Kitabı oku: «Gullivers Reisen», sayfa 4
Von dort aus hielt eines der Geschöpfe, wie es schien ein Mann von Stande, eine lange an mich gerichtete Rede, wovon ich aber keine Silbe verstand. Jedoch ich muß noch erwähnen, daß jene Hauptperson, bevor, sie ihre Rede begann, dreimal ausrief: Langro dehul san (diese, so wie auch die früheren Worte wurden mir nachher wiederholt und erklärt). Hierauf traten ungefähr fünfzig Einwohner näher, welche die Stricke an der linken Seite meines Kopfes abschnitten, so daß ich denselben rechts hin drehen und die Gestalt so wie die Handlung des Diminutiv-Menschen, welcher reden wollte, beobachten konnte. Er war ein Mann von mittlerer Größe, und schlanker als die andern drei, welche ihn begleiteten. Einer derselben war ein Page, der ihm die Schleppe hielt, und etwas länger als mein Mittelfinger zu seien schien. Die andern Beiden standen an den Seiten der hohen Person, um sie zu halten. Diese spielte vollkommen die Rolle eines Redners, und ich konnte manche Perioden der Drohung, eine andere der Versprechung, des Mitleids und der Höflichkeit unterscheiden. Ich antwortete in wenig Worten, jedoch in der unterthänigsten Weise. Die linke Hand und die Augen erhob ich zur Sonne, als wollte ich sie zum Zeugen anrufen. Da ich nun aber mehrere Stunden, bevor ich das Schiff verließ, nur einige sehr schmale Bissen gegessen hatte, war ich jetzt beinahe verhungert; die Ansprüche der Natur wirkten deßhalb mit solcher Stärke, daß ich es nicht unterlassen konnte, meine Ungeduld, vielleicht gegen die strengen Regeln des Anstandes, dadurch zu zeigen, daß ich meinen Finger mehrere Male in den Mund steckte, um anzudeuten, ich müsse durchaus Nahrung zu mir nehmen.
Der Hurgo (so nannten die Andern den erwähnten vornehmen Herrn, wie ich nachher erfuhr) verstand mich vollkommen. Er stieg von dem Gerüste herab und gab Befehl, mehrere Leitern an meine Seite zu stellen; ungefähr hundert Einwohner stiegen hinauf und gingen mit Körben voll Fleisch, welches auf des Königs Befehl nach der ersten Nachricht von meiner Ankunft hieher gesandt war, auf meinen Mund zu. Ich erkannte dasselbe als das Fleisch verschiedener Tiere, konnte es aber nach dem Geschmack nicht unterscheiden. Mir wurden Keulen- und Rippenstücke, von der Gestalt der Hammel-Keulen und Rippen, gebracht; sie waren sehr schmackhaft gekocht, aber nur von der Größe eines Lerchenflügels. Zwei oder drei steckte ich auf einmal mit drei runden Broten, so dick wie Musketenkugeln, in den Mund. Jene versahen mich nun so schnell als möglich mit Nahrung, und äußerten dabei mehr als tausendmal ihr Erstaunen über meine Größe und meinen Hunger. Darauf gab ich ein anderes Zeichen, daß ich zu trinken wünsche. Sie hatten durch meinen Appetit bereits erkannt, eine kleine Quantität werde mir nicht genügen und da sie nun sehr verständig waren, zogen sie mit vieler Geschicklichkeit eines ihrer größten Fässer zu mir hinauf, rollten es auf meine Hand und stießen den Boden ein; ich trank es mit einem Zuge aus, und dies war ganz natürlich, denn es enthielt keine halbe Pinte und schmeckte beinah wie der sogenannte Petit Bourgogne, aber köstlicher. Alsdann brachte man mir ein zweites Faß, das ich auf dieselbe Weise leerte; ich gab durch Zeichen zu verstehen, man möge mir noch mehr bringen, aber leider war nichts mehr vorhanden. Als ich diese Wunder vollbrachte, stießen die erwähnten Geschöpfe ein lautes Geschrei aus, tanzten auf meiner Brust und wiederholten mehrere Male, wie früher, Hekinah Degul. Dann gaben sie mir durch Zeichen zu verstehen, ich solle die leeren Fässer fortwerfen. Zuerst aber hatten sie den Umstehenden erklärt, auf ihrer Hut zu seien. Als die Fässer nun durch die Luft flogen, ertönte ein abermaliges Freudengeschrei.
