Kitabı oku: «Seewölfe - Piraten der Weltmeere 7/III», sayfa 2
Viel mehr Sorgen bereiteten Hasard die anderen Spanier, die von den zusammengeschossenen Karavellen geflüchtet und nun auf dem Weg zurück zur Stiefelspitze – dem Landeplatz – waren, um an Bord der restlichen drei Karavellen zu gelangen. Sie hatten genügend Pulver bei sich, um eine Bombe zu basteln, die Hasard und seine sieben Männer in die Luft blasen konnte.
Verdammt, warum verfolgen die Galeonen die Spanier nicht? Gewiß, es war nicht leicht für die Schiffe, gegen das ablaufende Wasser die Bai hinauszusegeln, aber schließlich war ihre Bewaffnung der der Spanier weit überlegen, so daß das Risiko, selbst eine Niederlage einzustecken, ziemlich gering war.
Hasard blickte zur „Isabella“ hinüber. Ben Brighton konnte ihm nicht helfen. Er hatte kaum genügend Seeleute an Bord, um mit dem Schiff zu manövrieren. Aber an Bord der „Santa Cruz“ und der „Marygold“ waren genügend Leute, die ihnen zur Hilfe eilen konnten. Oder hatte Drake ihn und seine Männer bereits abgeschrieben?
Hasard hatte keine Zeit mehr, weiter darüber nachzudenken. Er konnte schon die Geräusche des Bootes hören. Die Riemen klatschten regelmäßig ins Wasser, und die gedämpfte Stimme eines Spaniers gab leise Befehle.
Dann war nur noch das leise Schwappen der von den Felsen zurückgeworfenen Wellen zu hören. Hasard winkte Batuti, Matt Davies und Stenmark heran. Die Männer hatten geladene Musketen in den Fäusten. Dan O’Flynn kroch auf einen Wink Hasards hin seitlich um den Felsen herum. Er sollte die Spanier von der Seite her mit ein paar Kugeln verunsichern, wenn es ihnen gelang, in die kleine Bucht zu stürmen.
Das Bürschchen grinste. In seinem Gürtel steckten vier Pistolen, und in jeder Hand hielt er eine Muskete. Jetzt fehlt nur noch das Messer quer im Mund, dachte Hasard, dann kippen die Spanier schon bei seinem Anblick aus den Stiefeln.
„Zielt auf die Köpfe oder die Beine“, flüsterte er den anderen zu. „Es ist nicht sicher, ob unsere Kugeln ihre Brustpanzer durchschlagen.“
Die Männer nickten. Batuti hatte die Zähne gefletscht. Er wartete wie die anderen auf den Moment, wenn der Bug des Bootes die Felsnadel passierte, die ihnen den Blick hinauf auf die Bai verwehrte. Sie durften sich nicht aufrichten, denn dann würde einer der Kapitäne auf den spanischen Karavellen sicher auf den Gedanken verfallen, ein paar Kanonen abzufeuern, ohne Rücksicht auf die eigenen Leute zu nehmen.
Hasard fluchte still vor sich hin. Es war bei den Spaniern nicht anders als bei den Engländern. Wenn es um den Erfolg einer Sache ging, war es gleichgültig, wie viele Menschen dafür sterben mußten.
Hasard haßte diesen Standpunkt, aber er wußte, daß er nichts daran ändern konnte.
Langsam schob sich die Bootsspitze um den Felsen, der wie ein langer Finger in die Bai ragte. Die Männer der „Isabella“ hatten ihre Musketen auf den Felsen gelegt und zielten sorgfältig. Sie hörten, wie Eisen gegen Felsen schlug. Wasser plätscherte, dann war wieder Stille.
In Hasards Hinterkopf begann es zu kribbeln. Er spürte, daß irgend etwas nicht in Ordnung war. Seine eisblauen Augen zuckten zu Dan hinüber, aber von dem Bürschchen war nichts zu sehen.
Und dann schob sich das Boot in seiner vollen Länge um die Felsnadel.
Außer den sechs Rudergasten befanden sich nur noch zwei Soldaten an Bord! Sie standen auf einer Ducht und zielten mit ihren Musketen auf die Felsen, hinter denen sich Hasard und seine Männer verbargen.
Fast hätte Hasard zu lange gezögert. Er sah, wie es in den Augen der Soldaten aufblitzte. Sie hatten die Gewehrläufe und die Köpfe entdeckt, die über die Felsen schauten. Sie wollten abdrücken, doch da fauchten ihnen die Kugeln der Engländer schon entgegen.
