Kitabı oku: «Grundkurs Sozialverwaltungsrecht für die Soziale Arbeit», sayfa 3

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Eine Ausnahme gilt dann, wenn der Staat den Kommunen staatliche Aufgaben durch Gesetz übertragen hat, für die diese an sich gar nicht zuständig wären (sog. „übertragener Wirkungskreis“ der Kommunen). In diesen Bereichen (z. B. dem Meldewesen und dem Sicherheitsrecht) darf der Staat auch fachlich-inhaltliche Vorgaben machen, da die Kommunen hier keine eigenen, sondern staatliche Aufgaben erledigen.

Literatur

Bossong, H. (2009): Sozialverwaltung. Ein Grundkurs für soziale Berufe. 2. Aufl. Juventa, Weinheim

Braatz, W. (2014): Äußere Behördenorganisation, Bd. 17. BVS, München

Dahme, H.-J., Schütter, S, Wohlfahrt, N. (2013): Lehrbuch Kommunale Sozialverwaltung und Soziale Dienste. Grundlagen, aktuelle Praxis und Entwicklungsperspektiven. 2. Aufl. Juventa, Weinheim

Kitzeder, P. (2013): Kommunalrecht, Bd. 8. BVS, München

Fall 2: Der Lehrplanstreit

a) Das Landessozialministerium will einer staatlichen Hochschule den Lehrplan für den Studiengang Soziale Arbeit sowie den Studierenden einen detaillierten Stundenplan vorgeben. Die Hochschule beruft sich darauf, dass es keinerlei gesetzliche Vorgaben zu den Stundenplänen gibt und das Ministerium der Hochschule „in dieser Sache nichts zu sagen hat“. Wer hat Recht?

b) Das Wissenschaftsministerium des Bundeslandes beanstandet, dass die Hochschule weiterhin Studiengebühren erhebt, obwohl diese nicht mehr gesetzlich vorgesehen sind. Darf das Ministerium die Hochschule anweisen, dass sie die zu Unrecht erhobenen Gebühren zurücküberweist?

3 Formen des Verwaltungshandelns

3.1 Hoheitliches Handeln

Von hoheitlicher Tätigkeit spricht man immer dann, wenn die Verwaltung gegenüber dem Bürger in einem „Über- / Unterordnungsverhältnis“ tätig wird.

Hoheitliches Handeln bedeutet aber nicht zwangsläufig, dass es sich um behördliche Vorgaben und Eingriffe handeln muss: Auch die Entscheidung über öffentliche Leistungen (z. B. das Gewähren einer Ausbildungsbeihilfe nach dem BAföG, einer Unfallrente nach dem SGB VII oder die Zuweisung eines KiTa-Platzes) erfolgt im Über- / Unterordnungsverhältnis zwischen Bürger und Staat und ist damit hoheitlich.

Die rechtswissenschaftlichen Theorien (Subjekts-, Interessen-, Subjektions-, Sonderrechtstheorie und weitere) darüber, wann eine Maßnahme hoheitlich bzw. dem öffentlichen Recht zuzuordnen ist, müssen hier nicht erörtert werden. Für die Praxis der Sozialen Arbeit genügt die Faustregel, dass hoheitliches Handeln vorliegt, wenn zwischen Bürger und Staat ein Über- / Unterordnungsverhältnis besteht.

3.2 Privatrechtliches Handeln

In einer Vielzahl von Alltagssituationen wäre es nicht „passend“, wenn die Verwaltung hoheitlich handeln würde. Es wäre beispielsweise kaum vorstellbar, dass ein Sozialamt seine Dienstwägen oder ein Ministerium die Amtsräume sowie das erforderliche Büromaterial hoheitlich beschlagnahmt. Deshalb hat die Verwaltung die Möglichkeit, auch zivilrechtlich, also „wie ein Bürger“, am Rechtsverkehr teilzunehmen und Verträge abzuschließen. Rechtlich ist das möglich, denn nicht nur natürliche, sondern auch juristische Personen sind rechtsfähig. Der Staat (d. h. der Bund und die Länder) sowie die Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts sind sogenannte juristische Personen des öffentlichen Rechts und können als solche in gleicher Weise wie privatrechtliche juristische Personen (z. B. ein eingetragener Verein, eine GmbH oder eine AG) am Rechtsverkehr teilnehmen und zivilrechtliche Verträge abschließen.

