Die Initiative in Sachen „Judenpolitik“ liegt da eher beim SS- und Polizeiführer des Distrikts Krakau, Oberführer Julian Scherner, dessen Hauptquartier sich in der Oleanderstraße befindet. Als Stabsführer Scherners fungiert SS-Sturmbannführer Willi Haase.

Die ersten Terroraktionen der deutschen Besatzer in Krakau lassen nicht lange auf sich warten: In der Zeit zwischen dem 10. Mai und dem 12. Juli 1940 ordnet Generalgouverneur Hans Frank die „Außerordentliche Befriedungsaktion“ an. Die Sicherheitspolizei inhaftiert 3.500 Angehörige des polnischen Widerstandes, und etwa 3.000 so genannte „Berufsverbrecher“ werden in Gefängnissen ermordet. Frank zitiert den „Führer“, der ihm gesagt hätte, dass die Führerschicht in Polen zu liquidieren und was „nachwachse“ wieder wegzuschaffen sei. Dann meint er weiter über die Maximen seines Handelns: „Wir brauchen diese Elemente nicht erst in die Konzentrationslager des Reichs abzuschleppen, denn dann hätten wir nur Scherereien und einen unnötigen Briefwechsel mit den Familienangehörigen, sondern wir liquidieren die Dinge im Lande. Wir werden es auch in der Form tun, die die einfachste ist.“

Hans Frank versteht sich als deutscher Kulturmensch, ja, als Speerspitze der Zivilisation, und hält entsprechend Hof: So begrüßt der vielseitig interessierte und durchaus belesene Herr am Wawel zum Beispiel den Physiker Werner Heisenberg, Paul Hörbiger, Lil Dagover, Max Halbe, Elly Ney, Veit Harlan, Heinrich George, Clemens Krauß, diverse Solisten der Mailänder Scala, die Wiener Sängerknaben oder auch seinen Freund, den Komponisten Hans Pfitzner. Zu einer größeren Schärfe des Denkens vermögen ihn all diese Kontakte nicht zu bewegen und so schwadroniert er am Rednerpult weiter drauf los.


Arbeiten „für das Wohl und die Größe des Reiches“: die Nazis in Krakau

In seiner Ansprache auf der Weihnachtsfeier des I. Wachbataillons Krakau am 19. Dezember 1940 resümiert Frank: „Ich habe freilich in einem Jahr weder sämtliche Läuse noch sämtliche Juden beseitigen können. Aber im Laufe der Zeit und besonders wenn Ihr mir dabei helft, wird sich das schon erreichen lassen.“

Das Krakauer Ghetto

Ein erster Schritt zur angestrebten „Beseitigung“ der Juden ist die Einrichtung eines Ghettos am rechten Weichselufer im Stadtteil Podgórze. Auf dem etwa 20 Hektar großen Gelände um den Zgody-Platz, das 15 Straßen zwischen Weichsel, Rynek Podgórski und der Bahnlinie Kraków – Płaszów einschließt, stehen 320 Häuser mit 3.167 Zimmern – darin sollen bis zum 20. März 1941 16.000 Juden Platz finden; die vorgegebene unmenschliche Norm sieht dabei folgendermaßen aus: zwei Quadratmeter eines Zimmers für eine Person oder drei Personen für ein Fenster. In einer Zwei- oder Dreizimmerwohnung müssen daher mehrere Familien eine neue Heimstatt finden. Die Situation verschärft sich noch nach dem 15. September 1941, als etwa 4.000 Juden aus den Orten in der Umgebung Krakaus ebenfalls ins Ghetto übersiedeln müssen – insgesamt leben nun 20.000 Menschen zusammengepfercht auf engstem Raum.

Schritt für Schritt ziehen die Nazi-Bürokraten die tödliche Schlinge enger: Ab dem 15. Oktober 1941 steht auf das Verlassen des Ghettos ohne entsprechende Erlaubnis die Todesstrafe; ab 1. Dezember 1941 werden Lebensmittel rationiert: Vorgesehen sind 100 Gramm Brot täglich sowie 200 Gramm Fett und Zucker monatlich. Als Antwort darauf beginnt der Schmuggel von koscherem Fleisch und anderen Nahrungsmitteln. Wer genug Geld hat, kann noch immer alles kaufen; für viele beginnt jedoch nun das Hungern.

