Kitabı oku: «Achtsamkeit Bd. 1», sayfa 4

Yazı tipi:

BETRACHTUNG DER UNBESTÄNDIGKEIT

Wenn wir uns anhaltend der Unbeständigkeit bewusst sind, verändert sich die Art und Weise, wie wir die Wirklichkeit wahrnehmen. Wir durchschauen die Illusionen der stabilen Existenz sowohl in dem Wahrgenommenen als auch in dem Wahrnehmenden. Das führt zu einer radikalen Umformung unseres Selbstverständnisses und unseres Weltbildes. Wie können wir das üben?

Wir können uns der Unbeständigkeit auf vielen Ebenen bewusst sein. Weisheit entsteht, wenn wir auf Aspekte der Unbeständigkeit achten, die wir zwar kennen, jedoch meistens übersehen. Da sind zum Beispiel die offensichtlichen Veränderungen in der Natur: Klimawandel, Wetterwechsel, Evolution und das Aussterben von Arten. Auf kollektiver Ebene gibt es große gesellschaftliche Veränderungen wie den Aufstieg und Zerfall von Zivilisationen und Kulturen. Auf der persönlichen Ebene werden Menschen geboren und sterben. In den Wäldern Neuenglands kann man meilenweit an alten Steinmauern und Fundamenten entlangwandern, aus denen jetzt Bäume wachsen. Welche Geschichten fanden dort statt? Welche Leben, die so lebhaft waren wie unser eigenes? Was ist geblieben? Wir können auch die Wechselhaftigkeit unserer Beziehungen oder unserer Arbeitsumstände oder der Vorgänge in unserem Körper und Geist betrachten.

Angesichts all dieser Beispiele, die wir ständig vor Augen haben, ist es erstaunlich, wie oft wir uns doch über Veränderungen in unserem Leben wundern. Irgendwie gehen wir davon aus, dass die Dinge so bleiben oder, wenn sie sich schon verändern, dies zumindest auf eine uns angenehme Weise tun.

Bei genauerem Hinschauen erkennen wir, dass nicht nur jeden Tag oder jede Stunde, sondern in jedem Augenblick alles verschwindet und Neues auftaucht. Können wir, während wir aus dem Haus treten oder einfach von einem Zimmer in ein anderes gehen, diesen Fluss der sich wandelnden Erfahrung bemerken – den Strom der visuellen Formen, der verschiedenen Geräusche, Körperempfindungen, flüchtigen Gedanken und inneren Bilder entlang unseres Wegs? Was geschieht mit jeder dieser Erfahrungen? Bleiben sie? Die Wahrheit ihrer wechselhaften Natur ist so gewöhnlich, dass wir in der Regel aufgehört haben, sie überhaupt zu bemerken.

Wenn die Achtsamkeit und die Konzentration zunehmen, erkennen wir die Unbeständigkeit klarer und tiefer, bis auf mikroskopische Ebene. Wir erleben, wie das, was fest und stabil erscheint, tatsächlich substanzlos ist und sich in ständigem Wandel befindet. Die Wahrnehmung der Veränderung wird so schnell, dass jedes Objekt in dem Augenblick, in dem es wahrgenommen wird, schon wieder verschwindet. An diesem Punkt meinen manche Leute, ihre Achtsamkeit sei schwach, weil die Dinge nicht lange genug andauern, als dass die Aufmerksamkeit so richtig bei ihnen landen könnte. Doch es handelt sich dabei eher um eine verfeinerte Wahrnehmung der Veränderung. Wir erkennen dann, dass auf eine gewisse Weise nicht viel da ist.

Als Meditationsübung kann es besonders im Sitzen manchmal hilfreich sein, zu bemerken, welcher Aspekt der Unbeständigkeit gerade am meisten im Vordergrund steht. Erkennen wir das Auftauchen neuer Dinge schon, bevor die letzten vergangen sind? Sehen wir eher das Ende und weniger den Moment, in dem Dinge erscheinen? Oder bemerken wir das Erscheinen und Vergehen gleichermaßen? Keine dieser verschiedenen Perspektiven ist richtiger als eine andere. Im Verlauf unserer Praxis ist es manchmal so und manchmal so. Zu bemerken, wie wir Veränderung wahrnehmen, ist einfach eine weitere Möglichkeit, unsere Aufmerksamkeit zu verfeinern.