Für diese zivilrechtliche Verwaltungstätigkeit gelten die „normalen“ Vorschriften des bürgerlichen Rechts (v.a. das BGB). Das Verwaltungsrecht ist dagegen nicht einschlägig, wenn Behörden privatrechtlich handeln. Das ergibt sich u. a. aus § 1 SGB X, wonach das SGB X nur auf die hoheitliche Tätigkeit (d. h. im Über- / Unterordnungsverhältnis) von Behörden anwendbar ist.

Handeln Behörden zivilrechtlich, dann ist auch der Rechtsweg zur Zivilgerichtsbarkeit (z. B. Amtsgericht, Landgericht, Arbeitsgericht) eröffnet, denn laut §§ 40 VwGO und 51 SGG sind die Verwaltungs-und Sozialgerichte (mit wenigen Ausnahmen) nur für „öffentlich-rechtliche“, also für Streitigkeiten aus dem Über- / Unterordnungsverhältnis zwischen Staat und Bürger zuständig.

Beispiele

• Das Bundesfamilienministerium führt eine Fachtagung über familienpolitische Leistungen durch und bucht eine Sozialarbeiterin aus einem Forschungsinstitut für einen Vortrag über besondere aktuelle Bedarfslagen alleinerziehender Elternteile. Zwischen dem Ministerium und der Vortragenden wird ein privatrechtlicher Dienstvertrag (§ 611 BGB) geschlossen. Kommt es zum Streit über dessen ordnungsgemäße Abwicklung, so ist je nach Höhe des Streitwerts das Amts- oder Landgericht, jedenfalls aber ein Zivilgericht zuständig.

• Ein Bundesland schafft 20 neue Stellen, die nicht mit Beamten, sondern mit Verwaltungsangestellten besetzt werden. Mit den Bewerbern wird also ein privatrechtlicher Arbeitsvertrag (§ 611a BGB) geschlossen (eine Verbeamtung wäre dagegen ein hoheitlicher Akt). Kommt es in der Folge zum Streit über die Vergütung, eine Kündigung oder die Formulierung eines Arbeitszeugnisses, so ist der Rechtsweg zum Arbeitsgericht eröffnet.

Manchmal betrifft eine Frage mehrere Rechtsgebiete gleichzeitig: Die Entscheidung über die Aufnahme eines Kindes in einer kommunalen KiTa (also das „ob“) erfolgt hoheitlich. Dagegen können die Betreuungszeiten, die Höhe des Entgelts, Fragen der Abholung und Krankmeldung etc. (also das „wie“) durch einen privatrechtlichen Belegungsvertrag zwischen der Gemeinde und den Personensorgeberechtigten des Kindes ausgestaltet werden.

Auch Entscheidungen über staatliche Subventionen (z. B. über die Förderung eines Inklusionsprojekts) können Elemente sowohl privatrechtlichen als auch hoheitlichen Handelns haben: Die Entscheidung über die Bewilligung der Subvention (also das „ob“) trifft die Verwaltung hoheitlich; werden die Fördermittel als zinsgünstiges Darlehen vergeben, werden die Verzinsungs- und Rückzahlungskonditionen (also das „wie“) sodann in einem privatrechtlichen Darlehensvertrag festgelegt.

Als mögliche Unterformen privatrechtlichen Verwaltungshandelns werden die in Übersicht 6 aufgeführten Bereiche unterschieden.

Übersicht 6

Privatrechtliches Verwaltungshandeln


3.2.1 Fiskalisches Verwaltungshandeln

Dieser Begriff ist der Oberbegriff für die Fälle, in denen die Verwaltung rein privatrechtlich handelt, also für.

• die sogenannte „Beschaffungstätigkeit“ der Verwaltung, wie z. B. Bau oder Miete eines Bürogebäudes; Anstellung von Beschäftigten; Kauf von Computern oder Büromaterial; Leasing eines Dienstwagens; Reparatur eines Kopierers.

• die erwerbswirtschaftliche Tätigkeit der Verwaltung, wie bspw. Vermietung von Rathausräumen für private Veranstaltungen; Verkauf von Blumen durch die Stadtgärtnerei; Schlossführung durch die staatliche Schlösserverwaltung; Weinverkauf durch ein staatliches Weingut.

3.2.2 Verwaltungsprivatrecht

Verwaltungsprivatrecht ist die Bezeichnung dafür, dass die Verwaltung zwar hoheitliche Aufgaben wahrnimmt, sich dabei aber einer privaten Rechtsform bedient.

