Sadece LitRes`te okuyun

Kitap dosya olarak indirilemez ancak uygulamamız üzerinden veya online olarak web sitemizden okunabilir.

Kitabı oku: «Ini: Ein Roman aus dem ein und zwanzigsten Jahrhundert», sayfa 2

Yazı tipi:

Guido war hoch entzückt über den einen Punkt, wenn ihn schon der andere nicht ganz ohne Unruhe ließ, denn die Liebenden wollen nichts als sich geliebt wissen, sogar eine Mutter nicht.

Nach einigen Tagen meldete ein Täubchen die Rückkunft auf Morgen an. Wie flog Guido zur Adlerpost, die Kouriergondel zu dingen. Wie froh schwang er sich zur Höhe!

Man lenkte bei diesen Luftfahrten nach Karten und Kompaß, konnte also den Strich nicht verfehlen, um so mehr als beides in sehr verbesserter Art vorhanden war. Denn man bildete die Karten in erhabener Arbeit, so daß sie auf das Genaueste die Berge, Städte, Felder u. s. w. darstellten. Alle Verhältnisse der Länge, Breite, Höhe waren richtig, wenn schon in bequemer Verkleinerung, und so, daß sie dem gewöhnlichen Auge nicht erkennbar wurden. Dann bediente man sich aber der jetzt so treflichen Mikroskope, unter welchen alles deutlich ward. Der Kompaß war mit Uhren, Zeitmessern und andern Vorrichtungen dergestalt verbunden, daß man, zumal auch die Längenfindung entdeckt war, in jedem Augenblicke den Punkt angegeben hatte, in welchem man sich befand. Es konnte mithin unserm Guido nicht fehlen, seinem Mädchen in der Luftregion zu begegnen.

Auch das Sehrohr entdeckte sie ihm schon auf weiter als zwei Grad’ und er ward zu seinem hohen Vergnügen bald inne, daß auch ihr schönes Auge an dem nemlichen Instrumente lag, nach ihn auszusehen. So lächelten und liebäugelten sie einander schon zu, wenn gleich mehr als zwanzig Meilen entfernt. Bis auf einige Meilen genaht, leisteten ihnen die akkustischen Werkzeuge Hülfe, sich zu begrüßen und sich süße Dinge zu sagen. Herrliche Erfindungen für Liebende.

Endlich war das ätherische Häuschen erreicht, in welchem die gefeierte Schönheit saß. Guido konnte die Zeit nicht erwarten, aus seiner Gondel auf das Dach zu springen. Er war zu eilig, versah es, und – fiel.

In einer Höhe von viertausend Schuh fiel Guido nieder. Allein sämtliche Luftpassagiere waren gewohnt, eine Hauptbedeckung von einem dünnen Zeuge, mit kleinen Stäben aufgesteift, zu tragen, die sich bei einem etwanigen Unfall, durch die natürliche Wirkung der Luft, breit entwickelte. So erfolgte dann nichts weiter, als ein jähes Niedersinken von etwa hundert Schuhen Tiefe, dann hing man gesichert am Fallschirm und schwebte langsam der Erde zu. Der Postknabe flog mit seinen Adlern schnell niederwärts, fischte den Jüngling auf, brachte ihn wieder an Inis Fahrzeug, wo er diesmal vorsichtiger einstieg, nur den Schaden hatte ausgelacht zu werden, und – was für den Liebenden freilich wichtig genug ist, eine Minute verloren zu haben.

Guido und Ini hatten einander unendlich viel zu sagen, wenn schon die Weisheit es unendlich wenig genannt haben dürfte. Noch eifriger betrachteten sie einander: Der ganze Prozeß der Beiden legte es, wie wir schon oft genug berührten, auf Verschönerung an. Verschönt nun Liebe an sich, ist sie die beste Lehrmeisterin in jeder Kunst, fachen zugleich Trennung, Sehnsucht und Entzücken beim Wiedersehn sie um so höher an, so konnte es nicht fehlen, daß diese wenigen Tage sie ihren Zielen um etwas näher geführt hatten.

Nicht lange darauf kam der Kaiser nach Palermo. Er ließ sich den Jüngling vorstellen und bezeugte seine Zufriedenheit mit dem vortheilhaften Bericht, welchen sein Erzieher über ihn abstattete. Dann gebot er diesem, sogleich eine Reise mit Guido anzutreten. Wenn diese vollendet wäre, sollten sie nach Rom kommen, und würde dann der Jüngling, bei einer neuen Prüfung, bestehen, verhieß Jener, sollte er zu einem wichtigen Staatsamte berufen werden.