In einer seiner Lehrreden verweist der Buddha auf den Unterschied zwischen dem Zustand der Achtsamkeit – dem einfachen Gewahrsein dessen, was ist – und der Entwicklung des Zustands der Achtsamkeit. In dieser Phase sind wir uns der Unbeständigkeit noch stärker bewusst als der Objekte selbst. Wir beginnen, von einer Achtsamkeit auf den Inhalt zu einer Achtsamkeit auf den Prozess überzugehen. Diese Stufe von Satipaṭṭhāna führt zu Weisheit und Erwachen, denn solange noch irgendein Aspekt der Erfahrung als beständig betrachtet wird, ist es unmöglich, sich dem Bedingungslosen, Nibbāna, zu öffnen.

Dieses Verständnis ist nicht auf Mönche und Nonnen beschränkt. Seit den Zeiten des Buddha bis heute haben auch viele Laien tiefe Stufen der Erleuchtung erfahren. In einem Gespräch mit dem Laienschüler Mahānāma/Mahānāmo geht der Buddha auf diese Möglichkeit ein:

»Da ist, Mahānāmo, ein Anhänger der Weisheit nachgefolgt, die Aufgang und Untergang sieht, der edlen, durchbohrenden, die zur völligen Leidensversiegung ausreicht. So ist, Mahānāmo, ein Anhänger in Weisheit bewährt.«4

1. Bhikkhu Bodhi, Übers., The Connected Discourses of the Buddha (Somerville, MA: Wisdom Publications, 2000), 961. Dt.: http://www.palikanon.com/samyutta/sam22_120.html#s22_102.

2. Gil Fronsdal, Übers., The Dhammapada (Boston: Shambhala Publications, 2005), 29. Dt.: Dhammapada, übers. von Nyanatiloka Mahathera, Jhana Verlag, Uttenbühl, 5. Auflage 2016, Vers 113. http://www.palikanon.com/khuddaka/dhp/dhp2.htm#Sahassa.

3. Bhikkhu Ñāṇamoli und Bhikkhu Bodhi, Übers., The Middle Length Discourses of the Buddha (Somerville, MA: Wisdom Publications, 1995), 983. Dt.: Die Lehrreden des Buddha aus der Mittleren Sammlung, übers. von Mettiko Bhikkhu (Kay Zumwinkel), Jhana Verlag, Uttenbühl, 2. Auflage 2012, Nr. 123. http://www.palikanon.com/majjhima/zumwinkel/m123z.html

4. Bhikkhu Bodhi, Übers., The Connected Discourses of the Buddha (Somerville, MA: Wisdom Publications, 2000), 1825. Dt.: http://www.palikanon.com/samyutta/sam55.html#s55_21.

6. Reines Erkennen und andauernde Achtsamkeit

In der nächsten Zeile des Refrains heißt es: »Die Achtsamkeit, dass da ein Körper vorhanden ist, ist in ihm verankert in dem Ausmaß, das zum reinen Erkennen und für andauernde Achtsamkeit erforderlich ist.« Wie Anālayo anmerkt, steht reines Erkennen hier für eine objektive Betrachtung, die sich nicht in Assoziationen oder Reaktionen verliert. Es ist die einfachste und direkteste Art, sich des Geschehenden bewusst zu sein, ohne Geschichten über die Erfahrung zu erfinden. Dieses »klare Sehen« ist die eigentliche Bedeutung des Pali-Wortes Vipassanā, welches gewöhnlich mit »Einsichtsmeditation« übersetzt wird.

Die Schlichtheit des reinen Erkennens entgeht uns oft, weil wir auf der Suche nach etwas Besonderem sind oder etwas Bestimmtes erwarten und dabei übersehen, was direkt vor uns ist.

Es gibt dazu eine schöne Geschichte über Mulla Nasruddin, einen verrückten Weisen aus der Sufi-Tradition. Offenbar war Mulla im Handel zwischen seiner Heimatstadt und einem Nachbarland tätig. Die Zollbeamten beäugten ihn jedes Mal misstrauisch, weil sie vermuteten, dass er schmuggelte, aber sooft und so gründlich sie seine Satteltaschen auch durchsuchten, sie konnten nichts finden. Schließlich wurde Mulla von einem Freund gefragt, woher denn nun sein Reichtum käme. »Ich schmuggele Esel«, erwiderte er.