Beispiele

• Die Müllabfuhr, die Wasser- oder Stromversorgung sind originäre öffentliche Pflichtaufgaben der Gemeinden. Die Gemeinden müssen diese Aufgaben aber nicht zwangsläufig mit eigenem Personal oder eigenen Sachmitteln erledigen; sie können auch andere Organisationsformen wählen und die Müllabfuhr z. B. durch eine „eigene“ GmbH erledigen oder die städtischen Elektrizitätswerke in eine Aktiengesellschaft umwandeln.

• Im Bereich der Krankenhausversorgung werden viele (von den Landkreisen und kreisfreien Städten errichtete und betriebene) Kreiskliniken privatisiert und in privater Form (in aller Regel als GmbH) betrieben. Das ist zulässig; entscheidend ist lediglich, dass im Landkreis bzw. der kreisfreien Stadt eine ausreichende Versorgung sichergestellt ist.

In diesem Fall richtet sich das Verhältnis zwischen dem Bürger und der Verwaltung ebenfalls nach dem Zivilrecht.

Beispiel

Ein Patient benötigt eine Operation. Er schließt mit dem städtischen Klinikum, das in der Form einer städtischen GmbH betrieben wird, einen zivilrechtlichen Krankenhausvertrag ab. Kommt es nun zu Behandlungsfehlern, kann er etwaige Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche gegen die Klinik GmbH aufgrund der Verletzung des Behandlungsvertrags vor den Zivilgerichten geltend machen.

Nachdem es sich beim Verwaltungsprivatrecht um die Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben handelt, muss die Verwaltung aber auch dann, wenn sie eine privatrechtliche Betriebsform gewählt hat, zusätzlich bestimmte öffentlich-rechtliche Bestimmungen beachten. Insbesondere sind die Grundrechte, Benachteiligungsverbote und der (Sozial-) Datenschutz zu berücksichtigen. Begründet wird dies mit dem Merksatz „Keine Flucht der Verwaltung ins Privatrecht“: In einem Rechtsstaat muss die Verwaltung rechtsstaatlich handeln und darf sich dieser Verantwortung nicht entziehen, indem sie auf privatrechtliche Formen und die damit verbundene Gestaltungsfreiheit („Vertragsfreiheit“) ausweicht. Das ergibt sich aus Art. 1 Abs. 3 GG, wonach alle drei Staatsgewalten, mithin auch die Verwaltung, stets der unmittelbaren Bindung an die Grundrechte unterliegen.

Beispiel

Wenn eine Gemeinde die Müllentsorgung in der Form einer GmbH wahrnimmt, muss sie bei der Gestaltung der Verträge mit den Anwohnern aus Gleichbehandlungsgründen (Art. 3 Abs. 1 GG) einheitliche Entgeltsätze zugrunde legen. Der zivilrechtliche Grundsatz der Freiheit der Vertragsgestaltung wird somit durch die Grundrechtsbindung der öffentlichen Hand eingeschränkt.

Fall 3: Die Kreditfalle

Die kreisfreie Stadt A subventioniert den Kindergartenausbau durch zinslose Darlehen, die den KiTa-Trägern bewilligt werden. Nach Ablauf der Kreditlaufzeit von drei Jahren fordert die Stadt vom freien Träger T gemäß der Vereinbarung im Darlehensvertrag die Rückzahlung des Darlehens. T macht geltend, er hätte vor der Rückforderung nach § 24 SGB X angehört werden müssen. Im Übrigen verstoße die Rückforderung gegen Art. 3 GG, weil von einem anderen Träger entgegen den Vertragsbestimmungen ohne Grund nur die Hälfte der Darlehenssumme zurückgefordert wurde, da dessen Vorsitzender und der erste Bürgermeister von A befreundet sind. Hat T Recht?

4 Der Verwaltungsakt

4.1 Begriff des Verwaltungsakts

Der Verwaltungsakt ist die wichtigste Form, in der die Verwaltung Entscheidungen gegenüber dem Bürger treffen kann. Im Alltagssprachgebrauch wird er als „Bescheid“ bezeichnet. Das ist unscharf, denn Verwaltungsakte müssen nicht unbedingt schriftlich sein. Das Gesetz enthält in § 31 S. 1 SGB X eine eindeutige Definition. Danach ist jede „Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalles auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist“ ein Verwaltungsakt. Im Einzelnen liegt ein solcher also immer dann vor, wenn die in Übersicht 7 aufgeführten Kriterien erfüllt sind.