So standen also die Sachen. Morgen sollte Guido scheiden. Ini empfahl ihm nichts wärmer, als das Ideal nimmer zu vergessen, welches sie ihm nun auch einhändigte. Sind die drei Jahre um, sprach sie, und wir haben Beide erreicht, was wir wollten, dann liegt es schon in der ganzen Natur dieser Schönheit, daß wir uns besitzen müssen. Und nun scheide mit einem männlichen Lebewohl.

Daß es nicht sehr männlich war, und die ermannende Rathgeberin selbst im Geheim der Fassung entrathete, ist zu vermuthen. Bei dem Allen ließ die hohe Wehmuth des Abschiedes auf lange Dauer wieder einen neuen Zug von Schönheit zurück.

Guido sollte nicht immer durch die Höhen reisen, weil ihm die Tiefe dann nicht kund geworden wäre. Ein segelfertig Schiff im Hafen ward bestiegen, das den Lehrer und Zögling nach der jetzigen Ostmark des Staates von Europa tragen sollte.

Die Kunst zu schiffen hatte bedeutend gewonnen. Unendlich geringer war die Gefahr dabei. Strand, Klippen, Meergrund hatte die viel erweitete Geographie treflich bezeichnet, der gute Pilot wußte den Strich, kannte die Tiefen seines Fahrwassers genau. Nächtliches Dunkel bereitete kein Hinderniß, weil man die Fahrzeuge mit Reverberen umhing, die im Umkreis einer Viertelmeile fast Tageshelle verbreiteten. Der Kampf mit Stürmen brachte Niemand mehr in Verlegenheit. Denn es gab Ankertaue aus feinen Metalldräthen, welche große Haltbarkeit mit geringem Umfang verbanden, und befestigte dadurch das Schiff, mogte die See noch so empört wogen. Bei Windstillen, die früherhin den Seefahrer in zeitraubende Unthätigkeit versetzten, halfen neuerfundene Ruderwerke, durch einen einfach kunstvollen Mechanismus in Bewegung gebracht. Man baute auch weit größere Schiffe, was um so eher anging, als die Häfen überall zu ihrer Aufnahme geeignet waren, und benutzte den Raum darin geschickt. Es war endlich ein Lack erfunden worden, der allen Eindrang von Wasser hemmte, daher die Waaren in den Kellern ganz trocken lagen und zugleich in sehr großer Menge, denn rohe Erzeugnisse zu verfahren, schämte sich der meisten Nationen Kunstfleiß, und die verarbeiteten nahmen weniger Platz ein. Der obere Theil der Schiffe war gemeinhin sehr vortheilhaft abgetheilt. Die Seeleute hatten Verfeinerung genug angenommen, um sich nicht auf einseitige Beschränkungen zu verstehn, und der Lebensgenuß war Jedermann zu wichtig, als daß er irgendwo verbannt gewesen wäre. Deshalb fand man hier einen Konzertsaal, der auch zum Theater umgeschaffen werden konnte, ein Lesezimmer, dessen Wandschränke mit Büchern, Karten und Instrumenten zum Behuf der Seefahrt und Naturkunde gefüllt waren. Eine breite Gallerie umlief das Schiff, besetzt mit Fruchtbäumen und Blumen in Töpfen. Hier lustwandelte man, ohne durch das Arbeitgetöse auf dem Verdeck gestört zu werden.

Zweites Büchlein

Die Reise

Gelino bemühte sich während dieser Meerfahrt den Zögling in mancherlei ihm noch unbekannten Dingen zu unterrichten. Das Vergnügen der Bequemlichkeiten mancher Art, die Zerstreuungen durch Musik und Bühne, wurden ihm sparsam zugemessen; er mußte dagegen häufig im Kristallthurm weilen, und die Natur unter der Wogenfläche beobachten.

Mit diesem Thurme hatte es folgende Bewandniß.

Er war nur so groß, daß etwa drei oder vier Personen, ein scheidekünstlerischer Apparat und mancherlei Beobachtungsinstrumente darin Raum fanden. Von starken Bohlen viereckig gebaut, mit Seitenfenstern von sehr dickem aber vollkommen durchsichtigem Kristall. Der Boden überaus fest, um bei einem Stoße an Klippen nicht in Trümmern zu fallen. Die Decke an einen dicken, hohlen Metalltau gebunden, der ins Innre lief. Zudem vollkommen gegen den Eindrang der Fluthen gesichert.