Am 11. Dezember 1941 veranstalten SS und Sicherheitspolizei eine erste Treibjagd auf Menschen, die keine gültige Aufenthaltserlaubnis für das Ghetto besitzen; wer gefasst wird, wird in den Wäldern um Kielce erschossen.

Am 27. Dezember 1941 kommt unter Androhung der Todesstrafe der Befehl zur Ablieferung von Pelzen, Schi und Schischuhen – an die 8.000 Pelze werden eingesammelt; während der Suchaktionen in den Wohnungen erschießen Polizei und SS zahlreiche Menschen.

Die Strategen des Massenmordes denken inzwischen in unfassbaren Dimensionen: Am 13. Oktober 1941 trifft Globocnik mit Heinrich Himmler zusammen, der ihm die Genehmigung zum Bau des Vernichtungslagers in Bełżec erteilt. Am 17. Oktober 1941 ist bei SSPF Odilo Globocnik in Lublin eine Besprechung angesetzt. Angereist aus Krakau sind Generalgouverneur Hans Frank, der im Slang der SS inzwischen auch höhnisch König Hans oder Stanislaus der Verspätete genannt wird, und der Stellvertreter des Staatssekretärs Dr. Ernst Boepple, anwesend sind weiters der Gouverneur des Distrikts Lublin Ernst Zörner und dessen Amtschef Wilhelm Engler. Einer der Punkte, die besprochen werden, betrifft die „Judenfrage“. Nach angeregter Diskussion einigen sich die Herren auf folgende Vorgangsweise: „Die Juden sollen – bis auf unentbehrliche Handwerker und dergl. – aus Lublin evakuiert werden. Zunächst werden 1.000 Juden über den Bug überstellt werden. Den Vollzug übernimmt der SS- und Polizeiführer. Die Auswahl der zu evakuierenden Juden erfolgt durch den Stadthauptmann.“

Damit ist eine wichtige Weichenstellung in Richtung systematischer Ermordung der Juden gefallen, Frank und Globocnik, die es beide nicht erwarten können, das Generalgouvernement ihrem „Führer“ endlich „judenfrei“ präsentieren zu können, haben sich durchgesetzt. Mit der „Evakuierung der Juden über den Bug“ hat man für das beginnende Massaker auch ein erstes passendes sprachliches Mäntelchen gefunden. Und die Kompetenzen dafür sind festgelegt: Nicht wie bisher die Zivilverwaltung ist für die „Evakuierung“ zuständig, sondern der SS- und Polizeiführer Odilo Globocnik – ein verräterischer Hinweis darauf, dass jetzt die Skrupellosigkeit und Brutalität des SS-Apparats gefragt sind. Globocnik, der zudem um die Zustimmung Himmlers zum Bau der Gaskammern in Bełżec weiß, kann seinem Tatendrang jetzt freien Lauf lassen. Bereits in seiner einleitenden Ansprache zur Sitzung hat Hans Frank durchklingen lassen, dass dieser Weg von Hitler vorgegeben sei: „Ich habe in der nächsten Zeit auf Grund eines besonderen Auftrages des Führers sowieso hier noch öfter zu tun und werde daher das Glück haben, öfter in Lublin zu erscheinen.

Frank, der schon von der Besiedlung des Generalgouvernements durch deutsche Siedler träumt, scheint seine fiebrige Ungeduld in Sachen „Judenfrage“ kaum bezähmen zu können. Zwei Monate später, am 16. Dezember 1941, schließt er eine Regierungssitzung in Krakau mit sehr deutlichen Worten: „Mit den Juden – das will ich Ihnen auch ganz offen sagen – muss so oder so Schluss gemacht werden. Mitleid wollen wir grundsätzlich nur mit dem deutschen Volke haben, sonst mit niemanden auf der Welt. Die anderen haben auch kein Mitleid mit uns gehabt.

Ich muss auch als alter Nationalsozialist sagen: Wenn die Judensippschaft den Krieg in Europa überleben würde, wir aber unser bestes Blut für die Erhaltung Europas geopfert hätten, dann würde dieser Krieg doch nur einen Teilerfolg darstellen. Ich werde daher den Juden gegenüber grundsätzlich nur von der Erwartung ausgehen, dass sie verschwinden. Sie müssen weg.