Ich muß gestehen, daß ich wohl in Versuchung kam, dreißig oder vierzig von jenen Herren, welche auf meiner Brust herum spazierten, die ich packen konnte, mit kurzem Prozeß auf den Boden zu werfen. Allein die Erinnerung meiner so eben überstandenen Plage, wahrscheinlich noch nicht die schlimmste Peinigung, die in ihrer Macht lag, und dann auch mein Ehrenwort ruhig zu bleiben, (denn so deutete ich mir meine unterthänigen Bewegungen) brachte mich bald auf andere Gedanken. Außerdem hielt ich mich durch die Gesetze der Gastfreundschaft jenen Leuten für moralisch verpflichtet. Sie bewiertheten mich ja mit so viel Kostenaufwand und Freigebigkeit. Dennoch mußte ich über die Unerschrockenheit dieser Diminutiv-Menschen erstaunen, welche keck genug auf meinem Leibe spazieren gingen, während meine linke Hand durchaus zu meiner Verfügung stand, und die dennoch nicht vor einem so wunderbaren Geschöpf, wie ich ihnen erscheinen mußte, erzitterten. Als meine neuen Bekannten darauf bemerkten, daß ich nicht weiter zu essen verlangte, erschien eine Person hohen Ranges von Seiten Seiner Kaiserlichen Majestät. Seine Exzellenz stieg auf mein rechtes Knie, unter meinen Waden hinauf; marschierte mit einem Dutzend Trabanten an mein Gesicht, präsentierte mir sein Kreditiv mit dem königlichen Siegel, hielt es mir dicht vor die Augen, und sprach ungefähr zehn Minuten ohne Zeichen von Zorn, jedoch mit dem Ausdruck der Entschlossenheit; oftmals wies die Exzellenz nach einer bestimmten Richtung, wo, wie ich bald bemerkte, die Hauptstadt in der Entfernung einiger Meilen lag. Seine Majestät hatte nämlich im geheimen Rate beschlossen, mich dorthin transportieren zu lassen. Ich antwortete in wenig Worten. Allein, was half mir das? Deßhalb machte ich ein Zeichen mit meiner noch freien Hand. Ich legte sie auf die andre (beiläufig gesagt, ich mußte mich sehr in Acht nehmen, den Kopf seiner Exzellenz nicht zu berühren, und ihn oder sein Gefolge zu beschädigen) und dann auf meinen Kopf und meinen Leib. Dies sollte nämlich bedeuten, ich wünsche meine Freiheit. Wie es schien, verstand Se. Exzellenz mich vollkommen, schüttelte jedoch mißbilligend ihr Haupt und hielt ihre Hand in solcher Art, daß sie mir zu verstehen gab, ich müsse als Gefangener fortgeführt werden. Zugleich aber eröffnete sie mir durch andere Zeichen, ich würde Getränk und Speise zur Genüge erhalten und sehr gut behandelt werden. Hierauf versuchte ich noch einmal meine Fesseln zu zerreißen, allein zum zweiten Mal empfand ich das Prickeln der Pfeile auf Gesicht und Händen, die bereits beide mit Blasen bedeckt waren; auch fühlte ich, daß noch einige Pfeile in der Haut steckten, und sah zugleich, wie die Zahl meiner Feinde sich vermehrte. Somit gab ich Zeichen, sie mögten mit mir tun, was sie wollten. Alsdann entfernte sich der Hurgo nebst seinem Gefolge mit vieler Höflichkeit und vergnügtem Gesicht. Bald darauf vernahm ich einen allgemeinen Schrei, worin die Worte Peplom selan häufig wiederholt wurden; ich fühlte zugleich wie eine Menge von Leuten die Stricke an meiner linken Seite in der Art lösten, daß ich mich auf die rechte umdrehen konnte, um endlich meine Blase zu erleichtern.