Dieser Thurm ward nun ins Meer gelassen, indem er in der Gegend des Steuerruders befestigt blieb. Durch seine Schwere ging er unter. Die Höhlung des Taues setzte die unten befindlichen Personen in den Stand, mittelst eines Sprachrohrs verlangen zu können, ob sie tiefer hinab gesenkt, oder höher hinauf gezogen sein wollten. Die Chemie hatte lange schon die Mittel entdeckt, eine verschlossene Luft durch Reinigen und Erzeugen von Sauerstoff athembar zu erhalten. War das Meer nun nicht in zu lebhafter Bewegung, so konnte man durch die Fenster alles weit um sich entdecken, ja man bediente sich einer Art Lampen vor Hohlspiegeln, um die Tiefe nöthigenfalls noch mehr zu erhellen.

Welche Entdeckungen hatte die Naturkunde seit dieser Erfindung gemacht! Die Welt im Ozean, von der Ehedem so wenig bekannt war, lag nun dem Auge des Forschers offen da.

Furchtbar schien es dem Neuling, im tiefen Gebiet der Nereiden und Tritonen zu hausen, auch nahten manche schlimme Gefahren. Die Meerungeheuer, ergrimmt über den seltsamen Besuch, wütheten bisweilen gegen des Thurmes Fenster und suchten sie zu zerstören. Allein es mangelte auch nicht an Vorkehrungen. Stacheln an den Ecken empfingen sie unfreundlich, so daß sie sich bald auf die Flucht begaben. Auch gab es Fallen mit einem künstlichen Mechanismus, die hie und da einen Seelöwen, einen Haifisch, einen Delphin und andere erst seit dieser Erfindung bekannt gewordene Thiere umklammerten, die denn als eine Beute für die Schiffsküche oder für eine Sammlung von Seltenheiten mit empor gebracht wurden. Bisweilen fanden sich aber zu große Thiere ein, und wenn der Thurm nicht eilig genug zur Höhe gewunden ward, ging er mit seinen Bewohnern verloren.

Neue Steinarten auf dem Meergrunde, Fossilien, andere Gattungen von Perlen und Korallen waren eben sowohl in großer Menge entdeckt worden, als man die Ichtiologie bereichert hatte.

Hier blieb Guido halbe Tage lang, übte den kaltblütigen Sinn in Lebensgefahr und ärntete merkwürdige Kenntnisse. Von dem was er sah und lernte, hielt er ein Tagebuch, brachte das Vorzüglichere davon in einen Auszug und sandte ihn durch mitgenommene Tauben an Ini.

Man gelangte in den Archipelagus. Die meisten Eilande wurden besucht. Sie waren jetzt zum Theil von Hirten bewohnt, die ein dem alten arkadischen ähnliches Leben führten, denn Unschuld und fromme Sitte hatte man einheimisch gemacht; zum Theil aber sahe der Reisende vortreffliche Anstalten zur Bildung von Seeleuten und zum Schiffbau, wozu die Lage einlud.

Guido gesellte sich bisweilen zu den Jünglingen und Mädchen unter den Hirten. Jene trugen gemeinhin an einem Bande ein Sehrohr auf dem Rücken weil sie in klaren Nächten die Beschäftigung ihrer Urväter trieben und die Sternkunde bereicherten. Daneben fertigten sie eine liebliche Art Flöten und begleiteten den Gesang froher Mädchen, deren Hand zugleich ungemein wohltönende Citharen rührte. Wie weit auch diese Musik der Zephirharmonika nachstand, mit welcher Ini ihn bezaubert hatte, fühlte Guido dennoch die Rührung einfacher und tief empfundener Melodien. Natur und harmlose Lebenssitte hatten auch diese Menschen so poetisch gemacht, daß auf Verlangen oder aus eignem Drang, Hirten und Hirtinnen Lied und Harmonien auf der Stelle erfanden und vortrugen, was die Hörer in die Zeiten der Amphion und Homer versetzte. Guido entwarf davon eine anziehende Schilderung und sandte sie Ini.

Das Verlangen Athen bald zu sehen, regte sich nun lebhafter, denn zu viel hatte ihm Gelino davon gesagt. Es wurde auch in kurzem gestillt, man erblickte das alte Vorland Sunium, die Berggipfel Parnes und Brilessus, und lag bald darauf im Hafen Piräus vor Anker.

Gelino unterrichtete ihn im Voraus über die Erscheinungen, welche ihn auf diesem merkwürdigen Erdfleck belehren sollten.