Die beiden Spanier hatten keine Chance. Die Kugeln aus Stenmarks Muskete riß dem einen das halbe Gesicht weg. Der Soldat kippte nach hinten und fiel auf einen der Rudergasten, die sich ins Boot geworfen hatten, nachdem die erste Salve aufgedonnert war.
Der zweite Soldat stürzte ins Wasser. Eine Kugel hatte seinen Helm getroffen und ihn bewußtlos geschlagen.
„Batuti und Matt!“ schrie Hasard und sprang auf. „Kümmert euch um die Rudergasten! Los, Stenmark, wir müssen die anderen Spanier aufhalten!“
Der Schwede hatte seine Muskete weggeworfen. Er hielt jetzt in jeder seiner mächtigen Pranken eine Pistole, die wie Spielzeuge aussahen. Gleichzeitig mit Hasard schwang er sich über den Felsen, hinter dem Dan O’Flynn verschwunden war.
Eine Muskete donnerte auf. Sie hörten einen gellenden Schrei, der von einem spanischen Soldaten stammen mußte.
Eine helle Stimme schrie: „Arwenack!“ Dann folgte der dünne Knall einer Pistole.
Mit Riesensätzen hastete Hasard und Stenmark auf die Stelle zu, an der geschossen wurde. Hasard spürte, wie ihm etwas Kaltes über den Rücken lief. Das Bürschchen kämpfte allein gegen eine Übermacht von acht spanischen Soldaten!
Hasard verscheuchte die Gedanken daran, was Dan alles passieren konnte. Der leichte Nordwind wehte ihm ins Gesicht und verwandelte die Schweißtropfen auf seiner Stirn in kleine kalte Perlen, die ihn in die Haut zu stechen schienen.
Hasard wich einem großen Felsbrocken aus, und dann sah er die von Felsen umrahmte kleine Bucht vor sich, in der ihr Boot lag.
Wieder krachte ein Pistolenschuß. Ein Spanier, der von den Felsen hinunter auf den Strand springen wollte, warf beide Arme in die Höhe. Sein Gesicht war von einem Augenblick zum anderen blutüberströmt. Die Muskete, die er in den Händen gehalten hatte, klapperte auf die Felsen und bohrte sich dann mit dem Lauf in den hellen Sand des schmalen Strandes.
Hasard blieb abrupt stehen, so daß Stenmark fast aufgelaufen wäre. Die Pistole in Hasards rechter Hand schwang hoch. Feuer und Rauch fauchten aus dem Lauf. Die Kugel riß einem Spanier das Bein unter dem Körper weg. Er stürzte zur Seite und krachte mit dem Helm auf den Lauf der Muskete, die er krampfhaft umklammert hielt. Hastig versuchte er sich aufzurichten, aber sein rechtes Bein knickte wieder ab. In seinen Augen war nichts als Angst. Den Mund weit geöffnet, starrte er auf Hasard und Stenmark, die schon wieder schossen.
Gott sei Dank! dachte Hasard erleichtert. Das Bürschchen war so vernünftig gewesen, in Deckung zu bleiben. Hasard hatte diesen Gedanken kaum zu Ende gedacht, da tauchte der Blondschopf hinter dem Felsen auf. Sein Gesicht war vom Kampfeseifer gerötet. Die Augen blitzten. Voller Begeisterung krähte er mit seiner Stimme, die sich überschlug: „Arwenack!“ und sprang über seine Deckung. Er stürmte mit vorgereckter Pike auf die restlichen vier spanischen Soldaten zu, die sich zu Hasard und Stenmark umgewandt hatten.
Der letzte Schuß von Hasard gab den Spaniern den Rest. Zwei von ihnen lagen mit blutigen Köpfen im Sand und rührten sich nicht mehr. Einer hockte mit wachsbleichem Gesicht an einem Felsen und preßte beide Hände auf den Leib. Zwischen seinen Fingern quoll dunkles Blut hervor. Der junge Bursche mit dem durchschossenen Bein hatte seine Muskete losgelassen und versuchte von den beiden großen Männern, die immer noch ihre rauchenden Pistolen in den Händen hielten, wegzukriechen.
Dan O’Flynn hieb einem Spanier mit der Pike den Helm vom Kopf.
„Schluß jetzt, Dan!“ brüllte Hasard. „Sie haben sich ergeben!“
Das Bürschchen hatte es in seinem Eifer nicht bemerkt, daß die Spanier ihren Widerstand aufgegeben hatten. Fast ein wenig enttäuscht zog er sich zu Hasard und Stenmark zurück.