Ein Motiv für den Propagandafeldzug: „König Hans“ Frank begegnet Mädchen in ukrainischer Tracht.


Übersiedlung ins Ghetto: Möbel und Hausrat werden auf Leiterwagen verladen.

Meine Herren, ich muss Sie bitten, sich gegen alle Mitleidserwägungen zu wappnen: Wir müssen die Juden vernichten, wo immer wir sie treffen und wo es irgend möglich ist, um das Gesamtgefüge des Reiches hier aufrecht zu erhalten.

Die Juden sind auch für uns außergewöhnlich schädliche Fresser. Die 3,5 Millionen Juden können wir nicht erschießen, wir können sie nicht vergiften, werden aber doch Eingriffe vornehmen können, die irgendwie zu einem Vernichtungserfolg führen, und zwar im Zusammenhang mit den vom Reich her zu besprechenden großen Maßnahmen. Das Generalgouvernement muss genau so judenfrei werden, wie es das Reich ist.“

Die Planungen zum Mord an den Juden sind offenbar weiter fortgeschritten. Bereits einen Monat vor der Wannsee-Konferenz stimmt Hans Frank seine Mitarbeiter auf das Blutbad ein – in den Köpfen ist man bereit für die große „Aktion“. Das Generalgouvernement will sich als Musterschüler zeigen, der die Aufgabe bereits angeht, bevor sie noch offiziell ausgesprochen ist – diesen Rahmen für die „Endlösung“ steckt dann die berüchtigte Wannsee-Konferenz vom 20. Jänner 1942 ab – der Massenmord an den europäischen Juden ist beschlossene Sache …

Die Deportationen

Am 28. Mai 1942 umstellen Einheiten der SS, der Waffen-SS und der Sicherheitspolizei das Krakauer Ghetto. Die Schergen der „Endlösung“ beginnen ihre mörderische „Selektionen“: Bis 8. Juni werden drei Todeszüge mit 7.000 Juden „abgefertigt“; Ziel der „Transporte“: das Vernichtungslager Bełżec im Distrikt Lublin.

Vorbereitet wird die „Aktion“ durch eine weitere Schikane der Nazi-Bürokratie: den „Blauen Schein“. Die Kennkarte bietet ab nun den Bewohnern des Ghettos nicht mehr ausreichend Schutz vor Deportation, auch nicht dann, wenn sie mit dem Stempel einer offiziellen Arbeitserlaubnis versehen ist. Der Blaue Schein, den ebenfalls nur arbeitende Juden erhalten, teilt die Ghettobewohner auf bürokratischem Weg, er „selektiert“ für die „Endlösung“ vor: in jene, die arbeiten und vorläufig leben dürfen, und in jene, die bereits jetzt zum Tode verurteilt sind – vorgesehen für den Abtransport in eine der Todesfabriken im Osten.

Zahlreiche Juden werden von der SS noch im Ghetto erschossen; in wenigen Tagen fordert die Menschenjagd an die 600 Opfer. Höhepunkt des Massakers ist der 4. Juni 1942, der „Blutige Donnerstag“: Unter den Ermordeten dieses Tages sind auch der Dichter Mordechai Gebirtig, der Maler Abraham Neumann und Arthur Rosenzweig, der Vorsitzende des Judenrates. Etwa 12.000 Menschen bleiben noch im Ghetto zurück. Das Schicksal der noch lebenden Juden entscheidet sich Anfang Juni 1942: Hans Frank hat den Machtkampf mit Himmler um die Befugnisse in der Siedlungs- und Judenpolitik endgültig verloren; für die „Judenangelegenheiten“ ist nun der Höhere SS- und Polizeiführer Friedrich-Wilhelm Krüger zuständig. Krüger, daran lässt der von kaltem Ehrgeiz zerfressene Mann aus Straßburg keinen Zweifel, ist für den Massenmord: Mitte Juni verhandelt er bereits mit den führenden Verwaltungsbeamten der einzelnen Distrikte über die Ausdehnung der Massentötung auf das gesamte Generalgouvernement. Die zivilen Verwaltungsstellen stellen sich der „Herausforderung“ bereitwillig, sie sehen darin „eine harte Notwendigkeit“, die man im Interesse des „Endsiegs“ zu akzeptieren hat. Und so werden auch die Bewohner des Krakauer Ghettos unerbittlich weiter gequält: Am 20. Juni 1942 verkleinert man das Ghetto um den Streifen zwischen der Tarnowskastraße (heute Limanowskiegostraße) und Krzemionki; die nächste Verkleinerung erfolgt am 1. November 1942 mit der Abtrennung der so genannten „Ukraine“: Der Bereich Janowa-Wola-Straße, die Dąbrówkistraße und die linke Seite der Lembergstraße werden vom Ghetto abgelöst.