Im achtzehnten Jahrhundert, hub er an, ereignete sich in der Provinz Frankreich jene bekannte Staatsveränderung, welche das Schicksal bestimmt hatte, nach und nach allen Reichen am Erdboden eine neue Gestalt zu geben. Nach langen blutigen Kriegen, die bis tief ins neunzehnte Jahrhundert geführt wurden, kam der größte Theil von Europa unter eine Obergewalt, welche aber die Unterregierung mehrerer Könige feststellte. Man nannte dies Reich, das erneute römisch-abendländische und Rom wurde, wie es jetzt noch ist, der Wohnsitz des Kaisers. Der schwerste Kampf war gegen die Albionen, damals in Schiffahrt und Seekrieg berühmt, welche ungeheure, wenn gleich meistens eingebildete, Reichthümer gehäuft und den gigantischen Entwurf gemacht hatten, die Handlung des ganzen Erdballs an sich zu bringen. Doch nach einer gelungenen Landung flohen die Vornehmen mit ihren klingenden Schätzen nach dem Indien am Ganges, und Calcutta ward die Hauptstadt ihres neuen Reichs. Das Volk blieb verarmt zurück und mußte unter fremder Regierung seinem Kunstfleiß eine andere Richtung geben.

Doch bildete sich neben dem abendländischen Kaiserthume auch ein neues morgenländisches. Einen Cäsar an der Spitze, der sich den griechischen nannte, drangen die Völker des Nordens hervor, mit eisernen Armen, in alt scithischer wilder Kraft und dennoch mit den Künsten der vorhandenen Kultur vertraut. Den Boden des ehemaligen Griechenlands hatten damals die Ottomannen inne, ein kräftig Volk, voll Religion und warmer Phantasie, doch weit zurückgeblieben in den Wissenschaften. Sie mußten bald aus Europa weichen, wo ihr Sultan, durch mehrere Jahrhunderte, auf Constantins Thron gesessen hatte. Allein ihr reizend Gebiet in Europa ward der Zankapfel zwischen den beiden Großmonarchien. Neu-Griechen und Neu-Römer machten ihre Ansprüche darauf mit dem Schwerdte gültig. Eine verheerende Fehde folgte der andern, die Menschheit blutete. Man sah in den lachenden Gegenden nur Ruinen, entvölkerte Wohnplätze, verwüstete Auen. Umsonst mahnte Philosophie der blutenden Menschheit zu schonen. Zu gewaltig fühlten sich die Streitkräfte, zu entflammt waren die ehrgeizigen Gemüther, stolzer gemacht durch bedeutende Erfolge und immer weiter strebend in ungemessenen Entwürfen.

Zuletzt veranstalteten beide Kaiser eine Unterredung zu Constantinopel. Mein muß Europa gehören, sagte der Occidentale, die Natur seiner Gränzen weist mich darauf an, ich ende den Kampf darum nicht und sollte das lebende Geschlecht darin untergehn. Doch nimm dir vom alten Morgenland Roms, das herrliche Klein-Asien, Sirien, dringe zum Euphrat vor, ja bemächtige dich aller Lande, denen einst Cirus gebot. Ich will dir in deinen Eroberungen treulich beistehn. Schon ist dein Asien dem Umfange nach, größer als mein Gebiet, wie viel reichere fruchtbarere Provinzen kannst du ihm noch zugesellen.

Die Kühnheit des Plans gefiel dem Monarchen aus dem Hause Romanow. Da kamen von den Strömen Obi, Lena, Jenisei, von den Seen Aral, Telegul, Baikal, von den Altanischen und Sajanischen Gebirgen streitbare Krieger. Turalinzen, Kirgisen, Teleuten, Abinzen, Tschulimische und Werchotomekische Tatarn strömten über den Kaukasus, Hülfsvölker aus den stolzen Spaniern, den ehrgeizigen Franken, den markigten Germanen, den feurigen Polen, den schlauen Italiern und andern Nationen zusammen gebracht, drangen über die Meerenge von Constantinopel vor oder landeten an den Küsten von Sirien.

Tapfer vertheidigten sich die Anhänger der Religion Muhameds. Doch Uneinigkeit theilte ihre Kraft, sie waren der überlegenen Kunst nicht gewachsen. Zwar kostete es Jahre, mühevoller Anstrengung und das Leben von Hunderttausenden, endlich aber wurden bis zu Mesopotamien hin alle alt-türkischen Besitzungen überschwemmt. Der Schach von Persien kam den Glaubensverwandten zu Hülfe, ward so in die Kriege verflochten und erlag am Ende des neunzehnten Jahrhunderts auch.

Nun ward Ispahan des neuen ungeheuren Staates Mittelpunkt. Man bemühte sich mit Weisheit die Völker zu gewinnen, indem ihnen nach und nach die Wohlthaten der Kultur einleuchtend gemacht, und die verschiedenen Religionen in einen, von Wahn gereinigten, und durch allgemeine Moral veredelten, Kultus vereint wurden.

