Kitabı oku: «Göttliches Feuer, menschlicher Rauch», sayfa 2

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STRASSENNAMEN, ORTSNAMEN,
IN GOTTES NAMEN

Straßennamen haben es manchmal in sich. Der Kapellenweg beispielsweise lässt darauf schließen, dass dort in der Nähe ein kleines Heiligtum steht. Oder stand. Der Klosterplatz, an dem sich heute die Hauptpost befindet, verdankt diese Benennung mit Sicherheit einem Konvent, in welchem sich ehemals Klarissinnen oder Karmeliten oder andere Ordensleute mehrmals täglich zum Gotteslob versammelten. Die Kapuzinergasse wiederum führte todsicher einmal zu einem Kloster, wo die bärtigen Franziskussöhne früher am Markttag stundenlang in ihren Beichtstühlen saßen, um den Bußfertigen Absolution zu erteilen. Was die Ortsnamen betrifft, gehen manche von ihnen auf Heilige zurück, zu deren Ehren man einst ein Gotteshaus errichtet hatte – so etwa das jurassische St-Ursanne oder St. Peter im Schwarzwald. Inzwischen hat sich da manches geändert. An der Stelle, wo sich vor Jahrhunderten eine Kirche befand, protzt jetzt vielleicht eine Kreditanstalt. Befindet sich das Christentum auf dem Rückzug? Ab und zu bekommt man ja zu hören, dass den Menschen nicht einmal mehr das Glockengeläute heilig sei.

In Wirklichkeit war das Glockengeläute natürlich nie ›heilig‹. Wohl aber gab es schon öfters Anlass zu dörflichen Querelen. Irgendwann waren ein paar Zugewanderte es leid, allsonntäglich um sechs Uhr morgens aus dem Schlaf gerissen zu werden. Die seit Generationen Ansässigen wiederum empfanden es als Affront, dass die Neuzugezogenen sich erkühnten, an der althergebrachten Ordnung zu rütteln. Denen musste man zeigen, wo es im Christentum langgeht! In Wirklichkeit ging es dabei gar nicht um eine Glaubens-, sondern um eine Machtdemonstration. Aber niemand hätte das offen ausgesprochen. Verteidigt wurde das Geläute dann etwa mit dem Argument, es gelte, der Entchristlichung der Gesellschaft endlich Einhalt zu gebieten.

Die diesbezüglichen Klagen und Einwände sind bekannt: Müssen wir uns eigentlich von Zugewanderten die Regeln unseres Zusammenlebens diktieren lassen? Die Muslime wollen jetzt überall Minarette bauen, sie verlangen von ihren Frauen, dass sie Kopftücher tragen – und wir Christen und Christinnen sollen dazu einfach Ja und Amen sagen und vielleicht gar noch tolerieren, dass die Kreuze aus öffentlichen Gebäuden entfernt werden, nur weil Anders- oder Nichtgläubige sich daran stoßen?

Machen wir uns nichts vor! Längst gilt es nicht mehr als Bildungslücke, wenn jemand den Unterschied zwischen einer Straßenkreuzung und einer Kreuzwegstation nicht zu benennen weiß. Auch die Kenntnis der alten biblischen Geschichten und des Ablaufs des Kirchenjahres gehört nicht mehr zum allgemeinen Bildungsgut. Was gestern noch ein Kruzifix war, ist heute ein kulturelles Symbol und morgen oder übermorgen vielleicht noch ein Stück Holz. Fast schon muss man sich fragen, ob sich nicht auch die Ökumene in absehbarer Zeit von selbst totlaufe, weil die wesentlichen Differenzen zwischen katholisch und protestantisch allenfalls für eine Minderheit noch von einigem Interesse sind. Wer angesichts dieser Tatsache auf die Präsenz der Massen an Kirchentagen oder bei Papstmessen verweist, aber gleichzeitig die Kirchenaustritte (und die Gründe dafür) mit Schweigen übergeht, spielt mit gezinkten Karten.

Meiner Ansicht nach bilden Freidenkende oder Angehörige nichtchristlicher Religionsgemeinschaften lediglich in dem Maß eine Gefahr für die Kirchen, als das Christentum selber ausgedünnt und spirituell verarmt ist. Präsenz markieren wir in unserer säkularisierten Welt nicht, indem wir Andersdenkenden in Gottes oder in Christi Namen möglichst viele Stolpersteine in den Weg legen. Sondern indem wir nicht bloß auf unsere christlichen Wurzeln verweisen, sondern uns auf sie besinnen – und die praktischen Folgerungen daraus ziehen.