Manchmal verschleiern wir unsere Erfahrung des reinen Erkennens, indem wir das schlichte Gewahrsein mit einer unbemerkten Anhaftung oder Ablehnung des Geschehens vermischen. Dies kann geschehen, wenn die verschiedenen Hindernisse stark sind oder es subtile Anhaftungen an angenehme meditative Zustände gibt. Wenn wir der Anleitung des Refrains folgen, geht es darum, so viel Achtsamkeit zu entwickeln, wie notwendig ist, um mit reinem Erkennen bei dem zu sein, was sich von Moment zu Moment zeigt.

DAS MOMENTUM DER ACHTSAMKEIT

Die im Sutta erwähnte Kontinuität der Achtsamkeit wird auf zwei Weisen erlangt. Zum einen entsteht sie durch das Momentum vorheriger Augenblicke von Achtsamkeit. Was immer wir wiederholt üben, steht uns zunehmend auch spontan zur Verfügung. Von einem gewissen Punkt an entsteht die Achtsamkeit von alleine. Durch das wiederholte Bemühen, sich achtsam dem gegenwärtigen Augenblick zuzuwenden, gelangen wir an einen Punkt, an dem auch über längere Zeiträume hinweg mühelos die Achtsamkeit fließt.

Aus dieser Kontinuität der Achtsamkeit erwächst eine frühe Einsicht in die Natur des Geist-Körper-Prozesses: Wir verstehen aus eigener Erfahrung, dass das Erkennen und das Auftauchen eines Objektes gleichzeitig stattfinden. Da ist das Einatmen und gleichzeitig das Wissen darum; da ist das Ausatmen und gleichzeitig das Wissen darum. Ein visuelles Objekt erscheint, und im selben Augenblick erkennen wir es. Dies trifft auf jeden Aspekt unserer Erfahrung zu.

Diese Einsicht ist das erste Tor zu einem Verständnis der Selbstlosigkeit. In den Stufen der Einsicht wird sie Reinheit der Erkenntnis genannt. Wir fangen an zu erkennen, dass alles, was wir Selbst nennen, einfach diese paarige Abfolge von Erkennen und Objekt ist, das momenthafte Entstehen und Vergehen. Wir erkennen auch, dass in jedem Moment das Erkennen aus unpersönlichen Ursachen heraus entsteht und nicht, weil es da irgendwo einen »Erkennenden« gäbe. Wir können also sagen, dass in jedem Augenblick das Erkennen (Bewusstsein) spontan entsteht, wenn die entsprechenden Ursachen und Bedingungen gegeben sind. Auf einer noch tieferen Ebene bemerken wir, dass die Fähigkeit, zu erkennen, nicht von dem zu Erkennenden beeinflusst wird. Diese Erkenntnis hat befreiende Konsequenzen, sowohl für unsere Meditationspraxis als auch für unser Leben. Wenn wir in der Meditation die Abfolge der unangenehmen und angenehmen Empfindungen betrachten, wird deutlich, dass sich die grundlegende Qualität des Erkennens dabei nicht verändert – es nimmt einfach wahr, was sich zeigt.

Ein Beispiel für die grundlegenden Konsequenzen dieser Erkenntnis ist die Beschreibung von Henry David Thoreaus letzten Tagen. Er starb im Alter von 44 Jahren an Tuberkulose. In einer Biografie beschrieben Freunde seinen Geisteszustand:

»Henry war [von seiner Krankheit] vollkommen unbeeindruckt, sie erreichte ihn nicht. … Ich hörte oft, wie er Besuchern sagte, er erfreue sich der Existenz so gut wie eh und je. Er bemerkte einmal in meiner Gegenwart, eine perfekte Krankheit sei genauso angenehm wie eine perfekte Gesundheit, der Geist passe sich immer dem Zustand des Körpers an. Der Gedanke an den Tod könne ihn noch nicht mal ansatzweise beunruhigen. …