Hasard nickte Stenmark zu. Der Schwede schnitt sein grimmigstes Gesicht und ging auf die Spanier zu. Er nahm ihnen die Waffen ab und befahl ihnen durch Gesten, daß sie ihre Helme und Panzer abnehmen sollten. Sie gehorchten widerspruchslos. In ihren Augen las Hasard das Entsetzen über die Wildheit, mit der sie hier am Strand empfangen worden waren.
Stenmark und Dan begannen die Spanier zu fesseln, auch den Jungen mit dem durchschossenen Bein. Der Mann mit dem Bauchschuß hatte ausgelitten. Als Dan ihn fesseln wollte, schaute er in zwei leere Augen.
Hasard war zurückgelaufen. Hoffentlich waren Batuti und Matt mit den spanischen Rudergasten fertig geworden. Wenn Batuti und Matt Davies auch zwei Kämpfer mit besonderen Qualitäten waren, so war eine dreifache Übermacht von spanischen Seeleuten nicht zu verachten. Hasard hatte schon oft erlebt, daß Seeleute nicht so leicht aufgaben wie Soldaten. Der Kampf mit den Naturgewalten hatte ihre Muskeln gestählt und ihren Willen darauf ausgerichtet, bis zum letzten Atemzug zu kämpfen.
Aber Batuti und Matt Davies brauchten keine Unterstützung mehr. Keuchend standen sie da, als Hasard auftauchte, um sich herum die sechs Rudergasten des spanischen Bootes.
Über die Brust Batutis zog sich ein breiter Streifen. Darunter glänzte die nackte, dunkle Bauchdecke. Über dem Gürtel staute sich das Blut. Die helle Segeltuchhose sog sich damit voll und färbte sich rot.
Batuti zog die Lippen in die Breite, als er Hasard auftauchen sah. Die beiden Reihen seiner makellosen Zähne leuchteten wie Perlen. Der Kratzer an der Brust schien ihm nichts auszumachen.
Matt Davies schaute weniger zufrieden drein. Auf seiner Stirn prangte eine eigroße Beule. Vor ihm im Sand lag ein Mann, alle viere weit von sich gestreckt. Ein blutiger Riß verlief über seine linke Gesichtshälfte bis zum Hals hinunter.
„Haut mir der Kerl doch glatt einen Riemen über die Birne, als ob mein Kopf aus Eisen sei“, sagte Matt wütend. „Aber der tut das bestimmt nicht noch mal.“
„Nix schlimm“, sagte Batuti und ließ seine Zähne blitzen. „Wenn Birne kaputt, dann kriegst du Haken auf den Hals.“
„Halt deine Klappe, du hinterhältiger Bastard“, sagte Matt und reckte drohend den Arm mit dem spitzgeschliffenen Eisenhaken vor. „Du hast genau gesehen, daß der Kerl von hinten mit dem Riemen auf mich losging! Ich hab dein Grinsen genau gesehen!“
Batuti blickte Matt Davies treuherzig an.
„Nix Grinsen“, sagte er. „Das war Schmerz wegen Streifschuß auf Brust.“
„Lüg mich nicht an, du nackter Affe!“ schrie Matt, der immer wütender wurde. „Den Kratzer hast du doch gar nicht gespürt!“ Hasard trat zwischen die beiden.
„Laß gut sein, Matt“, sagte er lächelnd. „Ihr könnt euch darüber weiter unterhalten, wenn wir wieder an Bord der ‚Isabella‘ sind. Fesselt die Spanier und bringt sie ins Boot. Wir müssen endlich sehen, daß wir hier verschwinden. Ich habe keine Lust, länger in dieser Falle zu hocken und zu warten, bis die Iren und die Spanier mit allen Männern über uns herfallen.“
„Aye, aye“, sagten die beiden wie aus einem Mund. Sie suchten sich Stricke und Lederriemen, die die Spanier als Gürtel trugen, und fesselten die bewußtlosen Rudergasten. Sie gingen nicht gerade sanft mit den Männern um, aber die spürten davon wenig.
Hasard hockte sich auf den Felsen, von dem aus er die Umgebung nach allen Seiten überblicken konnte. Er stöhnte leise auf, als er sah, daß die Spanier drei weitere Boote zu Wasser gelassen hatten. Wahrscheinlich sollten sie die Engländer, die dort am Ufer hockten, den Schiffbrüchigen den Weg zu den letzten drei Karavellen versperrten und wahrscheinlich für die Sprengung in den Drum Hills verantwortlich waren, endgültig in die Hölle jagen.