KIRCHENKRITIK
VON GANZ OBEN

Die in der Kirche am meisten verbreitete Sünde ist der Neid. Wir denken: Warum hat ein anderer das bekommen, was mir zusteht? Es gibt Priester, die vom Neid zerfressen werden und sich sagen: Weshalb ist ausgerechnet diese Person zum Bischof ernannt worden und ich nicht? Ein Segen sind jene Diözesen, in denen keine anonymen Briefe verschickt werden. Es gibt ganze Bistümer, die von anonymen Briefen zerstört worden sind, die manchmal sogar in Rom geschrieben wurden. Auch Eitelkeit ist häufig anzutreffen; das erweist sich schon an der Art, wie kirchliche Würdenträger sich kleiden. In der Vergangenheit trugen die Kardinäle Gewänder mit einer sechs Meter langen Seidenschleppe. Noch immer schmücken sich Kirchendiener mit sinnlosen Ornamenten. Auch an der römischen Kurie will jeder mehr sein oder mehr werden. Das wiederum führt dann zu einer gewissen Selbstzensur. Man bringt bestimmte Dinge nicht zur Sprache, weil man weiß, dass sie der Karriere schaden könnten. Oder man verschweigt die Wahrheit. Das ist ein großes Übel. Man sagt das, was den Vorgesetzten gefällt, man handelt nach dem, was man für deren Wunsch hält, und leistet dabei selbst dem Papst einen sehr schlechten Dienst. Leider gibt es Priester, die sich zum Ziel setzen, Bischöfe zu werden, und es gelingt ihnen. Es gibt Bischöfe, die nicht sagen, was sie denken, weil sie wissen, dass sie sonst nicht befördert werden. Einige melden sich nicht zu Wort, um ihre Kandidatur als Kardinäle nicht zu blockieren. Wir lieben mehr den Applaus als die Pfiffe. Wir müssen Gott um das Geschenk der Freiheit bitten. Wir sind aufgefordert, transparent zu sein und die Wahrheit zu sagen.

Eigentlich hätte ich diesen ganzen Abschnitt in Anführungs- und Schlusszeichen setzen müssen; er stammt nämlich nicht von mir. Es handelt sich um Äußerungen aus Exerzitienvorträgen, die der 2012 verstorbene Kardinal Carlo M. Martini 2008 als 81-Jähriger vor Priestern gehalten hat. Publiziert wurden sie am 5. Juni 2008 in der italienischen Tageszeitung La Repubblica. In deutscher Übersetzung erschienen sie auf einer Homepage, die unter anderem auch von verschiedenen Diözesen finanziell unterstützt wird.

Wenn ich mich für die eingangs vorgetragenen Gedanken nicht auf die Autorität von Kardinal Martini berufen könnte und die Verantwortung für sie allein tragen müsste, könnte man geneigt sein anzunehmen, da habe sich wieder einmal mehr ein unzufriedener Theologe seinen Frust von der Seele geschrieben. Was ich schon deshalb nie tun würde, weil es unter meiner Würde wäre. Allerdings kann ich mir die Bemerkung nicht verkneifen, dass Kardinal Martini mir mit seiner Kritik aus dem Herzen gesprochen hat. Bei dieser Gelegenheit möchte ich auch betonen, dass ich die Schriften dieses herausragenden Bibelwissenschaftlers und aufrechten Kirchenmannes mehr schätze als die zumeist etwas realitätsfernen Herdenbriefe mancher seiner Bischofskollegen.

Aber das steht hier nicht zur Debatte. Bedenkenswert scheint mir etwas ganz anderes. Vielleicht müssten wir uns einmal ernsthaft überlegen, ob wir bei Auseinandersetzungen nicht oft schon deshalb taub sind für Argumente, weil wir die Person ablehnen, die sie vorbringt. Wenn das zutreffen sollte, ginge es nämlich gar nicht um die Sache, sondern einzig ums Rechthaben. Wir müssen unterscheiden zwischen dem, was gesagt wird, und dem, von dem es gesagt wird, um zu verstehen, was dieser sagen will, auch wenn er uns nicht gefällt, während uns das, was er sagen will, durchaus gefallen könnte, und erst recht, wenn er uns gefällt, während das, was er sagt, uns nicht gefallen kann. Das ist gewiss nicht leicht und mag Überwindung kosten, aber es ist unabdingbar, denn es gehört zu den Grundvoraussetzungen menschlicher Verständigung.