4.1.1 Maßnahme einer Behörde

Der Begriff „Behörde“ ist definiert in § 1 Abs. 2 SGB X: Danach ist Behörde „jede Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt“. Das sind sämtliche in Kapitel 2 genannte Stellen. Verwaltungsakte können demnach durch alle Behörden der unmittelbaren Staatsverwaltung (untere, mittlere und oberste Bundes- und Landesbehörden sowie Sonderbehörden) erlassen werden. Außerdem fallen alle Einrichtungen der mittelbaren Staatsverwaltung (Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts einschließlich der Kommunen) unter den Behördenbegriff. Schließlich können auch Privatpersonen und privatrechtliche Vereinigungen als Beliehene (Kap. 2.2.1) öffentliche Aufgaben wahrnehmen, weshalb sie in dieser Funktion ebenfalls als Behörde gelten.

Übersicht 7

Merkmale des Verwaltungsakts

(§ 31 SGB X)

1. Maßnahme einer Behörde (§ 1 Abs. 2 SGB X)

2. auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts („hoheitlich“)

3. zur Regelung eines Einzelfalls („konkret-individuell“)

4. mit unmittelbarer Rechtswirkung nach außen („nicht verwaltungsintern“)

4.1.2 Gebiet des öffentlichen Rechts

Das Kriterium „Maßnahme auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts“ dient der Abgrenzung zum privatrechtlichen Handeln von Behörden (Kap. 3.2), welches ausschließlich den Bestimmungen des bürgerlichen Rechts (z. B. dem Kauf-, Miet-, Arbeits- oder Werkvertragsrecht) unterliegt. Ein Verwaltungsakt kann nur im Bereich des öffentlichen Rechts in Betracht kommen, also nur dann, wenn eine Behörde hoheitlich (d. h. im Über- / Unterordnungsverhältnis, Kap. 3.1) gegenüber dem Bürger tätig wird.

Beispiel

Die Landkreisverwaltung lässt das Gebäude, in dem das Sozialamt untergebracht ist, durch eine Baufirma renovieren. Über die Bauarbeiten wird ein „gewöhnlicher“ Werkvertrag (§§ 631 ff. BGB) geschlossen. Der Landkreis handelt damit privatrechtlich. Er kann bei eventuellen Mängeln somit nicht hoheitlich durch Verwaltungsakt die Nachbesserung anordnen, sondern er muss ggf. den Rechtsweg vor die Zivilgerichte beschreiten.

4.1.3 Regelung

Behörden treffen dann eine Regelung, wenn sie ein Recht begründen, entziehen oder verbindlich feststellen. Konkret bedeutet das, dass man von einer Regelung spricht, wenn ein Bürger durch die Behörde zu etwas verpflichtet wird, eine Leistung bewilligt, ein Antrag abgelehnt oder eine Feststellung getroffen wird.

Beispiele

Es wird BAföG, Elterngeld oder eine andere Sozialleistung bewilligt; irrtümlich bewilligte Leistungen werden zurückgefordert; die Höhe der auszuzahlenden Grundsicherung wird abgesenkt; es werden die Schwerbehinderteneigenschaft und ein entsprechender Grad der Behinderung festgestellt; ein Antrag auf Wohngeld wird abgelehnt.

Am Kriterium der „Regelung“ fehlt es beim sogenannten „schlicht hoheitlichen Verwaltungshandeln“: Von einem solchen spricht man, wenn etwas zwar im hoheitlichen Kontext „geschieht“, aber keine Regelung getroffen wird. Mangels Regelung gehören zum schlicht hoheitlichen Handeln daher bspw.:

• vorbereitende Maßnahmen von Behörden (z. B. die Anhörung eines Antragstellers zu seinen persönlichen Verhältnissen),

• die Androhung oder Ankündigung von Maßnahmen (z. B. die Ankündigung des Jobcenters, dass dieses die Grundsicherung gemäß § 31a SGB II kürzen wird, wenn der Antragsteller nicht innerhalb von zwei Monaten den Besuch eines Integrationskurses nachweist),

• Auskünfte, Beratung oder Informationen (§§ 13 ff. SGB I; 8 Abs. 3 SGB VIII – Die Ablehnung einer Beratung stellt dagegen sehr wohl eine Regelung dar!); dagegen ist eine Zusicherung eine Regelung, wenn sie schriftlich erfolgt, da sie in diesem Fall gemäß § 34 Abs. 1 SGB X für die Verwaltung bindend ist.

Auch reine Ausführungshandlungen (sogenannte „Realakte“, z. B. die tatsächliche Vornahme der Auszahlung der bereits schriftlich bewilligten Sozialhilfe, die Pfändung eines Goldbarrens oder die Aushändigung des beantragten Schwerbehindertenausweises) fallen unter den Begriff des schlicht hoheitlichen Handelns ohne Regelungscharakter.