Östlich der kleinen Bucht, in der Hasard sich mit seinen Männern verbarg, sah Hasard Bewegung im Gelände. Die schiffbrüchigen Spanier waren nicht mehr allzuweit entfernt. Jetzt fehlte nur noch, daß sich auch die Iren in Dungarvan darauf besannen, daß es doch nicht so schwierig sein könne, einem Haufen von acht verfluchten Engländern zu einer vernünftigen Himmelfahrt zu verhelfen.
Hasards sehnsüchtiger Blick glitt hinüber zu den englischen Galeonen. Was er sah, ließ sein Herz plötzlich schneller schlagen. An der Steuerbordseite der „Marygold“ wurde ein Boot zu Wasser gelassen! Nacheinander stiegen fünfundzwanzig Soldaten hinein. Hasard konnte nicht erkennen, wer der letzte war. Wahrscheinlich „Black“ John Norris selbst. Er war bekannt dafür, daß er gefährliche Operationen gern selbst anführte.
Als Hasard zurück zu den spanischen Karavellen blickte, sank seine Hoffnung wieder. Das Boot von Drakes Schiff hatte fast die doppelte Entfernung wie die spanischen zurückzulegen. Wenn auch die Iren und die Schiffbrüchigen von Land angriffen, würde Norris mit seinen Soldaten erst hier eintreffen, wenn keiner der Männer von der „Isabella“ mehr am Leben war.
Hasards Augen verdunkelten sich, als er auf den gefesselten Burton und seinen vierschrötigen Profos sah. Diesen Kerlen hatten sie es zu verdanken, daß sie hier wie die Mäuse in der Falle hockten. Am liebsten hätte Hasard Batuti befohlen, Burton und seinen Profos in die Bai zu werfen.
3.
Die schwarzen Augen des hageren Mannes auf dem Achterdeck der „Viento del Sur“ waren voller Haß, seit er die englische Galeone erkannt hatte, die unter dem nördlichen Ufer der Dungarvanbai ankerte. Er konnte die Augen nicht von der „Isabella von Kastilien“ wenden. Noch vor wenigen Wochen hatte er diese stolze Galeone geführt, und in ihrem Bauch waren dreißig Tonnen Silber verstaut gewesen, die er aus der Neuen Welt nach Spanien hatte bringen sollen.
Die vergangenen Wochen würde er nie in seinem Leben vergessen. Sie waren eine einzige Kette von Demütigungen gewesen. Er hatte plötzlich keine Freunde mehr, als er endlich mit seinen Männern von den kargen Stränden der Inselgruppe der Berlengas von einem Fischerboot zurück zum Festland gebracht worden war.
Sie, die um seine Freundschaft gebuhlt hatten, als es noch hieß, daß niemandes Karriere so schnell und steil nach oben führen würde wie die von Romero Valdez, sie kannten ihn nicht mehr, sie behandelten ihn wie einen Aussätzigen.
Seine Gönner bei der Casa de Contratacion hatten verbissen geschwiegen, als er um die Möglichkeit gebeten hatte, seinen Fehler wiedergutzumachen.
O nein, sie hatten ihm nicht vorgeworfen, daß er sein Schiff mit der kostbaren Silberladung verloren hatte. Das war schon mehr als einem spanischen Kapitän in den letzten Jahren passiert, ohne daß es seiner Karriere viel geschadet hätte. Nein, er hatte einen unverzeihlichen Fehler begangen. Er hatte es zugelassen, daß die Karten von der Neuen Welt, die für die Casa ein Heiligtum waren, in die Hände der Engländer fielen.
Sie hatten zwei Agenten auf den schwarzhaarigen Teufel, der Philip Hasard Killigrew hieß, angesetzt, aber man hatte bisher noch nicht wieder von ihnen gehört. Romero Valdez war nun sicher, daß die Engländer auch sie gefaßt und getötet hatten.
Romero Valdez hätte am liebsten ausgespuckt, als er das erstemal das Deck seines neuen Schiffes, das er befehligen sollte, betreten hatte. Eine lumpige Karavelle mit mangelhafter Bewaffnung und einer Besatzung, die nicht einmal dazu fähig war, den Lehmboden einer Bodega sauber zu fegen! Und er mußte mit ihr Waffen und Munition nach Irland karren.
Er haßte diese fürchterlichen nordischen Länder, in denen es Tage gab, an denen man vor lauter Nebel nicht atmen konnte. Er haßte die wilden, rauflustigen Bewohner Irlands, die sich mit ihrem schauderhaften Bier Räusche antranken und krakeelten wie verrückte maurische Sklaven.