Deportation in den Tod: „selektionierte“ Opfer auf dem Marsch zu den Zügen am Krakauer Hauptbahnhof

Nach einer kurzzeitigen Unterbrechung fahren ab Mitte Juli 1942 wieder zwei Deportationszüge pro Woche aus dem Distrikt Krakau zum Vernichtungslager Bełżec. Die Aktion Reinhardt steuert ihrem Höhepunkt zu: Am 18. und 19. Juli 1942 ist Heinrich Himmler in Lublin; neben Bełżec sind jetzt auch die Vernichtungslager in Sobibór und Treblinka „einsatzbereit“, die „Reduzierung der überflüssigen Juden“ wird in fieberhaftem Tempo fortgesetzt. Bald erreicht der Massenmord unvorstellbare Dimensionen: Ab dem 22. Juli 1942 sterben in den Vernichtungslagern durch fast zehn Wochen hindurch jeden Tag bis zu 25.000 polnische Juden. Ende 1942 werden von den einst zwei Millionen Juden im Generalgouvernement nur mehr 300.000 leben.

Hans Frank, Chef des Gangster Gaus, der am 1. August auf einer Großkundgebung in der ostgalizischen Metropole Lemberg spricht, ist daher bestens aufgelegt. So kann er es sich nicht verkneifen, die laufenden Mordaktionen zumindest anzudeuten: „[M]it diesen Juden werden wir auch noch fertig. (…) Es soll doch in dieser Stadt einmal Tausende und Abertausende von diesen Plattfußindianern gegeben haben – es war keiner mehr zu sehen. Ihr werdet doch am Ende mit denen nicht böse umgegangen sein? (Das Protokoll verzeichnet „Große Heiterkeit“.)

(…) Wir haben das Glück, daß wir hier mit den Juden so umgehen können, wie sie mit dem deutschen Volk umgegangen sind. (…) Der Jude ist in diesem Land kein Problem mehr, sondern höchstens geeignet, uns artgemäß zu interessieren.“

Nach den ersten Wochen des Mordens zieht auch der Reichsführer-SS ein zufriedenes Zwischenresümee. In einem Brief an Odilo Globocnik vom 13. August 1943 schreibt Himmler: „Arbeiten Sie weiter so tatkräftig wie bisher und ich glaube sicher, daß Sie in dieser schönen Arbeit Befriedigung finden.“ Während Göth bei der „Aktion Reinhardt“ seine Erfahrungen mit dem Judenmord sammelt, holt das SS-Personalhauptamt offiziell nach, was de facto schon Realität ist: Am 13. August 1942 wird er für die Dauer seines Einsatzes beim Höheren SS- und Polizeiführer Ost zum „Fachführer der Waffen-SS“ ernannt; als Dienstgrad bleibt der SS-Untersturmführer, allerdings darf Göth jetzt ein „(S)“ dahinter setzen.

Im Herbst 1942 trifft Göth, angeblich auf Befehl von Globocniks Stabsführer Ernst Lerch, dem Sohn eines Klagenfurter Cafetiers, an seinem nächsten Einsatzort ein: Poniatowa südwestlich von Lublin. Im September 1941 hatte man hier ein Lager für sowjetische Kriegsgefangene errichtet, das Stalag (Stammlager) 359, bewacht vom Landesschützenbataillon 709. 24. 000 Soldaten der Roten Armee brachte man bis Dezember 1941 hierher – bis zum Frühjahr 1942 waren 22.000 Gefangene tot, zugrunde gegangen an den entsetzlichen sanitären Bedingungen – es gab kein Wasser zum Waschen und keine Möglichkeiten zum Kleiderwechsel –, an Hunger und Krankheiten, vor allem Typhus. Zu Beginn des Jahres 1942 starben hier täglich (!) an die 1.000 Menschen. Die Toten hatte man in 32 Massengräbern außerhalb des Lagers verscharrt. 500 gefangene Sowjetsoldaten, hauptsächlich „Volksdeutsche“, rekrutierte man für den Wachdienst in den Lagern und brachte sie zur „Ausbildung“ ins berüchtigte „Trainingscamp“ der SS in Trawniki.