Dies tat ich in vollem Maße, zum großen Erstaunen meiner neuen Bekannten, die aus meinen Bewegungen auf mein Vorhaben schlossen und sogleich rechts und links eine Gasse öffneten, den Strom zu vermeiden, der mit solchem Getöse und solcher Heftigkeit aus mir hervorbrauste. Zuvor jedoch hatten sie mir Gesicht und Hände mit einer angenehm duftenden Salbe eingerieben, welche in wenigen Minuten den durch die Pfeile verursachten Schmerz entfernte; dieser Umstand, so wie auch die Erfrischung, die ich durch Getränk und Speise erhalten hatte, welche wirklich sehr nahrhaft war, machte mich zum Schlaf geneigt. Wie man mir nachher gesagt hat, schlief ich acht Stunden, und dies war sehr natürlich, denn die Ärzte hatten auf Befehl des Kaisers einen Schlaftrunk mit dem Weine gemischt. Wie es scheint, war der Kaiser, sobald man mich nach meiner Landung auf dem Strande schlafend gefunden hatte, sogleich durch Kuriere davon benachrichtigt worden und hatte im Staatsrat beschlossen, man solle mich in der von mir berichteten Weise fesseln und verhaften, wie es wahrend meines Schlafes geschah; ferner solle mir Speise und Trank zur Genüge gereicht, und eine Maschine zu meinem Transport in die Hauptstadt in Stand gerichtet werden.
Dieser Entschluß konnte vielleicht kühn und gefährlich erscheinen; auch würde ein europäischer Fürst bei ähnlicher Gelegenheit schwerlich eine solche Maßregel treffen. Nach meiner Meinung war er aber sowohl klug als edelmütig. Hätten nämlich jene Leute es versucht, mich mit ihren Pfeilen und Speeren zu töten, während ich schlief, so wäre mein erstes Gefühl beim Erwachen sicherlich ein heftiger Schmerz gewesen; dadurch wäre meine Wut und alle meine Kraft aufgeregt worden, so daß ich meine Bande sehr leicht würde zersprengt haben. Da sie in dem Fall mir keinen Widerstand hätten leisten können, durften sie auch keine Gnade erwarten.
Das Volk zeichnet sich durch mathematisches Wissen aus und hat es zu einer großen Vollkommenheit in mechanischen Arbeiten gebracht, weil der Kaiser, der überhaupt als berühmter Beschützer der Gelehrten gilt, jene Bestrebungen unterstützt und ermutigt. Dieser Fürst besitzt mehrere auf Rädern ruhende Maschinen zum Transport der Bäume und anderer Dinge von großem Gewicht. Er läßt oft seine größten Kriegsschiffe, wovon einige an neun Fuß lang sind, an Ort und Stelle, wo das Zimmerholz wächst, verfertigen, und dann in der Entfernung von drei bis vierhundert Ellen zur See fahren. Fünfhundert Zimmerleute und Ingenieure wurden sogleich in Tätigkeit gesetzt, um die größte Maschine der Art, welche vorhanden war, in der Schnelle zuzurichten. Es war ein hölzerner und drei Zoll über den Boden erhabener Bau, sieben Fuß lang, vier Fuß breit, und mit zweiundzwanzig Rädern versehen. Der Freudenruf, den ich vernahm, erscholl wegen der Ankunft der Maschine, die, wie es schien, schon vier Stunden nach meiner Landung in Bewegung gesetzt wurde. Sie ward mit meiner Lage parallel gestellt; aber nun kam die größte Schwierigkeit. Wie sollte ich auf das Fuhrwerk gehoben werden? Achtzig Pfähle von ein Fuß Höhe wurden zu dem Zweck eingerammt. Sehr starke Stricke, von der Dicke eines Bindfadens, wurden mit Haken an eine gleiche Zahl von Banden geheftet, welche die Arbeiter mir um Hände, Hals, Leib und Arme geschlungen hatten. An den Pfählen hingen diese Stricke auf Rollen; neunhundert der stärksten Männer wanden dieselben auf. Somit wurde ich in ungefähr drei Stunden emporgehoben, in die Maschine geworfen und dort festgebunden. Alles dies ist mir nachher erzählt worden, denn während der Operation lag ich, wegen des Schlaftrunkes in dem von mir genossenen Weine, im tiefsten Schlaf. Fünfzehnhundert Pferde, die größten, welche der Kaiser besaß, die an Länge zwei Zoll und an Höhe einen halben Zoll betrugen, wurden vorgespannt, um mich zur Hauptstadt zu ziehen, welche, wie ich hörte, eine halbe Meile entfernt war.