Nur widerwillig löste Romero Valdez seinen Blick von der „Isabella“ und schaute hinüber zum südlichen Ufer, auf das die drei Boote zupullten, die er losgeschickt hatte, um den Überlebenden der beiden zusammengeschossenen Karavellen den Weg freizukämpfen.
Romero Valdez hatte mit Entsetzen beobachtet, wie die Männer des ersten Bootes von den Engländern niedergemacht worden waren, und er hatte plötzlich mit unerschütterlicher Sicherheit gewußt, daß der große schwarzhaarige Mann, den er für einen kurzen Augenblick gesehen hatte, dieser verfluchte Philip Hasard Killigrew war.
Als er den schwarzhaarigen Teufel sah, tastete seine rechte Hand über den linken Arm, der in einem Winkel von 120 Grad stand und steif war. Die Kugel Killigrews hatte ihm das Ellbogengelenk zerschmettert, als er mit den Seekarten in einem Beiboot hatte flüchten wollen.
Kreise drehten sich vor Valdez’ Augen. Der Haß schüttelte ihn so sehr, daß er das Gefühl hatte, sich übergeben zu müssen.
Erst nach Minuten hatte sich der Capitan einigermaßen beruhigt. Er wußte, daß er kühl bleiben mußte, wenn er seine Rache vollenden wollte. Er hoffte auf das Glück, das er benötigte. Dazu gehörte vor allem, daß Capitan Antonio Zapata, der die erste Karavelle befehligt hatte, im Geschützfeuer der Engländer ums Leben gekommen war. Wenn er das Gefecht nicht überlebt hatte, dann war er, Romero Valdez, der dienstälteste Capitan des kleinen Geschwaders, und er würde alles daransetzen, die Schmach, die sein Leben zerstört hatte, zu tilgen und sich an dem Engländer zu rächen, der allein Schuld war an seinem Unglück.
Er preßte die Zähne zusammen. Seine sonst bräunliche Gesichtsfarbe hatte einen olivgrünen Ton angenommen. Aus zusammengekniffenen Augen beobachtete er, wie die drei Boote mit seinen Leuten etwa dreihundert Schritte westlich der Stelle, an der sich die Engländer verschanzt hatten, landeten.
Sein Kopf ruckte herum. Die Lippen verzogen sich zu einem höhnischen Grinsen, als er sah, wie sich ein einzelnes Boot von der letzten englischen Galeone löste und verzweifelt gegen den Ebbstrom angepullt wurde.
Diesmal würden die. Engländer den kürzeren ziehen, und wenn der schwarzhaarige Teufel Philip Hasard Killigrew nicht mehr lebte, dann stand ihm, Romero Valdez, nichts mehr im Wege, die „Isabella“ zurückzuerobern und sich zu rehabilitieren.
4.
Ben Brighton ging unruhig auf dem Quarterdeck der „Isabella“ hin und her. Seit „Black“ John Norris sich zur „Marygold“ hatte zurückpullen lassen, war seine Unruhe ständig gestiegen. Er hatte gesehen, wie sich Kapitän Drake und Kapitän Thomas etwas zugerufen hatten, doch da die „Isabella“ einen Abstand von einer Kabellänge von den beiden anderen Galeonen hatte, war kein Laut an seine Ohren gedrungen.
Dann war ein Boot von der „Marygold“ zu Wasser gelassen worden. Ben hatte beobachtet, daß neben den acht Rudergasten der „Marygold“ fünfundzwanzig Soldaten, Edwin Carberry, der Profos der „Marygold“, und Captain „Black“ John Norris in das Boot gestiegen waren.
Ben Brighton und die anderen Männer auf der „Isabella“ hatten aufgeatmet, als sie erkannten, daß Drake sich endlich entschlossen hatte, dem Seewolf Unterstützung zu schicken.
Die Frage war, ob diese Unterstützung nicht zu spät erfolgte. Die drei spanischen Boote hatten das südliche Ufer der Bai schon fast erreicht, und Jim Maloney meldete aus dem Großmars, daß sich die schiffbrüchigen Spanier der kleinen Bucht, in der Hasard und seine Männer hockten, bis auf Musketenschußweite genähert hätten.
Ben ballte die Hände zu Fäusten, als er an Isaac Henry Burton dachte. Wenn er den Kerl in die Finger kriegte, würde er ihn eigenhändig erwürgen. Warum hatten sie dem Idioten nicht einfach einen Belegnagel über den Schädel gezogen und in das dunkelste Loch gesperrt, bevor er sein Wahnsinnsunternehmen in die Tat umsetzen konnte?