Bald aber sahe man sich genöthigt neue Kriege im Ost zu beginnen. Die Albionen in Indien waren mächtig geworden. Sie trieben nicht nur in allen Gewässern zwischen Madagaskar und Japan ihr altes Spiel, sondern hatten auch zu Lande ihre Herrschaft bis über Tibet hinaus verbreitet, befehdeten den Khan von Sina, und gaben den Neu-Persern (so nannten sich jetzt die vormaligen Moskowier) zu vielen Klagen Anlaß. Die Waffen mußten entscheiden, ein hartnäckiger Kampf durch mehrere Jahrzehende folgte. Doch ein Monarch, Cirus Alexander genannt, drang zuletzt an den Ganges vor, nahm Calcutta ein und die Albionen sahen sich abermal gezwungen ihr Reich übers Meer zu verlegen. Sie wählten Neu-Holland, da Cirus Alexander ihnen auch die Inselgruppe von Borneo wegnahm. Doch jenes große Eiland, das nunmehr den Namen Süd-Brittania empfing, sammt vielen andern und manchen neu entdeckten am Pol, bildet jetzt ihr stattlich Reich und die kunstfleißige und üppige Hauptstadt Botani-Bai ist zu der Bevölkerung einer Million herangewachsen. Zu Calcutta, das sie eilig räumen mußten, fand man eine Abtei voll Grabmähler und Denkbilder großer Seehelden und Gelehrten. Denn dies Volk war von uralten Zeiten her ungemein dankbar gegen Verdienste um das Vaterland, und darum ist es ihm auch wohl gelungen mit anfänglich geringen Hülfsmitteln bewundernswerthe Dinge zu vollziehn.

Nachdem das Neu-Persische Reich gestiftet und befestigt war, genoß das abendländische Kaiserthum einer langen glückseligen Ruhe. Der Kaiser Marcus Aurelius II. berief zu Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts die Fürsten und Weisen aus allen Landen, um eine Verfassung zu gründen, wie das Bedürfniß der vorgerückten Zeiten sie verlangte.

Hier wurde nun vorerst angetragen, den Namen abendländisches Kaiserthum aufzugeben. Was dürfen wir Rom nachahmen? fragte man. Unser Reich ist an Umfang, Reichthum und Gewalt, bei weitem größer als das Reich der Quiriten in seiner üppigsten Blüthe. Haben wir allenfalls in Asien mächtigere Feinde zu fürchten als sie, so fehlt es uns nicht an Bundgenossen, mit denen vereint wir ihnen kräftigen Widerstand leisten können. Da auch die reinste Gemeinsache der Zweck dieses großen Landtags ist, so heiße das Reich künftig die Republik Europa.

Aurelius, weit entfernt, seine Rechte gekränkt zu finden, sahe hier nur seine Wünsche ausgesprochen.

Nur Gleichheit, sagte der weise Gekrönte, ist Verfassung des Rechts. Wenn Spaltung des Willens Ehedem die Republiken erschütterte, und sie zuletzt in Herrschaft der Willkühr untergehen ließ, so kam das daher, weil die Volksvernunft noch nicht hinlänglich gereift war, das Gute klar einzusehn. Man nannte die Tugend Stütze der Gemeinsache, Ehre die des Alleinregiments. Thörigter Irrwahn beide Begriffe zu scheiden. Heil der Zeit, welche endlich einsah, Ehre könne allein der Tugend Preis werden und Tugend sei durchaus nichts anderes als Huldigung der Vernunft.

Dann bedingt aber die Verfassung, durch sich selbst, Volkswillen und Alleinherrschaft so verbunden, daß der Mann auf der Spitze, jenen nachdrücklich ausspricht, und, wie er ihn von unten herauf vernahm, ihn von oben hinunter in Erfüllung gehen läßt.

Es gab Zeiten wo die Fürsten sich freuten, blindgehorsamen, vernunftarmen Sklaven zu gebieten. Jetzt, dem Himmel sei Dank, finden wir nur Ehre darin, freien, edlen, verständigen Bürgern vorzustehn. – So sprach dieser Monarch.