Nachdem wir ungefähr vier Stunden unterweges gewesen waren, erwachte ich durch einen sehr lächerlichen Umstand. Als nämlich das Fuhrwerk anhielt, damit irgend einer plötzlichen Verwirrung abgeholfen werde, konnten zwei oder drei junge Eingeborne ihre Neugier, mich schlafen zu sehen, nicht unterdrücken. Sie kletterten auf das Fuhrwerk, und schlichen sich auf den Zehen an mein Gesicht. Einer von ihnen, ein junger Gardeoffizier, steckte aber in mein linkes Nasenloch die Spitze seines Spontons, welche mich wie ein Strohhalm kitzelte, so daß ich mehrere Male niesen mußte. Dann schlichen sie sich unbemerkt davon und erst nach drei Wochen erfuhr ich die Ursache meines plötzlichen Erwachens. Während der übrigen Zeit machten wir einen langen Marsch; in der Nacht ward Halt gemacht. Fünfhundert Gardisten waren an jeder Seite aufgestellt; die eine Hälfte derselben trug Fackeln; die andere, mit Bogen und Pfeilen ausgerüstet, stand bereit auf mich zu schießen, sobald ich mich rühren würde. Am nächsten Morgen setzten wir bei Sonnenaufgang uns wieder in Bewegung und waren gegen Mittag nur noch zweihundert Ellen von den Stadttoren entfernt. Der Kaiser kam uns mit seinem ganzen Hofe entgegen; die Großoffiziere wollten aber durchaus nicht leiden, daß Seine Majestät durch das Besteigen meines Körpers sein Leben in Gefahr setze.
Der Wagen hielt bei einem alten Tempel an, welcher, wie es hieß, der größte im ganzen Königreiche war. Einige Jahre vorher war er durch einen unnatürlichen Mord befleckt worden. Das Volk hielt ihn deshalb für entweiht und man hatte ihn nunmehr zum gewöhnlichen Gebrauch bestimmt und alle heiligen Geräte und Verzierungen daraus hinweggeschafft. Das Gebäude ward mir als Wohnung angewiesen. Das große nach Norden hin gerichtete Tor war vier Fuß hoch und zwei Fuß breit, so daß ich bequem hindurchkriechen konnte. Auf jeder Seite dieses Tores befand sich ein kleines Fenster, kaum sechs Fuß über dem Boden erhaben; auf dem, welches sich links befand, spannte der Hofschmied des Königs einundneunzig Ketten aus, von der Größe derjenigen, woran die Damen ihre Uhren tragen; diese wurden mit einundsechszig Schlössern an meinem linken Schenkel befestigt. Dem Tempel gegenüber, auf der anderen Seite der Heerstraße, stand in der Entfernung von zwanzig Fuß ein wenigstens fünf Fuß hoher Turm. Diesen bestieg der Kaiser mit dem ersten Adel seines Hofes, um mich zu sehen. Ich selbst konnte sie nicht erblicken, habe es aber nachher erfahren. Zu demselben Zweck sollen wenigstens hunderttausend Menschen aus der Stadt gekommen seien, und ich glaube, daß nicht weniger wie zehntausend meinen Leib mit Leitern erstiegen, und den Verboten meiner Wachen trotzten. Bald aber erschien eine Proklamation, welche diese Neugier bei Todesstrafe untersagte. Als die Arbeiter sahen, es sei mir unmöglich meine Ketten zu brechen, durchschnitten sie alle Stricke, womit ich gefesselt war. Hierauf erhob ich mich in so melancholischer Gemütsverfassung, wie ich noch nie bisher empfunden hatte. Allein der Lärm und das Staunen des Volkes, als man mich aufstehen und herumgehen sah, ist nicht zu beschreiben. Die Ketten an meinem linken Schenkel waren ungefähr zwei Ellen lang und gestatteten mir nicht allein im Halbkreise vorwärts und rückwärts zu gehen, sondern erlaubten mir auch in das Tor zu kriechen und mich der Länge nach im Tempel auszustrecken, da sie vier Zoll vom Tore befestigt waren.