Ben schüttelte den Kopf. Jetzt war alles zu spät. Jetzt saßen Hasard und die anderen in einer tödlichen Falle. Der einzige Trost war, daß es Burton vielleicht längst erwischt hatte. Aber dem möglichen Tod der acht Männer dort drüben wog das auch nicht auf.
Ben mochte gar nicht daran denken. Ihm wurde ganz flau im Magen. Es war noch nicht lange her, seit er Philip Hasard Killigrew kennengelernt hatte. Der junge Seewolf war wie ein Orkan aus dem Bauch der „Marygold“ aufgetaucht und hatte in kürzester Zeit der Mannschaft und dem Kapitän bewiesen, daß er nicht nur eisenharte Fäuste, sondern auch Verstand besaß und ihn sogar anwenden konnte.
Dieser Seewolf war der geborene Seefahrer. Das hatte Kapitän Drake erkannt, als er ihm die Überführung einer Prise in den Hafen von Plymouth anvertraute. Daß Hasard nicht mit demselben Schiff in Plymouth eingelaufen war, störte niemanden – im Gegenteil. Die Ladung der „Isabella“, die er auf der Reede von Cadiz gekapert hatte, nachdem er eiskalt wie eine Hundeschnauze in einem spanischen Flottenverband mitgesegelt war, hatte einen beträchtlich höheren Wert als die der Galeone, die Kapitän Drake ihm anvertraut hatte.
Die Stimme von Ferris Tucker riß Ben Brighton aus seinen Gedanken.
Ben kannte Ferris schon lange genug, um an seinem Gesichtsausdruck ablesen zu können, daß sich auch der Schiffszimmermann um Hasard sorgte.
„Ich bin gespannt, was die jetzt vorhaben“, sagte Ferris. Er wies hinüber zur „Santa Cruz“. Ein Boot war zu Wasser gelassen worden und wurde auf die „Isabella“ zugepullt. Acht Seeleute saßen neben den Rudergasten darin – und ein Soldat, den Ben als Hauptmann James Courcy identifizierte, nachdem das Boot die Hälfte der Strecke zurückgelegt hatte.
Ben Brightons Unruhe nahm noch zu. Er krallte die Hände um die Brüstung des Quarterdecks. Er hoffte inständig, daß er mit seiner Vermutung recht hatte. Wenn man ihm weitere Seeleute und einen Mann schickte, der die Soldaten befehligte, konnte das nur bedeuten, daß sie die Anker einholen und endlich einen Angriff auf die drei spanischen Karavellen fahren sollten, um Hasard und den anderen etwas Zeit und Raum zur Flucht zu verschaffen.
Ben Brighton rief seine Befehle über Deck. Jim Maloney turnte aus dem Mars herunter und lief zur Back, um den anderen zu helfen, die Fock und das Fockmarssegel zu setzen und danach den Buganker einzuholen.
Das Segeltuch füllte sich gerade mit Wind, als das Boot der „Santa Cruz“ an Lee der „Isabella“ anlegte. Die Soldaten halfen Hauptmann Courcy an Bord. Die Seeleute turnten geschickt wie Affen an den Berghölzern über das Schanzkleid und bauten sich vor Ben Brighton auf, der das Quarterdeck verlassen hatte und in die Kuhl heruntergesprungen war.
„Befehl von Kapitän Drake, Ben“, sagte Malloy, ein vierschrötiger Mann, der es wegen seiner Rauflust noch nicht weiter als bis zum einfachen Geschützmann gebracht hatte. „Wir sollen ankerauf gehen und Störmanöver gegen die Dons fahren. Dem Kapitän ist es gleich, ob du sie zwingst, weiter in die Bucht zurückzusegeln, oder ob du sie der ‚Marygold‘ und der ‚Santa Cruz‘ vor die Kanonen treibst …“
Ben Brighton wartete nicht ab, bis Malloy zu Ende gesprochen hatte. Seine Befehle sprudelten ihm über die Lippen. In Sekundenschnelle hatte er die Männer von der „Santa Cruz“ eingeteilt.
„Buganker auf!“ rief er.
Der Bug der „Isabella“ wurde sofort nach Lee gedrückt, die Heckankertrosse spannte sich, Tausende von winzigen Wassertropfen wurden in die Höhe geschnellt und bildeten einen dichten Schleier.