Du wirst auf deiner weitern Reise Gelegenheit finden, die Einrichtungen zu sehn, welche nun in der monarchischen Republik gegründet wurden, indem man unabläßig strebte, Tugend und Ehre zu gatten, und zugleich die Volksintelligenz und die Fürstenintelligenz erzog. Viel Hohes, Großes, Kräftiges, Entzückendes ist daraus hervorgegangen, wenn gleich freilich immer noch ein Grundsatz für die Tugend der Bürger mangelt, der ihre Tugend gewiß, ächt und als solche erkennbar macht. Ihn zu suchen ist das hohe Geschäft der Zeit, wiewohl man noch nicht glücklich darin war.

Vor der Hand merke aber so viel von jenen Anordnungen:

Alle Völker von Europa sollten zur Sitteneinheit erzogen werden.

Man führte darum Ueberall dasselbe Maaß in Schwere und Umfang, dasselbe Tauschmittel, dieselben Satzungen des Rechtes, ein.

Die allgemeine Sprache durch ganz Europa folgte.

Die Völker hatten ihre besonderen Fürsten, da Eine Obergewalt unmöglich das weite Ganze im Einzelnen überblicken konnte. Diesen Fürsten blieb die Würdeerblichkeit zugestanden, um den Uebeln der Ehrsucht, List, Bestechung auszuweichen, doch haftete sie nicht an dem erstgeborenen, sondern an dem edelsten Sohn. Hierüber mußte das große Rechtstribunal schlichten, welchem der Kaiser vorsaß und wo auch alle Streitigkeiten der Fürsten gehoben wurden, wodurch, wie das Staatswohl auch von selbst verlangte, ein immerwährender Friede in Europa bestand, ein wichtiger Triumph der Zeit, wogegen die Vorwelt, in den Reichen, die jetzt nur, trotz ihren erblichen Gebietern, als Provinzen betrachtet werden, traurige innere Kriege sah. So hatte unter andern einst Deutschland einen Föderalismus gestiftet, wo aber demungeachtet sich ein Fürst gegen den andern der Waffen bediente. Doch, damit die Erben von Thronen, sich ihres erhabenen Berufs würdig machten, mußten die Väter, des Gemeinwohls halber, das frohe häusliche Verhältniß aufgeben, sie um sich zu sehn. Zeitig wurden die Söhne fernen Erziehungsanstalten übergeben, wo sie, unerkannt und unter andern Pfleglingen, nach den Grundsätzen gebildet wurden, die die Weisheit für die besseren erkannte, und welche sie immerfort veredelten. Dann bekleideten sie Aemter mannichfacher Art und wurden in Lagen gebracht, wo ihre schon entwickelten Talente sich noch mehr kräftigten. Endlich, männlich gereift, an Leib und Geist prangend ausgestattet, erfuhren sie ihre hohe Bestimmung und traten sie, von Schmeichelei und Lüsten unverdorben, an. Dieser Gebrauch ging in der Folge sogar auf die Fürstentöchter über, und keineswegs dürfen die Kinder der Kaiser davon ausgenommen sein.

Was für die Religion, den Landbau, die Wissenschaften, Künste, Handwerke, die Ausrottung der Armuth, von Oben geschah, daß sie Unten desto freier gedeihen konnten, wird sich dir an seinem Orte verkünden.

Ungeachtet der beschloßenen und nach und nach durchgeführten Identität der Europäer, glaubte man dennoch, dieser oder jene Landstrich könne durch seine Natur, und allenfalls durch gewisse Uebertragungen vom Alterthum, sollte es auch nur das begeisternde Andenken sein, sich für gewisse Beschäftigungen vorzüglich eignen. So wurde den bildenden Künsten, deren schönen, sittlichen Einfluß man nicht verkannte, das alte Griechenland zum Wirkungskreis angewiesen, und dabei, auf allgemeine Kosten, der lieblich phantastische Plan ausgeführt, Athen wieder aufzubauen. Du wirst diese Stadt nun sehen und zwar möglichst genau nachgeahmt, so weit nur die Alterthumskunde dazu Hülfsmittel anbot. Du wirst dich in die Zeiten des Perikles zurück wähnen, in seine Mauern tretend. Keiner von den Tempeln, keins der ehmaligen öffentlichen Gebäude mangelt. Bildhauer und Maler treiben vorzüglich ihre Kunst, und wenn der Hauptanreiz vor Zeiten in dem großen vortheilhaften Absatz der Statuen und Gemälde bestand, welche der alte Politheismus aus der halben bekannten Welt in Attika kaufte, hat auch der neuere Kultus diesen Anreiz wiederholt, indem es ein Gegenstand des Stolzes geworden ist, simbolische Darstellungen aus Athen zu besitzen, deren wohl viele schon in Palermo oder Messina dir zu Gesicht kamen. Ohne diesen begünstigenden Umstand würden Athens neuere Bildner schwerlich die Phidias und Apelles zurück gelassen haben, wie es wirklich geschehen ist. Mitbewerbung ist jedoch, wie sich von selbst versteht, hiedurch nicht aufgehoben, bei der allgemeinen Freiheit in Europa mag die Künste üben wer da will, und wo er will, auch wetteifern die Maler in Italien sehr glücklich mit denen am Ilissus, doch die Fertigkeit in Stein zu gestalten, drang hier am weitesten, wie überhaupt auch die Vorkunde (Theorie) des Schönen, in Athen am meisten einheimisch ist.