Beispiele

Weitere Beispiele für schlicht hoheitliches Handeln: Gutachtliche Stellungnahme des Jugendamts an das Familiengericht (§ 50 SGB VIII); die BAföG-Stelle weist einen Antragsteller gemäß § 66 Abs. 3 SGB I auf eine mögliche Leistungskürzung hin, weil dieser nicht die erforderlichen Angaben macht; es ergeht eine Rentenauskunft nach § 109 SGB VI; ein Betroffener wird vor der Ablehnung seines Antrags auf eine Opferentschädigungsrente nach § 24 SGB X angehört.

4.1.4 Einzelfall

Eine hoheitliche Maßnahme ist nur dann ein Verwaltungsakt, wenn durch sie ein Einzelfall geregelt wird. Über dieses Kriterium erfolgt die Abgrenzung des Verwaltungsakts von Gesetzen, Verordnungen und Satzungen: Auch diese enthalten zwar Regelungen; allerdings sind sie immer an einen unbestimmten Personenkreis (also an „jedermann“) gerichtet. Es handelt sich daher bei allen Rechtsnormen um abstrakt-generelle Regelungen. Ein Verwaltungsakt liegt dagegen nur vor, wenn nur ein konkreter Fall individuell geregelt wird. Verwaltungsakte dienen gerade der Umsetzung der abstrakt-generellen Rechtsnormen im ganz konkreten Einzelfall.

Beispiel

Gemäß § 44 SGB VIII benötigen Pflegeeltern grundsätzlich eine Pflegeerlaubnis. Diese Regelung ist abstrakt-generell, denn sie gilt für jedermann. Es handelt sich um ein Gesetz und nicht um die konkrete Regelung eines individuellen Einzelfalls – damit also nicht um einen Verwaltungsakt. Wenn aber das Jugendamt einer konkreten Familie die Pflegeerlaubnis in Bezug auf ein bestimmtes Pflegekind erteilt, dann liegt in dieser Pflegeerlaubnis eine konkret-individuelle Regelung und mithin ein Verwaltungsakt. Ebenso würde es sich um einen Verwaltungsakt handeln, wenn das Jugendamt bestimmten Betroffenen die Pflegeerlaubnis verweigern würde. Durch den Verwaltungsakt, der in der Pflegeerlaubnis oder ihrer Verweigerung liegt, wird die allgemeine gesetzliche Regelung des § 44 SGB VIII im konkreten Einzelfall umgesetzt.

Achtung: Die Allgemeinverfügung als Unterfall des Verwaltungsakts (vgl. § 31 S. 2 SGB X und Kap. 4.2.2) erlaubt auch konkret-individuelle Regelungen, die an eine Personenmehrheit gerichtet sind, sofern die betroffene Personengruppe konkret bestimmt oder bestimmbar ist.

4.1.5 Unmittelbare Rechtswirkung nach außen

Die Einzelfallregelung muss schließlich auch eine unmittelbare Rechtswirkung nach außen haben. „Nach außen“ bedeutet, dass von der Regelung ein Sachverhalt außerhalb der Verwaltung betroffen ist. Rein innerdienstliche Regelungen stellen somit keine Verwaltungsakte dar.

Beispiele

Beispiele für verwaltungsinterne Regelungen, die nur den Dienstbetrieb regeln und daher keine Verwaltungsakte sind: Bestimmung durch die Behördenleitung, welcher Beamte einen bestimmten Vorgang zu bearbeiten hat; Umsetzung eines Beamten von seinem aktuellen auf einen gleichwertigen anderen Arbeitsplatz innerhalb derselben Behörde; Regelung, wo in der Behörde die Akten zu lagern und wie sie zu sichern sind.

Manche Personalmaßnahmen innerhalb der Verwaltung sind zwar innerdienstliche Regelungen, können aber zusätzlich auch eine Rechtswirkung nach außen entfalten. Dies ist immer dann der Fall, wenn sie über das allgemeine Direktionsrecht (d. h. die generelle Befugnis des Arbeitgebers zur Erteilung von Weisungen) hinausgehen und die Beschäftigten „wie einen Bürger“ in ihren Rechten berühren.

Beispiele

• Die Kürzung der Besoldung eines Beamten aufgrund eines Disziplinarverfahrens betrifft diesen nicht nur innerdienstlich, sondern auch privat – denn ihm steht nun weniger Geld zur Verfügung.