WIR SIND NUN EINMAL
KEIN KONZERN!

Wenn immer innerhalb der römisch-katholischen Kirche ein paar Reformvorschläge gemacht werden, bekommt man früher oder später von angeblich papsttreuen Christinnen oder Christen zu hören: »Dann sollen die doch gehen, wenn es ihnen nicht passt!« Wird dann gar noch ein bisschen Kritik an den herrschenden Zuständen laut, tönt es noch schlimmer: »In einem Konzern wären die ihren Job schon längst los.«

Dieser – theologisch gesehen – erzdumme Vergleich bringt mich regelrecht auf die Palme. Eine Kirche ist nun einmal kein Konzern. Wenn die Kirche ein Konzern wäre, handelte es sich sogar um einen Weltkonzern. Würden dann die Aufsichtsräte einen Konzernchef auf Lebenszeit wählen, versehen mit Vollmachten, die es ihm erlauben, die geltenden Bestimmungen (in unserem Fall: das römische Kirchenrecht) eigenmächtig zu ändern oder nach Gutdünken einfach außer Kraft zu setzen? Wäre es denkbar, dass der Konzernchef, wenn er gesundheitlich nicht einmal mehr imstande wäre, einen kleinen Kiosk zu führen (was für Johannes Paul II. gegen Ende seines Pontifikats ja zutraf), sein Mandat trotzdem behalten könnte?

Zum Glück erübrigen sich solche Fragen. Denn die Kirche ist eben kein Konzern, sondern eine Glaubensgemeinschaft, man könnte auch sagen: eine Glaubensfamilie. Wenn es in einer Familie zum Streit kommt, heißt es auch nicht gleich: »Dann zieh halt aus, wenn es dir nicht passt!« Allenfalls schreit man ein bisschen in der Gegend herum oder schweigt sich eine Weile an. Wenn die Sache normal verläuft, versöhnt man sich wieder. Leider kommt es auch vor, dass ein Mitglied sich definitiv lossagt von dieser Familie – die Wunden, die der Exodus der Anhänger und Anhängerinnen von Bischof Lefebvre aufgerissen hat, bluten noch immer. Aber zu ihnen hat niemand gesagt: »Wenn es euch nicht passt, könnt ihr ja gehen.« Sie sind von sich aus gegangen, leider.

Wenn Lukas in der Apostelgeschichte von der Jerusalemer Gemeinde behauptet, dass sie »ein Herz und eine Seele« (4,32) war, hält er den Streithähnen aller Zeiten einen Spiegel in Form eines Ideals vor Augen. Die Wirklichkeit stellt sich allerdings ein bisschen anders dar. Schon zwei Pergamentseiten später nämlich berichtet der Chronist ja von Mauscheleien im Zusammenhang mit der Armenfürsorge. Die Witwen der Zugewanderten fühlen sich gegenüber den Witwen der Alteingesessenen benachteiligt. Um die Angelegenheit ins Lot zu bringen, werden sieben Sozialarbeiter (›Diakone‹) bestimmt, welche sich der Sache annehmen und den Frieden wiederherstellen sollen. Von Abkanzelung ist nicht die Rede.

Wenige Blätter weiter stoßen wir gar auf die Schilderung eines veritablen Kirchentumults. Plötzlich ist innerhalb der Glaubensfamilie der Teufel los. Einige Pharisäer, die sich den Jesusgläubigen angeschlossen haben, fordern, dass die aus dem Heidentum neu Hinzugekommenen zuerst zu beschneiden und so auf die mosaische Weisung zu verpflichten seien, bevor sie die Taufe empfangen dürften. Die anderen, Paulus an der Spitze, verneinen das. Erst nach »großer Aufregung und heftigem Streit« (15,2) vermag die Paulusgruppe sich durchzusetzen.

Es hätte aber auch alles ganz anders kommen können. Man hat heftig polemisiert. Und sich dann zu einer Lösung durchgerungen. Das konnte deshalb gelingen, weil keine der streitenden Parteien ihre Wahrheit von vornherein als unverrückbar hinstellte. Daraus können auch wir Heutige eine Lehre ziehen. Wenn unnachgiebige Dickköpfe am runden Tisch zusammensitzen, werden sie sich schwerlich einigen können. Und wenn sich dann einer bei einem innerkirchlichen Disput auf die personalpolitische Logik von Konzernen beruft, zeigt das nur, dass diesem Menschen die Kirche weniger als das Volk Gottes denn als die Firma des obersten Chefs gilt.

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