Bei den Worten Vorkunde des Schönen erglühte der Zögling und dachte an Ini, die sinnige Malerin. Es soll mich wundern, sagte er zu sich, ob die Bildner zu Athen meine holde Geliebte an Zartheit und Imaginazion übertreffen werden.

Man zog nun in die Stadt ein. Guidos Herz wallte hoch auf, bei den rührenden Erinnerungen an das edle Alterthum, so lebendig durch die Nachahmung versinnlicht. Vor allen Häusern standen Hermen, deren Vollkommenheit Staunen erregte, das einfache und doch mit großem Eindruck erfüllende Ebenmaaß der heiter-majestätischen Tempel, legte entzückende Bewundrung auf.

Gelino besuchte mit seinem jungen Freund die Werkstatt des gerühmtesten Meisters unter den Bildhauern. Der Mann faßte den Jüngling fest ins Auge, und schien befremdet. Dann zeigte er willig seine reichen Vorräthe, zu welchen die meisten Künstler von Belang ihre Arbeiten geliefert hatten, die nun in den weitläuftigen Säälen dieser Werkstatt und unter vortheilhafter Beleuchtung, dem Auge der Fremden ausgestellt sein sollten.

Was als Kunstvorwurf gelten konnte, wurde in Athen auch künstlerisch behandelt und man band sich durch keine Vorliebe. Aus der alten Griechenmithologie sah man nicht nur trefflich gelungene Nachbildungen jenes Apollon, jener Venus, jener Niobe und anderer Statuen, die sich einst glücklich durch die Jahrhunderte der Barbarei retteten und in späteren das Morgenroth des Schönen wieder aufgehen ließen, sondern man hatte auch die nämlichen Ideen auf andere Weise bearbeitet und der Vorsprung des Genius ward daran sichtbar. Föbos hatte weit mehr Göttlichkeit, die Göttin von Paphos mehr weibliche Anmuth, wenn frühere Zeiten dies schon unbegreiflich fanden.

Auch aus der alten nordischen Götterlehre wählten die Künstler Stoffe. Odin, Wodan, die Valkiren, waren in trefflichen sinnlichen Verherrlichungen aufgestellt, eben so Brama, Osir und was sonst dazu sich eignete.

Für Sääle und Gärten der Großen in Europa fand sich immer Nachfrage, auch hatte jede namhafte Stadt einen Park, zur Ergehung der Bewohner, angelegt, den der Kunstsinn gern schmückte, überzeugt, dies wirke lebendig auf den Flug der Gemüther ein, und die so vervollkommnete Leichtigkeit der Fortschaffung mäßigte die Kosten.

Der regsamste Kunsteifer ward aber durch die Landesreligion unterhalten. Ein Sinod von Weisen hatte früherhin fünfzigjährige Sitzungen gehalten über diesen höchst wichtigen Gegenstand, etwas Allgemeingültiges, Dauerndes festzustellen. Tausend Vorschläge hatte man geprüft und verworfen, bis eine ansehnliche Mehrheit sich für die folgenden entschied.

Die christliche Moral, sagte der Sinod, ist die erhabenste, noch nicht übertroffene Legislatur der Rechtsgefühle, doch die christliche Glaubenslehre kann nur einem finstern Zeitalter anpassen. Wenn jene, ihrem Geiste nach, und auf die ehrwürdige Urreinheit zurückgeführt, nach Jahrtausenden segnend auftreten kann, so ist diese, nach den ungemessenern Begriffen vom Weltgebäude, welche ein aufgehelltes Geschlecht errang, nicht länger brauchbar, wenn die Vernunft nicht mit sich selbst im Widerspruche leben will.

Was ist hier aber zu thun? Ein Abstrakt bindet, uralten Erfahrungen zufolge, die Herzen zu wenig, was durch die Phantasie zur Vernunft dringt, nimmt nicht nur die Schwäche, auch der kräftige Sinn freundlicher auf, vorzüglich wenn es in das Leben der Handlung übergehn soll.