Zweites Kapitel
Der Kaiser von Lilliput besucht mit dem Gefolge seines Adels den Verfasser. Des Kaisers Person und die Vornehmen werden beschrieben. Gelehrte erhalten den Auftrag, den Verfasser in der Landessprache zu unterrichten. Er setzt sich durch seinen sanften Charakter in Gunst. Seine Taschen werden durchsucht. Degen, und Pistolen werden konfisziert
Als ich nun auf den Füßen stand, sah ich mich ein wenig um, und ich muß gestehen, daß ich niemals eine so schöne Aussicht erblickt habe. Die Umgebung erschien wie ein Garten und die eingehägten Felder, welche in der Regel vierzig Quadratfuß betrugen, glichen den Blumenbeeten. Diese Felder waren untermischt mit Wäldern von acht Fuß Umfang; die größten Bäume schienen sieben Fuß hoch zu seien. Links erblickte ich die Hauptstadt, die einer auf Theaterkulissen gemalten Stadt glich. Schon seit einigen Stunden wurde ich von Naturbedürfnissen heftig gedrängt, und dies war wahrlich kein Wunder, denn schon seit zwei Tagen hatte ich mich nicht entledigt. Ich befand mich in großer Klemme zwischen Not und Schaam. Das beste Auskunftsmittel, welches mir einfiel, war, in mein Haus zu kriechen. Ich tat es, schloß das Tor, ging, so weit es die Länge meiner Ketten erlaubte, hinein, und erleichterte meinen Körper. Dies war jedoch das einzige Mal, daß ich mich einer so unreinlichen Handlung schuldig machte; auch hoffe ich in diesem Punkte auf die Nachsicht des gütigen Lesers, nachdem er reiflich und unparteiisch meinen Fall und meine schlimme Lage überlegt haben wird. Von dieser Zeit an war es stets meine Gewohnheit, sobald ich aufstand, dies Geschäft in der freien Luft abzutun; und jeden Morgen ward auch gehörig Sorge getragen, daß der anstößige Stoff, ehe Gesellschaft anlangte, von zwei dazu angestellten Dienern auf Karren fortgebracht wurde. Ich würde vielleicht bei einem Umstande nicht so lange verweilen, welcher beim ersten Anblick als nicht sehr wichtig erscheint, hätte ich es nicht für notwendig gehalten, meinen Charakter in Betreff der Reinlichkeit vor der Welt zu rechtfertigen, da Verleumder, wie ich höre, bei diesem Anlaß und anderen Gelegenheiten dieselbe in Frage gestellt haben.
Als dies Abenteuer zu Ende war, ging ich wieder aus meinem Hause, denn ich bedurfte der frischen Luft. Der Kaiser war bereits den Turm herabgestiegen und ritt auf mich zu, welches ihm beinah teuer zu stehen gekommen wäre. Sein Pferd, obgleich trefflich zugeritten, bäumte sich bei dem ungewohnten Anblick, denn es mußte ihm scheinen, ein Berg bewege sich vor seinen Augen. Der Fürst jedoch, der ein vorzüglicher Reiter war, hielt sich im Sattel, bis seine Begleiter herbei eilten und den Zaum hielten, so daß seine Majestät Zeit hatten abzusteigen. Als der Kaiser abgestiegen war, besah er mich von oben bis unten mit großer Bewunderung, hielt sich aber immer aus dem Bereich meiner Ketten. Er befahl alsdann seinen Köchen und Kellermeistern, die schon mit Allem bereit waren, mir Essen und Trinken zu reichen. Diese Nahrung schoben sie mir auf einer Art von Fuhrwerken hin, bis ich sie ergreifen konnte. Ich nahm aber diese Fuhrwerke und leerte sie in Kurzem sämmtlich aus. Zwanzig waren mit Fleisch, zehn mit geistigem Getränk in irdenen Geschirren beladen. Jedes lieferte mir zwei oder drei gute Bissen. Das Getränk von zehn irdenen Gefäßen goß ich in einen solchen Wagen, und leerte denselben mit einem Zuge.
Die Kaiserin und die jungen Prinzen und Prinzessinnen von Geblüt, saßen mit einem Gefolge vieler Damen in einiger Entfernung auf Stühlen. Bei dem Unfall des kaiserlichen Pferdes standen sie auf und traten näher an die Person seiner Majestät hin, die ich jetzt genauer beschreiben will. Der Kaiser ist um die Breite meines Nagels größer, als seine Hofleute, und dies allein genügt, die, welche ihn schauen, mit Ehrfurcht zu erfüllen. Seine Gesichtszüge sind stark und männlich; seine Lippe ist östreichisch, seine Nase gebogen, Leib und Glieder in schönem Verhältnis gebildet, seine Bewegungen anmutig, seine Haltung majestätisch. Er war damals schon über die erste Jugendblüte hinaus, denn er zählte achtundzwanzig dreiviertel Jahre. Sieben Jahre hatte seine glückliche und im Allgemeinen siegreiche Regierung gedauert. Um ihn besser betrachten zu können, legte ich mich auf die Seite, so daß sein Gesicht mit dem meinen parallel stand, während er sich drei Ellen von mir entfernt hielt. Später habe ich ihn jedoch öfter in der Hand gehalten und kann mich deshalb in der Beschreibung nicht täuschen. Seine Kleidung war sehr einfach; die Mode halb orientalisch, halb europäisch. Er trug auf dem Haupte einen leichten goldenen, mit Juwelen geschmückten Helm, von dessen Spitze eine Feder herabwehte. Er hielt sein Schwert gezogen in der Hand, um sich zu verteidigen, im Fall ich losbräche; es war beinahe drei Zoll lang, Scheide und Griff mit Diamanten geschmückt. Seine Stimme klang schrillend, war aber zugleich deutlich und vernehmlich; sogar wenn ich aufstand, konnte ich sie hören.