• Die Anordnung eines Behördenleiters, im Dienst kein Kopftuch oder keinen Ohrring zu tragen, betrifft nicht nur den Dienstbetrieb (das »Erscheinungsbild« von Behördenvertretern), sondern auch das durch Art. 2 Abs. 1 GG geschützte Persönlichkeitsrecht (bei Kopftüchern, die als religiöses Symbol getragen werden, zugleich die in Art. 4 GG garantierte Religionsfreiheit der Betroffenen).

• Die Versetzung eines Beamten ist die dauerhafte Zuweisung neuer Dienstaufgaben in einer anderen Behörde. Daher betrifft die Versetzung an einen anderen Dienstort oder zu einer nachgeordneten Behörde nicht nur den dienstlichen Betrieb, sondern auch den betroffenen Beamten selbst, denn dieser hat nun evtl. höhere Fahrtkosten oder einen anderen sozialen Status. Die Versetzung ist daher – anders als die Umsetzung – ein Verwaltungsakt.

Alle vorgenannten Regelungen wirken sich über das allgemeine Weisungsrecht des Arbeitgebers hinaus auf die Rechtssphäre der Betroffenen (insbesondere deren Freiheitsgrundrechte) aus. Sie haben daher Außenwirkung und sind Verwaltungsakte.

Die Rechtswirkung nach außen muss unmittelbar eintreten. Daran fehlt es, wenn zwischen einer behördlichen Maßnahme und deren Wirkung auf die Bürger noch weitere Schritte erforderlich sind.

Beispiel

Die Note „6“ in einer Schulklausur hat keine unmittelbare Rechtswirkung auf den betroffenen Schüler – denn die schlechte Note kann ggf. durch bessere Ergebnisse in Folgeklausuren ausgeglichen werden. Eine unmittelbare Außenwirkung wäre lediglich gegeben, wenn mit der Note untrennbar die Entscheidung verbunden wäre, dass die Prüfung oder das gesamte Schuljahr wiederholt werden muss. Schulnoten haben aber keine solche Wirkung; erst die Entscheidung im Jahreszeugnis, dass der oder die Betroffene nicht in die nächsthöhere Klasse vorrücken darf, ist ein Verwaltungsakt. Eine Abschlussnote in einem Schul- oder Hochschulzeugnis stellt ebenfalls einen Verwaltungsakt dar, wenn sie sich unmittelbar auf die Bewerbungschancen auswirkt.

4.2 Arten von Verwaltungsakten

In der Behördenpraxis haben sich verschiedene Arten von Verwaltungsakten herausgebildet. Die Einordnung einer behördlichen Regelung als ein bestimmter Verwaltungsakt ist deshalb wichtig, weil von der Art des Verwaltungsakts auch verfahrenstechnische Vorgaben (z. B. ob eine Anhörung nach § 24 SGB X oder eine Begründung nach § 35 SGB X erforderlich ist), die Möglichkeit der Rücknahme nach §§ 44 bis 48 SGB X (Kap. 9) oder die Auswahl des zu ergreifenden Rechtsmittels abhängen (Kap. 8.2.2). Bedeutsam sind die nachfolgend genannten Arten von Verwaltungsakten.

4.2.1 Einzelverfügung

Von einer Einzelverfügung spricht man, wenn die Verwaltung eine konkret-individuelle Einzelfallregelung trifft. D.h. es wird der konkrete Fall eines bestimmten Adressaten geregelt und z. B. ein Leistungs-, Beitragsfestsetzungs- oder Rückforderungsbescheid erlassen.

Beispiele

Bewilligung einer Unfallrente für Herrn A, Ablehnung von Frau B als Adoptionsbewerberin, Rückforderung von Arbeitslosengeld von Herrn C; Kürzung von Leistungen für Frau D nach § 66 SGB I.

4.2.2 Allgemeinverfügung

Ein konkret-individueller Verwaltungsakt muss sich nicht zwingend nur an eine einzige Person richten: Gemäß § 31 S. 2 SGB X gilt als Verwaltungsakt auch die sogenannte Allgemeinverfügung. Diese richtet sich an mehrere Personen, wobei es sich allerdings um einen klar abgrenzbaren Personenkreis handeln muss. Im Sozialrecht spielen Allgemeinverfügungen kaum eine Rolle; die „klassischen“ Beispiele sind Rodel- und Badeverbote (diese richten sich an alle Personen, die an einem bestimmten Ort rodeln oder baden wollen), polizeiliche Platzverweise (richten sich an alle Personen, welche den betreffenden Ort verlassen sollen), Ampeln (richten sich an alle Verkehrsteilnehmer, die an die betreffende Stelle im Straßenverkehr kommen) oder der Smogalarm (richtet sich an alle Autofahrer, die in das Zentrum einer bestimmten Stadt fahren wollen).