Während seiner langen Krankheit hörte ich nie auch nur ein Grummeln über seine Lippen kommen oder den leisesten Wunsch, bei uns zu bleiben. Seine vollkommene Zufriedenheit war wirklich wundervoll. …

Einige seiner konventionelleren Freunde und Verwandten versuchten, ihn auf den Tod vorzubereiten, aber es gelang ihnen nicht so, wie sie es sich vorstellten. … Als ihn seine Tante Louisa fragte, ob er seinen Frieden mit Gott gemacht habe, antwortete er: ›Ich wüsste nicht, dass wir je im Unfrieden gewesen wären, liebe Tante.‹«1

Dieses Momentum der Achtsamkeit lässt sich ganz einfach aufbauen. Wir können mit einem ersten Objekt anfangen, auf welches wir unsere Aufmerksamkeit richten, zum Beispiel den Atem oder unsere Sitzhaltung. Den Geist damit zu beruhigen, dass wir uns auf ein einzelnes Objekt konzentrieren, ist in vielen spirituellen Traditionen üblich. Der heilige Franz von Sales schrieb: »Wenn dein Herz wandert oder leidet, bringe es behutsam an seinen Platz zurück … Und selbst wenn du in deinem Leben nichts getan hast, als dein Herz zurückzubringen, … obwohl es jedes Mal wieder fortlief, nachdem du es zurückgeholt hast, dann hast du dein Leben wohl erfüllt.«2

Sobald sich der Geist ein wenig beruhigt hat, können wir anfangen, auf irgendein anderes Objekt zu achten, das mehr in den Vordergrund tritt. Das können Körperempfindungen sein oder Geräusche oder verschiedene Gedanken und innere Bilder. Mit zunehmender Kraft der Achtsamkeit können wir allmählich das erste Objekt ganz loslassen und ein offenes Gewahrsein üben, indem wir einfach betrachten, was sich von Augenblick zu Augenblick zeigt. An diesem Punkt wird das Gewahrsein zunehmend panoramaartig; wir verlagern die Betonung vom Inhalt auf allgemeinere Qualitäten einer Erfahrung, insbesondere auf die Unbeständigkeit, Unzuverlässigkeit und Selbstlosigkeit von allem, was entsteht. Bei alldem wird die Kontinuität der Achtsamkeit durch die Achtsamkeit selbst gestärkt.

WAHRNEHMUNG

Wir können die Kontinuität auch durch den mentalen Faktor der Wahrnehmung fördern. Im Abhidhamma gilt starke Wahrnehmung als eine der unmittelbaren Ursachen für die Entstehung von Achtsamkeit. Wahrnehmung ist die mentale Qualität des Erkennens. Sie wählt die Merkmale eines bestimmten Objekts aus, durch die es sich von anderen unterscheidet, und wendet dann ein Konzept wie »blau oder rot«, »Mann oder Frau« an, um es für zukünftigen Gebrauch abzuspeichern. Angenommen, wir hören ein Geräusch, dann weiß unser Bewusstsein einfach um das Geräusch. Die Wahrnehmung erkennt es jedoch, benennt es mit »Vogel« und speichert dieses Konzept für das nächste Mal, wenn wir diese Art von Geräusch hören. Dann wird uns zwar nicht unbedingt gleich das Wort »Vogel« einfallen, aber wir werden eine Art vorsprachlichen Erkennens in uns haben, dass dieses Geräusch zu einem Vogel gehört.

All dies führt zu der interessanten Frage, inwieweit wir uns in der Praxis und in dem Verständnis unserer Meditation mit Konzepten befassen. Einerseits möchten wir eine Achtsamkeit entwickeln, die reines Erkennen ermöglicht – wozu vermutlich ein Geisteszustand nötig ist, der nicht von Konzepten überlagert wird. Andererseits ist der Faktor der Wahrnehmung mit allen daran hängenden Konzepten eine unmittelbare Ursache für die Entstehung von Achtsamkeit.