Die Damen und Herren des Hofes waren sämmtlich mit vieler Pracht gekleidet; so daß es scheinen konnte, auf dem Orte, wo sie standen, sei ein mit gestickten Figuren in Gold und Silber ausgeschmückter Weiberrock der Länge nach ausgebreitet. Seine Majestät erwies mir die Ehre, öfter mit mir zu reden, und gab auch Erwiderungen, allein wir konnten einander nicht verstehen. Auch waren mehrere Priester und Rechtsgelehrte gegenwärtig, (auf den Stand schloß ich nach der Kleidung) die den Auftrag hatten, mich anzureden; ich wollte mich mit ihnen in allen Sprachen unterhalten, worin ich mich nur einigermaßen ausdrücken konnte; im Deutschen, Holländischen, Lateinischen, Französischen, Spanischen, Italienischen und in der Lingua franca. Allein meine Bemühung half zu Nichts.
Nach zwei Stunden entfernte sich der Hof. Eine stärkere Wache ward vor mir aufgestellt, um die Impertinenz und wahrscheinlich auch die Bosheit des Pöbels abzuwehren, welcher sehr begierig war, mir so nahe zu kommen, als er durfte. Einige waren sogar so unvorsichtig, ihre Pfeile auf mich abzuschießen, als ich auf dem Boden vor meinem Hause saß, und ein Pfeil hätte beinah sogar mein linkes Auge getroffen. Allein der Oberst befahl sechs der Rädelsführer verhaften zu lassen, und hielt es für die passendste Strafe, sie mir gefesselt zu überliefern; sein Befehl wurde von den Soldaten sogleich ausgeführt, indem sie die Gefangenen mit den Lanzenspitzen in meinen Bereich trieben. Ich nahm sie sämmtlich in meine rechte Hand, steckte fünf in meine Rocktasche, und gab mir das Ansehen, als wollte ich den sechsten lebendig essen. Der arme Mann schrie furchtbar, und der Oberst wurde mit seinen Offizieren doch besorgt, besonders als sie sahen, wie ich mein Messer aus der Tasche zog; allein ich beschwichtigte bald diese Furcht, denn ich schaute ihn mit sanften Blicken an, durchschnitt seine Fesseln, und setzte ihn auf den Boden. Natürlich lief er fort. Die Übrigen behandelte ich in derselben Art, als ich sie Einen nach dem Andern aus der Tasche gezogen hatte, und ich bemerkte, daß sowohl Soldaten als Volk über dies Zeichen meiner Gnade entzückt waren, welches sehr zu meinen Gunsten bei Hofe erzählt wurde.
Gegen Abend gelangte ich mit einiger Schwierigkeit in mein Haus und legte mich dort auf den Boden nieder. Dies mußte ich ungefähr vierzehn Tage lang tun, während welcher Zeit auf Befehl des Kaisers ein Bett für mich zugerichtet wurde. Sechshundert Betten von gewöhnlichem Maß wurden in mein Haus gebracht und dort bearbeitet; hundertundfünfzig Betten, zusammengenäht, bildeten die Länge und Breite einer Matratze; vier davon wurden über einander gelegt, waren mir aber noch immer nicht bequem genug, wegen der Härte des Fußbodens von poliertem Stein. In demselben Verhältnis wurde ich mit Kissen, Betttüchern und Decken versehen, die mir so ziemlich erträglich schienen, da ich so lange an Strapazen jeder Art gewöhnt gewesen war.
Als die Nachricht von meiner Ankunft sich im Königreiche verbreitete, strömte eine wunderbare Menge reicher, fauler und neugieriger Leute herbei, um mich zu sehen. Die Dörfer standen beinahe leer, und eine bedeutende Vernachlässigung der Landwirtschaft hätte die Folge seien müssen, wenn Se. kaiserliche Majestät diese Nachteile durch mehrere Proklamationen und Staatsbefehle nicht verhindert hätte. Sie gebot, alle diejenigen, welche mich bereits gesehen hätten, sollten nach Hause kehren, und sich nicht unterstehen, ohne Erlaubnis des Hofes, in den Bereich meines Hauses bis auf fünfzig Ellen zu kommen. Hierdurch erlangten zugleich die Staatssekretäre bedeutende Honorare.