Göths Aufgabe ist auch hier der Aufbau eines Lagers für jüdische Sklavenarbeiter, und er zeigt sich wiederum als erfolgreicher „Campmanager“. Bereits im Oktober 1942 werden die ersten Juden aus dem „Transit-Ghetto“ von Opole Lubelskie nach Poniatowa gebracht, bis Jänner 1943 sind an die 1.500 Zwangsarbeiter im Lager, unter ihnen auch Juden aus Wien und der Slowakei. Göths Plan sieht eine Kapazität von 9.000 jüdischen Arbeitern vor; im Sommer 1943 werden es allerdings bereits an die 10.000 sein. Sie arbeiten in den Textilfabriken von Walter Toebbens, in denen vor allem Wehrmachtsuniformen hergestellt werden. Im Jänner 1943 werden die Betriebe von Walter Toebbens in Odilo Globocniks SS-Industriekomplex „Osti“ eingebracht; im August 1943 ist „Konzernchef“ Globocnik zu Besuch im Lager und überzeugt sich von der Produktivität seiner Sklaven. Die „Liquidierung“ des Lagers in Poniatowa sollte dann am 4. November 1943 im Rahmen des Blutbads „Aktion Erntefest“ erfolgen: Mehrere Tage vor der Massenexekution müssen die Häftlinge ihre eigenen Massengräber ausheben. Einige Gräben werden im Lager selbst gezogen, andere außerhalb des Lagers. Man sagt ihnen, dass dies „Splittergräben“ zum Schutz vor Luftangriffen wären. Am 4. November um fünf Uhr früh müssen die Häftlinge zu einem Zählappell antreten und werden dann in ein großes Geschäftsgebäude gepfercht. Dann holt die SS Gruppen von je 50 Häftlingen ab. Im Freien müssen sie ihre Schuhe ausziehen und eventuell verbliebene Wertsachen in Körbe geben, dann bringt man sie in eine nahe gelegene Baracke, wo sie sich nackt ausziehen müssen. Von hier treibt die SS sie zu den Gräben, in die sie hinabsteigen müssen und sich auf den Bauch legen, Gesicht nach unten. Dann werden sie erschossen. Während der Exekutionen spielt man dröhnende Musik aus Lautsprecherwagen, um die Schüsse und Schreie der Opfer zu übertönen.

In einer der Baracken, in der die Mitglieder der jüdischen Untergrundbewegung versammelt sind, kommt es zum Widerstand: Aus versteckt gehaltenen Waffen eröffnen Häftlinge das Feuer auf die SS. Diese setzt jedoch die Baracke in Brand und die jüdischen Kämpfer verbrennen bei lebendigem Leibe. An diesem 4. November werden an die 14.000 Menschen erschossen. Etwa 150 bis 200 Juden hat man am Leben gelassen – sie sollen die Kleider der Opfer sortieren und die Leichen verbrennen. Als die Häftlinge ablehnen, werden sie ebenfalls erschossen, ihre „Arbeit“ wird vom „Sonderkommando“ aus Majdanek und von jenen jüdischen Häftlingen übernommen, die man während der „Aktion Erntefest“ in Majdanek „ausselektiert“ hat. Wochenlang brennen in Poniatowa noch die Leichenfeuer …

Geschützt durch die Körper der Getöteten überleben das Massaker zwei Frauen, Estera Rubinsztajn und Ludwika Fiszer. Stundenlang Seite an Seite mit ihrer toten Tochter im Massengrab liegend, kann Ludwika Fiszer im Schutz der Dunkelheit fliehen.

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Litres'teki yayın tarihi:
22 aralık 2023
Hacim:
420 s. 85 illüstrasyon
ISBN:
9783990401729
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