Die Lösung für diese scheinbar widersprüchlichen Ansichten liegt in einem tieferen Verständnis der Wahrnehmung. Wahrnehmung gehört zu jedem Augenblick des Bewusstseins. Geschieht Wahrnehmung ohne eine stark entwickelte Achtsamkeit – was die Art ist, wie ein ungeübter Geist gewöhnlich durch die Welt geht –, dann erkennen und erinnern wir nur die oberflächliche Erscheinung der Dinge. Im Moment des Erkennens geben wir dem, was sich zeigt, einen Namen oder ordnen ihm ein Konzept zu. Damit beschränken, verschleiern und verfärben wir unsere Erfahrungen.

Ein Beispiel für solch ein beschränktes Wahrnehmungspotenzial zeigt sich in der Geschichte, die mir eine Freundin von ihrem Sohn Kevin erzählt hat. Als Kevin sechs Jahre alt war, stellte die Lehrerin in der Schule eine einfache Frage: »Welche Farbe hat ein Apfel?« Die Schüler antworteten: »Rot«, »Gelb«, oder: »Grün.« Aber Kevin sagte: »Weiß.« Die Lehrerin versuchte, durch weitere Fragen und Bemerkungen Kevin zu einer richtigen Antwort zu bewegen. Kevin ließ sich jedoch nicht umstimmen und sagte schließlich mit einer gewissen Frustration: »Jeder Apfel ist doch innen immer weiß!«

Wahrnehmung kann auch der Stärkung von Achtsamkeit und Gewahrsein dienen. Konzepte können unsere Sicht auf die Dinge nicht nur einengen – richtig angewandt, können sie die momentane Erfahrung auch in ein Licht rücken, welches eine tiefere und sorgfältigere Betrachtung ermöglicht. Es ist, als würde man ein Bild rahmen, um es besser sehen zu können. Ein buddhistischer Mönch namens Ñāṇananda nannte es: »Um des höheren Zwecks der Entwicklung von Weisheit willen Konzepte einsetzen, die dann dabei selbst transzendiert werden.«

MENTALES BENENNEN

Die Idee, Konzepte zur Entwicklung von Weisheit einzusetzen, bildet auch die Grundlage der meditativen Technik des mentalen Benennens. In dieser Technik verwenden wir ein Wort, manchmal auch einen kurzen Satz, um das zu bezeichnen, was sich gerade zeigt. Dieses mentale Etikett – zum Beispiel »ein«, »aus«, »ein«, »aus«, »Denken«, »Schwere«, »ein«, »aus«, »Unruhe« – fördert das klare Wahrnehmen, was wiederum sowohl das achtsame Gewahrsein des Augenblicks stärkt als auch das Momentum der Kontinuität. Oder, wie Ajahn Sumedho, einer der ersten westlichen Schüler des großen thailändischen Meisters Ajahn Chaa, bemerkte: »Der Atem ist so«, »Schmerz ist so«, »Ruhe ist so.«

Das Benennen kann der Praxis auch auf andere Weise dienen. Allein der Tonfall des innerlichen Benennens kann unbewusste Haltungen verdeutlichen. Wir haben die innere Ungeduld, Frustration oder Freude vielleicht gar nicht bemerkt, während wir erfahren, wie sich verschiedene Dinge zeigen, bis wir den angespannten oder begeisterten Tonfall unserer inneren Stimme hören. Das Benennen hilft auch, unsere Identifikation mit der Erfahrung zu mindern, sowohl angesichts von Hindernissen als auch, wenn unsere Praxis sehr subtil und verfeinert geworden ist.

Das mentale Benennen liefert uns ein wichtiges Feedback: Sind wir wirklich auf kontinuierliche Weise präsent oder nicht? Üben wir, unser Sitzen beziehungsweise unseren Tag nahtlos ineinanderfließen zu lassen? Verstehen wir in unserer Anwendung der Achtsamkeit den Unterschied zwischen Lässigkeit und Entspannung? Wir sollten unsere starke Absicht, achtsam zu sein, nicht zu grimmig verfolgen. Wir können die Kontinuität der Achtsamkeit mit der Anmut von Tai-Chi-Bewegungen oder einer japanischen Teezeremonie praktizieren, indem wir uns selbst den kleinen regelmäßigen Alltagsaktivitäten zuwenden. Diese Kontinuität ist wichtig, weil durch sie das energetische Momentum aufgebaut wird, das zur Verwirklichung von Nibbāna erforderlich ist.