Mittlerweile hielt der Kaiser häufige Ratsversammlungen, um zu überlegen, wie man mit mir verfahren müsse. Ein besonderer Freund, zugleich ein Mann vom höchsten Stande, der alle Geheimnisse vortrefflich kannte, hat mir nachher die Versicherung gegeben, der Hof sei meinethalben in bedeutender Verlegenheit gewesen. Man fürchtete, ich möchte meine Fesseln zerreißen, oder so viel essen, daß eine Hungersnot die notwendige Folge seien müßte. Einige Male beschloß der Hof, mich verhungern zu lassen, oder Gesicht und Hände mit vergifteten Pfeilen zu beschießen, welche mich bald würden getötet haben; dann aber überlegte man wieder, der Gestank einer so großen Leiche könne eine Pest in der Hauptstadt erregen, die sich dann wahrscheinlich im ganzen Königreiche verbreitet hätte. Während dieser Beratungen traten mehrere Offiziere an die Tür des Saales, wo der Rat versammelt war. Zwei von ihnen wurden zugelassen und berichteten mein Verfahren gegen die sechs vorher erwähnten Verbrecher. Dies machte auf das Herz Sr. Majestät und auf den ganzen Rat einen so günstigen Eindruck, daß ein kaiserlicher Befehl erlassen ward, wonach alle Dörfer bis auf die Entfernung von neunhundert Ellen jeden Morgen sechs Ochsen, vierzig Schafe und andere Nahrung als meinen Lebensunterhalt liefern sollten: darunter befand sich eine verhältnismäßige Masse von Brot, Wein und anderen geistigen Getränken. An Zahlungs Statt gab Se. Majestät Anweisungen auf die Schatzkammer, denn dieser Fürst bestreitet seinen Hofhalt fast ausschließlich aus den Einkünften seiner Domänen. Nur selten und bei außerordentlichen Gelegenheiten werden Abgaben von seinen Unterthanen erhoben, welche dagegen auf ihre eignen Kosten in den Krieg ziehen müssen. Auch wurden sechshundert Personen als meine Bediente angestellt, welche bestimmten Lohn für ihre Nahrung und passend eingerichtete Zelte an den beiden Seiten meiner Tür zur Wohnung erhielten. Ferner ward befohlen, dreihundert Schneider sollten mir einen Anzug nach der Mode des Landes verfertigen; sechs Gelehrte, und zwar die bedeutendsten im Besitz Sr. Majestät, sollten mich in der Landessprache unterrichten; endlich sollten die Pferde des Kaisers, die des Adels und der Garden häufig vor mir zugeritten werden, damit sie sich an meine Person gewöhnten. Alle diese Befehle wurden gehörig zur Ausführung gebracht; nach ungefähr drei Wochen hatte ich bedeutende Fortschritte im Erlernen der Sprache gemacht; während dessen beehrte mich der Kaiser häufig mit seinen Besuchen und hatte die Gnade meinen Lehrern beim Unterricht zu helfen. Wir fingen bereits an, einigermaßen uns zu verständigen, und die ersten Worte, die ich lernte, war der Satz: Er möge mir gütigst meine Freiheit schenken, eine Phrase, die ich täglich kniend wiederholte. Seine Antwort, so viel ich begreifen konnte, lautete: »Nur die Zeit könne meine Freiheit erwirken.« Er dürfe ohne ein Gutachten seines geheimen Rates mir dieselbe nicht erteilen, und zuerst müßte ich Lumos kelmin pesso desmar lon emposo, das heißt, ihm und seinem Königreiche Frieden schwören. Ich würde übrigens mit aller Milde behandelt werden.
Alsdann riet er mir durch Geduld und kluges Betragen seine und seiner Unterthanen Achtung mir zu erwerben. Er sprach den Wunsch aus: Ich möge es ihm nicht übel nehmen, wenn er bestimmten Beamten den Befehl erteile, mich zu durchsuchen; wahrscheinlich würde ich verschiedene Waffen mitgebracht haben, welche notwendig höchst gefährliche Dinge seien müßten, wenn sie meiner Größe entsprächen. Ich antwortete: Seine Majestät werde zufrieden gestellt werden.