Verbannen wir daher vom Denken alles Bildliche, doch zum thätigen Wirken mögen immer Dichtung und Künste uns lieblich begeistern.

Der mosaisch-christliche Theismus sei und bleibe die Grundlage unserer neuen, und dennoch aus dem tiefen Alterthume empfangenen Religion. Wir glauben an eine Gottheit, unbegreiflich den Formen, in welchen uns dermalen unsere Natur zu erkennen gestattet. Außer dem Raume, außer der Zeit, unendlich, ewig, allmächtig bezeichnen wir diese Gottheit, nichts Höheres wissen wir zu nennen, wenn wir uns auch in tiefer Anbetung bescheiden, was wir nennen nicht zu verstehn, und ein eitles Streben, das unsere Kräfte übersteigt, sein Wesen näher zu fassen, aufgeben.

Keine Ehrengebäude dieser erhabenen Vermuthung! Unwürdig stellt sie die Materie dar. Könnten höhere Wesen ihm Tempel weihn aus Erdsternen, Altäre darin aus Feuersternen, es priese ihren Urheber nicht. Nur Einigemal im Jahre mag sich die dankbare Andacht unter dem himmlischen Gewölbe versammeln, und sich selbst heiligen, in heiliger Empfindung. Wenn der Ball sich wieder zu den Sonnenflammen dreht, ihren befruchtenden Segen zu trinken, wenn wir ärnteten, was die innere Götterkraft der Auen nährend gestaltete, dann wimmle die Menge in Eintracht hinaus und huldige.

Doch da die ewige Gottheit, nicht wohnend im Raum, nicht schwimmend im Strome der Zeiten, unserm jetzt auf diesen Erdstern angewiesenen Geiste, nur im Simbol sich offenbart, so ist es hehr und würdig, zu ehren, was wir irrdisch-göttlich nennen, und sich, so weit der Staub vermag, bildete nach dem Ideal des Allgöttlichen, wie es im Busen der edleren Menschheit geahnet wird.

Laßt uns preisen, was schon das tiefe Alterthum pries, schon so viele Millionen der Gestorbenen zur Tugend erwärmte, uns im Abbild erkennbare Muster des Hohen giebt, es einen mit den Satzungen unsers Bürgervertrags. Laßt uns Stätten des innigen Andenkens erbauen, die uns rührender mahnen und zur Nacheiferung weihen.

Moses, der hohe Urpriester der einigen Gotteslehre, der weise Erfinder heiliger Gesetze, der kräftige Held, ist werth unserer Ehre. Sei er uns Heros des Rechtes, des Kampfes, wo uns geboten wird, gegen innere feindliche Leidenschaft, oder äußere Krieger die Waffen der Vernunft oder des Armes zu erheben. In seinen Tempeln werde das Recht gelehrt, gesprochen, in seinen Tempeln entflamme sich der Muth, wenn des Vaterlandes Vertheidigung uns zum Schwerte ruft.

Jahrtausende nannten den Jüngling in Palästina göttlich, der in wenige Worte die Lehre der reinsten Menschlichkeit zusammen drängte. Er sei uns der Heros des Brudersinns. Er liebte die Kinder, die Erziehung sei ihm geweiht. Ehren wir sein Andenken, indem wir streben, von seinem Geiste durchdrungen zu werden. Vor seinen Altären höre die brüderliche Versammlung, Moral der Gemeinschaft, und der Weisen Unterricht, klüglich die Keime im jungen Herzen zu pflegen. Hier werden die Jünglinge, das aufblühende Mädchen oftmal geprüft, in ihren Fortschritten zur Veredlung.

Schöner zarter Mithos deiner himmlischen Liebe, o Maria, dir gebührt eine Stätte in unsrer Religiosität! Das Weib fühle sich erhoben, eine Heilige ihres Geschlechts in Tempeln gefeiert zu sehn. Mag der poetische Flug in Marmor und Farben, mag er im Gebiet holder Dichtung wetteifern, einem gebildeten Volke schöne Bildungen der hohen Maria zu geben. Ihr bringe die Liebe Anbetung, und erhebe sich begeisterter zum Himmlischen, sie sei die idealische Königin aller Schönheit und die Künste machen sich ihr werther, in dem lieblichen Wahn, von ihrer Glorie umstrahlt zu sein. Die Ehe knüpfte ihre innigen Bande, Maria vor deinen blumengekränzten Altären.

Yaş sınırı:
12+
Litres'teki yayın tarihi:
30 haziran 2018
Hacim:
250 s. 1 illüstrasyon
Telif hakkı:
Public Domain

Bu kitabı okuyanlar şunları da okudu