4.2.3 Begünstigender Verwaltungsakt

Ein begünstigender Verwaltungsakt verbessert die Rechtsposition des Adressaten. Diesem wird beispielsweise eine Sozialleistung oder eine Subvention bewilligt, der Umbau eines Hauses (z. B. zu einem Frauenhaus) oder der Betrieb einer Einrichtung (z. B. Krankenhaus, Kinderheim) genehmigt. Ein begünstigender Verwaltungsakt wird vom Adressaten in aller Regel nicht angegriffen werden. Allerdings kann mit der sogenannten Verpflichtungsklage auf den Erlass eines begünstigenden Verwaltungsakts geklagt werden (zu den Klagearten: Kap. 8.2.2).

4.2.4 Belastender Verwaltungsakt

Belastende Verwaltungsakte greifen in die Rechte des Adressaten ein. Der „Status quo“ des Betroffenen wird zu einem „Status quo minus“.

Beispiele

Ein Versicherter wird zur Nachzahlung von Beiträgen zur gesetzlichen Krankenversicherung verpflichtet; einer KiTa oder einem Kinderheim wird der weitere Betrieb untersagt.

Ein belastender Verwaltungsakt liegt auch dann vor, wenn ein Antrag auf einen begünstigenden Verwaltungsakt abgelehnt wurde (z. B. Ablehnung eines Wohngeld- oder eines Elterngeldantrags). Daher muss in diesem Fall der Betroffene vor der ablehnenden Entscheidung angehört werden (§ 24 SGB X); er kann sich mit Widerspruch und Anfechtungsklage gerichtlich gegen die für ihn negative Entscheidung wehren (Kap. 8.2.1 und 8.2.2). Gleichzeitig kann er gemäß § 54 Abs. 4 SGG bzw. § 42 Abs. 1 VwGO auf die abgelehnte Leistung klagen.

4.2.5 Verwaltungsakt mit Doppelwirkung

Ein solcher, auch „janusköpfiger Verwaltungsakt“ oder „Verwaltungsakt mit Mischwirkung“ genannter Verwaltungsakt verbessert einerseits die Position des Betroffenen; gleichzeitig greift er aber auch in dessen Rechte ein. Dies ist immer der Fall, wenn der Betroffene weniger erhält, als er beantragt hat, oder wenn ihm etwas genommen wird, aber er eine Entschädigung dafür zugesprochen bekommt.

Beispiele

Einem Ausländer wird Grundsicherung nach dem SGB II unter der Auflage bewilligt, dass er an einem Integrationskurs teilnimmt; ein Obdachloser erhält Sozialhilfe nach dem SGB XII, aber erst zu einem späteren Zeitpunkt als beantragt beantragt und nur in geringerer Höhe.

In dieser Situation kann der Betroffene wahlweise mit der Anfechtungsklage (Anfechtung des negativen Teils der Entscheidung) oder mit der Verpflichtungsklage (Klage auf volle Leistung) gegen die Regelung vorgehen.

4.2.6 Feststellender Verwaltungsakt

Ein feststellender Verwaltungsakt gibt die Rechtsposition des Betroffenen wieder und stellt diese rechtlich verbindlich fest.

Beispiele

Feststellung der Behinderteneigenschaft nach § 152 Abs. 1 SGB IX; Feststellung einer versicherungspflichtigen Beschäftigung nach § 7a SGB IV; Feststellung der Erwerbsfähigkeit nach § 44a SGB II; Klärung des Rentenversicherungskontos nach § 149 Abs. 5 SGB VI. Mit diesen Feststellungen sind keine konkreten Leistungen verbunden; diese müssen gesondert bewilligt werden. Gleichwohl kommt der Feststellung aber eine rechtliche Bindungswirkung zu (Kap. 4.4.3), sodass von einer „Regelung“ im Sinne von § 31 SGB X gesprochen werden kann.

Kommt es wegen der Feststellung von Rechten oder Rechtsverhältnissen zum Streit zwischen der Verwaltung und dem Bürger, so muss unterschieden werden: Wurde ein entsprechender Antrag (z. B. auf Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft) abgelehnt, dann sind Widerspruch und Anfechtungsklage statthaft. Unter den Voraussetzungen der §§ 43 VwGO bzw. 55 SGG kommt aber auch eine sogenannte Feststellungsklage als eigene Klageart in Betracht (Kap. 8.2.2).