Ich sei bereit, mich zu entkleiden, und meine Taschen vor ihren Augen auszuleeren. Diese Antwort gab ich teils durch Zeichen, teils auch durch Worte. Er sagte hierauf: Nach den Gesetzen des Königreiches müsse ich mich von zweien seiner Beamten durchsuchen lassen; er wüßte, dies könne ohne meine Einstimmung und Hilfe nicht geschehen. Alles, was sie mir nähmen, werde mir zurückerstattet werden, sobald ich das Land verließe, oder ich würde nach einem von mir festgesetzten Preise die Zahlung des Wertes erhalten. Die beiden Beamten setzte ich alsdann auf meine Hand, steckte sie zuerst in die Taschen meines Überrocks und hieraus in die übrigen meiner Kleider, nur ließ ich in meinen Beinkleidern einige Behälter aus, welche kleine, mir durchaus notwendige Artikel enthielten, die ihnen jedoch gleichgültig seien mußten. In einer Tasche trug ich eine silberne Uhr, und in der andern einen Beutel mit einigem Gelde. Da diese Herren Feder, Tinte und Papier bei sich hatten, schrieben sie ein genaues Verzeichnis von Allem, was sie sahen, nieder, und als sie fertig waren, baten sie mich, sie wieder auf den Boden zu setzen, damit sie dasselbe dem Kaiser überbringen könnten. Dies Verzeichnis übersetzte ich nachher ins Englische, und es lautet Wort für Wort folgendermaßen:
Erstens: In der rechten Tasche des großen Bergmenschen (so übersetzte ich die Worte quinbus Flestrin) fanden wir nach der genauesten Untersuchung nur ein großes Stück rauhen Tuches, breit genug, einen Fußteppich für Eurer Majestät erstes Staatszimmer zu bilden. In der linken Tasche sahen wir eine große silberne Kiste mit einem Deckel von demselben Metall, welchen wir, die Visitatoren, nicht herausheben konnten. Wir baten deßhalb, dieselbe zu öffnen; Einer von uns trat hinein und geriet bis an die Mitte des Beins in eine Art Staub, der uns in’s Gesicht flog und uns beide heftig und mehreremale nießen ließ. In seiner rechten Westentasche fanden wir ein ungeheures Bündel weißer und dünner Substanz, die übereinander gerollt ungefähr die Dicke von drei Menschen enthielt. Sie war mit einem starken Tau umwunden und mit schwarzen Figuren bezeichnet. Nach unserer unterthänigsten Meinung bestehen dieselben in Buchstaben, von denen hernach jeder halb so groß ist, wie die Fläche unserer Hand.
In der linken Westentasche befand sich eine Art Maschine, von deren Rücken zwanzig lange Pfähle denjenigen ähnlich sich ausdehnten, welche Pallisaden vor dem Hofe Eurer Majestät bilden. Hiemit kämmt sich der Bergmensch, wie wir vermuten, seine Haare. Wir haben ihn nämlich nicht immer mit Fragen belästigt, weil wir es sehr schwierig fanden, uns einander verständlich zu machen. In der großen Tasche rechts an seiner Mittelkleidung (so übersetze ich das Wort Panfu-to, womit sie meine Beinkleider bezeichneten) sahen wir einen hohlen Pfeiler aus Eisen von einer Mannslänge, mit einem starken Stück Zimmerholz von noch größerem Umfange wie der Pfeiler. Auf einer Seite des Pfeilers ragten große Eisenstücke in sonderbaren Figuren hervor, die wir nicht zu erklären vermögen. In der linken Tasche befand sich eine Maschine derselben Art. In der kleinen Tasche rechts waren mehrere runde und flache Stücke von weißem und rotem Metall; einige weiße, wie es schien aus Silber bestehend, waren so groß, daß ich und mein Kamerad sie kaum in die Höhe heben konnten. In der linken Tasche waren zwei Pfeiler von unregelmäßiger Gestalt. Wir konnten nicht ohne Schwierigkeit bis auf den Gipfel derselben reichen, als wir auf dem Boden der Tasche standen. Einer derselben war bedeckt und schien aus einem Stücke verfertigt zu seien, an dem obern Ende des andern befand sich aber eine weiße runde Substanz, zweimal so dick wie unsere Köpfe. In jedem derselben war eine wundersame Stahlfläche eingestoßen, welche wir durch unseren Befehl ihn zu öffnen zwangen; wir befürchteten nämlich, dieses könnten gefährliche Maschinen seien.