Dabei sollte immer bedacht werden, dass dieses Werkzeug des mentalen Benennens einfach ein geschicktes Mittel ist, um uns in unserer Achtsamkeit zu unterstützen – es ist nicht das, worum es eigentlich geht, nämlich einfach bewusst zu sein. In vielen buddhistischen Traditionen wird diese Technik nicht verwendet. Aber sie ist es wert, ausprobiert zu werden, und sei es auch nur für kurze Zeit, um herauszufinden, ob sie der eigenen Praxis zuträglich ist oder nicht.

Wir sollten uns auch ihrer Grenzen bewusst sein. Das Benennen sollte sich nicht zu einer intellektuellen Reflexion auswachsen, sondern auf ein einfaches, stilles Wort beschränkt bleiben. Der bekannte buddhistische Gelehrte David Kalupahana erklärt, dass ein Meditierender im Rahmen von Satipaṭṭhāna Konzepte nur so tief ergründen sollte, wie es zu Erkenntnis führt, und nicht darüber hinaus. »Denn Vorstellungen, die über ihre Grenzen hinaus verfolgt werden, können zu substanzialistischer Metaphysik führen.«3 Konzepte, die zu weit verfolgt werden, verfestigen unsere Sicht der Realität und sperren uns in selbstgemachte Käfige.

Mit zunehmender Achtsamkeit bemerken wir vielleicht zu viele Dinge, als dass wir sie benennen könnten. Die Objekte verändern sich so schnell, dass wir gar nicht mehr die Zeit haben, sie zu benennen. In dieser Situation beginnen die Benennungen wegzufallen. Wenn das Gewahrsein gut etabliert ist und Achtsamkeit von alleine entsteht – was wir das mühelose Bemühen nennen könnten –, dann können wir einfach in der Kontinuität des reinen Erkennens verweilen. Ryokan, ein Zen-Meister, Dichter und Wandermönch aus dem 19. Jahrhundert, drückte es so aus: »Erkenne deinen Geist genau so, wie er ist.«

UNABHÄNGIGES VERWEILEN

Die letzte Zeile des Satipaṭṭhāna-Refrains verbindet die Praxis der Meditation mit ihrem Ziel: »Und er verweilt unabhängig, an nichts in der Welt haftend.« Diese Zeile umfasst den gesamten Weg.

»Unabhängig verweilen« bezieht sich darauf, dass der Geist an keiner Erfahrung anhaftet, sei es durch Verlangen oder durch Ansichten. »Verlangen« oder »Begehren« sind die üblichen Übersetzungen des Pali-Wortes Taṇha; zuweilen wird es auch mit »Durst« übersetzt, was mehr der körperlichen Dringlichkeit dieses machtvollen Geisteszustands entspricht. In späteren Kapiteln werden wir dieses Verlangen, diesen Durst genauer ergründen, um zu erkennen, wie es sich manifestiert und uns in einem Zustand der Abhängigkeit hält, sowohl in unserer Meditationspraxis als auch im alltäglichen Leben.

Auf einer gewissen Ebene sind Geburt und Tod, Existenz und Nicht-Existenz, »selbst« und »andere« die großen, bestimmenden Themen unseres Lebens. Auf einer anderen Ebene gelangen wir jedoch zu der Erkenntnis, dass jede Erfahrung nur eine Aufführung leerer Erscheinungen ist. Diese Erkenntnis führt uns zum anderen Aspekt des »unabhängigen Verweilens, An-nichts-in-der-Welt-Haftens«, nämlich dem Nicht-Anhaften an Ansichten, insbesondere der Ansicht über das Selbst.

Wenn wir in unserem normalen Wahrnehmungsmodus sehen, hören, riechen, schmecken oder spüren oder wenn wir Dinge kognitiv begreifen, entsteht sofort das irrige Empfinden von »ich« und »mein«: »Ich sehe«, »Ich höre.« Dann kommen wir irgendwann zu »Ich meditiere«, mit Nebenwirkungen wie »Ich meditiere gut (oder schlecht)« beziehungsweise »Ich bin ein guter (oder schlechter) Mensch«. Wir errichten auf den momentanen, veränderlichen Bedingungen einen ganzen Überbau des Selbst.

₺561,49