Der Buganker war noch nicht über Wasser, als Bens Befehle die Männer in den Großmast jagten. Groß- und Großmarssegel wurden gesetzt, und wenig später auch das Lateinersegel am Besan.
„Heckanker auf!“
Vier Männer packten die Kurbeln des Bratspills und trieben einander mit Rufen an. Es gab einen kurzen Ruck, als sich der Anker vom Meeresboden löste. Es war, als atmete die Galeone befreit auf. Ein Rauschen erfüllte die Takelage, der frische Nordwind füllte die Segel.
Elegant glitt die „Isabella“ an den beiden anderen Galeonen vorbei und fiel weiter nach Lee ab bis vor den Wind.
Bens klare Stimme schallte über das Deck.
Die Männer packten die Schoten und Brassen, und die Galeone fuhr eine Halse, wie sie der Seewolf auch nicht besser hingekriegt hätte.
Mit halbem Wind mußte sich die „Isabella“ zurück in die Bai kämpfen. Der Ebbstrom glitt an dem Rumpf der Galeone vorbei und versuchte das Schiff hinaus aufs Meer zu drücken. Doch die Kraft des Windes, der sich in den großen Segeln fing, war stärker.
Die „Isabella“ segelte an den beiden anderen Galeonen wieder vorbei. Auf dem Achterdeck der „Marygold“ stand Kapitän Francis Drake, winkte ihnen zu und wünschte ihnen Glück und Erfolg bei ihrem Unternehmen.
Ferris Tucker und Al Conroy hatten inzwischen die Männer für die Geschütze eingeteilt. Außer Malloy nahmen sie nur noch einen breitschultrigen, stiernackigen Mann von der Besatzung der „Santa Cruz“. Der Mann, der wie ein riesiger Bär wirkte, hieß Riedel. Er war ein Friese. Drake hatte ihn von einem gekenterten Fischerboot in der Nordsee gerettet, und seitdem fuhr er unter Drakes Kommando. Er redete wenig. Er war stark wie ein Ochse und konnte allein eine Fünfpfünderkanone aus ihrer Lafette heben.
Alle anderen wurden für die Segel gebraucht, da Ferris Tukker und Al Conroy mit den Männern von der „Isabella“ an den Kanonen eingespielt waren. Jim Maloney hatte den Bootsmannsposten von Ben Brighton eingenommen, da Ben Kommandant der „Isabella“ war, bis der Seewolf wieder auf dem Deck stand.
Pete Ballie konnte von seinem Platz am Kolderstock nicht viel sehen. Langsam stank ihm sein Posten als Rudergänger. Früher war er mal froh gewesen, einigermaßen geschützt unter dem Quarterdeck zu stehen, wenn die Kanonen donnerten und die eisernen Grüße des Feindes in die Takelage krachten. Doch seit er mit dem Seewolf auf der „Isabella“ fuhr, hatte er bemerkt, daß seine ankerklüsengroßen Fäuste viel besser geeignet waren, einen Don ins Reich der Träume zu schicken, als eine Ruderpinne oder den Kolderstock zu halten.
Der Kutscher hatte das Kombüsenfeuer, auf dem er vorhin noch etwas für die Männer gekocht hatte, gelöscht. Jetzt stand er neben Smoky, Lewis Pattern und Carter und fieberte dem Kampf entgegen.
James Courcy befand sich neben Ben Brighton auf dem Quarterdeck und wartete, bis Ben seine Befehle an die Mannschaft gegeben hatte.
„Meine Männer könnten an den Kanonen mithelfen“, sagte er schließlich. „Einige von ihnen haben an Land schon an Geschützen gestanden.“
Ben nickte. Er rief etwas zu Ferris Tucker hinunter, und als der sein Okay gab, ging Hauptmann Courcy wieder hinunter in die Kuhl und teilte seine Leute ein. Sie unterstanden nun den beiden Stückmeistern der „Isabella“, Ferris Tucker und Al Conroy.
Ferris hatte ein bißchen skeptisch dreingeblickt, aber jetzt sah er, daß sich die Landratten gar nicht ungeschickt anstellten. Zum mindesten waren sie nachher beim Gefecht als Pulver- und Kugelschlepper zu gebrauchen.
Die „Isabella“ kämpfte sich an der schmalen Einfahrt der kleinen Bucht vorbei, in der sie sich bei der Ankunft der fünf spanischen Karavellen versteckt hatte. Danach wurde die Fahrrinne breiter, so daß die Galeone weiter an das nördliche Ufer hochluven konnte – weit genug, um die überlegene Bewaffnung der Galeone gegen die Karavellen ausspielen zu können.