4.2.7 Gestaltender Verwaltungsakt

Durch einen gestaltenden Verwaltungsakt wird ein Rechtsverhältnis begründet, verändert oder aufgehoben.

Beispiel

Die Ernennung eines Beamten begründet dessen öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis zu seinem Dienstherrn. Die Einbürgerung begründet die deutsche Staatsangehörigkeit.

4.2.8 Verwaltungsakt mit Drittwirkung

Von einem Verwaltungsakt mit Drittwirkung spricht man, wenn dieser auf den Adressaten zwar positive, für einen Dritten aber negative Auswirkungen hat. Der Unterschied zum Verwaltungsakt mit Doppelwirkung liegt darin, dass dieser ausschließlich den Adressaten betrifft; der Verwaltungsakt mit Drittwirkung wirkt sich dagegen auf andere Personen negativ aus.

Beispiele

• Einer Elterninitiative wird der Betrieb einer Kindertagesstätte mitten in einem Wohngebiet genehmigt. Diese Entscheidung ist für den Träger der KiTa als Adressaten des Verwaltungsakts positiv. Zugleich werden aber Dritte (die Nachbarn) durch die Genehmigung in ihren Rechten beeinträchtigt, da sie nun mit erheblichem Lärm durch im Freien spielende Kinder und frühmorgendlich an- und abfahrende Autos beeinträchtigt werden (Anmerkung: Die entsprechenden Klagen von Anwohnern werden in der Sache meist keine Aussicht auf Erfolg haben, da die Rechtsprechung Kinderlärm regelmäßig als sozial angemessen und somit nicht als relevante Störung beurteilt).

• Nach § 34 Abs. 2 SGB I sind Witwenrenten im Fall der (möglicherweise nach islamischem Recht im Ausland geschlossenen) Mehrehe den begünstigten Frauen anteilig zu gewähren. Wird einer dieser Ehefrauen nach dem Tod des Ehemannes eine deutsche Witwenrente bewilligt, so wirkt sich der entsprechende Bewilligungsbescheid zugleich immer auch auf die anderen Ehefrauen aus, da die Höhe von deren Anteil davon betroffen wird. Der Bewilligungsbescheid ist somit ein Verwaltungsakt mit Drittwirkung.

Das Erkennen einer Drittwirkung ist wichtig für die behördliche Praxis, denn wenn sich eine Entscheidung auch auf Dritte auswirkt, dann muss die Verwaltung diese bereits in der Phase der Entscheidungsfindung mit einbeziehen: Die Betroffenen werden dann ggf. ebenfalls Verfahrensbeteiligte (§ 12 Abs. 2 SGB X) und können ihre Rechte (z. B. Akteneinsichtsrechte nach § 25 SGB X oder Anhörungsrechte nach § 24 SGB X) im behördlichen Verfahren geltend machen. Darüber hinaus können sie den Verwaltungsakt anfechten, obwohl sie gar nicht der Adressat der behördlichen Entscheidung sind (§§ 42 Abs. 2 VwGO, 54 Abs. 1 und 2 SGG).

4.2.9 Mitwirkungsbedürftiger Verwaltungsakt

Bei mitwirkungsbedürftigen Verwaltungsakten wird unterschieden, ob diese der Mitwirkung des Betroffenen bedürfen (diese ist immer erforderlich, wenn eine Sozialleistung nur auf Antrag des Betroffenen bewilligt werden darf, etwa die Ausbildungsförderung nach § 46 BAföG, das Elterngeld nach § 7 BEEG oder das Wohngeld nach § 22 WoGG), oder ob eine weitere Behörde beim Erlass mitwirken muss. Im letzteren Fall spricht man von einem sogenannten „mehrstufigen Verwaltungsakt“.

Beispiel

Beispiele für mehrstufige Verwaltungsakte gibt es im Sozialrecht kaum. Der „Klassiker“ ist die Regelung in § 36 des Baugesetzbuchs, wonach ein Bauantrag zunächst das Einvernehmen der Gemeinde erfordert. Erst danach kann das Landratsamt als zuständige Behörde abschließend über den Bauantrag entscheiden.

4.2.10 Verwaltungsakt mit Dauerwirkung

Manche Verwaltungsakte (insbesondere im Sicherheits- und Ordnungsrecht) erledigen sich sofort mit ihrem Erlass.

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