Ben Brighton kniff die Augen zusammen. Er beobachtete grimmig, wie die drei Boote mit den Spaniern oberhalb der kleinen Bucht, in der Hasard sich verschanzt hatte, landeten. Ein Blick zurück zur „Marygold“ zeigte ihm, daß das Boot mit Carberry und Hauptmann Norris noch weit davon entfernt war, in der Nähe Hasards zu landen.
Er unterdrückte seine Gedanken an die eingeschlossenen Kameraden. Jetzt mußte er sich auf die vor ihm liegende Aufgabe konzentrieren. Er gab den Befehl, so hart wie möglich an das nördliche Fahrwasser zu gehen, da dort der Ebbstrom nicht so hart setzte und dem Schiffsrumpf damit Widerstand bot.
Yard um Yard kämpfte sich die „Isabella“ in die Dungarvanbai hinein. Die drei Karavellen lagen immer noch vor Anker, aber Ben konnte schon sehen, wie man auf den Decks unruhig wurde.
Wartet nur, dachte er. In ein paar Minuten werdet ihr wünschen, nie in diese verdammte Bucht gesegelt zu sein!
Jim Maloney hatte einen Mann als Lotgast zum Steuerbordbug gejagt. Mit lauter Stimme rief er Ben Brighton den Abstand zu, den sie zu den gefährlichen Klippen hatten. Sie schauten jetzt teilweise schon über die Wasseroberfläche. Schäumend gischtete das Wasser um ihre scharfen Kanten.
Dann wichen die Klippen plötzlich zurück. Ben Brighton lief selbst nach Steuerbord hinüber, um sich zu überzeugen, daß es völlig gefahrlos war, noch härter an den Wind zu gehen und damit den Spaniern die Breitseite zu zeigen.
Er rief Pete Ballie am Kolderstock einen Befehl zu. Jim Maloney reagierte gleichzeitig. Er jagte die Männer von der „Santa Cruz“ an die Schoten und Brassen. Die „Isabella“ legte sich noch mehr nach Backbord, und Al Conroy und Ferris Tucker zogen die Richtkeile unter den Geschützen ein wenig zurück, damit die Kugeln nicht auf halbem Weg das Wasser pflügten, statt die feindlichen Karavellen zu treffen.
Die Männer an den Geschützen waren voller Unruhe. Sie fieberten dem Gefecht entgegen. Der Kutscher lief von einer Kanone zur anderen und kontrollierte die Grummets, in denen die Kugeln bereitlagen. Ansetzer, Wischer, Handspake, Zündlochbohrer und Zündlochreiniger, alles war an seinem Platz. Die kleine Klappe im Deck stand offen. Der Kutscher beugte sich hinunter. Er konnte den Schatten des Mannes sehen. Der Soldat hockte neben einer großen Kiste, in denen die Kartuschen lagen.
„Alles klar da unten, Mister?“ fragte der Kutscher.
Der Mann murmelte etwas vor sich hin, und der Kutscher begann zu grinsen. Es war noch gar nicht lange her, da hatte er sich auch fast in die Hose gemacht, als ein Gefecht bevorstand. Und jetzt fieberte er dem Kampf entgegen. Er war versucht, sich selbst auf die Schulter zu klopfen. Er war doch ein ganzer Kerl. Und wenn die Seefahrt auch mit allerlei Entbehrungen und vielen Gefahren verbunden war, er würde so lange an der Seite des Seewolfs fahren, bis dieser und alle anderen Männer der „Isabella“ abmusterten. Zum Teufel mit dem ruhigen Job bei Sir Freemont in Plymouth! Hier an Bord der „Isabella“, im Kampf mit den Urgewalten der Natur und mit Englands Feinden, hatte er sich zum erstenmal als richtiger Mann gefühlt. Und dieses Gefühl, das von der Anerkennung seiner Kameraden noch gestärkt wurde, wollte er nie mehr missen.
Ben Brightons Stimme schallte vom Quarterdeck.
„Backbordbreitseite klar zum Feuern?“
„Klar zum Feuern!“ gab Ferris Tucker zurück.
„Dann schick mal die ersten Grüße von uns hinüber, Ferris“, sagte Ben Brighton.
Ferris Tucker zögerte einen Moment.
„Sollen wir nicht noch ein bißchen warten, Ben?“ fragte er. „Die Entfernung ist noch zu groß. Ich glaube nicht, daß wir sie erwischen.“
Ücretsiz ön izlemeyi tamamladınız.